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A. K. Lührs1
Reparatur zahnärztlicher
Seitenzahnrestaurationen –
immer noch obsolet?
Repair of posterior dental restorations –
still obsolete?
PD Dr. Anne-Katrin Lührs
Warum Sie diesen Beitrag lesen sollten? / Why should you read this article?
Reparaturen stellen eine minimalinvasive Interventionsmaßnahme dar. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Indikationen,
Kontraindikationen und Reparaturtechniken anhand von klinischen Beispielen.
Repair of dental restorations is a minimal invasive treatment procedure. This article gives an overview over indications, contra-
indications and repair-techniques illustrated by clinical cases.
Einführung: Reparaturen zahnärztlicher Restauratio- Introduction: The repair of dental restorations has many
nen bieten sowohl für den Behandler als auch für den advantages over the replacement of a restoration for both
Patienten entscheidende Vorteile gegenüber einer Neuanfer- the dentist and the patient: first of all, the treatment is mini-
tigung: sie sind substanzschonend, es besteht eine geringere mal invasive, furthermore, there is less danger of pulpal da-
Gefahr der Pulpaschädigung und oftmals kann eine invasi- mage and very often a more invasive treatment such as the
vere Behandlungsmaßnahme wie beispielsweise die kom- placement of a crown can be avoided. Despite low annual
plette Überkronung eines Zahnes verhindert werden. Trotz failure rates of composite, amalgam, cast and ceramic resto-
insgesamt niedriger jährlicher Verlustquoten von Komposit-, rations, failures might occur during clinical service.
Amalgam-, Guss- und Keramikrestaurationen versagen diese Material and Methods: During decision making, it is im-
aus unterschiedlichen Gründen. portant to determine why the restoration failed in the first
Material und Methoden: Im Rahmen der Entscheidungs- place. If repair is preferred over a completely new restora-
findung sollte zunächst der Grund des Versagens der Primär- tion, questions arise regarding the ideal repair procedure.
restauration genau eruiert werden. Wird dann der Reparatur The most important treatment step is, independent of the
gegenüber einer Neuanfertigung der Vorzug gegeben, so material to be repaired, the mechanical pre-treatment of the
stellt sich die Frage nach dem optimalen Reparaturkonzept. restoration surface. After complete caries removal, the repair
Entscheidend ist hier, unabhängig vom vorliegenden Materi- is performed preferably with adhesively bonded composite.
al, die mechanische Konditionierung der Restaurationsober- Results and Conclusion: Despite an only sparse amount
fläche. Idealerweise erfolgt die Reparatur nach vollständiger of literature available, the repair of restorations has a very
Kariesexkavation unter Anwendung der Adhäsivtechnik mit- good clinical prognosis, which, however, also depends on
tels Komposit. the reason of the primary failure. Therefore, the repair of res-
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt besitzen torations is anything but “patchwork dentistry”.
Reparaturen trotz noch immer dünner Datenlage eine gute
klinische Langzeitprognose, wobei diese abhängig vom Ver- Keywords: repair; composite; amalgam; cast restoration;
sagensgrund ist. Daher sind Reparaturen keineswegs als ceramic; minimal invasive; surface pre-treatment
„Patchwork Dentistry“ zu bezeichnen.
(Dtsch Zahnärztl Z 2015; 70: 98–109)
1 Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde, Medizinische Hochschule Hannover
Peer-reviewed article: eingereicht: 20.02.2015, revidierte Fassung akzeptiert: 04.03.2015
DOI 10.3238/dzz.2015.0098–0109
Einführung
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Abbildung 2a–e Kompositreparatur an Zahn 34. Der Ausgangszustand zeigt eine Chipping-Fraktur distal bei ansonsten suffizienter Primärres-
tauration (a). Dezente Erweiterung des distalen Bereichs, um Oberflächenvorbehandlung zu ermöglichen (b). Zustand nach mechanischer Vor-
behandlung (Sandstrahlen), Anwendung eines Adhäsivsystems sowie Auftragen eines Flowable am Kastenboden (c). Fertige Modellation (d).
Reparatur und Primärrestauration nach Politur (e).
Figure 2a–e Composite repair on tooth 34. Initial chipping distal of a sufficient primary restoration (a). Small box preparation distal in order to
allow surface pre-treatment (b). Restoration after surface pre-treatment (sandblasting), use of an adhesive and application of a flowable onto the
bottom of the proximal box (c). Restoration after shaping (d) and polishing (e).
Schmelz eher repariert werden, wohin- Faktoren „Sekundärkaries“ und „Fraktu- marginalen Adaptation und des Auftre-
gegen Amalgamfüllungen eher beob- ren“ auch das Auftreten postoperativer tens von Sekundärkaries keine signifi-
achtet werden [27]. Auch die Lage einer Überempfindlichkeiten als Versagens- kant unterschiedlichen Ergebnisse
defekten Restauration beeinflusst die ursache angegeben [52]. [44]. Im direkten Vergleich sind Repara-
Entscheidungsfindung: Restaurationen Reparaturen können die klinische turen an Kompositrestaurationen den-
im Molarenbereich unterliegen im Ver- Langzeitüberlebensrate von Restaura- jenigen an Amalgamfüllungen über-
gleich zu Prämolaren und Frontzähnen tionen erhöhen. Im Vergleich zu nicht legen [45]. Weiterhin konnte nach-
signifikant häufiger einem Monitoring, reparierten Amalgamfüllungen, die nur gewiesen werden, dass Reparaturen, die
wenn Behandler und Nachuntersucher einem Monitoring unterlagen, besitzen aufgrund des Auftretens von Sekundär-
identisch sind [29]. Behandler, die die reparierte Restaurationen eine signifi- karies durchgeführt wurden, eine sig-
ursprüngliche Restauration nicht selbst kant geringere Versagensquote nach ei- nifikant bessere Überlebensrate besa-
gelegt hatten, zeigten im Molaren- ner Beobachtungszeit von 7 Jahren ßen als solche, die aufgrund von Frak-
bereich ein weniger konservatives Vor- [28]. Auch aktuelle Untersuchungen turen durchgeführt wurden [45]. Basie-
gehen [29]. aus dem Jahr 2015, die sich mit der Re- rend auf den Vorteilen, die Reparaturen
Trotz immer geringer werdender paratur von Komposit- und Amalgam- bieten, empfiehlt auch die „Academy
jährlicher Verlustraten kommt es zum restaurationen beschäftigten, konnten of Operative Dentistry European Secti-
Versagen zahnärztlicher Restauratio- die Vorteile der Reparatur belegen. Bei on“ (AODES) Reparaturen, wenn bei-
nen, wobei die Gründe hierfür unter- richtiger Indikationsstellung bietet ei- spielsweise die vorhandene Sekundär-
schiedlich sind [42]. Hauptversagens- ne komplette Neuanfertigung gegen- karies bei suffizienter verbleibender
gründe sind hierbei Frakturen, Sekun- über einer Kompositreparatur nach Restauration vollständig entfernt wer-
därkaries, Chipping und Randimperfek- 10 Jahren keine Verbesserung bezüg- den kann [41].
tionen, wobei sich die auslösenden Fak- lich der marginalen Adaptation [18]. Vor der Entscheidung für oder gegen
toren in Abhängigkeit vom Restaurati- Ähnliche Ergebnisse wurden wiederum eine Reparatur sollten Indikationen und
onsmaterial unterscheiden [33, 36, 42, für die Amalgamreparatur nachgewie- Kontraindikationen kritisch abgewogen
45, 60] (Tab. 1). Für Kompositrestaura- sen. Gegenüber einem Austausch der und der Gesamtzustand der Restaurati-
tionen wurde neben den bekannten Restauration zeigten sich bezüglich der on bewertet werden (Abb. 1).
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Abbildung 5a–i Darstellung einer Amalgamreparatur am Zahn 16 aufgrund von Approximalkaries distal, mesial Infraktion und Amalgamtätowie-
rung (a, b). Primärpräparation (c), Exkavation und Sekundärpräparation (d), Anlage von Kofferdam und dem Teilmatrizensystem Palodent Plus
(Dentsply, Konstanz) (e), Sandstrahlen der an den Defekt angrenzenden Amalgamoberfläche mit Co-Jet (3M Espe, Seefeld) (f), Konditionierung
(g), fertig geschichtete Restauration nach Entfernung der Matrize (h), Endzustand nach Politur (i). Der Zahn 17 wurde bereits zu einem früheren
Zeitpunkt mit einer zentralen Reparaturfüllung versehen.
Figure 5a–i Repair of an amalgam restoration due to caries distal, mesial infraction and discoloration of the dentin because of the amalgam resto-
ration (a, b). Primary preparation (c), caries excavation and secondary preparation (d), application of rubber dam and the sectional matrix sys-
tem Palodent Plus (Dentsply, Konstanz) (e), sandblasting of the amalgam surface adjacent to the preparation with Co-Jet (3M Espe, Seefeld) (f),
etching with phosphoric acid (g), restoration after shaping and removal of the sectional matrix (h), restoration after polishing (i). The restoration
on tooth 17 has been repaired earlier.
substanz exponiert wird, ist die Anwen- sivsystem verwendet wird [30]. Auch für es sich jedoch, wenn konditionierter
dung von Natriumbicarbonat zur me- das Dentin scheint die Reihenfolge der Schmelz mit dem Co-Jet System ange-
chanischen Konditionierung nicht rat- Behandlungsschritte vor dem Auftragen strahlt wird, hier kommt es zu drasti-
sam, da die am Dentin erzielten Haftwer- des Adhäsivsystems (Konditionierung schen Haftungseinbußen [30]. Daher
te wiederum dem Sandstrahlen deutlich mit Phosphorsäure/Silikatisierung/Silan sollte die Schmelzkonditionierung gene-
unterlegen sind [57]. Generell stellt sich vs. Silikatisierung/Konditionierung mit rell nach dem Sandstrahlen mit Alumi-
bei Beteiligung von Zahnhartsubstanz Phosphorsäure/Silan) weniger entschei- niumoxid oder der Anwendung des Co-
die Frage einer möglichen „Oberflächen- dend zu sein, da beide Testgruppen keine Jet Systems erfolgen. Natürlich kann
kontamination“ durch verwendete Re- signifikanten Haftungsunterschiede auf- dann wiederum über eine mögliche
paraturadhärenten wie Silane oder das wiesen [49]. Wurde jedoch keine Silikati- Wechselwirkung zwischen einer mit
Sandstrahlen. Wird ein Silan versehent- sierung, sondern allein eine Silanisie- dem Co-Jet System silikatisierten Ober-
lich auf den mit Phosphorsäure kon- rung durchgeführt, so wurden signifi- fläche und einer Kontamination mit
ditionierten Schmelz aufgetragen, was in kant niedrigere Haftwerte gemessen [49]. Wasser/Phosphorsäure diskutiert wer-
minimalinvasiv präparierten Kavitäten Die Ergebnisse dieser Untersuchung zei- den. Hier konnte eine kürzlich veröffent-
fast unweigerlich passiert, so wirkt sich gen deutlich die Wichtigkeit der mecha- lichte Studie nachweisen, dass sowohl
dieses nicht negativ auf den Haftver- nischen Konditionierung bei der Kom- durch Wasserkontamination als auch
bund aus, wenn anschließend ein Adhä- positreparatur. Deutlich anders verhält durch Phosphorsäure kein negativer Ein-
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Abbildung 6a–e Sekundärkaries am okklusal-palatinalen Inlayrand 26 (a). Die Reparatur wurde im Jahr 2007 durchgeführt. Exkavation und
mechanische Konditionierung mittels Siliziumkarbidsteinchen (b), Konditionierung (c) und Applikation eines Flowable (d), fertige Restauration (e).
Figure 6a–e Secondary caries at the occlusal-palatal margin of a cast inlay on tooth 26 (a). The repair was performed in 2007. Excavation and sur-
face pre-treatment with silicium-carbide bur (b), etching with phosphoric acid (c), application of a flowable (d), final restoration (e).
fluss auf die Haftwerte zu erwarten ist gefüllte Randbereiche verbleiben, ist einem Diamantfinierer die höchsten
[59]. die Anwendung des Flowable auch bei Haftwerte erzielt. Die Art der weiteren
Weiterhin ist das alleinige Schaffen der Reparatur ein sinnvoller Zwischen- Vorbehandlung war jedoch nicht ent-
von Mikroretentionen bei der Kom- schritt, da Überhänge tendenziell sehr scheidend (Adhäsiv vs. Adhäsiv/Silan
positreparatur ausreichend; die Prä- viel leichter entfernt als Unterschüsse vs. Silan) [54]. Eine Silanisierung ist bei
paration zusätzlicher Unterschnitte im im schwer zugänglichen Kastenbereich der Kompositreparatur also nicht zwin-
Kastenbereich oder okklusale Retentio- nachträglich gefüllt werden können gend erforderlich, wenn eine adäquate
nen tragen nicht zu einem Haftungsge- („Reparatur der Reparatur“). mechanische Konditionierung durchge-
winn bei [26]. Auch sollte die Präparati- Aufgrund der Vielzahl an durch- führt wurde. Ggf. bringen hier die kürz-
on nicht künstlich auf die Zahnhart- zuführenden Arbeitsschritten stellt sich lich auf den Markt eingeführten Univer-
substanz ausgedehnt werden, da dieses die Frage, ob das zusätzliche Auftragen sal-/Multi-Mode-Adhäsive weitere Vor-
Vorgehen keine Vorteile gegenüber der eines Silans nach mechanischer Kon- teile, da sie zum Teil Silankomponenten
rein kompositbegrenzten Kavität bietet ditionierung einen Haftungsgewinn enthalten und die Anzahl der bei der Re-
[22]. Von derselben Autorengruppe bringt. Untersuchungsgruppen, in de- paratur techniksensitiven Arbeitsschrit-
konnte gezeigt werden, dass bei Ver- nen nach dem Anrauen mit Schleif- te reduzieren. Erste Studienergebnisse
wendung eines Flowable die Randqua- papier allein ein Adhäsivsystem auf- konnten zeigen, dass diese Adhäsivsys-
lität tendenziell, allerdings nicht sig- getragen wurde oder die zusätzlich noch teme zur Reparatur von Kompositen ge-
nifikant besser war [26]. Mithilfe einer mit Aluminiumoxid sandgestrahlt wur- eignet sind [59, 62], allerdings fehlen va-
weiteren Studie konnte jedoch de- den, profitierten nicht von einem zu- lide klinische Daten.
monstriert werden, dass die Anwen- sätzlichen Silanisierungsschritt [2]. Das Vorgehen unserer Klinik orien-
dung eines Flowable die interne Adap- Auch nach Vorbehandlung der Kom- tiert sich weitestgehend an den von
tation des Komposits verbessert. Im positoberfläche mit einem Diamant- Blunck veröffentlichten Richtlinien der
Vergleich zur alleinigen Anwendung ei- finierer zeigte sich kein Effekt durch eine International Academy for Adhesive
nes viskösen Kompositmaterials fan- zusätzliche Silanisierung [15]. Wurden Dentistry (iaad): nach Bewertung der
den sich jedoch signifikant mehr Über- Sandstrahlen mit Aluminiumoxid und Primärrestauration und Präparations-
schüsse im Kastenbereich, wenn eine die intraorale Silikatisierung (Co-Jet) di- maßnahmen erfolgt die mechanische
Randabschrägung vorgenommen wur- rekt miteinander verglichen, so wurden Konditionierung mittels Aluminium-
de [23]. Da ohne Flowable aber die Ge- für beide Verfahren gegenüber Konditio- oxid. Bei Beteiligung von Zahnhartsubs-
fahr besteht, dass signifikant mehr un- nierung mit Flusssäure und Anrauen mit tanz wird anschließend ein 3-Schritt
Amalgamreparatur
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Abbildung 8a–k Reparatur eines alio loco angefertigten Inlays distal nach Caries profunda-Behandlung am Zahn 46. Ausgangszustand mit provi-
sorischer Füllung od (a) und Zustand nach Exkavation (b). Defekt nach Anlage von Kofferdam und dem Teilmatrizensystem Palodent, die de-
fektzugewandten Inlayanteile wurden sandgestrahlt (c). Selektive Schmelzkonditionierung (d) und sichtbares Ätzmuster (e). Nach Auftragen
eines Silans (Monobond S, Ivoclar Vivadent, Schaan, Liechtenstein) und des Adhäsivsystems (f) Applikation eines Flowable als Kavitätenliner (g).
Restauration nach Abschluss der Füllungstherapie im Januar 2009 (h), bei einer Kontrolle im September 2013 (i) und 6 Jahre postoperativ (März
2015, j). Röntgenologisch zeigt sich ein suffizienter Randschluss der Reparaturfüllung (k).
Figure 8a–k Repair of an alio loco inserted cast inlay-restoration after caries profunda-treatment on tooth 46 distal. Cast restoration with tempor-
ary filling od (a) and after excavation (b). After application of rubber dam and the sectional matrix system Palodent, the restoration adjacent to
the cavity were sandblasted (c). Selective enamel etching (d) and visible etch pattern (e). After application of a silan (Monobond S, Ivoclar Viva-
dent, Schaan, Liechtenstein) and an adhesive (f), a flowable was placed as a cavity liner onto the bottom and the margins of the cavity (g). Resto-
ration immediately (January 2009, h), 4.5 (September 2013, i) and 6 years post-operative (March 2015, j). Radiologically sufficient restoration (k).
substanzbeteiligung gewählt werden: Silan, abschließend wird das entspre- weniger Substanzverlust assoziiert als
nach Silikatisierung mit Co-Jet erfolgt chende Adhäsivsystem aufgetragen das Legen einer neuen Amalgamfül-
zunächst die Konditionierung der [50]. In jedem Falle sind „Monitoring“ lung. Da beim Austausch einer Amal-
Zahnhartsubstanz und danach die Vor- oder Randversiegelungen mit einem gamfüllung gegen Komposit weniger
behandlung des Amalgams mit einem fließfähigen Komposit mit deutlich Substanz verloren geht, sollte als Se-
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Guss-Einlagefüllungen
wurde [1]. Bei der Kombination ver- restaurationen, die rein auf Phosphor- besteht in der Zahnarztpraxis auch die Ge-
schiedener chemischer Vorbehandlun- säurekonditionierung, mechanischem fahr einer Augenverletzung, z.B. beim Ab-
gen nach mechanischer Konditionie- Anrauen mittels Steinchen oder Diamant sprühen der Säure mit Wasser [47]. Eine
rung mit 50 µm Aluminiumoxid unter- oder dem alleinigen Auftragen von Pri- mögliche Alternative ist gepufferte Fluss-
scheiden sich Silan und Metal Primer mern basieren, je nach vorliegendem säure (Porcelain Etch, Ultradent, South
nicht. Anders verhält es sich beim Co- Substrat sehr niedrige Haftwerte aufwei- Jordan, USA), die für die intraorale An-
Jet System, hier sind in Kombination sen [7, 38, 51, 53]. Aufgrund dieser Ergeb- wendung freigegeben ist. Eine kürzlich
mit dem Metal Primer im Vergleich zum nisse können sie laut Blum et al. nur als publizierte Studie zur Reparatur einer
Silan signifikant niedrigere Haftwerte Interimslösung angesehen werden [7]. Press-on-Metal Keramik zeigte für zwei
festgestellt worden [20]. Gegenüber ei- Sehr aufschlussreiche Ergebnisse von drei untersuchten Reparaturkom-
ner polierten Oberfläche führt das Sand- zeigt eine Studie von Frankenberger et al. positen keine Unterschiede zwischen Co-
strahlen in Kombination mit verschie- [24]. Der in dieser Studie durchgeführte Jet und Porcelain Etch [35]. Bei zusätzlich
denen Metal Primern zu einer Erhö- Vergleich von 5%iger Flusssäure oder Si- exponierter Zahnhartsubstanz sollte je-
hung der Verbundwerte. Neben der me- likatisierung (Co-Jet) zeigte für die Repa- doch berücksichtigt werden, dass es zu ei-
chanischen scheint bei Gusseinlagefül- ratur von Feldspath- und leuzitverstärk- ner Abnahme der Verbundfestigkeit an
lungen auch die chemische Vorbehand- ter Glaskeramik vergleichbare Haftwer- Schmelz und Dentin durch eine Flusssäu-
lung die Haftwerte zu beeinflussen te. Vergleichbare Ergebnisse wurden rekontamination kommen kann [55].
(Abb. 7a–h). auch von de Melo et al. und Queiroz et al. Auch hier bietet eine Arbeitsanweisung
Der auf Seite 105 dargestellte Fall publiziert [13, 53]. An Lithiumdisilikat- der „iaad“ gute Orientierung [46]. Die Ar-
zeigt eine Inlay-Reparatur nach erfolg- keramik führt reines Sandstrahlen mit beitsanweisung beschäftigt sich zwar mit
reich durchgeführter Caries profunda 50 µm Aluminiumosid plus Silan jedoch dem Vorbehandlungsprotokoll bei Repa-
Behandlung und zweizeitiger Kariesex- zu deutlich niedrigeren Verbundwerten raturen am Kronenrand vollkeramischer
kavation. Eine Neuanfertigung der Res- als die Anwendung von Flusssäure, teil- oder metallkeramischer Kronen, die Prob-
tauration hätte aufgrund der vestibulo- weise kam es sogar zum Versagen des lematik ist aber dieselbe wie bei Einlage-
oralen Defektbreite eine Teilüberkro- Verbundes bei der Probenherstellung füllungen im Seitenzahnbereich: Bei Be-
nung zur Folge gehabt. Aus Gründen der [11]. Eine weitere aktuelle Untersuchung teiligung von Zahnhartsubstanz verkom-
Minimalinvasivität wurde daher der Re- an verschiedenen Keramiksystemen (Li- pliziert sich das gesamte Prozedere und
paratur der Vorzug gegeben und regel- thium-Dislikat, leuzitverstärkte Glaske- Wechselwirkungen zwischen den verwen-
mäßige Nachkontrollen durchgeführt ramik, Glaskeramik aus zirkonoxidver- deten Substanzen und der Zahnhartsubs-
(Abb. 8a–k). stärktem Lithium-Silikat) zeigte signifi- tanz sind nicht auszuschließen [46, 55,
kant höhere Haftwerte für Flussssäure- 61]. Szep et al. konnten rasterelektronen-
Keramik-Einlagefüllungen Konditionierung Im Vergleich zum mikroskopisch nachweisen, dass eine
Sandstrahlen mit Aluminiumoxid. Konditionierung von Dentin mit Fluss-
Auch Keramik-Restaurationen im Seiten- Nach Flusssäurekonditionierung wer- säure vor der Konditionierung mit Phos-
zahnbereich besitzen sehr niedrige jähr- den durch Anwendung eines Silans höhe- phorsäure zur Ausbildung eines amor-
liche Verlustraten, sie liegen je nach Ma- re Haftwerte an leuzitverstärkter Keramik phen Niederschlags in den Dentintubuli
terial zwischen 1,7–1,9 % [42]. Haupt- erreicht als ohne Silan [17]. Auch Filho et führt [61]. Hierbei scheint es zu einer Re-
gründe für das Versagen von Keramik- al. und Spohr et al. konnten nachweisen, aktion zwischen dem Ca2+ des Dentins
Restaurationen sind neben Sekundärka- dass nach Flusssäurekonditionierung das und dem F- aus der Flusssäure zu kommen
ries große Bulk-Frakturen sowie Chip- Auftragen eines Silans einen entscheiden- [61]. Wird Phosphorsäure jedoch vor
ping-Frakturen (Tab. 1, Abb. 9a) [36]. den Haftungsgewinn bringt [19, 58]. Flusssäure angewendet, so zeigt sich ras-
Bulk-Frakturen können in der Regel nicht Trotz der hohen Haftwerte ist die terelektronenmikroskopisch ein ähn-
repariert werden und bedürfen einer intraorale Anwendung von Flusssäure liches Bild wie bei alleiniger Phosphorsäu-
Neuanfertigung. Bei Chipping-Frakturen problematisch. Bis dato wurde in der Lite- rekonditionierung. Daher wird die Appli-
sollte jedoch aus Gründen der Substanz- ratur zwar kein Fall beschrieben, in dem es kation von Phosphorsäure vor der Fluss-
schonung nach Möglichkeit der Repara- nach intraoraler Anwendung von Fluss- säurekonditionierung empfohlen [46, 55].
tur der Vorzug gegeben werden (Abb. 1). säure zu Verätzungen oder Vergiftungen
Die Abbildungen 9a–g auf Seite 106 zei- gekommen ist, nichts desto trotz verursa-
gen einen solchen Fall, hier hätte eine chen schon geringe Konzentrationen an Schlussfolgerung
Neuanfertigung einen deutlichen Subs- Flusssäure (0,1 %) Schäden und 2,5 %
tanzverlust bedeutet, weshalb der Repa- durch konzentrierte Säure geschädigte Reparaturen stellen eine sinnvolle und
ratur der Vorzug gegeben wurde. Körperoberfläche können ausreichen, um minimalinvasive Ergänzung des zahn-
Bezüglich der Keramikreparatur bie- eine tödliche Fluoridvergiftung hervor- ärztlichen Behandlungsspektrums dar.
tet sich dem Behandler aufgrund vieler zurufen [3]. Von den Verletzungen sind Kompositrestaurationen werden idealer-
verschiedener Keramik- und Reparatur- oftmals tiefere Hautschichten betroffen, weise mit Aluminiumoxid sandgestrahlt
systeme eine ähnlich verwirrende Viel- außerdem können sich Läsionen bei ge- und mit dem jeweiligen Adhäsivsystem
zahl an Möglichkeiten, wie es sie bei der ringeren Konzentrationen (< 20 %) erst vorbehandelt, eine Silanapplikation ist
Kompositreparatur gibt. Allgemein ist zu nach 24 h zeigen, also zu einem Zeit- nicht erforderlich. Auch für Amalgam-
sagen, dass kommerziell erhältliche Sets punkt, an dem der Patient die Praxis und Gusseinlagefüllungen kann diese Art
für die intraorale Reparatur von Keramik- schon längst verlassen hat [46]. Weiterhin der mechanischen Vorbehandlung ange-
Korrespondenzadresse
wendet werden, allerdings sollte zur Haf- dung von Flusssäure sollte jedoch das
PD Dr. Anne-Katrin Lührs tungsoptimierung ein Metall- oder Uni- mögliche Gefahrenpotenzial der Subs-
Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie
versal-Primer an der metallischen Ober- tanz berücksichtigt werden. Universal-/
und Präventive Zahnheilkunde, OE7740
Medizinische Hochschule Hannover
fläche eingesetzt werden. Für Keramik- Multi-Mode-Adhäsive können zu einer
Carl Neuberg-Str. 1 einlagefüllungen bieten das Co-Jet Sys- Vereinfachung der Reparaturkonzepte
30625 Hannover tem und die gepufferte Flusssäure, beide beitragen, allerdings fehlen, wie auch für
Luehrs.Anne-Katrin@mh-hannover.de in Kombination mit einem Silan, sehr gu- die meisten anderen Reparaturkonzepte,
te Haftwerte. Bei der intraoralen Anwen- klinische Studien.
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