- Lehrstuhl – Sozialphilosophie und Ethik Fakultät für Kulturreflexion Universität Witten/Herdecke Aristoteles - Teleologie - 1) Politik • Teleologie: naturgemäßes Streben nach dem Guten. • Was das Gute ist, steht von Natur aus fest. • Als was es sich jeweils konkretisiert, hängt vom Ort des Strebens ab (H. Arendt). • Kosmos: Wissen, Polis: Staat, Ethik: Freundschaft, Seele: Selbstsorge, … Antike: Aristoteles Kosmos: umfassende Weltbild: antike Metaphysik. Wirklichkeit Der Mensch ist als zoon logon echon und zoon politikon Polis: Staat der einander auf Andere hingeordnet und gleichen Bürger erstrebt ein Zusammenleben mit ihnen als das Gute. Aufbau: der Natur gemäss Dorf: Gemeinschaft der (vom Kosmos zum Oikos Häuser (ungleiche und zur Seele) Teilhaber) Oikos: Hauswesen, Ort der Familie (Mann, Frau, Kinder, Tiere, Sklaven) • Genese: Umkehrung der generischen Betrachtung. „Was dem Werden nach später ist, ist dem Wesen (Natur) nach früher.“(Met. 1050a) • Der Staat ist ursprünglicher als das Haus und das Haus ursprünglicher als der Einzelne, der Erwachsene eher als das Kind, denn „das Ganze muss ursprünglicher sein als der Teil.“(Politik 1253 a 20) • Zeitlich ist die Dorfgemeinschaft später als die Hausgemeinschaft, ist der Erwachsene später als das Kind usw. Dem Wesen nach gehen sie im Sinne eines zu erreichenden Ziels (telos) voraus! – Wäre es nicht so, wüsste man nicht, wofür etwas gut wäre und warum überhaupt etwas ist! • vs: neuzeitlicher Kontraktualismus, pro: Hegel: Dialektik Individuum/allg. Geist (Phänomenologie des Geistes, 31ff) Hauswesen wird organisiert die Der Mann (Oikos) durch Hausverwaltun gslehre (Oikonomia)
Herr- Herrenrecht Despotismus
(despotes = Sklave Hausvater)
Hausverw Vater- Vaterrecht Patriachat
(Pater = alter Kind Vater)
Mann- Eherecht No name!
Frau 2) Ethik • Der Mensch ist ein politisches Lebewesen und daher auf den Bezug zu Anderen angelegt (kein Individualismus). • Die höchste Form der Realisierung des Guten ist die Freundschaft – mit sich selbst und Anderen. • Kriterium der Freundschaft: Reziprozität. Gewisse Ausnahme: Freundschaft Herr/Sklave, da der Herr dem Sklaven die Ziele vorgibt und daher Asymmetrie herrscht (Politik 1253 b 12). • Jede Freundschaft hat ein Drittes, ein Worumwillen. • Freunde verfolgen ein gemeinsames Ziel. • Freundschaft ist eine weltliche Angelegenheit, keine der Psychologie. • Freundschaft im Unterschied zur modernen Liebe. • Reziprozität: man kann nur mit jemanden od. etwas befreunden sein, das zur „Gegenliebe“ bzw., zur „gegenseitigen Wohlgesinntheit“/N. Ethik 1155 b 23, 30) etwas beitragen kann. • Kriecherei ist unwürdig (Kant, MdS, A 91). • Dinge, Pflanzen, Teddybären fallen aus der Ethik heraus. • Keine: ökologische Ethik, Ethik der Übergangsobjekte (Winnicott). • Drei Arten der Freundschaft und drei Konkretisierungen des Guten: 1) Zweckfreundschaft: Gemeinsame Realisierung von Nutzen. Ich kooperiere mit Dir, weil mir das nützt – und umgekehrt. Fällt der Nutzen weg, ist die Freundschaft beendet. 2) Lustfreundschaft: Gemeinsame Realisierung von Lust. Ich bin mit Dir intim, weil es mir Lust verschafft – und umgekehrt. Fällt die Lust weg, … 3) Eigentliche Freundschaft: Ich wünsche mir um meiner selbst willen das Gute und zugleich den Anderen um seiner selbst willen das Gute. Freundschaft der Tugendhaften. In der eigentlichen Freundschaft gilt der Andere als alter Ego („anderer ich selbst“, N. Ethik 1166 a 23). Daher: Ausschluss einer möglichen Selbstbevorzugung. Was ich mir für mich wünsche, wünsche ich auch ihm. • Die eigentliche Freundschaft ist besonders stabil, da sie auch nützlich und angenehm ist. • Sie ist einträchtig, denn in ihr erhalten „alle, wonach sie strebten“(N. Ethik 1167 b 1). • Bsp.: politische Freundschaft: einträchtig beraten und entscheiden die Freunde darüber, ob „Ämter durch Wahl zu besetzen seien“(ebd., 1167 a 30). • Die Beratung der Freunde geht um etwas, das in sich offen ist (Regierungsform). • Ihr Konsens ist eine Leistung, da er nicht in der Natur vorgegeben ist (im Unterschied zu: „Ein Viereck hat 4 Ecken.“). • In der eigentlichen Freundschaft realisiert sich das Gute ganz konkret (keine Denkkategorie!). • In der Freundschaft wird das Gute gelebt! 3) Gerechtigkeit • Definition der Gerechtigkeit: Tun und Erhalten des Seinigen. • Drei Arten der Gerechtigkeit. 1. Verteilungsgerechtigkeit: bezieht sich auf die Verteilung von Gütern und Ämtern. Basiert auf Ungleichheit, da das höherwertige von 2 Ämtern der Person zusteht, die einen entsprechenden Unterschied im Ansehen genießt. Wahl der politischen Führer. Kontext: Bürgergesellschaft. 2. Ausgleichende Gerechtigkeit: bezieht sich auf den Ausgleich des Schadens, den ein Vertragspart dem Anderen durch sein deliktisches Handelns zugefügt hat. Basiert auf Gleichheit, da vor dem Gesetz alle als gleich gelten und behandelt werden. Täter/Oper. Kontext: das Gericht. 3. Tauschgerechtigkeit: bezieht sich den Tausch von Waren, bei dem jeder das seinige erhält. Basiert auf einen Gleichmachen des Ungleichen, da real ungleiche Dinge (Brot, Schuhe) nur getauscht werden können, wenn sie durch ein gemeinsamen Maß (Geld) vergleichbar gemacht werden. Tauschverhältnisse. Kontext: der Markt. • Ziel: Politik, Recht, Markt als 3 differente Sphären der Gerechtigkeit behandeln und nicht vermischen (M. Walzer). • Abschluss der Teleologie. • Hinweis: Soziale Gerechtigkeit ist eine Erfindung der Moderne! Fragen? Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen