Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
GERHARD OTTE
I. Einleitung
Schon bald nach dem Inkrafttreten des BGB begann - soweit ersichtlich
mit einer Bemerkung von Strohal aus dem Jahre 19011 - die Diskussion, ob
Rechtsnormen, die das Tatbestandsmerkmal der „Verfügung" enthalten, auf
die Vermietung - sei es unmittelbar oder sei es entsprechend - anzuwenden
sind. Die Fragestellung ist dadurch veranlasst, dass der BGB-Gesetzgeber
sich in §§ 571, 580 a.F. 2 für den Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete", der
korrekter hieße „Ubereignung bricht nicht Miete", entschieden und damit
der Vermietung von Grundstücken und Räumen ab dem Zeitpunkt der
Überlassung an den Mieter eine gewisse dingliche Wirkung beigelegt hat.
Sedes materiae der Diskussion sind die §§ 185,816 Abs. 1,883 Abs. 2 und 893
BGB. Erwähnt, heute freilich nur noch kurz abgetan, wird die Frage auch im
Zusammenhang mit § 2367 BGB.
Rechtsfolge der genannten Vorschriften ist jeweils die Wirksamkeit oder
Unwirksamkeit von Verfügungen gegenüber Dritten (anders nur bei § 816
Abs. 1 BGB, wo die Wirksamkeit der Verfügung Tatbestandsmerkmal ist).
Wer diese Gemeinsamkeit bedenkt, dem müsste auffallen, dass andere Vor-
schriften, die ebenfalls die Wirksamkeit von Verfügungen betreffen, noch
nicht zum Anlass genommen worden sind, nach ihrer Anwendbarkeit auf
die Vermietung zu fragen. Das gilt insbesondere für die §§ 135f, 161, 1959
Abs. 2, 1984, 2129, 2205 S. 2 und 2211.3 Diese „Negativliste" zeigt, dass der
1
Strohal Das deutsche Erbrecht 2. Aufl. (1901) § 90 Fn 26; schon vorher war aber, ohne
dass auf den Begriff der Verfügung eingegangen wurde, die Anwendbarkeit der Vorschrif-
ten über den gutgläubigen Erwerb von Grundstücksrechten auf die Vermietung befürwor-
tet worden: v. Brünneck Gruchot 42 (1898) 306 f; Cosack Lehrbuch des Deutschen bürger-
lichen Rechts Bd. 2 (1900) § 243 V 1 b.
2 Jetzt §§ 566, 578 n.E; für die Pacht gilt der Grundsatz über § 581 Abs. 2 a.F. bzw.
Gedanke, die Vermietung als Verfügung anzusehen oder sie wie eine Ver-
fügung zu behandeln, nicht das Ergebnis tiefergehender dogmatischer
Anstrengungen ist, sondern in den Bereich punktueller, durch die Betrach-
tung von Einzelfällen veranlasster Erwägungen gehört. Eine Behandlung der
Thematik, die die systematischen und teleologischen Zusammenhänge in den
Blick nimmt, steht bislang noch aus.
Das muss nicht heißen, dass die Frage nach der Anwendbarkeit der die
Wirksamkeit von Verfügungen regelnden Vorschriften auf die Vermietung
für alle in Betracht kommenden Vorschriften nur einheitlich beantwortet
werden könnte. Aber die Suche nach Lösungen an einer Stelle sollte nicht
ohne Rücksicht auf die Ergebnisse betrieben werden, die an anderer Stelle
gefunden sind, und nicht ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, die sich für
die Lösung an anderer Stelle ergeben würden.
KGJ 51 A 298 (zu § 893 BGB; im Ergebnis anders allerdings KG, J W 1929,2893).
7 Ebenso Wacke Miete und Pacht vom Nießbraucher oder Vorerben sowie vom Nicht-
berechtigten, in: Festschrift für Joachim Gernhuber (1993) 489ff, 518; zum Fortleben der
begriffsjuristischen Denkweise überhaupt (erläutert auch an einem Beispiel des herrschen-
den Umgangs mit der Dichotomie „Verpflichtung"/„Verfügung") Otte Ist die Begriffs-
jurisprudenz wirklich tot? in: Festgabe Zivilrechtslehrer 1934/35 (1999) 433ff.
8
Darauf stellt B G H Z 13,1 ff, 5 (zu § 883 Abs. 2 BGB) entscheidend ab.
9
O h n e Anspruch auf Vollständigkeit: Staudinger/Gursky (s. o. Fn 4 und 5); Erman/
Hagen/A.Lorenz BGB 10. Aufl. (2000) § 883 Rn 37 und § 893 Rn 10; Palandt/Bassenge
BGB 61. Aufl. (2001) § 883 Rn 21 und § 893 Rn 3; v.Tuhr Allg. T. (1914) § 54 S. 254;
Wolff/Raiser Sachenrecht 10. Aufl. (1957) § 48 Fn 30 und § 45 Fn 9; H. Westermann/Eick-
mann Sachenrecht II 6. Aufl. (1988) § 100 IV 3e und § 101 III 4b; Wilhelm Sachenrecht
(1993) Rn 1214 und 515; früher auch Wacke in MünchKomm/Waake BGB 2. Aufl. (1986)
§ 883 Rn 42 und § 893 Rn 10, anders jetzt aber zu § 893 in FS Gernhuber (s.o. Fn 7) 516ff
und MünchKomm/Wfecifee 3. Aufl. (1997) § 893 Rn 10.
10
So ausdrücklich MünchKomm/Wdcfce § 883 Rn 42.
11
Es ist heute unstr., dass die bloße Löschung nicht den Untergang der Vormerkung
bewirkt, vgl. Staudinger/Gursky § 886 Rn 25 m w N .
Wege steht, wird sich von den Vertretern der hier erörterten Ansicht
getäuscht fühlen müssen, vergessen sie doch ihre Beteuerung, ihn gegenüber
dem Vorgemerkten nur ebenso behandeln zu wollen wie den Erwerber eines
Nießbrauchs oder Wohnrechts, sobald dieser Standpunkt zum Nachteil des
Vorgemerkten ausschlagen würde.
3. Dieser Kritik setzt sich nicht aus, wer sowohl § 883 Abs. 2 als auch
§ 893 B G B auf die Vermietung anwenden will. 12 Er gerät jedoch dann in Wer-
tungswidersprüche, wenn er sich der Frage stellt, warum andere Vorschriften
über die Beschränkung der Verfügungsmacht auf die Vermietung zweifelsfrei
nicht anzuwenden sind, weil das Gesetz Spezialregelungen für die Wirkung
gegenüber dem Nachfolger des Vermieters enthält: Die Vermietung durch
den Vorerben kann nicht unter § 2113 Abs. 1 B G B fallen, sondern richtet sich
nach dem ganz anders orientierten § 2135 B G B , der auf § 1056 B G B verweist.
Diese Vorschrift bestimmt die Wirkung der Vermietung durch den Nieß-
braucher gegenüber dem Eigentümer, für die also nicht etwa auf §§ 161 Abs. 2,
163 B G B abgestellt werden darf. Gleiches gilt für die Vermietung durch den
Erbbauberechtigten, die gemäß § 30 ErbbauRVO dem Eigentümer gegen-
über wirksam ist. 13
Warum sollte, wenn der Nacherbe und der Eigentümer an Mietverträge
des Vorerben, Nießbrauchers oder Erbbauberechtigten gebunden sind, der
Vorgemerkte nicht an Mietverträge des Veräußerers gebunden sein? Die
Begründung des Gegenteils wird schwer fallen, denn die Verfügungsmacht
des Volleigentümers kann nicht geringer sein als die des Inhabers eines auf-
lösend bedingten oder befristeten Rechts. Wie immer man die Vormerkung
dogmatisch einordnen mag, eine stärkere Position als die des aufschiebend
bedingt oder befristet Berechtigten ist sie nicht. Was dem Vorbehaltskäufer
§ 161 Abs. 1 B G B und dem Eigentümer eines mit Nießbrauch oder Erb-
baurecht belasteten Grundstücks § 161 Abs. 2 (i.V.m. § 163) B G B gewähr-
leistet, das gewährleistet dem Vorgemerkten § 883 Abs. 2 B G B , mehr aber
nicht. 14 Der Vorbehaltskäufer muss sich im Falle der durch den Veräußerer
erfolgten Einräumung des Besitzes an einen Dritten mit dessen Besitzrecht
abfinden (§ 986 Abs. 2 B G B ) . 1 5 Bei der Übereignung von Grundstücken
12 So Raape Gebrauchs- und Besitzüberlassung, JhJb 71 (1922), 97ff, 180ff; Canaris Die
Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Festschrift für Werner Flume (1978) Bd. 1,371 ff,
393 und 403.
13 Ergänzend ist auf die familienrechtliche Regelung der Vermietung und Verpachtung
durch gesetzliche Vertreter hinzuweisen: Für sie gelten wegen des Genehmigungserforder-
nisses § 1822 Nr. 4 und 5 und nicht § 1821 BGB.
14 Zur Vergleichbarkeit von vorgemerktem Anspruch und bedingtem Recht Kupisch JZ
tung hinausgeht und die Rechtsfolge nicht der Vertragsübergang ist, tut nichts zur Sache;
entscheidend ist das Besitzrecht gegenüber dem Erwerber.
16
MünchKomm/Petzoldt BGB 3. Aufl. (1997) § 1059 Rn 7.
17
Möglich nur beim Nießbrauch, nicht beim Erbbaurecht, § 1 Abs. 4 S. 1 ErbbauRVO.
18
Zu den unterschiedlichen Regelungen s. Wacke (s.o. Fn 7) 498f, 511.
" Staudinger/Frank BGB (1994) § 1056 Rn 16.
20
Staudinger/Gursky § 883 Rn 42; i.E. ebenso MünchKomm/Vfoofee § 883 Rn 42;
Erman/Hagen/A.Lorenz § 883 Rn 37; Wilhelm Sachenrecht Rn 1214.
4. Wer, um den Schutz des Vorgemerkten zu stärken, sich hier anders ent-
scheiden und einen Wertungswiderspruch zu §§ 1056, 2135 B G B , 30 Erb-
bauRVO in Kauf nehmen will, wird konsequenterweise nicht nur die
Anwendbarkeit des § 893 auf die Vermietung bejahen müssen, wenn er nicht
einen weiteren Wertungswiderspruch hinnehmen will,21 sondern auch die des
§ 1 8 5 B G B . Ist es nämlich möglich, dass eine Vermietung gegenüber dem
Vorgemerkten unwirksam ist, muss er sie durch seine vorherige oder
nachträgliche Zustimmung wirksam machen können. Bevor an Einwilligung
nach § 185 Abs. 1 B G B gedacht wird, ist freilich zu klären, ob die Vermietung
in concreto überhaupt vormerkungswidrig ist. Sie ist es nicht, wenn der
schuldrechtliche Vertrag die Vermietung gestattet.22 Dass dieser Vertrag den
Umfang der dinglichen Wirkung der Vormerkung bestimmt, ergibt sich aus
deren Natur, kann freilich zu praktischen Problemen führen, wenn man mit
der herrschenden Meinung die Einreichung der in der Eintragungsbewilli-
gung zur Bezeichnung des Anspruchs genannte Urkunde zu den Grund-
akten nicht für nötig hält. 23 Soweit aber Zwischenverfügungen dem vor-
gemerkten Anspruch zuwiderlaufen, besteht die Möglichkeit, sie durch
Zustimmung wirksam zu machen. Würde § 883 Abs. 2 B G B auf die Ver-
mietung angewandt, wäre der Eintritt des Vorgemerkten in den Mietvertrag
die Folge, selbstverständlich nicht sogleich, sondern erst beim Eigen-
tumsübergang.
nach § 648 BGB dadurch unterlaufen, dass sie vor Baubeginn Auflassungs-
vormerkungen bestellen. Auf der anderen Seite bestände die Gefahr, dass
Grundbesitz unvermietbar würde, weil der Vorgemerkte seine Zustimmung
zur Vermietung nicht erteilt, eine missliche Situation, wenn man bedenkt,
dass Vormerkungen nicht nur der Sicherung unmittelbar bevorstehenden
Erwerbs dienen, sondern gerade auch der langfristigen Sicherung künftiger
und bedingter Ansprüche (§ 883 Abs. 1 S. 2 BGB).
Die überwiegenden Gründe sprechen also gegen die Anwendung des § 883
Abs. 2 BGB auf die Vermietung.
24
Diesen Schutz hat KG JW 1929, 2893 aus einem nicht näher definierten Rechts-
scheinstatbestand abgeleitet, anstatt § 893 BGB heranzuziehen.
25
Wacke (s. o. Fn 7) 518f.
26
Das ergibt schon bloße Wortlautinterpretation, denn § 566 BGB verlangt nicht Eigen-
tum des Vermieters, sondern nur Eigentumserwerb des Nachfolgers.
27
BGHZ 11,27 ff, 34 ff.
28
Art. 15 AREG.
29
Art. 42 AREG.
30
BGHZ 11,35.
5. Im Bereich von § 893 B G B bleibt noch der Fall zu erörtern, dass der
Verfügende nicht kraft gesetzlich angeordneter Rückwirkung nachträglich
als Nichtberechtigter anzusehen, sondern von Anfang an nichtberechtigt ist.
Entsprechende Anwendung des Grundsatzes „Ubereignung bricht nicht
Miete" scheint hier daran zu scheitern, dass eine zeitliche Staffelung, wie sie
§ 566 B G B voraussetzt - zunächst ist der Veräußerer Vermieter und erst spä-
ter tritt der Erwerber des Grundstücks an seine Stelle - , nicht sinnvoll vor-
genommen werden kann. Das ist bei den Anfechtungsfällen anders, weil dort
7. Bei der Anwendung des § 893 B G B auf halbem Wege stehen bleiben
will eine früher mehrfach vertretene Ansicht, die zwischen dinglicher und
schuldrechtlicher Wirkung des Satzes „Übereignung bricht nicht Miete"
unterscheiden möchte. 33 Auf die dingliche Seite, das heißt auf das Besitzrecht
gegenüber dem wirklichen Eigentümer, seien die Regeln des Gutglaubens-
schutzes anzuwenden, während es hinsichtlich der schuldrechtlichen Rechte
und Pflichten aus dem Mietvertrag dabei bleiben müsse, dass ihr Subjekt auf
der Vermieterseite nur der ursprüngliche Vertragspartner sein könne, weil es
31 Otte Die dingliche Rechtsstellung des Mieters nach ALR und BGB, in: Festschrift für
1905) darin Abh. II: Grundstücksverpachtung durch den Scheineigentümer, 20ff, 77f;
Raape JhJb 71, 181; Kühne Versprechen und Gegenstand, AcP 140 (1935) 51; neuerdings
Canaris (s. o. Fn 12) 403.
34
In diesem Sinne insbes. Raape aaO.
35
Hierzu oben unter II.3.
36
So schon v. Brünneck Gruchot 42 (1898) 307f; Gschnitzer AcP 123,67f; Heck Schuld-
recht (1929) 313; Wacke (s. o. Fn 7) 520.
37
Weitergehend und nicht unbedenklich will Wacke aaO jede Beschränkung des Kündi-
gungsrechts ablehnen, weil schon die Tatsache, dass weder der Eigentümer noch sein
Rechtsvorgänger den Mietvertrag abgeschlossen hat, ein berechtigtes Kündigungsinteresse
ergebe.
mieter, und dieser dürfte die Einnahmen aus der Vermietung nicht behalten,
sondern müsste sie, je nach Fallgestaltung gemäß den Vorschriften über
Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung oder das
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, an den Eigentümer abführen. Die auf-
fälligste Anomalie bestände aber darin, dass es bei Wohnungsmiete nieman-
den mehr gäbe, der wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) kündigen
könnte: Der Eigentümer könnte es nicht, weil er nicht Vertragspartei ist, und
der ursprüngliche Vermieter nicht, weil er die Wohnung nicht zur Deckung
seines Bedarfs benutzen dürfte. Gerade die Entwicklung der Mietgesetz-
gebung zeigt also, dass die eine Aufspaltung der Rechtswirkungen befür-
wortende Ansicht, die in der Zeit vor dem Beginn der Mieterschutzgesetz-
gebung38 konzipiert worden ist, nicht aufrechterhalten werden kann.39
38
Das erste Mieterschutzgesetz stammte vom 1.6.1923.
39
Gegen die Aufspaltung der Rechtswirkungen schon Gschnitzer AcP 123, 44 f und
nunmehr Wacke (s. o. Fn 7) 517 Fn 88.
40
§ 2366 BGB ermöglicht es, vom Scheinerben zum Nachlass gehörende Forderungen
oder sonstige übertragbare Rechte zu erwerben und auch bewegliche Sachen, an denen der
Erbe den Erbenbesitz (§ 857 BGB) unfreiwillig verloren hat.
41
S.o. Fn 1.
42
KGKKJKregel BGB 12. Aufl. (1975) § 2367 Rn 5; Soergel/Damrau BGB 12. Aufl.
(1992) § 2367 Rn 3; Staudinger/Schilken BGB (1996) § 2367 Rn 8; Palandt/Edenhof er BGB
61. Aufl. (2002) § 2367 Rn 1; die anderen BGB-Kommentare und die Erbrechtslehrbücher
schweigen.
43
Vgl. auch die oben in III.7. a. E. erörterte Fallgestaltung.
44 Anders als der vorläufige Erbe, vgl. Staudinger/Gursky (1996) § 2018 Rn 14.
45 Zutreffend Raapejhjb 71,182.
46 S. o. unter III.7. a. E.
48 Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht fehlt dem Erben vom Erbfall an, nicht erst ab
langt hätte, folgt das gleiche Ergebnis aus § 893 B G B . Ohne Erteilung eines
Erbscheins oder Grundbucheintragung des Erben 4 9 ist hingegen die Ver-
mietung gegenüber dem Nachlass wirkungslos. Vom hier vertretenen Stand-
punkt aus ergibt sich das aus § 2211 Abs. 1 B G B , während sich die Gegner
einer Anwendung der Vorschriften über Verfügungen auf die Vermietung
daran halten würden, dass der Erbe, weil ihm das Recht zur Verwaltung des
Nachlasses fehlt (Umkehrschluss aus § 2205 S. 1 BGB), keine gegenüber dem
Testamentsvollstrecker durchsetzbare Verpflichtung begründen kann. 50
(weil auch das Verwaltungsrecht den Gesellschaftern bzw. Gemeinschaftern nur gemein-
schaftlich zusteht); es gilt ferner für § 458 (= § 499 a. F.) BGB, weil der Wiederverkäufer
auch nach §§ 457 Abs. 2 (= 498 Abs. 2 a. F.), 249 S. 1 BGB beseitigungspflichtig wäre, und
für § 353 Abs. 1 a.F. BGB, weil bei Verschulden des Mieters der Rücktritt auch nach § 351
S. 2 a. F. BGB ausgeschlossen war.
52 S. o. unter III.
53 Bzw. den Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 2 InsO.
54 Bzw. der Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO, vgl.
§ 23 Abs. 3 InsO.
mietung 55 und Überlassung des Besitzes an den Mieter zuvor, hängt die
Beurteilung der Rechtslage infolge der Verweisung in § 81 Abs. 1 S. 2 InsO 5 6
auch hier von dem zu § 893 B G B einzunehmenden Standpunkt ab. Das
Schweigen des Erbscheins über die Eröffnung des Nachlassinsolvenzver-
fahrens ist wiederum folgenlos, da es sich nicht um eine in den Erbschein ein-
zutragende Beschränkung handelt.
5. Ganz ähnlich ist die Rechtslage, wenn einem Vorerben wegen Gefähr-
dung der Nacherbenrechte (§ 2128 B G B ) die Verwaltungs- und Verfügungs-
befugnis durch Sequestrierung nach §§ 2129 Abs. 1,1052 B G B entzogen ist.
Er kann sich dann zwar weiterhin durch Abschluss von Mietverträgen per-
sönlich verpflichten, aber nicht die dingliche Wirkung des § 566 B G B
gegenüber dem Nacherben dadurch herbeiführen, dass er das Grundstück
vor der Besitzergreifung durch den Sequester dem Mieter überlässt, es sei
denn, dieser hätte noch keine Kenntnis von der Sequestrierung und sie wäre
auch noch nicht ins Grundbuch eingetragen.
hängig vom Zeitpunkt der Überlassung an den Mieter zu erfüllen, § 108 Abs. 1 S. 1 InsO;
hierzu Marotzke in HK-InsO (1999) § 108 Rn 18.
56 Bzw. in 24 Abs. 1 InsO.
57 Der Terminus ist zu eng, da nicht nur die Rechtsübertragung, sondern Verfügungen
59 Dassler/Muth ZVG 12. Aufl. (1991) § 24 Rn 2; Zeller/Stöber ZVG 16. Aufl. (1999)
§ 24 Anm. 2.4.
60 Zur unterschiedlichen „Festigkeit" von Mietverträgen bei rechtsgeschäftlichem
Erwerb und Erwerb in der Zwangsversteigerung vgl. Otte (s.o. Rn 31) 467ff (die dort
gebrauchte Formulierung „Zwangsversteigerung bricht Miete" ist überzeichnend); Wacke
(s.o. Fn7) 459f.
61 Vgl. hierzu LG Kassel NJW-RR 1990, 976ff.
64 Vgl. die entsprechende Überlegung zu § 883 Abs. 2 BGB oben unter II.4.
65 Zu dieser Entscheidung ausführlicher Raape JhJb 71, 97ff, 173, 178f, 183ff; seine im
Ergebnis teilweise abweichende Auffassung beruht auf der Trennung der obligatorischen
und dinglichen Wirkungen der Vermietung (s. o bei Fn 33); sie vermag auch in diesem Fall
nicht zu überzeugen.
66 Nachweise, auch zur Gegenansicht, bei Staudinger/Gursky (2001) § 185 Rn 102 ff.
67 Hierzu Enneccerus/Nipperdey Allg. Teil des Bürg. Rechts, 15. Aufl. (1960) § 20413b,
insbes. Fn 21; Staudinger/Gursky aaO Rn 104, 108 ff mit ausführlichen Hinweisen zum
Streitstand.
68 BGHZ 84,90ff; 114,96ff.
69 Eine gute Ubersicht über die Rechtsentwicklung, die dann zur Entscheidung des
BVerfG E 84,177ff und zur Schaffung des § 549a BGB geführt hat, findet sich bei Staudin-
ger/Sonnenschein (1995) § 549 Rn 111 ff und § 566 Rn 66 ff.
70 Vor allem von Staudinger/Gursky aaO Rn 102,104; zum Meinungsstand vgl. Staudin-
träge, die dieser Besitzer abschließt, sind keine Geschäfte, hinsichtlich derer
der Eigentümer der Berechtigte wäre. Das gilt unabhängig davon, ob der
Besitzer zur Besitzüberlassung an Dritte befugt ist oder nicht. Daher kann
der Eigentümer sich weder bei erlaubter noch bei unerlaubter Unterver-
mietung durch Einwilligung oder Genehmigung zur Partei der Mietverträge
machen, die sein Mieter mit Dritten schließt. Dementsprechend endet
das Besitzrecht des Untermieters auch mit dem des Hauptmieters. Weiter-
gehende Folgerungen sind aus dem Herausgabeanspruch des Vermieters
gegen den Untermieter allerdings nicht zu ziehen. Er liefert kein Argument
für die grundsätzliche Unanwendbarkeit des § 185 B G B auf die Vermietung.72
Das Fehlen der Berechtigung des Eigentümers, der vermietet hat, zur Über-
lassung des Besitzes an einen weiteren Mieter begründet vielmehr die Not-
wendigkeit von Sonderregelungen, zu denen nicht nur die Gewährung des
Herausgabeanspruchs gegen den Untermieter durch 546 Abs. 2 n. F. (= § 556
Abs. 3 a. F.) B G B gehört, sondern auch die Anordnung des Vertragsüber-
gangs nach § 565 n. F. (= § 549 a a. F.) B G B bei der Vermietung durch gewerb-
liche Zwischenmieter. § 185 B G B ist dagegen anwendbar, wenn der Eigen-
tümer jemand nicht den Besitz des Grundstücks überlässt, sondern ihn
lediglich beauftragt, es im eigenen Namen zu vermieten, 73 und natürlich
auch, wenn der Besitzer gegenüber dem Eigentümer kein Besitzrecht hat.
Aus dem zur Untervermietung Gesagten ergibt sich auch, dass der
Eigentümer keinen Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 B G B auf Herausgabe des
Untermietzinses hat: Weil er nicht zur Untervermietung berechtigt wäre,
kann er eine unerlaubte Untervermietung nicht durch Genehmigung ihm
gegenüber wirksam machen. 74 § 816 Abs. 1 S. 1 B G B kommt nach der hier
vertretenen Ansicht aber auch in den Anwendungsfällen des § 185 B G B nicht
als Anspruchsgrundlage in Betracht, da die Zustimmung des Berechtigten
zur Vermietung den Vertragsübergang bewirkt, so dass die an den Nicht-
berechtigten gezahlte Miete, guter Glaube des Zahlenden vorausgesetzt, nach
§§ 412, 407 B G B befreiend gezahlt und vom Empfänger nach § 816 Abs. 2
B G B an den Berechtigten herauszugeben ist. Ansprüche auf Abtretung der
Mietzinsforderung und Herausgabe eingezogenen Mietzinses aus anderen
Rechtsgrundlagen, gegen einen berechtigten Besitzer aus Vertrag, gegen
einen Nichtberechtigten aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 681, 677,
eventuell in Verbindung mit 687 Abs. 2 BGB), ungerechtfertigter Bereiche-
rung ( S S 812, 818 Abs. 1 B G B ) oder dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
(SS 987 Abs 1, 988, 990 Abs. 1 BGB), bleiben von den hier angestellten Über-
legungen unberührt.
72 So aber BGHZ 114,96ff, 100 und die bei Staudinger/Gursky aaO Rn 104 Genannten.
73 Zutreffend Staudinger/Gursky aaO Rn 103.
74 Ebenso BGHZ 131, 297ff, 305 f.
VII. Ergebnisse
Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Antwort auf die Frage, ob die Vor-
schriften über Verfügungen auf die Vermietung von Grundstücken ent-
sprechend anzuwenden sind, so gegeben werden kann, dass die systemati-
schen Zusammenhänge gewahrt und die Wertungen konsistent bleiben. Im
einzelnen ergibt sich:
- Uberwiegende Gründe sprechen dafür, den Grundsatz „Übereignung
bricht nicht Miete" auch gegenüber einem vorgemerkten Erwerber anzu-
wenden (zu § 883 Abs. 2 BGB).
- Der Schutz des guten Glaubens an den Inhalt von Grundbuch und Erb-
schein sollte auch dem Mieter zugute kommen (zu §§ 893,2367 BGB), vor
allem, wenn das Eigentum des Vermieters nur wegen rückwirkender Besei-
tigung seiner Rechtsstellung fehlt. Folge dieses Schutzes ist der Vertrags-
übergang auf den wirklich Berechtigten, in den Rückwirkungsfällen vom
Zeitpunkt der Anfechtung, sonst von Anfang an. Der wirklich Berechtigte
sollte ein Kündigungsrecht entsprechend § 1056 Abs. 2 BGB haben.
- Unabhängig vom Inhalt von Grundbuch oder Erbschein wirkt die nicht ohne
Nachteil für den Nachlass aufschiebbare Vermietung durch den vorläufigen
Erben auch gegenüber dem endgültigen Erben (zu § 1959 Abs. 2 BGB).
- Soweit kein Schutz des guten Glaubens an Grundbuch oder Erbschein
besteht, begründet die Vermietung durch den Erben bei Testamentsvoll-
streckung und Nachlassverwaltung keine Nachlassverbindlichkeit und die
Vermietung durch den Gemeinschuldner keine Rechte gegenüber der
Insolvenzmasse (zu §§ 2211,1984 Abs. 2 BGB, 80 f InsO).
- Durch einstweilige Verfügung kann dem Antragsgegner und durch Seques-
trierung kann dem Vorerben die Befugnis genommen werden, Mietver-
hältnisse, sofern nicht der Mieter den Schutz des guten Glaubens an das
Grundbuch genießt, mit Wirkung gegenüber dem Antragsteller bzw. dem
Nacherben zu begründen (zu §§ 136,2129 BGB). Entsprechende Wirkung
hat die Grundstücksbeschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren,
falls man § 24 ZVG Außenwirkung zuerkennt (zu § 23 Abs. 1 S. 1 ZVG).
- Der Eigentümer kann durch Zustimmung zur Vermietung, wenn der Ver-
mieter nicht ein berechtigter Besitzer ist, den Vertragsübergang auf sich
bewirken (zu § 185 BGB). Er erlangt jedoch in keinem Fall einen An-
spruch auf den Mietzins aus § 816 Abs. 1 BGB.
- Bei der Anwendung der Gutglaubensschutzvorschriften und des § 185
BGB auf die Vermietung ist eine Aufspaltung der Rechtsfolgen derart, dass
der Mieter gegenüber dem Eigentümer lediglich ein Besitzrecht erlangt
und im übrigen den Vermieter als Vertragspartner behält, abzulehnen.
Rechtsfolge ist vielmehr der Vertragsübergang vom Vermieter auf den
Eigentümer, der die Anwendbarkeit insbesondere der §§412, 407 und 816
Abs. 2 BGB nach sich zieht.