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602 I ÜBERSICHTEN / REVIEW ARTICLES

Therapie der gestörten Magen-Darm-Motilität PIN-Nr.:


100964
bei Intensivpatienten*
Treatment of impaired gastrointestinal motility in the critically ill patient Einsendeschluss
auf 12 Monate verlängert!
M. K. Herbert1 und P. Holzer2
1
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Würzburg (Direktor: Prof. Dr. N. Roewer)
2
Forschungseinheit für Translationale Neurogastroenterologie, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie,
Medizinische Universität Graz, Österreich (Vorstand: Prof. Dr. E. Beubler)

Zusammenfassung: Die Hemmung der Magen- to a number of subsequent complications in critical-


Darm-Motilität ist eine schwerwiegende Komplika- ly ill patients, with intolerance of enteral feeding as
tion bei kritisch kranken Patienten in der Intensiv- one of great importance. The pharmacological treat-
medizin. Etwa die Hälfte der beatmeten Patienten hat ment of impaired gastrointestinal motility presents
eine eingeschränkte Motilität des Magenantrums the clinician with a difficult problem, since the under-
sowie eine verminderte Magenentleerung und moto- lying mechanisms are complex and often not fully
rische Aktivität des Dünndarms (migrating motor understood, and the pharmacological options availa-
complexes). Die gestörte Magen-Darm-Motilität zieht ble are limited. A standardized concept for the use of
eine Reihe von Komplikationen nach sich, von denen prokinetic agents in the treatment of impaired gastro-
der beeinträchtigten enteralen Ernährung eine intestinal motility in critically ill patients involves the
besondere Bedeutung zukommt. Die pharmakologi- early use of basic therapeutic options followed by
sche Therapie der Hemmung der Magen-Darm- specific goal-directed therapy. The early use of ene-
Motilität ist schwierig, da die zugrundeliegenden mas and laxatives to promote water secretion and
Mechanismen komplex und oft unbekannt sind und prevent excessive water absorption, such as bisaco-
nur beschränkt pharmakologische Therapieoptionen dyl or sodium picosulfate, is recommended.
zur Verfügung stehen. Ein standardisiertes Konzept Alternative options are the use of magnesium salts or
zur Behandlung der gehemmten Magen-Darm- polyethylene glycol. First-line medication in patients
Motilität sieht den frühzeitigen Einsatz von Basis- with impaired gastric emptying is erythromycin given
maßnahmen, gefolgt von einer spezifischen, zielge- intravenously. Patients suffering from gastroparesis
richteten Therapie vor. Der frühzeitige Einsatz von and impaired intestinal motility may benefit from
Einläufen und von Laxantien mit sekretagoger und erythromycin followed, several hours later, by a com-
antiabsorptiver Wirkung, z.B. Bisacodyl und Na- bination of metoclopramide and neostigmine. As a
triumpicosulfat, wird empfohlen. Alternativen sind supportive measure, enteral administration of opioid
Magnesiumsalze und Polyethylenglykol. Bei Patien- receptor antagonists, such as naloxone or methylnal-
ten mit einer Magenentleerungsstörung ist die intra- trexone, to antagonize selectively and locally the
venöse Gabe von Erythomycin die Therapieoption inhibitory effect of opioids on gastrointestinal motility
der ersten Wahl. Leidet der Patient zudem an einer may be considered.
Darmatonie, so erhält er einige Stunden später die
Kombination aus Metoclopramid plus Neostigmin i.v. Keywords: Inhibition of Gastrointestinal Motility –
Die enterale Gabe von Opioidrezeptor-Antagonisten, Critically Ill Patients – Prokinetic Drugs – Mechanism
z.B. Naloxon und Methylnaltrexon, stellen eine sup- of Action.
portive Therapieoption dar, mit der die inhibitorische
Wirkung der Opioide auf die Magen-Darm-Motilität Einleitung
vor Ort im Darm antagonisiert wird.
Die Beeinträchtigung der Magen-Darm-Motilität ist
Schlüsselwörter: Hemmung der Magen-Darm- eine häufige Komplikation bei Intensivpatienten [1].
Motilität – Kritischkranker Patient – Prokinetika – Nahezu die Hälfte der beatmeten Patienten haben
Wirkmechanismus. eine Hypomotilität des Magenantrums, eine beein-
trächtigte Magenentleerung und eine Störung des
Summary: Inhibition of gastrointestinal motility is a intestinalen Motilitätsmusters [1-3]. Die Störung der
serious complication in critically ill patients. Magen-Darm-Motilität zeigt sich meist als Hemmung
Approximately one-half of all mechanically ventilated des Vorwärtstransports, gelegentlich auch als gestei-
patients exhibit antral hypomotility, decreased gerte Motilität in Form von Diarrhoe oder Erbrechen.
gastric emptying and diminished migrating motor
complexes. Impaired gastrointestinal motility leads * Rechte vorbehalten 

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CONTINUING MEDICAL EDUCATION / ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG I 603

 Die Hemmung der Magen-Darm-Motilität beruht bitorischen Motorneurone Stickstoffmonoxid (nitric


auf vielfältigen Ursachen und kann je nach betroffe- oxide, NO), Vasoactive Intestinal Peptide (VIP),
nem Magen-Darm-Abschnitt unterschiedliche Aus- Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), Adenosin,
prägung und Intensität annehmen. Die beeinträchtig- Galanin und Dynorphin. Die Funktion der kürzlich im
te Magen-Darm-Motilität führt häufig zu Sekundär- Darm beschriebenen gasförmigen Transmitter
komplikationen. Der Einschränkung der enteralen Kohlenmonoxid (CO) und Schwefelwasserstoff (H2S)
Ernährung durch den gehemmten Vorwärtstransport ist noch nicht abschließend geklärt. In einzelnen
kommt eine besondere Bedeutung zu, da die entera- Motorneuronen können mitunter mehrere Transmitter
le Ernährung ein wichtiger Faktor für das Outcome in ganz unterschiedlichen Kombinationen ko-lokali-
und die Länge der intensivmedizinischen Behand- siert vorkommen, wobei die Funktionalität und
lung darstellt [4,5]. Erschwerend kommt hinzu, dass Bedeutung dieser Ko-Lokalisation noch weitgehend
die pharmakologische Therapie der gestörten Ma- unbekannt ist.
gen-Darm-Motilität bei Intensivpatienten häufig Unter funktionellen Gesichtspunkten ist die
unzureichend oder gar erfolglos ist, was wiederum Hemmung der Muskelkontraktion die Hauptfunktion
vielfältige Gründe haben kann [6]. Die Intention des enterischer Neurone [8]. Dies bedeutet, dass eine
vorliegenden Beitrags ist, die Grundlagen der Kontraktion glatter Muskelzellen im Magen-Darm-
Regulation der Magen-Darm-Motilität und deren Trakt nur dann funktioniert, wenn die fortwährende
Störmechanismen sowie international akzeptierte Hemmung unterbrochen ist. Dies wiederum setzt ein
therapeutische Optionen aufzuzeigen [6]. Für das fein austariertes Gleichgewicht der Aktivität exzitato-
Studium von Details zur Pathophysiologie der rischer und inhibitorischer Motorneurone voraus.
gestörten Magen-Darm-Motilität bei Intensivpatien- Eine Zunahme exzitatorischer Aktivität bei gleichzei-
ten wird auf eine Übersicht verwiesen [6]. tigem Mangel an inhibitorischer Funktion führt zu
Hypermotilität oder fortdauernder Kontraktion glatter
Regulation der Magen-Darm-Motilität Muskelzellen. Betrifft diese Kontraktionszunahme
vornehmlich ringförmig angeordnete Muskelbündel,
Die Magen-Darm-Motilität wird durch viele interagie- z.B. in Sphinkteren, so entsteht ein Spasmus und
rende Kontrollsysteme gesteuert. Hierzu zählen das daraus resultierend ein Stopp des Vorwärtstrans-
zentrale, autonome und enterische Nervensystem, ports. Eine derartige Dauerkontraktion ist nicht auf
die Schrittmacherzellen im Gastrointestinaltrakt die Sphinkteren beschränkt, sondern kann lokal oder
(Interstitial Cells of Cajal, ICCs), die glatten Muskel- segmental auch im Dünn- oder Dickdarm auftreten.
zellen und endokrine Zellen [7]. Während das enteri- Liegt im umgekehrten Fall eine Hyperaktivität inhibi-
sche Nervensystem die Kontraktion der glatten torischer Motorneurone und/oder Hypoaktivität exzi-
Muskelzellen der im Magen-Darm-Trakt längs und tatorischer Neurone vor, so tritt eine andauernde
ringförmig angeordneten Muskulatur reguliert, haben Relaxation glatter Muskelzellen auf, der Darm ist
das Zentralnervensystem und das autonome Ner- schlaff und distendiert, und eine Kontraktion bleibt
vensystem nur einen modulierenden Effekt auf den aus [9].
Vorwärtstransport. Die Neurone des enterischen
Nervensystems sind vom Ösophagus bis zum analen Motilitätsmuster im Magen-Darm-Trakt
Sphincter internus in zwei großen Plexus angeord-
net, dem Plexus myentericus zwischen der Längs- Die Motilität im Magen-Darm-Trakt weist zwei Muster
und Ringmuskulatur und dem Plexus submucosus auf, die sich grundlegend unterscheiden. Nach der
zwischen der Ringmuskulatur und der Mukosa. Die Nahrungsaufnahme gibt es die postprandiale
Neurone im Plexus myentericus steuern die Motilität und Stunden später die interdigestive (=
Kontraktion der glatten Muskelzellen, die des Plexus Nüchtern-)Motilität [10].
submucosus die Elektrolyt- und Flüssigkeits-
sekretion, den Blutfluss in der Mukosa sowie die D i e i n t e rd i g e s t i v e M o t i l i t ä t beginnt im Antrum
neuroendokrinen und neuroimmunologischen Inter- des Magens und verläuft bis zum distalen Ileum in
aktionen. sogenannten Migrating Motor Complexes (MMCs).
Im Plexus myentericus finden sich hauptsächlich Diese sind Motilitätsmuster, die in drei Phasen einge-
inhibitorische und exzitatorische Motorneurone, teilt werden:
deren Funktion von sensorischen Neuronen (intrinsic • Phase I - die Periode der Inaktivität (45-60 min),
primary afferent neurons) und Interneuronen gesteu- • Phase II - die Periode irregulärer Kontraktionen
ert wird. (30-45 min),
Die Transmitter exzitatorischer Motorneurone sind • Phase III - bestehend aus regulärer, propulsiver
Acetylcholin, Substanz P und Serotonin, die der inhi- Aktivität (15 min). 

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604 I ÜBERSICHTEN / REVIEW ARTICLES

 Die interdigestive Motilität (MMC) wird initiiert von die bei intakter Pylorusfunktion und normaler, koordi-
nichtneuronalen Schrittmacherzellen, den ICCs, die nierter Magenmotilität diesen bis auf eine kleine
ein im Verlauf des Magen-Darm-Trakts unterschied- Restmenge verlassen würden. So zeigt ein Rückfluss
lich dichtes Netzwerk bilden und über „gap junc- von Mageninhalt über eine nasogastrale Sonde in
tions“ mit den glatten Darmmuskelzellen in Ver- den Ablaufbeutel von bis zu 500 ml an, dass die
bindung stehen. Die Nüchternmotilität hat die Magenentleerung beeinträchtigt und nicht vollstän-
Aufgabe, den Darm von Nahrungsresten und unver- dig ist, aber andererseits etwa die Hälfte bis
daulichen Bestandteilen zu reinigen und das Zweidrittel der sezernierten Magensaftmenge den
Bakterienwachstum in Schach zu halten („houskeep- Magen verlassen. Nimmt die Rückflussmenge inner-
er function“). Die Nüchternmotilität wird durch das halb von 24 Stunden auf etwa 700–1.000 ml zu, so
endogene Peptid Motilin reguliert, das an entspre- deutet dies auf eine erheblich behinderte Magenent-
chende Motilinrezeptoren im Gastrointestinaltrakt leerung hin. Die Beurteilung des Inhalts des
bindet. Eine funktionierende Nüchternmotilität ist für Magensondenbeutels gibt Aufschluss darüber, ob
das endoluminale Milieu von essentieller Bedeutung eine Entleerungsstörung des Magens, Rückfluss von
und die Voraussetzung dafür, dass nach Nahrungs- Duodenuminhalt (gallig) oder Rückfluss aus tieferen
aufnahme ein propulsiver Vorwärtstransport (post- Darmabschnitten vorliegt. Eine Bilanzierung der
prandiale Motilität) einsetzt. gastralen Rückflussmenge in kürzeren Zeitintervallen
als 12 Stunden wird häufig praktiziert, um frühzeitig
D i e p o s t p r a n d i a l e M o t i l i t ä t setzt nach der auf Magenentleerungsstörungen aufmerksam zu
Aufnahme von Nahrung in den Magen ein und werden. Solch kurze Bilanzierungsintervalle sind in
besteht aus der gastralen Akkomodation (Speicher- der klinischen Routine aber wenig sinnvoll, da die
funktion), einer langsamen Magenentleerung, einer Magensaftsekretion nicht gleichmäßig über den 24-
stationären Motilität in Form segmentaler Kontrak- Stunden-Tag erfolgt und sich der Magen nicht konti-
tionen und Pendelbewegungen sowie der propulsi- nuierlich, sondern portionsweise entleert. Zudem
ven Peristaltik des Dünndarms, die allerdings nur sind die Magensaftsekretion und -entleerung von
über relativ kurze Strecken abläuft. Die Motilität des zahlreichen Umständen, z.B. Lagerung, intraabdomi-
Dickdarms weist keine Peristaltik auf, sondern nellem Druck und Applikation inhibitorisch wirksamer
besteht aus Massenbewegungen aus dem Colon Pharmaka, abhängig, die sich im Tagesverlauf mehr-
ascendens über das Colon transversum in das Colon fach ändern können [6].
descendens. Physiologischerweise kann im Colon
auch Retroperistaltik auftreten, mit der der Darm- E m p f o h l e n e Vo rg e h e n s w e i s e : Der Ablaufbeu-
inhalt zurück ins Colon ascendens verbracht wird, tel der Magensonde wird alle 4-6 Stunden für
um dann wieder propulsiv in das Colon descendens 10-15 min unter das Magenniveau gehängt und das
oder Sigma transportiert zu werden. Die Aus- kumulative gastrale Residualvolumen nach 24 Stun-
scheidung der Faeces über das Rektum ist ein kom- den abgelesen.
pliziert regulierter Vorgang, bei dem viele neuronale
und muskuläre Mechanismen interagieren und die Monitoring der Magen-Darm-Motilität
sehr fein aufeinander abgestimmt sind, worauf hier
nicht im Detail eingegangen werden soll. Bislang gibt es kein spezifisches, in der Routinean-
wendung praktikables und zuverlässiges Monitoring
Normale Magen-Darm-Motilität und der Motilität der verschiedenen Magen-Darm-Ab-
schnitte. Die gehemmte Magenentleerung lässt sich,
Anzahl von Darmentleerungen wie beschrieben, über die Menge des gastralen
Ein funktionierender Vorwärtstransport des Chymus Rückflusses feststellen, das Absetzen von Stuhlgang
aus dem Magen in das Duodenum, durch den Dünn- ist ein robustes, aber wenig spezifisches Zeichen
und Dickdarm und die Speicherung der Faeces im dafür, dass sich das Rektum entleerte. Beide
Sigma bzw. Rektum entzieht sich unserer bewussten Parameter, Magenrückfluss und Darmentleerung,
Wahrnehmung. Erst wenn der Vorwärtstransport sagen aber nichts darüber aus, ob die Dünndarm-
beeinträchtigt oder gehemmt ist, treten klinische und/oder Dickdarmmotilität normal funktionieren. Die
Symptome auf, die auf diese Störungen hinweisen. Auskultation des Abdomens nach Geräuschen mit
Eine beeinträchtigte Magenentleerung zeigt sich dem Stethoskop ist ebenfalls wenig hilfreich, zudem
anhand eines vermehrten Rückflusses von Magen- noch immer zweifelhaft ist, ob regelmäßige
inhalt (gastrales Residualvolumen) über eine nasoga- Peristaltik, z.B. des Dünndarms, auskultierbare Ge-
strale Sonde. Normalerweise sezerniert der Magen räusche hervorruft. Vielmehr gibt es Hinweise dafür,
innerhalb von 24 Stunden etwa 1-1,5 l Magensaft, dass auskultierbare Darmgeräusche wahrschein- 

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 lich von der interdigestiven Motilität, z.B. Phase-III- Komorbiditäten bestehen meist schon längere Zeit,
MMCs, herrühren [11]. Aber auch teils mit Luft und und es ist nicht anzunehmen, dass diese Grunder-
Flüssigkeit gefüllte Darmschlingen können bei statio- krankungen durch die Intensivbehandlung gebessert
nären Kontraktionen oder Pendelbewegungen Darm- werden können. Vielmehr ist plausibel, dass sich die
geräusche hervorrufen, ohne dass ein geordneter durch die Komorbidität bedingte Behinderung der
Vorwärtstransport vorliegt. Demzufolge kann aus Magen-Darm-Motilität zumindest additiv zu den inhi-
dem Vorhandensein von Darmgeräuschen nicht auf bitorischen Faktoren der intensivmedizinischen
funktionierende Darmperistaltik geschlussfolgert Behandlung auswirkt. Bestehen beispielsweise bei
werden. Andererseits ist die völlige Stille bei der einer durch Diabetes mellitus hervorgerufenen neuro-
Auskultation über einen längeren Zeitraum bei pathischen Gastroparese pathomorphologische Ver-
gleichzeitig geblähtem Abdomen lehrbuchmäßig ein änderungen am enterischen Nervensystem, sind
Hinweis auf einen paralytischen Ileus. Allgemein diese nicht kausal therapeutisch verbesserbar. Es
weist ein geblähtes Abdomen auf vermehrte gibt aber spezifische therapeutische Ansätze (s.u.),
Gasbildung im Darm und/oder verminderten Vor- die motilitätshemmende Auswirkung einer diabeti-
wärtstransport hin. schen Gastroparese, hervorgerufen durch Mangel an
endogenem Motilin, zu mildern.
Physiologische Stuhlgangfrequenz
Vo r ü b e rg e h e n d h e m m e n d e F a k t o r e n a u f
In Untersuchungen an gesunden Menschen hat sich d i e M a g e n - D a r m - M o t i l i t ä t sind vielfältig und in
gezeigt, dass die Frequenz der Darmentleerung indi- Tabelle 1b zusammengefasst. Die Faktoren lassen
vidueller Personen von 1-2 x täglich bis hin zu einer sich wiederum unterteilen in Pharmaka, die für die
Darmentleerung alle 3 Tage schwanken kann. Diese Behandlung des Intensivpatienten unverzichtbar
Variabilität wird als physiologisch angesehen. Die sind, in Begleitumstände, die während der Intensiv-
Gründe für diese Variabilität sind zum Teil bekannt. behandlung auftreten können, und in Ereignisse, die
Eine Hypothese wäre, dass Patienten mit einem ursächlich für den Intensivaufenthalt des Patienten
langsamen gastrointestinalen Vorwärtstransport sind oder individuelle Komplikationen des Krank-
weniger enterische Schrittmacherzellen (ICCs) haben heitsbildes darstellen. Hinzu kommt, dass diese ver-
[12]. Die Darmmotilität wird auch durch Östrogene schiedenen Faktoren in variabler Anzahl und
verlangsamt, was in Einklang damit steht, dass Kombination sowie unterschiedlicher Intensität hem-
Frauen häufiger unter Obstipation leiden [13]. mend auf den Magen-Darm-Trakt einwirken.

Ursachen gestörter Magen-Darm-Motili- Hemmung der Magen-Darm-Motilität


tät bei Intensivpatienten durch Pharmaka der Intensivtherapie
Die Ursachen für eine Beeinträchtigung der Magen- Opioide
Darm-Motilität bei Intensivpatienten können unterteilt Die Hemmung der Magen-Darm-Motilität ist eine
werden in Faktoren, die permanent oder vorüberge- typische Nebenwirkung der Opioide, die vor allem
hend hemmend wirksam sind. Des weiteren gibt es bei der langdauernden Therapie chronisch Schmerz-
allgemeine prädisponierende Faktoren, z.B. habituel- kranker beschrieben ist. Aber auch in der Intensiv-
le Obstipation und langdauernder Laxantien- therapie führen Opioide zu einer Hemmung der
gebrauch. Auch ein chronischer Nikotin- und Magenentleerung und Darmmotilität [6].
Alkoholkonsum ist der Magen-Darm-Motilität nicht
förderlich. Der Mechanismus, der bei chronischen Sedativa, Narkotika
Rauchern durch die erste morgendliche Zigarette Sedativa sind in der Intensivmedizin, insbesondere
eine Darmentleerung in Gang setzt, ist unklar. bei beatmeten Patienten, unverzichtbar. Diese haben
Vermutlich induziert die Inhalation des Zigaretten- eine hemmende Wirkung auf die Darmmotilität [6].
rauchs einen Defäkationsreiz bzw. -reflex. Nikotin
seinerseits hemmt jedoch transient die Darmmotilität Katecholamine, α-adrenerge Agonisten
und die Magenentleerung [14]. Alle Katecholamine haben eine hemmende Wirkung
auf die Darmmotilität, jedoch mit unterschiedlicher
P e r m a n e n t e n E ff e k t a u f d i e M a g e n - D a r m - Potenz der einzelnen Substanzen [15]. Ob dieser
M o t i l i t ä t haben eine Reihe internistischer und neu- experimentell erhobene Unterschied der Hemm-
rologischer Erkrankungen, an denen die Patienten wirkung der einzelnen Katecholamine klinische
unabhängig von der Ursache des Intensivaufent- Relevanz hat, ist unbekannt. Clonidin und in noch
haltes leiden. Die in (Tab. 1a) zusammengestellten stärkerem Maße Dexmedetomidin hemmen dosis- 

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Tab. 1: Ursachen der Hemmung der Magen-Darm-Motilität.


a) Faktoren mit permanentem Effekt auf die Magen-Darm-Motilität
Diabetes mellitus
Sklerodermie, systemische Sklerose
Niereninsuffizienz
Myopathien
Dermatomyositis
Amyloidose
Hypothyreoidismus
Phäochromozytom
b) Faktoren mit vorübergehend hemmender Wirkung auf die Magen-Darm-Motilität
Pharmaka Opioide
Sedativa, Narkotika
Katecholamine
α-adrenerge Agonisten
Anticholinergika
Ursächliche Ereignisse Laparotomie
(Chirurgische) Manipulationen am Magen-Darm-Trakt
Schädel-Hirn-Trauma
Spinales Trauma
Verbrennungstrauma
Begleitumstände / Komplikationen Hyperglykämie
Hypokaliämie, Hypomagnesiämie
Azidose
Metabolische Alkalose
Kolonisation des Darms mit pathogenen Keimen
Bakterielle Überwucherung
Postoperativer Ileus
Peritonitis
Sepsis
Stress
Sympathikotonie (Postaggressionsstoffwechsel)
Apoplex
Immobilisierung
Prädisponierende Faktoren Habituelle Obstipation
Laxantien(ab)usus
Chronischer Nikotin-, Alkoholkonsum

 abhängig die Magen-Darm-Motilität, wobei die ursprünglich erfolgversprechende pharmazeutische


Hemmwirkung des Dexmedetomidins der von Entwicklungen gestoppt wurden. Auf diese Substan-
Opioiden vergleichbar ist [16]. zen wird am Ende der Übersicht kurz eingegangen,
da das Wissen dieser Umstände das Verständnis der
Wirkweise propulsiv wirksamer Pharma- Wirkweise und der Probleme propulsiv wirksamer
Pharmaka wesentlich erweitert hat. Außerdem ist
ka und Rationale für deren Anwendung wichtig zu unterscheiden, ob eine Substanz tatsäch-
Bei der Komplexität der neuronalen und nichtneuro- lich den koordinierten Vorwärtstransport verbessert
nalen Regulationsmechanismen der Motilität der ver- oder nur die Kontraktion glatter Muskelzellen ver-
schiedenen Abschnitte des Magen-Darm-Trakts stärkt.
wäre es illusorisch anzunehmen, dass eine einzige
pharmakologische Substanz in der Lage sein könnte, Laxantien, Bisacodyl und Natriumpicosulfat
ihre properistaltische Aufgabe in allen Abschnitten Die Rationale für den frühzeitigen Einsatz von
gleichermaßen zufriedenstellend zu erfüllen. Zudem Laxantien, speziell von Bisacodyl und Natriumpico-
gibt es vergleichsweise wenige Pharmaka, die kli- sulfat, als Basismaßnahme zur Stimulation der
nisch zur Verbesserung des Vorwärtstransports ein- Darmmotilität ist u.a., die gestörte Wasser- bzw.
gesetzt werden können (Tab. 2). Hinzu kommt, dass Sekretionshomöostase des Darms unter Intensivbe-
kürzlich einige Subtanzen vom Markt genommen und dingungen zu optimieren [6]. Normalerweise nimmt 

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608 I ÜBERSICHTEN / REVIEW ARTICLES

Tab. 2: Motilitätsfördernde Pharmaka.


Wirkmechanismus Wirkstoff Präparat
Laxans Bisacodyl z. B. Dulcolax
Natriumpicosulfat z. B. Laxoberal
Polyethylenglykol
Macrogol 3350 z. B. Movicol
Magnesiumsalz z. B. diverse Präparate
Motilinrezeptor-Agonist Erythromycin z. B. diverse Präparate
Prokinetikum Metoclopramid z. B. Paspertin, Metoclopramid
Domperidon z. B. Motilium
Opiatrezeptor-Antagonist Naloxon z. B. Narcanti, Naloxona
Naloxon + Oxycodon z. B. Targin
Methylnaltrexon z. B. Relistor
Cholinesterase-Inhibitor Neostigmin z. B. Prostigmin

 der Dünndarm endoluminal täglich etwa 7-8 l end- unverändert den gesamten Magen-Darm-Trakt pas-
ogene und exogen zugeführte Flüssigkeit auf, wovon siert und nach 1-2 Tagen ausgeschieden wird [6]. Es
endogen der größte Anteil von Epithelzellen des gibt erste vielversprechende Anwendungen in der
Dünndarms sezerniert wird. Es gibt Hinweise dafür, Intensivmedizin. Bis größere Erfahrungen vorliegen,
dass unter intensivmedizinischen Bedingungen und wird Polyethylenglykol (Macrogol 3350) als supporti-
unter der Wirkung von Opioiden die Flüssigkeits- ve Therapieoption empfohlen.
sekretion des Darms deutlich reduziert ist [17]. Die
sekretagog und antiabsorptiv wirkenden Laxantien Erythromycin
Bisacodyl und Natriumpicosulfat unterstützen den Das Makrolidantibiotikum Erythromycin stimuliert die
physiologischen Prozess der Flüssigkeitssekretion gastrale und intestinale Motilität durch Bindung an
im Dünndarm. Darüber hinaus stimulieren bzw. hem- Motilinrezeptoren auf enterischen Neuronen und
men die Laxantien die Synthese endogener Media- glatten Muskelzellen [22-24]. Außerdem verstärkt es
toren und begünstigen somit die intestinale Motilität den Verschlussdruck des unteren Ösophagussphink-
(Details s. [6]). Die Anwendung von Bisacodyl als ters durch Stimulation cholinerger Neurone [25]. In
Suppositorium hat den Vorteil gegenüber der oralen einer Metaanalyse bestätigte sich, dass der Effekt
Applikation, dass die abführende Wirkung bereits von Erythromycin auf die Magenentleerung besser ist
nach etwa 30-60 min eintritt, da der enterohepati- als bei anderen Prokinetika [26]. Erythromycin sollte
sche Kreislauf umgangen wird. intravenös in einer Dosierung von 3 x 100 mg pro Tag
als Kurzinfusion verabreicht werden. Die intravenöse
Magnesiumsalze Verabreichung ist für die Magenentleerung besser
Magnesiumsalze steigern u.a. die Freisetzung von wirksam als die orale Gabe [27]. Die niedrige, nicht
Cholecystokinin und somit die Flüssigkeitsakkumu- antibiotisch wirksame Dosierung von 1 mg/kg
lation und Dünndarmmotilität. Magnesiumsalze wer- Körpergewicht Erythromycin ist ausreichend, um die
den in sehr variablen Dosierungen verabreicht, von Magenentleerung zu verbessern [28]. Aus Praktika-
0,1 mg/kg KG bis zu einer Gesamtmenge von 15 g bilitätsgründen wird routinemäßig eine Dosierung
pro Applikation [18,19]. Die empfohlene Dosierung ist von 100 mg gewählt. Außerdem initiiert Erythromycin
0,1 mg/kg KG, da die höher dosierte und länger dau- durch Bindung an Motilinrezeptoren interdigestive
ernde Magnesiumanwendung zu einer beachtlichen Motilität, die die Voraussetzung für die Entwicklung
Resorption von Magnesium führt und das Risiko von von peristaltischer Motilität nach Ingestion von
Nierentoxizität mit sich bringt [20]. Vorsicht ist auch Nahrung ist. Das exogen zugeführte Erythromycin
bei Patienten mit einer Magenmotilitätsstörung ange- substituiert somit den endogenen Mangel an Motilin
bracht, da Magnesiumsulfat die Magenentleerung und bringt MMCs in Gang. Dies ist mitunter bereits
zusätzlich verlangsamen kann [21]. nach einer oder in der Regel nach wenigen
Eryrthromycinapplikationen der Fall, so dass sich die
Polyethylenglykol, Macrogol 3350 Magenentleerung deutlich verbessert und das
Polyethylenglykol (PEG) ist ein osmotisches Laxans, gastrale Residualvolumen abnimmt. Dies erklärt
das in Wasser gelöst und getrunken wird. In Wasser auch die Empfehlung, Erythromycin nur drei Tage zu
gelöstes Polyethylenglykol hat den Vorteil, dass es geben. Beruht die Magentleerungsstörung nicht auf
dem Darm kein weiteres Wasser entzieht, die einem endogenen Mangel an Motilin, wird Erythro-
Chymus- bzw. Faecesmenge vergrößert, nahezu mycin unwirksam bleiben und muss demzufolge 

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 nicht längere Zeit gegeben werden. Außerdem Metoclopramid
schwächt sich die Wirkung von Erythromycin bei Metoclopramid ist als prokinetische Substanz bereits
wiederholter Gabe merkbar ab [17]. Die Befürchtung, länger als 35 Jahre im Einsatz. Metoclopramid ist ein
mit der Gabe von niedrig dosiertem Erythromycin die Antagonist an Dopaminrezeptoren (D2), ein Partial-
Resistenzbildung bei Bakterien zu begünstigen, rezeptor-Agonist am 5-HT4-Rezeptor und ein schwa-
scheint nachvollziehbar, ist aber durch Angaben in cher Antagonist an vagalen und zentralen 5-HT3-
der Literatur nicht begründet [6]. Bislang wurde noch Rezeptoren [6]. Die Aktivierung der 5-HT4-Rezep-
keine Resistenzbildung durch die niedrig dosierte toren verstärkt die Freisetzung von Azetylcholin aus
und kurzfristige Gabe von Erythromycin dokumen- enterischen Motorneuronen. Diese Azetylcholin-
tiert. freisetzung bewirkt den prokinetischen Effekt von
Die gute Wirksamkeit von Erythromycin auf die Ver- Metoclopramid im Magen-Darm-Trakt [6,35].
besserung der Magenentleerung wurde in placebo- Der motilitätsfördernde Effekt von Metoclopramid ist
kontrollierten Doppelblind-Studien an intensivpflich- weitgehend auf den oberen Magen-Darm-Trakt
tigen, beatmeten Patienten bestätigt [29,30]. Am beschränkt, indem es den unteren Ösophagus-
Darm scheint die motilitätsfördernde Wirkung von sphinkter-Verschlussdruck erhöht, antrale Kontrak-
Erythromycin gering zu sein [31]. Erythromycin hat tionen und die Motilität des Dünndarms stimuliert,
keinen positiven Effekt auf den postoperativen Ileus die antropyloroduodenale Koordination verbessert,
[32,33]. Erythromycin bewirkt wie alle Makrolid- aber keinen klinisch signifikanten Effekt auf die
antibiotika eine Verlängerung des QT-Intervalls im Kolonmotilität hat. Bei kritisch kranken Patienten
EKG [33]. Arrhythmien treten nach intravenöser beschleunigt Metoclopramid den gastrointestinalen
Erythromycingabe in der Regel erst ab einer Serum- Transit und verbessert die Toleranz enteraler Er-
konzentration von 30 mg/ml auf, die nach 100 mg- nährung, hat aber keinen Effekt auf den Verlauf des
Dosierungen nicht erreicht werden ([34], weitere postoperativen Ileus [36,37].
Details siehe [6]). 

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 Limitierend für die klinische Anwendung von läufen mit länger dauernder Darmatonie [41]. Eine
Metoclopramid sind die Nebenwirkungen. Alle schlechte Wirkung wurde bei Elektrolytimbalance,
Prokinetika mit antagonisierender Wirkung an zentra- postoperativer Analgesie mit Opioiden und Patienten
len D2-Rezeptoren rufen extrapyramidal-motorische mit Antiparkinsonmedikation beschrieben [41]. Das
Reaktionen hervor. Diese Nebenwirkung ist in der Versagen von Neostigmin bei Opioidtherapie ist gut
Regel reversibel und tritt am häufigsten bei Kindern erklärbar, da die hauptsächlich hemmende Wirkung
und jungen Erwachsenen und in höherer Dosierung von Opioiden auf die Magen-Darm-Motilität darin
auf. Metoclopramid kann in seltenen Fällen eine besteht, dass durch Opioide die Azetylcholin-
Galaktorrhoe induzieren sowie Unregelmäßigkeiten freisetzung im enterischen Nervensystem vermindert
im Menstruationszyklus und ein malignes neurolepti- wird [8]. Hieraus lässt sich die Begründung für eine
sches Syndrom hervorrufen (Mechanismus s. [6]). kombinierte Therapie aus einer Substanz, die
Azetylcholin freisetzt, z.B. Metoclopramid, und
Domperidon Neostigmin herleiten und verallgemeinern. Wird kein
Domperidon entfaltet seine prokinetische Wirkung Azetylcholin im enterischen Nervensystem freige-
am Magen-Darm-Trakt ebenfalls durch Blockade setzt, bleibt Neostigmin wirkungslos. Neostigmin
peripherer Dopaminrezeptoren. Es verbessert die würde dann nur in anderen Organsystemen, z.B. im
Peristaltik im Ösophagus und die Magenentleerung Bronchialsystem, den Azetylcholinabbau hemmen
durch eine verbesserte Magenmotilität und antrodu- und auf diesem Wege bronchopulmonale Neben-
odenale Koordination der Bewegungsabläufe [38]. wirkungen hervorrufen. Für die Dosierung der Kom-
Ein wesentlicher Vorteil von Domperidon im Vergleich bination von Metoclopramid plus Neostigmin gibt es
zu anderen Prokinetika ist die gute antiemetische Erfahrungswerte und die wichtige, experimentell
Wirkung durch Blockade von D2-Rezeptoren in der untermauerte Empfehlung [42], generell die Dosie-
Area postrema und im Magen. Domperidon steht als rung von Prokinetika nicht permanent zu steigern, da
orale Darreichungsform zur Verfügung, es wird Prokinetika per se bei Überdosierung eine Hemmung
schnell aus dem Dünndarm resorbiert und erreicht der Darmmotilität bewirken können [6]. Da die
bereits 30 min nach oraler Einnahme seine maximale Magen-Darm-Atonie in der Regel auf einem Über-
Plasmakonzentration. Die intravenöse Darreichungs- wiegen inhibitorischer enterischer Mechanismen
form wurde aufgrund kardialer Nebenwirkungen beruht, deren Ausmaß aber letztendlich unbekannt
durch QT-Intervallverlängerung bereits vor 20 Jahren ist, wird empfohlen, pro Tag nur einen pharmakologi-
vom Markt genommen. Die Hauptindikation von schen Stimulationsversuch zu unternehmen. Damit
Domperidon liegt bei Intensivpatienten, die nicht wird vermieden, dass bei „Nichtstimulierbarkeit“ des
intubiert sind, schlucken können oder eine Magen- Darms aufgrund zu ausgeprägter endogener
sonde haben und an starker Übelkeit oder Erbrechen Inhibition, iatrogen diese Hemmung durch Überdo-
leiden. Außerdem ist die Substanz von Vorteil bei sierung properistaltischer Pharmaka zusätzlich ver-
Patienten mit Morbus Parkinson und Dopamin- stärkt und/oder prolongiert wird [6].
therapie. Hier blockiert Domperidon die peripher ver-
mittelte Hemmung der Magenmotilität durch Dopa- Naloxon
min. Domperidon ruft keine nennenswerten extrapy- Die Hemmung der Magen-Darm-Motilität durch
ramidalen Symptome hervor, da es die Blut-Hirn- Opioide beruht auf deren Bindung an und Aktivierung
Schranke nahezu nicht permeiert [6]. von enterischen Opioidrezeptoren, während die anal-
getische Wirkung hauptsächlich über µ-Opioidrezep-
Neostigmin toren im Gehirn vermittelt wird. Demzufolge ist es
Neostigmin ist ein reversibler Acetylcholinesterase- sinnvoll, den Opioidrezeptor-Antagonisten Naloxon
Inhibitor, der vorübergehend die Acetylcholinkonzen- auf enteralem Wege an den Ort der Hemmung im
tration an den Darmmuskelzellen erhöht und somit Magen-Darm-Trakt zu bringen, um dort gezielt die
die intestinalen Kontraktionen verstärkt. Intravenös inhibitorische Wirkung der Opioide am Plexus myen-
verabreichtes Neostigmin hat eine schnelle Wirkung, tericus aufzuheben. Durch den extensiven First-
aber auch eine kurze Eliminationshalbwertszeit von pass-Metabolismus von Naloxon in der Leber ist die
etwa 25 min [39]. Die klinische Wirksamkeit von systemische Bioverfügbarkeit so gering, dass keine
Neostigmin als Monosubstanz zur Verbesserung der nennenswerten Mengen Naloxon in das Zentral-
Magen-Darm-Motilität wird kontrovers beurteilt. Je nervensystem kommen und dort die analgetische
nach Patientenkollektiv hat Neostigmin keine oder Wirkung der Opioide antagonisieren. Allerdings ist
eine zufriedenstellende Wirkung. Es wirkt z.B. gut bei die Menge, die enteral zur Antagonisierung der intes-
Patienten mit einer Pseudoobstruktion des Colons tinalen Motilitätshemmung verabreicht werden muss,
[40] und bei unkomplizierten postoperativen Ver- groß und empirisch ermittelt. In einer Studie an 

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CONTINUING MEDICAL EDUCATION / ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG I 611

Tab. 3: Vom Markt genommene Prokinetika


Substanz Pharmakologische Wirkung Grund der Rücknahme
Cisaprid 5-HT4-Rezeptoragonist, Kardiotoxizität
5-HT3-Rezeptorantagonist
Tegaserod Partieller 5-HT4-Rezeptoragonist Ischämische kardiale Nebenwirkungen
Itopride Dopamine D2-Rezeptorantagonist Wirkungslosigkeit
Acetylcholinesterase-Inhibitor
Panthenol unbekannt Wirkungslosigkeit
Ceruletid Stimulation von CCK1-Rezeptoren (= CCKA) Kosten der Rezulassung

 chronisch Schmerzkranken unter Opioiddauer- keinerlei Informationen über deren Wirkung auf die
therapie ließ sich die Obstipation und der verbleiben- Magen-Darm-Motilität vorliegen [6].
de Laxantienbedarf deutlich reduzieren, ohne dass
die zentrale Opiatanalgesie abgeschwächt wurde Prokinetika, die vom Markt genommen
[43]. Hierzu waren Naloxonmengen von 3 x 3 mg bis wurden bzw. werden oder deren Weiter-
zu 3 x 12 mg pro Tag erforderlich. Seit wenigen
entwicklung gestoppt wurde
Monaten steht Oxycodon in Kombination mit Nalo-
xon (Targin) zur Verfügung. Ob diese orale Darrei- Das Wissen über die Substanzen, die kürzlich auf-
chungsform des Opiats plus Opiat-Antagonist einen grund von Nebenwirkungen vom Markt genommen
Nutzen in der Intensivmedizin hat, wird sich in Zu- wurden oder deren Entwicklung gestoppt wurde
kunft zeigen. (Tab. 3), hat das Verständnis der Wirkweise und ins-
besondere der generellen Limitation der klinischen
Methylnaltrexon Anwendung von properistaltisch wirksamen Pharma-
Methylnaltrexon ist ein quarternärer µ-Rezeptor- ka erweitert:
Antagonist, der die Blut-Hirn-Schranke nicht durch- • Cisaprid (Propulsin) wurde im Jahre 2000 auf-
dringt, allerdings auch eine geringe orale Bioverfüg- grund von tödlich verlaufenen Herzrhythmus-
barkeit hat. Die subkutane Injektion von Methylnal- störungen vom Markt genommen. Als 5-HT4-
trexon antagonisiert die opiatbedingte Motilitätshem- Rezeptor-Agonist und 5-HT3-Rezeptor-Antagonist
mung im Magen-Darm-Trakt, ohne dass die Anal- rief es durch Verlängerung des QT-Intervalls ven-
gesie abgeschwächt wird [44]. Methylnaltrexon steht trikuläre Tachykardien und Torsades de pointes
seit kurzem für die klinische Anwendung zur Ver- hervor. Noch auf dem Markt befindliche
fügung, ist allerdings noch nicht für die intensivmedi- Substanzen, wie Erythromycin und Domperidon,
zinische Anwendung explizit zugelassen, sondern rufen ebenfalls QT-Intervallverlängerungen hervor
nur für die Verwendung in der Palliativmedizin [6]. (Details s. [6].
• Tegaserod (Zelmac), ein partieller 5-HT4-
Bedeutung enteraler Ernährung und von Rezeptor-Agonist, war nur in wenigen Ländern,
Pre-, Pro- und Synbiotika für die Magen- u.a. in der Schweiz, zugelassen, wurde aber auf-
Darm-Motilität grund ischämisch bedingter kardialer Neben-
wirkungen zurückgezogen. Außerdem bestand
Obgleich allgemein die frühzeitige enterale Er - die Gefahr des Auftretens einer ischämischen
nährung in der Intensivmedizin zur Prävention von Colitis nach Gabe von Tegaserod.
Komplikationen und zur Verbesserung des Outcome • Itopride, ein Dopamin-D2-Rezeptor-Antagonist
empfohlen wird [45,46], gibt es bislang keine und Acetylcholinesterase-Inhibitor, war bereits in
Hinweise dafür, dass spezielle enterale Ernährungs- Japan und einigen osteuropäischen Ländern auf
diäten einen positiven Einfluss auf die gehemmte dem Markt, wurde aber zurückgenommen, da es
Magen-Darm-Motilität hätten [6]. Es gibt erste in der Indikation „funktionelle Dyspepsie“ nicht
Hinweise, dass eine faserreiche enterale Kostformu- zufriedenstellend wirksam war. Es ist an dieser
lierung die intestinale Passage über komplexe inhibi- Stelle anzumerken, dass die Zulassung auf häufi-
torische Feedbackmechanismen verlangsamt und ge Krankheitsbilder, wie funktionelle Dyspepsie,
eine Therapieoption der Passagebeschleunigung bei ausgerichtet ist und nicht auf die Indikation der
Diarrhoe darstellt [47,48]. Anwendung bei Intensivpatienten.
Die Bedeutung von Pre-, Pro- und Synbiotika für die • Panthenol (Dexpanthenol, Bepanthen) wurde in
Funktion des Magen-Darm-Trakts rückt auch in der der injizierbaren Darreichungsform im Verfahren
Intensivmedizin zunehmend in den Fokus des der Rezulassung wegen Wirkungslosigkeit vom
Interesses, wobei aber bis zum jetzigen Zeitpunkt Markt genommen. Bis zu diesem Zeitpunkt war 

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612 I ÜBERSICHTEN / REVIEW ARTICLES

 die kombinierte Verabreichung von Panthenol und Einlauf, Klysmen


Neostigmin häufig bei der Darmatonie chirurgi- Die Anwendung von Einläufen und Klysmen kann
scher Patienten angewandt worden. täglich erfolgen. Die Wirkweise beruht auf der Aus-
• Ceruletid (Takus), eine sehr gut motilitätsfördern- lösung von enterischen neuronalen Reflexen, die die
de Substanz, wird im Verlauf des Jahres 2009 Defäkation begünstigen. Durch Änderung der Zu-
vom Markt genommen werden, da die Kosten der sammensetzung der Irrigationsflüssigkeit und Zusatz
Rezulassung sich angesichts des geringen Sub- von Laxantien ist bislang keine bessere Wirksamkeit
stanzverbrauchs nicht rechnen. Ceruletid wird mit nachgewiesen.
40 µg pro Applikation dosiert. Typisch für Ceru-
letid ist, dass es auch die Kontraktion von Sphink- 2. Zielgerichtete, spezifische Therapie
teren, z.B. des Pylorus, verstärkt und nahezu
immer zu einem erhöhten gastralen Residual- Steigt trotz Anwendung der Basismaßnahmen das
volumen führt. Die durch Ceruletid induzierten gastrale Residualvolumen auf etwa 500 ml und mehr
Kontraktionen des Darmes können schmerzhaft an oder hatte der Patient seit etwa 3-4 Tagen keinen
sein, weshalb diese Substanz nicht/kaum am Stuhlgang und/oder zeigt Symptome eines behinder-
wachen, nicht sedierten Patienten einsetzbar ist. ten Vorwärtstransports (z.B. geblähtes Abdomen), ist
mit zielgerichteten, spezifischen Therapiemaß-
nahmen zu beginnen.
Pharmakologische Therapie der
gehemmten Magen-Darm-Motilität Gestörte Magenentleerung
Aufgrund der begrenzten Anzahl motilitätsfördernder 1. Wahl Erythromycin 3 x 100 mg/Tag i.v. (max. 3 Tage)
2. Wahl Metoclopramid 10 mg i.v.
Pharmaka und kontrollierter klinischer Studien emp-
3. Wahl Domperidon 30-40 mg oral/enteral
fiehlt sich, auf der Basis der vorhandenen Daten
sowie pathophysiologischer und pharmakologischer
Gestörte Magenentleerung und Darmatonie
Abwägungen das nachfolgend beschriebene Vor-
1. Wahl Erythromycin 3 x 100 mg/Tag i.v.
gehen [6]. Ohne Zweifel gibt es individuelle positive
dann 12-24 h später Kombination von
Erfahrungen von Therapeuten mit dem einen oder
anderen Regime oder einer Kombination von Ver- Metoclopramid 10-30 mg i.v.
fahren bzw. Pharmaka, die hier nicht erwähnt sind. + Neostigmin 0,5-1,5 mg i.v. in 250 ml NaCl
0,9% Infusions-
Da diese therapeutischen Erfolge nicht auf breiter
dauer 1-2 h
Basis reproduzierbar und möglicherweise zum
Beispiel auf spezifische Besonderheiten der entspre-
chenden Patienten zurückzuführen sind, werden sie Darmatonie ohne Magenentleerungsstörung
nicht allgemein empfohlen. Kombination von
Metoclopramid 10-30 mg i.v.
+ Neostigmin 0,5-1,5 mg i.v. in 250 ml NaCl
E n t e r a l e S o n d e n . In der Regel haben kritisch 0,9% Infusions-
kranke Patienten auf Intensivstationen eine nasogast- dauer 1-2 h
rale Sonde. Es empfiehlt sich zu prüfen, ob der
Patient bei einer eingeschränkten Magenentleerung 3. Supportive Therapiemaßnahmen
von einer nasojejunalen, doppelläufigen Sonde mehr Polyethylenglykol (PEG)
profitiert. Die Spitze derartiger Sonden kommt jen- Macrogol 3350 20-30 g/Tag oral/in 250 ml
seits des Treitz´schen Bandes zu liegen und ermög- Wasser gelöst
licht auf diese Weise trotz Magenentleerungsstörung enteral
die enterale Ernährung des Patienten. Naloxon 3 x 3 mg/Tag oral/in 50 ml
Wasser gelöst
bis 3 x 12 mg/Tag enteral
1. Frühzeitiger Einsatz von Basismaßnahmen Methylnaltrexon 12 mg s.c.
(Ret. Oxycodon plus
Laxantien ret. Naloxon 10 mg/5 mg oral)
Verabreichung von Laxantien bei allen Patienten ab
dem 2. Tag, spätestens ab dem 3. Tag nach Auf-
nahme auf die Intensivstation.
Allgemeine Überlegungen zum Ge-
brauch properistaltischer Maßnahmen
1. Wahl Bisacodyl 10-20 mg rektal als Supp.
2. Wahl Bisacodyl 10-20 mg oral/enteral 1. Wenn möglich, Reduktion oder Verzicht auf
Natriumpicosulfat 10-20 mg oral/enteral Medikamente mit motilitätshemmender Wirkung
3. Wahl Magnesiumsalze 0,1 mg/kg KG oral/enteral auf den Magen-Darm-Trakt, z.B. Opioide, 

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Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Michael K. Herbert
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie
der Universität Würzburg
Oberdürrbacher Straße 6
97080 Würzburg
Deutschland
Tel.: 0931 20130070
Fax: 0931 20130073
E-Mail: herbert_m@klinik.uni-wuerzburg.de 

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Zur kostenfreien Teilnahme müssen Sie den o.a. Kurs mit der folgenden PIN-Nummer buchen: 100964
Je Fortbildungsbeitrag ist ein Satz von Multiple-choice-Fragen zu beantworten. Entsprechend den Bewertungskriterien
der Bayerischen Landesärztekammer erhalten Sie zwei Fortbildungspunkte, wenn Sie mindestens 70% der Fragen zutref-
fend beantwortet haben. Bei 100% richtiger Antworten erhalten Sie drei Fortbildungspunkte. Die richtigen Antworten wer-
den unmittelbar nach Einsendeschluss in dieser Zeitschrift bekanntgegeben. Die Fortbildungspunkte werden auch von
den anderen Ärztekammern, gemäß den jeweiligen Bestimmungen, anerkannt.

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01.10.2010
Weitere Informationen: Stephanie Peinlich, Tel.: 0911 9337823, E-Mail: speinlich@dgai-ev.de
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616 I ÜBERSICHTEN / REVIEW ARTICLES

MULTIPLE-CHOICE-FRAGEN (CME 10/2009)


1. Welche Aussage trifft nicht zu? 6. Welche Aussage trifft zu?
Inhibitorische Motorneurone im Plexus myentericus Interdigestive Motilität
enthalten folgende Transmitter a) ist eine abortive Form der postprandialen Motilität
a) Dynorphin b) sind rasch wandernde Wellen
b) Substance P c) kann in postprandiale Motilität umschlagen
c) CGRP d) führt zu vermehrtem Bakterienwachstum
d) NO e) ist auf das Colon beschränkt.
e) VIP.
7. Welche Aussage trifft nicht zu?
2. Welche Aussage trifft nicht zu? Ursache der gestörten Magen-Darm-Motilität beim
Interstitial Cells of Cajal - ICCs Intensivpatienten kann sein
a) sind Schrittmacherzellen a) Stress
b) sind Bindegewebszellen b) Naloxon
c) sind neuronale Zellen c) Diabetes mellitus
d) haben gap junctions zu glatten Muskelzellen d) Apoplex
e) kommen in Sphinkteren vor. e) Noradrenalin.

3. Welche Aussage trifft zu? 8. Welche Aussage trifft nicht zu?


Die Funktion des unteren Ösophagussphinkters kann Standarddosierungen von motilitätsfördernden
verbessert werden durch Pharmaka sind
a) Erythromycin a) 3 x 100 mg Erythromycin
b) Sildenafil b) 3 x 5 mg Neostigmin
c) Cholecystokinin c) 10-30 mg Metoclopramid
d) NO d) 30-40 mg Domperidon
e) Dopamin. e) 20-30 g/Tag Polyethylenglykol.

4. Welche Aussage trifft zu? 9. Welche Aussage trifft nicht zu?


a) Ein gastraler Rückfluss über die Magensonde von 500 Erythromycin
ml in 24 Stunden ist noch als physiologisch anzusehen a) ist ein Antibiotikum
b) Eine Störung der Dünndarmmotilität ist stets an ab- b) gehört zur Substanzgruppe der Motilide
normen abdominellen Auskultationsgeräuschen er- c) bindet an Motilinrezeptoren
kennbar d) verbessert die Magenentleerung
c) Auskultierbare Darmgeräusche sind ein Nachweis e) stimuliert CCK-Rezeptoren.
geordneter Darmperistaltik
d) Das Ausbleiben von Stuhlgang über einen Zeitraum 10. Welche Aussage trifft zu?
von 3 Tagen ist stets als pathologisch einzustufen a) Mit dem Einsatz von Laxantien oder Klysmen soll man
e) Im Colon gibt es keine Peristaltik, sondern Massenbe- zurückhaltend sein
wegungen. b) Magnesiumsalze können ad libidum dosiert werden,
da sie keine iatrogene Motilitätshemmung hervorrufen
5. Welche Aussage trifft zu? c) Die rektale Gabe von Laxantien, z.B. Bisacodyl, kann
a) Hyperosmolare Laxantien sind zur Behandlung der von Vorteil sein
Darmatonie wirkungslos d) Sind Laxantien bislang wirkungslos, soll man sie drei-
b) Laxantien sollen zurückhaltend eingesetzt werden, da mal täglich anwenden
sie nur unzureichend wirken e) Laxantien dürfen nicht mit anderen properistaltischen
c) Polyethylenglykol fördert die Darmentleerung, indem Pharmaka kombiniert werden.
es endoluminale Flüssigkeit bindet
d) Klysmen sollten nicht mehr eingesetzt werden, da ihre
Wirksamkeit nicht bewiesen ist
e) Bisacodyl zeigt die beste Wirkung als Suppositorium.

© Anästh Intensivmed 2009;50:602-616 Aktiv Druck & Verlag GmbH

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