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Deutschland in der Zwischenkriegszeit (1918-1939)

3.2.1 Aufbau des faschistischen NS-Staates (1933-1935)

Als Ende Januar 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, waren die Bedingungen zur
sofortigen Entstehung eines faschistischen Staates, in dem sie eine totale Herrschaft ausüben
könnten, nicht durchaus vorhanden. Zwar konnten die neuen Machthaber auf die Unterstützung
weiter Teile der deutschen Gesellschaft rechnen, aber bedeutende Hürden sperrten noch den
Weg zum Ziel: Manche Interessenverbände wie die Kommunisten, die Sozialdemokraten und
die Gewerkschaften waren gar keine politischen Alliierten der NS-Regierung, und andere wie
die allmächtige Reichswehr, die sich vom Aufstieg der SA bedroht fühlte, erhofften noch einen
Vertrauensbeweis von Hitler.

Ersten Anlass zur Festigung seiner Machtstellung bekam der neue Reichskanzler bereits am
Abend des 27. Februar 1933, als das Reichstagsgebäude in Berlin von einem jungen Holländer,
Marinus van der Lubbe, in Brand gesteckt wurde. Ohne zu warten, bis eine gründliche
polizeiliche bzw. gerichtliche Untersuchung die Schuldfrage löste, ließ Hitler am darauf
folgenden Tag, dem 28. Februar, von Reichspräsident Hindenburg die sogenannte
Reichstagsbrandverordnung erlassen, die u.a. zur Verhaftung prominenter Kommunisten und
zum Verbot oppositioneller Presseorgane führen sollte.

In diesen angespannten Verhältnissen fanden die Reichstagswahlen vom 5. März 1933 statt,
bei denen die NSDAP mit 43,9 Prozent die absolute Mehrheit verfehlte und deswegen die 8
Prozent der Deutschnationalen benötigte. Hitler erreichte allerdings in demselben Monat, dass
die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Reichstag und Reichsrat dem von ihm vorgelegten
Ermächtigungsgesetz zustimmte. Demzufolge durfte der Diktator in einer wieder erneuerbaren
Periode von vier Jahren ohne Einschaltung des Parlaments regieren. Konkrete Implikationen
des In-Kraft-Tretens des Ermächtigungsgesetzes waren das Ende des deutschen Föderalismus,
die Abschaffung des Mehrparteiensystems und das Verbot der Gewerkschaften. Letztere
Maßnahme war ein echter Segen für die Arbeitgeber der Industrie, die jetzt Hitler völlig bei
der Durchführung seiner Aufrüstungspolitik unterstützten.

Die völlige Unterstützung des Militärs als Ganzen ließ hingegen bisher auf sich warten, denn
es fühlte sich wie notiert durch die Machtansprüche der SA besonders beeinträchtigt. Hitler,
der für die Umsetzung seines Kriegsvorbereitungsprogramms auf die zuverlässige Hilfe der
Reichswehroffiziere angewiesen war, bediente sich der SS, um die SA zu enthaupten. Die
Verschwörung gegen die SA erfolgte tatsächlich am 30. Juni 1934, als auf Grundlage von
Putschgerüchten Ernst Röhm zusammen mit anderen SA-Vorsitzenden festgenommen und

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ohne Weiteres ermordet wurden. Zufrieden, leisteten die Reichswehr-Offiziere dem NS-Führer
den Treueeid gleich nach Hindenburgs Tod am 2. August 1933.

Hitler hatte nunmehr freie Hand, um sich mit weiteren Aspekten seines Programms zu
beschäftigen. Zu dem Programm des NS-Herrschers gehörte nämlich die „Endlösung“ der
Judenfrage, d.h. die endgültige Vertreibung der Juden aus der deutschen Volksgemeinschaft.
Bereits im April 1933 hatten die Nationalsozialisten etwa den Boykott von jüdischen
Geschäftsleuten, Bankiers und Freiberuflern (Ärzten, Rechtsanwälten usw.) gestartet. Ein am
7. April erlassenes Gesetz sollte sogar dafür sorgen, dass keine „Nichtarier“ ins
Beamtenverhältnis übernommen wurden. Die juristische Verfolgung der Juden und anderer
Minderheiten (Roms, Schwarze, Homosexuelle usw.) 8 erreichte dann ihren Höhenpunkt mit
den sogenannten Nürnberger Gesetzen vom 15. September 1935, die u.a. die Gewährleistung
der politischen Rechte und der ehelichen und nichtehelichen Beziehungen für „Nichtarier“
einschränkten.

Innenpolitisch war nun der faschistische NS-Staat eine Wirklichkeit und Hitler die einzige
Autorität in Deutschland. Er konnte sich jedoch nicht damit zufrieden geben: Es kam dann
darauf an, seinen Einfluss gewaltsam auf die europäische Nachbarländer bzw. die ganze Welt
auszudehnen. Daher die straffen Kriegsvorbereitungen.

3.2.2 Jahre der Kriegsvorbereitungen (1935-1939)

Kurz vor dem Erlass der Nürnberger Gesetze hatte Hitler bereits am 16. März 1935 die
allgemeine Wehrpflicht eingeführt und angefangen, die Wehrmacht, ehemalig Reichswehr
genannt, neu zu organisieren. Die Nationalsozialisten fühlten sich gar nicht verpflichtet, die
strengen Bedingungen des Versailler Friedensvertrages und aller bisher mit den Westmächten
unterzeichneten Pakte zu beachten. Bereits 1933 war Deutschland kein Mitgliedstaat des
Völkerbunds mehr, und drei Jahre später – am 7. März 1936 – erfolgte der erste ernste Verstoß
Hitlers gegen die internationalen Verpflichtungen des Landes: die Besetzung des
entmilitarisierten Rheinlands durch die deutschen Truppen. Auf die riskante Provokation des
deutschen Heers reagierten die Westalliierten nur noch mit einer Protestnote und einer
Verurteilung Deutschlands vor dem Völkerbund.

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Die Nürnberger Rassengesetze 1935 führten nicht zuletzt zur geheimen Durchführung der Zwangssterilisierung
der schwarzen Rheinlandkinder im Jahre 1937 und der blutigen“ Kristallnacht“ gegen die Juden im Jahre 1938.

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Hitler, der trotz alledem eine heftige Reaktion seitens Frankreichs und Englands befürchtet
hatte, sah sich nunmehr zu seiner abenteuerlichen Außenpolitik ermuntert. Ein paar Monate
nach dem Einmarsch im Rheinland (September 1936) machte er seinen Vierjahresplan für die
Aufrüstung und die Erlangung der wirtschaftlichen Autarkie bekannt. Ziel dieses erneuerbaren
Aufrüstungsprogramms war es, die ganze Volkswirtschaft den Kriegsvorbereitungszielen zur
Verfügung zu stellen.

Neben dem Aufrüstungsplan bemühte sich das Hitlerdeutschland um den Abschluss von
Bündnissen mit Nachbarländern, aber auch mit ferneren Staaten. Hitler bildete in diesem
Rahmen die sogenannte Achse Berlin-Rom mit seinem italienischen Gesinnungsgenossen
Mussolini. Beide Alliierte trieben sich unterstützend im Jahre 1936 eine aggressive
Interventionspolitik: zusammen in Spanien während des Bürgerkriegs, Italien bei der
Eroberung Abessiniens (heute Äthiopien) und in Deutschland beim Anschluss Österreichs.

Der Bündnisversuch Hitlers richtet sich ebenfalls nach Japan, mit dem der Antikominternpakt
am 25. November 1936 abgeschlossen wurde. Die ursprüngliche antikommunistische
Positionierung des Dritten Reiches ließ es lange als ein Schutzwall gegen die Verbreitung des
russischen Bolschewismus in Mittel- und Westeuropa auftreten. Aufgrund dieser strategischen
Stellung versuchte Hitler, Großbritannien auf seine Seite zu stellen bzw. den Erzfeind
Frankreich zu isolieren. Mit den Engländern kam es jedoch nicht zu keinem wirklichen
Bündnis. Deutschland erreichte allerdings, dass dank dem britischen Premierminister Neville
Chamberlain das Münchner Abkommen vom 30. September 1938 die Teilung der
Tschechoslowakei herbeiführte. Die Sudetenfrage war gelöst und die totale Zerschlagung der
„Tschechei“9 nun eine Frage der Zeit.

Hitlers größter Bündniserfolg erfolgte aber, als er trotz seines proklamierten


Antikommunismus am 23. August 1939 einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion
unterzeichnen ließ. Dieser Hitler-Stalin-Pakt, bei dem sich beide Diktatoren ganz Osteuropa
teilten, sollte zum Überfall auf Polen am 1. September 1939 führen und somit den Zweiten
Weltkrieg auslösen. Europa und weite Teile der ganzen Welt standen also vor einem tödlichen
Zusammenbruch.

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Abwertende NS-Bezeichnung für die Tschechoslowakei bzw. die Tschechien.

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