Ausgabe Nr.

2 2023 | 7,90 € 02
ZKZ 87571 | A 8,30 € | CH 13,80 CHF |
BeNeLux 9,20 € | I, ES 10,80 € | DK 80,00 DKR 4 198757 107908
ISBN: 978-3-98702-009-4

Eisenbahn
Eisenbahn

UNTERWEGS MIT LUST UND LEIDENSCHAFT

PLUS DVD Von Paris bis

DB-Legende V 60
Die robuste Rangierdiesellok
Kurort Oybdein
r
im großen Porträt Über den Zauber
Bahnhofs-Architektur

Bulgarien: Vier Loks unter Dampf!

Dampf-Abenteuer auf dem Balkan

Exklusiv: Bochums P8 zurück! Marokkos Wüstenexpress hautnah Legendärer Churchill-Pfeil

Die lange Aufarbeitung und ihr Comeback Einzigartige Fahrt im Zug und Führerstand Im SBB RAe 4/8 1021 vorne mit dabei

Liebe Eisenbahnfreunde,
erstens kommt es anders ...
Sie, liebe Eisenbahn-Romantiker, ge-
nießen ein Privileg. Sie sind mit den
Akteuren draußen auf und an den
Strecken, auch mit mir nah dran, un-
terwegs. Quasi live. Und wenn wir
Brücken in die Vergangenheit schla-
gen, weil Eisenbahn Herkunft kennen
muss, besteht der Anspruch, dass Sie
nicht mit Aufgüssen konfrontiert wer-
den. Für Sie wird draußen gearbeitet.
Das ist im Journalismus beileibe nicht
mehr die Regel, aber Grundlage die-
ses Formates. Hiervon lasse ich stets
nicht abweichen.
Das hat die Konsequenz, dass Voran-
kündigungen nicht immer eingehal-
Cover: Axel Bozier, JS Eisenbahnstiftung, Georg Trüb (2)
ten werden können. Da sollen Sie z.B.
Bilder: Jörg Dietrich, Ludgar Guttwein, Hendrik Bloem
dabei sein, wenn eine V 60 gefristet
und wieder in Betrieb genommen
wird, und dann baut unser Werkstatt-
leiter gesundheitlich ab ... Eine Kur
stet an, natürlich bekommen Sie nun
nicht „irgendeine“ V 60-Story aufge-
tischt. Wir verschieben ...
Oder: In der Zusammenstellung
von Jörg Dietrichs Bahnhofsmotiven
(S. 36 ff) erwischt es einen Bahnhof
kalt: Sein Abriss ist beschlossen. Das
politische Thema muss zwingend
EDITORIAL
Ein Paukenschlag während
der ER-Produktion „Panorama
Bahnhof“: Werdaus Bahnhof
wird abgerissen (ganz oben).
Darunter: Welches Pferd aus
dem Stall ziehen? Diese Frage
stellt sich nicht …
separat beackert werden, der Bahnhof
(ganz oben) fliegt fünf vor Zwölf aus
dem Konzept …
Dann: Seit Kindertagen begeistern
nicht nur mich die US-Rundnasen
(rechts). Ein versierter Kenner greift
zur Feder, legt wochenlange Recher-
chen obendrauf, dennoch, auf einmal
hebt er einen Vorhang: In der Szene
tut sich was! Wir müssen schieben ...
Welches Pferd also aus dem Stall zie-
hen (oben), welches nicht? Diese Fra-
ge stelle ich mir nicht. Denn ich habe
die Spielräume auszuspielen, die ge-
rade auszuspielen sind. Es gibt des-
halb keine festgegossene Themen­
planung für ein ganzes Jahr. Das ist
wider jede kreative Arbeit an der
Schiene und wider unsere tollen
Bahn-Akteure, die an Ideen mit-
schmieden und mich überraschen. Ich
weiß, dass Sie diesen Weg mit mir
und unserer ER so weitergehen wer-
den, nicht Konserven aufsitzen wol-
len und sich ein Stück weit auch über-
raschen lassen. Denn auch Ihnen ist
klar: … zweitens als man denkt! US-Rundnasen (hier ein Exem-
Ihr plar in Denver): Der ER-Bericht
Hendrik Bloem ist eine Herzensangelegenheit!
3
 Bilder: Kevin Madore, Georg Trüb, Christoph Obooth, Georg Trüb (2), JS Eisenbahnstiftung, Gabriele Brandl, Bernd Seiler
12
70 20

Inhalt
BAHNMENSCHEN
Auf ein Wort! … mit Gabriel Acker, Le Train6

GALERIE
Standard Class 7: Britannia rules … 8
REZEPT
Marokkanisches Huhn

TIPPS
Casablanca: Humphrey Bogart grüßt
31

32

LESERBRIEFE JUBILÄUMS-SONDERZUG
Ihre Meinung zählt 10 Dampf-Aus im Interzonenverkehr 34

MOUNT WASHINGTON ARCHITEKTUR UND BAHN

Dampf in den Weißen Bergen12 Panorama Bahnhof  36

GLÜCK AUF! „FLIEGENDER“ AUFERSTANDEN

Bochums Preußin ist zurück 20 Auf schmaler Spur in Griechenland 42

IN DIE WÜSTE GESCHICKT ZEITREISE NACH WIEHRE

Marokkos Wüstenzug erleben 24 Josef Brandl lässt uns träumen 44

4
 24
56 44

80

INSIDE EISENBAHN-ROMANTIK DAMPFABENTEUER BULGARIEN

An der irischen Ostküste und Sendetermine 50 Bulgarische 03 & Co. im Einsatz 80

NAH DRAN FÜR EISENBAHN-ROMANTIK ICH WÄRE SO GERN NOCH GEBLIEBEN

Die Sonne kooperiert nicht! 55 Zur Kultur des Reisens  88

KLEINE LOKSTORY NACHTSALON

Wer die 44 erlebte … 56 Ein Hauch von Stromlinie 92

DAMALS MIT LEIDENSCHAFT UNTERWEGS FÜR AUG‘ UND OHR

„Schau dir die Sauerei an!“ 62 Insider-Tipps in Schrift, Bild und Ton 94

LE PETIT TRAIN GLOSSE / IMPRESSUM

Französische Kleinbahnromantik  64 V8, die Schuppenkatze ohne Business 96

DER DOPPELPFEIL! VORSCHAU

Im Schweizer „Churchill“ unterwegs 70 Das erwartet Sie in der nächsten Ausgabe 98

5
Menschen mit Bahngefühl:
Auf ein Wort!
In unserer beliebten Rubrik kommen in loser Folge Akteure
zu Wort, die mithelfen, dass es für uns heißt: unterwegs sein
mit Lust und Leidenschaft! Diesmal: Gabriel Acker

„Zu Blättern beim Lesen, ist eine hinreißende

und in Zukunft immer wertvollere Tätigkeit!“
Red. Eisenbahn Romantik: Lieber
Gabriel Acker, du bist Haupteigen-
tümer und Verlagsleiter der
französischen Eisenbahn-Monats-
gazette „Le Train“ und sowohl in
der Szene als auch in der Branche
ein bekanntes Gesicht. Warum
eigentlich heute, in digitalen
Zeiten, noch ein Printformat wie
Le Train herausgeben? Die
Großwetterlage der Medienbran-
che verheißt Veränderungen …
Gabriel Acker: Ein Druckerzeugnis
mit allen Sinnen genießen zu
können, ist etwas ganzheitlich
Hochwertiges. Und in Zukunft
dürfte es das bei den angesproche-
nen Veränderungen am Markt
noch viel mehr sein. Wir versuchen
diesem Anspruch mit unserem
Monats-Magazin Le Train gerecht
zu werden. Mit dem Print hält man
auch etwas Dauerhaftes in der
Hand, was eine physische Verbrei-
tung erfährt. Sein Inhalt geht
damit nie ganz verloren.
…sagt ein Verlagsleiter oder/
und auch Eisenbahnfreund?
Auch ich wurde in meiner
Kindheit von der Modelleisen-
bahn geprägt. Als junger Mann
trieb ich mich auf Modellbahn-
börsen herum und lernte dort
einen Akteur kennen, der mich mit
Hermann Merker zusammenbrach-
te. Merker hatte seinerzeit mit
großem Erfolg das Eisenbahn-Jour-
nal als Vier-Farben-Print auf den
Markt gebracht. Es war nahe
liegend, ein solches Format auch in
anderen Ländern zu etablieren.
Damals fühlte ich mich sofort ange-
sprochen. Mit dem Einstieg bei Le
Train tat sich mir auch der bis heute
schier unermessliche Horizont der
großen Eisenbahn auf. Dieses
Hobby ist auch deshalb etwas
Besonderes und mit anderen kaum
vergleichbar. Merker kann ich nur
für sein Vertrauen danken, denn in
kürzester Zeit wurde ich Verlagslei-
ter und 2005 dann kaufte ich mit
Unterstützung meiner Familie die
Zeitschrift. Heute liegt die gesamte
Herstellung des Monatsheftes und
der Sonderhefte bei mir als Haupt-
inhaber, Verlagsleiter und Chefre-
dakteur und unserem kleinen,
feinen Team. Es besteht aus sieben
Mitarbeitern, vier Damen und drei
Herren.
Wenn das Hobby so besonders ist,
was ist dann die Intention einer
Eisenbahnzeitschrift?
Ganz klar: Freude zu bereiten.
Damit ist zwar eigentlich alles
gesagt, dieses Ziel zu erreichen ist
aber nicht einfach: Dazu gehört
eine gute Qualität der Bildbearbei-
tung und des Drucks, aber auch des
eigentlichen Inhalts aufgrund
fundierter Recherchen und gut
schreibender Autoren. Unser Team
agiert mit einem Netzwerk von gut
500 freien Autoren und Fotografen;
es ist wie ein kleines Universum, in
dem die persönliche Ansprache,
die individuelle Betreuung, das
Menschsein und das sich-in-
die-Augen-sehen dazu gehört.
Davon aber kann man allein
am Markt nicht überleben …
Neben dem Freudebereiten
muss man natürlich Geld
verdienen und sich am Markt

6

behaupten, ja. Der Markt fordert
zum Beispiel seit Langem schon
Sonderausgaben, darauf haben wir
immer wieder reagieren müssen.
Die Leserschaft zeigt sich in ihren
Interessen heute breiter und
differenzierter aufgestellt. Wir
machen Sonderausgaben zu
Vorbild- und Modellthemen, ob
nun zu Lokbaureihen, zu Eisen-
bahnstrecken, Bahngesellschaften,
Modellbahnanlangen oder zu
Modellbau-Praxis-Themen. Auch
einen französischen Eisenbahnatlas
mit eigenem Kartenwerk bringen
wir regelmäßig heraus, der hohes
Ansehen genießt. Da unsere Leser
auch nach einem reinen Nostalgie-
heft verlangten, gingen wir strate-
gisch vor und schufen eine Nostal-
gie-Reihe, die sich dem Zeitraum
der 1950er bis 1990er Jahre widmet.
So zielen wir auf die Leserschaft
zwischen 30 und 80 Jahren, die
diese Zeiten noch persönlich
miterlebt hat. Dann produzieren
wir auch Kalender und unseren
Produktkatalog: Weil wir viel
Literatur auch von anderen koope-
rierenden Verlagen aus Deutsch-
land, England und Spanien usw.
vertreiben, verfügen wir über ein
ziemlich umfangreiches Lager.
Bilder: Gaby Wissemburg, Slg. Le Train, Hendrik Bloem, Bureaud Soumagnac
Bei all dem sollte nicht allein der
Verlagsleiter wissen, was zu tun ist?
Ein solches Repertoire an Fachlite-
ratur herauszugeben, bedeutet ein
Arbeiten rund um die Uhr. Wichtig
ist, dass man ein engagiertes und
vor allem motiviertes Team hat. Für
eine produktive Motivation hat
man als Verlagsleiter allerdings
schon die Verantwortung. Insbe-
sondere auch eine soziale: Der stets
freundliche Ton, die Pflege des
höflichen Miteinanders und
Ehrlichkeit gehören genauso dazu,
wie den langjährigen Mitarbeitern
eine dauerhafte Perspektive zu
geben. Übrigens: Wenn jeder von
allein weiß, was er zu tun hat, hat
man einiges richtig gemacht.
Zeit-
rauben-
de Konferenzen braucht es deshalb
erst gar nicht. Weil wir also ein
selbstaktives Team sind, können
wir die gesamte Heftproduktion
allein stemmen. Wir machen
wirklich alles, bis auf das Drucken,
das wir nach außerhalb vergeben.
Ohne funktionierende Netzwerke
und Kooperationen mit den
Branchen geht es nicht, richtig?
Als Team braucht man Akteure, mit
denen man zusammenarbeitet.
Dazu gehören bei uns natürlich
auch die Modellbahn-Hersteller.
Für sie haben wir schon vor
Jahrzehnten eine Veranstaltung
initiiert, die heute den Namen
Le Rail d‘Or (das Goldene
Gleis) trägt. Ziel dieser
jährlichen Prämie-
rung von Modellen
durch die Leser-
schaft ist immer
auch die Begeg-
nung, das Mitein-
ander der Akteure.
Das ist wichtig,
gerade in einer Zeit,
in der globales Handeln
und enge Konzernstruktu-
ren ein Sich-in-die-Augen-
Sehen oft verhindern. Wir haben
mit dieser jährlichen Veranstaltung
verblüffend wunderbare Erfahrun-
gen machen dürfen.
Eisenbahnzeitschriften müssen
sich stetig am nicht gerade einfa-
chen Markt behaupten. Gibt es
dennoch diese „gewisse Chance“?
BAHNMENSCHEN
Die Schwäche heutiger Eisenbahn-
Magazine ist, dass die sowieso
schon alters- und interessenbe-
dingte rückläufige Leserschaft
vom Prinzip des Alles-umsonst-
Bekommens im Internet
profitiert. Das Internet ist eine
starke Konkurrenz. Die Stärke
eines heutigen Magazins muss es
sein, Sonderthemen und Vertiefun-
gen zu bieten, die das Internet nicht
leisten kann und/oder eine Vielfalt
auszuweisen, deren Zusammenstel-
lung im Internet größte Mühen
erfordern würde oder so unprak-
tisch ist, dass das Lesen am Bild-
schirm nervt. Verlässlichkeit und
Imagebildung sind Qualitätsbegrif-
fe. Dass man ein Interview wie
dieses macht, ist übrigens ein gutes
Beispiel für Qualität. Und ganz
wichtig: Die Haptik des Magazins
muss einen Mehrwert erkennen
lassen. Die Chancen liegen auf der
Hand: Wenn Sie bei der Leserschaft
Freude erzeugen und sie in ihren
Erwartungen nicht enttäuschen,
dann freut sie sich auf jede neue
Ausgabe und muss für den Lesege-
nuss nicht auch noch am
Rechner oder
Tablet hocken,
wie sie es
vielleicht den
ganzen Tag
bei der
Arbeit tut.
Ganz im
Gegenteil:
Die Leser
können
Abstand
nehmen. Zu
blättern beim Lesen ist
eine hinreißende und in Zukunft
immer wertvollere Tätigkeit!
Danke, lieber Gabriel, für diese
sehr interessanten Positionen. Wir
wünschen dir, deinem Team und
Le Train weiterhin viel Erfolg.
 Interview: Hendrik Bloem
Januar 2023
7
 GALERIE

55
Lokomotiven der
Standard Class 7 ließ
British Railways (BR)
zwischen 1951 und 1954 bauen
(No. 70000 bis 70054).

145
km/h erreichte
die unter Robert
Riddles sorgsam
durchgebildete und effiziente
Konstruktion mit Rollenlagern
und anderen Neuerungen.

15
Jahre, bis 1966, war die
rechts zu sehende 70000
„Britannia“ im regulären
Dienst und erlangte Ruhm, weil sie
1952 den Trauerzug des verstorbenen
König George VI. von King‘s Lynn
nach London zog.

2
Lokomotiven der
Standard Class 7 blieben
erhalten, neben No. 70000
auch No. 70013, die von 2008
Bild: Axel Bozier

bis 2018 unter Dampf stand

und wieder aufgearbeitet wird.

12
Jahre nach ihrer Ausmusterung kam
No. 70000 erstmals wieder ans Laufen,
wurde aber nur sporadisch eingesetzt.
Seit ihrem 60. Geburtstag 2011 steht sie haupt-
untersucht wieder unter Dampf.
2096
Zentimeter Länge misst die hier
rückwärts von Kidderminster nach
Bewdley preschende No. 70000, die
den schönen Namen „Britannia“ trägt und der Royal Scot
Locomotive and General Trust gehört.

8
 ARTIKEL-RUBRIK

Britannia rules ...

... the tracks 9
LESERBRIEFE
Ihre Meinung ist uns wichtig
Mit Eisenbahn-Romantik die Eisenbahnwelt erleben, Erinnerungen ­teilen
und Hinweise geben, damit wir noch besser werden.
GRÜSSE VOM
DICKENS EXPRESS
Mit diesem Bild von Corinna de
Kroon grüße ich die geschätzte Le-
serschaft der Eisenbahn-Romantik:
Am späten Abend des 16. Dezem-
ber 2022 fährt Lok 16 (Jung 1943)
der niederländischen Museum-
stoomtram Hoorn-Medemblik mit
dem „Dickens Express“ im eisigen
Bahnhof Medemblik ab, um Besu-
10
cher des örtlichen Weihnachts-
marktes in wohlbeheizten Wagen
nach Hoorn zurückzubringen: Das
war Eisenbahn-Romantik ultima-
tiv! Rein Korthof (NL), per Mail
BRÜCKEN
GESCHLAGEN
Die Eisenbahn-Romantik schafft es,
Brücken in die wertvolle Vergan-
genheit zu schlagen. Über den Be-
richt zum Hindenburgdamm habe
ich mich gefreut (ER 3/2022)! Dort
habe ich selbst noch Altonaer 01.10
fahren gesehen, im Sommer mit
12 Wagen. Es sollen sogar mehr ge-
wesen sein! Weiter so!
 Eberhard Flessner, Berlin
Anmerk. d. Red.: Der Beweis für
mehr als 12 Wagen kann er-
bracht werden: Helmut Dahlhaus
war zur Stelle, als 012 001 mit
E 2108 über den Hindenburg-
damm Richtung Hamburg-Altona
strebte (5.September 1970)
AUF DEN
ZEIGERSPRUNG
Mit Interesse las ich das Editorial
in ER 4/2022. Zum Thema Zustand
der Eisenbahn in Deutschland
kann ich zu einem positiven Bei-
spiel aus der Schweiz und
Deutschland beitragen: Unsere
Dreikönigs-Dampffahrt mit 01 202
im vergangenen Jahr hat bestens
geklappt: Lyss – Donaueschingen
– Lyss ohne Verspätung. Zwar gab
es auf dem Abschnitt Hausach –
Triberg plus 20 Minuten, allerdings
wegen eines außerordentlich ge-

wünschten Haltes in Hausach. Auf
der Rückfahrt fuhren wir dann in
der leichten Steigung bis Oensin-
gen immer 100-105km/h, bei Solo-
Bilder: Corinne de Kroon, Helmut Dahlhaus (JS Eisenbahnstiftung), Marcus Benz, Stefan Ade, Florian Wieser
thurn bis Biel dann 120 Sachen
(mehr ist in der Schweiz bei Zug­
reihe A nicht erlaubt). In Lyss lie-
fen wir auf den Zeigersprung ein.
 Urs Bösch, Tf, Wilderswil (CH)
Anmerk. d. Red.: In der Schweiz
nach Zugreihe A verkehrende
Züge dürfen die Höchstge-
schwindigkeit von 120 km/h nicht
überschreiten (meistens Güter-
züge, aber eben auch Sonder­
züge). Die Regel-Personenzüge
in der Schweiz fahren heute
­bereits nach Zugreihe R (160 bis
250 km/h). Das passende Bild
zur Dreikönigsfahrt liefert
Marcus Benz: 6. Januar 2023,
Grundwald-Tunnel.
ÜBERRASCHUNG
STALIN-WAGEN
Völlig überrascht hat mich, dass
Stalins persönlicher Eisenbahn-
waggon noch existent ist. Dass das
Stalin-Museum in Gori zu finden
ist, war mir auch neu. Ein sehr in-
formativer Bericht und eine benei-
denswerte Reise des Autors Sebas-
tian Forck (ER 1/2023). Wenn ich
könnte … Georgien sollte jedem
Europäer eine Reise wert sein. Mir
bleiben aus gesundheitlichen
Gründen momentan nur die ER-
Berichte. Chris Menke, Dresden
KEINE TRASSENERLÖSE
Vielen Dank für den tollen Bericht
über die Trossinger Eisenbahn und
über das einzigartige Engagement
der Stadtwerke Trossingen in der
letzten Ausgabe (ER 1/2023). Die
Trassenerlöse werden jedoch nicht
wie beschrieben dem Verein zur
Verfügung gestellt. Das würden
auch die überwachende Bundes-
netzagentur und das Verkehrsmi-
nisterium nicht zulassen, denn Ein-
nahmen aus den Trassenerlösen
dürfen nur für den Betrieb und Un-
terhalt der Strecke verwendet wer-
den. Die Stadtwerke unterstützen
den Verein u. a. beim Erhalt der
historischen Fahrzeuge. Zum guten
Gefühl, das Hendrik Bloem im Ar-
tikel über das „Trossinger Bähnle“
beschrieben hat, trug sicherlich
auch bei, dass wir uns beim Essen
an Chili sin Carne erfreuten. Denn
der Verein versucht, seinen ökolo-
gischen Fußabdruck zu reduzieren,
um damit nicht nur etwas gegen
die Klimakatastrophe zu tun, son-
dern auch bewusst das Leiden der
„Nutz“-Tiere zu vermeiden. Unse-
re Bausteine-Lok Lina entpuppt
sich übrigens nach dem Bericht in
der ER als Verkaufsschlager (Bild),
wir kamen zeitweilig gar nicht mit
dem Abpacken der Bausätze hin-
terher. Danke dafür!
 Stefan Ade, Freundeskreis
 der Trossinger Eisenbahn e. V.
ERSATZZUG
MIT BAYERNBAHN
Immer wieder freue ich mich,
wenn mit viel persönlichem Enga-
gement für das ER-Magazin vor
Ort gearbeitet wird. Die Bayern-
Bahn in Nördlingen wäre sicher
auch mal einen Bericht wert. Hier
mal etwas sehr Spezielles für die
Leser: Das Unternehmen engagier-
te sich bei den Go-Ahead-Ersatz-
verkehren während des letzten
Jahreswechsels. So fuhr die histori-
sche 140 850-9 der BayernBahn vor
dem durch die Weser-Ems-Eisen-
bahn betriebenen Go-Ahead-Er-
satzzug von Donauwörth nach Aa-
len.  Florian Wieser, Oettingen
11
Mount Washington
HOCH HINAUS

Dampf in den Weißen Bergen

Die Ureinwohner nannten ihn einst
„Zuhause des Großen Geistes“, seit 1869
führt die weltweit erste Zahnradbahn
hinauf auf den mythischen Gipfel.

12
HOCH HINAUS

13
Bild: Kevin Madore
 HOCH HINAUS

„Peppersass“ – „Pfeffersaucenflasche“
– hieß die erste, im Jahre 1866 für die
Mount Washington Railway gebaute
Dampflok. Kaum zu glauben, dass
dieses Gefährt neun Jahre lang
Passagiere zum Gipfel beförderte. Ein
damals revolutionäres Zahnstangen-
system ermöglicht seither einen
sicheren Betrieb auf der Steilstrecke.

E
s ist eine Szene wie aus einem
Film, der am Ende des 19.
Jahrhunderts spielt: Lokfüh-
rer Joe Eggleston schiebt mit seiner
Crew einen kleinen Tender zu einem
archaisch wirkenden Dampfross.
Die Lok stammt aus dem Jahre 1875
und fährt auf der spektakulären
Mount Washington Zahnradbahn,
die seit fast 145 Jahren den auf 1917
Metern liegenden höchsten Berg öst-
lich der Rocky Montains erklimmt.
Wir sind in den USA und die Cog
Railway, wie sie liebevoll genannt
wird, ist ein eindrückliches Beispiel
für die unbegrenzten Möglichkeiten,
die dieses weite Land seit Jahrhun-
derten bietet.

Lok 2 „Ammonoosuc“ (Baujahr 1875) dampft noch heute regelmäßig am Mount Washington. Da nur die Lok im Engine
House übernachtet, müssen die Eisenbahner den Tender vor Fahrtbeginn mit Muskelkraft an die Maschine kuppeln.

14
 HOCH HINAUS

Ein kühnes Projekt
Er war den Indianern heilig, der
1917 Meter über dem Meer auf-
ragende Mount Washington an
der Ostküste der USA. Deshalb
hatte bis 1842 kein menschliches
Wesen diesen Berg in den White
Mountains bestiegen. Elf Jahres
später wurde ein Reitpfad ange-
legt und ein Hotel auf dem Gipfel
Bilder: Michael Berry, Kevin Madore (2), Wikipedia/Kremerbi, Heritage Image Partnership Ltd /Alamy Stock Photo, Archiv (2)
Unten einer der ersten Züge zum Gipfel. Links ein Arbeiter auf
einer „Teufelsschindel“, einem Schlitten für die Talfahrt. Daneben
das Mount Washington Hotel.
Im Jahre 1866 begann schließlich
der Bau einer Dampfzahnradbahn.
Damals ein waghalsiges Projekt,
denn eine vergleichbare Bahn gab
es noch nicht, die Technik war erst
drei Jahre zuvor vom Schweizer
Ingenieur Nikolaus Riggenbach
patentiert worden. Ab 1869 trans-
portierten die Züge dann Passa-

gebaut. Der Zuspruch war enorm. giere zur Bergstation, die Bahn
Daher folgte 1863 ein Kutschen- warf Gewinn ab. 1902 entstand
weg. Die Fahrt dauerte lange und schließlich in der Nähe das luxuriö-
war durchaus auch gefährlich. se Mount Washington Hotel.

Nicht nur der Bau dieser knapp fünf

Kilometer langen Steilstrecke mit
einer Maximalsteigung von 37,5 %
war einst eine Pioniertat. Sie in ihrer
ursprünglichen Form bis ins Digi-
talzeitalter bewahren zu können, ist
ebenso unglaublich.
GLEISE AUF HOLZBOHLEN
Bis heute liegen Zahnstange und
Gleise auf Holzbohlen in einer un-
wirtlichen Bergwelt, die für harsche
Wetterverhältnisse bekannt ist. Am
Mount Washington staut sich die
kalte Luft aus dem Norden und trifft
auf warme Luftströme aus dem Süd-
westen. Der Gipfel gehört dadurch
zu den windreichsten Regionen der
Welt. 1934 tobten dort Winde mit
372 Kilometern pro Stunde – für
viele Jahrzehnte war das die weltweit
höchste gemessene Windgeschwin-
digkeit. Deswegen wird der Mount Inzwischen fahren in der Saison wieder zwei Dampfzüge über die auf einer
Washington oft als gefährlichster Holzbohlentrasse verlegte zweitsteilste Zahnradbahn dieser Erde. In Dampf
Berg Nordamerikas angesehen. gehüllt kreuzen sich die beiden Dampfer oberhalb der Waumbek Station.

15
 HOCH HINAUS

Steine und nochmals Steine: Inmitten einer wirklich unwirtlichen Umgebung

keucht Lok 2 mit Lokführer Joe Eggleston dem Gipfel entgegen. Er war
30 Jahre lang das freundliche und engagierte Gesicht der Cog Railway. Wer mit der Dampfzahnradbahn
den Berg erklimmt, muss sich aller-
dings keine Sorgen machen. Trotz
der uralten Technik und der spekta-
kulären Streckenführung ist die
„Cog“ ein überaus sicheres Verkehrs-
mittel. Seit ihrem Bestehen gab es
nur zwei Unfälle mit insgesamt acht
Todesopfern – bei fünf Millionen
Fahrgästen.
NEUE DIESELLOKS
Ganz ohne modernere Technik
kommt man mittlerweile auch bei
der Mount Washington Railway

Bilder: Kevin Madore (3), Michael Berry, GREG RYAN /Alamy Stock Photo
nicht mehr aus. Ab 2008 baute man
in der eigenen Werkstätte sieben
neue, mit Biodiesel betriebene Loks,
die die Dampftraktion allerdings
nicht komplett ablösten. Mit den
neuen Zugmaschinen konnte ein
zuverlässiger Winterbetrieb einge-
führt werden, wobei die Züge in der
Regel in der Station Waumbek auf
1200 Meter Meereshöhe wenden.

Safety first: Der Zugführer

steht während der gesamten
Fahrt auf der vorderen Wa-
genbühne, um Felsen oder
andere Hindernisse im Gleis
sofort erkennen zu können.

16
 HOCH HINAUS

Die rund dreistündige Berg-

und Talfahrt mit der „Cog“
ermöglicht wahrhaft einmalige
Ausblicke auf die Bergwelt der
White Mountains – allerdings
nur, wenn der Wind nicht allzu
stark bläst und keine Nebel-
schwaden die Szenerie in eine
fast beängstigende graue
Suppe verwandeln.

Von Mai bis Oktober steigen die
Cog-Züge dann wieder zur Gipfel-
station auf. Zwischen 2009 und 2019
gab es allerdings nur ein Dampfzug-
paar. Nach den Coronabeschränkun-
gen erleben die White Mountains
aber einen wahren Besucheransturm
und das brachte beide betriebsfähi-
gen Dampfrösser mit drei täglichen
Fahrten wieder auf die Strecke.
Ob Dampf oder Diesel: Die Bahn
ist und bleibt ein einmaliges Erleb-
nis. Mit einer atemberaubenden
Geschwindigkeit von 4,5 und 7,8
Kilometern pro Stunde bei der
Berg- bzw. bei der Talfahrt lernt der
Besucher die wilde und raue Schön-
heit des mystischen Mount Wa-
shington am besten kennen. Zu-
künftig leider nicht mehr mit
Lokführer Joe Eggleston: Der kam
vor Kurzem bei einer Wanderung
in seinen geliebten White Moun-
tains ums Leben. A nton Zuercher

139 Jahre nach der Bahneröffnung hielt die Dieseltraktion auch bei der Mount Washington Railway Einzug. Sieben
zweiachsige, mit einem 600-PS-Motor ausgestattete Maschinen tragen inzwischen die Hauptlast des Bergbahnverkehrs.

17
 HOCH HINAUS
Lancester I Great Gulf
Wilderness

sra
Mount Washington

el
Cog Railway

Riv
KANADA
Vancouver
Vancouver

er
Berlin 1422 mm 1 km Lizzie
Whitefield Main Line Cherry Waumbek Bourne Chicago
Junction 1435 mm Station Memorial San Francisco
San Franzisco
Pond
1917 VEREINIGTE New New
York
Waumbeck mmono Mount STAATEN York
Junction A o s River Washington
uc
Summit Dallas
Bethlehem

Mount Washington Marshfield MEXIKO

Regional Airport Base Station Herbert Judson Alpine Gardens
Young Memorial Research Mexico City
Natural Area
Mountain
Division

Bild: Kevin Madore; Karte: Wolfgang Kieslich

Gorham
1435 mm Quebec
KANADA Bangor
Bethlehem

Cog Carroll Montreal Bretton

Railway Woods Bangor
Bretton
Waumbek Woods
Display Marshfield Station
Base Station Ottawa Burlington Portland
Portland
Summit
VEREINIGTE Portsmouth
Twin Mountain Ammon o osuc River STAATEN Boston
Airport Bretton Mount Washington
Woods Cog Railway Albany
Albany
Mount Washington 1422 mm
Conway Scenic Railroad Course New York
5 km 1435 mm
Crawford Philadelphia
Trenton

Conway Portsmouth Portsmouth

Die Mount Washington Railway liegt im Bundesstaat New Hampshire an der Ostküste der USA. Weltweit bekannt wurde
die Region durch die Weltwährungskonferenz in Bretton Woods, die im Jahre 1944 zur Gründung der Weltbank führte.

Info Die Mount Washington Railway

Mount Washington Cog Railway, 3168 Base Station bei Eisenbahn-Romantik:
Road, Mount Washington, NH 03589, USA
Folge 409 Mount Washington –
Tel.: +1 (0)800 922-8825 das letzte Zahnradabenteuer
Web: thecog.com/
FB: MountWashingtonCogRailway QR-Code: Direkt zur Folge
in der SWR-Mediathek

Lok 2 steht im Oktober 2021 auf der Bergstation für die Talfahrt bereit. Das kleine Dampfross mit einem urigen Wagen
auf einem Berggipfel – keine Szene aus einem Märchenfilm, sondern Normalität in den Weißen Bergen Amerikas.

18
 er
Auf Wang e Bahn
nichts ohn

DENSCH
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EINSTEIGER-ANGEBOT
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NOST ALGIEFIE
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Rigi-Bah
GS MIT LUS

150-Jahre ter Dampf!

Lok 7 un

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06.08.21
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WIEDERGEBURT VON SCHIENENSTARS
 „Glück auf!“
WIEDERGEBURT VON SCHIENENSTARS

Bochums Preußin
zurück auf der Schiene
Unter den Eisenbahn-Romantikern, die es genießen, auf
dampfgeführten Zügen unterwegs zu sein, hatte eine
Lokomotive bis zu ihrem Ausscheiden 2017 Kultstatus:
Die 38 2276 des Eisenbahnmuseums Bochum. Jahrelang
wartete man auf ihre Rückkehr. Jetzt ist es soweit!

S
eit den 1990er Jahren befand talbahn und auf den beliebten Ruhr- Die preußische P8 wurde ab 1906
sich die Vertreterin der Preu- gebietstouren wie „Wo der Pot noch gebaut und weist einen langen Be-
ßischen P8 nahezu pausenlos kocht“ oder „Der lange Abschied schaffungszeitraum von 18 Jahren
im Einsatz: Tausende Eisenbahn- von der Kohle“. Natürlich auch zu für die deutschen Eisenbahnen auf
freunde haben sie als Zugpferd haut- besonderen Events wie Jubiläums- (über 3500 Exemplare). Für das Aus-
nah am Museumsstandort in Bo- Feierlichkeiten und als Charter- land, in Deutschland, aber auch im
chum-Dahlhausen oder auf der Lokomotive (unvergessen bleibt uns Ausland als Lizenzbau wurde sie
Ruhrtalbahn erleben können, viel- ER-Lesern ihr Einsatz mit dem deutlich länger beschafft (weitere ca.
leicht schon als sie Jugendliche wa- Roncalli-Zirkuszug (ER 4/2016). 400 Exemplare). Die anspruchslose
ren, später als Erwachsene und
dann, gar nicht so selten, sogar noch
mit den eigenen Kindern an der
Hand. Die Sorge, dass diese Lok
2017 für immer aus dem Rennen
gehen könnte, weil eine teure Haup-
tuntersuchung notwendig war, stell-
te sich den eingefleischten Muse-
umsbahnern im Herzen nie, obwohl
klar war, dass viele tausend Euro und
Tausende Arbeitsstunden im Rah-
Bilder: JS Eisenbahnstiftung, Christoph Obooth (2)

men der aufwendigen Instandset-

zung investiert werden müssten.
Hinzu kam eine berechtigte Unsi-
cherheit, welche nicht absehbaren
Arbeiten im Rahmen der laufenden
Befundung auf einen zukommen
würden. Fest stand dennoch, dass
man sie als betriebsfähiges Exponat
im angesehenen Eisenbahnmuseum
Bochum weiterhin einplanen wollte: Auf der Zielgeraden: Bevor die alte Dame wieder unterwegs sein
im Vorführbetrieb an Museumsta- kann (links), sind die Komplettierungsarbeiten in vollen Gange. In
gen und Kindertagen, auf der Ruhr- Bochum legen Jung und Alt Hand an …

21
WIEDERGEBURT VON SCHIENENSTARS
Der Kessel der P8 mit neuer
Rauchkammer und erneuertem
Langkesselboden. Unten: Der
fertige Kessel ist wieder auf dem
Rahmen montiert.
und zugleich leistungsfähige Ma-
schine wurde im Laufe der Jahrzehn-
te fast in ganz Deutschland statio-
niert und extrem lange, noch von der
Bundesbahn und DDR-Reichsbahn
bis in die 1970er Jahre, eingesetzt.
105-JÄHRIGE DAME
Die 1991 durch die DGEG übernom-
mene und vom Denkmalsockel in
Wiednitz geholte 38 2276 wurde 1918
von Henschel gebaut und als „2553
Erfurt“ bei der KPEV eingereiht. Sie
stand bis 1972 im Einsatz, zuletzt im
Bw Saalfeld bei der Deutschen Reichs-
bahn (Z-Stellung 1972, Ausmusterung
1980). Seit Ihrer Wiederinbetriebnah-
me 1992 nach Instandsetzung im Aus-
besserungswerk Meiningen wurde die
Lok bzw. wurden einzelne ihrer Bau-
gruppen turnusgemäß hauptunter-
sucht. Für die aktuelle Hauptuntersu-
chung ab 2017 stellten sich aber neue
Herausforderungen. In Europa gibt es
kaum noch Anbieter für die schwere
22
Instandsetzung von Dampflokomoti-
ven. Die angebotenen Leistungen des
Dampflokwerks Meiningen allerdings
sind für kleine Museen/Vereine kaum
noch bezahlbar. Komplettaufarbeitun-
gen in Fremdwerkstätten sind eben-
falls so gut wie unmöglich und eben-
falls teuer. Für zumindest eine
Teilaufarbeitung sollte deshalb das
Ehrenamt ganz besonders zum Tragen
kommen. Neben der Metallbearbei-
tung und der Elektrik für Beleuchtung,
digitalem Funk und Zugsicherung
sowie Schreinerarbeiten für den Holz-
fußboden der Lok, Lackierarbeiten
und vieles mehr waren hier auch Be-
tonarbeiten zum Herstellen des Feu-
erschirms von Nöten. Das Eisenbahn-
museum Bochum hat rund 100
ehrenamtliche Mitarbeiter, davon sind
20, Jung und Alt, ständig rund um die
Dampflok aktiv. Jeder bringt wertvol-
le Fähigkeiten und berufliche Hinter-
gründe mit, es war deshalb schnell
klar, dass man diese Arbeiten gemein-
sam angehen wollte. Abseits dieses
ehrenamtlichen Engagements vergab
man die Instandsetzung der wichtigen
Hauptgruppen Kessel, Rahmen und
Fahrwerk an die hoch spezialisierten
Eisenbahn Werkstätten Krefeld (EWK,
heute in Mönchengladbach), die auf
Nach Abschluss der Arbeiten an Kessel, Rahmen und
Fahrwerk, wird die teilmontierte Lok auf ihren aufgearbeiteten
eigenen Rädern von Krefeld nach Bochum geholt.
dem Instandhaltungssektor für Dampf-
lokomotiven herausragende Arbeit
leisten und trotzdem preiswert agie-
ren, nach Angeben nicht nur des Ei-
senbahnmuseums Bochum aber leider
nicht immer termingerecht fertigen
konnten.
ERHEBLICHE KESSELARBEITEN
Es muss aber auch gesagt werden,
dass das Aufarbeitungskonzept indes
zum Teil auf Annahmen beruhen
musste. Die genaue Befundung z.B.
des Kessels konnte erst im Zuge des
Ausbaus der Rohre und nach der
Innenreinigung erfolgen. Während
Tender, Führerhaus und Kesselan-
bauteile, usw. im Museum verblieben
und hier von den Bochumern nun
instand gesetzt wurden, überführte
man die bereits teildemontierte Lok
nach Krefeld. Nach Abbau des Kes-
sels und dem Entfernen der Rohre
gab es dann tatsächlich die ersten
Überraschungen: Die Rauchkammer,
der Langkesselboden und die Feuer-
büchsdecke, einschließlich aller De-
ckenanker, mussten komplett erneu-
ert werden. Beim Wiederaufbau der
Rauchkammer achtete man auf die
richtige Optik der Lok, auch bezüg-
lich der ursprünglichen Nietungen
 leisteten die EWK Bewunderns-
wertes. Nach Aufarbeitung des
Kessels und seiner Montage auf
den Lokrahmen wurde das
Fahrwerk aufgearbeitet. Das
Abdrehen der Achsen wurde
hierbei fremdvergeben, alle La-
ger und Führungen, Ausgleiche
und die Bremse mussten von
den EWK aufgearbeitet wer-
den. Nach dem Wiedereinach-
sen überführte man das Fahr- angeheizt, die dampfgehenden Leitungen soll, steht die gänzliche Inbe-
zeug per Schiene zurück nach
Bochum. Hier hatte man neben
dem Tender und dem Führer-
haus alle wesentlichen Kessel-
teile fertig aufgearbeitet. Dabei
wurden insbesondere die Rohr-
leitungen auf ihre weitere Ver-
wendbarkeit geprüft und teil-
weise erneuert. Auch das
Isolieren aller Dampfleitungen
gehörte dazu. Mit einem Sam-
melsurium aus gefühlt „tausend
Teilen“ ging es nun an die Komplet-
tierung der Lok. Vergessen wir bitte sich gar nicht so einfach: Als man z.B. sein wird. Hiernach wird sie jeden
nicht: Man befand sich mitten in der an die Montage der Kesselverklei-
Corona-Pandemie. Es ist kaum zu
ermessen, was die Bochumer unter
Einhaltung der zeitweise extremen
Sicherheitsmaßnahmen dennoch
geleistet haben.
Bilder: Volker Böhm (3), JS Eisenbahnstiftung, Christoph Obooth, Kai Ledwig
Die Bochumer P8 bei
Eisenbahn-Romantik: Folge
ER XL: Die Ruhr und ihr Pott
QR-Code:
Direkt zur
Folge in der
SWR-
Mediathek
Info
Eisenbahnmuseum
Bochum
Dr.-C.-Otto-Straße 191
44879 Bochum
Tel.: +49(0)234 – 492516
Mail: info@eisenbahnmuseum-bochum.de
Web: eisenbahnmuseum-bochum.de
Der Feuerschirm wird eingezogen.
Unten: Die fast fertige Lok wird
und Zylinder werden ausgeblasen.
Die Komplettierung indes gestaltete
dung ging, waren unerwartet zeitauf-
wendige Nacharbeiten erforderlich.
Immer noch aber waren Restarbeiten
an den Stangen, der Steuerung und
der Bremse durch die EWK zu leis-
Bald dampft 38 2276 wieder, wie hier 2011 bei Wattenscheid-
Höntrop. Die Bochumer warten vor allem noch auf die Stangen
des Triebwerks, die seitens der EWK aufgearbeitet werden …
ten. Diese Verzögerungen nutz-
ten die Bochumer für umfang-
reiche Schönheitsarbeiten an
der fast fertigen Lok. Noch
ohne Stangen erfolgte dann die
Inbetriebnahme des Kessels, der
Zylinder (Bilder), der Pumpen
und der Bremsanlage. Erst mit
der vollständigen Komplettie-
rung, die nach Drucklegung
dieser ER-Ausgabe erfolgen
triebnahme der Lok mit Pro-
befahrten, Einstellungsarbeiten
und allen Abnahmen an. Die
ER wird diesen Prozess haut-
nah begleiten und hier be­
richten! Was uns Eisenbahn-­
R o m a nt i k e r f re u t : D a s
Eisenbahnmuseum Bochum
lässt verkünden, dass unsere P8
wie aus einem Jungbrunnen
entsprungen zur Saisoneröff-
nung des Museums am 2. April
diesen Jahres im Ruhrtal erlebbar
ersten Sonntag im Monat angeheizt
und soll auch unangefochtener Star
der Museumstage des Eisenbahnmu-
seums am 29. und 30. April sein. Na
dann, „Glück auf!“, liebe P8.
 Hendrik Bloem
23
Im Wüstenexpress
IN AFRIKA REISEN

Ein Stück Marokko

auf der Schiene

24
unterwegs ...
IN AFRIKA REISEN

Im letzten Wagen unseres

„Train du Desért“ haben wir die
Fenster heruntergeschoben:
Vor unserem Kameraauge tut
sich die karge marokkanische

Bilder: Georg Trüb (2)

Halbwüste auf. Geröll und Sand,
soweit das Auge reicht …

Die Diesellokomotiven DH 421 und DH 430 ziehen den Wüstenzug von Oujda nach Bouarfa durch
Ostmarokkos Wüste, etwa zwanzig Kilometer südlich von Ain Beni Mathar. Nur wenn genügend
Touristen die zehn- bis zwölfstündige Fahrt gebucht haben, verkehrt der Zug zwei- bis dreimal im Jahr.

25
IN AFRIKA REISEN

Bahnhof Oujda frühmorgens mit unserem Train du Desért, der auch als Oriental Dessert
Express firmiert. Links eine Rangierlok. Marokkos Eisenbahn zeigt sich gepflegt!

U
nd doch: Wir können uns
nicht satt sehen an dieser
uns so unbekannten Na-
turlandschaft. Hier und da sind
Nomadenzelte auszumachen, aber
rasch hat die Wüste sie sogleich
wieder verschluckt. Es geht 300 Ki-
lometer zwischen Oujda und Bou-
arfa durch die Sahara, immer an der
marokkanisch-algerischen Grenze
entlang … Erst gestern hatten wir Wüstenzugfahrt. Heute Morgen
mit dem Regelzug der staatlichen hatten wir um 7:30 Uhr unseren
Eisenbahn des Königreichs Marok- Zug bestiegen ...
ko ONCF das herrliche Casablanca
verlassen und über Rabat, der
MINZTEE AM PLATZ
Hauptstadt Marokkos, die einstige Aber genug fotografiert, es geht nach
Königsstadt Fés erreicht (beide vorne zu den angenehm klimatisier-
UNESCO-Weltkulturerbe). Von Fes
ging es mit der Bahn dann nach
Oujda, dem Ausgangspunkt unserer

Bilder: Georg Trüb (6), Armin Götz

Im klimatisierten Wagen des französischen Typs Corail.

Rechts: Zubereitungen im Küchen-/Generatorwagen.

26
 Wir sind in Ain Beni
Mathar unterwegs. ten Sitzwagen, wo uns just ein un-
Links: Sand auf nachahmlich (süßer!) Minztee ser-
dem Gleis in einer viert wird. Unser Zug führt einen
Kurve! Arbeiter kombinierten Küchen- und Gene-
räumen die ratorwagen mit, in dem Speisen und
Schienen frei … Getränke frisch zubereitet werden.
Ganz vorne im Zug sind zwei Crew-
wagen eingereiht, den zahlreichen

Über 300 Kilometer Gästen mangelt es gewiss nicht an

durch die Sahara

herzlicher Betreuung.
Weiter geht die Fahrt, bis sich weit
vorne am Horizont etwas Bizarres

Am Bahnhof von Ain Beni Mathar empfangen uns Schaulustige (links). Rechts: Auch im
Geisterbahnhof Tendrara werden wir herzlich empfangen, von einer Schulklasse und Musikanten.

27
IN AFRIKA REISEN

DH 421 und DH 430 am 350 m

langen Tiouli-Tunnel, winkende
Menschen und leuchtende
Farben zum Abend hin!

auftut: ein verlassener Geisterbahn-
hof mitten in der Wüste, verfallene
Gebäude ringsum. Die Station Ten-
drana ist erreicht. Zur Zeit der un-
säglichen Vichy-Regierung wurden
hierher französische Juden depor-
tiert und ihrem grausamen Schicksal
in den nahen, sogenannten Arbeits-
camps überlassen, erzählt man uns.
Trotzdem: Eine Schulklasse aus dem
eigentlichen, weiter entfernten Ort
empfängt uns herzlich, winkt mit
marokkanischen Fähnchen, vier
Musikanten steigen zu und erfreuen
uns fortan mit ihren wunderbaren
musikalischen Darbietungen. Die
beklemmenden Gedanken sind bald
verflogen …
Einige Zeit danach wird unser Zug
erneut langsamer, bleibt schließlich
stehen. Nun kommt, was wir alle
längst erwartet haben: Sandverwe-
hungen tun sich vor uns auf, mitge-
reiste Arbeiter greifen nun zu ihren

28
Arbeitsgeräten und schaufeln uns die
Gleise wieder frei. Auch wenn unse-
re neuen DH 400-Lokomotiven nicht
den Eindruck machten, als könnte
ihnen irgendetwas etwas anhaben, bei
Sand ist das so eine Sache und eine
Entgleisung wäre vorprogrammiert.
Vom Führerstand kommt derweil
jemand heruntergestiegen, ohne den
es den Train du Desért gar nicht gäbe:
Eduart Kunz, den wir kurz „Edi“ nen-
nen. 1984, noch als Bergführer, ver-
liebte der Schweizer sich in diesen
Landstrich und erkannte, dass die
selten befahrene Strecke sich für tou-
ristische Zwecke eignen würde. Er Oben: Im Führerstand der DH 421 mit „Edi“ Kunz (links),
wurde in Marokko sesshaft, gründe- Schöpfer des Wüstenzuges und Gründer von „Supratravel“.
te 1992 mit „Supratravel“ ein Reise- Unten: Blick auf die Strecke und den Platz des Lokführers.
unternehmen, das bis heute mit der
ONCF den Wüstenzug am Laufen
hält, nun schon im 19. Jahr! Nach
einer halben Stunde schaufeln geht
die Fahrt weiter …
ANKUNFT IN BOUARFA
In diesem Rhythmus geht es fortan
durch die Sahara, nur selten halten
wir und viel später, nach einem un-
beschreiblichen Sonnenuntergang,
tritt die kurze Dämmerungsphase
ein, die Wüste und Himmel vereint

Bilder: Georg Trüb (4), Armin Götz (4)

nochmals in wunderbare Farben
taucht.
Es ist längst dunkel, als wir in Bou-
arfa ankommen und voller Eindrü-
cke unser Hotel beziehen: In wel-
chem Traum aus Tausendundeine
Nacht wir uns hiernach verlieren,
bleibt freilich unser Geheimnis…
 Hendrik Bloem

29
IN AFRIKA REISEN

LGV in Betrieb/im Bau oder Planung Détroitde Gibraltar Spanien

Strecke zwei-/eingleisig Ras R’mel zu Spanien
Elektrifizierte Strecke Isla de Alborán
Eisenbahn in Planung Tanja (Tanger) Ceuta
Eisenbahn stillgelegt Cap des
Tétouan Trois Fourches zu Spanien
Larache Ksar Al Hoceima Melilla

Tlemcen
el Kebir Chefchaouene Ghazaouet
Ri Nador
El Makhazine f Magnhia
100 km Souk el Arba Tlemcen
Oujda
Kénitra Taounat Taourirt Guenfouda
Ar Rabāt Sidi Sidi Kacem Oued Heimer
(Rabat) Yahya Taza Tiouli
Guercif Jerada El Harracha

Sidi Bel Abbès

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(Casablanca) Meknès Adrar Bou Aïn Bni Mathar
Nassour Oriental El Fouchal
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Nouasseur O. Beht Boulemane
600 mm Express Jnane Krater

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Youssoufia Khouribga er -A
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Safi El Massira
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Benguerir O 3737 Jbel Mesrouh
Nzalet- Beni Mellal
Jbel Ayachi
el-Hararcha
Marokko Plaine de Tamlelt
Chichaoua
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Hau
Die Karte verzeichnet auch die LGV High-speed Lines im Rahmen der Bahn-Entwicklungsstrategie,
die Marokko eine hochmoderne Eisenbahn beschert (LGV Tanger–Kenitra seit 2018).

Bild: Armin Götz; Karte: Wolfgang Kieslich

Der Wüstenexpress bei Eisenbahn-
Info Romantik: Folge 695: Wüsten,
Ein unbeschreiblicher Son- Supratravel
nenuntergang verzaubert LOT JARDIN ABRAR Züge, Dromedare – Bahnabenteuer
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alle Reisenden ab ca. 18 Uhr. 40160 Marrakech
in Marokko
Zweieinhalb Stunden sind es Tel.: +212(0)661 24 36 02 QR-Code: Direkt
nun noch bis Bouarfa,
Mail: aimrane@supratravel.com
zur Folge in der
Web: supratravel.com
eineinhalb Stunden fahren Oder beim Gründer Eduard Kunz SWR-Mediathek
eduardkunz28@gmail.com
wir davon in völliger Dunkel-
heit. Auf bald, Marokko!

30
 REZEPT

Geht nicht ohne in Marokko:

Marokkanisches
Huhn
Zutaten für vier Personen
·  4 Hähnchenschenkel (am Gelenk zerteilen)
· Öl
· 2 Zwiebeln
· 2 Fenchelknollen
· 1 Knoblauchzehe
· Gewürze: 1 cm frischer Ingwer, 1 Prise
Safranfäden, Harissa, Salz und Pfeffer
· 800 g gehackte Tomaten
· 100 ml Wasser · 40g blanchierte ganze Mandeln
· 2 EL Honig · 1 EL Sesamsamen

Zubereitung
Die zerteilten Hähnchenschenkel kräftig salzen der Pfanne anzurösten. Hierzu wird kein Öl be- Credits: Sergii Koval / Alamy Stock Foto; Y H Lim / Alamy Stock Foto

und pfeffern. Öl in einem Schmortopf erhitzen und
das Fleisch darin gut anbraten. Währenddessen
Fenchel vierteln, Zwiebeln und Knoblauch schälen
und fein würfeln. Den Backofen auf 175°C Um-
luft vorheizen. Das angebratene Fleisch aus dem
Topf nehmen. Fenchel, Zwiebeln, Knoblauch und
Ingwer in den Schmortopf geben und kurz braten
lassen. Anschließend die gehackten Tomaten,
Mandeln, Safran und Harissa hinzugeben und al-
les mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das Fleisch
wird wieder zur Soße hinzugegeben und alles
zusammen muss ca. 1,5 Stunden im Ofen garen.
Nun ist genug Zeit, um den Sesam vorsichtig in
nötigt. Der Duft und die leichte Bräune verraten,
dass er fertig ist.
Nach Ende der Garzeit das Fleisch aus dem
Schmortopf nehmen und warmhalten. Die Soße
noch ein paar Minuten ohne Deckel im Ofen
einkochen lassen. Zum Schluss noch einen Löffel
Honig unterrühren und die Soße ein letztes Mal
aufkochen lassen.
Nun alles auf den Tellern anrichten und mit dem
gerösteten Sesam bestreuen. Als Beilage emp-
fiehlt sich je nach Belieben Couscous oder ein
frisches Fladenbrot. Na dann: Bssaha!
 Mathilda Roeder

31
Casablanca
CASABLANCA-TIPPS

Tipps für die weiße Stadt am Meer

Eine Reise nach oder durch Marokko beginnt in der Regel nach einem Flug
in Casablanca. Auch wenn man auf der Durchreise ist, sollte man sich Zeit
nehmen für die hinreißende Stadt an der Atlantikküste. Von: Hendrik Bloem

BESUCH DER GRÖSSTEN MOSCHEE DER WELT:

HASSAN-II.-MOSCHEE
Casablanca wird von einer der größten Moscheen der Welt, direkt an der
Felsenküste des Atlantiks gelegen, geprägt. Die Hassan-II.-Moschee,
benannt nach König Hassan (regierte von 1961 bis zu seinem Tod 1999
Marokko), ist relativ jung und wurde erst 1993 fertiggestellt (Architekt:
Michel Pinseau). Ihr schönes Minarett misst eine Höhe von 200 Metern
und war bis 2019 das höchste der Welt. Nur in den Vormittagsstunden
darf die Moschee im Rahmen von Führungen von Nicht-Muslimen betreten
werden. Lassen Sie diesen gewaltigen religiösen Bau mit einem Gebets-
raum für 25.000 Personen auf sich wirken. Beachten Sie die Regeln beim
Betreten der Moschee: Sie müssen Ihre Schuhe ausziehen, Sie finden
dazu spezielle Räumlichkeiten. Geschlossene Kleidung und lange Hosen
werden empfohlen, Frauen sollten die Schultern bedecken; ihnen wird
seitens der Führung mitgeteilt, ob außerdem die Haare zu bedecken sind.
Web: marokkoinformationen.eu

DIE RESIDENZ DES PASCHAS: MAHKAMAT AL-PASHA

Das sogenannte „Gerichtsgebäude des Paschas“
war nicht nur ein Verwaltungssitz: Das 1941/42
im Stadtteil Hubous in Casablanca errichtete
Gebäude war auch Residenz des Paschas von
Casablanca, At-Tayyib Al-Moqri, sowie parlamen-
tarischer Empfangssaal und zugleich ein Gefäng-
nis. Obwohl es ein relativ modernes Gebäude ist,
wurde es mit traditionellen Materialien erstellt,
was es heute besonders sehenswert macht
(Frankreich untersagte in jenen Jahren die
Nutzung von Beton und anderen modernen
Baustoffen). Der Komplex zeichnet sich durch
mauro-andalusische architektonische Merkmale,
wie Zeleej, Stuckarbeiten, geschnitztes Zedern-
holz und grüne Ziegeldächer aus und ist ein
fantastisches Beispiel marokkanischer Hand-
werkskunst. Unbedingt besuchen!
Web: en.wikipedia.org/wiki/
Mahkamat_al-Pasha (englisch)

50
 RICK’S CAFÉ: HUMPHREY
BOGART UND INGRID BERGMAN
LASSEN GRÜSSEN
In Michael Curtiz Liebesfilm-Klassiker „Casablan-
ca“, mit dem Hollywood sich klar gegen das
nationalsozialistische Deutschland wandte, spielt
der fiktive, vom Amerikaner Rick Blaine (Hum-
phrey Bogart) betriebene Nachtclub Rick’s Café
Américain eine Schlüsselrolle: Hier trafen sich
Emigranten auf ihrer Flucht vor den Nazis. Weil
der gesamte Set in Hollywood aufgebaut war,
handelt es sich bei Rick’s Café in Casablanca um Und Sam, der Klavierspieler, dürfte jeden Moment
einen Nachbau: Gleichwohl ist der Besuch des von irgendwoher kommend zielstrebig sein
hinreißenden Caféhauses ein Muss und lässt in Instrument ansteuern …
angenehmer Atmosphäre rasch nur eine Feststel- Play it once, Sam. For old times' sake.
lung zu: Casablanca! Das war nicht nur ein Film. Web: rickscafe.ma
Bilder: Ionut David / Daniel Korzeniewski / Wolfgang Kaehler / Greg Balfour Evans / Pictorial Press Ltd / Tuul and Bruno Morandi: alle Alamy Stock Foto

SICH TREIBEN LASSEN IN DER ALTSTADT VON CASABLANCA:

ANCIENNE MÉDINA
Die historische Altstadt Casablancas, die Anci-
enne Médina, atmet überall noch den Geist
französischer Herrschaft, auch wenn die Gebäu-
de oft verwittert sind. Wenn Sie sich in den engen
Gassen den vielen Läden, Manufakturen und
unzähligen Straßenhändlern mit ihren reichhalti-
gen Angeboten an Obst, Gemüse und Gewürzen
genügend hingegeben haben (und gefeilscht
haben! Das Feilschen sollte man sich wie selbst-
verständlich zu eigen machen …), nehmen Sie
einfach in einem der vielen Terrassencafés Platz
und genießen einen der unnachahmlich aromati-
schen Pfefferminztees. Aber Vorsicht! Die Zeit
vergeht in diesem Treiben und beim Ausruhen
mit Wohlfühlfaktor wie im Fluge …
Web: infostourismemaroc.com/monument/
ancienne-medina-casablanca-maroc

51
Ü
bertreiben möchte ich nicht,
aber Gründe wird es gege-
ben haben, die mich in den
Jahren von 1963 bis 1973, wenn ich
mich mal wieder auf dem Hambur-
ger Hauptbahnhof befand, dazu
zwangen, nach den mit Reichsbahn-
Botschafter
Traktionswechsel im
Interzonen­zugverkehr
Schnellzugdampfloks bespannten
D-Zügen von und nach West-Berlin,

Berlin – Hamburg
den Transit-Zügen, zu sehen: Waren
es Botschafter aus einer anderen
Welt? Teilweise vielleicht, teilweise
aber auch nicht: Die Züge wurden
anfangs von beim Bw Wittenberge
beheimateten 03 geführt und die 03
kannte ich natürlich bestens. So
manche Lücke in meinen Loklisten,
in denen sich ja praktisch sonst nur
Bundesbahn-03 befanden, konnte
ich durch meine Hamburger Beob-
achtungen schließen. Spontan fallen
mir 03 098, 177 oder 234 ein.
Richtig prickelnd wurde es dann aber
mit dem Sommerfahrplan 1968:
Auch bei der Reichsbahn wurde tat-
kräftig elektrifiziert und das hatte zu
einer gewissen Abwanderung der
beim Bw Erfurt P beheimateten öl-
gefeuerten 01.5 ab 1965 geführt, oft
mit dem Ziel Wittenberge, wo ohne-
hin, auch im Güterzugverkehr, ein
hoher Bestand an ölgefeuerten
Dampflokomotiven aufgebaut wer-
den sollte und wurde. Vorerst setzte
Wittenberge seine ölgefeuerten 01.5
allein im sehr anspruchsvollen Nord-
Süd-Verkehr Magdeburg – Schwerin
– Rostock ein, bis dann aber mit Be-
ginn des Sommerfahrplans 1968 auch
der Transitverkehr Hamburg – Berlin
auf die 01.5 Öl überging.
Am 14. Juni 1968 sah ich, in Ham-
burg Hauptbahnhof, um 13 Uhr 59
D 166 von Berlin Friedrichstraße mit
der ölgefeuerten Wittenberger 01 508
einrollen: Mein persönlicher Auftakt
für eine – wenn auch nicht sehr lan-
ge – Ära, in der die Wittenberger 01.5
Öl sowohl im Nord-Süd- als auch im
Ost-West-Verkehr das leisteten, was Sprungbereit lauert der ölgefeuerte 01 0527-0 in Hamburg Hbf:
ihnen „auf den Leib geschrieben“ war. Sie wird ihren D 263 auf den Zeigersprung genau nach Berlin
Ihre monatlichen Kilometerleistun- bringen. Alltag. Doch drei Wochen später ist diese Herrlichkeit vorbei …

34
 einer anderen Welt?
EISENBAHN-ROMANTIK CLUB

Mit 01.5 der Deutschen Reichsbahn bespannte Transitzüge liefen

bis 2. Juni 1973 Hamburg an. Einen Tag später war das vorbei.
ExPRESSzugreisen erinnert an den einschneidenden Traktionswech-
sel mit zwei Sonderzügen. Und unser Autor blickt 50 Jahre zurück ...

gen in jenen Jahren, ich erinnere mich burg-Altona beheimateten ölgefeuer-

da an einen Blick in die Betriebsbögen
der 01 509, waren beeindruckend.
Die „aus der Mitte heraus“ gefahre-
nen Leistungen der im Transitver-
kehr laufenden Maschinen begannen
in Wittenberge, hatten dann eine
Voll-Leistung Berlin – Hamburg bzw.
Hamburg – Berlin zum Gegenstand
und endeten dann wieder mit einer
„Halb-Leistung“ Berlin – Wittenber-
ge bzw. Hamburg – Wittenberge:
Insgesamt eine gute Basis für eine
wirtschaftliche Lokausnutzung.
Mit ihren Transit-Zügen waren die
Loks die letzten Dampfloks in Ham-
burg überhaupt, nachdem die in Ham-
ten 01.10 der DB am 30. September
1972 ihre Abschiedsvorstellung gege-
ben hatten. Die ölgefeuerten 01.5 der
DR kamen noch bis zum 2. Juni 1973
nach Hamburg, bekamen selbst aber
eine Abschiedsvorstellung nicht zuge-
standen: Ab 3. Juni 1973 lief es einfach
nur anders. Von Berlin kommend gin-
gen sie in Wittenberge vom Zug, eine
(Reichsbahn-) V-Lok übernahm die
Weiterbeförderung bis Büchen, wo
dann schließlich eine (Bundesbahn-)
V-Lok für die letzten Kilometer bis
zum Ziel zuständig war. Was zuvor eine
Lok geleistet hatte, bewerkstelligten
nun deren drei.  Fritz Wolff

Sonderzug zum Jubiläum des Traktionswechsels

im Interzonenzugverkehr Berlin – Hamburg
Am 3. Juni 2023 veranstaltet exPRESSzugreisen eine Sonderfahrt
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geht es mit 01 0509-8 von Hamburg nach Berlin und weiter auf die
Insel Rügen. Die Rückfahrt wird dann die 118 757-4 übernehmen.
Eisenbahn-Romantik-Club-Kunden profitieren zusätzlich vom ermä-
ßigten Reisepreis (10%). Um zur Reise zu gelangen, bitte den Info- Im ansonsten dampffreien Hamburg rollt
kasten beachten. Für Infos zur Club-Mitgliedschaft mit vielen Vortei- ein mit 01.5 Öl bespannter Zug „nach
len bitten wir Sie den weiteren Infokasten unten zu beachten. (Red.) drüben“ im Hbf ein. Atmosphäre pur!
Bilder: JS Eisenbahnstiftung (2), VGB (2)

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ARCHITEKTUR UND BAHN

Panorama Bahnhof
Die einstigen Tore zur Welt sind bis heute auch die Tore
zur Stadt und zum Ort. Entwöhnt haben sich unsere
Blicke für deren Präsenz im Raum. Ein Architekturfotograf
hilft, unsere Sinne wieder zu schärfen ...

A
uf meinen Reisen waren
Bahnhöfe häufig das Tor,
durch das ich eine Stadt be-
trat. Hier bekam man einen ersten
Eindruck, wo man sich befand.
Manchmal war viel los, Geschäftig-
keit, kleine Shops die Reisende ver-
sorgen. Manchmal war man fast
allein, ging durch eine leere Halle
und stand dann auf einem Bahn-
hofsvorplatz auf dem ein einzelnes
Taxi wartet, hinter sich eine impo-
sante Gebäudehülle.
So geht es mir oft im Osten Deutsch-
lands, jenseits seiner wenigen Met-
ropolen. Dennoch, selbst wenn ich
in meine kleine Heimatstadt Werdau
zurückkehre, durchquere ich den
Bahnsteigtunnel, komme durch die
großzügige, aber abgenutzte Ein-
gangshalle und stehe vor einem un-
gewöhnlich überformten Gebäude,
das mir dennoch immer wieder das
Gefühl gibt, zu Hause zu sein. Doch
das im Kern aus der Mitte des 19.
Jhdt. stammende Gebäude, mit sei-
nem für die Region ungewöhnli-
chen, tonnen-förmigen Mitropa-
Saal, wird noch 2023 komplett
abgerissen. Es wird dann kein Bahn-
hof mehr da sein. Und mit ihm wird
auch das Gefühl vom Ankommen
in der Heimat verschwinden.
INS HERZ DER
PULSIERENDEN STADT
Nun lebe ich aber seit 20 Jahren im
nahen Leipzig. Und schon klingt
mein vorheriges Bedauern wie ein
in der Ferne verstummendes Echo.
Denn hier spürt man schon aus der
Ferne die nahende Einfahrt in eine
gewaltige eiserne Bahnhofshalle, die
erst kürzlich um eine U-Bahn erwei-
tert wurde. Über den riesigen Quer-
bahnsteig (ein Meter breiter als die
Titanic) gelangt man in einen der
beiden prächtigen Kopfbauten und
schließlich direkt ins Herz der pul-
sierenden sächsischen Großstadt.
Auch hier lässt sich Heimat verspü-
ren.
Szenenwechsel: Ein kurzer Flug nach
Nizza. Hinein in die Regionalbahn
entlang der südfranzösischen Küste
und man fährt in Kürze in den Bahn-
hof MARSEILLE-SAINT-CHARLES
ein. Auch hier verlässt der Besucher
zunächst eine prächtige Bahnhofshal-
le und kommt vor dem Portal an eine

36

GARE DE MARSEILLE-SAINT-CHARLES, DÉPARTEMENT BOUCHES-DU-RHÔNE, FRANCE
kleines Geländer und schon erstreckt
sich unter einem der Blick über die
französische Hafenmetropole. Der
Bahnhof wurde (erbaut 1893–1896
nach Plänen des Architekten Joseph-
Antoine Bouvard) beim alten Fried-
hof Saint-Charles auf einem Hügel
nördlich der Stadt errichtet. Hinter
ihm erstrahlt im Sonnenlicht die hel-
le historistische Fassade, mit zwölf
dominierenden Stadt-
wappen, die auf die
Bahnhöfe in ganzer
Pracht darstellen
regionalen Ziele des
frühen Eisenbahnnet-
zes verweisen. Von
hier oben führt eine
breite monumentale Brücke hinab in
die Stadt, gesäumt von Statuen die auf
Afrika und Asien verweisen. Der
Alle Bilder: Jörg Dietrich/Panorama Streetline
Blick zurück, die Treppe empor, lässt
den Bahnhof wie ein auf dem Hügel
gestrandetes dickes Handelsschiff
erscheinen.
BESONDERE HERAUSFOR-
DERUNG DES FOTOGRAFEN
Als Fotograf empfindet man Bahn-
höfe oft besonders spannend und als
besondere Herausforderung. Als
Repräsentativbauten laden sie ein,
ARCHITEKTUR UND BAHN
ihren Charakter fotografisch einzu-
fangen. Nur eine frontale Porträtper-
spektive der oft breit gelagerten
Fronten ist meist fast unmöglich.
Hier setze ich eine spezielle lineari-
sierende Panorama-Technik ein.
Durch multi-perspektivische, ver-
setzte Aufnahmen wird die gesamte
Front dokumentiert und dann auf-
wendig am Rechner zu einem foto-
grafisch neuartigen Porträt zusam-
mengesetzt, welches die Gebäude oft
erstmals in ihrer vollen Pracht er-
fahrbar machen. Erstmals zu sehen
waren solche Bilder, die mit dieser
Technik entstanden, in Chemnitz im
Rahmen einer Ausstellung zur säch-
sischen Bahnhofsarchitektur. Die
Ausstellung war ein Projekt des
Chemnitzer „Schauplatz Eisenbahn“,
unterstützt durch die Kulturstiftung
des Freistaats Sachsen. Was steckt
hinter dem „Schauplatz Eisenbahn“?
Dieser führt die museale Arbeit zwei-
er Chemnitzer Vereine zusammen
(Sächsisches Eisenbahnmuseum e. V.
und der Eisenbahnfreunde Richard
Hartmann Chemnitz e. V.) und be-
findet sich auf dem 260.000 m² gro-
ßen Areal des früheren Rangierbahn-
hofs Chemnitz-Hilbersdorf. Mit
einem wertvollen Bestand an histo-
rischen Fahrzeugen ist es das flächen-
mäßig größte Eisenbahnmuseum in
Deutschland.
2022 entstand so die
Ausstellung „Tore
zur Welt – Bahnhöfe
in Sachsen“. Hier
wurde ein breiter
Überblick über verschiedenste Stile
historischer Bahnhofsarchitektur in
Sachsen gezeigt. Unter den 20 por-
trätierten Bahnhöfen waren neben
Dresden, Chemnitz und Leipzig
auch viele Beispiele kleinerer Bau-
typen zu sehen. So steht der älteste,
noch kürzlich in Betrieb befindliche
Bahnhof Deutschlands im kleinen
Niederau bei Meißen. Das in ein
Wohnhaus umgewandelte Gebäude-
ensemble stammt von 1842.
Mit der ersten Fernverkehrsstrecke
Deutschlands von Leipzig nach
37
ARCHITEKTUR UND BAHN
BAHNHOF FREIBERG, FREISTAAT SACHSEN, DEUTSCHLAND
Dresden und der ersten internati-
onalen Verbindung ins damals
preußische Magdeburg ist Sachsen
ein Pionierland der Eisenbahn. Ent-
sprechend finden sich hier auch
heute noch eine ganze Reihe bemer-
Bahnhöfe als Visitenkarten
kenswerter Bau-
zeugnisse der Ei-
der Stadt erkennen
senbahngeschichte.
Eng verbunden mit
der frühen Indust-
rialisierung Sach-
sens waren die Bahnhöfe Schnitt-
stelle des Fortschritts, der aus den
Metropolen in die Kleinstädte ge-
langte. Für Besucher wie Einheimi-
sche wurden sie zum repräsentati-
ven Tor zur Welt und erhielten so
auch in architektonischer Hinsicht
besondere Aufmerksamkeit.
BAHNHOF FREIBERG
VOR DER SANIERUNG
Betrachten wir nun den Bahnhof der
mittelgroßen Stadt Freiberg. Mitten
zwischen Chemnitz und Dresden am
Rande des Erzgebirges gelegen, ist
die Stadt seit Langem bedeutender
Bergbau- und Industriestandort. Die
1765 gegründete Bergakademie Frei-
berg ist eine der wichtigsten inter-
nationalen Montanforschungsein-
richtungen. Entsprechend ihrer
Bedeutung bekam die Stadt mit der
Erschließung der Bahnlinie Dresden
38
– Werdau bereits 1862 ein beeindru-
ckendes Empfangsgebäude. Neben
der Bahnverwaltung wurden im Bau
auch gleich noch das Telegrafenamt
und das Königliche Postamt unter-
gebracht.
Das Panorama von 2018 lässt kaum
erahnen, wie repräsentativ ausgestal-
tet der neugotische Bau damals er-
strahlte. Zinnenbewährte Aufsätze,
Balkon und gotisierender Turmauf-
satz am Mittelbau und dazu Bahn-
hofs-Uhr und das, einzig verbliebe-
ne, königlich-sächsische Wappen
zeugten von einer Gestaltung, die
sich an der Tudor-Gotik des Schlos-
ses Eckberg in Dresden orientierte.
Der brach stehende und ungenutz-
te Bahnhof wurde schließlich 2019
durch die Stadt gekauft und ein er-
folgreicher Prozess der Bürgerbe-
teiligung wurde gestartet. Mittler-
weile hat die Sanierung begonnen
und in einigen Jahren werden neben
Presse, Gastronomie und Bahnser-
vice kommunale Verwaltungsein-
richtungen in das umfangreiche
Gebäude einziehen.
Mit einem zweiten Panorama
schauen wir ganz in den südöst-
lichsten Zipfel Sachsens. Das kleine
Städtchen Oybin, als Kurort unter-
halb des Felsens Oybin gelegen, war
schon immer romantischer Sehn-
suchtsort. Das Zittauer Gebirge und
die auf dem Oybin liegende Burg-
und Klosterruine lo-
cken Touristen, die
mit der Z ittauer
Schmalspurbahn
über eine 12 km lan-
ge Nostalgiestrecke
mittels historischer Dampflokomo-
tiven (vorrangig aus Chemnitz und
Berlin) anreisen.
Entsprechend passend präsentiert
sich das Bahnhofsgebäude, welches
mit der Eröffnung der Strecke 1890
entsteht und im Laufe der Zeit, sti-
listisch passend, erweitert wurde. Im
Baustil verschmilzt die Holzarchi-
tektur des Schweizerhausstils mit der
BAHNHOF KURORT OYBIN
 ARCHITEKTUR UND BAHN

Die Gänse 3, 4, 5 und 7 hatten drei Drehgestelle, der hintere Teil war
beweglich mit dem Motorwagen verbunden. Direkt angetrieben wurde
eine Achse des mittleren Drehgestells, die mittels Kette die zweite
Achse mit Antriebskraft versorgte.

Ziegelsteinästhetik industrieller
Bauten des späten 19. Jahrhunderts.
Der Bahnhof steht somit, typisch für
die Bahnarchitektur im ländlichen
Raum, für eine Entwicklung, die
moderne Zeiten in durch regionale
Bautraditionen geprägte kleine Orte
bringt.
BAHNHOF IM
SEHNSUCHTSORT OYBIN
Kommt man in den Sommermona-
ten nach Oybin oder erwischt einen
herrlichen Wochenendtag, ist man
wie hier im Bild, von touristischem
Treiben umgeben und darf sich für
ein Eis in die Schlange am Bahnhofs-
café einreihen.
Spannend am Blick auf die sächsi-
schen Kleinstadtbahnhöfe ist zudem
die vielfältige Umnutzung der letz-
ten Jahre. Jenseits der sechs größeren
Städte ist kaum noch ein Bahnhof
überwiegend durch die Nutzung der
Deutschen Bahn geprägt. Dafür ha-
ben sich vielfältige Initiativen gefun-
den, die mal aus privater Hand, mal
durch öffentliche Träger neue Nut-
zungslösungen gefunden haben.
Da wäre ganz aktuell der sehenswer-
te Bahnhof in Leisnig, der über
Crowd Funding und eine Künstler-
gruppe zum Musikbahnhof wird, in
Stollberg/Erzgebirge wurde der
Bahnhof zum Kultur-Bahnhof und
angeschlossen an den Chemnitzer
ÖPNV, in Mügeln entstand ein Geo-
Portal für den Geopark Porphyrland
und in Erlau entstand ein prämierter
Generationen-Bahnhof. Lokale Fir-
men haben die Bahnhöfe in Glas-
hütte und Eilenburg saniert und für
ihre Firmenzentrale umgebaut. Pri-
vate Eigentümer haben den Berliner
Bahnhof in Großenhain und den
bereits erwähnten von Niederau in
Wohnungen umgewandelt sowie den
Fachwerkbahnhof Barthmühle als
Veranstaltungsort neu erfunden.
KONVERSION RETTET
BAHNHOFSGEBÄUDE
Studenten dürfen bald in ein Wohn-
heim im Bahnhof Tharandt ziehen.
Projekte für Forschungseinrichtun-
gen sind im Gespräch oder in Pla-
nung für die Bahnhöfe Annaberg-
Buchholz Süd und Reichenbach/
Vogtland. Der Bahnhof Oschatz
wurde saniert und wird vom Zoll
bzw. für die Döllnitzbahn-Schmal-
spurbahn genutzt. Sanierungen und
Gewerbenutzung findet man u.a. in
Radeberg, Radebeul, Grimma (in
Umsetzung), Bautzen und Borna,
während in Markkleeberg noch eine

(ZITTAUER SCHMALSPURBAHN), LANDKREIS GÖRLITZ, FREISTAAT SACHSEN, DEUTSCHLAND

39
ARCHITEKTUR UND BAHN

GARE DE STRASBOURG-VILLE, DÉPARTEMENT BAS-RHININNEN, CEA, FRANCE, INNEN

Schwimmhalle angebaut wurde, in
Delitzsch die Theaterakademie Sach-
sen einzog und in Freital (Potschap-
pel) ein Bürgerzentrum eingerichtet
wird. Man könnte die Liste noch ein
man von der Grand Isle im
UNESCO Welterbe prämierten
Zentrum der Stadt, überquert den
Canal du Faux-Rempart
(Falschwallkanal) und flaniert über
nach einem klassischen Bahnhof
aussieht und einen unweigerlich
näherzieht, mit dem Wunsch das
Verborgene zu entdecken.
Der preußische Bahnhof hinter der

Einstige Tore zur Welt,

wenig fortsetzen.
Doch es gibt auch
noch immer die an-
dere Seite, die wir
aus Werdau kennen.
Die verfallenden
heutige Tore zur Stadt
oder unsanierten Bahnhöfe für oft
zu kleine Orte. Die Stadt Aue, die
keinen Bahnhof mehr hat. Kleine
Betonkästen stehen als Ersatz für
ehemals große Bahnhöfe in Meera-
ne und Hohenstein-Ernstthal und
der ehemals prachtvolle Kuppelbau
im nahen Gößnitz wurde schon vor
Jahren weggerissen.
STRASSBURG: AUSSEN
UFO, INNEN PREUSSEN
Reisen wir wieder nach Frankreich
– ins schöne Straßburg. Kommt
die Rue du Maire Kuss zum Place
de la Gare (Bahnhofsplatz), eröff-
net sich uns der Blick auf ein breit
gelagertes UFO in der Stadt – der
in eine Glashülle verpackte Haupt-
bahnhof von Straßburg. Doch wo
man eine moderne lichte Glashül-
le über einem in den Boden ver-
senkten Bahnhofszugang vermutet,
wird der Blick mit jedem weiteren
Schritt interessanter. Hinter dem
Glas lässt sich bei bedecktem Him-
mel schnell schemenhaft etwas
Vertrautes erkennen. Etwas das
Glaskuppel stammt
aus der Kaiserzeit
und wurde 1883 nach
Plänen von Johann
Eduard Jacobsthal
eingeweiht. Die
streng gegliederte Neorenaissance-
Fassade muss einst ernsthaft in
Richtung Straßburger Altstadt ge-
blickt haben. Jetzt verschwimmt der
Blick raus aus der Glaskuppel eben-
so leicht wie der Blick von außen
ins Innere. Beides schmeichelt dem
Straßburger Stadtbild. Der in einer
Blase gefangene preußische Bau
wirkt hier umso erhabener und die
von Jean-Marie Duthilleul gestal-
tete Glashaube wirkt nicht modern
distanziert, sondern wie eine Ver-
zauberung des Ortes. Innen wie

GARE DE STRASBOURG-VILLE, DÉPARTEMENT BAS-RHININNEN, CEA, FRANCE, AUSSEN

40

außen sind spannende neue Orte
entstanden.
ZAUBER DER BAHNHOFS­
ARCHITEKTUR ZEIGEN
Den Zauber der oft einzigartigen
Bahnhofsarchitektur werden wir hof-
fentlich auch in weiteren linearisier-
ten Bahnhofsporträts entdecken
können. Ein Blick ins Archiv auf
meiner Homepage von PanoramaSt-
reetline verspricht noch unbearbei-
tete Ansichten der Hauptbahnhöfe
in Bremen, Hannover oder Wiesba-
den, aus Basel, Prag oder Glasgow,
genauso wie aus Washington oder
Houston. Oder wir entdecken unge-
wöhnliche, versteckte Bahnhöfe –
den Hundertwasser-Bahnhof in
Uelzen, die Bahnhöfe in Bad Tölz
oder Thale im Harz, den Bahnhof im
polnischen Marienburg und im dä-
nischen Roskilde und mit Sicherheit
das prägnante Empfangsgebäude in
Hamm (Westfalen). Es freut mich,
ARCHITEKTUR UND BAHN
dass der Herausgeber der Eisenbahn
Romantik mich animiert, auch in
kommenden Ausgaben wieder Bahn-
hofsporträts aufzunehmen. Wenn Sie
auch darauf gespannt sind, lassen Sie
mir doch Ihre Wünsche zukommen.
Wo stehen noch Bahnhofsbauten, die
entdeckt werden wollen oder die ein-
fach so einmalig sind, dass sie unbe-
dingt in voller breiter Pracht fotogra-
fiert werden müssen? Vielleicht
schaffen es Ihre Vorschläge dann auf
unsere Bearbeitungsliste und Sie fin-
den Sie in Zukunft hier in der ER
oder im Archiv unter panoramast-
reetline.de/tag/bahnhof – dort lohnt
es sich übrigens auch vorbeizuschau-
en, wenn Sie mehr Architektur ent-
decken wollen. Sie finden Straßen-
züge aus Städten europaweit,
Universitätsgebäude, Industriearchi-
tektur oder Rathäuser. Und keines
der Panoramen wird Ihnen bekannt
vorkommen. Versprochen.
 Jörg Dietrich
Jörg Dietrich
Jörg Dietrich wandte sich
nach seinem Diplom-Studium
der Architekturfotografie zu.
Aus dem Wunsch, die Leipzi-
ger Petersstraße fotografisch
abzubilden, entwickelte er
eine Bildbearbeitungstechnik,
mit der versetzt aufgenom-
mene Bildserien von Fassa-
denfronten zu zusammenhän-
genden Panorama-Ansichten
verarbeitet werden. Diese
multi-perspektivischen Dar-
stellungen nennt er seither
„Streetlines“. Diese Technik
ermöglicht einen neuen,
überraschenden Blick auf den
gebauten Raum – ähnlich den
klassischen Bauzeichnungen.
Im Projekt PanoramaStreetli-
ne.de veröffentlicht er seither
Straßenzüge oder Gebäude-
porträts, eben auch die hier
gezeigten Bahnhofsgebäude
und kreiert aus seinem Archiv
heraus Druckprodukte und
Ausstellungsprojekte. (Hg.)
Info
PanoramaStreetline
Inhaber Jörg Dietrich, Leipzig
Tel.: +49(0)152-28716619
Mail: info@panoramastreetline.com
FB: facebook.com/PanoramaStreetline
41
REISEN UND ENTDECKEN

Der „Fliegende“
Die unglaubliche Begegnung …
Über den Gleisen, die sich zum Teil im gelben Sand verschwin-
dend ihren Weg durch die Landschaft bahnen, flimmert die
Luft. Wir befinden uns im griechischen Thessalien …

G
enauer gesagt, an der Muse-
umsbahn Velestino – Chal-
kodonio. Schon liegt ein
Brummen in der Luft, ein blauweißer
Punkt nähert sich. Es fühlt sich an wie
im Wilden Westen… dann aber sind
wir sprachlos: Vor uns hält mit laufen-
dem Motor ein „Fliegender“! Der
Linke-Hofmann Triebwagen 2AK-
420-01 ist das einzige betriebsfähige
Bilder: Armin Götz (5)

Nein, nicht der Wilde Westen,

auch wenn alles so scheint. Die
Museumsbahn Velestino – Chal-
kodonio hat eben Potential, genau
wie der „Fliegende“ von 1937.

42
 REISEN UND ENTDECKEN
Exemplar von acht in den späten
1930ern an das schmalspurige Pelo-
ponnesische Netz gelieferten Einhei-
ten, die das modere Äußere der in
Deutschland populären Fliegenden
Züge aufwiesen. Heute kümmern sich
die Thessalischen Eisenbahnfreunde
um dieses Fahrzeug genauso wie um
die 18,5 Kilometer lange Museums-
bahn, die nach und nach für den Mu-
seumsbetrieb ertüchtig wird. Die IGE,
Kooperationspartnerin der ER, hilft
bei der professionellen Umsetzung
und bietet Reisen nach Griechenland
mit Kennenlern-Fahrten im „Fliegen-
den Thessalier“ an (IGE-Erlebnis- Im authentischen Fahrgastraum können Reisende jetzt schon Platz
reisen.de). Der Verein sucht nach nehmen, Publikumsfahrten sind bereits ab 2023 bedingt geplant.

Hilfe aus Deutschland für

technischen Kooperationen in
Deutschland (Infos, Kontakt/Spenden:

weitere Instandsetzung
sh. Infokasten). (Red.)


Info
Μουσειακός Σιδηρόδρομος Θεσσαλίας
Thessalische Eisenbahnfreunde Macher, die
Standort:
auf Unterstüt-
Christou Lada 21
Agioi Anargiroi zung aus
Athens, 13561 Deutschland
Kontakt:
Velestino Railway Station hoffen: Regel-
Velestino Magnisias, 37500 mäßig wird
Tel.: +30 210 3101 025
(Mo.-Fr. 10 – 15 Uhr)
auf dem
Web: thessalyrailways.gr eigenen
FB: facebook.com/thessaly.railway
Spenden-Konto für die weitere
FB-Kanal vom
Aufarbeitung des „Fliegenden“: Fortschritt am
Thessalische Eisenbahnfreunde
„Fliegenden“
(BIC:) GR89 0140 1500 1500 0200 2016 063
berichtet!

43
BAHNREISE UND MODELL

Die Freiburger Brauerei Ganter bringt

Flaschenbier, die Motorisierung nimmt
ihren Lauf und der Bahnbetrieb im
Hintergrund scheint Nebensache
zu sein. Kann man sich von
diesen Eindrücken losreißen?

44
 Bahnhof Wiehre
BAHNREISE UND MODELL

Erinnerungen und Gegenwart

Es war wohl nicht die beste Idee gewesen, den Weg
über die Gleise antreten zu wollen. Aber die Dinge
schienen übersichtlich, der Zug nach Freiburg war
abgefertigt, verließ eben den Bahnhof …

D
as erschien mir der richtige
Moment zu sein … aber
weit gefehlt! Ich hatte mei-
nen Fuß noch gar nicht in den Schot-
ter gesetzt, da raunte es aus der Tür
der Bahnhofsaufsicht: „He, Sie!
Schüürebürzeln ist nicht! Haben Sie
keine Arbeit?“ Auf der anderen
Bahnhofsseite befand sich ein
­Kohlelager, der Kerl würde mich
noch des Kohlenklaus bezichtigen
wollen ... „Nee, aber `ne Zugangs-
Bilder:Gabriele Brandl (3); Logo: Dieter Bertelsmann Stiftung
karte …“; keine einfachen Zeiten für
einen jungen Eisenbahnfreund, ich
hatte wenig Lust, mich erklären zu
müssen, ließ meine Leica unter dem
Mantel verschwinden und trollte
mich. Die moderne 85 hatte ich
schließlich im Kasten, die abgetakel-
te 97.2 auf der anderen Bahnhofs-
seite würde ich auch noch bekom-
men … Mit der Aufsicht ist nicht gut Kir-
Ich beschloss, es über die Urachstra- schen essen ... Unten: Die neuen
ße, entlang der Bahn, zu versuchen, 85er, die „Höllental-Bullen“, halten
Einzug und lösen die alten 97.2 ab.

45
BAHNREISE UND MODELL

Eine Binsenweisheit: Früher wurde fast alles mit der Bahn verschickt. Gut. Aber wussten Sie, dass dies
auch für Gemüse galt? Güterzüge fahren planmäßig, das Ladegeschäft ist in Zeitfenstern zu erledigen

vielleicht würde ich am Bahnüber-
gang eine Chance haben. Auf dem
Bahnhofsvorplatz rumpelte die „6“
vorbei, Stimmen und Geschirrge-
klapper aus irgendeinem Biergarten
lagen in der Luft, es war ja Mittags-
zeit. Trotzdem, am Güterschuppen,
an den Ladegleisen längs meines
Weges, tat sich etwas, überall ging
man dem Ladegeschäft nach; hier
und da ein Rufen, Fuhrmänner
machten ihre Pferde klar. Im Gegen-
satz zu diesem Treiben war es auf
der Allee sonderbar ruhig, wenig
drang von den Stadtvillen herüber
auf die Straße. Es war eben die „bes-
sere“ Gegend. Auf der anderen
Bahnhofsseite angekommen, hatte

Im Ostteil des Bahnhofs fällt der Blick auf den schönen Wiehrehof links (mit Türmchen) und mittig auf die
Pension Universal am Bahnhofsvorplatz. Erkennen Sie im Hintergrund das herrliche Freiburg der 1930er?

46
 BAHNREISE UND MODELL

ich es nicht mehr weit zur 97.2 und

mich schon bis zur Rampe durchge-
schlagen. Plötzlich sah ich mich
veranlasst, eine Aufnahme des wert-
vollen Kleinbildfilmes zu opfern:
Hier wurden doch tatsächlich ein-
zelne Kohlköpfe in einen Verschlag-
wagen verladen!
AUS DEM TRAUM GERISSEN
„Ja, schau, früher wurde einfach al-
les per Bahn transportiert …“, eine
übermächtige Stimme reißt mich aus
meinem Traum: Dieter Bertelsmann
schaut mir über die Schulter und hat
es sichtlich genossen, dass ich in sein
Lebenswerk eingetaucht war. Der
Bilder: Gabriele Brandl (4)

sich vor uns im Maßstab 1:87 auftu-

ende Bahnhof Wiehre ist nur ein Teil
jener riesigen Modellbahnanlage, die
er ersonnen, geplant und die dann
der berühmte Modellbauer Josef
Brandl für ihn geschaffen hatte. Aber
In der Pension Universal haben wir ein Zimmer im 1. OG bekommen
mit Blick auf den schönen Bahnhof und die Ausweiche der Tram-
Linie 6, die hier alle „Die 6“ nennen. Da rumpelt sie schon wieder …

Momentaufnahme:
Die alte Zeit konserviert!

Ohne Ladegleise wäre kein Bahnhof denkbar: Wann welcher

Wagen für die Kundschaft ankommt, ist in der Güterabfertigung zu
erfragen. Es ist ein Kommen und Gehen, das Ladegeschäft an-
strengende Handarbeit.

47
BAHNREISE UND MODELL

Die badischen VIc, Reichsbahn-Reihe 75.4, übernahmen schon 20 Jahre zuvor das Zepter im Höllental
und sind im Bw Freiburg stationiert. Dass eine 75.4 hier rangieren muss, ist unter ihrer Würde: Sie ist
eine ausgezeichnete Personenzuglok und wird noch in 30 Jahren in Betrieb sein. Unten: Handarbeit
überall auf dem Bahnhof. Immerhin kann man im Freiladebereich mit dem Fuhrwerk an die Wagen
heranfahren, das Umladen erfolgt fast niveaugleich.

48

Usus auf der Schwarzwaldanlage: Technisch ist sie ein Nonplus-
ultra, wird ständig up-to-date gehalten: Straßenbahnen wie alle
andern Schienenfahrzeuge fahren digital gesteuert „sanft“
vorbildgerecht …
Heimatpflege gestalten,
Andenken bewahren
es ist viel mehr als eine Modellbahn,
es ist ein konservierter Moment in
den 1930ern, der verblüfft: Gras
scheint hier Gras zu sein und im
Prinzip hört man am Bahndamm die
Grillen zirpen. Bertelsmann, Unter-
nehmer im Unruhestand, ist der
Geist dieser Welt, die Teil seiner Stif-
tung ist und in Offnadingen (Ge-
meinde Ehrenkirchen, Breisgau-
Hochschwarzwald) besichtigt
Bilder: Gabriele Brandl (3), Badische Zeitung (Portrait)
werden kann (sh. Infokasten).
AN DIE HAND NEHMEN
Weit über zwei Jahrzehnte hat der
erklärte Eisenbahn-Romantiker in
den Nachbau dieses Teils der Ver-
kehrsgeschichte des Hochschwarz-
waldes mit Bonndorf, Lenzkirch,
Neustadt, dem Gutachviadukt, dem
Höllental und eben dem Bahnhof
Freiburg Wiehre gesteckt. Das gi-
gantische Projekt hier darzustellen,
ist nicht das Ziel, ganze Sonderhefte
BAHNREISE UND MODELL
wurden in den letzten Jahren damit
gefüllt. Hier geht es darum, Ihnen
Appetit zu machen auf ein Stück
erlebbare Eisenbahngeschichte. Als
Einheimischer nimmt Bertelsmann
Besuchergruppen quasi an die Hand.
Das ist heutzutage wertvoll! Un-
nachahmlich erzählt er Geschichten
einer untergegangenen Zeit, wäh-
rend auf den Anlagenteilen die Züge
fahren, rangiert wird … und, da! …
die Aufsicht im Bahnhof Wiehre
eben nochmal ums Eck lugt, ob der
Eisenbahnfreund von vorhin sich
endlich vom Acker gemacht hat!
Bertelmanns Stimme klingt wie aus
weiter Ferne, als ich meine Leica
hervorziehe und abdrücke, just als
der Gemüsebauer gleich fünf Kohl-
köpfe auf einmal auf den Rost des
Verschlagwagens wuchtet, mit Hän-
den, die anpacken können, groß wie
Baggerschaufeln …
 Hendrik Bloem
Dieter Bertelsmann
Dieter Bertelsmann woll-
te nach Beendigung seiner
aktiven Berufszeit im Grunde
genommen eine Modellbahn-
anlage bauen (lassen) und
vor allem eines: spielen! Es
kam anders: Andenken zu
bewahren und Heimatpflege
zu betreiben, wurden zum
Hobby. Jahrelang recherchierte
Bertelsmann, um jede Türz-
arge und Kohlenwiege exakt
nachbilden lassen zu können.
Dass Josef Brandl sich seiner
Ansprüche annahm, war Ga-
rant für die heutige „Schwarz-
waldanlage“. „Die Modellbahn
in der Scheune“ als Teil der
Dieter Bertelsmann Stiftung
ist ein Kleinod, für das man
sich als Besucher Folgendes
leisten können sollte: Sich in
die Vergangenheit träumen
und das Eisenbahn-Spiel
genießen zu wollen…
Info
Dieter Bertelsmann Stiftung
Die Bahn in der Scheune
Haupstrasse 4
Offnadingen
Tel.: +49(0)7633-949569
Mail: info@diebahninderscheune.com
Web: diebahninderscheune.com
49
 Inside
Eisenbahn-Romantik
Eisenbahn-Romantik drehte vergangenen Herbst
drei Wochen lang in Irland und musste sich
hierbei so mancher Herausforderung stellen ...

V
on Rosslare im Südosten
soll die Zugreise die Küs-
te hinauf und nach einem
Abstecher in die Wicklow Moun-
tains an die Klippen bei Greys-
tones führen. Die Vorfreude auf
diesen spektakulären Küstenab-
schnitt ist groß. Dann wollen wir
die älteste Zugstrecke Irlands ent-
lang der Dublin Bay erkunden,
und wenn wir schon so ausführ-
lich die Ostküste abklappern, dann
sollte es auch weiter nach Nordir-
land gehen, wo die Railway Pre-
servation Society ihren Dampfzug
auf die Strecke schickt. So der Plan.
Die Reise ist ausgeklügelt, Pro-
tagonisten und Drehorte stehen
fest, doch der September beginnt
ungut: Der Himmel über Irland
weint. Das regnerisch-graue Wet-
ter lässt die Landschaft bei Ross-
lare, die der IC durchfährt, trist
aussehen. Dann stirbt die Queen.

Die teilweise fantastische Lage der Eisenbahnstrecke an der Küste wird dem Filmteam immer wieder
vor Augen geführt: Hier ein Nahverkehrszug bei den Klippen von Greystones. Die Sonne spielt mit!

50
 REISEN UND DREHEN

Im Bahnhof Bray begegnen sich ein Nahverkehrszug und ein IC (rechts).

Die Dampfzugfahrt in Nordirland Trotz Sonne hat das Filmteam nicht immer Glück: Anstelle des geplanten IC
wird ab- und Staatstrauer ange- strebt ein Ersatzzug von Wexford in die Wicklow Mountains (ganz unten).
sagt. Das SWR-Team kommt ins
Rotieren, die Reise muss umge-
plant werden. Dass auch noch die
Mutter eines Protagonisten stirbt
und wir deshalb auf ihn verzich-
ten müssen, macht die Sache nicht
leichter.

ERSATZ-IC
Warten am Wochenende zwischen
Wexford und den Wicklow Moun-
tains: Der IC kommt nur dreimal
am Tag. Doch was kommt denn
da? Ein dunkelgrüner Ersatzzug.
Der passt leider nicht ins Konzept.
Immerhin gut, dass wir den direk-
ten Draht zum Stellwerk in Dublin
haben. Die Auskunft: Die ICs wer-
den geschont, damit sie wochen-
tags problemlos funktionieren.
Nur, dann sind wir längst über
alle Berge.
Unerwartet brechen ein paar Son-
nenstrahlen über den Wicklow
Bilder: Kirsten Ruppel (8)

Mountains durch, wie ein Hoff-

nungsschimmer. Der Kamera-
mann spurtet aus dem Auto und
fängt diesen besonderen Moment
ein.

51
 Pleiten, Pech und Pannen:
Mit dem Zug entlang der irischen Ostküste
Tage unermüdlich und unentgelt-
lich begleitet.
Von Dublin geht es gen Norden
und das Glück verlässt uns wie-
der: Der SWR-Kameramann fängt
sich Corona ein, und er und der
Tonkollege dürfen nicht weiterar-
beiten. Es gilt, von heute auf mor-
gen vor Ort ein Team zu finden. Ei-
nes aus der Nähe von Belfast lässt
sich auf das Abenteuer ein. Zeit-
gleich stürzt dem irischen Kame-
ramann, der uns Luftbilder liefern
soll, die Drohne ab. Und wieder
dreht sich das Planungskarussell.
Wir hätten abreisen können, wä-
ren da nicht diese engagierten Ei-
senbahn-Enthusiasten in White-
head gewesen. Es kommt doch
In der Werkstatt mit schwerer Instandsetzung von Irish Rail: noch eine Dampfzugfahrt zustan-
Das SWR-Film-Team strahlt trotz Gegenschlägen immer noch. de, mit Lok 131, einst für die Great
Northern Railway gebaut und lie-
Es wird Zeit, das Gute zu erken- Kreuzungen nochmal aus dem bevoll restauriert von der Railway
nen. Wir dürfen ausführlich im Blickwinkel der Mitarbeiter erle- Preservation Society. Noel Play-
Stellwerk von Irish Rail drehen ben. Das ermöglicht uns der ehe- fair ist der Dampflokführer bei der
und die zurückgelegte Strecke mit malige Manager des Nahverkehrs, Abendausfahrt über Belfast nach
ihren Bahnhöfen, Tunneln und Oliver Doyle, der uns mehrere Lisburn. Die Fahrgäste feiern und
tanzen an den Bahnsteigen.
Noel Playfair und sein Heizer wissen, was ihre „131“ braucht; keiner
ahnt, dass dies eine der letzten Fahrten von Noel sein würde …
MISTER RAILWAY
Mitten in der Nacht nimmt uns
Noel mit in die Lok. Aus seiner
Hosentasche zaubert er eine winzi-
ge Figur, die er in die Kamera hält.
Und dann fängt er an, von „Mister
Railway“ und unserer Fernsehsen-
dung zu schwärmen: Hagen von
Ortloff habe er auf Modellbahn-
messen getroffen, und diese H0-
Figur von ihm solle demnächst
auf dem Bahnsteig seiner eigenen
Anlage moderieren. Die Eisen-
bahn-Romantik habe ihm gehol-
fen, Deutsch zu lernen. Das unter-
malt er, indem er mit den Worten
„Kessel“, „Steuerung“, „Bremse“,
„Regler“ und „Dampfpfeife“ auf
die entsprechenden Lokteile deu-
tet: „Ich liebe Deutschland, und

52
 REISEN UND DREHEN

In Lisburn hat Noel Playfair zur blauen Stunde alles im Blick.

Ihr Land ist ein wunderschönes
Land!“
Eine Produktion mit vielen Über-
raschungen geht zu Ende, zahlrei-
che, auf die wir hätten verzichten
können, und einzelne, die wir als
unerwartete Geschenke und kleine
Filmschätze mit nach Hause neh-
men. Kirsten Ruppel
Sehr traurig macht uns sein plötzliches Ableben noch während der
Fertigstellung des Filmes (Kasten unten). Ausgerechnet Noel!
Noel Playfair während Produktion verstorben
Noel Playfair, passionierter Lokführer und wichtiger Protagonist dieser ER-Produk­
tion, ist in der Zeit des Filmschnitts leider völlig unerwartet verstorben. Eisenbahn-
Romantik trauert sehr um diesen besonderen Menschen und würdigt ihn mit
einem eigenen kleinen Video (QR-Code). Der eigentliche
ER-Film soll dann am 24. März 2023 gesendet werden.

Die 131 in voller Fahrt zwischen Whitehead und Belfast: Noel gibt ihr die Sporen. Mensch Noel, mögest
du irgendwo dort oben auch an einem Regler stehen können. Deine Eisenbahn-Romantik wünscht es dir!

53
Eisenbahn-Romantik
Einsteigen – mitschauen: das Frühlingsprogramm
März 2023 Fr. 14.04. 14:15 309 75 Jahre Centovalli-Bahn
Mo. 17.04. 14:15 969 Kathedralen d. Industriezeitalters - Gare de Lyon
Mi. 01.03. 14:15 950 Dampfspektakel Trier und Abschied bei
Di. 18.04. 14:15 981 Die Landenbergers unter Dampf - Eine
der Waldenburgerbahn
Schweizer Familie
Do. 02.03. 14:15 954 Durchs Böhmische Mittelgebirge nach Prag
Mi. 19.04. 14:15 982 Wolken, Wolle, Wales – Auf der Cambrian
Fr. 03.03. 14:15 1052 Durch Porto mit der Elektrischen Line nach Aberystwyth
Mo. 06.03. 14:15 978 Fremo - Europäische Do. 20.04. 14:15 980 Die Dschungelbahn von Borneo
Modellbahnergemeinschaft
Fr. 21.04. 14:15 424 Grande amore - il treno a vapore
Di. 07.03. 14:15 951 Glacierexpress - Von St. Moritz in die
Mo. 24.04. 14:15 984 Kathedralen d. Industriezeitalters - Antwerpen
Rheinschlucht
Di. 25.04. 14:15 989 Neues Leben auf alten Gleisen
Mi. 08.03. 14:15 952 Glacierexpress - Von Disentis ins Wallis
Mi. 26.04. 14:15 971 Côte Bleue - Von Miramas nach Carry le Rouet
Do. 09.03. 14:15 953 Glacierexpress - Von Brig zum Matterhorn
Do. 27.04. 14:15 972 Côte Bleue - Von Carry le Rouet nach Marseille
Fr. 10.03. 14:15 1053 Die Aspangbahn - Der Traum von der
k.u.k.-Magistrale Fr. 28.04. 14:15 440 Die Todesbahn - unterwegs im Wilden
Westen Brasiliens
Mo. 13.03. 14:15 963 Die Pustertalbahn - Spuren im Südtiroler

Di. 14.03.
Schnee
14:15 956 Auf Schienen an die Dänische Riviera - Mai 2023
Von Insel zu Insel
Di. 02.05. 14:15 985 Die Nonstalbahn - Im Trenino durchs Trentino
Mi. 15.03. 14:15 958 Von altem Eisen und neuen Zügen im Sudan
Mi. 03.05. 14:15 990 Frankfurt und die Schienen am Main –
Do. 16.03. 14:15 960 Der Velay-Express - Dampf und Diesel im
Nostalgie und Industrie
Zentralmassiv
Do. 04.05. 14:15 992 Endstation französische Grenze - Die
Fr. 17.03. 10:30 Mit dem Zug durch Australiens Süden
Niedtalbahn
Fr. 17.03. 14:15 1054 Mit dem Zug durch Portugals
Fr. 05.05. 14:15 988 Entlang der Cambrian Coast in Wales -
Weltkulturerbe - Der Mira Douro
Ein Gleis und viele Drachen
Mo. 20.03. 14:15 962 Mit der Bahn nach Hotzenplotz - Auf
Mo. 08.05. 14:15 987 Kathedralen des Industriezeitalters - Mailand
schmaler Spur durch Tschechisch-Schlesien
Di. 09.05. 14:15 999 Die Rheinhessen und ihr Bawettchen -
Di. 21.03. 14:15 957 Die Lemvigbahn - Hyggelig durch Dänemark
Erinnerung und Spurensuche
Mi. 22.03. 14:15 959 Vom Blauem Nil ans Rote Meer
Mi. 10.05. 14:15 993 Die Württembergische Schwarzwaldbahn
Do. 23.03. 14:15 964 Bahnknoten Portland
Do. 11.05. 14:15 1034 Town-Trip Nairobi
Fr. 24.03. 14:15 1055 Von Dublin nach Nordirland
Fr. 12.05. 14:15 994 Zahnrad, Dampf und Hochgebirge - Die
Mo. 27.03. 14:15 965 Das Eisenbahnmuseum Mulhouse Brienz-Rothorn-Bahn
Di. 28.03. 14:15 966 Trambahnen und Schmugglerzüge in Äthiopien Mo. 15.05. 14:15 991 Kathedralen d. Industriezeitalters - Budapest
Mi. 29.03. 14:15 970 Ein Leben für den guten Anschluss - der Di. 16.05. 14:15 995 Der kleine Zug - Mit der Eisenbahn durch
Pfälzer Bahnretter Korsika
Do. 30.03. 14:15 973 Die Gäubahn - Das Ende einer Magistrale? Mi. 17.05. 14:15 885 Stars of Sandstone - Schmalspurdampf in
Fr. 31.03. 14:15 403 Mit dem Zug zwischen Fels und Meer - Südafrika
Eisenbahnen an der Ligurischen Küste Fr. 19.05. 14:15 1001 Hakata-Station - Highspeed, Luxus,
Höflichkeit
April 2023 Mo. 22.05. 14:15 996 Ein Mann für alle Gleise - Der
Verkehrsoptimierer aus dem Ländle
Mo. 03.04. 14:15 943 50 Jahre LGB - Wie die Bahn in den Di. 23.05. 14:15 998 Modellbahn Vignetten aus Europas Provinz
Garten kam
Mi. 24.05. 14:15 1039 Die Schättere auf neuen Gleisen - Von
Di. 04.04. 14:15 942 125 Jahre Schwäbische Alb-Bahn Neresheim zum Härtsfeldsee
Mi. 05.04. 14:15 967 Straßburg, grenzenloser Schienenverkehr Do. 25.05. 14:15 1027 Durch Myanmar im Mandalay-Lashio-Express
Do. 06.04. 14:15 977 Der Churchill-Pfeil Fr. 26.05. 14:15 1002 Kyushu - Auf schmaler Spur durch Japans
Di. 11.04. 14:15 975 Vom Bockerl in Bayern in den Wilden Westen Süden
- Zwei Modellbahnen auf zwei Kontinenten Di. 30.05. 14:15 844 Mit Dampf und Diesel durch die Pampa -
Mi. 12.04. 14:15 976 Kathedralen d. Industriezeitalters - St.Pancras Eisenbahn in Uruguay
Do. 13.04. 14:15 979 Borneo - Dampfreise in die Vergangenheit Mi. 31.05. 14:15 817 Dampfwolken im Bonanzaland

Sendetermine ohne Gewähr, Änderungen und weitere Sendetermine möglich, soweit bei Drucklegung noch nicht vorliegend/entschieden.
54 Informieren sie sich gfs. hier: fernsehserien.de/eisenbahn-romantik/sendetermine
 FOTOTIPPS NAH DRAN

Nah dran ...

... für Eisenbahn-Romantik
Die Sonne kooperiert nicht.
Und ist gnadenlos. Unsere Leser
fragen nach dem Making-of ...

S
ie stehen nicht in der Fotolinie
vorne am Bahnsteig, dort, wo
Sie die Sonne im Rücken hät-
ten … denn Sie wollen es hautnah.
Um der fotografierenden Menge
nicht ins Motiv zu laufen, warten
Sie ab. Kurz vor der Abfahrt leert
sich der Bahnsteig. Sie kennen das
schmale Zeitfenster bis zur unwei-
gerlichen Aufforderung einzustei-
gen. Es geht um Sekunden. Aber da,
die tief stehende Wintersonne sticht
Ihnen gnadenlos ins Objektiv. Jetzt
noch die Position wechseln? Nein,
schauen Sie sich das harte Licht an,
selten sahen Sie den heißen Stahl
besser inszeniert! Ein wenig
schwenken Sie die Optik. Der Aus-
schnitt passt noch. Aber die Sonne
kooperiert nicht! Die Reflexion am
glatten Schild der Pumpe vor Ihnen
nimmt Ihnen jede Sicht … also
noch näher heran an die Maschine!
Die heiße Pumpe spritzt noch hei-
ßeres Öl, es brennt auf Ihrer Hand.
Wenige Zentimeter noch und ja, die
Reflexion verschwindet. Aber da!
Neben Ihnen rauscht es plötzlich,
Wasserdampf bahnt sich den Weg,
wird gleich alles vernebeln, Ihre
Optik beschlagen … zwei Sekunden
noch ausgeharrt, der weiße Teppich
­w abert von unten ins Sichtfeld:
­Abgedrückt! Sofort danach geht es
nach hinten zur ersten Wagentüre.
Bild: Hendrik Bloem

Die letzten Fahrgäste steigen ein,

Sie auch. Ihr Herz klopft … Ihre
­Kamera? Voller Ölspritzer. Trotz-
dem huscht ein Lächeln über Ihr
Gesicht … Hendrik Bloem

55
DIE KLEINE LOKSTORY

56
 DIE KLEINE LOKSTORY

Die Altenbekener 44 1424

Wer die 44
erlebte ...
44 1424 prägte mit fast 2000 Schwester-
maschinen das Gesicht des schweren
Güterzugdienstes auf deutschen
­Schienen. Bei Eisenbahnfreunden er-
zeugt die 44 bis heute Gänsehaut ...

D
abei hatte es anfangs gar
nicht so gut ausgesehen für
die 44: Nachdem 1926 zehn
Vorauslokomotiven der 44 und im
Folgejahr zehn Vorauslokomotiven
der „konkurrierenden“ 43 geliefert
worden waren, entschied sich die
Deutsche Reichsbahn zunächst für
Fotos: Ludger Guttwein (2), JS Eisenbahnstiftung
einen Weiterbau der 43 und orderte
deren weitere 25 Stück. Doch die Majestätisch: unten/links
Zeit der 44 sollte kommen: 44 1424 aktuell als Mu­
43 und 44 unterschieden sich, und seumslok in Altenbeken und
zwar ausschließlich, in der Trieb- eine Schwesterlok im an­
werksbauart: Die 44 war Drei-, die strengenden Mittelgebirgs­
43 Zweizylinderlok. Wegen der ho- dienst (44 1202, im April
hen Kolbenkräfte der Zweizylinder- 1976 auf Bergfahrt vor dem
Ertinghäuser Scheiteltunnel).

57
DIE KLEINE LOKSTORY
lok im Zusammenwirken mit der
nicht gleichförmigen Triebwerksbe-
lastung stellten sich bei der 43 im-
mer wieder Schäden an Stangen,
Stangenlagern, aber auch am Rah-
men ein, derentwegen bei der
Reichsbahn ein Umdenken einge-
setzt hatte. Als die schwere 1´E-
Güterzuglok 1937 – endlich – in
gründlich überarbeiteter Konstruk-
tion in Großserie ging, hatte man
sich aus gutem Grund für die 44,
nicht für die 43, entschieden.
Natürlich wird man das nun einset-
zende Erscheinen der 44 in beein-
druckenden Stückzahlen auch vor
dem Hintergrund des sich abzeich-
nenden und dann 1939 ausgebroche-
nen Zweiten Weltkrieges sehen müs-
sen, nimmt doch ihr Einsatz für
kriegswichtige Transporte nach und
58
nach im breiteren Raum ein. Beispie- Gemünden: Auf der Brücke
le sind ihr Einsatz im Kohleverkehr über die fränkische Saale
Oberschlesien – Danzig oder im begegnen sich 1957 44 1684
Erzverkehr Harz – Ruhrgebiet. Und aus Bebra (links) und 44 1170
es passt in dieses Bild, dass zum Bau aus Aschaffenburg (rechts).
der 44 auch Lokomotivfabriken im Darunter: 44 344 während
besetzten Ausland, insbesondere in Fristarbeiten in Dillenburg.
Polen und Frankreich, herangezogen
werden. Auch unsere 44 1424 wurde
nicht in Deutschland, sondern in
Nordfrankreich, bei der „Compagnie
de Fives-Lille“, gebaut.
KARRIEREBEGINN
Am 8. September 1943 wird sie bahn-
amtlich abgenommen und zunächst
dem Bw Karlsruhe Rbf zugewiesen,
von wo aus sie aber bereits nach ei-
nem halben Jahr zum Bw Offenburg
wechselt. Von dort wird sie im Som-
mer 1947 zum Bw Kornwestheim
umgesetzt, wo sie schon bald, spätes-
tens im Gefolge der Währungsreform
1948, mit dem kontinuierlich an-
schwellenden und hohe Anforderun-
gen an Mensch und Maschine stel-
lenden s chienengebundenen
Güterverkehr im jungen Nachkriegs-
deutschland konfrontiert sein wird.
Und das beileibe nicht nur in Korn-
westheim, vielmehr eigentlich an allen
deutschen 44er-Heimatorten, man
denke nur an Bebra, Altenhundem,
Ehrang bei der DB oder Halle G,
Chemnitz-Hilbersdorf, Erfurt G bei
der DR, setzt um diese Zeit ein zu-
nehmend rauher Wind ein. Die be-
vorzugte Verwendung guter Kohle,
Stückkohle vor allem, auf Schnellzug-
lokomotiven trägt zur Konsolidierung
der Situation nicht unbedingt bei.
Und noch einmal mit Kraft
bergauf: 44 077 mit Erzzug nach
Sulzbach-Rosenberg Hütte
kurz vor Neukirchen, Mai 1975.
Der steile Rauchpilz sagt alles.
Rechte Seite: 44 1424 in ihrer
heutigen Heimat Altenbeken.
 Gleichwohl versieht 44 1424 ihren
Dienst beim Bw Kornwestheim über
viele Jahre so wie es alle anderen
auch tun: unauffällig, anstandslos
und mit beachtlichen Bruttotonnen-
kilometern. Erst im Juli 1958 wech-
selt sie ihren Heimatort das nächste
Mal und wird, mit offenen Armen,
beim Bw Kassel empfangen.
WICHTIGE VERBESSERUNGEN
In der Zwischenzeit war viel gesche-
hen: Die der 44 zugemuteten Anhän-
gelasten waren deutlich gestiegen und
das – erfolgreiche – Bestreben der
Maschinentechniker, entsprechende
Verbesserungen bei der Gebrauchs-
Fotos: Ludger Guttwein, JS Eisenbahnstiftung (3)
tauglichkeit der Maschinen zu reali-
sieren, aber auch die jederzeitige
Verfügbarkeit ihrer vollen Leistung
sicherzustellen, nahm (und nimmt)
breiten Raum ein. Die das Kessel-
steinproblem weitgehend lösende
innere Speisewasseraufbereitung ist
hier ebenso zu erwähnen wie die bei
der DB durchgeführte Sonderarbeit
„Verbesserung der Verdampfungswil-
ligkeit“ durch Abänderung der Saug-
zuganlage. Die nach und nach auch
im schweren Güterzugdienst zur
Verfügung stehende Kohle besserer
Qualität tut ein Übriges.
Im Januar 1958 werden zwei 44er der
DB (Bw Bebra) versuchsweise auf
Ölfeuerung umgestellt, 30 weitere
werden folgen. Bald darauf zieht die
DR nach. Und einem konstruktiven
Mangel wird man – bei der einen wie
der anderen deutschen Bahnverwal-
tung – auch Herr: Die Funktion des
Mittelzylinderblocks gleichzeitig als
vorderes Kesselauflager, die zu Rissen
im Mittelzylinderblock geführt hatte,
wird aufgegeben, die Rauchkammer
bekommt einen eigenen Träger, der
vom Kessel ausgehende Dehnungs-
spannungen nicht mehr auf den sen-
59
DIE KLEINE LOKSTORY
deln. Man denke etwa an Bw Rheine
und Bw Minden bei der DB oder Bw
Rostock und Bw Wittenberge bei der
DR, die alle extrem hohe Lasten im
Ganzzugverkehr zu bewältigen ha-
ben und geradezu klassisch die Süd-
Nord-Wanderung unserer Baureihe
symbolisieren. Auch werden nach
wie vor Hauptuntersuchungen an ihr
ausgeführt. Dennoch ist nicht zu
übersehen, dass die monatlichen
Kilometerleistungen von 44 1424 mit
ihrem Weggang von Bebra im Mai
1963 deutlich absinken und dass wir
es hier mit einem Schicksal zu tun
44er an Ems und Mosel: oben
44 199 aus Rheine mit Autotrans­
portzug von Emden vor Aschen­
dorf, Oktober 1970, unten 44 1250
aus Koblenz-Mosel in Ürzig wieder
anfahrend, September 1970.

siblen Mittelzylinder überträgt.

Und so gibt es auch für 44 1424 nach
wie vor keine Ruhe. Sie läuft im
stressigen Nord-Süd-Geschäft auf
der Main-Weser-Bahn Richtung
Gießen – Friedberg – Frankfurt so-
wie Richtung Seelze und Lehrte, teils
über Göttingen, teils über Altenbe-
ken. Auf den langen Rampen hinauf
Richtung Eichenberg oder über das
Eggegebirge zwischen Warburg und
Altenbeken kann sie ihre Leistungs-
fähigkeit eindrucksvoll unter Beweis
stellen und ihr markanter Dril-
lingstakt geht wohl jedem, der mit
offenen Ohren und offener Seele
lauscht, unter die Haut.
Zum Sommerfahrplan 1962 gibt es
erneut eine Umbeheimatung: Im
Tausch gegen eine Öl-44 geht 44
1424 ins 58 km von Kassel entfernte
Bw Bebra, von wo aus, nicht minder
kräftezehrend, der südöstliche Teil
der Nord-Süd-Strecke durch die
Rhön bis Würzburg zu ihrer (fast)
täglichen Herausforderung wird.
Mit der Eröffnung des elektrischen
Betriebes zwischen Würzburg und
Hannover im Mai 1963 ist man zwar
noch immer weit entfernt davon, die
44 als „Auslaufmodell“ zu behan-

60
 DIE KLEINE LOKSTORY
haben, das sie mit so mancher
Schwesterlokomotive teilt.
UNERMÜDLICH UNTERWEGS
Von ihrem neuen Heimatort Würz-
burg aus bleiben ihr einstweilen noch
durchaus respektable Leistungen ins
140 km entfernte Treuchtlingen, die
allerdings – gleichfalls elektrifizie-
rungsbedingt – schon ein Jahr später
wegfallen. Im Mai 1966 wird sie für
zwei Jahre beim BW Schweinfurt Lastbedingt gleich zwei 44er, 44 149 und 44 210, werden
heimisch, wo ihr Leistungsschwer- im Mai 1976 dem Dg 53842 im Streckenabschnitt Ottbergen -
punkt überregionale Güterzüge sind, Altenbeken zugestanden (hier nahe Reelsen).
die zur Entlastung der an die Gren-
zen ihrer Kapazität gestoßenen Ma- Gelsenkirchen-Bismarck. Die dort ßen. Bei der DR hingegen, wo der
gistrale Nürnberg – Würzburg – Ge- zu befördernden Züge sind oftmals Schlusspunkt nicht von der 44 ge-
münden den Weg durch das Maintal schwer, aber die Bespannungsab- setzt wurde, blieb sie bis Jahresende
(Bamberg – Schweinfurt – Würz- schnitte sind in der Regel kurz und 1981 im Einsatzbestand.
burg/Gemünden) nehmen. Zwei so ist wohl die Frage erlaubt, ob sich  Fritz Wolff
Jahre darauf, im Mai 1968, wechselt unsere Maschine dort jemals richtig
sie zum Bw Nürnberg Rbf. eingelebt hat. Immerhin: Gut fünf 044 424-0 bespannte am 20. Mai
Zum „alten Eisen“ wird sie auch dort Jahre hat sie sich dort noch wacker 1977 den letzten mit einer kohle-
noch nicht. Ganz im Gegenteil ist
ihr Nürnberger Aktionsradius
durchaus beachtlich, sowohl qua- Überwältigende gefeuerten Dampflok beför-
derten Güterzug der DB von
Recklinghausen nach Marl-
litativ als auch quantitativ. Ziel-
orte sind, um nur einige zu nen-
nen, Schwandorf, Crailsheim,
Auftritte Sinsen. Die Lokomotive kann
zusammen mit anderen se-
henswerten Exponaten am
Schirnding, nicht zuletzt auch, meist geschlagen, bis am 22.5.1977 ihr 1. und 2. Juli 2023 von 11 Uhr bis
mit Bedarfs- und Sonderzügen mit Feuer bis heute erlosch und die Ära 17 Uhr anlässlich des Viaduktfes-
dem Ladegut Koks, Sulzbach-Rosen- der kohlegefeuerten 44er bei der DB tes am Stiftungsstandort im
berg Hütte. Nachgeschoben werden unwiderruflich beendet war. Bahnbetriebswerk (Bw) Altenbe-
die Sulzbach-Rosenberger, meist von Einer ölgefeuerten 44, der Emder 44 ken besichtigt werden. An diesem
einer 50, auf der Rampe Hartmanns- 903, blieb es dann vorbehalten, am Tag öffnet das Bw seine Pforten,
hof – Neukirchen. Der Eindruck, 26.10.1977 die Ära der DB-Dampf- was sehr selten der Fall ist (siehe
besonders nachts, ist überwältigend. lokomotiven überhaupt zu beschlie- Infokasten). Der Herausgeber
Am 29.4.1972 geht es für 44 1424,
seit 1968 mit Computernummer 044
424-0, zum letzten Mal auf Wander-
schaft, in völlig unbekanntes Terrain
auch noch: Nürnberg soll dampffrei
werden und da 044 424-0 noch recht
gute Fristen hat, sucht und findet
man ein neues Domizil, das Bw
Fotos: JS Eisenbahnstiftung (4)

Info
Lok 44 1424 am Standort ehm. Bw Altenbeken
Eigentum der Stiftung
Historische Bahnbauten in Altenbeken
Postanschrift:
Ludger Guttwein
Obere Sage
33184 Altenbeken

Mit einer die Moselbrücke Bullay im Juni 1971 passierenden 44

verabschieden wir uns von einer unvergesslichen Lokbaureihe.
61
 44 521 vom Bw Weiden brettert auf dem Weg nach Nürnberg in der Oberpfalz unter

Heizerei,
einer Brücke im fränkischen Lauf rechts der Pegnitz hindurch. Kraftentfaltung pur!

„Das ist keine

schau dir die Sauerei an!“
Horst Bauer war ein Eisenbahner vor dem Herrn. Ihm widmete
Autor Andreas Knipping ein eigenes Werk, das ihn t­reffend
­porträtierte. Knipping lässt Bauer, der 2019 verstarb, hier, als Bilder: Gottfried Turnwald/Slg. Andreas Knipping (2)

­jungen DB-Heizer auf einer 44, noch einmal zu Wort kommen …

I
ch war schon einige Jahre in Neuenmarkt, als zusam-
men mit einigen Kollegen für sechs Wochen die Ab-
ordnung nach Nürnberg Rbf kam. Daher melden in
der B-Gruppe Nürnberg Rbf, neue Arbeitskleidung fas-
sen. Schlafgelegenheit im Ledigenheim, morgen in der
Lokleitung melden. Meine Kollegen vor mir in der Lok-
leitung: „Erfahrungen mit der 44er nein, mit der 50er
selten“, also nur Leistungen um Nürnberg. Nun war ich
an der Reihe mit den gleichen Fragen. Der Lokleiter war
neu und wollte mich auf die Nebenbahn schicken, was
natürlich zum Nachhausefahren umständlich war, daher
mein klares Nein: Ich gehe nicht nach Neumarkt in der
Oberpfalz. Die Diskussion wurde lauter, da erschien im
Hintergrund ein Haarschopf mit dunkler Hornbrille. „Ich
hab‘ dich doch gleich an Deiner Stimme erkannt, was ist
los, komm rein zu mir!“ Es war der Chef der Lokleitung,
altbekannt mit mir. „Du musst nicht auf die Nebenbahn,
Du alter Fuchs fährst Umleiter Nürnberg – Crailsheim
– Würzburg, aber mit der 44er, ist doch klar!“ Diese Be-
grüßung war recht kollegial verlaufen, und auch sein

62
 DAMALS MIT LEIDENSCHAFT UNTERWEGS
Die Nürnbergerin 44 1658 kachelt mit abblasenden Sicherheitsventilen durch Oberasbach an der
Strecke Nürnberg – Ansbach, erste Etappe auch für anstrengende Umleiterfahrten nach Würzburg.
Vorschlag war gut. In Würzburg 8-10 Stunden Übergang,
und wieder eine Leistung zurück, dafür dann eine länge-
re Ruhezeit, um nach Hause zu fahren.
Die Sache lief recht gut an, war aber zum Teil eine Schinderei
mit den schweren Zügen und zum großen Teil schlechter
Kohle. Die Nachschau an der 44er war sowieso ein eigenes
Kapitel mit dem inneren Zylinder. Bei den meisten Lok-
führern war ich ja als brauchbarer Heizer bekannt, und
so verliefen die Tage recht gut.
Jedoch keine Regel ohne Aus-
Kollegen, aber
keine Freunde
nahmen. Nach dem Melden in
der Lokleitung: Morgen mit Lok-
führer sowieso, hatte ich schon
leichte Bedenken. In der Kantine
bei der Brotzeit hörte ich nur, wie ein Lokführer zu ihm
sagte: „Morgen hast du einen guten Heizer.“ „Das werden
wir schon sehen, dem werde ich auf den Zahn fühlen!“, war
seine Reaktion. Beim Verlassen der Kantine folgte mir ein
Lokführer mit der Bemerkung „Pass auf morgen, der will
Dich fertig machen.“ Ich war vorgewarnt, war rechtzeitig
auf der Lok und hatte alles vorbereitet. „Anreden mit Sie,
und ich wüsste wohl, was meine Seite ist“, war sein kurzer
Kommentar vor Abfahrt. „Wir sind ausgelastet und ich
möchte Hochdruck, Nadel im roten Bereich.“ Schon bei
der Abfahrt hat er den Regler so aufgerissen, dass mir der
Saugzug mein großes Grundfeuer zerstörte. Also nachge-
legt, so viel wie möglich war. Dabei hat er nur höhnisch
gegrinst, wenn der Druck um 1 atü gefallen ist. Bis Ansbach
geht es meist bergauf, und ich habe geschaufelt, dass mir der
Schweiß den Rücken heruntergelaufen ist. Doch dann kam
mir ein Personenzug zu Hilfe, auf den wir immer aufliefen.
Das war meine Chance. Ich habe „ihm“, dem Lokführer,
den Wasserstand bis oben hin vollgemacht, und wenn „er“
den Regler aufriss, habe ich noch dazu gespeist. Die Folge
war Wasserüberreißen, und das mehrmals hintereinan-
der. Da auch im unteren Drittel
des Wasserstandsglases schon
Kalkschlamm sichtbar war, wurde
ich vom Kesselwasserstand noch
unterstützt. Auch die Sicherheits-
ventile habe ich zwei- bis dreimal
abblasen lassen. Dann ging‘s los: „Das ist keine Heizerei,
schau dir die Sauerei an!“, da seine Fenster auch verspritzt
waren. Dazu konnte er den Regler vorsichtig öffnen …
und auf einmal ging’s! Ich war zu dieser Zeit auch schon
reglerberechtigt als Reservelokführer, so dass ich mir auch
schon mehr erlauben durfte. Meine Worte waren nur: „Sie
brauchen nur anständig zu fahren!“ Noch kurzes Gemurre,
und dann ging es prima, auch auf der Rückfahrt. Nach
Feierabend in der Kantine: „Na, wie bist Du mit Deinem
Heizer ausgekommen?“ „Prima!“ Wir blieben Kollegen,
wurden aber keine Freunde.  Horst Bauer †
Lokomotivführer Heinz Bauer,
erschienen 2020 im EK-Verlag; siehe unser Literaturhinweis S. 95
63
KLEINE BAHN MIT GESCHICHTE

64
 Le Petit Train
KLEINE BAHN MIT GESCHICHTE

de la Haute Somme
Die Somme, ein malerischer Fluss
im Norden Frankreichs, war einst
Schauplatz einer der blutigsten
Schlachten des Ersten Welt-
kriegs. Heute erinnern Denkmäler
und eine Dampfeisenbahn an ein
furchtbares Ereignis, aus dem
leider nicht die entsprechenden
Lehren gezogen wurden.
Fotos: Anton Zuercher

Idyllisch schlängelt sich der Somme-Fluss durch France profonde, das ländliche Frankreich.
Während des Ersten Weltkriegs errichtete das Militär entlang des Somme-Kanals eine
600-mm-Schmalspurbahn, die nach 1918 erweitert wurde und dann vor allem Zuckerrüben
(betteraves) transportierte. Sieben Kilometer sind erhalten geblieben und werden seit den
1970ern von Museumszügen befahren – mit Dampf- und Dieselloks aus aller Herren Länder.

65
KLEINE BAHN MIT GESCHICHTE

D
er langsame Rhythmus eines
Flusses in einem sanften
Tal, das Murmeln eines
Bachlaufs, der Geruch von feuchtem
Humus, kleine Hausboote, die sanft
dahingleiten und Entspannung su-
chende Angler empfangen die Be-
sucher, die im malerischen Depar-
tement S omme in das tiefe
Frankreich eintauchen. France pro-
fonde werden diese urtümlichen.
sehr ländlichen Regionen in unse-
rem Nachbarland genannt.
Rund zwei Stunden nördlich von
Paris liegt diese idyllische Natur-
landschaft, deren jüngste Geschich-
te zeitweise gar nicht romantisch
war. An der Somme lieferten sich
Deutschland und die Alliierten eine
der größten Schlachten des Ersten
Weltkrieges. Zwischen Juli und No-
vember 1916 summierten sich die
Verluste auf beiden Seiten auf rund
eine Million Soldaten, die getötet,
schwer verwundet oder vermisst
wurden. Neben den Menschen ver-
schlang die Somme-Schlacht auch
Unmengen an Kriegsmaterial, das
rund um die Uhr herantransportiert
werden musste.

Die Chemin de fer Froissy-Dompierre

Fotos: Paul Molyneux-Berry, Anton Zuercher (6), David Enefer

(CFCD) hält die Erinnerung an un­
selige Zeiten wach. Oft sind Gast­loks
aus England zu bewundern. Oben
sehen wir die Diesellok Moelwyn,
die 1918 in den USA für das franzö­
sische Militär gebaut wurde und die
später nach Wales ging. Unten
verlässt die einst in England für die
indische Darjeeling Railway gebaute
DHR 19 den CFCD-Tunnel in Cappy.
Die Lok gehört einem englischen
Privatmann. Die teils offenen Per­
sonenwagen der CFCD wurden meist
auf Fahrgestellen von Original-Güter-
wagen aufgebaut.
 KLEINE BAHN MIT GESCHICHTE
Schon ein Jahr vor der großen
Schlacht hatte die französische
Armee rund um die Kleinstadt
Péronne ein Netz von Militär-
bahnen mit der Spurweite von
600 mm angelegt. Diese kleinen
Züge transportierten schließlich
während der Schlacht rund 1500 Die Fabrikschilder der CFCD-Lokomotiven sind ein Spiegelbild der am
Tonen Kriegsmaterial täglich. Ersten Weltkrieg beteiligten Länder. Die Vulcan-Lokomotive aus dem
ZUCKER FÜR DEN FRIEDEN Jahre 1925 kam allerdings erst 1972 aus der DDR zur Museumsbahn.

Nach 1918 wurde das stark beschä-

digte Netz wieder aufgebaut und
Fahrzeuge aus
aller Herren Länder
ganz friedlich von der Zuckerfabrik
Dompierre genutzt, die die Trans-
porte ab 1954 sukzessive auf die
Straße verlagerte. 1974 verkehrte
dann der letzte Zuckerrübenzug.
Zwei Jahre zuvor hatten Schmal- 35 mit Dampf- und Motorkraft betriebene Fahrzeuge und rund
spurfreunde die Association Picarde 120 Waggons bereichern die Sammlung der Chemin de fer
pour la Préservation et l’Entretien Froissy-Dompierre. Sie erzählen eine bewegte, teils kriegerische
des Véhicules Anciens (APPEVA) Geschichte, die in der Fahrzeugausstellung von den Besuchern
anhand von Schautafeln detailliert nachvollzogen werden kann.

67
 KLEINE BAHN MIT GESCHICHTE
gegründet, um einen Teil der ge-
schichtsträchtigen Bahn für die
Nachwelt zu erhalten.
Zunächst baute man einen rund 1,5
Kilometer langen Abschnitt zwi-
schen Froissy und Port de Cappy
wieder auf. Er war schon 1940 abge-
baut worden. Als die Zuckerfabrik
dann den Schienentransport aufgab,
übernahm der Verein die Strecke
nach Dompierre und einen Großteil
der noch vorhandenen Fahrzeuge.

Seltener Besuch aus England: Die Stehkessel-Lok Chaloner leistet der deut-
MAHNENDE ERINNERUNG
schen Heeresfeldbahn-Maschine 4 Vorspann. Die Chaloner stammt aus dem Von Anbeginn verfolgte die APPE-
Jahre 1877 und wurde einst für walisische Steinbrüche gebaut. Sie ist heute VA nicht nur das Ziel, eine roman-
bei der Leighton Buzzard Light Railway (LBLR) in Bedfordshire zu Hause. tische Eisenbahn als Touristen­

Urige Schmuckstücke
attraktion zu etablieren. Die
mahnende Erinnerung an die Kata-
strophe des Ersten Weltkriegs, die

auf historischen Gleisen Europa in den Abgrund stürzte,

stand und steht ebenfalls im Fokus.
Gezielt wurde die Fahrzeugsamm-
lung deshalb mit Exponaten ergänzt,
die einen militärischen Hintergrund
haben. Regelmäßig kommen oben-
drein Gastfahrzeuge zum Einsatz,
die ebenfalls an die unselige Vergan-

Fotos: Graham Bond, Anton Zuercher, Fabrice Lanoue, Paul Molyneux-Berry; Karte: Wolfgang Kieslich
genheit erinnern. Dabei legen die
Verantwortlichen Wert darauf, dass
nichts verherrlicht wird.
Ganz im Gegenteil: Die große Aus-
stellungshalle in Froissy schildert
eindrücklich die Schrecken jeder
militärischen Auseinandersetzung.
Abseits des Kriegerischen begeistert
Zwei große CFCD-Dampfrösser: links die ehemalige 99 3461 der Fahrzeugpark auch deutsche
(ex. Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn), rechts die Eisenbahnfreunde. Ein wirkliches
Kriegsdampflok KDL 11 (CFCD 10) aus dem Jahre 1945. Schmuckstück ist beispielsweise die
aus Mecklenburg stammende Lok 8
aus dem Jahre 1925. Dieses Dampf-
ross lief bis 1969 als 99 3461 bei der
Deutschen Reichsbahn.
Die kleine Somme-Eisenbahn ist ein
Urlaubsziel für jedermann und ein
Kleinod in einer einzigartigen, ro-
mantischen Flusslandschaft, die ab-
seits der großen Touristenströme zu
einem längeren Verweilen einlädt.
Oder man schippert ganz gemäch-
lich mit einem Hausboot in Richtung
Somme-Bucht und reflektiert, wie
schön die Welt ohne Blutvergießen
sein kann.  Anton Zuercher

68
 KLEINE BAHN MIT GESCHICHTE

Info Bray-sur-Somme me

me
Amiens

Som
La Som
P’tit train de la Haute Somme Strasbourg
Frankreich

la
(CFCD) – APPEVA Paris

Canal de
La Neuville-lès-Bray
BP 70106, Cappy
F-80001 Gare de Écluse Lyon
Froissy (Schleuse) Bordeaux
AMIENS CEDEX 1 Gare de Musée Tunnel Marseille
Froissy Pont 1 km
Tel.: +33 3 2276 1460 La sapinièreCappy Plateau du Santerre Ruyaulcourt
Musée des Le “Z”
Web: petittrainhautesomme.fr
Chemins de Fer
Militaires Dompierre- Ytres
et Industriels Bois des Cailloux
Becquincourt
Chemin de fer Froissy-Dompierre Fins
Feldbahnen bei Eisenbahn- 600 mm Sailly-
Saillisel Nurlu
Terminus
Romantik: Folge 787 de Dompierre

u N ord
Chuignes Liéramont
Von der Feldbahn zur Welt-

al d
Chuignolles Fontaine-lès-Cappy
bahn – auf 600 Millimetern

an
mme C
La So
durch die Geschichte Cappy Péronne Doingt
QR-Code: Normalspur
Dompierre

Direkt zur 600 mm Vecquemont 600-mm-Netz 1923 Assevillers

Amiens Estrées- Villers-
Folge in Longueau
Villers-Bretonneux
Marcelcave
Deniécourt Carbonnel
der SWR- Aubercourt
5 km
Mediathek Demuin Chaulnes
Rosières

Der große Kartenausschnitt zeigt die Ausdehnung der einstigen Militäreisenbahn.

Geblieben ist nur die rund sieben Kilometer lange Museumsstrecke der CFCD.

Die Baldwin-Lok 778 aus dem Jahre 1917 zu Besuch in der alten Heimat. Sie gehörte einst der
britischen Armee, begann ihre Karriere aber an der Somme-Front. Die CFCD besitzt mit der ALCO-Maschine 1257
eine ähnliche und ebenfalls in den USA gebaute Kriegslok.

69
REISEN EXZELLENT

70
 STAR DER SCHIENE

Der Churchill-
Pfeil ...Botschafter auch
in unserer Zeit
Die große Stadt im Schweizer Mittelland liegt hinter uns und
gleich wird sich linker Hand der Zürichsee auftun. Dank des
Biswindes, der heuer für eine schöne Hochdrucklage sorgt,
wird er uns im herrlichen Blau erstrahlen.

D
azu passt es, dass wir an ihm
entlang mit unserem leuch-
tend roten „Churchill-Pfeil“
über Zug und Luzern durch die
Nordschweiz reisen. Und wir reisen
wirklich! An Bord geht es derzeit
ruhig zu: Nach einem herrlichen
Mittagsmal, das man in der kleinen
Bordküche gezaubert und damit
manchem Fahrgast ein „Oho!“ ent-
lockt hat, wird nun ruhig und un-
aufdringlich abgeräumt. Hier und da
hört man ein leises Gespräch, in
rhythmischem Gleichklang fallen in
der Sitzgruppe vor mir die Skatkar-
ten auf den Tisch. Von meinem Platz
aus kann ich dabei jenem in die Kar-
ten schauen, der diese Fahrt geplant
hatte und sie nun so sehr genießt (S.
78) … Sein Blatt ist so lala, aber das
spielt gar keine Rolle. Denn das Kar-
tenspiel steht im Einklang mit der
unvergleichlichen Atmosphäre im
Zug: Lebensfreude und ein freund-

Zurückhaltend, sanftmütig, elegant und doch schnell. Und typisch Schweiz: Auch selbstbewusst kommt
der 84-jährige Churchill-Pfeil daher, der stets ein Unikat war und sich heute perfekt restauriert zeigt.
Bilder: Hendrik Bloem

71
STAR DER SCHIENE

Der Churchill-Pfeil, der die bahnamtliche Bezeichnung RAe 4/8 1021 trägt, passiert hier im herrlichen
Sonnenschein den Semaphor von Bäretswill (Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland, DVZO).

schaftliches Miteinander bestimmen
die Fahrt. Neben mir hat es sich Ha-
gen von Ortloff derweil gerade so-
weit bequem gemacht, dass man fast
noch von einem Sitzen sprechen
kann, aber tun wir es ihm doch
gleich, selten reiste man so ent-
spannt! Es muss die Aura dieses
Fahrzeuges sein, die uns 13 gerade
sein lässt. Ist es sein elegantes, aber
unübertriebenes Ambiente? Ist es
sein widerstandsloses Gleiten über
die Schienen, die Möglichkeit der
Rundumsicht auf eine Schweiz, die
uns selten so vertraut erschien?
Hierzu gehört auch der Ausblick auf
die Strecke, vorne, mit Kontakt zum
freundlichen Lokführer. Apropos:
Freundlich wird unser Zug auf je-
dem Bahnhof empfangen, freundlich
ist auch seine Erscheinung selbst.

Das Reisen im von der SBB als Charterzug betriebenen Churchill-Pfeil ist stets etwas Besonderes:
Der ausgerollte rote Teppich vor der Abfahrt gehört dazu, bequemes Reisen an Tischen auch.

72
 REISEN EXZELLENT

Bilder: Hendrik Bloem (6), Georg Trüb

Ein eingespieltes Team in der Küche und

an der Bar. In der eigentlich winzigen Küche
wird exklusiv gekocht und zubereitet!

73
XXXXXXXXXX

Unten und oben: Ein Reisender vergleicht ihn passen-

Die mittige Lage der derweise mit dem sanft-frohen Fa-
Triebdrehgestelle belwesen Fuchur, aus „Die unendli-
erzeugt bei Fahr- che Geschichte“. Aber da passt noch
gästen das Gefühl mehr, lassen wir hier einmal manch
des geräuschlosen technische Daten beiseite, um der
Dahingleitens. Sache auf den Grund zu gehen: Als
man unseren eleganten Triebwagen

74
 STAR DER SCHIENE

Technische Daten:
SBB RAe 4/8 1021 Churchill-Doppelpfeil
Baujahr 1939 (ein Fzg.)
Hersteller  SLM Winterthur, SWS Schlieren,
 BBC Baden, MFO Zürich, SAAS Genève
Achsfolge  2'Bo'+Bo'2'
Höchstgeschwindigkeit  150 km/h
 (heute 125 km/h)
Leistung  835 kW
Länge über Puffer  46'200 mm
Breite  2905 mm
Höhe  3750 mm
Gewicht  93 t
Sitzplätze  112 (alle 1. Klasse)
Ausgemustert: 1979
Wiederinbetriebnahme: 1996

Bilder: Georg Trüb, Hendrik Bloem (3); Zeichnung: SBB Historic

1939 als Einzelstück auf die Schienen
stellte, geschah dies, um sich zur
Schweizerischen Landesausstellung
1939, kurz „Landi 39“, zu präsentie- Hilfspuffer und
ren. Als Gegenmodell zum grassie- Führerstands-
renden europäischen Faschismus kanzel: Der
und am Vorabend des 2. Weltkrieges Churchill-Pfeil
sollte die Landi 39 Abbild des Kön- wurde als
nens und Lebens des stolz-unabhän- Schnelltrieb-
gigen Schweizervolkes sein. wagen für
150km/h
FÜR DEN STAATSGAST konzipiert und
Weil der neue Triebwagen „301 Ro- entsprechend
ter Doppelpfeil“ als Charterzug ge- leicht gebaut.

75
STAR DER SCHIENE

Winston Churchill
und der
Rote Doppelpfeil
Winston Churchill, der 1940
das Amt des britischen Premier­
ministers übernahm, weiger-
te sich beharrlich, mit Hitler
in Verhandlungen zu treten,
ausgerechnet im schwierigen
Die ursprüngliche Bestuhlung ist im heutigen Churchill-Pfeil ersten Kriegshalbjahr 1940. Das
zwar nicht mehr enthalten, aber das hauptsächlich zurückhaltend beeindruckte nicht zuletzt die
elegante Ambiente ist heute stimmig restauriert. übrigen Alliierten. Churchill galt
mit dieser Haltung als Retter
Großbritanniens, Europas, aber
auch als Retter der Schweiz,
die sich vom Faschismus um-
ringt sah. Vor allem deshalb war
Churchills Schweizreise 1946
ein Triumph. Dass er dafür die
Eisenbahn nutzte, noch dazu
den „Roten Doppelpfeil,“ mach-
te ihn für das Volk erfahrbar.
Gleichwohl die Fahrten geheim
bleiben sollten, war den Schwei-
zern, die ihr Bähnli liebten, stets
klar, wo er sich befand und
wo er ankam. Churchill selbst,
der zu alter Frische zurück-
gekehrt war, humorvoll und
freundlich auftrat, genoss den
Kontakt sichtlich. Dass er in
jenem Triebwagen Platz nahm,
der 1939 anlässlich der Landi
39 als Ausdruck Schweizer
Selbstwertes inmitten eines sich
zugrunde richtenden Europas
auf die Schienen gestellt wurde,
macht dessen heutiger Name
alle Ehre: Der Churchill-Pfeil.

76
Immer schon ein besonderes Fahrgefühl. Am großen Fahrstufenhandrad führt Kurt Jossi, Lokführer
und Teamleiter von „Lokteam1021“. Fahrgäste erleben das live, ob hinter oder neben ihm.

plant war, um eben Gästen die Hei- wöchigen Urlaub am Genfer See zu ben, seinen Humor und seine Le-
mat d i e s e r s elb st b e w usste n einer Bahn-Tour aufgebrochen, die bensfreude wiedererlangt hatte, in
Schweizer erfahrbar zu machen, war ihn am 18. September des Jahres Zürich in der Poly seine denkwür-
er einklassig sowie mit Vierertischen zum Bahnhof Zürich Enge führte. dige Europarede. Entgegen jeder
und einer Bar ausgestattet.
Es war naheliegend, gera-
Im Zug zur legen- Erwartung machte er
visionär klar, was aus

dären Europarede
de den Doppelpfeil 1946 dem Blick zu geraten
jenem umjubelten Staats- schien: Für ein verein-
gast für seine Schweizrei- tes Europa sei die Ver-
se bereitzustellen, der s ö h nu ng z w i s c h e n
1940 dem nationalsozialistischen Einen Tag später hielt der charisma- Frankreich und Deutschland maß-
Deutschland Paroli geboten hatte: tische Mann, der nach kräftezehren- gebend. Er beendete seine Rede mit:
Winston Churchill, Schweiz-Lieb- den politischen Jahren, in denen es „Therefore I say to you: Let Europe
haber, war erst nach seinem mehr- galt, Großbritannien nicht aufzuge- arise!“

Auf dem höchsten Bahn-Viadukt der Schweiz, dem 99 m hohen Sitterviadukt

(St. Gallen – Wattwil, SOB) verliert sich unser Churchill-Pfeil fast.

Bilder: SBB Historic (4), Hendrik Bloem, Georg Trüb

77
REISEN EXZELLENT

Hagen von Ortloff hatte gut

lachen: Die Fahrt mit dem Chur-
chill-Pfeil durch die Nordschweiz
war eine IGE-Eisenbahn-
Romantik-Reise (Oktober 2022).

Churchill warb fürs Verzei-

hen und für Freundschaft.
Die Schweizer verstanden das.
Fortan hieß das Fahrzeug, an
dem Churchill viel Freude ge-
habt und in dem er Notizen
zu seinen Reden zu Papier ge-
bracht haben soll, nur noch
„Churchill-Pfeil …“
Vor einiger Zeit schrieb ein
Redakteur der NZZ zum da-
maligen Churchill-Besuch:
„Frieden geht nur, wenn die Ver-

Abschalten
und genie-
ßen: Auch
IGE-Chef
Armin Götz
gelang das
prima!

78
 STAR DER SCHIENE

Mulhouse Deutschland
Schaffhausen Stein
am Rhein Konstanz Friedrichshafen
Belfort Jestetten Bodensee
Kreuz-

Bilder: Hendrik Bloem (4), Georg Trüb; Karte: Wolfgang Kieslich

Basel Rhein Eglisau lingen Lindau
Romanshorn
Frankreich Sissach Brugg AG Baden Winterthur
Bregenz
Liestal Killwangen Turbenthal Rorschach
Aarau St. Margrethen
Hauenstein-Basistunnel Bauma Altstätten
Olten Suhr Dietikon Zürich
Aarburg Zü Tag 1
Oensingen richs
Zofingen Thalwil ee Rüti ZH Österreich
Tag 3 Solothurn
Langenthal Rapperswil Buchs SG
Zug Pfäffikon SZ Walensee
Bieler Biel e
Aar Herzogen-
buchsee Zuger
See Burgdorf See Ziegel- Walen- Liechtenstein
Arth- brücke stadt
Neuchâtel Luzern Goldau Sargans
Lac de Neuchâtel Kerzers Zollikofen Langnau Entlebuch Vierwaldstätter
Estavayer- Worb Schüpfheim See
Murten Bern e

in
le-Lac Konolfingen
Belp Münsingen Tag 2 Rh Chur
Brienzer
Payerne Thuner See
Yverdon-les-Bains Thun See Meiringen
e

Aa
Spiez Interlaken Andermatt

r
An drei Tagen durch die Nordschweiz: Die SBB planten generalstabsmäßig, flochten unseren Sonderzug
in die Taktverkehre ein. Das gelang auf den Zeigersprung! Anfragen bitte an SBB Charter (Infokasten).

geltung ein Ende findet. Frieden Der Churchill-Pfeil bei Eisenbahn-

geht nur, wenn da Vertrauen ist, Info Romantik: Folge 977: Eine Legende
SBB Charter
wo Hass war.“ So fahren wir Tel.: +41 51 222 11 22 auf Schienen feiert 80. Geburtstag ...
also im Churchill-Pfeil durch Mail: charter@sbb.ch
Web: sbb.ch/de/
QR-Code:
das Schweizerland und plötz- freizeit-ferien/ideen
Direkt zur Folge in der
SWR-Mediathek
lich ist uns klarer denn je: Die
Vision, die in diesem Zug zu
Worten geformt wurde, stünde
uns heute wieder gut ... 
 Hendrik Bloem

Der Sitterviadukt ist fast passiert; derweil empfehlen wir den ER-Filmlink, in dem
u.a. Teamleiter Kurt Jossi unnachahmlich präzise die Technik des Zuges erklärt (oben).

79
BAHNREISE EXKLUSIV

Dampfabenteuer
Bulgarien
Alle Bilder auf allen Seiten: Bernd Seiler

Wir betreten das Depot Sofia. Lokführer Angel und sein Heizer
stehen neben ihrem neuen Schmuckstück und haben ein
paar Würstchen auf dem Grill: Ganz genau auf dem Dampflok-
personal-Grill schlechthin, der Heizerschaufel …

80

E
xtra für uns steht ihre frisch
aufgearbeitete und wieder für
den Einsatz zugelassene preu-
ßische G7.1 unter Dampf und sticht
damit jeden Weber-Grill aus.
Die Bulgarischen Eisenbahnen wa-
ren gute Kunden der deutschen Lo-
komotivindustrie und ließen sich
Ende der 1930er Jahre sogar ein ei-
genes Einheitslokprogramm von der
deutschen Lokomotivindustrie aus-
arbeiten. Daher fühlt sich der deut-
sche Besucher auf den Schienen
Bulgariens ein wenig wie zu Hause.
Dass man überhaupt noch Dampf-
züge in Bulgarien fahren lassen
kann, liegt hauptsächlich an zwei
Dampflokführern, Angel aus Sofia
und Albert aus Gorna Orjahovica,
die mit sparsamem Einsatz von Per-
sonal und Mitteln einige Lokomoti-
ven bis heute betriebsfähig gehalten
haben. Da am Ende des Dampfzeit-
alters eine Anzahl von Maschinen
aufgearbeitet und als strategische
Reserve vorgehalten wurde, waren
sie technisch in so gutem Zustand,
dass man sie mit geringem Aufwand
betriebsfähig halten oder wieder
herrichten konnte. Und so hat Angel
Lok 26.26: In jahrelanger Arbeit haben Lokführer Angel Alexiev (links im Bild, ein Würstchen von der
Heizerschaufel kauend) und sein Team dieses preußische Juwel wieder betriebsfähig aufgearbeitet. Für
den Teil der Reisegruppe, der einen Tag früher anreiste, dampfte sie durch das Depotgelände in Sofia.
BAHNREISE EXKLUSIV
mit seinem Team die preußische
Zweizylinder Nassdampf-Verbund-
lokomotive 26.26 in mehrjähriger
Arbeit wieder einsatzfähig gemacht.
In neuem Lack steht sie an der Dreh-
scheibe im Depot von Sofia und wird
für unsere Gruppe – selbstverständ-
lich erst, nachdem das letzte Würst-
chen verspeist ist – durch das De-
potgelände und die heiligen Hallen
gefahren, in denen die anderen
Schätze des Depots Sofia unterge-
bracht sind. Darunter ist auch der
„Tausendfüßler“ der Bulgarischen
Staatsbahn BDZ: 46.03, eine 1’F2’
h2t, die größte betriebsfähige Ten-
derlok. Der Kessel benötigt einen
Rohrwechsel, aber wegen Liefer-
schwierigkeiten sind diese bis zu
unserer Reise noch nicht eingetrof-
fen.
ULPIA TOURS SOFIA
In Bulgarien gibt es ein Reisebüro,
das imstande ist, solche komplexen
Eisenbahnreisen für Fotografen und
Videografen erfolgreich zu organi-
sieren: Ulpia Tours aus Sofia. Maya
Kaneva ist die Chefin von Ulpia
Tours und kennt über die Jahre von
81
BAHNREISE EXKLUSIV

Die aus dem Ein- Verhandlungen Hinz und Kunz in

heitslokprogramm der Hauptverwaltung der Eisenbahn.
für die Bulgarische Doch es gibt da ein Problem: Die
Staatsbahn stam- Chefsessel werden in Bulgarien nach
mende 03.12 kann dem Parteibuch besetzt, und jede
ihre Herkunft nicht Änderung in der Regierungszusam-
verleugnen (Hen- mensetzung führt zu einem großen
schel, Kassel). Solch Stühlerücken bei fast allen großen,
eine vierfach gekup- staatlichen Unternehmen. Man hat
pelte Dreizylinder- dort nicht einen Ansprechpartner,
Schnellzuglok fehlte sondern muss mit den verschiede-
im deutschen Ein- nen Abteilungen wie Infrastruktur,
heitslokpark, da Personenverkehr und Güterverkehr
genügend pr. P10 separat verhandeln.
und sä. XX HV
vorhanden waren.
VERHANDLUNGEN NÖTIG
Hier sieht man sie Nach der Reise 2017 hatte Maya die
mit ihrem Zug auf schwierigen Verhandlungspartner
der Strecke Dimit- so satt, dass sie bezüglich Bahnreisen
rowgrad – Podkowa. das Handtuch werfen wollte. Aber

Bestens gepflegte
BDŽ Nulldrei
 BAHNREISE EXKLUSIV
Der 03.12-Lokführer, Albert Ivanov,
freut sich, wenn er seine gepflegte Lok
fahren darf, sein Assistent dann, wenn
der Renner ordentlich Dampf macht.

nach zwei Jahren Corona-bedingter

Langeweile ließ sie sich dazu über-
reden, den Gang durch die Instanzen
erneut anzutreten. In Bulgarien gab
es allerdings in zwei Jahren vier Neu-
wahlen, und in Kürze werden es
derer fünf sein.
WAGEN UMLACKIERT
So hatten wir es im Laufe der Vorbe-
reitung der Reise mit fast einem Dut-
zend verschiedener Ansprechpartner
zu tun. Oftmals begannen wir die
Organisation wieder von Null, weil
auch keine Strukturen für die Über-
gabe der Geschäfte zu existieren
scheinen. Leider wollte fast jeder
Neue auf seinem Posten beweisen,
dass er besonders gut ist. Daher wur-
de nach einem Wechsel mehrfach an
der Preisschraube gedreht. Selbst
nachdem der Vertrag mit einem fes-
ten Preis unterschrieben und eine
Anzahlung geleistet war, kamen spä-
ter noch einmal 24.700 Euro seitens
der Staatsbahn obendrauf. Nur da-
durch, dass viele Teilnehmer der Rei-
se mehr zahlten, als auf der Rechnung
stand, gelang es, die Reise nicht tief
in den roten Zahlen enden zu lassen.
Wir hatten einige Extras vorgese-
hen. So wollten wir uns mit dem
vorhandenen Wagenpark an grünen
Personenwagen nicht zufriedenge-
ben und ließen drei Personenwagen
aus dem Bestand der ältesten noch
planmäßig eingesetzten Wagen in

83
BAHNREISE EXKLUSIV

das traditionelle grüne Farbschema

Rhodopenbahn mit der
Dampflok erleben
umlackieren. Damit hatten wir ei-
nen Zug aus sechs grünen Reise-
zugwagen und es war, wie sich in
der Steigung hinter Kardzhali her-
ausstellen sollte, die Leistungsgren-
ze der Lokomotive erreicht – ein
optisches wie akustisches Erlebnis
der Extraklasse!
EISENBAHNER HELFEN
Die Aufarbeitung von drei zweiach-
sigen Gbs-Güterwagen gelang eben-
so, womit unser Güterzug ziemlich
gut aussah. Auf der Schmalspurbahn
durch die Rhodopen konnten wir die
Lokomotive in Bansko drehen und
dann am nächsten Tag Schornstein
voran zurück nach Velingrad fahren.
All dies trieb den Organsiationsauf-
wand natürlich in die Höhe, und
einen Monat nachdem die erste An-
zahlung geleistet war, bedauerte
Maya schon wieder, dieses Projekt In den herrlichen Rhodopen: 60976 dampft mit einem gemischten Zug
überhaupt in Angriff genommen zu nach Bansko. Zwischen zwei Tunneln der Spiralstrecke zum Scheitel-
haben. bahnhof Avramovo passiert sie einen aufgelassenen Haltepunkt.

84

Aber am Ende hat es sich voll ge-
lohnt, und alle, selbst Maya, konnten
glücklich sein, dass Ulpia Tours sich
wieder einmal durch die Büros der
Hauptverwaltung gewühlt hatte.
Wenn auch die Organisation einer
Reise in Bulgarien schwierig sein
mag, so erfreulich ist es, daran teil-
zunehmen! Denn sowie man die
Hauptstadt Sofia ein paar Kilometer
hinter sich gelassen hat, ändert sich
fast alles. Die Eisenbahner versu-
chen, alles möglich zu machen, da-
mit die Reisegruppe zu tollen Auf-
nahmen kommen kann. Trotz
anstrengender Dienste und kurzer
Nächte murrte das Personal nie über
immer noch mehr Fotohalte, son-
dern donnerte mit stramm geöffne-
tem Regler wieder und wieder an
uns vorbei.
APPLAUS DER TEILNEHMER
Einen Moment der Reise werde ich
nicht vergessen: Niemand, weder
Maya, ich noch die Teilnehmer
BAHNREISE EXKLUSIV
Die Strecke Länge gewachsen war. Und so stieg
Septemwri die Spannung, als wir mit unseren
– Dobrinischte Charterbussen über den Hügel beim
ist auch heute Bahnhof Most rollten und den dort
noch mit wartenden Zug erstmals erblickten:
Formsignalen die wunderschöne 1’D1’ h3 Gebirgs-
gesichert. schnellzuglok 03.12 vor sechs dun-
Normalerweise kelgrünen Wagen! Im Bus brandete
rollen deut- spontan Szenenapplaus auf! Alle
sche Hen- Mühen waren vergessen, und eine
schel-Diesel- von herrlichem Herbstwetter und
loks von 1966 gut funktionierenden Lokomotiven
und deren gesegnete Tour nahm ihren Lauf.
rumänische
Nachbauten
ZAHLREICHE FOTOHALTE
an ihnen Wir fuhren entlang des Stausees Stu-
vorbei. den Kladenez durch die herrliche
Berglandschaft und überquerten
zwei Steinbogenbrücken, die so auch
zum Beispiel in Thüringen hätten
stehen können. Der technische Zu-
stand der Schmalspurlok auf der
bekannten 760 mm-Rhodopenbahn
von Septemvri nach Dobrinischte
war zwar nicht mehr der beste, aber
die Maschine konnte auch noch mit
wussten, ob die Staatsbahn tatsäch- weniger als 5 bar Kesseldruck unse-
lich die drei zusätzlichen Reisezug- ren Zug durch die Berge fahren und
wagen umlackiert hatte und unser zahlreiche Fotohalte absolvieren. Nur
Personenzug damit auf sechs Wagen wenn die Luftpumpe stehen blieb,
An diesem kühlen Morgen stürmt 60976 mit ihrem PmG über die von
2000 Metern hohen Bergen umgebene Hochebene von Dobrinischte
Bansko entgegen. Das Gebiet steht bei Wintersportlern hoch im Kurs.
85
BAHNREISE EXKLUSIV
mussten wir einige Minuten auf ei-
nen Druckanstieg im Kessel warten.
LUST AUF MEHR
Zum Schluss der Reise fuhren wir
dann noch mit der großen Kriegslok
Reihe 16 (Baureihe 42 der DR) bis
fast an die Grenze zu Nordmazedo-
nien nach Gjushevo, wo das perfekt
sanierte Empfangsgebäude im bes-
ten Nachmittagslicht den Abschluss
unserer Reise bildete.
86
Durch die wunderbar verlaufene
Fahrt sah sich Maya diesmal nicht
in der Lage, die Wünsche nach mehr
solcher Reisen auszuschlagen, zu-
dem in Kürze neben der preußischen
G7.1 eine weitere einmalige Loko-
motive wieder betriebsfähig sein
wird, die sechsfach gekuppelte 46.03.
Er wäre frevelhaft, dieses Juwel nicht
wieder gegen den Berg anbrüllen zu
lassen. Denn nach der Reise ist vor
der Reise. Bernd Seiler
In der Zeit des kalten Krieges
hielt Bulgarien eine strategi-
sche Dampflokreserve auf-
recht, die regelmäßig unter-
sucht wurde. Anfang der
1990er Jahre brach das
System zusammen und nun-
mehr rosten sie (im Bild 14er =
DRG 50) weiterhin gut bewacht
vor sich hin, darunter auch
Schätze wie die 1’E h4v 19.25.
 BAHNREISE EXKLUSIV
Bojčinovci
Bulgariens Dampfbahnen Montana
âr
Jasen Pleven
Popovo
bei Eisenbahn-Romantik Červen Isk Levski
Asenovo
Berkovica Brjag Gorna
Folge 813: Balkan Pirot
Vraca
Mezdra Resen
Orjahovica
Nostalgie-Express Teil 1 Stanjanci
Zlatna Ljaskovec
Dimitrovgrad Panega Vel. Tărnovo
QR-Code: Kalotina Careva Livada
Dragoman Elena

Serbien
Direkt zur Aldomirovci Trojan Gabrovo
Beli Breg Volujak
Obedinena
Flugreise ein-, zweigleisig Bulgarien
Folge in Bankja Kremikovci Busfahrt
Pirdop Botev elektrifiziert
Bahnfahrt Schmalspur
der SWR- Sofija Übernachtung Karlovo
Kazičene Elin Pelin Depotbesichtigung Dabovo Tun
Mediathek Radomir
Pernik Vakarel Eisenbahnort Tulovo dža
Černi Čukurovo
Vrâh Neubaustrecke ST Hisarja Stara Nova
AR Dolna Mahala Zagora
Bobov A P Zagora
Dol Kostenec LANINA
Kalojanovec Radnevo
Kjustendil Dupnica Mihajlovo
Pazardžik Skutare Kovačevo
Gjueševo Musala Septemvri Filipovo Trojanovo
geplant Marica
Ljubenovo

Strum
Avramovo Plovdiv Krumovo

Sta
Simeonovgrad
Nordmazedonien
Dimitrovgrad
Cvetino Velingrad Peštera

mb
a
Belica Asenovgrad Haskovo
Vihren

olij
ski
Bansko
Dobrinište Most
Info Svilengrad
Perperek

PI
FarRail Tours Kardžali Ormenio

RI
Tel.: +49 (0)177 Goljam Perelik Džebel Arda
General RO

N
- 56 13 999 Todorov DO Momčilgrad
Kulata PI P Podkova
Mail: Petrič LANIN
mail@farrail.com Promachon
A
Web: www.farrail.com
Thessaloníki
Strymon
Drama
Griechenland Alexandroupoli

Marica
Links oben rollt 16.27, eine Nach- Rumänien Septemvri
Varna
kriegslieferung der DRG-BR 42 Pleven
Černa Mesta
Pamporovo Pazardžik

ka
Burgas
(WLF 17632/1948), an aufgelasse- Sofija Bulgarien st a Varvara

pins
elektrifizierte
Me Marko Nikolov Normalspurstrecke
nen Kalkbrennöfen vorbei. Der Zug

Če
Pazardžik Sofija–Plovdiv
Türkei Dolene Cepina
hat die unter Bevölkerungsschwund Griechen-
land
leidende Kleinstadt Zemen vor
Kostandovo
Kurzem verlassen. Hinter der Lok a Jakoruda Ma
tnica 8 km
Ril Smolevo Cvetino Velingrad
laufen die drei für diese Reise aufge- Me
st a a
nic Spirka
Velingrad-jug Yazovir Batak
arbeiteten zweiachsigen Gbs-Wagen.

Karten: Wolfgang Kieslich

la

Jurukovo Ostrec
Ab

Dagonovo

Unten: Die Strecke ins 214-Seelen- Gulijna Banja Belica

Rh

Dorf Gjueschewo führt fast bis an Avramovo a

od

Razlog General Kovačev Sveta

p
Ljutarek
o

die nordmazedonische Grenze. Im Bansko e Petka

ir Dobrinište
Endbahnhof steht ein großes, fein
P

in
saniertes Empfangsgebäude, das
sogar noch besetzt ist (linke Seite).

87
KULTUR DES REISENS
Vergangene
Abschiedskultur
Ich wäre so gern noch geblieben, aber der Wagen der rollt …
Der Abschied gehört zu den Grundmustern menschlicher
Erfahrung. Unser Kind rennt zum Schulbus, die Freundin
fährt in die Firma, die Nachbarin geht auf Reha, die
Tochter hat sich ein Jahr Südafrika in den Kopf gesetzt …
Amtlicher Fototermin bei der jungen Bundesbahn:
Die klassische Abschiedsszene am F-Zug gehörte selbstredend
zum Repertoire einer werbewirksamen Öffentlichkeitsarbeit.
88
A
uch wenn nicht jeder Abschied be-
deutungsgeladen ist, begleitet uns
doch die Ahnung und Mahnung,
dass jeder Abschied ein Abschied für immer
sein kann. Der mit leichten Worten am
Stammtisch verabschiedete Kamerad wacht
eine Woche später morgens nicht mehr auf.
Der versprochene Besuch der weggezogenen
guten Freundin bleibt aus. Und in der eu-
ropäischen Erinnerung immer noch unver-
gessen: Die militärische Dienststelle gibt in
strenger Amtlichkeit zur Kenntnis, „Ihr
Sohn ist nach vorbildlichem heldenhaftem
Einsatz leider …“
ABSCHIED: NICHT NUR EIN WORT
Es entspricht zutiefst unserer Natur, ele-
mentare Erlebnismuster nicht nur gedank-
lich und verbal zu vollziehen, sondern auch
mit körpersprachlich gestützten Ritualen.
In der unendlichen Steigerung gesellschaft-
licher Mobilität im Industriezeitalter war
100 Jahre lang der Abschied am Bahnsteig
Inbegriff der Trennung. Dienstreise oder
Wehrübung, Kinderlandverschickung oder
Bilder: JS-Eisenbahnstiftung (3)
Erholungsurlaub, die Abfahrt in die Uni-
versitätsstadt oder die mit mehr oder we-
niger soliden Dokumenten gestützte Flucht
in die Ungewissheit des Exils: Der letzte
Wortwechsel zwischen Bahnsteig und Zug-
fenster gehörte dazu. „Hast Du die Fahr-
karte griffbereit?“, „Schreib‘ mir auch mal!“,
„Schönen Gruß an …!“.
Abschied am Anhalter Bahnhof
1932. Sechs Jahre später wer-
den jüdische Kinder von hier
ins rettende England geschickt.
Auch weinende Eisenbahner
wurden dabei beobachtet.

89
 KULTUR DES REISENS

Neulich in Prag: Immer noch ein Wagen

mit Übersetzfenstern. Bezauberndes
Kinderlachen, befreites Sein und
Möglichkeiten der Kontaktaufnahme
„draußen“. All das ohne den Filter druck-
dicht verschlossener Scheiben!

90
 KULTUR DES REISENS
Und dann hebt sich der Signalflügel. Ent-
sprechend der gebieterischen Lautsprecher-
ansage knallen die Türen, der Aufsichtsbe-
amte strafft sich zu dienstlicher Haltung und
streng kontrollierender Umschau. Er gibt mit
Pfeife und Kelle den amtlichen Abfahrauf-
trag. Das rennende Kind kann das entglei-
tende Abschiedsfenster auf eine Wagenlänge
noch überholen, während die Lokomotive
schwere Auspuffschläge in den Himmel
schleudert. Aber dann windet sich die Wa-
genschlange in die Biegungen der Weichen-
straße. Das Fenster mit dem immer noch
winkenden Arm wird kleiner und entschwin-
det im nächsten Gleisbogen. Jetzt ist der
Abschied wirklich vollzogen. Der Reisende
schließt gemäß stummer Mahnung der Ab- Wohin mag die Reise gehen in den dreiachsigen Umbauwagen
teilbesatzung das Fenster und wendet sich der jungen Bundesbahn in Hamburg?
seiner Lektüre zu. Die zurückbleibende Fa-
milie kehrt in ihren Alltag zurück. Epoche ohne Winken: Abschied durchs
reflektierende Fenster des ICE in Kiel Hbf.
WINKEN FÜR BETTINA
Sommer 1958: Meine Mutter, mein Bruder
und ich stehen auf dem Bahnsteig in Genthin
an der Strecke Berlin – Magdeburg. Die hei-
teren Sommerferien sind vorbei. Mein erster
Schultag in München steht bevor. Die Stun-
de des Abschieds gerinnt unter den Zeigern
der Bahnhofsuhr zur Minute des Abschieds.
Mein Herz ist besonders schwer, weil ich nun
jahrelang meine Kindheitsliebe Bettina nicht
mehr sehen werde. Das Profil der 01 drängt
sich breit und hoch heran. Das Ausfahrsignal
steht schon auf „Frei“. Nun keine Zeit verlie-
ren, einsteigen, Plätze suchen, Fenster auf-
reißen und winken, bis ich unsere Gastgeber
nicht mehr sehen kann. Schienenstöße und
Telegrafenmasten werden zum akustischen
und optischen Metronom des größer wer-
denden Abstandes von Genthin.
In unserer Zeit verabschiedet man sich auf
Bilder: Hendrik Bloem (2), JS-Eisenbahnstiftung

dem Parkplatz oder in den Labyrinthen der

Flughäfen. Die Fenster von Nahverkehrs-,
Regional- oder Fernzügen kann man nicht
mehr für ein wehmütiges Winken öffnen.
Der Begleiter zur Abreise sieht sich in der
verspiegelten Scheibe selbst. Schon klar:
Die Schiebefenster in den Wagen der
Dampflokzeit kann und darf es bei Fahrten
mit 200 oder 300 km/h nicht mehr geben.
Aber wir haben mit dem Abschiedsritual
schon auch ein Stück Lebenskultur verlo-
ren. Andreas Knipping

91
NACHTSALON

92
Ein Hauch von
 D
as Salzland in Sachsen-Anhalt gehört
nicht unbedingt zu den vorrangigen
Zielen eingefleischter Landschaftsfoto-
grafen unter den Eisenbahnfans: Es ist weitge-
hend flach. Aber in den Neunzigern waren dort
vielerorts noch unverfälschte Technikensemb-
les aus der Dampflokzeit zu entdecken wie hier
in Rathmannsdorf nahe Güsten an der ge-
schichtsträchtigen militärstrategischen „Kano-
nenbahn“, die ab 1882 Berlin mit dem elsass-
lothringischen Metz verband. An diesem
Samstagabend im Februar 1997 erwarten wir
den Sonderzug von Wernigerode nach Berlin,
gezogen von einem Schienenstar in einmaligem
Gewand, der stromlinienverkleideten Drillings-
Schnellzuglok 01 1102. Nach jahrzehntelangem
Stillstand auf einem Denkmalssockel dank pri-
vaten Engagements im Dampflokwerk Meinin-
gen wieder zum Leben erweckt, hat sie dort ihr
konventionelles Erscheinungsbild aus Bundes-
bahn-Plandienstzeiten in ihre Ursprungsgestalt
von 1940 zurückverwandeln lassen. Eine enor-
me Leistung, diese Vision zu verwirklichen! Da
- die Schranke senkt sich, der Signalflügel klap-
pert nach oben, gespannte Konzentration, dann
kommt sie mit ihrem 550-Tonnen-Zug herange-
stürmt. „Vordergrund macht Bild gesund“,
habe ich mir gedacht und das trockene Ge-
strüpp als Atmosphäre-Element in Szene ge-
setzt. Die Auslösung mit den 41 Blitzen muss
genau sitzen, damit die Lok nicht im Gemüse
verschwindet. Nach der Durchfahrt schnell
noch 8 Sekunden ohne Blitze auf denselben
Film nachbelichtet, um die Lichtstimmung der
Straßenlampen einzufangen. Da war der Sig-
nalflügel schon in Haltstellung gefallen. Und
heute? Alles Geschichte – die Bahnlinie ist hier
stillgelegt und abgerissen, und 01 1102 träumt
seit vielen Jahren davon, wieder unter Voll-
dampf auf die Strecke gehen zu dürfen. Wün-
schen wir ihr, dass es bald wieder möglich sein
Bild: Axel Zwingenberger

möge! Axel Zwingenberger

Anmerk. d. Red.: Der prominente Künstler

Axel Zwingenberger gibt mit seinen Bildern,
die selbst Kunstwerken gleichen, Einblick
in sein langjähriges Schaffen und schlägt

Stromlinie
auch sensible Brücken zur Gegenwart des
Nostalgiebetriebes. Zu seinem exzellenten
Band „Vom Zauber der Züge. Eine Reise
durch die Nacht in Bildern und Musik“
mit Audio-CDs und Notenheft geht es hier:
boogiewoogie.net

93
 Für Aug’ und Ohr
Unsere Empfehlungen für Freunde von
Zugreisen, Bahngeschichte und -geschichten IN 80 ZÜGEN
UM DIE WELT
sowie von Jugendliteratur. Mein 70 000 Kilometer
langes Abenteuer auf
Schienen.
BAHNREISEFÜHRER National Geographic
SCHWEIZ Traveller Book of the Year
Mit Zug, Bus und Schiff das Monisha Rajesh, 2021
ganze Land entdecken Edel Books, 400 S., 17,95 €
Ruedi Eichenberger, 2020
AS Verlag, TB, 389 S., 49,90 € Die atemberaubende, über 70.000 Kilometer lange
Reise durch zahlreiche Länder und Kontinente ist
Die einzigartige landschaftliche und nicht nur eine Eisenbahnreise: Sie ist auch eine Reise
kulturelle Vielfalt der Schweiz in die Kulturen dieser Welt, auf der wir in so kurzen
kennenzulernen, noch dazu umwelt- Abständen so viele Menschen kennenlernen, wie es
freundlich, geht am besten mit der dann eben doch nur mit der Eisenbahn gehen kann.
Bahn, ergänzt durch Bus und Schiff, Die Welt per Schiene wirklich erfahren: Ein Wahn-
alles übrigens ein ganz anderes sinnsabenteuer!  (Red.)
Erlebnis als z.B. hierzulande. 30 Routen werden mit
Wander- und Radfahrtipps, als halb- oder ganztägige
Rundreise, angeboten: Auf in die Schweiz!  (Red.) KURSBUCH 23 Gratis!
von SBB Historic

Für Jugendliche ... und zum Verschenken.
DER WELTEN-EXPRESS
(BAND 1)
Anca Sturm, 2018, Lesealter: 10-18 Jahre
Carlsen, 384 S., 14,99€
für »Harry Potter« -Fans; Saarländischer
Kinder- und Jugendpreis 2019
Eine atemlose Reise, angetrieben von Koh-
le, Dampf ... und Magie! Willkommen im
WELTEN-EXPRESS! Nacht für Nacht sitzt
die schüchterne Flinn Nachtigall am stillge-
legten Bahnhof von Weidenborstel, dem Ort, wo zwei
Jahre zuvor ihr Bruder verschwand. Bis eines Abends ein Zug herbeirollt,
mit einer gewaltigen, Rauch spuckenden Lokomotive. Und Flinn … stürzt
als blinde Passagierin in das Abenteuer ihres Lebens! Denn der Zug ist der
Welten-Express, ein fahrendes Internat voller außergewöhnlicher Kinder,
angetrieben mit magischer Technologie. Der Welten-Express birgt mehr
Geheimnisse, als sie sich je hätte träumen lassen ...
Weitere Bände der Trilogie: Der Welten-Express (Band 2): Zwischen Licht und
Schatten; Der Welten-Express (Band 3): vom Suchen und Finden. (Carlsen)
ER-Leser wissen es: Die Stiftung SBB
Historic macht sich zur Aufgabe, die
Bahngeschichte der Schweiz erleb-
bar zu machen. Dies geschieht durch
verschiedene Vermittlungstätigkeiten
wie Erlebnisfahrten mit historischem
Rollmaterial, Führungen, Veranstal-
tungen und vielem mehr. Diese Ak-
tivitäten werden auch für 2023 wie-
der in einem Veranstaltungskalender
zusammengefasst – dem „Kursbuch“
von SBB Histo-
ric, angelehnt an
die früheren „Of-
fiziellen Kursbü-
cher“ des öffent-
lichen Verkehrs
der Schweiz. Das
Kursbuch 23 kann
ab sofort per
E-Mail gratis(!)
geordert werden:
info@sbbhistoric.ch.  (SBB Historic)

94
 REZENSIONEN

Andreas Knipping
LOKOMOTIVFÜHRER HORST BAUER
Erzählungen und Bilder vom Dampfbetrieb in
Nordbayern und vom Versuchswesen in München
EK Verlag, Freiburg 2020
128 S., 35,00 €
Nein, es ist sicher kein taufrisches Buch mehr und
schon seit Längerem auf dem Markt. Aber es ist ein
besonderes Buch. Horst Bauer (+) kommt als Eisen-
bahner in seinen quasi letzten Lebenstagen zu
Wort. Anders als bisherige Heizer- oder Lokführerge-
schichten, in denen die Protagonisten detailliert in die
Tasten hauen und dabei ihr über Jahrzehnte erlangtes
Eisenbahnfreunde-Wissen einfließen lassen, entsprach
Horst Bauer jenem Schlag Eisenbahner, der zunächst
mit Leidenschaft im Bayerischen von der Pike an seiner
Arbeit auf der Dampflok nachging, den Traktionswech-
sel im zweiten Teil seiner Karriere dann aber bewusst
mit gestaltete, als er sich für die fortschrittliche E-Trak-
tion mit Inbetriebnahme des Olympia-Triebzugs 420
entschied. Das ist hochinteressant. Dennoch: Der
Ruhestand kam und Horst Bauer lebte fortan sein
Familienleben. Als er sehr spät zur Feder, pardon, zum
Kugelschreiber griff, animiert von
dem unseren ER-Lesern wohlbe-
kannten Autor Andreas Knipping
(ER-Rubrik Kultur des Reisens), war
dies ein Blick weit zurück in seine
Vergangenheit. Die Schwerpunkte
von Horst Bauers Schilderungen
richten sich deshalb an dem aus, was
ihm in seinen Erinnerungen hängen-
blieb. Das waren vor allem Men-
schen, Anekdoten und die ihm
anvertrauten Maschinen und die Orte, wo er unterwegs
war. Es sind dies keine Nietenzähler-Details, keine
Streckenkilometer oder Loknummern. Vielmehr lässt
Horst Bauer, zuletzt im Angesicht des Todes, seine
versunkene Arbeitswelt liebevoll menschlich Revue
passieren: Vor allem die des Dampfbetriebes, dann aber
auch die des E-Versuchswesens. Und wo andere
ausschmücken und gar übertreiben, weiß Horst Bauer,
wo es ein Ende hat. Es ist alles gesagt, alles erzählt. Nur
kurz nach der finalen Niederschrift seiner Erinnerun-
gen verabschiedet er sich selbst in die Ewigkeit …
Empfehlenswert! Lesen Sie dazu auch Horst Bauers
Bericht in dieser Ausgabe ab S. 62.  Hendrik Bloem

THE TIMES: END OF THE LINE

British railway closures from 1948 to Beeching
Julian Holland, 2022
Collins, 256 S., £20.25
(englisch; bestellbar z.B. bei amazon)

The Times: End of the Line zeichnet die Geschichte von mehr als 400 längst vergessenen
Eisenbahnlinien nach, von ihrer Eröffnung bis zur Schließung und in einigen Fällen bis
zur Wiedereröffnung; dies im Zeitraum von 1948 bis 1996. 23.440 Streckenmeilen umfass-
te einst das englische Bahnnetz, wenig ist geblieben. 2.500 Bahnhöfe und Zehntausende
Arbeitsplätze gingen verloren. Dennoch: Umfangreiche Kartenwerke und Fotografien hel-
fen, sich voller Lust und Staunen in eine vergangene große Ära zu begeben!  (Red.)

Vorankündigung
FARBFOTO-RARITÄTEN VON CARL BELLINGRODT
Die DB in den 1950er-Jahren (Vorankündigung)
Udo Kandler, Mai 2023
VGB GeraMond, 192 S., 200 Abb., 49,99€

200 kostbare und wenig bekannte Fotoraritäten in Farbe, die der berühmte
Eisenbahnfotograf Carl Bellingrodt während der 1950er Jahre in der noch jungen
Bundesrepublik anfertigte, zeigen oft untypische und damit überraschende
Blickwinkel sowohl auf den regen Bahnbetrieb als auch auf das fotografische
Schaffen dieses Fotografen. Ein Higlight! Bestellbar unter vgbahn.shop. (Red.)

95
 SCHLUSSLICHT

IMPRESSUM
V8, die Schuppenkatze
ohne Business
Ausgabe 2/2023
Herausgeber und Verantwortlicher Redakteur:
Hendrik Bloem (V.i.S.d.P.)
Editorial Director: Michael Hofbauer
Mitarbeitende dieser Ausgabe: Hendrik Bloem, Gabriel Acker,
Axel Bozier, Georg Trüb, Anton Zuercher, Edi Kunz, Mathilda Roeder,
Volker Böhm, Holger Stoll, Fritz Wolff, Jörg Dietrich, Armin Götz,
Dieter Bertelsmann, Kirsten Ruppel, Claudia Fritz, Andreas Knipping,
Bernd Seiler, Axel Zwingenberger, Frank Schwanenberg
Redaktionsassistenz: Angelika Gäck
Layout: Rico Kummerlöwe Geschichte von „V8“ (Vau Acht), der
Schlussredaktion: Jana Müller (fr), Matthias Müller (fr)
Leitung Produktion Magazine: Sandra Kho Schuppenkatze aus Köln-Nippes. V8
Herstellung: Sabine Springer lebt im Lokomotivschuppen. Sie kennt
Verlag: GeraMond Media GmbH, dort jedes Gleis, jede Grube und nimmt
Infanteriestraße 11a, 80797 München
Geschäftsführung: Clemens Schüssler, Gerrit Klein Besitz von dort weilenden Lokomotiven.
Gesamtleitung Media: Jessica Wygas (verantwortlich für
den Inhalt der Anzeigen), jessica.wygas@verlagshaus.de
Sie ist der Liebling der Eisenbahner,
Anzeigenleitung: Bettina Wilgermein, bettina.wilgermein@verlagshaus.de wird gefüttert und geliebt. Zunächst sah
Vertriebsleitung: Dr. Regine Hahn
Vertrieb/Auslieferung: Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel:
es gar nicht gut für sie aus: Ihre Baby-
MZV Moderner Zeitschriften Vertrieb Unterschleißheim (www.mzv.de) Geschwister wurden zusammen mit
Litho: Ludwig Media Gmbh, Zell am See, Österreich ihrer Katzenmutter auf der Straße ne-
Druck: Druck: EDS, Passau
benan überfahren. Grauenvoll. Man
© 2023, GeraMond. ISSN 2702-1246
ISBN: 978-3-98702-009-4 nahm sich des überlebenden Katzenba-

E
Gerichtsstand ist München.
bys an und gab ihm einen Namen, frei
Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind
urheberrechtlich geschützt. Eingereichte Manuskripte müssen frei von Rechten Dritter
sein. Mit der Annahme des Manuskripts überträgt der Verfasser dem Verlag das
isenbahn zu machen, geht nicht nach des Schuppenschraubers liebsten
ausschließliche Recht zur Veröffentlichung, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung
und öffentlichen Zugänglichmachung, also insbesondere auch im Hinblick auf
ohne Menschen. Der junge Be- Motortyp: V8. V8 ist nunmehr über
Online-Publikationen.
triebswirtschaftler dürfte ange- 20 Wochen alt und die Seele des Loko-
Alle Angaben in dieser Zeitschrift wurden vom Autor sorgfältig recherchiert sowie vom
Verlag geprüft. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Haftung übernommen werden. sichts dieser Aussage den Zeigefinger motivschuppens. Stets begleitet sie die
heben: Menschen sind ein Kostenfaktor. Menschen auf Führerständen, in Ma-
Für unverlangt eingesandtes Bild- Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Ver­-
vielfältigung, Speicherung und Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Und Kosten sind zu reduzieren. Mathe- schinenräumen. Und in den Früh-

matisch ist das für ihn logisch. Was er stücksraum. V8 ist damit echtes Eisen-
in Zahlen auszudrücken weiß, ist sein bahninventar. Und ein tierischer Faktor.
Job. Und je ernster er ihn betreibt, umso Der kostet: manches halbe Butterbrot
lukrativer ist er. Auch für ihn. Gut, sind und manche Viertelstunde Arbeitszeit
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Einzug erfolgt jeweils zum Erscheinungstermin der Ausgabe, der mit der Vorausgabe
angekündigt wird. Den aktuellen Abopreis findet der Abonnent immer hier im eine effektive Bahn-Öffentlichkeitsar-  Ihr Hendrik Bloem
Impressum. Die Mandatsreferenznummer ist die auf dem Adressetikett eingedruckte
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 Vorschau
Eisenbahn-Romantik erscheint
wieder im Juni 2023
KANDERTALBAHN
RUNDERNEUERT
Nah dran sein, heißt es bei der Kandertal-
bahn, die sich in den letzten Jahren eine
ungewöhnlich authentische Länderbahn-Gar-
nitur aufgebaut hat. Eine echte Zeitreise!

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In einem der größten Staaten der Erde erleben Sie Sich mit den Zwickauer Nahverkehrsfreun-
Volldampf vom Feinsten. Schuld daran ist vor allem ein den auf eine Sonderfahrt zu begeben, be-
umtriebiger Reiseveranstalter … geistert nicht nur Straßenbahnfreunde!

AUSSTELLUNG DB MUSEUM

Bilder: Bernd Seiler, Slg. Kandertalbahn, Holger Stoll, Axel Bozier, Hendrik Bloem, Günter-Radtke (Slg. DB Musuem)
Wenn das DB Museum Trendsetter ist, dann
bei richtungsweisenden Ausstellungen:
FUTURAILS dürfte uns alle verblüffen!

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Es gibt da so einen halb geheimen Ort, der kaum
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Sie dorthin – ausnahmsweise. Ein traumhafter Bericht von Modernem und
Historischem auf der wichtigen Gütermagistrale.
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