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Ich danke Kollege Prof. C. Jungemann für das Bereitstellen des Skripts, Herrn
D. Bierbüsse für das Überarbeiten des Textes, Herrn D. Kahlen und N. Dieterich
für die Erstellung der Abbildungen und Herrn A. Noculak für die Messungen.
R. Negra
ii
Gate-DC-Anschluss
Drain-DC-Anschluss
Koaxialbuchse
(SMA Port)
HF-Kurzschluss
(Kondensator)
Substrat
Niet (auf Masse)
λ/4-Leitung
Drain-HF-Anschluss
LC-Anpassnetzwerk
Koppelkondensator
GaN-JFET
Abbildung 1: Schmalbandiger HF-Verstärker.
In Abb. 1 ist ein schmalbandiger HF-Verstärker dargestellt, der am Institut für Theoreti-
sche Elektrotechnik im Rahmen einer Studienarbeit gebaut wurde. Ziel der Vorlesung ist es,
dass Sie nach Abschluss der Vorlesung in der Lage sind, den Aufbau und die Funktionsweise
dieser Mikrowellenschaltung zu verstehen. Die einzelnen Elemente der Schaltung werden in
der Vorlesung besprochen und es werden Methoden entwickelt, mit denen sich das gesamte
System beschreiben lässt.
iii
iv
Inhaltsverzeichnis
1 Leitungstheorie 1
1.1 Das Modell der zylindrischen Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Die Differentialgleichung der elektrischen Leitung: Telegraphengleichungen . . 6
1.2.1 Differentialgleichungen der verlustlosen Leitung . . . . . . . . . . . . . 6
1.3 Die Telegraphengleichung der verlustbehafteten Leitung . . . . . . . . . . . . 10
1.3.1 Die Wellengleichung der verlustbehafteten Leitung . . . . . . . . . . . 10
1.3.2 Wellenausbreitung auf der verlustbehafteten Leitung . . . . . . . . . . 12
1.4 Spannung und Strom auf der verlustbehafteten Leitung . . . . . . . . . . . . 15
1.5 Spannungverlauf entlang der verlustfreien Leitung . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.5.1 Bestimmung des Reflexionsfaktors aus dem Stehwellenverhältnis . . . 22
1.6 Impedanztransformation mittels der verlustfreien und verlustbehafteten Leitung 23
1.6.1 Die Kettenmatrix der Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.6.2 Impedanztransformation mit einer Leitung . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.6.3 Impedanztransformation des Reflexionsfaktors mit einer verlustbehaf-
teten Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.6.4 Impedanztransformation mit einer verlustfreien Leitung . . . . . . . . 27
1.7 Das Smith-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1.7.1 Eigenschaften des Smith-Diagramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1.7.2 Anwendung des Smith-Diagramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
1.7.3 Lösung von Anpassungsproblemen mit dem Smith-Diagramm . . . . 41
1.8 Leitungstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
1.8.1 Die Koaxialleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
1.8.2 Die Zweidrahtleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
1.8.3 Die Mikrostreifenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
1.9 Betriebsbereiche von Leitungen mit Ohmschen Verlusten . . . . . . . . . . . . 73
1.9.1 Niederfrequenter Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
1.9.2 Hochfrequenter Betrieb mit R0 (f ) = konstant . . . . . . . . . . . . . . 78
1.9.3 Hochfrequenter Betrieb mit ausgeprägtem Skineffekt . . . . . . . . . . 78
1.10 Signale auf Leitungen im Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
1.10.1 Signale auf der verlust- und dispersionsfreien Leitung mit resistiven
Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
1.10.2 Das Bergeron-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
1.10.3 Die verlustfreie Leitung mit eingangsseitiger Anpassung und reaktiv-
resistiver Last . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
1.10.4 Impulsverzerrung auf der skineffektbehafteten Leitung . . . . . . . . . 97
1.10.5 Phasen- und Gruppenlaufzeit, Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . 100
v
1.11 Mehrfachleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
1.11.1 Die Analyse der allgemeinen Mehrfachleitung . . . . . . . . . . . . . . 109
1.11.2 Die querhomogene Mehrfachleitung mit idealen Leitern . . . . . . . . 117
1.11.3 Die einfachste querinhomogene Mehrfachleitung: die symmetrische
Dreifachleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
2 N-Tortheorie 137
2.1 Zweitore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
2.1.1 Admittanzparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
2.1.2 Impedanzparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
2.1.3 Kettenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
2.1.4 Hybridparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
2.2 Umrechnung der Zweitorparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
2.3 Reziprozität und Symmetrie von N-Toren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
2.4 Beispiele für Zweitore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
3 Streuparameter 153
3.1 Komplexe Wellenamplituden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
3.2 Streumatrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
3.3 Wellenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
3.4 Wellenkettenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
3.5 Trsf. in versch. Darst. der Zweitorparammeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
3.6 Signalflussdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
3.6.1 Das Vereinfachen des Signalflussdiagramms . . . . . . . . . . . . . . . 169
3.6.2 Die Regel nach Mason . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
vi
4.4.3 Ringhybrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
4.5 Parallel gekoppelte Mikrostreifenleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
4.5.1 Symmetrische gekoppelte Mikrostreifenleitung . . . . . . . . . . . . . . 195
4.5.2 Mikrostreifenleitung als Bandpass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
6 Kleinsignalverstärker 227
6.1 Verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
6.2 Stabilität von Zweitoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
6.3 Realer Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
6.4 Beidseitig angepasster Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
vii
viii
Literatur zur Vorlesung
ix
Liste der Symbole
e Eulersche Zahl
j Imaginäre Einheit
x Reelle Zahl
~x Vektor
x̂ Matrix
† ~x† = (~x? )T
Rauschspannungsquelle Rauschstromquelle
x
Kapitel 1
Leitungstheorie
Üblicherweise wird unter dem Begriff einer elektrischen Leitung eine Anordnung von zwei
parallelen, zylindrischen und metallischen Leitern verstanden, die von Luft oder einem festen
Isolator umgeben sind. Sie führen ein elektrisches Signal oder elektrische Energie von einer
Quelle zu einer Senke. Ganz allgemein hat eine Leitung die Aufgabe, eine elektromagnetische
Welle möglichst ohne Verluste zu führen. Dazu muss eine Leitung nicht notwendigerweise dem
beschriebenen Aufbau entsprechen. Es ist beispielsweise auch bekannt, dass sich elektroma-
gnetische Signale leicht und mit wenig Verlusten über eine Glasfaser, einer rein dielektrischen
Struktur ohne Metalle, übertragen lassen. Abb. 1.1 zeigt eine Zusammenstellung verschiede-
ner technisch bedeutender Leitungen. Allen diesen Strukturen ist gemein, dass sie aus Leitern
und Dielektrika aufgebaut und zylindrisch sind, d. h., dass sie in der Transversalebene eine
von der z-Koordinate unabhängige Geometrie aufweisen. Die z-Achse wird im Folgenden
o. B. d. A. als Ausbreitungsrichtung der Welle angenommen.
Die Leitungstheorie beschreibt die elektrischen Eigenschaften von Leitungen aller Art und lie-
fert die Grundlagen zur Beschreibung des Verhaltens von Signalen im Frequenzbereich und im
Zeitbereich. Es wird gezeigt, dass diese Eigenschaften nicht mit einfachen Ersatzschaltungen,
bestehend aus diskreten, linearen Elementen wie Widerstände, Induktivitäten, Kapazitäten
und Quellen, nachgebildet werden können. Die hier behandelten Leitungen sind zwar linear,
müssen aber als verteilte Elemente betrachtet werden, da ihre Längsdimensionen vergleichbar
oder größer sein können als die Wellenlängen der übertragenen Signale.
Da die Leitungstheorie im Wesentlichen die eindimensionale Wellenausbreitung beschreibt,
bildet sie auch den Grundstock zum Verständnis ähnlicher Vorgänge in der Physik, wie bei-
spielsweise das Verhalten von
Materiewellen u. a.
Leitungen müssen immer dann als verteilte Strukturen dargestellt werden, wenn die betrach-
teten Signalzeiten oder -perioden vergleichbar mit den Leitungslaufzeiten werden. Als grobe
Regel gilt, dass eine Leitung als verteilte Struktur behandelt werden muss, wenn ihre Länge
größer als 1/10 der Wellenlänge des betrachteten Signals ist. Dazu drei Beispiele:
1
2 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Halbleiterchips wird die Signalgeschwindigkeit durch die Dielektrizität des Materials auf
0.3 co bis 0.7 co reduziert. Auf einem Halbleiterchip mit maximalen Leiterlängen von ca.
1 cm kann damit der Leitungscharakter der elektrischen Verbindungen vernachlässigt
werden. Auf einer Karte mit maximalen Leitungslängen im Bereich von etwa 20 cm wird
das Verhalten des Signals durch die verteilte Leitungsstruktur deutlich bestimmt. Auf
dem Systembus, der in einem 19 Zoll Gehäuse eine Länge von 50 cm annehmen kann,
ist die Beeinflussung durch die Leitung sehr ausgeprägt.
2. In Kabelfernsehsystemen werden Signale mit Trägerfrequenzen von bis zu ca. 500 MHz
übertragen. Bei dieser Frequenz beträgt die Wellenlänge λ = 60 cm im Vakuum und
ca. 40 cm in typischen in der CATV-Technik (community antenna TV system: Gemein-
schaftsantennenanlagen) verwendeten Kabeln. Jedes Kabelstück mit einer Länge von
4 cm wird sich damit als verteiltes Leitungselement bemerkbar machen.
In der vorliegenden Einführung in die Leitungstheorie beschränken wir uns auf die Be-
handlung von Leitungen, die aus zwei oder mehr metallischen Leitern aufgebaut sind, ent-
sprechend den Beispielen überschrieben mit Zwei- und Mehrleitersysteme in Abb. 1.1. Auf
solchen Leitungen werden TEM-Wellen (transverse electromagnetic waves) geführt: Sie zeigen
nur elektrische und magnetische Feldstärken in der Transversalebene, d. h. in der zur Ausbrei-
tungsrichtung normalen Ebene. Obwohl die reine TEM-Welle theoretisch auch von Leitungen
mit sehr großen Abmessungen in der transversalen Geometrie geführt wird, machen wir hier
die Einschränkung, dass die Lateraldimensionen immer wesentlich kleiner als die betrachteten
Signalwellenlängen sein sollen, wie dies der technischen Realisierung der meisten Zwei- und
Mehrleitersysteme entspricht. Ein Verzicht auf diese Einschränkung würde bedeuten, dass
noch andere Arten geführter Wellen auf den Leitungen auftreten könnten. Zudem könnte
die Leitung als Antenne wirken und somit könnte elektromagnetische Abstrahlung auftreten.
Die Theorie dieses allgemeinen Falles zylindrischer Leitungen ist wesentlich aufwendiger und
würde den Rahmen dieser Einführung sprengen. Wie in den obigen drei Beispielen gezeigt
wurde, liegt die Signalgeschwindigkeit vg auf Leitungen im Bereich: 0.3co < vg < co . Es ist
dabei nützlich, gewisse Zahlenwerte auswendig zu wissen:
Abbildung 1.1: Beispiele von Leitungen: Zwei- und Mehrleitersysteme, metallischer Hohlleiter
und dielektrischer Wellenleiter.
4 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Wir setzen voraus, dass der Abstand d zwischen den Leitern wesentlich kleiner ist als die
Wellenlänge λ des auf der Leitung auftretenden Signals im Dielektrikum der Leitung:
c0
dλ= √ (1.1)
f εr
Wird auf eine Leitung entsprechend Abb. 1.2 eine Spannungsquelle Uq aufgeschaltet, wird
sich auf beiden Leitern der Leitung sofort ein Strom i einstellen. Ohne zu wissen, wie schnell
sich dieser Stromschritt auf der Leitung fortbewegt, können wir feststellen, dass dieser Strom
ein die Leiter umgebendes magnetisches Feld erzeugen wird, wie dies in Abb. 1.3 dargestellt
ist. Der Strom i ist damit mit einem magnetischen Flussbelag Φ0 , d. h. mit einem auf die
Leitungslänge bezogenen magnetischen Fluss mit der Dimension Vs/m, verbunden.
Über einem infinitesimal kurzen Stück dz der Leitung wird der magnetische Fluss Φ0 dz
auftreten. Somit kann ein Induktivitätsbelag L0 , Leitungsinduktivität pro Längeneinheit der
1.1. DAS MODELL DER ZYLINDRISCHEN LEITUNGEN 5
Die Spannung u und der Strom i sind Funktionen des Ortes z entlang der Leitung und
der Zeit t: u(z, t), i(z, t). Spannungs- und Stromänderungen in der Leitung lassen sich durch
die partiellen Ableitungen dieser Funktionen ausdrücken:
∂u ∂i
du = dz di = dz (1.4)
∂z ∂z
Die Kirchhoffschen Gesetze liefern folgende Beziehungen:
∂i 0 ∂u
u = iR0 dz + L dz + u + dz (1.5)
∂t ∂z
∂u 0 ∂i
i = uG0 dz + C dz + i + dz (1.6)
∂t ∂z
Mit Subtraktion von u bzw. i aus (1.5) und (1.6) erhalten wir die beiden Differentialglei-
chungen:
∂u 0 0 ∂
=− R +L i (1.7)
∂z ∂t
∂i ∂
= − G0 + C 0 u (1.8)
∂z ∂t
Die Gleichungen (1.7) und (1.8) bilden ein System partieller, linearer Differentialgleichun-
gen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
Die so erhaltenen Gleichungen (1.9) und (1.10) sind die Telegraphengleichungen der ver-
lustlosen Leitung. Sie wurden erstmals von J. C. Maxwell um 1860 formuliert. Sie beinhalten
beide Strom und Spannung. Indem (1.9) nach z und (1.10) nach t abgeleitet werden, kann
der Strom i eliminiert werden:
∂2u 2
0 0∂ u
= L C (1.11)
∂z 2 ∂t2
In gleicher Weise, durch Ableiten von (1.9) nach t und von (1.10) nach z, kann die Span-
nung u eliminiert werden:
∂2i 2
0 0∂ i
= L C (1.12)
∂z 2 ∂t2
Die beiden gefundenen Gleichungen (1.11) und (1.12) für die Spannung u und den Strom i
sind identisch und entsprechen der aus der Physik bekannten eindimensionalen Wellenglei-
chung. Als homogene Differentialgleichungen zweiter Ordnung haben diese Wellengleichungen
Lösungen, die sich aus der Summe von zwei Partiallösungen, die wir mit Index a und b be-
zeichnen, zusammensetzen. Jede zweimal differenzierbare Funktion der Form
Abbildung 1.6: Ausbreitung eines Signals u(t) auf der verlustfreien Leitung.
Damit ist für Leitungen mit Vakuum oder Luft als Dielektrikum die Ausbreitungsge-
schwindigkeit v gleich der Lichtgeschwindigkeit c0 . In einem Dielektrikum mit relativer
Dielektrizitätskonstante εr und relativer Permeabilitätskonstante µr = 1 ist die Aus-
√
breitungsgeschwindigkeit v = c0 / εr .
Abbildung 1.7: Strom- und Spannungsrichtung einer hin- und einer rücklaufenden Welle.
Die Bedeutung des reellen Wellenwiderstandes soll an zwei Beispielen erläutert werden:
Beispiel 1
Eine sehr lange Leitung nach Abb. 1.8 wird durch eine Spannungsquelle mit einem Span-
nungsschritt gespeist.
Abbildung 1.8: Lange Leitung mit der reellen Wellenimpedanz Zw , die mit einem Spannungs-
schritt gespeist wird.
Existiert auf der Leitung nur eine vorwärtslaufende Welle, sieht die Quelle lediglich die
reelle Wellenimpedanz Zw der Leitung. Auf dieser erscheint√ ein Spannungsschritt der Höhe
Uq Zw /(Rq + Zw ), der sich mit der Geschwindigkeit v = 1/ L0 C 0 in z-Richtung bewegt.
Beispiel 2
Wird eine Leitung nach Abb. 1.9 mit der Wellenimpedanz Zw abgeschlossen, kann auf der
Leitung keine rückwärtslaufende Welle auftreten. Die Leitung ist reflexionsfrei abgeschlossen
und zeigt die Eingangsimpedanz Zw .
Abbildung 1.9: Eine mit der Wellenimpedanz Zw abgeschlossene Leitung zeigt die Ein-
gangsimpedanz Zw .
Nach dieser kurzen Betrachtung der verlustfreien Leitung wenden wir uns dem allgemei-
neren Fall, der verlustbehafteten Leitung, zu.
10 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
d2 U
= (R0 + jωL0 )(G0 + jωC 0 )U (1.30)
dz 2
Im Unterschied zu (1.24) tritt in (1.30) die Zeit t nicht mehr auf: (1.30) ist eine gewöhn-
liche, lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
Durch Elimination von U aus (1.28) und (1.29) finden wir die zu (1.30) entsprechende Glei-
chung für I:
d2 I
= (R0 + jωL0 )(G0 + jωC 0 )I (1.31)
dz 2
(1.30) und (1.31) sind die Wellengleichungen der verlustbehafteten Leitung und werden
üblicherweise in folgender Form geschrieben:
d2 U
= γ2U (1.32)
dz 2
d2 I
= γ2I (1.33)
dz 2
p
mit γ = (R0 + jωL0 )(G0 + jωC 0 ) (1.34)
Dabei ist γ die komplexe Wellenausbreitungskonstante (propagation constant) mit der Di-
mension 1/m.
Die Lösungen von (1.32) und (1.33) sind von der Form:
Wird (1.35) nach z abgeleitet und in (1.28) eingesetzt, finden wir eine Beziehung zwischen
den Leitungsspannungen und -strömen:
s
−1 dU G0 + jωC 0 −γz γz
I(z) = 0 · = · U a0 e − U b0 e (1.37)
R + jωL0 dz R0 + jωL0
Für den schon behandelten Fall der verlustlosen Leitung ist die Wellenimpedanz nach (1.19)
rein reell: r
L0
Z w = Zw = (1.39)
C0
Nach dieser formalen Lösung der Wellengleichungen (1.32) und (1.33) sollen die gefunde-
nen Resultate interpretiert werden.
12 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Wie nachfolgend gezeigt wird, kann der Lösungsansatz nach (1.35) einfach und plausibel
interpretiert werden. (1.35) als Zeitfunktion ausgeschrieben ist:
p
γ= (R0 + jωL0 )(G0 + jωC 0 ) = α + jβ (1.41)
mit α: Dämpfungsbelag mit Dimension Np/m
β: Phasenbelag mit Dimension rad/m
Da der Dämpfungsbelag α nach (1.41) als Exponent zu e erscheint, ist die Dimension Np/m
(Neper/Meter). Häufig wird α in dB/m angegeben. Die Umrechnung erfolgt dann nach der
Definition der Dämpfung im logarithmischen Maß:
α α
0.05 [dB/m] z z
10 = e [Np/m] (1.42)
daraus folgt
α α
= 8.686 (1.43)
[dB/m] [Np/m]
oder
U b (z) = U b0 eγz (1.47)
1.3. DIE TELEGRAPHENGLEICHUNG DER VERLUSTBEHAFTETEN LEITUNG 13
Wir stellen uns nun die Frage, mit welcher Geschwindigkeit vp sich die Welle in der z-
Richtung bewegt, d. h. wie schnell sich beispielsweise der Nulldurchgang einer in positiver
z-Richtung laufenden Welle (ωt − βz = π/2) bewegt. Mit der Phasengeschwindigkeit vp
bewegt sich der Beobachtungspunkt z mit z = z0 + vp t. Die Phase (ωt − β(z0 + vp t)) bleibt
konstant, wenn die Phasengeschwindigkeit
ω
vp = (1.48)
β
beträgt.
Die Phasengeschwindigkeit der rückwärtslaufenden Welle, Anteil b) in (1.40), läuft mit der
Geschwindgkeit vpr .
ω
vpr = −vp = − (1.49)
β
Abb. 1.10 zeigt die in positive und negative z-Richtung laufenden, mit dem Dämpfungs-
belag α behafteten Teilwellen.
Die Ströme der vorwärts- und rückwärtslaufenden Wellen lassen sich nach (1.38), (1.45)
und (1.47) wie folgt bestimmen:
U a0 e−γz U (z)
vorwärtslaufende Welle: I a (z) = = a (1.52)
Zw Zw
U b0 eγz U (z)
rückwärtslaufende Welle: I b (z) = = b (1.53)
Zw Zw
Wie im Fall der verlustfreien Leitung stellt auch die verlustbehaftete Leitung für die reine
vorwärtslaufende Welle bzw. für die reine rückwärtslaufende Welle eine Impedanz, die Wellen-
impedanz Zw , dar. Durch diese Wellenimpedanz Zw ist die vorwärtslaufende Spannungswelle
mit einem in Vorwärtsrichtung laufenden Strom und die rückwärtslaufende Spannungswelle
mit einem in Rückwärtsrichtung laufenden Strom verbunden.
14 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Abbildung 1.10: In positive und negative z-Richtung laufende gedämpfte Spannungs- und
Strom-Teilwellen.
1.4. SPANNUNG UND STROM AUF DER VERLUSTBEHAFTETEN LEITUNG 15
Die Amplituden U a0 und U b0 der Teilwellen werden durch die Beschaltung der Leitung
mit Quelle und Last bestimmt. Im Folgenden betrachten wir nur einfache Beschaltungen
an den Leitungsenden. Die Verallgemeinerung für beliebige lineare Netzwerke ist problemlos
möglich. Abb. 1.11 zeigt die Beschaltung einer Leitung der Wellenimpedanz Z w mit einer
Spannungsquelle U q mit Quellenimpedanz Z q und einer Lastimpedanz Z 2 .
U (0) = U 1 = U a0 + U b0 (1.56)
1
I(0) = I 1 = U a0 − U b0 (1.57)
Zw
Am Ort z = l sind
Aus der Netzwerktheorie ist bekannt, dass eine Quelle mit einer Lastimpedanz belastet werden
muss, die dem konjugiert komplexen Wert der Quellenimpedanz entspricht, um einen maxi-
malen Leistungstransfer zu ermöglichen. Für die Leistungsanpassung folgt also mit Z q = Z w :
Z 2 = Z ?w (1.62)
I2
U a (l) = (Z + Z w ) (1.64)
2 2
I
U b (l) = 2 (Z 2 − Z w ) (1.65)
2
Damit finden wir für das Verhältnis U b (l)/U a (l):
U b (l) Z − Zw
Reflexionsfaktor: r2 = = 2 (1.66)
U a (l) Z2 + Zw
Hier ist mit dem Reflexionsfaktor r2 ist der Spannungsreflexionsfaktor gemeint. Der
Stromreflexionsfaktor, analog definiert durch das Stromverhältnis I b (l)/I a (l), ist nach (1.52)
und (1.53):
I b (l) U (l)
= b = r2 (1.67)
I a (l) U a (l)
Der Reflexionsfaktor r2 nach (1.66) ist vom Verhältnis Z 2 /Z w und nicht von den Absolut-
werten abhängig und wird daher häufig als Funktion der normierten Impedanz z 2 = Z 2 /Z w
ausgedrückt:
Z /Z − 1 z −1
r2 = 2 w = 2 (1.68)
Z 2 /Z w + 1 z2 + 1
1.4. SPANNUNG UND STROM AUF DER VERLUSTBEHAFTETEN LEITUNG 17
Für den Moment seien an dieser Stelle nur die folgenden Spezialfälle genannt:
a) Wellenanpassung (keine Reflexion):
Z 2 = Z w → r2 = 0
b) Leerlaufende Leitung:
Z 2 = ∞ → r2 = 1, reell
c) Kurzgeschlossene Leitung:
Z 2 = 0 → r2 = −1, reell
d) Reelle Wellen- und Abschlussimpedanzen Z2 und Zw :
Z2 ≥ Zw → 0 ≤ r2 ≤ 1, reell
Z2 ≤ Zw → −1 ≤ r2 ≤ 0, reell
Nach dieser Betrachtung der Spannungs- und Stromwellen an den Leitungsenden und
des Reflexionsfaktors soll nun der Spannungs- und Stromverlauf entlang der Leitung näher
untersucht werden. Dabei starten wir mit dem unter c) gegebenen Spezialfall der am Ende
kurzgeschlossenen Leitung, dargestellt in Abb. 1.13.
Abb. 1.14 zeigt die durch (1.71) und (1.72) gegebene Strom- und Spannungsverläufe
entlang der kurzgeschlossenen verlustbehafteten Leitung nach Abb. 1.13.
Abbildung 1.15: Messleitung mit verschiebbarer Sonde zur Abtastung der Spannung |U | ent-
lang der Leitung
Am Ort z = l gilt:
nach rechts laufende Welle U a (l)
nach links laufende Welle U b (l) = r2 U a (l)
Am Ort z = l − d gilt:
U (l − d) = U a (l − d) + U b (l − d) = U a (l) ejβd + r2 e−jβd
Leitungsspannung
Abb. 1.16 zeigt den Verlauf U (z) für die Reflexionsfaktoren r2 = 0.5 und r2 = 1.
Die Sondenspannung |U (z)|, variiert periodisch mit einer Periode λ/2. Für den Reflexi-
onsfaktor r2 = 1 sind die Extremwerte der Sondenspannung: Umax = 2|U a |, Umin = 0
|U |max Spannungsmaximum
V SW R = = (1.73)
|U |min Spannungsminimum
Mit |U |max = |U a0 |(1 + |r|) und |U |min = |U a0 |(1 − |r|) wird das Stehwellenverhältnis zu
1 + |r| V SW R − 1
V SW R = ↔ |r| = (1.74)
1 − |r| V SW R + 1
1. Aus der schon eingeführten Wellengleichung werden die Kettenmatrix und zwei Lei-
tungsersatzschaltungen ermittelt.
Das negative Vorzeichen von I 2 in (1.75) ermöglicht es, die Stromrichtungen in Abb. 1.17
symmetrisch zu definieren. Ausgehend von (1.56) bis (1.59) finden wir durch Elimination der
Amplituden U a0 und U b0 die
Die Leitung ist ein reziprokes, symmetrisches Zweitor. In der Kettenmatrix kommt dies
wie folgt zum Ausdruck:
1. Reziprozität: det  = 1
Die Beziehungen zwischen den Strömen und Spannungen an den Leitungsenden (1.76)
und (1.77) können mit einer π- oder T-Ersatzschaltung nach Abb. 1.18 dargestellt werden.
a) π−Schaltung:
1 γl
Z π1 = Z w sinh γl Y π2 = tanh (1.79)
Zw 2
b) T-Schaltung:
γl 1
Z T 1 = Z w tanh Y T2 = sinh γl (1.80)
2 Zw
Die sinh- und die tanh-Funktionen haben dabei komplexe Argumente. Die Ersatzelemente
sind in transzendenter Weise frequenzabhängig und können nicht durch Netzwerken mit einer
endlichen Anzahl diskreter Komponenten R, L und C beschrieben werden.
Z 2 + Z w tanh γl
Z1 = Zw (1.81)
Z w + Z 2 tanh γl
1.6. IMPEDANZTRANSFORMATION MITTELS DER VERLUSTFREIEN UND VERLUSTBEHAFTETEN
Abbildung 1.19: Transformation einer Impedanz Z 2 über eine verlustbehaftete Leitung auf
die Impedanz Z 1 .
Bei der Transformation nach (1.81) wird die Impedanz Z 2 in die Impedanz Z 1 transfor-
miert. Die Transformation von Z 1 (Z 2 ) bei konstanten γl und Z w ist eine bilineare Trans-
formation oder Möbius-Transformation. Diese Abbildung von Z 2 auf Z 1 ist winkeltreu und
kreistreu. In Abb. 1.20 ist ein Beispiel dieser Transformation dargestellt:
Wird der Realteil von Z 2 konstant gehalten und der Imaginärteil variiert, dann bewegt
sich die Impedanz Z 1 in der komplexen Ebene auf einer Kreisbahn.
Abbildung 1.20: Bilineare Transformation einer Impedanz Z 2 über eine Leitung auf die Im-
pedanz Z 1 .
26 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Wird andererseits der Imaginärteil von Z 2 konstant gehalten und der Realteil variiert,
dann ist die Ortskurve von Z 1 wiederum ein Kreis, der den ersten Kreis im rechten Winkeln
schneidet. Die Kreistreue ist erhalten, wenn die Gerade als Spezialfall des Kreises betrachtet
wird. Bei dieser Abbildung kann ohne weitere Angabe sofort die Zuordnung der Kreise zu den
Geraden bestimmt werden: Die Gerade mit <{Z 2 } = konstant wird in den ganz in der rechten
Z 1 -Halbebene liegenden Kreis abgebildet, während die Gerade Z 2 mit ={Z 2 } = konstant im
Bereich <{Z 2 } < 0 eine aktive Impedanz darstellt und damit auch über eine verlustbehaftete
Leitung zu einer Impedanz mit negativem Realteil abgebildet werden kann.
Bei einer sehr langen, verlustbehafteten Leitung (αl 1) strebt die Eingangsimpedanz Z 1
gegen den Wellenwiderstand Z w , wie dies mit einer Grenzwertbetrachtung von (1.81) gezeigt
werden kann.
Abbildung 1.21: Wellen und Reflexionsfaktoren einer mit der Lastimpedanz Z 2 belasteten
Leitung. Transformation des Reflexionsfaktors.
U b1 U e−γl
r1 = = b2 γl = r2 e−2γl (1.86)
U a1 U a2 e
1.6. IMPEDANZTRANSFORMATION MITTELS DER VERLUSTFREIEN UND VERLUSTBEHAFTETEN
Z 2 + jZ w tan βl
Z1 = Zw (1.88)
Z w + jZ 2 tan βl
mit β = 2π/λ und Z w = Zw = reell
Diese Beziehung, die Transformation einer Impedanz über eine verlustfreie Leitung,
spielt in der Schaltungstechnik eine sehr wichtige Rolle: Jede Zuleitung mit einer mit der
Wellenlänge λ vergleichbaren Länge wird eine Lastimpedanz transformieren.
Der λ/4-Transformator
Ein wichtiger Spezialfall der Transformation über eine verlustfreie Leitung ist die Trans-
formation über eine Leitung der Länge l = λ/4. Die transformierte Impedanz Z 1 ist für
βl = π/2 nach (1.88):
Z2
Z1 = w (1.89)
Z2
Der Nutzen des Viertelwellenlängen-Transformators wird am folgenden Beispiel aus der
Praxis offensichtlich.
Beispiel
Gegeben: ein Generator mit Quellenwiderstand Rq = 25 Ω,
ein Lastwiderstand Z 2 = 100 Ω
betrachtete Signalfrequenz f = 100 MHz (λ = 3 m)
Abbildung 1.22: Leistungsanpassung eines Generators an eine Last mittels eines Transforma-
tors.
28 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Diese Transformatorlösung ist recht aufwendig. Zudem zeigen Transformatoren bei der
Frequenz von 100 MHz erhebliche Verluste. Eine wesentlich einfachere und kostengünstigere
Lösung ist:
Damit der Generator mit einer Impedanz von 25 Ω belastet wird, wird die Lastimpedanz
Z 2 mit einem λ/4-Transformator aufp Z 1 = 25 Ω transformiert. Dies geschieht, wenn nach
(1.81) die Wellenimpedanz Z w = Z 1 Z 2 , in unserem Beispiel Z w = 50 Ω, gewählt wird.
Die elektrische Länge l des λ/4-Transformators beträgt dabei l = λ/4 = 75 cm. Die
gleiche Impedanztransformation tritt auch bei einer Leitungslänge auf, die einem ungeraden
Vielfachen von λ/4 entspricht: l = λ/4, l = 3λ/4, l = 5λ/4...
Die λ/2-Leitung
Als weiteren Spezialfall betrachten wir die Transformation über eine Leitung der Länge
λ/2. Mit βl = π wird Z 1 nach (1.88): Z 1 = Z 2
Eine verlustlose Leitung der Länge l = λ/2, λ, 3λ/2... transformiert eine Impedanz Z 2
unabhängig von der Wellenimpedanz Z w auf den gleichen Wert Z 1 = Z 2 .
Als weitere Spezialfälle der Transformationen von Impedanzen über verlustfreie Leitun-
gen betrachten wir den transformierten Kurzschluss und den transformierten Leerlauf nach
Abb. 1.24.
Abbildung 1.24: Transformation von Kurzschluss und Leerlauf über eine verlustfreie Leitung.
Z 1K = jZ w tan βl (1.90)
Der Verlauf von Z 1K und Z 1L ist periodisch mit der Leitungslänge, mit der Periode
∆l = λ/2 bzw. ∆βl = π. Die Pole und Nullstellen von Z 1K entsprechen Nullstellen und
Polen von Z 1L .
Abb. 1.26 zeigt das elektrische Verhalten kurzgeschlossener und leerlaufender Leitungen mit
verschiedenen Längen.
30 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Abbildung 1.26: Das elektrische Verhalten von kurzgeschlossenen und leerlaufenden Leitungen
der Längen l λ/4 und l = λ/4 + nλ/2; n = 0, 1, 2, ....
Abb. 1.26 a) und b): für kurze Leitungslängen l λ/4 verhält sich die kurzgeschlossene
Leitung induktiv und die leerlaufende Leitung kapazitiv.
Abb. 1.26 c) und d): für Leitungslängen l = λ/4 + nλ/2; n = 0, 1, 2... verhält sich die
kurzgeschlossene Leitung wie ein Parallelresonanzkreis und die
leerlaufende Leitung wie ein Serienresonanzkreis.
Das umgekehrte Verhalten finden wir für Leitungslängen l = nλ/2; n = 1, 2, 3...
Abbildung 1.27: Beispiel der Transformation von konzentrierten Elementen über eine Leitung.
Die Eingangsimpedanz Z 0 der Schaltung nach Abb. 1.27 kann mit folgendem Vorgehen
ermittelt werden:
1
1. Bestimmung der Lastimpedanz: Z 2 =
1/R2 + jωC2
Z2 − Zw
2. Bestimmung des ausgangsseitigen Reflexionsfaktors: r2 =
Z2 + Zw
1 + r1
4. Bestimmung der Impedanz: Z 1 = Z w
1 − r1
1
5. Bestimmung der Eingangsimpedanz: Z 0 =
1/Z 1 + jωC1
Bei der Bestimmung der Impedanz Z 0 wird zwischen der Impedanz-, Admittanz- sowie
der Reflexionsfaktordarstellung gewechselt. Eine Methode zur schnellen, graphischen Um-
wandlung zwischen diesen drei Darstellungen wäre daher vorteilhaft. Das Smith-Diagramm
stellt ein solches einfaches Hilfsmittel dar und wird bei der Analyse von Schaltungen mit
Leitungselementen angewendet. Es wurde zu einer Zeit erfunden, als von Taschenrechnern
mit komplexen Funktionen noch nicht die Rede war. Heute wird schon die Schaltungsanalyse
von einfachen Systemen numerisch vorgenommen. Das Smith-Diagramm bleibt jedoch
weiterhin bei der Darstellung und schnellen Umrechnung von Z und Y auf r in Verwendung.
Z − Zw z−1
r = ξ + jη = = (1.93)
Z + Zw z+1
Z Abschlussimpedanz
mit z: normierte Impedanz z = u + jv = =
Zw Wellenimpedanz
32 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Das Smith-Diagramm ist die Abbildung der komplexen z-Ebene in die komplexe r-Ebene:
z−1
r = ξ + jη = (1.94)
z+1
Abbildung 1.28: Abbildung der positiven reellen Achse u und der imaginären Achse v der
normierten Impedanz z in der komplexen Ebene des Reflexionsfaktors r.
jv − 1
r= (1.96)
jv + 1
Da nach der obigen Gleichung |r| = 1 gilt, wird die imaginäre Achse der z-Ebene in
den Einheitskreis der r-Ebene abgebildet.
Abb. 1.28 verdeutlicht eine weitere Eigenschaft konformer Abbildungen, die Winkeltreue.
Der rechte Winkel zwischen den Achsen der z-Ebene bleibt bei der Transformation erhalten,
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 33
d. h. der Einheitskreis (Abbildung von z = jv = −j∞...j∞) und die Strecke −1 < r < +1
(Abbildung von z = u = 0...∞) schneiden sich unter einem rechten Winkel.
Abb. 1.29 zeigt die Transformation der Geradenschar z = u + jv mit u = konstant in die
r-Ebene.
Die Geraden u = konstant gehen in Kreise mit Mittelpunkten auf der ξ-Achse über.
u−1
Der Punkt z = u + j0 wird abgebildet auf r = ξ = , η = 0.
u+1
Der Punkt z = u ± j∞ wird abgebildet auf r = ξ = 1, η = 0.
Abb. 1.30 zeigt die Abbildung der Geradenschar z = u + jv mit v = konstant in der
r-Ebene. Sie besteht aus Kreisen mit Mittelpunkten auf der Geraden ξ = 1. Diese Kreise
gehen durch r = 1 und schneiden den Einheitskreis rechtwinklig.
Es gilt allgemein:
z−1 u + jv − 1
r = ξ + jη = = (1.97)
z+1 u + jv + 1
1+r 1 + ξ + jη
z = u + jv = = (1.98)
1−r 1 − ξ − jη
Nach u und v aufgelöst durch Zerlegung in Real- und Imaginärteile:
1 − (ξ 2 + η 2 ) 2 2η
u= (ξ + η 2 ) v= (1.99)
(1 − ξ)2 + η 2 (1 − ξ)2 + η 2
Daraus finden wir die Gleichungen der Kreisscharen für u = konstant und v = konstant
mit
u 1 1
ξ0 = , ρu = , η0 = ρv = (1.101)
1+u 1+u v
Wie Abb. 1.31 veranschaulicht, wird durch (1.100) der passive Bereich, d. h. die rechte
Hälfte der z-Ebene (<{z} > 0), in das Innere des Einheitskreises der r-Ebene abgebildet.
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 35
Abb. 1.32 zeigt das Smith-Diagramm in der Form, wie es in der Praxis angewendet wird.
Beispiel 1:
Bestimmung des Reflexionsfaktors r einer Impedanz Z L bezüglich der Wellenimpedanz Z w
Mithilfe des Smith-Diagramms nach Abb. 1.33 wird die Aufgabe graphisch gelöst:
ZL
z= = 2 + j0.33 (1.102)
Zw
Beispiel 2:
Für den Fall der verlustlosen Leitung (α = 0) bewirkt (1.105) im Smith-Diagramm nur eine
Drehung des Reflexionsfaktors um den Winkel
Wenn wir Beispiel 1 weiterführen und uns für den Reflexionsfaktor r(z) interessieren, den
wir in einer Distanz von ∆z = l − z = λ/8 von der Abschlussimpedanz messen würden, dann
entspricht diese Verschiebung einer Phasendrehung des Reflexionsfaktors um
2π λ π
−2 · =− (1.107)
λ 8 2
Damit wird r(z) = 0.35∠(12◦ − 90◦ ) = 0.35∠ − 78◦
Wir entnehmen aus dieser Darstellung auch die transformierte Impedanz Z(z)
Beispiel 3:
Für den Fall der verlustbehafteten Leitung (α > 0) erfährt der Reflexionsfaktor nach
(1.105) zusätzlich zur Drehung noch eine Reduktion seines Betrages um den Faktor e−2α(l−z) .
Abb. 1.35 zeigt als Beispiel die Transformation der normierten Impedanz z(l) = 0.5 + j2 über
eine Leitung mit einem Dämpfungsbelag α = 0.25/λ.
Für die normierte Impedanz z(l) wird ein Reflexionsfaktor r(l) = 0.825∠51◦ aus dem
Smith-Diagramm abgelesen. Durch Transformation des Reflexionsfaktors mit (1.105) und
verschiedenen Werten von z erhalten wir
Die Abbildung r(y) entspricht der mit -1 multiplizierten Abbildung r(z), d. h. das um
180◦ gedrehte Smith-Diagramm liefert die Abbildung r(y).
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 39
Abb. 1.36 a) zeigt ein Ablesebeispiel eines Reflexionsfaktors als Funktion einer normierten
Admittanz mithilfe des um 180◦ gedrehten Smith-Diagramms.
Da sich die Abbildungen von r(z) und r(y) = r(1/z) nur durch das Vorzeichen unterschei-
den, kann das Smith-Diagramm auch zur Bildung des reziproken Wertes einer komplexen
Zahl oder zur Umwandlung einer normierten Impedanz in eine Admittanz verwendet werden.
Ausgehend von einer normierten Impedanz z wird im Smith-Diagramm der zugehörige
Reflexionsfaktor r bestimmt. Der mit -1 multiplizierte Reflexionsfaktor r führt im Smith-
Diagramm zum Wert y, dem zu z reziproken Wert. Abb. 1.36 b) veranschaulicht dieses
Verfahren.
Die Admittanzdarstellung ist bei der Berechnung von Parallelschaltungen vorteilhaft, da
parallele Leitwerte einfach addiert werden können.
40 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Beispiel 4:
Bestimmung der Eingangsimpedanz ZE einer Parallelschaltung mit der Wellenimpedanz Zw .
Die Eingangsimpedanz ZE entsprechend Abb. 1.37 kann wie folgt bestimmt werden:
Z0 l1
1. Transformation der normierten Impedanz z0 = nach z00 (Drehung um )
Zw λ
2. Admittanzdarstellung von z00 zu y00
Z1 l2
3. Transformation der normierten Impedanz z1 = nach z10 (Drehung um )
Zw λ
4. Admittanzdarstellung von z10 zu y10
Anpassungs- Anpassungs-
Z1 Zw
netzwerk netzwerk
Zw Z1
Abbildung 1.38: Anpassungszweitor, mit dem eine beliebige, passive Impedanz Z 1 in den
Leitungswellenwiderstand Zw gewandelt wird (links) oder umgekehrt (rechts).
Es gibt acht mögliche Anpassungsnetzwerke mit zwei Reaktanzen (Abb. 1.39), wobei für
die einzelnen Reaktanzen entweder eine Spule oder ein Kondensator verwendet werden kann.
jXs jXs
jXp jXp
Verwendet man die linke Schaltung aus Abb. 1.39, um eine beliebige passive Impedanz
Z 1 in den Leitungswellenwiderstand Zw umzuwandeln (Abb. 1.38 links), gilt
1 1 1
= + . (1.109)
Zw Z 1 + jXs jXp
Aus dieser komplexen Gleichung lassen sich die beiden Unbekannten Xs und Xp bestimmen
p
Xs = −={Z 1 } ± Zw <{Z 1 } − <{Z 1 }2 (1.110)
<{Z 1 }2 + (={Z 1 } + Xs )2
Xp = − . (1.111)
={Z 1 } + Xs
Da jXs rein imaginär sein soll, muss 0 ≤ <{Z 1 } ≤ Zw gelten. Dies bedeutet, dass mit
dem linken Anpassungsnetzwerk keine Impedanzen angepasst werden können, die im Kreis
|Γ − 1/2|2 = 1/4 liegen (entspricht <{Z 1 } > Zw ), wobei Zw als Normierungsimpedanz für
das Smith Chart verwendet werden muss. Dies ist der Kreis, der durch die Punkte Γ = 0 und
Γ = 1 geht und symmetrisch zur reellen Achse ist.
42 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Xs Xs
Xp ={Γ} Xp ={Γ}
<{Γ} <{Γ}
Abbildung 1.40: Anpassungsbereich (weiß) für eine Serienspule und einen parallelen Konden-
sator. Im schraffierten Bereich ist keine Anpassung möglich. Als Normierungsimpedanz muss
der Leitungswellenwiderstand der Leitung verwendet werden.
Xs Xs
Xp ={Γ} Xp ={Γ}
<{Γ} <{Γ}
Abbildung 1.41: Anpassungsbereich (weiß) für eine parallele Spule und einen Reihenkonden-
sator.
Legt man noch den Typ der Serienimpedanz (Spule/Kondensator) fest, gibt es weitere
Einschränkungen. Soll das diskrete Bauteil Xs rein induktiv sein, muss Xs > 0 gelten. Dies ist
für ={Z 1 } < 0 unter der genannten Bedingung immer der Fall. Ist ={Z 1 } > 0, muss zusätzlich
<{Y 1 } > 1/Zw mit Y 1 = 1/Z 1 gelten. Dies ergibt einen Halbkreis mit |Γ + 1/2|2 = 1/4
und ={Γ} > 0.
Wählt man in (1.110) das positive Vorzeichen, ist die parallele Reaktanz immer eine Kapa-
zität und es ergibt sich für diese Schaltung der in Abb. 1.40 links gezeigte Anpassungsbereich.
Verwendet man die rechte Schaltungstopologie aus Abb. 1.39, folgt genau der umgekehrte Fall
(Abb. 1.40 rechts).
Die anderen sechs möglichen Netzwerke und ihre Anpassungsbereiche sind in den
Abb. 1.41 bis 1.43 dargestellt.
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 43
Xs Xs
Xp ={Γ} Xp ={Γ}
<{Γ} <{Γ}
Abbildung 1.42: Anpassungsbereich (weiß) für einen Parallel- und einen Reihenkondensator.
Xs Xs
Xp ={Γ} Xp ={Γ}
<{Γ} <{Γ}
Abbildung 1.43: Anpassungsbereich (weiß) für eine Parallel- und eine Reihenspule.
Die Anpassung kann leicht im zy-Smith Chart durchgeführt werden. In Abb. 1.44 ist eine
Eingangsimpedanz von z 1 = (1 − j)/2 dargestellt, zu der entweder eine Reiheninduktivität,
eine Reihenkapazität, eine parallele Induktivität oder eine parallele Kapazität hinzugefügt
wird. Im Fall der Reiheninduktivität bewegt man sich auf einem Kreis mit konstantem Real-
teil der Impedanz (z-Koordinatensystem) im Uhrzeigersinn und im Fall einer Reihenkapazität
entgegen dem Uhrzeigersinn. Handelt es sich um eine Parallelschaltung, bewegt man sich auf
einem Kreis mit konstantem Realteil der Admittanz (y-Koordinatensystem). Im Uhrzeiger-
sinn addiert man eine Kapazität und in die andere Richtung eine Induktivität. Somit können
alle notwendigen Schritte der Anpassung im zy-Smith Chart durchgeführt werden.
0.0 —> WAVELE
0.49
–X s 0.48
LOAD <— 0.0 0.49
NGTHS
TOW
ARD
GEN
s
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WARD
7 TH S TO ± 180 0.48 ERA
0.4 ENG -170 170 TO
V EL 0.4
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>
WA 7
6 <— -90 90
160 0.0
4
0.4 -160
50
50
20
20
10
10
4
0.1
0.1
-85 85 0.4
6
0.0
50
5 0 15
0
0.0
5
0.4 80
0.2
0.2
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-15 -80
5.0
5.0
20 IND
5 jB/Y UCT 0.4
0.0 E (+ IVE 5
NC
4.0
4.0
TA RE
EP AC
4 4 -7 5 C 0.1 TA 75 0.
06
0.3
0.3
0. 40 US 10 NC 14
0 0.
06 -1 ES EC
0
44
3.
0. TIV OM
3.
0
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0.
07
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1.8
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CT
CE
0.6 60
0.4
0.0
1
0.4
PT
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CONDUCTANCE COMPONENT (G/Yo)
1.6
AN
1.6
E
Reihen L
CE
ITIV
(-jB
110
0.7
-110
0.5
AC
0.4
0.1
0.7
0.1
0.4
/Yo
2.0
)
5 55
CAP
1.4 1.4
-5
1.8
0.6
0.8 0.8
0
1.
1.6
1.
0
0.39
0.11
1. 0
0
0.11
0.39
0.7
1.
Parallel C
100
-100
1.2
0.8
0.8
1.2
0.
1.4
8
0.
0 50
-5 0.8
0.9 0.9
0.6
0.6
0.6
0.6
1.2
0.9
0.4
0.4
0.38
0.12
0.12
0.38
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0.2
1.0 1.0 1.0
90
-90
1.0 1.0 1.0
5 45
0.2
0.2
0.2
0.2
-4
0.4
0.4
0.9
0.4
0.4
1.2
0.13
0.37
0.37
0.13
0.6
0.6
0.9
0.6
0.6
0.8 0.9
0.
8
0.
1.4 1.2
0.8
0.8
1.2
Parallel
80
-80
0.7
0
1. 0
0
0
1.
40
1.
-4
1.
0
Reihen C
0.14
0.36
1.6
0.36
0.14
0.8 0.8
0.6
1.8
1.4 1.4
2.0
0.15
0.35
0.35
0.15
70
-70
35
-3
1.6
1.6 0.4
6
0.3
4
0.1
4
0.6
0.1
0.6
3.0
0.3
6
1.8
1.8
60
-60
30
-30
0.3
7
0 2.
0
0.3
KAPITEL 1.
2. 4.0
3
0.1
3
0. 5
0.1
5 0.
0.3
7
5.0
-25
50
-5
0.
0.2
18
0.
32
4
0.
0.
32
4
0.
0.
18
0
3.
3.
0
0.
20
-20
19 31
0 10
0. 40
-4 0.
0.3
0.3
31 0.1 19
0.
4.0
4.0
0.3
15
0.2 20
-15
5.0
5.0
0.2
0.2
30 0.2
0.3 -30
1 50
0.2
9
10
10
10
-10
0.2
0.1
0.1
20
20
ANG
50
50
9 LE OF EES 20 0.2
0.2 -20 TRANSM DEGR 1
2 ISSION COEFFICIENT IN 8
0.2
0.2 ANGL
E OF R REES
8 0.27 EFLECTION COEFFICIENT IN DEG 2
0.2
0.2 0.23
0.26 0.24
0.23 0.25
p 0.27
0.24 0.26
0.25
+B –B p
LEITUNGSTHEORIE
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 45
Ein Beispiel für die Anpassung einer Eingangsimpedanz mit dem Wert Z 1 = 10 Ω + j10 Ω
an eine 50 Ω-Leitung bei 500 MHz ist in Abb. 1.45 dargestellt:
1. Die normierte Impedanz z 1 = 0.2 + j0.2 wird in das zy-Smith Chart eingetragen
(Punkt A).
2. Die Impedanz wird bei konstantem Realteil solange im Uhrzeigersinn gedreht, bis
der Admittanz-Kreis mit konstantem Realteil erreicht wird, der durch den Ursprung
(Punkt C mit z = y = 1) geht (Punkt B mit z = 0.2 + j0.4, y = 1 − j2.0).
3. Die Reihenimpedanz kann am Rand des Smith Charts abgelesen werden. Ihr Wert ist
durch die Änderung des Imaginärteils der Impedanz von Punkt A nach B gegeben.
4. Die Parallelkapazität wird durch die Differenz der Imaginärteile der Admittanzen der
Punkte C und B bestimmt.
5. Der reflexionsfreie Abschluss ist geschafft, da der Endpunkt C genau auf den Ursprung
des Smith Charts fällt (Γ = 0).
Man erkennt leicht, dass es weitere Lösungen gibt. Bewegt man sich in beiden Fällen
gegen den Uhrzeigersinn, ergibt sich eine Schaltung mit einer Reihenkapazität und einer
Parallelinduktivität (Abb. 1.47).
Im ersten Fall ergibt sich jXs = j0.2 für die normierte Reiheninduktivität und jXp = −j0.5
(jBp = j2.0) für die Parallelkapazität. Nach der Entnormierung folgt für die Spule j10 Ω
und für die Kapazität −j25 Ω. Um diese Impedanzen bei 500 MHz zu realisieren, muss
die Induktivität 3.18 nH betragen und die Kapazität 12.7 pF (Abb. 1.46). Im zweiten Fall
erhält man 10.6 pF und 7.95 nH (Abb. 1.48). Man beachte, dass diese Anpassung nur für die
angegebene Frequenz gilt (Abb. 1.49). Für eine breitbandige Anpassung sind aufwendigere
Netzwerke erforderlich.
Die Reaktanzen haben nun genau das umgekehrte Vorzeichen verglichen mit (1.109). Dies
kommt daher, dass man sich nun vom Ursprung des Smith Charts zum Punkt für Z 1 bewegt
und damit die Bewegungsrichtung und den Drehsinn umkehrt.
Im Fall von Leistungsanpassung passt man statt an Z 1 an den konjugiert komplexen Wert
∗
Z 1 an
1 1 1
= ∗ − . (1.114)
Zw Z 1 − jXs jXp
Die Eingangsimpedanz auf der linken Seite des Anpassungsnetzwerks ist dann wieder Zw , da
(1.114) dem konjugiert komplexen von (1.109) entspricht. Dies muss so sein, da die Reflekti-
onsfreiheit auf der Leitung auch die Leistungsanpassung einschließt (siehe Abs. 3.3).
46 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
0.12 0.13
0.11 0.14
0.38 0.37 0.15
0.1 0.39 0.36
90
100 80 0.35
9 0.4 0.1
0.0 6
45
50
1 110 40 70 0.3
1.0
1.0
0.4 4
0.9
0.9
1.2
1.2
0.1
55
8
0.8
0.8
0.0 35
7
1.4
1.4
2 0.3
0.7
0.7
60
0.4 12
0 3
0.6 60
)
1.6
1.6
/Yo 0.
07 (-jB 18
0. 30
0.6
CE 0.
43 AN 0.2 32
1.8
1.8
0. PT 0.2
E 50
5 65
0 SC
13 SU
2.
0
2.
0.
E
06
0.
0.
IV
5
25
19
0.
CT
44
0.
DU j2.0
31
0.
IN
70
R 0.4
,O 0.4
0
o)
0.
40
14
5
0.2
0. 4
0.0
/Z
5
jX
0.3
20
0.4
(+
3.
NT
0 0
3.
75
0.6
NE
0.6
B
PO
4
0.2
0.0
OM
0.3
6
0.2
0
0.3
30
1
0.4
15
EC
9
0.8
j0.2 0.8 15
>
4.0
NC
R—
4.0
80
TA
s
TO
1.
AC
0.2
0 1.
+X
–B p
ERA
0.2
RE
0.4
2
5.0 1. 5.0
8
IVE
1.
GEN
0.2
0
160
0.2
20
85
UCT
0. 10
ARD
8 8
0.
IND
0.23
0.48
0.27
TOW
ANG
90
0.6
0.6
ANGL
A
NGTHS
LE OF
10 10
E OF R
170
TRANSM
0.24
0.0 —> WAVELE
0.49
0.26
E
20
FLECTION COEFFICIENT
20
0.2 0.2
ISSION COEFFICIENT IN
50 RESISTANCE COMPONENT (R/Zo) 50
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
3.0
4.0
5.0
10
20
50
0.25
0.25
± 180
0.0
50
20
10
5.0
4.0
3.0
2.0
1.8
1.6
1.4
1.2
1.0
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
C
50 50
CONDUCTANCE COMPONENT (G/Yo)
LOAD <—
0.2 0.2
20 20
0.24
0.49
0.26
IN
WARD
0.4
-170
D
0.1 0.4 0.1
DEGR
EG
10 10
REES
S TO
0.6
EES
0.6
-90
0.23
0.48
0.27
o)
H
jB/Y
T
ENG
0. 8
8 0.
E (+
-10
L
-160
-85
-20
0.2
E
0.2
NC
–X s
1.
5.0
WA
1.
0.2
+B
5.0
0
TA
7
0.2
1.
0.4
2
EP
0
<—
0 1.
p
C
US
4.0
-80
4.0
ES
0.8
0.8 -15
TIV
4
0.2
0
0.3
-30
0.0
0.3
-15
6
0.2
CI
1
0.4
PA
9
0.6
A
0.6
5
3. 0
-7
0 3.
R
O
5
0.2
),
-20
0.0
Zo
0.
5
0.3
4
X/
0.4
0. 4
40
-4
(-j
-1
0.4 0.4
NT
-70
NE
06
0.
PO
19
0.
M
-25
4
0.
O
4
0.
C
31
0.
0.
2.
.0
E
5
NC -5
0
30 TA 0
-65
-1 AC 0.2 0.
1.8
1.8
07 RE 0.2 18
0. E
0.6
0.6
ITIV 0.
43 AC -30 32
0.
1.6
1.6
CAP
-60
0 -60 0.1
0.7
0.7
-12 0.08
1.4
1.4
7
35 0.3
0.8
0.8
2 -
0.4
1.2
1.2
3
5
0.9
0.9
-5
1.0
1.0
9 -70 0.1
-11 0 0 .0 0 6
0
-4
-5
0.3
-4
.41 0.15 4
0.1 0 -100 -80
-90
0.11 0.14 0.35
0.4 0.12 0.13
0.39 0.36
0.38 0.37
Abbildung 1.45: Anpassung im zy-Smith Chart mit einer Reiheninduktivität und einer Par-
allelkapazität.
L = 3.18nH
R = 10Ω
C = 12.7pF
L = 3.18nH
0.12 0.13
0.11 0.14
0.38 0.37 0.15
0.1 0.39 0.36
90
100 80 0.35
9 0.4 0.1
0.0 6
45
50
1 110 40 70 0.3
1.0
1.0
0.4 4
0.9
0.9
1.2
1.2
0.1
55
8
0.8
0.8
0.0 35
7
1.4
1.4
2 0.3
0.7
0.7
60
0.4 12
0 3
0.6 60
Yo)
1.6
1.6
0.
0.
07 -jB/ 30
18
E(
0.6
NC 0.
43 TA 0.2 32
1.8
1.8
0. 0.2
EP 50
5 65
0 C
13 SU
S
2.
0
2.
0.
E
06
0.
0.
IV
5
25
1
0.
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4
0.
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4
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0.
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70
R 0.4
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0
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0.
40
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0.2
0. 4
0.0
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5
jX
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0.4
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3.
NT
0 0
3.
75
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0.2
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1
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15
EC
9
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0.8 15
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4.0
80
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1.
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0 1.
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0.2
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2
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5.0
1.
0
0
8
IVE
1.
GEN
0.2
0
160
0.2
20
85
UCT
0. 10
A
ARD
8 8
0.
IND
0.23
0.48
0.27
TOW
ANG
90
0.6
0.6
ANGL
NGTHS
LE OF
10 10
E OF R
170
TRANSM
0.24
0.0 —> WAVELE
0.49
0.26
EFLECTION COEFFICIENT IN DEG
20 20
0.2 0.2
ISSION COEFFICIENT IN
50 RESISTANCE COMPONENT (R/Zo) 50
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
3.0
4.0
5.0
10
20
50
0.25
0.25
± 180
0.0
50
20
10
5.0
4.0
3.0
2.0
1.8
1.6
1.4
1.2
1.0
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
C
50 50
CONDUCTANCE COMPONENT (G/Yo)
—
20 20
0.24
0.49
0.26
0.4
-170
DEGR
A
10
W
10
REES
O
0.6
EES
HS T
0.6
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0.23
0.48
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0.
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8
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-160
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1.
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1.
0.2
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1.
0.4
2
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CE
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-15 -80
SU
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E
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0.3
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0.3
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1
0.4
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B
0.6
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3. 0
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5
0.2
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0.0
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0.
5
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-1
0.4 0.4 0
NT
-70
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0.
PO
19
0.
M
-25
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0.
CO
5
0.
31
0.
0.
2.
CE
2. 5
-5
0
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-65
-1 CT 0.
EA 0.2
1.8
1.8
07 0.2 18
0. ER
0.6
0.6
IV 0.
43 AC
IT -30 3
0. 2
1.6
1.6
CAP
-60
0 -60 0.1
0.7
0.7
8
0.0 -12
1.4
1.4
7
5 0.3
0.8
0.8
2 -3
0.4
1.2
1.2
3
5
0.9
0.9
-5
1.0
1.0
9 -70 0.1
0.0 -110 0 6
0
-4
-5
0.3
-4
1
0.4 0.1 -100 -80 0.15 4
-90
0.11 0.14 0.35
0.4 0.12 0.13
0.39 0.36
0.38 0.37
Abbildung 1.47: Anpassung im zy-Smith Chart mit einer Reihenkapazität und einer Paral-
lelinduktivität.
C = 10.6pF
R = 10Ω
L = 7.95nH
L = 3.18nH
0.9
1
0.8
0.7
0.6
1.5
0.5
2
4
0.
0.3 3
10GHz
0.2 4
5
0.1
10
0Hz
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 1 1.5 2 3 4 5 10 2020
0Hz
1 500MHz −20
−0.10GHz
−10
2
−0.
−5
.3
−0
−4
4
0. −3
−
.5
−0
−2
.6
−0
5
−0.
−0.8
−1.
−0.9
−1
Abbildung 1.49: Reflexionsfaktor des linken Tors für die Beispiele in Abb. 1.46 (rot) und
Abb. 1.48 (blau) als Funktion der Frequenz von 0 bis 10GHz.
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 49
Nach (1.106) erfährt der Reflexionsfaktor r entlang einer verlustfreien Leitung eine Dre-
hung um den Winkel 4π∆z/λ, wobei ∆z = l−z der Abstand zwischen der Messebene und der
Abschlussimpedanz Z L ist. Wie aus Abb. 1.50 ersichtlich ist, kann mittels einer verlustfreien
Leitung mit der Wellenimpedanz Zw jede Impedanz, die einen Reflexionsfaktor des Betrags
r bezüglich Zw in irgendeine andere Impedanz mit unverändertem Betrag des Reflexionsfak-
tors r überführt werden. Die benötigte Leitungslänge ist l < λ/2.
Abbildung 1.50: Transformation einer Impedanz über eine Leitung mit Wellenimpedanz Zw
= Referenzimpedanz des Reflexionsfaktors.
Für eine allgemeine Transformation stellt sich die Frage, wie das Verhalten eines Refle-
xionsfaktor r ist, der auf eine reelle Referenzimpedanz Zw bezogen wird, wenn die Transfor-
mation über eine Leitung mit einer Wellenimpedanz Zw0 6= Zw erfolgt (Abb. 1.51).
Abbildung 1.51: Transformation eines auf die reelle Referenzimpedanz Zw bezogenen Refle-
xionsfaktors r über eine Leitung mit der Wellenimpedanz Zw0 6= Zw .
50 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Für die Transformation einer Impedanz Z L über eine verlustfreie Leitung der Wellenim-
pedanz Zw0 und der Länge l gilt nach (1.88):
Z L + jZw0 tan βl
Z = Zw0 (1.115)
Zw0 + jZ L tan βl
mit β = 2π/λ.
Die Funktion Z(l) stellt einen Kreis mit Mittelpunkt auf der reellen Z-Achse dar, wie in
Abb. 1.52 dargestellt ist.
Abbildung 1.52: Kreisförmige Ortskurve Z(l) der über eine Leitung der Wellenimpedanz Zw0
und Länge l transformierten Impedanz Z L .
Um die Richtigkeit der Ortskurve nach Abb. 1.52 zu beweisen, schreiben wir (1.115) mit
Zmin als reeller Abschlussimpedanz:
Bekanntlich ist die Inversion einer Geraden ein Kreis. Es ist nur noch zu zeigen, dass der
Kreismittelpunkt auf der <{Z}-Achse liegt, d. h., dass die konjugiert komplexen Werte Z ∗ (x)
von Z(x) ebenfalls auf dem Kreis liegen. Dies ist der Fall, da nach (1.116) der konjugiert
komplexe Wert Z ∗ = Z(−x) ist.
möglichen Transformationskreise sind wiederum symmetrisch zur reellen Achse. Dies folgt
aus der kreis- und winkeltreuen Abbildung der Möbius-Transformation. Somit muss der rech-
te Winkel zwischen der reellen Achse und den Tangenten in den Punkten Zmin und Zmax
bei der Transformation erhalten bleiben. Dies bedeutet, dass der Kreismittelpunkt auf der
reellen Achse liegen muss.
Abb. 1.53 zeigt einen Transformationskreis im Smith-Diagramm.
Abbildung 1.53: Transformation einer Impedanz Z L über eine Leitung mit Wellenimpedanz
Zw0 6= Referenzimpedanz Zw
Die exakte Länge der Transformationsleitung wird bestimmt, indem, entsprechend der
Darstellung nach Abb. 1.34, die ganze Transformation in ein Smith-Diagramm mit der
Normierungsimpedanz Zw0 gemäß (1.116) gezeichnet wird.
Abb. 1.54 zeigt den möglichen Transformationsbereich einer Impedanz Z L über eine
Leitung für verschiedene Wellenimpedanzen Zw0 .
52 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
l1' /
''
l 1/
1 bk' g1
yL
zL
1 bk''
ZE Zw Zk Zw ZL
l1
Abbildung 1.55: Anpassungsleitung mit parallel geschaltetem Blindwiderstand.
Durch Addition des Blindleitwertes jbk = 1/Zk wird nur der Imaginärteil der Leitungs-
admittanz geändert, der Realteil bleibt unverändert. Mit einer geeignete Länge l1 gilt dann
<{y} = g = 1. Wandert man von ZL nach links, bewegt man sich auf auf einem Kreis im
Smith-Diagramm mit |r| = konstant. Die Schnittpunkte mit g = 1 ergeben zwei mögliche
Werte l10 und l100 . Die Admittanzen in diesen Schnittpunkten sind y 0 = 1 + jb0k und y 00 = 1 + jb00k
mit b0k = −b00k . Durch Addition eines geeigneten Blindleitwertes bk zu y 0 bzw. y 00 muss deren
Blindanteil verschwinden. Folglich muss bk für y 0 den Wert −b0k und für y 00 den Wert −b00k = b0k
annehmen. b0k ist dementsprechend mit einer Induktivität zu kompensieren und b00k mit einer
Kapazität. Für die Wahl zwischen Kapazität und Induktivität sind technische Gründe aus-
schlaggebend.
Ist der Kompensationswiderstand ein Längswiderstand, so gelten die gleichen Überlegungen
bis auf die Inversion, da hier, wegen der Serienschaltung, Impedanzen geeigneter sind.
54 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Der eben besprochene Kompensationsleitwert wird in der Praxis oft durch eine kurzge-
schlossenen Leitung (Stichleitung), die zur anzupassenden Leitung parallel geschaltet wird,
ersetzt. Eine Serienschaltung ist ebenso möglich. Die Reaktanz einer kurzgeschlossenen Lei-
tung kann, abhängig von der Länge, alle Werte zwischen −∞ und +∞ annehmen.
lk/
bk
g1
zL yL K
b
bk
1 bk
l1 /
bk
ZE Zw ZL
l1
lk
Die Länge der Stichleitung wird nach Abb. 1.56 wie folgt ermittelt:
1. Der Blindanteil y = 1 + jbk soll kompensiert werden. Hier ist bk < 0, folglich addiert
man −bk > 0.
2. Die Last der Stichleitung ist als Kurzschlusspunkt K im Smith-Diagramm zu sehen.
3. Man geht nun auf dem Kreis |r| = 1 von K in Richtung Generator (Uhrzeigersinn!),
bis der Leitwert −bk erreicht ist.
4. Die gesuchte Länge der Stichleitung lk kann nun über die Bogenlänge der Drehung
bestimmt werden.
1.7. DAS SMITH-DIAGRAMM 55
Das Anpassen mit einem verschiebbaren Blindleitwert, wie es zwei Abschnitte zuvor
behandelt wurde, wird wegen des technischen Aufwandes mit 3 Stichleitungen in festen
Abständen ersetzt.
k y 1 k 1v
y 2
2
y 2
y 1
y 3 k 2v
k 3
y 3
yL
kL
yi = Admittanz rechts der i-ten Stichleitung
yi = Admittanz links der i-ten Stichleitung
/8 /8 /4
y3 y2 y1
ZE Zw ZL
l3 l 2 l1
Für das Beispiel nach Abb. 1.57 ist der Abstand der Stichleitungen mit λ/8 angenommen.
Es sind auch andere Werte möglich, z. B. λ/4, nicht jedoch λ/2. Der Abstand von der
1. Stichleitung wurde hier willkürlich mit λ/4 angenommen. Aufgrund der Parallelschaltung
der Stichleitungen wird wieder in Leitwerten skaliert.
56 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
2. Auf der linken Seite der 2. Stichleitung ist die Admittanz y2− , welche der um λ/8
transformierten Admittanz y3+ entspricht, auf dem Kreis k2− zu finden.
3. Von der Last kommend gelangt man von y2+ nach y2− durch parallel schalten eines
reinen Blindleitwertes (hier verkörpert durch die Stichleitung l2 ), d. h. man bewegt sich
auf Kreisen g = konstant. Man erkennt, dass auf diese Weise der Kreis k2− nur erreicht
werden kann, wenn die Admittanz y2+ außerhalb des punktierten Kreises k2v +
(welcher k2−
tangiert) liegt. Innerhalb von k2v liegt also ein verbotenes Gebiet für die Admittanz y2+ .
+
4. Liegt die Admittanz y2+ außerhalb des verbotenen Gebietes, kann man mit den Stich-
leitungen 2 und 3 anpassen.
+
5. Liegt sie innerhalb des verbotenen Gebietes k2v , so ist das zugehörige verbotene Ge-
−
biet k1v wieder durch eine λ/8-Transformation (90◦ ) zu erhalten.
6. Die erste Stichleitung hat dann die Aufgabe, den Imaginärteil der Admittanz so zu
verändern, dass die Admittanz y1− links der 1. Stichleitung nicht innerhalb des Krei-
−
ses k1v liegt. Dies ist immer möglich, da keine Kreise mit g = konstant vollständig
−
innerhalb k1v liegen. Der hinzugefügte Blindleitwert ist beliebig, solange die obige Be-
dingung erfüllt wird.
7. Ist die Last nun λ/4 von der 1. Stichleitung entfernt, kann man einen Kreis kL mit
der Eigenschaft angeben, dass alle Admittanzen yL innerhalb des Kreises kL alle drei
Stichleitungen zur Anpassung benötigen.
1.8. LEITUNGSTYPEN 57
1.8 Leitungstypen
In den bisherigen Betrachtungen von Leitungen wurde nur von den primären Leitungskon-
stanten L0 , C 0 , R0 und G0 ausgegangen und darauf aufbauend das elektrischen Verhalten
untersucht. Die technische Realisierung von Leitungen und deren Eigenschaften wurden bis-
her noch nicht behandelt. Von den Leitungen, die den untersuchten TEM-Wellentyp führen,
sind hauptsächlich
die Koaxialleitung,
die Streifenleitung
von technischem Interesse. Für diese Leitungstypen sollen die primären Leitungsparame-
ter bestimmt werden. Es zeigt sich, dass, je nach Frequenzbereich, gewisse Vereinfachungen
gemacht werden können. Von ganz besonderer Bedeutung ist dabei der Einfluss des Skinef-
fektes (Stromverdrängungseffekt bei hohen Frequenzen), der die Leitungsdämpfung mit zu-
nehmender Frequenz ansteigen lässt. Für die Leitungstypen Koaxialleitung und Zweidrahtlei-
tung können die Leitungsparameter mit kleinem mathematischen Aufwand bestimmt werden.
Für Mikrostreifenleitungen, insbesondere mit endlicher Metallisierungsdicke, sind numerische
Feldberechnungsmethoden erforderlich.
Der Außenleiter besteht aus einem Geflecht, einer gewickelten Folie oder ist ein solides
Rohr, meist aus Kupfer (eventuell versilbert) oder Aluminium. Der Innenleiter ist entweder
massiv oder besteht aus verdrillten Drähten, meist aus versilbertem Kupfer. Das Dielektri-
kum ist entweder Luft (mit Stützscheiben oder Wendel zur Fixierung des Innenleiters) oder
ein organisches Polymer (Polyethylen (PE), Polytetrafluorethylen (PTFE), Polystyren).
Telefonkabel sind teilweise mit ölgetränktem Papier isoliert.
58 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
b) äußeren Induktivitätsbelag L0a , herrührend vom magnetischen Feld zwischen den Lei-
tern.
Während die Berechnung des äußeren Induktivitätsbelags einfach ist und keine Unsicher-
heiten birgt, ist die innere Induktivität abhängig von der Stromverteilung in den Leitern. In
einem ersten Schritt nehmen wir eine völlig homogene Stromverteilung an und bestimmen
die zugehörige Induktivität. Diese Stromverteilung stellt sich bei Gleichstrom und sehr
niedriger Signalfrequenz ein. In einem zweiten Schritt betrachten wir die Induktivität bei
höheren Signalfrequenzen. Der innere Induktivitätsbelag L0i setzt sich zusammen aus den
Induktivitätsbelägen des Innenleiters und des Außenleiters L0ii und L0ia .
Abbildung 1.60: Darstellung der Feldverteilung in einem Koaxialkabel zur Bestimmung der
inneren Induktivität: a) Innenleiter b) ganzer Kabelquerschnitt.
60 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Bei einem Innenleiterradius ri betrachten wir den Strom, der innerhalb eines Radius r
fließt. Das Umlaufintegral der magnetischen Feldstärke H über dem Kreis mit Radius r ist:
I
H · dl = I(r) (1.124)
Wir bestimmen den Induktivitätsbelag L0ii über die im Innenleiter gespeicherte magneti-
0 .
sche Energie pro Längeneinheit Wmi
I2 H ·B
Z
0
Wmi = L0ii i = dA (1.127)
2 A 2
In gleicher Weise kann der innere Induktivitätsbelag des Außenleiters L0ia mit Dicke d
bestimmt werden. Für d/ra 1 gilt näherungsweise (ohne Herleitung):
µd
L0ia = (1.131)
6πra
Ii
H(r) = (1.133)
2πr
µ ra
L0a = ln (1.135)
2π ri
Ein Vergleich der inneren und äußeren Induktivitätsbeläge zeigt, dass für ri ra der äußere
Induktivitätsbelag L0a immer dominiert. Dies gilt noch in verstärktem Maß bei einer Strom-
verteilung bei hohen Signalfrequenzen. Die Induktivitätsbeläge liegen offensichtlich in der
Größenordnung der Permeabilitätskonstante µ = µ0 µr . Bei praktisch allen Leitungen ist die
relative Permabilitätskonstante µr = 1. Damit sind die primären Leitungskonstanten der
verlustfreien Koaxialleitung bestimmt. Abb. 1.61 zeigt das Ersatzschaltbild mit dem Kapa-
zitätsbelag C 0 und den inneren und äußeren Induktivitätsbelägen.
Die Leitungskonstanten L0 , C 0 und Zw von Koaxialleitungen sind in Abb. 1.62 als Funktion
von ra /ri dargestellt.
62 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Mit gut realisierbaren Radienverhältnissen ra /ri liegt die Wellenimpedanz Zw von Koaxi-
alleitungen mit Luft oder einem Kunststoff als Dielektrikum im Bereich 30Ω bis 100Ω. Für die
Normwellenimpedanzen 50Ω und 75Ω ist das Radienverhältnis mit PE-Isolation (εr = 2.25):
Zw = 50Ω : ra /ri = 3.4
Zw = 75Ω : ra /ri = 6.4
Verluste in Koaxialleitungen
In allen Leitungstypen treten Verluste auf. Da die Koaxialleitung dank der Rotations-
symmetrie sehr einfach zu beschreiben ist, werden die Verluste an dieser Stelle eingeführt.
Die gleichen Verlustphänomene treten auch in anderen Leitungstypen auf, sind aber
mathematisch komplizierter zu beschreiben. Die dominierenden Verluste sind die Ohmschen
Verluste der metallischen Leiter. Weniger bedeutend sind die dielektrischen Verluste, auf die
zuerst eingegangen werden soll.
<{Y 0 } G0 (ω)
tan δ = = = konstant (1.140)
={Y 0 } ωC 0
δ ist der sogenannte Verlustwinkel. Für kleine Verlustwinkel gilt mit δ ≈ tan δ daher
G0 (ω) ≈ ωC 0 δ ∝ f (1.141)
Bei tiefen Frequenzen ist die Stromdichte in den Leitern ortsunabhängig. Der Wider-
standsbelag R0 ist dann
0 ρ 1 1
R = + (1.142)
π ri2 2(ra + d/2)d
Dass bei höheren Frequenzen die Stromdichte in den Leitern nicht mehr ortsunabhängig
sein kann, kann mit folgender Überlegung qualitativ erklärt werden.
Abbildung 1.64: Längsschnitt durch eine Koaxialleitung zur Erklärung des Skineffekts.
Für den Fall mit ausgeprägtem Skineffekt, d. h. wenn der Krümmungsradius der Leitero-
berfläche rk δs ist, kann eine Oberflächenimpedanz Z definiert werden:
E(ra ) Oberflächenfeldstärke
Z = 0 = (1.144)
I Oberflächenstromdichte
R∞
mit I 0 : Oberflächenstromdichte I 0 = ra J(r) · dr
Diese Oberflächenimpedanz Z kann nach Abb. 1.65 als die Impedanz eines quadratischen
Stückes der Leiteroberfläche betrachtet werden.
r
p ωµρ
Z = jωµρ = (1 + j) = (1 + j)R (1.145)
2
mit R : Oberflächenwiderstand
r
ωµρ p
R = = πf µρ (1.146)
2
1.8. LEITUNGSTYPEN 65
Abbildung 1.65: Darstellung der Stromverteilung an der Leiteroberfläche zur Definition der
Oberflächenimpedanz bei ausgeprägtem Skineffekt.
Die Oberflächenimpedanz ist induktiv, wobei Realteil und Imaginärteil von Z gleich
groß sind. Die Leitungsverluste
√ sind durch den Oberflächenwiderstand R bestimmt und
sind somit proportional zu f . Für die besten Leiter, Kupfer und Silber, ist näherungsweise
s
f
R ≈ 250µΩ (1.147)
[MHz]
Abb. 1.66 zeigt den Oberflächenwiderstand R und die Eindringtiefe δs für Silber als Funktion
der Frequenz.
Nach Abb. 1.66 tritt schon bei Frequenzen f > 100 kHz bei Leiterdicken < 0.4 mm ein
ausgeprägter Skineffekt auf. Die Skin-Verluste dominieren eindeutig das Dämpfungsverhalten
von Leitungen. Bei allen Leitern kann mit einer Vergrößerung des Leiterquerschnittes eine zur
Leiterdimension proportionale Reduktion des Widerstandbelages erreicht werden. Es stellt
sich noch die Frage, ob mit einer geeigneten Wahl des Verhältnisses ra /ri bei konstantem
Radius ra eine Optimierung der Verluste möglich ist. Im Folgenden wird diese Optimierung
untersucht. Der Widerstandsbelag R0 bei ausgeprägtem Skineffekt ist
R R
R0 = + (1.148)
2πra 2πri
Wie erwähnt, ist der resistive Anteil der Oberflächenimpedanz gleich dem induktiven
Anteil. Der Induktivitätsbelag L0 ist hauptsächlich durch den äußeren Induktivitätsbelag L0a
bestimmt und es gilt:
R0 ωL0
Daraus folgt
R0 R0
α≈ p = (1.153)
2 L0 /C 0 2Zw
√
β ≈ ω L0 C 0 (1.154)
Mit diesen Näherungen entsprechen Zw und β den Beziehungen der verlustlosen Lei-
tung. Das Dämpfungsmaß α ist dagegen proportional zum Widerstandsbelag R0 . Der Wi-
derstandsbelag ist andererseits für die Koaxialleitung und allen anderen Leitungstypen bei
ausgeprägtem Skineffekt proportional zum Oberflächenwiderstand R . Damit gilt für das
Dämpfungsmaß α:
√
α≈ ωρ
1.8. LEITUNGSTYPEN 67
Auf der Suche nach dem optimalen Radienverhältnis ra /ri setzen wir (1.138) und (1.148)
in (1.153) ein:
R 1 + ra /ri
α= p (1.155)
2ra µ/ε ln ra /ri
Wir bestimmen das Extremum für α(ra /ri ), indem wir den zweiten Faktor von (1.153)
differenzieren und gleich null setzen:
dα R 1 1 + ra /ri
= − =0 (1.156)
2ra µ/ε ln ra /ri (ln ra /ri )2 ra /ri
p
d(ra /ri )
Die Wellenimpedanz für minimale Dämpfung einer Koaxialleitung ist nach (1.138):
r r
ln ra /ri µ µr
Zw,opt = = 76.6 [Ω] (1.157)
2π ε εr
Eine luftisolierte Leitung hat somit die optimale Wellenimpedanz Zw,opt = 76.6 Ω. Für
eine PE-isolierte Leitung mit εr = 2.25 ist Zw,opt = 51 Ω. Die Funktion α(ra /ri ) hat allerdings
ein sehr flaches Optimum. Aus Abb. 1.67 kann abgelesen werden, dass der Dämpfungsbelag
in dem Bereich 2.3 ≤ ra /ri ≤ 6 um 10 % variiert.
Abbildung 1.67: Normierter Dämpfungsbelag α/αmin in Funktion des Verhältnisses ra /ri der
Radien von Außen- und Innenleiter der Koaxialleitung.
Nach dieser Betrachtung der Verluste in der Koaxialleitung scheint also die Wahl der
Standardwellenimpedanzen der Kabel in der Nachrichtentechnik von Zw = 50 Ω und in der
Fernsehtechnik von Zw = 75 Ω kein Zufall zu sein.
Die Tabelle 1.1 zeigt den Aufbau und die typischen Parameter von gebräuchlichen Koaxial-
kabeln. In Abb. 1.68 ist die Dämpfung der Kabeltypen RG-58C/U, RG-400/U und RG 214/U
als Funktion
√ der Frequenz dargestellt. Bei reiner Skineffektdämpfung nimmt die Dämpfung
mit f zu. Bei den hohen Frequenzen ist der Einfluss der dielektrischen Verluste erkennbar.
68 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
120 D
Zw = √ arcosh [Ω] (1.158)
εr d
Das Dielektrikum der Mikrostreifenleitung besteht aus zwei Teilen: Zwischen Streifenlei-
ter und Grundplatte ist ein organischer oder anorganischer Träger, über dem Streifenleiter
ist Luft. Die Mikrostreifenleitung ist somit eine querinhomogene Leitung und zeigt sehr kom-
plexe Eigenschaften der Wellenleitung. Die quasistatische Näherung erlaubt allerdings eine in
den meisten Fällen hinreichend genaue Beschreibung der Leitungseigenschaften mit den er-
mittelten primären Leitungskonstanten L0 und C 0 der Elektrostatik. Die Leitungskonstanten
können analytisch über konforme Abbildungen oder mit numerischen Feldberechnungsme-
thoden ermittelt werden.
Während das Dielektrikum den Induktivitätsbelag nicht beeinflusst, ist der Kapazitätsbe-
lag davon abhängig. Da das elektrische Feld teilweise in Luft und teilweise im Trägermaterial
verläuft, ist der Kapazitätsbelag daher größer als im querhomogenen Fall mit einer einzigen
Dielektrizitätskonstante εr = 1. Er ist jedoch kleiner als im querhomogenen Fall mit der Di-
elektrizitätskonstanten εr (Substrat) des Trägermaterials. In der querinhomogenen Leitung
wird eine effektive Dielektrizitätskonstante εre wie folgt definiert:
1. Im querhomogenen Fall mit εr = 1 ist der Kapazitätsbelag C00 . In den meisten technisch
verwendeten Leitungen tritt der hochfrequente Betrieb mit frequenzunabhängigem Wi-
derstandsbelag R0 nicht deutlich in Erscheinung, d. h. das Leitungsverhalten geht vom
niederfrequenten Betrieb direkt in den hochfrequenten Betrieb mit ausgeprägtem Ski-
neffekt über. Vollständigkeitshalber werden alle drei Betriebsarten dargestellt.
für w/h ≤ 1
60 h w
Zw = √ ln 8 + 0.25 [Ω] (1.163)
εre w h
für w/h ≥ 1 √
120π/ εre
Zw = [Ω] (1.164)
w/h + 1.393 + 0.667 ln(w/h + 1.444)
√
In Abb. 1.71 sind Zw εre und εre als Funktion des Verhältnisses w/h der Mikrostreifen-
leitung dargestellt.
72 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
√
Abbildung 1.71: Zw εre und εre in Funktion des Verhältnisses w/h der Mikrostreifenleitung.
1.9. BETRIEBSBEREICHE VON LEITUNGEN MIT OHMSCHEN VERLUSTEN 73
1. Niederfrequenter Betrieb:
Bei niedrigen Frequenzen mit R0 > ωL0 kann im Ersatzschaltbild Abb. 1.72 der Induk-
tivitätsbelag L0 vernachlässigt werden. Diese Betriebsart wird in älteren Lehrbüchern
auch als Kabeltyp“ bezeichnet.
”
2. Hochfrequenter Betrieb:
In diesem Frequenzbereich ist R0 < ωL0 . Dabei entspricht R0 dem Widerstandsbelag
mit konstanter Stromdichte (ohne Skin-Effekt). Das gültige Leitungsersatzschaltbild
entspricht dem von Abb. 1.72 mit R0 konstant.
In den meisten technisch verwendeten Leitungen tritt der hochfrequente Betrieb mit fre-
quenzunabhängigem Widerstandsbelag R0 nicht deutlich in Erscheinung, d. h. das Leitungs-
verhalten geht vom niederfrequenten Betrieb direkt in den hochfrequenten Betrieb mit aus-
geprägtem Skineffekt über. Vollständigkeitshalber werden alle drei Betriebsarten aufgeführt.
ωg L0 = R0 (1.168)
Daraus folgt
ωg R0
fg = = (1.169)
2π 2πL0
Mit den obigen Leitungsparametern eingesetzt:
r
dB f
fg = 64 kHz α = 0.0486
m [MHz]
Abb. 1.73 zeigt
pdie Ortskurve für die normierte Wellenimpedanz Z w (f )/Zwn mit der Nor-
mierung: Zwn = L0 /C 0
Abb. 1.74 zeigt den Aufbau einer Mikrostreifenleitung auf einem Siliziumsubstrat einer
integrierten Schaltung. Typische Parameter einer solchen Leitung sind:
Material = Al, w = 5 µm, t = 1 µm, h = p 1 µm, εr = 2.3, v/c0 = 0.7, R0 =
10 kΩ/m, L0 = 380 nH/m, C 0 = 60 pF/m, Zwn = L0 /C 0 = 80 Ω
R0
fg = ≈ 4 GHz
2πL0
Im Allgemeinen ist das Substrat wesentlich hochohmiger als die Metallleitungen. Die
exakte Berechnung der Leitungsparameter einer Einzelleitung kann daher recht aufwendig
werden. Befinden sich dagegen andere geerdete Metallleitungen in der Nähe, bewegen sich
die Leitungsparameter in relativ engen Grenzen. Für den Frequenzbereich, der in integrierten
Schaltungen verarbeitet werden kann, verhalten sich die On-Chip-Leitungen wie niederfre-
quent betriebene Leitungen.
Für dieses Beispiel sind Phasen- und Dämpfungsbelag
s
f dB
α = β ≈ 12.9 (1.170)
[MHz] m
Diese Dämpfung tritt dann auf, wenn die Leitung mit der komplexen Wellenimpedanz
Z w abgeschlossen würde. In diesem Fall erhalten wir für das Spannungsverhältnis U 2 /U 1 :
U2
= e−αl(1+j) (1.171)
U1
Abb. 1.75 zeigt den Verlauf dieser Funktion für das vorhin angegebene Zahlenbeispiel.
76 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Diese Betriebsart mit Wellenanpassung wird in der Praxis kaum angewandt, da sie
schwierig zu realisieren ist. In integrierten Schaltungen ist der Abschluss meist hochoh-
mig und kapazitiv. Zur Bestimmung des Dämpfungsverhaltens der leerlaufenden On-Chip-
Mikrostreifenleitung benutzen wir das Leitungsersatzschaltbild nach Abschnitt 1.6.1. Das
Ersatzbild der mit einer idealen Spannungsquelle gespeisten und leerlaufenden Leitung ist in
Abb. 1.76 dargestellt.
U2 1 1
= = (1.174)
U1 Y T 2 (Z T 1 + 1/Y T 2 ) γl
1 + tanh sinh γl
2
x cosh x − 1
Mit der Beziehung tanh = folgt
2 sinh x
U2 1
= (1.175)
U1 cosh γl
1.9. BETRIEBSBEREICHE VON LEITUNGEN MIT OHMSCHEN VERLUSTEN 77
Abb. 1.77 zeigt das Dämpfungsverhalten der leerlaufenden On-Chip-Leitung für das
betrachtete Zahlenbeispiel.
Wie verhält sich nun eine typische, lange“ On-Chip-Leitung der Länge
”
l = 1 cm bei Frequenzen f < 100 MHz?
Dieses Resultat ist einfach und naheliegend. Es kann auch direkt aus dem Ersatzschaltbild
der elektrisch kurzen Leitung ermittelt werden, das in Abb. 1.78 dargestellt ist.
√
r
0 0 0 ω
R ∝ ω oder R = R0 (1.183)
ω0
und r
L0 jR00 jR00
Zw = 1− √ = Zwn 1 − √ (1.184)
C0 2L0 ωω0 2L0 ωω0
1.9. BETRIEBSBEREICHE VON LEITUNGEN MIT OHMSCHEN VERLUSTEN 79
Bei ausgeprägtem Skineffekt gilt ωL0 |Z 0 |. Damit finden wir für die Ausbreitungskon-
stante
√ Z0 √ R00
r
2ω
q
0 0 0 0 0 0 0
γ = (Z + jωL )jωC ≈ jω L C 1 + 0
= jω L C + j (1.185)
2jωL 2Zwn ω0
Für α und β folgt:
R00
r
ω dB
α = 8.686 (1.186)
2Zwn ω0 m
√
β = ω L0 C 0 + α (1.187)
Bei Leitungen mit ortsabhängigen Oberflächenstromdichten ist die analytische Ermitt-
lung von R00 aufwendig, da dazu die Kenntnis der Oberflächenstromverteilung oder der
Feldverteilung an den Leiteroberflächen erforderlich ist. Experimentell kann R00 aber sehr
einfach mit einer Dämpfungsmessung bestimmt werden.
Wir untersuchen das Verhalten des dünnen Koaxialkabels bei hochfrequentem Betrieb
mit ausgeprägtem Skineffekt.
Abb. 1.79 zeigt den Frequenzgang der Dämpfung α des Koaxialkabels für den nieder- und
hochfrequenten Betrieb. Bei diesem Kabel tritt der hochfrequenter Betrieb R0 (f ) = konstant
kaum in Erscheinung, da fg ≈ fsk .
Tabelle 1.2: Verschiedene Leitungsarten, ihre Abschlüsse und die entsprechenden Lösungsme-
thoden im Zeitbreich.
Einzelne Fälle aus den mit * bezeichneten Klassen werden in diesem Abschnitt behandelt.
Unter der Voraussetzung, dass das Zeitbereichssignal schmalbandig ist, z. B. ein amplituden-
oder phasenmoduliertes, harmonisches Signal, können viele lineare Leitungsprobleme analy-
tisch gelöst werden.
1.10.1 Signale auf der verlust- und dispersionsfreien Leitung mit resistiven
Abschlüssen
Die Lösungen der Telegraphengleichung des verlustfreien Falls wurden ausführlich in Ab-
schnitt 1.2.1 hergeleitet.
Abbildung 1.81: Definition der Richtungen der Spannungen und Ströme ua , ub , u, ia , ib und i.
Die Richtungen der Ströme ia und ib sind mit den Laufrichtungen der entsprechenden Welle
identisch.
Abb. 1.82 zeigt eine einseitig leerlaufende, verlustfreie Leitung, gespeist durch eine Quelle
uq mit endlicher, reeller Quellenimpedanz Zq . Die Quelle erzeugt zur Zeit t = 0 eine Schritt-
spannung der Höhe Uq0 .
Abbildung 1.82: Einseitig leerlaufende verlustfreie Leitung, gespeist durch eine Quelle mit
endlichem Quellenwiderstand.
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 83
Zur Zeit t < 0 ist das ganze System in Ruhe, sämtliche Ströme und Spannungen sind null.
Zur Zeit t = 0 schaltet die Spannungsquelle vom Wert uq = 0 auf uq = Uq0 . Im Zeitbereich
0 < t < T (T = Signallaufzeit der Leitung) läuft nur eine Welle ua , ia nach rechts (Abb. 1.83):
Zw
u = ua = Uq0 (1.199)
Zq + Zw
ua
i = ia = (1.200)
Zw
ub = 0 (1.201)
ib = 0 (1.202)
Abbildung 1.83: Nach rechts laufende Welle zur Zeit 0 < t < T .
Zur Zeit t = T erreicht die Welle ua , ia das leerlaufende Ende der Leitung und erfährt eine
Reflexion mit dem Reflexionsfaktor r2 = 1. Abb. 1.84 illustriert den Zeitbereich T < t < 2T .
Abb. 1.85 zeigt die Ströme und Spannungen auf der Quellenseite.
Zur Zeit t = 2T erreicht die Vorderflanke der rücklaufenden Welle ub , ib die Quellenseite
der Leitung und erfährt wiederum eine Reflexion. Die Randbedingung auf der Quellenseite
ist:
ua ub
Uq0 = ua + ub + − Zq (1.203)
Zw Zw
Damit gilt für den Zeitbereich 2T < t < 3T
Zw Uq0 Zq − Zw
ua = + ub = ua (2T ) + ub r1 (1.204)
Zq + Zw Zq + Zw
Zq − Zw
r1 = (1.205)
Zq + Zw
t=0:
Uq0 Zw
ua = = ua0 (1.206)
Zq + Zw
t = 2T :
ua1 = ua0 + ua0 r1 = ua0 (1 + r1 ) (1.207)
t = 4T :
ua2 = ua0 + ua1 r1 = ua0 (1 + r1 + r12 ) (1.208)
t = 2nT :
uan = ua0 + uan−1 r1 = ua0 (1 + r1 + r12 + ..r1n−1 + r1n ) (1.209)
Die Spannung u1 am linken Ende nimmt also folgenden zeitlichen Verlauf an:
Der Index n gibt das zeitliche Inkrement ∆t = 2nT an. Die Eingangsspannung u1,n ist
also:
t=0:
u1,0 = ua0 (1.211)
t = 2T :
r1
u1,1 = 2ua0 1 + (1.212)
2
t = 4T :
r12
u1,2 = 2ua0 1 + r1 + (1.213)
2
t = 2nT :
rn
u1,n = 2ua0 1 + r1 + r12 + ...r1n−1 + 1 (1.214)
2
Abb. 1.87 zeigt den zeitlichen Verlauf u1 (t) für Zq = 3Zw ⇒ r1 = 0.5
Abbildung 1.87: Zeitlicher Verlauf der Eingangsspannung u1 (t) der leerlaufenden Leitung für
Zq = 3Zw ⇒ r1 = 0.5.
86 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Mit jedem Durchgang einer Welle wird die Leitung weiter aufgeladen. In erster Näherung
kann die leerlaufende Leitung mit der Leitungskapazität CL dargestellt werden. Sie bildet
mit der reellen Quellenimpedanz Zq ein RC-Glied, wie es in Abb. 1.88 veranschaulicht ist.
Abbildung 1.89: Darstellung von Strom und Spannung auf einer Leitung.
Abbildung 1.90: Aufteilung eines beliebigen u-i-Zustandes in eine vorwärts- und eine
rückwärtslaufende Welle.
Zur Zeit t = 0 zeigt die Spannungsquelle den Übergang von der Spannung uq = 0 zu
uq = Uq0 . Die Laplace-Transformierte der Sprungfunktion uq (t) ist Uq (s) = Uq0 /s. Mit dem
eingeführten Strom-Spannungsdiagramm, dem Bergeron-Diagramm, stellen wir in einem ers-
ten Schritt die Verhältnisse auf einer Leitung dar, die mit einer Quelle mit reeler Innen-
impedanz Zq gespeist wird. Abb. 1.91 zeigt das Bergeron-Diagramm für eine an eine Span-
nungsquelle angeschlossene Leitung. Unter der Annahme, dass keine rückwärtslaufende Welle
existiert (ub , ib = 0) kann als Schnittpunkt der Quellencharakteristik mit der Zw -Geraden
im 1. Quadranten die vorwärtslaufende Welle ua , ia bestimmt werden. Im nächsten Schritt
lassen wir in Abb. 1.92 für die gleiche Schaltung eine schon vorhandene rückwärtslaufende
Welle ub , ib zu. Nun verschiebt sich der Strom-Spannungszustand u-i am Leitungseingang auf
einen Schnittpunkt zwischen der Quellengeraden und einer Zw -Geraden durch den Punkt ub ,
88 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Abbildung 1.91: Darstellung des u-i-Zustandes ohne rückwärtslaufende Welle ub , ib auf einer
Leitung.
ib .
Damit sind alle Elemente der Bergeron-Methode eingeführt und es soll nun, anhand des
in Abb. 1.93 abgebildeten Beispiels, das vollständige Diagramm konstruiert werden.
Die Spannungsquelle erzeugt zur Zeit t = 0 einen Spannungsschritt von uq = 0
auf uq = Uq0 . Es entsteht eine vorwärtslaufende Welle ua , ia , deren Parameter durch
den Punkt 1“ bestimmt werden. In diesem Punkt schneiden sich die Quellengerade mit der
”
Steigung Zq und die Zw -Gerade im 1. Quadranten.
Erreicht die Welle die Lastseite, muss am Leitungsausgang ein Strom/Spannungszustand
erzeugt werden, der dem Lastwiderstand entspricht. Dabei wird eine rückwärtslaufen-
de Welle angeregt. Die bestehende vorwärtslaufende Welle bleibt erhalten. Diesen neuen
Strom/Spannungszustand finden wir als Punkt 2“ auf der Lastgeraden RL , ausgehend vom
”
Punkt 1“. Die Strecke 1“- 2“ zeigt die Steigung −Zw . Damit ist die Welle ub , ib erzeugt
” ” ”
worden.
Zum Zeitpunkt t = 2T trifft die Welle ub , ib auf der Quellenseite ein. Hier muss sich
ein Strom/Spannungszustand entsprechend der Quellengeraden einstellen. Ausgehend vom
Punkt 2“ finden wird den neuen Punkt 3“ als Schnittpunkt der Geraden mit der Stei-
” ”
gung Zw mit der Quellengeraden.
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 89
Abbildung 1.92: Darstellung des u-i-Zustandes mit rückwärtslaufender Welle ub , ib auf einer
Leitung.
Die Strom- und Spannungsverläufe am Leitungseingang und -ausgang können nun aus
dem Diagramm entnommen werden:
Auf der Quellenseite entsprechen der Leitungsstrom und die Leitungsspannung zur
Zeit t = 0 dem Punkt 1“ und zur Zeit t = 2T dem Punkt 3“. Auf der Lastseite entsprechen
” ”
u2 und i2 zur Zeit t = T dem Punkt 2“ und zur Zeit t = 3T dem Punkt 4“. Die Spannung
” ”
u1 am Leitungseingang und u2 am Leitungsausgang sind in Abb. 1.94 dargestellt.
In Abb. 1.95 findet sich das gleiche Schaltungsbeispiel, wobei hier die Anregung aus einem
kurzen Rechteckimpuls besteht. Auch diese Aufgabe lässt sich mit dem Bergeronverfahren
lösen. Es ist einzig zu beachten, dass zum Zeitpunkt t = 2T , wenn die reflektierte Welle auf
der Quellenseite eintrifft, die Quellengerade mit der Steigung Zq durch den Nullpunkt geht
und nicht mehr durch u = Uq0 . Das liegt daran, dass der Rechteckimpuls bereits wieder auf
uq = 0 gesunken ist, denn die Dauer des Impulses ist kürzer als die doppelte Signallaufzeit T
der Leitung.
Das Bergeron-Verfahren lässt sich auch für nichtlineare Quellen- bzw. Lastcharakteristiken
anwenden. Die ist besonders in der Digitaltechnik von Bedeutung, da verschiedene logische
Schaltungen in den spezifizierten Betriebsbereichen nichtlineares Verhalten zeigen. Abb. 1.96
zeigt als Beispiel eine Leitung mit einer Diode als nichtlineare Last.
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 91
Abbildung 1.95: Bergeron-Verfahren einer mit einem kurzen Rechteckimpuls angeregten Lei-
tung.
Abbildung 1.96: Das Bergeron-Verfahren für eine Leitung mit nichtlinearem Abschluss.
92 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Messmethode der Schrittantwort von Leitun-
gen und Netzwerken, die in der Elektronik sehr häufig eingesetzt wird: die Reflektometrie
(TDR = Time Domain Reflectometer). Im Reflektometer wird mit der angepassten Quelle
ein Spannungsschritt generiert, der von der reaktiven Last reflektiert wird und mittels einer
Spannungssonde detektiert wird. Die Spannungssonde hat nur einen geringen Einfluss auf
die Messung, da sie die Leitung nur unwesentlich belastet. Abb. 1.98 zeigt schematisch diese
TDR-Messeinrichtung.
In Abb. 1.99 ist ein typischer Spannungsverlauf, wie er vom Detektor eines Reflektometers
erfasst wird, gezeigt.
Abbildung 1.99: Ein typisches vom Spannungsdetektor gezeigtes Signal us (t) eines Reflekto-
meters.
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 93
Der Spannungsdetektor sollte eine möglichst hohe zeitliche Auflösung aufweisen. Bei
den meisten TDRs ist der Spannungsdetektor ein Abtastoszillograph (Sampling Oscillos-
cope). Die zeitliche Auflösung liegt bei den schnellsten Geräten bei 6 ps. Der Detektor des
Reflektometers misst die Leitungsspannung, d. h. die Summe der vorwärts- und rückwärts-
laufenden Spannungswellen. Die Detektorspannung wird zuerst den Spannungsschritt
der Quelle anzeigen und erst nach der doppelten Laufzeit vom Detektor zur Last das
überlagerte, reflektierte Signal. Das TDR ist somit auch geeignet zur Bestimmung einer
Distanz zwischen einem Leitungseingang und einer Stelle, an der eine Leitung einen Feh-
ler, wie z. B. einen Kurzschluss, einen Unterbruch oder eine beliebige Diskontinuität, aufweist.
Die Schrittanwort des TDR-Systems soll nun mit Hilfe der Laplace-Transformation ana-
lysiert werden. Abb. 1.100 zeigt die verwendeten Parameter u1a und u1b am Leitungseingang
und u2a und u2b am Leitungsausgang.
Abbildung 1.100: Definitionen der in der Analyse verwendeten vorwärts- und rückwärtslau-
fenden Spannungswellen ua und ub .
Zur Zeit t = 0 zeigt die Spannungsquelle den Übergang von der Spannung uq = 0 zu
uq = Uq0 . Die Laplace-Transformierte von uq (t) ist
Uq0
Uq (s) = (1.217)
s
und die vorwärtslaufende Welle am Ort z = 0 ist
Uq0 (s) Uq0
U1a (s) = = (1.218)
2 2s
Am Ort z = l gilt für die vorwärtslaufende und die reflektierte Welle:
Uq0 −sT
U2a (s) = U1a (s)e−sT = e (1.219)
2s
Uq0 −sT ZL (s) − Zw
U2b (s) = U2a (s)r(s) = e (1.220)
2s ZL (s) + Zw
Us (s) = U1 (s) = U1a (s) + U1b (s) = U1a (s) + U2b (s)e−sT (1.222)
Detektorspannung:
Uq0 Uq0 −2sT ZL (s) − Zw
Us (s) = + e (1.223)
2s 2s ZL (s) + Zw
Die Schrittantworten u2 (t) und us (t) können wie folgt sehr plausibel dargestellt werden:
u2 (t) = u02 (t − T )
Mit dieser Definition der Spannung u02 wird die t-Achse des Koordinatensystems so ver-
schoben, dass nun die vorwärtslaufende Welle u1a das Leitungsende zum Zeitpunkt t = 0
erreicht.
2. Detektorspannung us (t):
Für die Zeit 0 < t < 2T erscheint in us (t) nur die vorwärtslaufende Welle u1a . Für
t ≥ 2T entspricht us (t) der um 2T verzögerten Schrittantwort u02 (t).
us (t) = u02 (t − 2T )
Abbildung 1.101: Ersatzschaltung zur Erzeugung von u02 (t) und typischer Schrittantworten
der Spannungen u2 (t), us (t) und u02 (t).
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 95
Beispiel:
Abb. 1.102 zeigt eine mit einem einfachen reaktiven Netzwerk belastete Leitung.
Uq0 −sT
e
Uq0 −sT 1 Z w C L
U2 (s) = e = (1.224)
s 1 + Zw /Z L 1 1 1
s s+ +
CL RL Zw
Im Zeitbereich:
für t < T :
u2 (t) = 0
für t ≥ T :
t−T
Uq0 −
u2 (t) = 1−e τ (1.225)
1 + Zw /RL
CL
mit τ : Zeitkonstante τ =
1 1
+
RL Zw
Mit den gegebenen Werten folgt für die Zeitkonstante τ = 16.7 ns. Abb. 1.103 zeigt die
entsprechenden Spannungen uq (t), u2a (t), u2 (t), u2b (t) und us (t).
96 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Abbildung 1.103: Spannungen uq (t), u2a (t),u2 (t), u2b und us (t) = u1a + u1b .
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 97
Für die Analyse machen wir folgende Annahmen bezüglich des betrachteten Frequenzbe-
reichs fmin ...fmax :
Wir interessieren uns in erster Linie√ für die Verzerrung der Schrittform und vernachlässi-
gen den reinen Verzögerungsterm e −sl L0 C 0 für die weitere Betrachtung:
√ q s
U 2 (s) 1 −α0 l 2 ω
= e 0 (1.232)
U10 s
Ein (gutes) Laplace-Lexikon liefert die entsprechende Zeitfunktion:
√
e−a s
a
↔ 1 − erf √ (1.233)
s 2 t
Die Errorfunktion erf(x), ist wie folgt definiert:
Z x
2 2
erf(x) = √ e−u du (1.234)
π 0
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 99
Unter der Phasengeschwindigkeit vp versteht man die Geschwindigkeit mit der sich ein
Punkt konstanter Phase auf einer Welle u(t, z) in z-Richtung bewegt:
n o
u(t, z) = < U 0 ej(ωt−βz) (1.236)
Die Bedingung, dass die Phase (ωt − βz) mit z = vp t konstant bleibt, ist
ω
Phasengeschwindigkeit: vp = (1.237)
β
Die Gruppengeschwindigkeit vg ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Einhüllende einer
Wellengruppe bewegt, wie in Abb. 1.108 dargestellt.
Zur Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit vg betrachten wir eine möglichst einfa-
che Wellengruppe: eine Schwebung u(t, z), d. h. die Überlagerung von zwei sinusförmigen
Signalen mit gleicher Amplitude und einem sehr kleinen Kreisfrequenzunterschied ∆ω, wie
in Abb. 1.109 dargestellt.
Abbildung 1.109: Schwebung: Überlagerung von zwei sinusförmigen Signalen mit gleicher
Amplitude und mit einem sehr kleinen Kreisfrequenzunterschied ∆ω.
Der erste Term von (1.239) stellt die langsam oszillierende Einhüllende, der zweite Term
das Trägersignal dar. Die Geschwindigkeit vg der Einhüllenden, die sogenannte Gruppenge-
schwindigkeit, kann wie im vorher betrachteten Fall der Phasengeschwindigkeit vp bestimmt
werden.
∆ω ∆β
Damit die Phase t− z mit z = vg t konstant bleibt, muss gelten:
2 2
∆ω
vg = (1.240)
∆β
Für beliebig kleine Kreisfrequenzunterschiede ∆ω machen wir den Übergang vom Diffe-
renzenquotienten zum Differentialquotienten:
dω
Gruppengschwindigkeit: vg = (1.241)
dβ
Ein beliebiges amplitudenmoduliertes Signal (nicht nur eine Schwebung) wird unverzerrt
übertragen, wenn im Frequenzbereich des Signals die Gruppengeschwindigkeit vg konstant
bleibt, d. h. eine Ausbreitungskonstante γ die linear von der Frequenz abhängig ist, überträgt
die Einhüllende eines Signals mit der Trägerkreisfrequenz ω0 dispersionsfrei.
γ = jβ = j(β0 + β 0 (ω − ω0 )) (1.242)
Die Gruppengeschwindigkeit ist dabei
dω 1
vg = = 0 (1.243)
dβ β
102 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Abb. 1.110 illustriert die Übertragung einer Wellengruppe mit einem linearen Frequenz-
gang des Phasenbelags β.
Abbildung 1.110: Übertragung einer Wellengruppe mit einem linearen Frequenzgang des Pha-
senbelags β. Die Einhüllende bleibt unverändert, während sich die Phase des Trägers relativ
zur Einhüllenden verändern kann.
Allgemein kann die Gruppengeschwindigkeit vg mit (1.237) und (1.241) als Funktion der
Phasengeschwindigkeit vp und des Phasenbelags β wie folgt ausgedrückt werden:
dω d(vp β) dvp
vg = = = vp + β (1.244)
dβ dβ dβ
Die Gruppengeschwindigkeit vg entspricht der Energietransportgeschwindigkeit der
elektromagnetischen Welle und kann die Lichtgeschwindigkeit c0 nicht überschreiten.
Es gilt
√ R0
r
ω
β = ={γ} = ω L0 C 0 + 0 (1.245)
2Zw ω0
Die spezifische Gruppenlaufzeit τg0
1 dβ √ R00
τg0 = = = L0 C 0 + √ (1.246)
vg dω 4Zw ωω0
Mit den Leitungsdaten des Beispiels aus Abschnitt 1.9.3 finden wir für eine Trägerfre-
quenz f0 = 1 MHz eine spezifische Gruppenlaufzeit τg0 = 4.881 ns/m.
√
Davon sind: Anteil der idealen Leitung L0 C 0 = 4.714 ns/m
R00
Anteil der Skineffektverluste √ = 0.167 ns/m
4Zw ωω0
Die Gruppenlaufzeit erfährt durch den Skineffekt nur eine sehr kleine Erhöhung ge-
genüber dem Wert der idealen Leitung.
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 103
In Abb. 1.111a ist ein Gaußscher Impuls und in Abb. 1.111b ist ein gaußförmig amplitu-
denmodulierter Impuls im Zeitbereich dargestellt:
Unter dem Einfluss des Phasenbelags als quadratische Funktion der Frequenz (1.247) wird
die ursprünglich reelle Funktion der Einhüllende G0 (t) des Gaußschen Impulses
jω0 t A −t2 /(2σt2 ) jω0 t
g(t) = < G0 (t)e =< √ e e (1.251)
σt 2π
komplex und es resultiert ein verzerrter Gaußscher Impuls der Form:
A 2 2
g1 (t) = < G0 (t)ejω0 t = < √ e−t /(2σtc ) ejω0 t
(1.252)
σ tc 2π
Dabei ist die komplexe Einhüllendenfunktion G0 (t)
A 2 /(2σ 2 )
G0 (t) = √ e−t tc (1.253)
σ tc 2π
und die komplexe zeitliche Standardabweichung
σ 2tc = σt2 − jLβ 00 (1.254)
mit l: Leitungslänge
In Abb. 1.112 ist die komplexe Einhüllendenfunktion G0 (t) und die zugehörige Funktion
g1 (t) für verschiedene Werte von lβ 00 /σt2 dargestellt.
Abbildung 1.112: Verhalten der komplexen Einhüllenden G0 (t) und des verzerrten gaußförmi-
gen Impulses g1 (t) für verschiedene Werte von lβ 00 /σt2 .
1.10. SIGNALE AUF LEITUNGEN IM ZEITBEREICH 105
Ein gaußförmiger Impuls g1 (t) mit komplexer Standardabweichung hat wiederum eine
gaußförmige Einhüllende. Daher kann er auch als ein gaußförmiger Impuls mit einer reellen
gaußförmigen Einhüllenden mit reeller zeitlicher Standardabweichung σt0 und Impulshöhe U1
dargestellt werden.
Die Verzerrung eines gaußförmig amplitudenmodulierten Impulses durch eine Ausbreitungs-
konstante γ unter Einbezug eines konstanten Dämpfungbelags α
β 00
0 2
γ = α + j β0 + β (ω − ω0 ) + (ω − ω0 ) (1.255)
2
kann wie folgt zusammengefasst werden (Abb. 1.113):
Bei schmalbandigen Signalen ist im Allgemeinen die Auswirkung der Dispersion bei den hier
behandelten Leitungen (TEM-Wellentyp) von untergeordneter Bedeutung. Bei einer skinef-
106 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
fektbedämpften Leitung wird die maximal einsetzbare Leitungslänge in erster Linie durch die
reine Dämpfung begrenzt. Laufzeitverzerrungen schmalbandiger Signale sind dagegen wichtig
bei
Filtern
metallischen Hohlleitern
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 107
1.11 Mehrfachleitungen
Unter einer Mehrfachleitung verstehen wir eine zylindrische Leitungsstruktur mit mehr als
zwei metallischen Leitern, die induktiv und kapazitiv gekoppelt sind. Abb. 1.114 zeigt drei
technisch wichtige Mehrfachleiterstrukturen: die geschirmte Zweidrahtleitung, den Sternvierer
und den Mehrfach-Streifenleiter.
In diesem Abschnitt werden wir das elektrische Verhalten der gekoppelten Leitungen
untersuchen. In den meisten Fällen ist die Kopplung, das sogenannte Übersprechen (cross
talk), zwischen den Leitern eine unerwünschte Erscheinung. In der Hochfrequenztechnik
wird allerdings die Kopplung zwischen Leitern nutzbringend in verschiedenen Typen von
Kopplern und Filtern eingesetzt.
Als kurzer Ausblick und Vorgeschmack werden drei interessante Resultate vorweggenom-
men:
1. Wie im Fall der einfachen Leitung ist die querhomogene, verlustfreie Mehrfachleitung
am einfachsten zu analysieren. In der Praxis ist sie die nullte Näherung für beliebige
gekoppelte Leitungen.
1
Z Li = (1.259)
Ci0 vp
1
Z Lik = 0 v (1.260)
Cik p
In diesem Abschnitt werden wir zuerst eine allgemeine Betrachtung der nichthomogenen,
verlustbehafteten Mehrfachleitung anstellen und dabei einige wichtige grundsätzliche Resul-
tate gewinnen. Des Weiteren werden wir technisch interessante Spezialfälle behandeln, deren
Analyse wesentlich einfacher ist, als beim allgemeinen Fall.
Für die Herleitung der Leitungsgleichungen der Mehrfachleitung werden wir gleichzeitig die
Dreifachleitung und die allgemeine Mehrfachleitung mit n + 1 Leitern nach Abb. 1.117 be-
trachten. Im Folgenden werden Matrizen mit einemˆ(Zirkumflex) gekennzeichnet.
Abb. 1.118 illustriert die Definition der Längsinduktivitätsbeläge und der Gegenindukti-
vitätsbeläge
110 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Längsimpedanzbeläge
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
Gegenimpedanzbeläge
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
Z 012 = jωM12
0 0
Z 0ik = jωMik
(1.262)
Z 021 = Z 012 ∀Z 0ik mit i 6= k
Mit den gewählten Stromrichtungen ist M12 0 > 0. Analog zu den Längs- und Gegenindukti-
vitätsbelägen lassen sich Quer- und Gegenadmittanzbeläge nach Abb. 1.119 definieren:
Queradmittanzbeläge
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 111
Y 01 = G01 + jωC10
Y 0i = G0i + jωCi0 (1.263)
0
Y = 2 G02 + jωC20
Gegenadmittanzbeläge
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
dU 1
− = Z 011 I 1 + Z 012 I 2 ~
dz dU 0
− = Ẑ I~ (1.265)
dU dz
− 2 = Z 021 I 1 + Z 022 I 2
dz
Querströme
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
dI 1
− = Y 011 U 1 + Y 012 U 2
dz dI~ 0
~
− = Ŷ U (1.266)
dI dz
− 2 = Y 021 U 1 + Y 022 U 2
dz
mit
Y 011 = Y 01 − Y 012 X
Y 0ii = Y 0i − Y 0ik (1.267)
0 0 0
Y 22 =Y −Y
2 21 k6=i
Wie im Fall der Zweidrahtleitung kann aus den Matrizengleichungen (1.265) und (1.266)
~ oder I~ eliminiert werden. Wir eliminieren I~ durch Ableiten von (1.265) nach z
entweder U
und Einsetzen in (1.266):
~
d2 U ~
0 dI 0 0
= −Ẑ ~ = K̂ U
= Ẑ Ŷ U ~ (1.268)
dz 2 dz
0 0
mit K̂: Leitungsmatrix K̂ = Ẑ Ŷ
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
U 1 = V 11 U u1 + V 12 U u2
~ = V̂ U
U ~u (1.270)
U 2 = V 21 U u1 + V 22 U u2
Jede Spalte von (1.275) bildet ein Gleichungssystem zur Bestimmung von γ 2 und einem
zugehörigen V -Vektor, d. h. einer Spalte der V̂ -Matrix.
X
(K ik − γ 2i δik )V ki = 0 (1.276)
k
Da jede Spalte von (1.272) ein homogenes lineares Gleichungssystem ist, existieren nicht-
triviale Lösungen nur, wenn die entsprechende Determinante verschwindet:
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
K 11 − γ 2
K 12
det K̂ − γ 2 δik = 0
det =0 (1.277)
K 21 K 22 − γ 2
(K 11 − γ 2 )(K 22 − γ 2 ) − K 12 K 21 = 0 (1.278)
r
2 K 11 + K 22 (K 11 − K 22 )2
γ 1,2 = ± + K 12 K 21 (1.279)
2 4
Die Lösungen γ nach (1.277) sind die Eigenwerte der K̂-Matrix. Mit den Lösungen von
2
γ kann die Transformationsmatrix V̂ ermittelt werden.
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 113
Dreifachleitung n + 1-Fachleitung
V 11 γ 21 − K 22 V 11 V
= =, 21 =, ... (1.280)
V 21 K 21 V n1 V n1
V 12 γ 2 − K 22 V 12 V
= 2 =, 22 =, ... (1.281)
V 22 K 21 V n2 V n2
Jede Kolonne der V̂ -Matrix ist bis auf einen konstanten Faktor bestimmt. Im Fall der
Dreifachleitung heißt dies, dass für den Eigenwert γ 1 das Verhältnis U 1 /U 2 mit (1.270) wie
folgt bestimmt wird:
U1 V γ 2 − K 22
= 11 = 1 (1.282)
U2 V 21 K 21
und für den Eigenwert γ 2 finden wir
U1 V γ 2 − K 22
= 12 = 2 (1.283)
U2 V 22 K 21
Mit (1.279): s
U1 K − K 22 (K 11 − K 22 )2 K 12
= 11 ± + (1.284)
U2 2K 21 4K 221 K 21
Beispiel für eine querinhomogene verlustfreie Mehrfachleitung:
Es gilt:
0 0
K̂ = Ẑ Ŷ = (jω)2 L̂0M ĈM
0
(1.285)
Mit einem numerischen Verfahren wurden die L̂0M - und ĈM
0 -Matrizen berechnet:
0.165 0.0404 0.0404 16.3 −1.43 −1.43
L̂0M 0
= µ0 0.0404 0.232 0.0152 ĈM = ε0 −1.43 11.1 −0.0904 (1.286)
0.0404 0.0152 0.232 −1.43 −0.0904 11.1
Nach diesem Beispiel machen wir eine Zusammenfassung und ziehen eine Zwischenbilanz
zu den Betrachtungen der allgemeinen Mehrfachleitung.
Zusammenfassung:
−1
γ̂ 2 = V̂ K̂ V̂ , ist eine Diagonalmatrix und die Matrixelemente sind die Eigenwerte der
K̂-Matrix, d. h. sie sind die Lösung von
det K̂ − γ 2 δik = 0
K̂ − γ 2 δik V~ ei = 0
~ a = Ẑ w I~a
U
~ a : vorwärtslaufende Leitungsspannungswelle
U
~
I a : vorwärtslaufende Leitungsstromwelle
−1 0
Ẑ w = V̂ γ̂ −1 V̂ Ẑ
116 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
U 1 = aV 11 + bV 12 + cV 13 + ...
U 2 = aV 21 + bV 22 + cV 23 + ...
U 3 = aV 31 + bV 32 + cV 33 + ...
1. querhomogene Mehrfachleitung
aus. Die Phasengeschwindigkeit ist vp = ω/={γ} und die Dämpfung α = <{γ}. Die Glei-
chung (1.287) kann ausgehend von den Maxwellschen Gleichungen hergeleitet werden. Die
Feldverteilungen von TEM-Wellen entsprechen den elektrostatischen bzw. magnetostatischen
Feldern der zylindrischen Mehrfachleitungen und jede beliebige statische Spannungsverteilung
liefert ein korrektes TEM-Feldlinienbild, wie Abb. 1.123 veranschaulicht. Jede dieser TEM-
Wellen propagiert mit der gleichen Ausbreitungskonstante γ.
Abbildung 1.123: Jede beliebige statische Feldverteilung ist eine mögliche TEM-
Feldverteilung.
Die Eigenschaft, dass alle möglichen Feldverteilungen zulässige TEM-Wellen mit gleichen
Ausbreitungskonstanten darstellen, macht sich auch in der Wellengleichung (1.268) bemerk-
0 0
bar. Während K̂ = Ẑ Ŷ für eine allgemeine Mehrfachleitung eine gefüllte“ Matrix ist, ist
”
sie für die TEM-Mehrfachleitung eine Diagonalmatrix mit identischen Diagonalelementen:
2
γ 0 ... 0
0 γ 2 ... 0
K̂ = = γ 2 Ê (1.288)
· · ... 0
0 0 ... γ 2
~
d2 U
Die Wellengleichung = K̂ U ~ zeigt damit keine direkte Kopplung zwischen den
dz 2
Leitungsspannungen. Es besteht trotzdem eine Verkopplung zwischen den Leitern, da die
Leiterspannungen über Gleichung (1.266) mit allen Leiterströmen gekoppelt sind. Im Fall der
reinen TEM-Mehrfachleitung stellt sich also das Problem der Aufspaltung einer beliebigen
Spannungsverteilung in Eigenvektoren nicht. Andererseits wäre wichtig zu wissen, wie die
Leitungsspannungen und -ströme verknüpft sind und wie ein reflexionsfreies Abschlussnetz-
werk beschaffen sein muss.
gebaut werden. Es weist die gleiche Topologie auf, wie das Netzwerk der Leitungskapazitäts-
beläge (Abb. 1.124).
0 0
Die Impedanzmatrix Ẑ und die Admittanzmatrix Ŷ sind
0
Z 11 Z 012 Y 011 Y 012
Ẑ = Ŷ = (1.292)
Z 012 Z 011 Y 012 Y 011
Die K̂-Matrix, die Matrix der Wellengleichung, ist für diesen Spezialfall symmetrisch.
0 0 K 11 K 12
K̂ = Ẑ Ŷ = (1.293)
K 12 K 11
120 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
mit
Das Verhältnis der Leitungsspannungen für die beiden Eigenwerte sind nach (1.284):
U1 V
für γ 21 = K 11 + K 12 → = 11 = 1 (1.298)
U2 V 21
U1 V
für γ 22 = K 11 − K 12 → = 12 = −1 (1.299)
U2 V 22
Die beiden Eigenvektoren (V 11 , V 21 ) = (1, 1) und (V 12 , V 22 ) = (1, −1) sind orthogonal.
Dies trifft auf alle symmetrischen Matrizen zu.
Diesem Ersatzschaltbild entnimmt man in Übereinstimmung mit (1.296) sofort die Gleich-
taktwellenausbreitungskonstante γ e und die Gleichtaktwellenimpedanz Zwe :
q
γ e = γ 1 = jω (L01 + M12
0 )C 0
1 (1.300)
s
L01 + M12
0
Zwe = (1.301)
C10
Abb. 1.128 zeigt das zugehörige Leitungsersatzschaltbild, woraus wiederum die Gegen-
taktwellenausbreitungskonstante γ o und die Gegentaktwellenimpedanz Zwo ermittelt werden
können:
q
γ o = γ 2 = jω (L01 − M120 )(C 0 + 2C 0 )
1 12 (1.302)
s
L01 − M12
0
Zwo = (1.303)
C10 + 2C12
0
Die vorwärtslaufenden Wellen U ae und U ao setzen sich zusammen aus den von der Quelle
U q verursachten Anteilen U aeq und U aoq und die am quellenseitigen Netzwerk reflektierten
Anteile U aer und U aor der rückwärtslaufenden Wellen U be und U bo :
U ae = U aeq + U aer U ao = U aoq + U aor (1.304)
Wir setzen vorerst die rückwärts laufenden Wellen U be = U bo = 0 und betrachten nur
die von U q angeregten Wellen U aeq und U aoq .
Z q2
+1
Z we
U aoq = U aeq (1.309)
2Z q2 Z q2
+ +1
Z q3 Z wo
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 123
Zur Unterscheidung zur Quellenseite bezeichnen wir hier die Ströme und Spannungen
mit ’ (Apostroph). Die entsprechenden Netzwerkgleichungen für die Lastseite lauten:
0
Z L11 Z L12 I 01
U1
= = Ẑ L I~ (1.310)
U 02 Z L12 Z L22 I 02
mit
Mit der Impedanzmatrix des Abschlussnetzwerkes Ẑ L kann die Matrix der Reflexionsfak-
toren r̂L für die Gleich- und Gegentaktwellen bestimmt werden:
in Matrixform
U 0be
0
U ae
0 = r̂L (1.316)
U bo U 0ao
Dabei sind:
mit
Z L11 + Z L12 Z L11 − Z L12
aL1 = −1 aL2 = −1 (1.323)
Z we Z wo
Z L11 + Z L12 Z L11 − Z L12
aL3 = − −1 aL4 = − −1 (1.324)
Z we Z wo
Z L21 + Z L22 Z L21 − Z L22
bL1 = −1 bL2 = +1 (1.325)
Z we Z wo
Z L21 + Z L22 Z L21 − Z L22
bL3 = − −1 bL4 = − +1 (1.326)
Z we Z wo
Die Gleichungen (1.316) und (1.321) bis (1.330) beschreiben das Verhalten der Leitung auf
der Lastseite vollständig. Es bleibt nun noch die Reflexion auf der Quellenseite zu berück-
sichtigen. Abgesehen von der Spannungsquelle ist das quellenseitige Netzwerk topologisch
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 125
mit dem lastseitigen identisch. Die von der Reflexion am quellenseitigen Ende verursachten
Anteile U aer bzw. U aor der Wellen U be und U bo sind:
und in Matrixform
U aer U be
= r̂q (1.333)
U aor U bo
U 0be
0
U ae
0 = r̂L
U bo U 0ao
- In symmetrischen Zwei- und Mehrfachleitungen vom Typ wie in Abb. 1.114c wird nach
Möglichkeit jeder Streifenleiter für einen Informationskanal eingesetzt.
Im zweiten Fall wird die Mehrfachleitung an den Enden so beschaltet, dass nur identische
Impedanzen gegenüber der Masse (0) auftreten und die Impedanzen zwischen den Leitern
i, k (i, k 6= 0) unendlich sind, wie dies für die symmetrische Dreifachleitung in Abb. 1.131
gezeigt ist.
126 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Auf der Quellenseite gelten, wenn die nach linkslaufenden Wellen U be = U bo = 0 gesetzt
werden, die Gleichungen (1.305) bis (1.307). Mit Z q3 = ∞ wird das Gleichungspaar (1.307)
zu
U q = U 1 + I 1Z q U 2 = −I 2 Z q (1.338)
Daraus folgt
U ae U
U q = U ae + U ao + Z q + ao (1.339)
Z we Z wo
U ae U
0 = U ae − U ao + Z q − ao (1.340)
Z we Z wo
Mit der gewählten quellenseitigen Beschaltung mit Impedanzen Z q kann die Gleich- und
Gegentaktanregung mit den Ersatzschaltungen nach Abb. 1.132 dargestellt werden.
Von besonderem Interesse ist der Betriebszustand der Anpassung auf der Quellen- und
Lastseite mit der Bedingung
U1
= Zq (1.343)
I1
mit
U ae U
U 1 = U ae + U ao und I 1 = + ao (1.344)
Z we Z wo
Dabei wird der in der Praxis wichtige Fall mit reellen Wellenimpedanzen Zwe und Zwo
betrachtet. Mit der obigen Bedingung und mit (1.341) und (1.342) finden wir als Bedingung
für Anpassung:
p
Zq = Z we Z wo (1.345)
Alle Ströme und Spannungen beziehen sich auf das Leitungsende z = l. Aus (1.347) und
(1.350) kann die Reflexionsmatrix ermittelt werden:
- Die Reflexionsfaktoren rLee und rLoo der Gleich- und Gegentaktwellen verhalten sich
wie die Reflexionsfaktoren auf ungekoppelten Leitungen (Abb. 1.133)
Abbildung 1.133: Reflexionsfaktoren rLee und rLoo der symmetrisch belasteten symmetrischen
Dreifachleitung.
Aus den (1.353) bis (1.355) konnte das Ersatzschaltbild nach Abb. 1.133 gewonnen wer-
den. In der Herleitung der Gleichungen (1.341) und (1.342), die die Wellen U ae und U ao als
Funktion der anregenden Spannung U q bestimmen, wurde die Voraussetzung gemacht, dass
keine nach links laufenden Wellen U be und U bo existieren. Das Reflexionsverhalten der symme-
trischen Quellenimpedanzen ist identisch mit dem auf der Lastseite und das Ersatzschaltbild
nach Abb. 1.133 mit den Gleichungen (1.353) und (1.354) kann auch auf der Quellenseite an-
gewandt werden. Das ganze symmetrische Dreileitersystem kann daher mit der Ersatzschal-
tung nach Abb. 1.134 mit je einer Ersatzschaltung für die Gleich- und die Gegentaktwelle
dargestellt werden.
p
Symmetrischer Abschluss mit Z L = Z we Z wo
Bei einer Parallelübertragung von Signalen über Mehrfachleitungen wird man versu-
chen die Kopplung zwischen den Leitungen möglichst klein zu halten und gleichzeitig
Anpassung anzustreben. Für die ideale TEM-Dreifachleitung mit γ e = γ o kann mit
p
Z q = Z L = Z we Z wo eine völlige Unterdrückung der Kopplung auf der Lastseite erreicht
werden: U 2 (z = l) = 0.
p
Mit den Abschlussimpedanzen Z L = Z q = Z we Z wo besteht bei einer symmetrischen
TEM-Dreifachleitung eine ideale Entkopplung zum fernen Ende der gekoppelten Leitung
(Abb. 1.135). Dagegen kann die Kopplung zum nahen Ende nicht für alle Frequenzen unter-
drückt werden.
Wellenausbreitungskonstante: Wellenimpedanz:
s
L01 + M12
0
q
0 )C 0
γ e = jβe = jω (L01 + M12 1 Zwe =
C10
Wellenausbreitungskonstante: Wellenimpedanz:
s
L01 − M12
0
q
0 )(C 0 + 2C 0 )
γ o = jβo = jω (L01 − M12 1 12 Zwo = 0 0
C1 + 2C12
Gleichtakt: Gegentakt:
Uq Uq
U ae = U ao =
2(1 + Z q /Z we ) 2(1 + Z q /Z wo )
U be = rLee U ae U bo = rLoo U ao
Z L − Z we Z L − Z wo
rLee = rLoo =
Z L + Z we Z L + Z wo
U ae (z = l) = U ae (z = 0)e−jβe l U ao (z = l) = U ao (z = 0)e−jβo l
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 131
U2 jk tan βl
=√ (1.360)
U1 1 − k 2 + j tan βl
Kopplungsfaktor:
0
C12 0
M12
k= 0 + C0 = (1.361)
C12 1 L01
132 KAPITEL 1. LEITUNGSTHEORIE
Ein Fall aus der Praxis der Elektronik: Kopplung in einer kurzen, symmetri-
schen TEM-Dreifachleitung mit schwacher Kopplung
Bei diesem in der Praxis wichtigen Fall werden folgende Vereinfachungen gemacht:
1. Mit einer elektrisch kurzen Leitung kann ein Ersatzschaltbild mit wenigen konzentrier-
ten Elementen verwendet werden.
2. Mit einer schwachen Kopplung kann eine unilaterale Kopplung von der gespeisten Lei-
tung in die passive Leitung angenommen werden, d. h. statt einer induktiven Kopplung
wird eine stromgesteuerte Spannungsquelle und statt einer kapazitiven Kopplung wird
eine spannungsgesteuerte Stromquelle eingesetzt.
Die Vereinfachungen des Ersatzschaltbildes sind in Abb. 1.138 dargestellt. Für die umge-
wandelte Ersatzschaltung in Abb. 1.138d gilt:
0 l
jωI 1 (0)M12 0 l
jωU 1 (0)C12
U 2 (0) = + Zw (1.362)
2 2
U 1 (0) = Z w I 1 (0) = U q /2 (1.363)
jωI 1 (0)l 0 0
Z 2w
U 2 (0) = M12 + C12 (1.364)
2
Bei der TEM-Mehrfachleitung ist der Kopplungfaktor k für schwache Kopplung
0
M12 0
C12 0
C12
k= = ≈ (1.365)
L01 0 + C0
C12 1 C10
Dieses Resultat stimmt, wie zu erwarten ist, mit der Beziehung (1.360) für l/λ 1 und
0 /C 0 1 überein.
C12 1
Wir vergleichen das Resultat (1.366) und (1.367) mit der exakten Simulation einer gekop-
pelten Leitung, wobei wir die vereinfachenden Annahmen l/λ 1 und C12 0 /C 0 1 etwas
1
strapazieren.
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 133
Beispiel:
Abb. 1.140 zeigt die Resultate der exakten Simulation für die Spannung U1 (t, 0) und
U2 (t, 0) am Leitungseingang und U1 (t, l) am Leitungsausgang. In Abb. 1.140 ist noch ein Ver-
gleich von U2 (t, 0) gemäß der Approximation (1.368) und der exakten Simulation dargestellt.
Obwohl die Bedingungen für die Gültigkeit der Approximation bezüglich der Kopplungskon-
stante k1 und der Leitungslänge l nur schlecht eingehalten werden, ergibt (1.368) immer noch
eine brauchbare Abschätzung.
1.11. MEHRFACHLEITUNGEN 135
N-Tortheorie
In der Schaltungstechnik werden Bauelemente mit zwei oder mehr Polen (Kontakten) ein-
gesetzt. Beispielsweise hat ein Widerstand zwei Pole und ein Bipolartransistor drei. Ist der
Substratanschluss eines MOSFETs nicht mit der Source verbunden, hat dieser vier Kontakte.
Allgemein gilt: Lassen sich jeweils zwei der 2N Kontakte zusammenfassen, sodass der
Strom, der in den einen Kontakt hineinfließt, gleich dem Strom ist, der aus dem anderen
herausfließt, so spricht man von einem Tor. Lassen sich alle 2N Kontakte zu N Toren zusam-
menfassen, spricht man von einem N-Tor.
Ein Tor ist ein Polpaar (zwei Kontakte), wobei der Torstrom in den einen Kontakt
hinein- und aus dem anderen wieder hinausfließt. Die Stromsumme muss für das Tor
exakt gleich Null sein. Die Torspannung ist durch die Spannung gegeben, die zwischen
dem Pol, in den der Strom hineinfließt, und dem Pol, aus dem der Strom herausfließt,
anliegt. Der Strom des i-ten Tors kann von allen anderen Torspannungen abhängen Ii =
Ii (U1 , . . . , Ui , . . . , UN ) mit i = 1, . . . , N .
1
Ii
2
3 Ui N-Tor
Sechstor
4
Ii
5
Abbildung 2.1: Ein Sechstor (links); i-tes Tor eines N-Tors (rechts).
137
138 KAPITEL 2. N-TORTHEORIE
I1
U1 R
I1 I2
IB IC
U1 UBE UCE U2
Das einfachste Beispiel ist ein Widerstand, der sich als Eintor darstellen lässt (Abb. 2.2).
Die Torbedingung, dass die Stromsumme für das Tor gleich Null sein muss, ist erfüllt und
der Torstrom hängt nur von der Torspannung ab. Ist der Widerstand ideal, gilt das Ohmsche
Gesetz mit einem festen Widerstandswert und damit eine lineare Beziehung zwischen der
Spannung und dem Strom.
mit K = konstant
139
I1 I1 I2
+ +
U1 −
U0 =
b U1 U2 −
U0
Abbildung 2.4: Beispiel für das Abtrennen einer unabhängigen Spannungsquelle durch
Einfügen eines Tors mit U 2 = U 0 .
Die Basis-Emitterspannung lässt sich in einen Gleich- und einen Wechselanteil zerlegen
UBE (t) = UBE,DC + uBE (t), wobei der Wechselanteil uBE verglichen mit der thermischen
Spannung UT klein sein soll:
UBE,DC +uBE (t) UBE,DC uBE (t)
uBE (t)
IB ≈ Ke UT
= Ke UT
}e
UT
≈ IB,DC 1 + = IB,DC + iB (t) (2.2)
| {z UT
=IB,DC
Die Gleichanteile lassen sich abziehen und man erhält eine lineare Beziehung zwischen den
Kleinsignalanteilen:
IB,DC
iB (t) = uBE (t) (2.3)
UT
Da die Gleichanteile zeitlich konstant sind, handelt es sich somit um ein lineares und
zeitinvariantes (linear and time invariant, LTI) System, das sich am einfachsten im Frequenz-
bereich beschreiben lässt. Man geht in den harmonisch eingeschwungenen Zustand über und
führt Zeiger für die Kleinsignalspannungen U i und -ströme I i der Tore ein.
mit i = 1, . . . N
Die verallgemeinerte Kleinsignalanalyse ergibt nun für ein N-Tor eine lineare Beziehung
zwischen den Zeigern der Kleinsignaltorspannungen und -ströme
N
X
Ii = Y ij U j (2.6)
j=1
I b1 I b2
a U a2 U b1 b U b2 U c1 c
I b1 I b2
U a2 +
− U b1 b U b2
+
− U c1
Abbildung 2.5: Beispiel für das Heraustrennen eines Zweitors (hier b) aus einer Schaltung.
Die Admittanzparameter können gemessen werden, indem man an allen Toren außer
dem j-ten Tor die Kleinsignaltorspannung zu Null setzt und den Kleinsignaltorstrom I i als
Funktion einer hinreichend kleinen Torspannung U j misst.
Ii
Y ij = |U =0 für k6=j und k=1,...,N (2.7)
Uj k
Dabei müssen an allen Toren die entsprechenden Gleichspannungen, die für die Einstel-
lung des Arbeitspunkts benötigt werden, anliegen. Es darf kein Tor kleinsignalmäßig intern
kurzgeschlossen sein und das N-Tor muss stabil sein.
Fasst man die Torströme und -spannungen zu Vektoren zusammen, kann man Bezie-
hung (2.6) mit der Admittanzmatrix Ŷ darstellen.
I1 Y 11 · · · Y 1N U1
I~ = ... = ... .. .. .. = Ŷ U
~ (2.8)
. . .
IN Y N1 · · · Y NN UN
2.1 Zweitore
I1 I2
U1 Zweitor U2
Abbildung 2.7: Lineares, zeitinvariantes und stabiles Zweitor mit symmetrischen Zählpfeilen.
Es sollen nun die gebräuchlichsten Parameterdarstellungen für die wichtigsten N-Tore, die
Zweitore (Abb. 2.7), diskutiert werden und wie sie auf verschiedene Verschaltungen von Zwei-
toren angewendet werden. Bei der Verschaltung von Zweitoren muss sichergestellt werden,
dass die Stromsumme weiterhin für jedes einzelne Tor gleich Null ist.
2.1.1 Admittanzparameter
Für ein Zweitor lautet die Admittanzmatrix
Y 11 Y 12
Ŷ = (2.11)
Y 21 Y 22
Diese Darstellung hat den Vorteil, dass sich die Admittanzmatrix, die die gesamte Schal-
tung beschreibt, aus der Summe der beiden einzelnen Y-Matrizen ergibt, wenn man die je-
a b
weils gleichen Tore zweier Zweitore, wie in Abb. 2.8 dargestellt, parallel schaltet (I~ = I~ + I~ ,
~ =U
U ~a = U ~ b ).
a b a a
~ b = Ŷ a + Ŷ b U
~ + Ŷ b U ~ = Ŷ ges U
I~ = I~ + I~ = Ŷ U ~ (2.12)
ges a b
Ŷ = Ŷ + Ŷ (2.13)
2.1.2 Impedanzparameter
Für ein Zweitor lautet die Impedanzmatrix
Z 11 Z 12
Ẑ = (2.14)
Z 21 Z 22
Diese Darstellung hat den Vorteil, dass bei Reihenschaltung der jeweils gleichen Tore (I~ =
a b
I~ = I~ , U
~ =U ~a +U~ b ), sich die die gesamte Schaltung beschreibende Impedanzmatrix aus
der Summe der beiden einzelnen Z-Matrizen ergibt (Abb. 2.9)
ges a b
Ẑ = Ẑ + Ẑ . (2.15)
2.1. ZWEITORE 143
I a1 I a2
a
U a1 Ŷ U a2
I1 I2
U1 U2
I b1 I b2
b
U b1 Ŷ U b2
I1 I a1 I a2 I1
a
U a1 Ẑ U a2
U1 U2
I b1 I b2
b
U b1 Ẑ U b2
I a1 I a2 I b1 I b2
a b
U a1 Â U a2 U b1 Â U b2
2.1.3 Kettenparameter
Mit den Kettenparametern gilt folgende Beziehung
U1 A11 A12 U2
= (2.16)
I1 A21 A22 −I 2
| {z }
=Â
Diese Form eignet sich für die Hintereinanderschaltung (Verkettung, Abb. 2.10) von zwei
Zweitoren. Dabei wird das zweite Tor des ersten Zweitors mit dem ersten Tor des zweiten
Zweitors verbunden. Es gilt U a2 = U b1 und I a2 = −I b1 und somit
ges a b
 =   . (2.17)
2.1.4 Hybridparameter
Mit den Hybridparametern gilt folgende Beziehung
U1 H 11 H 12 I1
= . (2.19)
I2 H 21 H 22 U2
| {z }
=Ĥ
Diese Form wird verwendet, wenn man die Eingänge der beiden Zweitore in Reihe und die
Ausgänge parallel schaltet (Abb. 2.11). Es gilt U 1 = U a1 + U b1 , I 2 = I a2 + I b2 und I 1 = I a1 = I b1 ,
U 2 = U a2 = U b2 und somit
ges a b
Ĥ = Ĥ + Ĥ . (2.20)
2.1. ZWEITORE 145
I1 I a1 I a2
a
U a1 Ĥ U a2
I2
U1 U2
I b1 I b2
b
U b1 Ĥ U b2
Gegeben → Ŷ Ẑ Â Ĥ
Gesucht ↓
Z 22 Z 12 A22 |Â| 1 H 12
Y 11 Y 12 − − −
|Ẑ| |Ẑ| A12 A12 H 11 H 11
Z 21 Z 11 1 A11 H 21 |Ĥ|
Y 21 Y 22 − −
|Ẑ| |Ẑ| A12 A12 H 11 H 11
Y 22 1 Z 11 |Ẑ| |Ĥ| H 11
A11 A12 − − − −
Y 21 Y 21 Z 21 Z 21 H 21 H 21
|Ŷ | Y 11 1 Z 22 H 22 1
A21 A22 − − − −
Y 21 Y 21 Z 21 Z 21 H 21 H 21
Y 21 |Ŷ | Z 21 1 1 A21
H 21 H 22 − −
Y 11 Y 11 Z 22 Z 22 A22 A22
2.3. REZIPROZITÄT UND SYMMETRIE VON N-TOREN 147
I a1 I a2 I b1 I b2
U a1 Y U a2 U b1 Y U b2
Abbildung 2.12: Zweitor mit idealen Spannungsquellen beschaltet. Links: Fall a), rechts:
Fall b).
Das Reziprozitätstheorem
NK
~ a · I~ b = U
~ aT I~ b = I~ bT U
~a = U
~ bT I~ a .
X
U ak I bk = U (2.21)
k=1
Zieht man den rechten Ausdruck von dem mittleren ab, ergibt sich
~ bT (Ŷ T − Ŷ )U
U ~a = 0 . (2.23)
gelten. Das ist der Fall, wenn die Materialien, aus denen das N-Tor besteht, passiv, linear,
isotrop und zeitinvariant sind. Lineare und passive N-Tore, die keine magnetisierten Ferrite,
gesteuerte Quellen usw. enthalten, sind üblicherweise reziprok. Die Tore i und j eines N-Tors
gelten als reziprok, falls
Y ij = Y ji (2.25)
gilt. Die Admittanzmatrix ist symmetrisch, wenn alle Torpaare des N-Tors reziprok sind.
Kann die Admittanzmatrix invertiert werden, dann ist auch die Impedanzmatrix symme-
trisch. Dies gilt für sehr viele passive Strukturen und erleichtert die Berechnung der Torpa-
rameter, da die Anzahl der unbekannten Größen stark reduziert wird. Man beachte, dass das
Reziprozitätstheorem nur für den harmonisch eingeschwungenen Zustand gilt.
Zwei unterschiedliche Tore i und j eines N-Tors gelten als symmetrisch, falls man sie
vertauschen kann, ohne dass sich die Eigenschaften des N-Tors dadurch verändern. Für die
Admittanzparameter bedeutet dies
Y ii = Y jj (2.26)
Y ij = Y ji . (2.27)
148 KAPITEL 2. N-TORTHEORIE
Y 11 = Y 22 (2.28)
Y 12 = Y 21 . (2.29)
Ein symmetrisches Zweitor ist somit immer reziprok und hat nur zwei unabhängige Para-
meter. Ähnliche Bedingungen lassen sich auch für die anderen Darstellungen des Zweitors
ableiten. In der rechten Spalte der Tab. 2.2 ist die zusätzlich zur Reziprozität notwendige
Bedingung für die Symmetrie dargestellt.
Tabelle 2.2: Bedingungen für die Reziprozität und darüber hinaus für die Symmetrie eines
Zweitors.
Reziprozität Symmetrie
Ŷ Y 12 = Y 21 Y 11 = Y 22
Ẑ Z 12 = Z 21 Z 11 = Z 22
Ĥ H 12 = −H 21 |Ĥ| = 1
2.4. BEISPIELE FÜR ZWEITORE 149
I1 I2
Y
U1 U2
I1 I2
Za Zc
U1 Zb U2
Als Beispiel für das T-Ersatzschaltbild soll eine verlustlose Doppelleitung der Länge l
mit dem Leitungswellenwiderstand Zw und der Ausbreitungskonstanten γ = jβ betrachtet
werden. Mit (1.80) bestimmt sich die Admittanzmatrix zu
!
−j cot
Zw
βl j
Zw sin βl
Ŷ = j cot βl . (2.33)
Zw sin βl −j Zw
Das Zweitor ist reziprok und darüber hinaus symmetrisch (Tab. 2.2). Die Kettenparameter
sind (Tab. 2.1)
cos βl jZw sin βl
 = sin βl (2.34)
j Zw cos βl
und die Impedanzmatrix lautet (Tab. 2.1)
!
Zw
−jZw cot βl −j sin βl
Ẑ = Zw . (2.35)
−j sin βl −jZ w cot βl
1 − cos βl
Z a = Z c = jZw (2.36)
sin βl
1
Z b = −jZw . (2.37)
sin βl
Eine ideale Leitung kann somit z. B. für eine Schaltkreissimulation durch drei spezielle
Reaktanzen ersetzt werden.
Der MOSFET ist als aktives Bauelement ein Beispiel für ein nichtreziprokes Zweitor. Ein
einfaches Kleinsignalersatzschaltbild ist in Abb. 2.15 dargestellt.
I1 I2
G D
gm U GS
CGS GDS
U1 U2
S S
Aufgrund der spannungsgesteuerten Stromquelle ist das Zweitor nicht reziprok. Da die
direkte Kopplung zwischen dem Gate und dem Drain vernachlässigt wurde (Y 12 = 0),
2.4. BEISPIELE FÜR ZWEITORE 151
I1 I2
Y 12 U 2 Y 21 U 1
U1 U2
Y 11 Y 22
hat der Ausgang keinen Einfluss auf den Eingang und man bezeichnet das Zweitor als
rückwirkungsfrei. Diese Näherung wird gerne für einfache Berechnungen verwendet, da man
die Eingangsseite vollständig ohne Kenntnis der Ausgangseite berechnen kann.
Mit den Y-Parametern kann man leicht ein allgemeines Ersatzschaltbild für ein Zweitor
angeben (Abb. 2.16). Trotz der gesteuerten Quellen ist das Zweitor für den Spezialfall Y 12 =
Y 21 reziprok.
152 KAPITEL 2. N-TORTHEORIE
Kapitel 3
Streuparameter
U (z)
u(z) = √ (3.3)
Z
p w
i(z) = Zw I(z) (3.4)
I1 I(z) I2
U1 β, Zw U (z) U2
0 l z
Abbildung 3.1: Strom und Spannung auf einer verlustlosen Doppelleitung der Länge l.
153
154 KAPITEL 3. STREUPARAMETER
rücklaufende Welle vertauschen, da die hinlaufende Welle nun von rechts nach links laufen
würde.
Zwischen den komplexen Wellenamplituden und dem normierten Strom und der normier-
ten Spannung am linken Tor besteht die lineare Beziehung
u1 + i1
a1 = (3.7)
2
u − i1
b1 = 1 . (3.8)
2
Diese lässt sich umkehren
U
u1 = a1 + b1 = √ 1 (3.9)
Zw
p
i1 = a1 − b1 = Zw I 1 . (3.10)
Der spannungsbezogene Reflexionsfaktor am linken Tor kann mit den komplexen Wellen-
amplituden berechnet werden
U b
Γ1 = b = 1 . (3.11)
Ua a1
Schließt man die Leitung am rechten Tor mit dem Leitungswellenwiderstand Zw ab, gilt
dort U (l) = Zw I(l)
Zieht man die untere von der oberen Gleichung ab, erhält man U b = 0 und damit b1 = 0
und a1 = U a . Für den Reflexionsfaktor am linken Tor folgt Γ1 = 0 und somit die Anpassung
der Leitung.
Für die elektrische Leistung auf der Leitung gilt im zeitlichen Mittel für den harmonisch
eingeschwungenen Zustand bei beliebigem Abschluss mit (3.1), (3.2), (3.5) und (3.6)
a e−jβz − b ejβz ∗
( )
1 ∗ 1 p −jβz jβz 1 1
Pp (z) = <{U (z)I(z) } = < Zw a1 e + b1 e √
2 2 Zw
1 1 1
=< |a1 |2 − |b1 |2 + a∗1 b1 e2jβz − a1 b∗1 e−2jβz
2 {z 2 } |2 }
| {z
rein reell rein imaginär
1 1
= |a1 |2 − |b1 |2 . (3.14)
2 2
Die Wirkleistung hängt auf einer verlustlosen Leitung nicht von der Position ab
1 1
Pp = Ppa − Ppb = |a1 |2 − |b1 |2 (3.15)
2 2
und die Wirkleistungen der hin- und rücklaufenden Welle können unabhängig voneinander
berechnet werden. Die komplexen Wellenamplituden wurden so gewählt, dass ihr Quadrat
direkt eine Leistung ergibt, weswegen sie auch als Leistungsparameter bezeichnet werden.
3.1. KOMPLEXE WELLENAMPLITUDEN 155
Bisher wurden nur Leitungen betrachtet. Man kann die komplexen Wellenamplituden auch
für Hohlleiter definieren, allerdings muss man für jeden Mode einen eigenen Satz komplexer
Wellenamplituden verwenden. Da die einzelnen Moden orthogonal sind, lässt sich die Leis-
tung für jeden einzelnen Mode immer noch mit (3.15) unabhängig von den anderen Moden
berechnen.
156 KAPITEL 3. STREUPARAMETER
3.2 Streumatrizen
Ii
ai
Ui N-Tor
bi
Abbildung 3.2: Zuordnung von Strom, Spannung und komplexen Wellenamplituden zum i-ten
Tor eines N-Tors.
Für das i-te Tor eines N-Tors (Abb. 3.2) kann man komplexe Wellenamplituden definieren,
ohne dass es sich um eine Wellenleitung handeln muss, da sich die komplexen Wellenampli-
tuden aus einer linearen Transformation der Torspannung und des Torstroms ergeben
U i + Z0i I i
ai = √ (3.16)
2 Z0i
U i − Z0i I i
bi = √ (3.17)
2 Z0i
bzw.
p
Ui = Z0i (ai + bi ) (3.18)
p
Z0i I i = Z0i (ai − bi ) . (3.19)
Der Normierungswiderstand Z0i kann für jedes Tor unterschiedlich gewählt werden, sollte
jedoch positiv und reell sein1 . Gehört das Tor zu einer Leitung oder wird es mit einer Leitung
verbunden, sollte man den Leitungswellenwiderstand dieser Leitung verwenden, da es die
Berechnungen vereinfacht. In technischen Anwendungen werden fast immer 50 Ω verwendet.
Wählt man einen Normierungswiderstand, der von dem Leitungswellenwiderstand abweicht,
kann man die komplexen Wellenamplituden nicht mehr mit der realen hin- und rücklaufenden
Welle identifizieren. Die linearen Transformationen (3.16) und (3.17) sind natürlich immer
noch möglich und man kann weiterhin die komplexen Wellenamplituden verwenden.
Ähnlich zu den Y-Parametern, die einen linearen Zusammenhang zwischen Strom und
Spannung angegeben, kann mit den sogenannten Streuparametern oder auch S-Parametern
eine lineare Beziehung zwischen den Koeffizienten der rück- und der hinlaufenden Wellen
angegeben werden:
N
X
bi = S ij aj mit i = 1, . . . , N (3.20)
j=1
1
Komplexe Normierungsimpedanzen führen zu Problemen bei der Definition der Leistung oder des Refle-
xionsfaktors, weswegen sie hier nicht verwendet werden.
3.2. STREUMATRIZEN 157
bi
S ij = | ak =0 . (3.21)
aj k=1,...,N
k6=j
In das j-te Tor läuft eine Welle mit aj herein und alle anderen Tore sind reflexionsfrei
abgeschlossen. Man bestimmt dann bi für die Welle, die aus dem i-ten Tor herausläuft. Die
Parameter S ii bezeichnet man als Reflexionskoeffizienten und die Elemente S ij mit i 6= j als
Transmissionskoeffizienten.
Gilt S ii = S jj , ist das N-Tor reflexionssymmetrisch bezüglich der Tore i und j. Gilt
S ij = S ji , ist das N-Tor transmissionssymmetrisch bzw. reziprok bezüglich der Tore i und j.
Gilt dies für alle i und j, ist das N-Tor vollständig transmissionssymmetrisch bzw. reziprok.
Werden die komplexen Wellenamplituden für die verschiedenen Tore zu Vektoren zusam-
mengefasst, erhält man
b1 S 11 ··· S 1N a1
~b = .. = .. .. .. .. = Ŝ ~a . (3.22)
. . . . .
bN SN 1 ··· SN N aN
In praktisch allen realistischen Fällen existiert die Inverse der Streumatrix Ŝ. Ein Zweitor
ist reziprok, falls S 21 = S 12 gilt, und symmetrisch, falls noch zusätzlich S 22 = S 11 gilt.
In Abb. 3.3 ist eine Impedanz als Eintor dargestellt. Mit U 1 = Z 1 I 1 erhält man unter
Beachtung von (3.18) und (3.19)
Z 1 − Z01
b1 = S 11 a1 = a , (3.23)
Z 1 + Z01 1
wobei der Streuparameter eines Eintors oft auch als Reflexionsparameter bezeichnet wird
Z 1 − Z01
Γ1 = S 11 = . (3.24)
Z 1 + Z01
Schließt man eine Doppelleitung mit der Impedanz Z 1 ab und wählt als Normierungswi-
derstand den Leitungswellenwiderstand (Z01 = Zw ), dann ergibt sich der bekannte Ausdruck
für den Reflexionsfaktor.
I1
a1
U1 Z1
b1
N N
1X 1X 2
= |ai |2 − |bi |
2 2
i=1 i=1
1 1 †
= ~a†~a − ~b ~b
2 2
1 1 †
= ~a†~a − ~a† Ŝ Ŝ ~a
2 2
1 †
= ~a† Ê − Ŝ Ŝ ~a
2
1
= ~a† P̂ ~a . (3.25)
2
†
Ê bezeichnet die Einheitsmatrix N -ter Ordnung. Die Formmatrix P̂ = Ê − Ŝ Ŝ ist her-
†
mitesch (P̂ = P̂ ) und damit ist das Ergebnis der quadratischen Form (3.25) immer reell.
Abhängig von der absorbierten Wirkleistung unterscheidet man drei Fälle für beliebiges, nicht
verschwindendes ~a:
3.3 Wellenquellen
I1
a1
Eintorquelle U1
b1
b1 = Γ1 a1 + b0 (3.26)
mit b0 = Quellterm
Für b0 = 0 geht die Eintorquelle in ein quellenloses Eintor über.
I1
Z1
a1
Uq U1
b1
U 1 − Z01 I 1 U + Z01 I 1
√ = Γ1 1 √ + b0 , (3.28)
2 Z01 2 Z01
wobei Z01 der beliebige (reelle und positive) Normierungswiderstand ist. Auflösen nach der
Spannung führt zu
√
1 + Γ1 2 Z01 b0
U 1 = Z01 I + . (3.29)
1 − Γ1 1 1 − Γ1
| {z } | {z }
=Z 1 =U q
160 KAPITEL 3. STREUPARAMETER
Die Gleichung für die Innenimpedanz Z 1 aufgelöst nach dem Reflexionsfaktor ergibt
Z 1 − Z01
Γ1 = (3.30)
Z 1 + Z01
Schließt man die Eintorquelle mit der Impedanz Z 2 ab, gilt I 1 = −U 1 /Z 2 und b2 = Γ2 a2
(Abb. 3.6).
I1
Z1
a1 b2
Uq U1 Z2
b1 a2
Aufgrund der direkten Verbindung gilt mit Z01 = Z02 auch a2 = b1 und b2 = a1 und
somit
Γ2 b0
a1 = (3.32)
1 − Γ1 Γ2
b0
b1 = . (3.33)
1 − Γ1 Γ2
Die von der Quelle abgegebene und von der Last aufgenommene Wirkleistung ist
1 1 1 1 − |Γ2 |2
PL = |a2 |2 − |b2 |2 = |b |2 , (3.34)
2 2 2 |1 − Γ1 Γ2 |2 0
wobei die Reflexionskoeffizienten und komplexen Wellenamplituden von der Wahl des Normie-
rungswiderstand, der für beide Tore gleich sein muss (Z01 = Z02 = Z0 ), abhängen. Allerdings
ist die Leistung unabhängig vom Normierungswiderstand.
1 1 − |Γ2 |2 1 <{Z 2 }
PL = |b0 |2 = |U |2 (3.35)
2 |1 − Γ1 Γ2 | 2 2 |Z 1 + Z 2 |2 q
Im Fall der reflexionsfreien Anpassung gilt Z 2 = Z 1 und somit Γ2 = Γ1 . Für die Wirk-
leistung erhält man
1 1 − |Γ1 |2 1 <{Z 1 }
PL = 2 |b0 |2 = |U q |2 . (3.36)
2 |1 − Γ1 |2 8 |Z 1 |2
3.3. WELLENQUELLEN 161
Man beachte, dass bei beliebiger Wahl des Normierungswiderstands die Reflexionskoeffizien-
ten bei Anpassung nicht notwendigerweise gleich Null sind.
Die maximal verfügbare Wirkleistung (available Power) ergibt sich für konjugiert kom-
plexe Anpassung an die Quellenimpedanz mit Z 2 = Z ∗1 und damit Γ2 = Γ∗1
1 1 2 1 |U q |2
PL, verf = |b | = . (3.37)
2 1 − |Γ1 |2 0 8 <{Z 1 }
Diese Anpassung wird oft verwendet, damit die maximale Leistung für die weitere Verarbei-
tung zur Verfügung steht. Ist die Innenimpedanz Z 1 reell und somit Z2 = Z1 , bedeutet Anpas-
sung sowohl Reflexionsfreiheit als auch, dass man die maximale Wirkleistung erhält. Wählt
man nun noch den Normierungswiderstand entsprechend Z0 = Z1 = Z2 , gilt Γ1 = Γ2 = 0
und
1 1 |U q |2
PL, verf = |b0 |2 = (3.38)
2 8 Z1
√
und b0 = U q /2 Z0 .
Sind die beiden Normierungswiderstände der Tore 1 und 2 nicht gleich, gilt nicht mehr
a2 = b1 und b2 = a1 . Man muss dann die Wellengrößen unter Verwendung der Spannung und
des Stroms ineinander umrechnen. Rechnet man die komplexen Wellenamplituden des Tors
1 mit (3.16) bis (3.19) auf die Normierung des Tors 2 um, erhält man
q q q q
Z01 Z02 Z01 Z02
0
a1 1 Z02 + Z01 Z02 − Z01
a1
0 = q q q q , (3.39)
b1 2 Z01
− Z02 Z01
+ Z02 b1
Z02 Z01 Z02 Z01
Bisher wurden nur Eintorquellen betrachtet. Man kann diese leicht auf N-Torquellen er-
weitern
~b = Ŝ ~a + ~b , (3.40)
0
3.4 Wellenkettenparameter
Verkettet man zwei Zweitore entsprechend Abb. 3.7, kann man die Streuparameter des Ge-
samtsystems mit den Wellenkettenparametern ausrechnen, wenn die komplexen Wellenam-
plituden des Tors 2 des linken Zweitors mit dem gleichen Normierungswiderstand berechnet
a = Z b ).
wurden, wie die des Tors 1 des rechten Zweitors (Z02 01
Dann gilt
und insgesamt
ges a b
T̂ = T̂ T̂ . (3.44)
Man kann die Streuparameter in die Wellenkettenparameter umrechnen
1 S 22
T 11 T 12
S − S 21
T̂ = = S 21 S S
(3.45)
T 21 T 22 11
S − 11 22S 21 12 S 21
und umgekehrt
T 21 T 21 T 12
S 11 S 12
T 11 T 22 − T 11
=
T 12
. (3.46)
S 21 S 22 1
−T
T 11 11
Im Fall eines reziproken Zweitors gilt det T̂ = 1 und im Fall der Symmetrie zusätzlich
noch T 21 = −T 12 .
Die Streumatrix einer verlustlosen Doppelleitung der Länge l (Abb. 3.1) lautet
!
0 e−jβl
Ŝ = , (3.47)
e−jβl 0
wobei der reelle Leitungswellenwiderstand zur Normierung verwendet wurde (Z01 = Z02 =
Zw ). Die Wellenkettenmatrix ergibt sich zu
!
ejβl 0
T̂ = . (3.48)
0 e−jβl
3.4. WELLENKETTENPARAMETER 163
Abbildung 3.8: Ein über zwei Kabel mit einem 2-Tor-Netzwerkanalysator verbundenes Zwei-
tor (Bandpass).
In Messungen werden Zweitore oft über Kabel, die nahezu verlustlose TEM-Wellenleiter
sind, angeschlossen (Abb. 3.8). Das mit dem linken Tor des Zweitors verbundene Kabel habe
die Länge l1 und das rechte Kabel die Länge l2 . Der Leitungswellenwiderstand sei in bei-
den Fällen Zw (meistens Zw = 50 Ω) und werde als Normierungswiderstand für alle Tore
verwendet. Die Ausbreitungskonstante β sei ebenfalls für beide Kabel gleich
!
K,i ejβli 0
T̂ = . (3.49)
0 e−jβli
Die Wellenkettenparameter für das Zweitor zusammen mit den beiden Kabeln erhält man
mit !
T ZT jβ(l1 +l2 ) T ZT jβ(l1 −l2 )
ges K,1 ZT K,2 11 e 12 e
T̂ = T̂ T̂ T̂ = , (3.50)
T ZT −jβ(l1 −l2 ) T ZT e−jβ(l1 +l2 )
21 e 22
ZT
wobei T̂ die Wellenkettenmatrix des Zweitors ist. Daraus kann man die Streuparameter
der gesamten Anordnung bestimmen
!
S ZT −2jβl1 S ZT −jβ(l1 +l2 )
ges 11 e 12 e
Ŝ = . (3.51)
S ZT −jβ(l1 +l2 ) S ZT −2jβl2
21 e 22 e
ges
Will man die Kabel aus den Messergebnissen herausrechnen, muss man T̂ mit den
Inversen der Wellenkettenmatrizen multiplizieren
ZT
n K,1 o−1 ges n K,2 o−1
T̂ = T̂ T̂ T̂ . (3.52)
Diese Umformung bezeichnet man als De-Embedding oder Abstrippen (der Kabel). Dieses
Ergebnis kann man auch einfacher mit folgender Betrachtung erhalten:
S ges
11 ist der Reflexionsfaktor des Tors 1 zusammen mit dem Kabel 1. Will man den Refle-
xionsfaktor S ZT
11 allein berechnen, muss man berücksichtigen, dass die Welle durch das Kabel
1 bis zum Tor 1 laufen muss und von dort wieder zurück. Dies verursacht eine Phasendrehung
ges ges
um e−2jβl1 für S ZT
11 verglichen mit S 11 . Ist S 11 gegeben, muss man durch den Phasenfaktor
teilen und erhält das obige Ergebnis. Die anderen Gleichungen kann man analog folgern.
Die Gleichung (3.52) kann auch verwendet werden, wenn nicht nur Kabel, sondern auch
andere Teile einer Schaltung de-embedded“ werden sollen. Dies könnten z. B. die Stecker
”
oder ganze Teile einer Schaltung sein. Dafür benötigt man allerdings die entsprechenden
Wellenkettenmatrizen und das Endergebnis ist komplexer als (3.53).
3.5. TRSF. IN VERSCH. DARST. DER ZWEITORPARAMMETER 165
~b = 1 D̂−1 U
~ − D̂I~ = Ŝ ~a = Ŝ 1 D̂−1 U
h i h i
~ + D̂I~ . (3.55)
2 2
~ und der Bedingung, dass diese Beziehung für beliebige Spannungsvektoren U
Mit I~ = Ŷ U ~
gelten muss, erhält man h i h i
D̂−1 − D̂Ŷ = Ŝ D̂−1 + D̂Ŷ . (3.56)
In Tab. 3.1 sind die Umrechnungsvorschriften für die Y-, Z- und H-Parameter in S-
Parameter und zurück für Zweitore angegeben. Die kleinen Buchstaben beziehen sich auf
die mit den Normierungswiderständen skalierten Parameter
p p
y ij = Z0i Y ij Z0j (3.58)
Z ij
z ij = √ p (3.59)
Z0i Z0j
H 11
h11 = (3.60)
Z01
h22 = H 22 Z02 (3.61)
r
Z0j
hij |i6=j = H ij . (3.62)
Z0i
166 KAPITEL 3. STREUPARAMETER
(1 − S 11 )(1 + S 22 ) + S 12 S 21 −2S 12
y 11 = y 12 =
(1 + S 11 )(1 + S 22 ) − S 12 S 21 (1 + S 11 )(1 + S 22 ) − S 12 S 21
−2S 21 (1 + S 11 )(1 − S 22 ) + S 12 S 21
y 21 = y 22 =
(1 + S 11 )(1 + S 22 ) − S 12 S 21 (1 + S 11 )(1 + S 22 ) − S 12 S 21
(1 − y 11 )(1 + y 22 ) + y 12 y 21 −2y 12
S 11 = S 12 =
(1 + y 11 )(1 + y 22 ) − y 12 y 21 (1 + y 11 )(1 + y 22 ) − y 12 y 21
−2y 21 (1 + y 11 )(1 − y 22 ) + y 12 y 21
S 21 = S 22 =
(1 + y 11 )(1 + y 22 ) − y 12 y 21 (1 + y 11 )(1 + y 22 ) − y 12 y 21
(1 + S 11 )(1 − S 22 ) + S 12 S 21 2S 12
z 11 = z 12 =
(1 − S 11 )(1 − S 22 ) − S 12 S 21 (1 − S 11 )(1 − S 22 ) − S 12 S 21
2S 21 (1 − S 11 )(1 + S 22 ) + S 12 S 21
z 21 = z 22 =
(1 − S 11 )(1 − S 22 ) − S 12 S 21 (1 − S 11 )(1 − S 22 ) − S 12 S 21
(z 11 − 1)(z 22 + 1) − z 12 z 21 2z 12
S 11 = S 12 =
(1 + z 11 )(1 + z 22 ) − z 12 z 21 (1 + z 11 )(1 + z 22 ) − z 12 z 21
2z 21 (z 11 + 1)(z 22 − 1) − z 12 z 21
S 21 = S 22 =
(1 + z 11 )(1 + z 22 ) − z 12 z 21 (1 + z 11 )(1 + z 22 ) − z 12 z 21
(1 + S 11 )(1 + S 22 ) − S 12 S 21 2S 12
h11 = h12 =
(1 − S 11 )(1 + S 22 ) + S 12 S 21 (1 − S 11 )(1 + S 22 ) + S 12 S 21
−2S 21 (1 − S 11 )(1 − S 22 ) − S 12 S 21
h21 = h22 =
(1 − S 11 )(1 + S 22 ) + S 12 S 21 (1 − S 11 )(1 + S 22 ) + S 12 S 21
3.6 Signalflussdiagramme
Signalflussdiagramme stellen ein grafisches Hilfsmittel zur Berechnung komplexer Wellenam-
plituden dar. Die wesentlichen Anforderungen an diese Graphen sind:
Die Knoten werden über gerichtete Zweige verbunden, deren Gewichtungen durch die
Streuparameter gegeben sind. Sie stellen den Signalfluss dar.
Ein Zweig zeigt von dem Knoten, dessen komplexe Wellenamplituden mit dem Streu-
parameter multipliziert wird, zu dem Knoten, der das Ergebnis aufnimmt.
Jeder Knoten ergibt sich aus der Summe der darin endenden Zweige.
Die Signalflussdiagramme einer Wellenquelle und einer Last sind in Abb. 3.9 und Abb. 3.10
abgebildet.
bq b
Zq 1
→b Γq
Uq
←a
a
a→ ΓL
ZL
b←
b
a1
S 11
S 12 a2
b1
a1 S 21 b2
S 22
a2
Die Kombination beider Graphen ergibt das Signalflussdiagramm für das komplette Zwei-
tor (Abb. 3.13).
a1 S 21 b2
S 11 S 22
S 12 a2
b1
Wird das rechte Tor mit einer Last abgeschlossen (Abb. 3.14), gilt zusätzlich a2 = ΓL b2 .
Es soll nun der Eingangsreflexionsfaktor (ΓEin = b1 /a1 ) für diesen Fall bestimmt werden. Es
wird eine Beziehung für b1 gesucht, die nur von den Transmissionsfaktoren und a1 abhängt.
Es gilt
b1 = S11 a1 + S12 a2 (3.63)
mit
a2 = ΓL b2 (3.64)
b2 = S21 a1 + S22 a2 (3.65)
S21 a1
⇒ b2 = . (3.66)
1 − S22 ΓL
Damit folgt
S 12 S 21 ΓL
⇒ ΓEin = S 11 + . (3.70)
1 − S 22 ΓL
3.6. SIGNALFLUSSDIAGRAMME 169
ΓEin ΓAus
a1 a2 aL
Zweitor Last
b1 b2 bL
ΓL
a1 S 21 b2
ΓEin → S 11 S 22 ΓL
S 12 a2
b1
Abbildung 3.14: Signalflussdiagramm (unten) für ein Zweitor, dessen rechtes Tor mit einer
Last abgeschlossen ist (oben).
Ist der Ausgang reflexionsfrei abgeschlossen (ΓL = 0) oder ist das Zweitor rückwirkungs-
frei (S 12 = 0) gilt ΓEin = S 11 .
Ist der Eingang eines Zweitors mit einer Quelle (ΓQ ) beschaltet, ergibt sich bei analoger
Rechnung für den Ausgangsreflexionsfaktor
S 12 S 21 ΓQ
ΓAus = S 22 + . (3.71)
1 − S 11 ΓQ
1. Serienschaltung
Aus Abb. 3.15 können links die Beziehungen
b = Sba a (3.72)
und
c = Scb b (3.73)
abgelesen werden. Durch Eliminieren von b folgt mit
2. Parallelschaltung
Der Ausdruck
b = S1 a + S2 a (3.75)
aus Abb. 3.16 beschreibt eine Parallelschaltung zwischen den Knoten a und b. Er ist
äquivalent zu
b = (S1 + S2 )a (3.76)
S1
S1 + S2
a b a b
S2
Folglich lassen sich zwei parallele Pfade durch einen Zweig, der mit der Summe der
Transmissionsfaktoren der einzelnen Pfade gewichtet ist, vereinfachen.
c = S3 s (3.77)
= S3 (S1 a + S2 b) (3.78)
= S3 S1 a + S3 S2 b (3.79)
gilt. Das Produkt der Gewichte vom Eingang zum Ausgang bleibt gleich und somit
auch das Signal am Ausgang.
S1 S1 s S3
a a
S3
s c c
b b
S2 S2 s S3
Scb Sba
Sba b Scb 1−Γ
a c a c
a1 S 21 b2
ΓEin → S 11 S 22 ΓL
S 12 a2
b1
Gesucht ist wiederum eine Beziehung für b1 , die nur von den Transmissionsfaktoren und
a1 abhängig ist. Zunächst muss die Schleife bei b2 aufgelöst werden. Dazu wird der Knoten
a2 dupliziert (Abb. 3.20 links). Das Gewicht der Schleife wird anschließend über die Trans-
formation der Serienschaltung bestimmt (Abb. 3.20 rechts).
a1 S 21 b2 a1 S 21 b2
S 22 ΓL S 22
S 11 ΓL ΓL S 11 ΓL
a2
S 12 a2 S 12 a2
b1 b1
Abbildung 3.20: Erweiterung um einen Knoten (links) und Bildung der Schleife (rechts).
172 KAPITEL 3. STREUPARAMETER
Die Schleife kann jetzt mithilfe der vierten Transformation eliminiert werden (Abb. 3.21).
Es gilt
ΓL
a2 = b . (3.84)
1 − S22 ΓL 2
a1 S 21 b2
ΓL
S 11
1 − ΓL S 22
S 12 a2
b1
Der in (Abb. 3.21) rot eingezeichnete Pfad wird wieder mittels der Regel zur Serienschal-
tung zusammengefasst (Abb. 3.22).
a1
S 21 ΓL S 12
S 11
1 − ΓL S 22
b1
Als letzten Schritt wird die Parallelschaltung vereinfacht und der Eingangsreflexionsfak-
tor ΓEin kann direkt abgelesen werden (Abb. 3.23).
a1
S 21 ΓL S 12
S 11 +
1 − ΓL S 22
b1
Wie erwartet ist ΓEin identisch zu dem vorher berechneten Ergebnis in (3.70).
3.6. SIGNALFLUSSDIAGRAMME 173
Bei der Regel nach Mason sind zwei Begriffe von grundlegender Bedeutung: der Pfad und
die Masche. Ein Pfad ist von einem Knoten aj zu einem Knoten bi gerichtet. Auf diesem
Pfad zeigen alle Zweige in Richtung von bi . Der Pfadübertragungsfaktor P ergibt sich aus
dem Produkt der Transmissionsfaktoren der einzelnen Zweige.
Y
P = Smn (3.85)
Eine Erklärung der einzelnen Elemente ist Tab. 3.2 zu entnehmen. Ein Schleifenprodukt
n-ter Ordnung ist das Produkt von n Maschen, die keinen gemein Knoten haben. Eine Schleife
2. Ordnung ist dem Beispiel in Abb. 3.25 und Abb. 3.26 zu entnehmen.
P
L(1) Summe der Schleifenprodukte aller Maschen
P
L(n) Summe der Produkte von n disjunkter Maschen
P1 , P2 , ... Produkt der Zweige eines Pfades
L(1)(1)
P
Summe der Schleifenprodukte 1. Ordnung, die den Pfad P1 nicht berühren
L(n)(m)
P
Summe der Schleifenprodukte n-ter Ordnung, die den Pfad Pm nicht berühren
T gesuchtes Verhältnis
Es soll wieder der Eingangsreflexionsfaktor ΓEin des mit ΓL abgeschlossene Zweitors aus
Abb. 3.14 bestimmt werden. Dazu müssen erst die Pfade und Maschen nach Mason bestimmt
werden. Aus Abb. 3.24 lässt sich ablesen:
P1 = S 11 (3.88)
P2 = S 21 ΓL S 12 (3.89)
La = S 22 ΓL (3.90)
a1 S 21 b2
S 11 S 22 ΓL
S 12 a2
b1
Abbildung 3.24: Signalflussdiagramm eines mit ΓL abgeschlossenen Zweitors mit dem Pfad
P1 (rot), dem Pfad P2 (blau) und der Masche La (grün).
b1 P1 (1 − La ) + P2 (1 − 0)
T = = (3.92)
a1 1 − La
S 11 (1 − S 22 ΓL ) + S 21 ΓL S 12
= (3.93)
1 − S 22 ΓL
S 21 ΓL S 12
= S 11 + (3.94)
1 − S 22 ΓL
S 12 S 21 ΓL
⇒ ΓEin = S 11 + (3.95)
1 − S 22 ΓL
Jetzt wird das Zweitor aus Abb. 3.14 am Eingang an eine Spannungsquelle angeschlossen.
Das erweiterte Signalflussdiagramm ist in Abb. 3.25 dargestellt.
bq a1 b2
S 21
Γq S 11 S 22 ΓL
S 12 a2
b1
a1 S 21 b2
Γq S 11 S 22 ΓL
S 12 a2
b1
Es soll auch für diesen Fall das Verhältnis von b1 /a1 bestimmt werden. Die Pfade und
Maschen nach Mason können aus Abb. 3.26 abgelesen werden:
P1 = S 11 (3.96)
P2 = S 21 ΓL S 12 (3.97)
La = S 22 ΓL (3.98)
Lb = S 11 Γq (3.99)
Lc = S 21 ΓL S 12 Γq (3.100)
Die Schleifen 1. Ordnung sind La , Lb und Lc . Das Produkt La Lb bildet die Schleife 2. Ordnung,
da sie keinen gemeinsamen Knoten besitzen. Für das Verhältnis b1 /a1 folgt:
b1 P1 (1 − La ) + P2
= (3.101)
a1 1 − (La + Lb + Lc ) + La Lb
S 11 (1 − S 22 ΓL ) + S 21 ΓL S 12
= (3.102)
1 − (S 22 ΓL + S 11 Γq + S 21 ΓL S 12 Γq ) + S 11 Γq S 22 ΓL
176 KAPITEL 3. STREUPARAMETER
Kapitel 4
Passive Mikrowellenbauelemente
Die passiven Mikrowellenbauelemente kann man nach ihrer Torzahl und Funktion klassifizie-
ren. Es werden hier nur Mikrostreifenleitungsbauelemente betrachtet, da diese im Vergleich
zum Hohlleiter oft in einem weiteren Frequenzbereich einsetzbar und leichter herstellbar sind.
Als Ausgangsmaterial werden Substrate verwendet, die auf beiden Seiten mit Kupfer beschich-
tet sind. Durch einfache fotolithografische Verfahren und Ätzen lassen sich diese strukturieren
(Abb. 4.1).
Abstimmstrukturen
DC
Input Output
FETs
FET
RF
Während die einfache Mikrostreifenleitung sehr breitbandig ist, gilt dies nicht für alle hier
betrachteten Bauelemente. Sie haben spezielle Funktionen, die oft nur in einem bestimmten
Frequenzbereich realisiert werden können. Dies muss bei der Auswahl der Bauelemente
berücksichtigt werden. Ebenso gelten die angegebenen Ersatzschaltbilder auch nur in einem
bestimmten Frequenzbereich.
177
178 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
Zuleitungen abgetrennt werden. Die Stelle, an der die Leitung aufgetrennt wird, bezeichnet
man als Bezugsebene, da für diese Stelle die Streuparameter bestimmt werden. Die Bezug-
sebenen müssen so weit von der Stelle, an der sich die Leitungen treffen, entfernt sein, dass
alle Streufelder abgeklungen sind und sich die Leitungen an den Bezugsebenen wieder wie
normale Mikrostreifenleitungen verhalten.
BE3
BE1 BE2
4.1 Eintore
Passiven Eintore lassen sich durch ihren Reflexionsfaktor charakterisieren. Im Folgenden wer-
den die wichtigsten Eintore und ihre Einsatzmöglichkeiten erläutert.
4.1.1 Absorber
Ein idealer Absorber hat einen Reflexionsfaktor vom Wert null (Abb. 4.3), sodass sich eine
von links einlaufende Welle in der Widerstandsschicht tot läuft.
Leitung Cr-Haftschicht
Ein aufgelegter verlustbehafteter Keil (Abb. 4.6) dämpft nur den Feldanteil in der Luft
und benötigen daher einige Wellenlängen als Baugröße.
Durch Aufbringen einer Dämpfungspaste auf einer Spiralanordnung (Abb. 4.7) kann auf
verhältnismäßig kleinem Raum eine gute Anpassung erreicht werden. Solche Formen der
Leitungsführung werden auch als Antennen für höhere Frequenzen eingesetzt und haben
deshalb viele Feldanteile außerhalb des Substrats.
4.1.2 Leerlauf
Eine am Ende offene Microstrip-Leitung stellt das klassische Streifenleitungsbauelement dar,
wie es z. B. für Stichleitungen eingesetzt wird. Ein Leerlauf mit Γ = 1 lässt sich auf diese Weise
realisieren und eine von links kommende Welle wird am rechten Ende reflektiert (Abb. 4.8).
Allerdings endet das Feld der Microstrip-Leitung nicht abrupt am Leitungsende, sondern
reicht weiter in Richtung der Streifenleitungssymmetrieachse fort. Diese Streufelder bewirken
eine scheinbare Verlängerung der eigentlichen Streifenleitung, wobei das zusätzliche Endfeld
4.1. EINTORE 181
als Parallelkapazität bzw. als Leitungsverlängerung gedeutet werden kann. Die zusätzliche
Länge ∆l muss bei der Berechnung des Reflexionsfaktors (1.87) am linken Eingang berück-
sichtigt werden (Bezugsebenenverschiebung).
Γ=1
BE
∆l
Abbildung 4.8: Leerlauf (Γ = 1). Durch Streufelder verschiebt sich der Punkt, an dem die
Reflexion stattfindet um ∆l (Bezugsebenenverschiebung).
4.1.3 Kurzschluss
Werden reale Kurzschlüsse an Streifenleitungen verlangt, so treten zumeist erhebliche tech-
nische Probleme auf. Solange nur schmalbandige Lösungen angestrebt werden (ca. 5 % Band-
breite), kann der Kurzschluss bekanntermaßen durch λ/4-Transformation aus einem Leerlauf
abgeleitet werden. Ist ein breitbandige Nutzung vorgesehen, so scheidet diese Möglichkeit
aus. Hier eignet sich nur eine Durchkontaktierung (Via) nach Abb. 4.9.
Substrat
Kupfer
Abbildung 4.9: Kurzschluss Γ = −1. Links von oben und rechts im Schnitt.
Es wird ein Teilbereich des Substrats durch ein Messer oder eine Stanze ausgespart und
die Streifenleitung auf die Masseplatte umgebogen und dort kontaktiert. Nachteilig ist, dass
nicht das gesamte Feld abrupt endet, sondern Feldanteile nach hinten über den Streifen
hinausragen können und zu einer Endkapazität führen. Gleichzeitig beengt der Leiter die
Masseströme und führt zu einer parallelen Endinduktivität Lp , sodass der Kurzschluss nur
für nicht zu hohe Frequenzen hinreichend gut ist.
Das Einführen einer Kurzschlussplatte schafft hier Abhilfe (Abb. 4.10). Die Masseströme
können ungehindert abfließen und es ragt kein E-Feld über den Kurzschluss hinaus (das
gesamte elektrische Feld wird kurzgeschlossen). Gemein ist beiden Methoden, dass die Un-
terseite des Substrats verletzt wird und Unebenheiten durch Lötungen erhält, wodurch ein
zusätzlicher mechanischer Aufwand beim Gehäuseeinbau entsteht.
182 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
4.1.4 Leitungsresonator
Resonatoren werden in frequenzbestimmenden und zeitgebenden Schaltungen eingesetzt, z. B.
in Clock-Oszillatoren. Sie sind aber auch Bestandteile von Filtern. Reaktanz- und Suszeptanz-
verläufe, wie sie LC-Schwingkreise erzeugen, können mit einseitig offenen oder kurzgeschlos-
senen Leitungsstücken erzeugt werden. Diese haben, wie in Abb. 1.26 bereits verdeutlicht,
Leitungslängen von λ/4 oder λ/2. Die Leerlaufgüte eines Leitungsresonators bestimmt sich
zu
π
Q= (4.1)
λα
mit α = Dämpfungsbelag in Np/m.
Ein kapazitiv an das Ende einer Leitung angekoppelter Resonator ist in Abb. 4.11 darge-
stellt.
4.2 Zweitore
4.2.1 Dämpfungsglied
Ein Dämpfungsglied ist in Abb. 4.12 dargestellt. Dieses sollte nicht nur reziprok, sondern auch
symmetrisch sein. Idealerweise gilt für die Streuparameter S 11 = S 22 = 0 und S 12 = S 21 mit
0 < |S 12 | < 1.
Cr-Haftschicht
Abbildung 4.12: Dämpfungsglied für kleine Leistungen.
4.2.2 Leitungstransformator
Zur Verbindung zweier unterschiedlich breiter Leitungen kann die Struktur aus Abb. 4.13
verwendet werden. Das Zweittor ist nicht symmetrisch, aber reziprok. Die Frequenz sollte
allerdings so hoch sein, dass die Wellenlänge deutlich kleiner als d ist. Dann werden durch
das langsame Verändern der Breite Reflexionen unterdrückt. Im umgekehrten Fall (λ > d)
handelt es sich praktisch um einen abrupten Übergang. Dies führt zu einer sprunghaften
Änderung des Wellenwiderstandes und es entstehen Reflexionen. Die Auswirkungen der ab-
rupte Breitenänderung wird in Abschnitt 4.2.5 für die Modellierung reaktiver Komponenten
ausgenutzt.
d
Abbildung 4.13: Leitungstransformator.
4.2.3 Kapazität
Allgemein können Kapazitäten auf vielfältige Art und Weise hergestellt werden. In Abb. 4.14
sind einige Bauformen für Kondensatoren gezeigt. Kapazitäten können auch durch Verbrei-
tern eines kurzen Stückes einer Leitung realisiert werden. Die Leitung wirkt wie ein Kondensa-
tor, wenn alle Abmessungen klein gegenüber der Wellenlänge sind. Dies folgt aus dem Ersatz-
schaltbild für ein kurzes verlustloses Leitungsstück (Abb. 1.18a mit l = ∆z und |γ∆z| 1)
mit R0 = 0 und G0 = 0, da bei einer breiteren Leitung der Kapazitätsbelag anwächst, während
der Induktivitätsbelag sinkt. In grober Näherung nimmt man an, dass die Induktivität L0 ∆z
vernachlässigbar ist und das Ersatzschaltbild reduziert sich auf eine parallele Kapazität mit
dem Wert C 0 ∆z.
184 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
4.2.4 Induktivät
Wie für die Kondensatoren, gibt es ebenfalls mehrere Möglichkeiten eine Induktivität zu
realisieren. Einige sind in Abb. 4.15 dargestellt.
Auch eine Induktivität kann durch eine Leitung realisiert werden. Es zeigt sich das
entgegengesetzte Verhalten zu den Kapazitäten: Wird die Leitung schmaler, wirkt sie wie
eine Reiheninduktivität mit L0 ∆z.
4.2.5 Tiefpassfilter
Wendet man die Bildungsregeln für Kapazitäten und Induktivitäten auf die Struktur in
Abb. 4.16 an, erhält man als Ersatzschaltbild eine Siebkette.
C L C L C
1
S11 Mess.
S21 Mess.
0.8 S11 Sim.
S21 Sim.
0.6
|S|
0.4
0.2
0
0 2 4 6 8 10
f [GHz]
Abbildung 4.17: Absolutwert der Streuparameter des Tiefpasses als Ergebnis einer Messung
und einer einfachen Simulation entsprechender Leitungsstücke.
Stromlinien Elektrische
Streufelder
gegen Masse
wa wb =
b Zw a , β a Zw b , β b
Abbildung 4.18: Abrupter Übergang von einer Leitung mit der Weite wa auf die Weite wb
und ein einfaches Ersatzschaltbild, bestehend aus zwei idealen Leitungen und jeweils einer
Induktivität und Kapazität.
186 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
4.2.6 Bandpass
Einen Bandpass kann man mit λ/2-Resonatoren realisieren (Abb. 4.19), die kapazitiv und
induktiv gekoppelt sind. Das Zweitor ist symmetrisch. Die Mittenfrequenz wird durch die
Länge der Resonatoren, die bei Resonanz der halben Wellenlänge entspricht, festgelegt. In
Abb. 4.20 sind die gemessenen Streuparameter dargestellt. Die Mittenfrequenz liegt bei etwa
2.1 GHz. Bei der doppelten Frequenz gibt es ebenfalls ein Band, das durchgelassen wird und
für das die Resonatoren die Länge λ haben.
λ/4
1
S11
S21
0.8
0.6
|S|
0.4
0.2
0
0 1 2 3 4 5
f [GHz]
4.2.7 Transmissionsresonator
Bei einem Transmissionsresonator sind zwei Leitungen mit dem Resonator kapazitiv gekoppelt
(Abb. 4.21). Dieses Zweitor ist symmetrisch. Ein einfaches Ersatzschaltbild ist ebenfalls in der
Abbildung gegeben.
Streufeldkapazität Koppelkapazität
Resonator
Abbildung 4.21: Transmissionsresonator mit Ersatzschaltbild.
4.2.8 Richtungsleiter
Ein als edge guided mode isolator“ ausgeführter Richtungsleiter ist in Abb. 4.22 dargestellt.
”
Dieses Bauelement enthält ein stark vormagnetisiertes Ferritsubstrat. Es ist anisotrop und
seine Permeabilitätsmatrix ist nicht symmetrisch. Daher ist das Zweitor nicht reziprok.
Bei einer bestimmten Frequenz, die unter anderem von der vorgegebenen magnetischen
Feldstärke abhängt, werden Wellen nur in eine Richtung durch das Zweitor gelassen. Eine
von rechts kommende Welle wird in die Cr-Haftschicht abgedrängt und dort absorbiert. Die
Bandbreite dieses Effekts ist begrenzt.
Im Idealfall sind alle Tore ideal angepasst und die Übertragung in den unerwünschten
Richtungen ist Null. In der Praxis erreicht man solche Werte nicht perfekt. Gute Richtlei-
tungen weisen Reflexionsdämpfungen von 25 bis 30 dB auf und die Dämpfung in den un-
erwünschten Richtungen liegt in derselben Größenordnung. Die relativen Bandbreiten, über
die solche Resultate erreicht werden können, reichen von 10 % bis 50 %, in Einzelfällen bis zu
100 %. Hierbei ist die Übertragung bei geringerer Bandbreite besser als bei großer. Idealer-
weise sollte S 11 = S 22 = 0, |S 21 | = 1 und |S 12 | = 0 gelten.
H0
Cr-Haftschicht
4.2.9 Diskontinuitäten
Das am häufigsten verwendete Zweitor ist die Mikrostreifenleitung, die schon ausführlich
diskutiert wurde. Im Idealfall kann eine Leitung der Länge l durch eine einfache Streuma-
trix (3.47) beschrieben werden. Hat die Leitung jedoch eine Knick (Abb. 4.23), ist dies nicht
mehr möglich. Der Knick muss dann aus der Leitung herausgetrennt und gesondert behandelt
werden. Der einfache Knick aus Abb. 4.23a führt zu einer Aufweitung der Leitung, was durch
Abtrennen der rechten oberen Ecke kompensiert werden kann (Abb. 4.23b). Durch Abrun-
dung kann dies ebenfalls erreicht werden Abb. 4.23c). Trotz dieser Gegenmaßnahmen wirkt
sich ein Knick immer auf das Übertragungsverhalten aus und muss bei einer entsprechend
genauen Berechnung berücksichtigt werden.
a) b) c)
4.3 Dreitore
Idealerweise sollte ein Dreitor an allen Toren angepasst, verlustlos und reziprok sein. Dies
ist allerdings nicht möglich, da die Reziprozität erfordert, dass die Streuparametermatrix
symmetrisch ist
S 11 S 12 S 13
T
Ŝ = S 12 S 22 S 23 = Ŝ .
S 13 S 23 S 33
Weiterhin sollen alle drei Tore angepasst sein (S ii = 0)
0 S 12 S 13
Ŝ = S 12 0 S 23 .
S 13 S 23 0
Verlustlosigkeit erfordert zusätzlich, dass die Formmatrix P̂ aus (3.25) verschwindet und
somit †
0 S 12 S 13 0 S 12 S 13 1 0 0
S 12 0 S 23 S 12 0 S 23 = 0 1 0
S 13 S 23 0 S 13 S 23 0 0 0 1
gilt. Dies ergibt sechs unabhängige Gleichungen
|S 12 |2 + |S 13 |2 = 1
|S 12 |2 + |S 23 |2 = 1
|S 13 |2 + |S 23 |2 = 1
S ?13 S 23 = 0
S ?12 S 23 = 0
S ?12 S 13 = 0 ,
die keine Lösung haben. Es daher muss auf eine dieser Bedingungen verzichtet werden.
4.3.1 Leistungsteiler
Eine Parallelverzweigung ergibt einen sehr einfachen Leistungsteiler (Abb. 4.24). Durch ein
Tor fließt Leistung in den Teiler hinein, die an den beiden anderen Toren zu gleichen Teilen
abgegeben wird. Dieses Dreitor ist reziprok, verlustlos und nicht vollständig symmetrisch. Es
sind nicht alle drei Tore angepasst.
2Zw
Zw
2Zw
Abbildung 4.24: Leistungsteiler.
190 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
4.3.2 Zirkulator
Ein Zirkulator ist ein allseits angepasstes, verlustloses Dreitor, das zwangsweise nichtrezipork
ist (Abb. 4.25). Zirkulatoren sind insofern sonderbare Bauteile, da sie passiv und trotzdem
nichtreziprok sind. Sie existieren in dieser (passiven) Form nur im HF-Bereich (also ab ca.
100 MHz), sie haben keine reale Entsprechung in der niederfrequenten Elektrotechnik. Dort
lassen sie sich mit gesteuerten Quellen (Verstärkern) synthetisieren, sind dann aber nicht
mehr passiv.
H0
Sender Empfänger
Antenne
Mit einem Dreitor-Zirkulator kann eine Antenne mit einem Sender und Empfänger ver-
bunden werden, wobei der Sende- und Empfangszweig getrennt werden. Man schließt die
Antenne an das untere, den Sender an das linke und den Empfänger an das rechte Tor an.
Alle drei Tore sollten angepasst sein. Der Sender sendet ein Signal aus, das nur zu dem Tor
geht, das sich gegen den Uhrzeigersinn am nächsten befindet. Dort ist die Antenne ange-
schlossen. Das gegen den Uhrzeigersinn gezählte zweite Tor wird isoliert. Somit kann kein
Sendersignal in den Empfänger gelangen. Genauso gelangt das Ausgangssignal der Anten-
ne nur zum Empfänger und nicht zum Sender. Die Streumatrix für einen idealen Zirkulator
lautet
0 0 1
Ŝ = 1 0 0 (4.2)
0 1 0
4.3. DREITORE 191
4.3.3 Gleichspannungszuführung
Mit einer Gleichspannungszuführung (Abb. 4.26) kann man eine Gleichspannung auf eine
Leitung geben, ohne die Transmissionseigenschaften der Leitung zu stark zu stören. Dazu
sollte die Zuführung einen hohen Leitungswellenwiderstand Zi haben (schmal sein). Dieses
reziproke Dreitor findet beispielsweise bei der DC-Arbeitspunkt-Einstellung eines aktiven
Bauelements Verwendung.
Zw Zi Zw
4.4 Viertore
In der Mikrostreifentechnik sind insbesondere Richtkoppler und ihre Hybride als Vertreter
der Viertore von Interesse. Unter Richtkopplern versteht man passive, symmetrische und
verlustlose Viertore mit der Eigenschaft, dass ein Eingangssignal an einem der vier Tore
immer nur zu zwei der drei restlichen Tore weitergegeben wird. Das allgemeine Symbol eines
Richtkopplers in einpoliger Darstellung zeigt Abb. 4.27.
Speist man den Richtkoppler mit einer einfallenden Welle am Tor 1, so treten nur an
den Toren 3 und 4 Wellen aus. An Tor 2 wird keine Welle detektiert. Man sagt, dass das
Tor 2 von Tor 1 entkoppelt ist. Zu welchen Toren die am Tor 1 einfallende Welle verteilt
wird, deutet das Symbol des Richtkopplers durch seine Linien an. Vom Tor 1 gehen direkte
Linien nur zum Tor 3 und 4 jedoch nicht zum Tor 2. Folgt man dieser Beschreibungsart, so
teilt sich eine einfallende Welle am Tor 2 auf die Tore 3 und 4, nicht aber auf das Tor 1 auf.
Verfolgt man die Aufteilung aller möglichen einfallenden Wellen, so sieht man, dass immer
die Torpaare 1 und 2 sowie 3 und 4 voneinander entkoppelt sind. Zwischen diesen findet kein
Energieaustausch statt, sofern alle Tore mit ihren Wellenwiderständen abgeschlossen sind.
Beim idealen Richtkoppler sind beide Torpaare entkoppelt und er ist an allen Toren ange-
passt. Da der Richtkoppler reziprok ist, folgt sofort, dass die Übertragungskoeffizienten zwi-
schen zwei Toren richtungsunabhängig sein müssen. Aus Symmetriegründen müssen gleich-
artige Übertragungskoeffizienten gleich sein. Damit können im Moment folgende Aussagen
über die Streuparameter von Richtkopplern gemacht werden:
Sii = 0 (4.3)
S12 = S21 = S34 = S43 = 0 (4.4)
S14 = S41 = S23 = S32 (4.5)
S13 = S31 = S24 = S42 (4.6)
Je nach Bauart wird zwischen 0◦ /180◦ -Kopplern und 90◦ -Kopplern unterschieden. Diese
Aussage bezieht sich auf den Phasenunterschied zwischen den beiden austretenden Wellen
b2 und b4 bei einer einfallenden Welle a1 , oder zwischen S21 und S41 .
Sehr oft sind nur die Beträge der Streuparameter eines Richtkopplers von Interesse. Es
4.4. VIERTORE 193
4.4.1 Parallelleitungskoppler
Der Parallelleitungskoppler besteht aus zwei Leitungen, die über eine Länge λ/4 parallel
laufen. Man beachte bei diesem Koppler die andere Nummerierung der Tore. Die entkoppelten
Tore liegen sich diagonal gegenüber. Dieser Koppler ist sehr breitbandig und wird recht häufig
gebraucht. Parallelleitungskoppler eignen sich in der einfachsten Ausführung eher für höhere
Koppeldämpfungen (> 6 dB), sind breitbandig (1 Oktave und mehr) und weisen eine 90◦ -
Koppelphase auf. Abb. 4.28 zeigt einen Parallelleitungskoppler in Mikrostreifen-Technologie.
4.4.2 Sprossenkoppler
Ein ähnliches Verhalten zeigt der branch line coupler“ (Abb. 4.29), wobei die galvanische
”
Trennung der oberen und unteren Tore nicht gegeben ist. Wird die Frequenz so gewählt, dass
die Abmessungen genau λ/4 entsprechen, ergibt sich im idealen Fall folgende Streumatrix für
das reziproke Viertor
0 0 1 j
−1 0 0 j 1
Ŝ = √ . (4.12)
2 1 j 0 0
j 1 0 0
Alle vier Eingänge sind angepasst und eine z. B. links unten eingespeiste Leistung wird
zu gleichen Teilen an die rechten Ausgänge abgegeben, wobei die Welle im oberen gegenüber
dem unteren Ausgang um π/2 verschoben ist. Das obere linke Tor ist isoliert.
4.4.3 Ringhybrid
In einem Ringkoppler sind die Tore A und D sowie B und C entkoppelt (Abb. 4.30). Die
Leistung am Eingang A wird zu gleichen Teilen an B und C abgegeben, wobei die Wellen
im Gegensatz zum Sprossenkoppler die gleiche Phase haben. Typische Anwendungen sind
Leistungsteiler mit 180° Koppelphase und Gegentaktmischer (balanced mixers).
194 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
( )
√
Zw / 2
Zw λ/4
λ/4
2 3
1 4
C
√
2Zw
A
Zw 3λ
4
B
D
( )
Abbildung 4.30: Ringkoppler ( rat race coupler“).
”
4.5. PARALLEL GEKOPPELTE MIKROSTREIFENLEITUNGEN 195
2 3
1 4
l
Abbildung 4.31: Symmetrische gekoppelte Mikrostreifenleitungen der Länge l als Viertor.
Es wird eine verlustlose Mikrostreifenleitung als Viertor betrachtet, die aus zwei parallelen
Streifen auf einem Dielektrikum, dessen Unterseite metallisiert ist, besteht (Abb. 1.116, 4.28
und 4.31). Die Anordnung ist symmetrisch bzgl. der Längs- und Querachse (Spiegelung an
diesen Achsen). Aus der Symmetrie lassen sich Aussagen für die Streuparameter machen. Die
Reflexionskoeffizienten sind für alle vier Tore gleich (Reflexionssymmetrie)
S 11 = S 22 = S 33 = S 44 . (4.13)
S 41 = S 32 (4.14)
S 21 = S 34 (4.15)
S 31 = S 42 . (4.16)
T
Da diese Anordnung reziprok ist, ist die Streuparametermatrix symmetrisch (Ŝ = Ŝ ). Die
Streumatrix hat somit nur vier unabhängige Elemente (S 11 , S 21 , S 31 , S 41 )
S 11 S 21 S 31 S 41
S 21 S 11 S 41 S 31
Ŝ =
S 31 S 41 S 11 S 21 .
(4.17)
S 41 S 31 S 21 S 11
Diese vier Elemente sollen nun mit der even/odd-Analyse bestimmt werden. Wie schon im
Abschnitt 1.11.3 gezeigt wurde, gibt es auf einer symmetrischen Leitung dieser Art einen
Gleich- und Gegentaktmode. Durch entsprechende Beschaltung der vier Tore können diese
Moden gezielt ausgewählt. Es werden vier Fälle betrachtet, da vier Streuparameter zu
bestimmen sind.
Z0 2 3 Z0
U aq U aq
Z0 1 4 Z0
U aq U aq
l
von links kommende Strom in der Mitte (z = l/2) genau durch den von rechts kommenden
Strom kompensiert. Dies entspricht einem Leerlauf in der Mitte. Man kann die gekoppelten
Leitungen durch eine einzelne Leitung mit halber Länge ersetzen, deren eines Ende mit der
Spannungsquelle verbunden ist und deren anderes Ende offen ist (Abb. 4.33).
Z0 I
1
U aq U1 Γ=1
l/2
βe l U βe l
I(l/2) = I 1 cos − j 1 sin =0 (4.18)
2 Zw,e 2
U aq = U 1 + Z0 I 1 (4.19)
und damit
Zw,e
U1 = βe l
U aq (4.20)
Zw,e + jZ0 tan 2
j tan β2e l
I1 = βe l
U aq . (4.21)
Zw,e + jZ0 tan 2
Normiert man die Spannung und den Strom mit der Wurzel aus Z0 und wendet (3.7) und
4.5. PARALLEL GEKOPPELTE MIKROSTREIFENLEITUNGEN 197
b) Gleiche Spannungen oben und unten und links und rechts mit umgekehrtem
Vorzeichen
An die beiden linken Tore wird die gleiche Spannung angelegt, rechts die entsprechende
negative (Abb. 4.34).
Z0 2 3 Z0
U bq −U bq
Z0 1 4 Z0
U bq −U bq
l
Auch in diesem Fall kann man das Viertor wieder durch eine Leitung halber Länge erset-
zen, nur das sich jetzt bei z = l/2 ein Kurzschluss anstelle des Leerlaufs befindet. Es wird
wieder nur der Gleichtaktmode angeregt. Für den Eingangsreflexionsfaktor der Leitung ergibt
sich mit U (l/2) = 0
Zw,e + jZ0 cot β2e l
Γb = . (4.27)
Zw,e − jZ0 cot β2e l
198 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
Da die Wellenparameter der rechten Tore die negierten der linken sind, gilt
1 1
1 1 b
bb
−1 = Ŝ −1 a , (4.28)
−1 −1
und somit
Γb = S 11 + S 21 − S 31 − S 41 . (4.29)
Z0 2 3 Z0
−U cq −U cq
Z0 1 4 Z0
U cq U cq
l
Auch in diesem Fall kann man das Viertor wieder durch eine Leitung halber Länge erset-
zen, die bei z = l/2 mit einem Leerlauf abgeschlossen ist. Es wird jetzt nur der Gegentaktmode
angeregt (U 2 = −U 1 und U 3 = −U 4 ). Für den Eingangsreflexionsfaktor der Leitung ergibt
sich mit I(l/2) = 0
Zw,o − jZ0 tan β2o l
Γc = . (4.30)
Zw,o + jZ0 tan β2o l
Da die Wellenparameter der oberen Tore die negierten der unteren sind, gilt
1 1
−1 −1
bc c
−1 = Ŝ −1 a , (4.31)
1 1
und somit
Γc = S 11 − S 21 − S 31 + S 41 . (4.32)
4.5. PARALLEL GEKOPPELTE MIKROSTREIFENLEITUNGEN 199
d) Gleiche Spannung links unten und rechts oben sowie links oben und rechts
unten mit umgekehrtem Vorzeichen
An das linke untere und rechte obere Tor wird die gleiche Spannung angelegt, an die
beiden anderen die entsprechende negative (Abb. 4.36).
Z0 2 3 Z0
−U dq U dq
Z0 1 4 Z0
U dq −U dq
l
Auch in diesem Fall kann man das Viertor wieder durch eine Leitung halber Länge er-
setzen, nur das sich jetzt bei z = l/2 wieder ein Kurzschluss befindet. Es wird ebenfalls nur
der Gegentaktmode angeregt. Für den Eingangsreflexionsfaktor der Leitung ergibt sich mit
U (l/2) = 0
Zw,o + jZ0 cot β2o l
Γd = . (4.33)
Zw,o − jZ0 cot β2o l
Da die Wellenparameter der rechten Tore die negierten der linken sind, gilt
1 1
−1 −1 d
bd
1 = Ŝ 1 a , (4.34)
−1 −1
und somit
Γd = S 11 − S 21 + S 31 − S 41 . (4.35)
Fasst man die vier Fälle a) bis d) zusammen, folgen die Streuparameter:
Γa + Γ b + Γ c + Γ d
S 11 = (4.36)
4
Γa + Γb − Γc − Γd
S 21 = (4.37)
4
Γa − Γb − Γc + Γd
S 31 = (4.38)
4
Γ − Γ + Γ c − Γd
a b
S 41 = . (4.39)
4
200 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
Es soll nun ein einfacher Fall betrachtet werden, bei dem es nur ein homogenes Dielek-
trikum gibt, sodass sich TEM-Wellen ausbreiten können (β = βe = βo ). Wählt man die
Frequenz so, dass die Länge der Leitung gerade λ/4 entspricht, gilt
p φ = βl/2 = π/4 und
tan φ = cot φ = 1. Den Normierungswiderstand wählt man zu Z0 = Zw,e Zw,o . Dann ergibt
sich
S 11 = 0 (4.40)
2 − Z2
Zw,e 0
S 21 = =k (4.41)
Zw,e + Z02
2
S 31 = 0 (4.42)
Zw,e Z0 p
S 41 = −2j 2 2 = −j 1 − k 2 . (4.43)
Zw,e + Z0
Der verschwindende Wert von S 11 bedeutet, dass alle Tore angepasst sind. Fällt durch
ein Tor eine Welle ein, wird der k-te Teil an das entsprechende andere Tor auf der gleichen
Seite weitergeleitet. Das diesem Tor gegenüberliegende Tor ist dann isoliert (S 31 = 0).
Aus dem Tor,√ das dem Tor, in das die Welle einfällt, gegenüberliegt, tritt der Teil mit
S 41 = −j 1 − k 2 aus. Da die Welle die Strecke λ/4 durchlaufen muss, ist sie mit −j
verzögert. Die Leistungssumme für alle vier Tore ergibt genau null, weil das Viertor verlust-
−1 †
los ist. Deswegen gilt auch Ŝ = Ŝ . Dieses auch als Richtkoppler bezeichnete Bauelement
kann also einen Ausgang isolieren und die einlaufende Welle auf zwei Ausgänge aufteilen,
wobei der Koppelwert k durch Parameterwahl in Grenzen variiert werden kann.
4.5. PARALLEL GEKOPPELTE MIKROSTREIFENLEITUNGEN 201
3
4
l
d
εr = 9.8
2 w s
w
1
nH
L0 = 438 (4.45)
m
0 nH
M = 208 (4.46)
m
und für die Kapazitätsbeläge
0 pF
CM = 133 (4.47)
m
0 pF
CK = 69 . (4.48)
m
Die Phasengeschwindigkeiten der Gleich- und Gegentaktmode bestimmen sich zu
m
ve = 1.08 · 108 (4.49)
s
8 m
vo = 1.27 · 10 . (4.50)
s
Da sich die Phasengeschwindigkeiten der beiden Wellenmoden unterscheiden, wird die ent-
sprechende Länge der Struktur, die einem Viertel der Wellenlänge entsprechen soll, mit dem
geometrischen Mittel der beiden Geschwindigkeiten berechnet. Für 10 GHz ergibt sich eine
Länge von l = 3 mm (Abb. 4.37). Die für diese realistische Mikrostreifenleitung berechneten
Streuparameter (Abb. 4.38 und 4.39) sind weniger ideal als im obigen Beispiel (4.44). Bei etwa
10 GHz ist |S 21 | maximal. Insbesondere ist keine ideale Isolierung möglich und |S 31 | > 0.1 bei
maximaler Kopplung. Da der even und odd Mode unterschiedliche Ausbreitungskonstanten
und Phasengeschwindigkeiten haben, ist die Bedingung l = λ/4 nur ungenau erfüllt. Geht die
Frequenz gegen null, verschwindet die Kopplung der beiden Leiter (|S 21 | → 0 und |S 31 | → 0)
202 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
und die Welle wird von der jeweiligen Leitung fast vollständig weiter geleitet (|S 41 | → 1 und
|S 11 | → 0). Für TEM-Wellen sollte sich diese Situation auch für l = λ/2 einstellen, jedoch ist
dies auf der realen Mikrostreifenleitung bei der entsprechenden Frequenz von 20 GHz nicht
mehr der Fall.
1
S11
S21
0.8 S31
S41
0.6
|S|
0.4
0.2
0
0 5 10 15 20
f [GHz]
S11
S21
S31
90
S41
Phase
−90
0 5 10 15 20
f [GHz]
Der Bandpass aus Abb. 4.19 kann in vier parallel gekoppelte Mikrostreifenleitungen zerlegt
werden (Abb. 4.40). Es soll nun zunächst nur eine einzelne parallel gekoppelte Mikrostrei-
fenleitung untersucht werden. Die Tore 1 und 3 sind dabei jeweils offen (Γ = 1) und es gilt
a1 = b1 und a2 = b3 (Abb. 4.41).
← Γ=1
Γ=1 →
a b c d
Abbildung 4.40: Zerlegung des Bandpasses aus Abb. 4.19 in vier einzelne parallel gekoppelte
Mikrostreifenleitungen. An den offenen Enden soll die Welle ideal reflektiert werden.
1’ 2 3
Γ=1
1 4 2’
Γ=1
Dies führt dazu, dass das Viertor auf ein Zweitor reduziert wird und sich die Tore 2 und
4 deutlich anders verhalten, als wenn die Tore 1 und 3 reflexionsfrei abgeschlossen sind. Mit
(4.17) erhält man für b1 und b3 die Ausdrücke
b1 = a1 =S 11 a1 + S 21 a2 + S 31 a3 + S 41 a4 (4.51)
b3 = a3 =S 31 a1 + S 41 a2 + S 11 a3 + S 21 a4 . (4.52)
204 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
(1 − S 11 )S 21 + S 31 S 41 (1 − S 11 )S 41 + S 31 S 21
a1 = 2 a2 + a4 (4.53)
2
((1 − S 11 ) − S 31 ((1 − S 11 )2 − S 231
| {z } | {z }
M 12 M 14
(1 − S 11 )S 41 + S 31 S 21 (1 − S 11 )S 21 + S 31 S 41
a3 = 2 a2 + a4 . (4.54)
2
((1 − S 11 ) − S 31 ((1 − S 11 )2 − S 231
| {z } | {z }
M 32 M 34
Es gilt M 12 = M 34 und M 14 = M 32 . Setzt man dies in die Gleichungen für b2 und b4 ein,
erhält man
b2 =S 21 (M 12 a2 + M 14 a4 ) + S 11 a2 + S 41 (M 14 a2 + M 12 a4 ) + S 31 a4 (4.55)
b4 =S 41 (M 12 a2 + M 14 a4 ) + S 31 a2 + S 21 (M 14 a2 + M 12 a4 ) + S 11 a4 (4.56)
und somit
b10 b2 S 11 + S 21 M 12 + S 41 M 14 S 31 + S 21 M 14 + S 41 M 12 a2
= =
b20 b4 S 31 + S 21 M 14 + S 41 M 12 S 11 + S 21 M 12 + S 41 M 14 a4
(4.57)
ZT a10
= Ŝ .
a20
ZT
Das Zweitor mit der Streumatrix Ŝ ist ebenfalls symmetrisch.
In Abb. 4.42 sind die Absolutwerte der beiden Streuparameter dargestellt. Sie unterschei-
den sich stark von den beiden entsprechenden Streuparametern des Viertors (S 10 10 entspricht
S 22 = S 11 und S 20 10 entspricht S 42 = S 31 ). Eine in das Tor 2 einfallende Welle wird teilweise
zum Tor 1 und teilweise zum Tor 3 gelangen. Durch die Reflexion an diesen Toren gelangt
ein Teil dann zum Tor 4. Deswegen ist der Betrag von S 20 10 viel größer als der von S 31 . Das
Zweitor zeigt Bandpassverhalten, allerdings ist das Band sehr breit.
Schaltet man zwei dieser Zweitore hintereinander, so wird das Band deutlich schmaler
(Abb. 4.43) (zur Berechnung verwende man die Wellenkettenparameter). Bei etwa 10 GHz
entspricht die Länge der oberen Mikrostreifenleitung in Abb. 4.43 etwa λ/4. Die mittlere
Leitung hat somit die Länge λ/2 und es tritt Resonanz auf, da eine stehende Welle mit genau
dieser Wellenlänge die Randbedingung, dass der Strom an beiden Enden gleich Null sein
muss, erfüllt. Schaltet man das Zweitor viermal hintereinander ergeben sich die in Abb. 4.44
gezeigten Streuparameter. Es ergibt sich für jede der drei mittleren Mikrostreifenleitungen
ein Resonanzmaximum in S 20 10 bei etwa 10 GHz. Das Übertragungsband hat etwa die gleiche
Breite wie in Abb. 4.43, allerdings sind die Flanken deutlich steiler. Will man die Breite
des Bands reduzieren, muss man den Abstand zwischen den beiden obersten und untersten
Mikrostreifenleitungen entsprechend reduzieren, wie dies in Abb. 4.19 der Fall ist.
4.5. PARALLEL GEKOPPELTE MIKROSTREIFENLEITUNGEN 205
1
S10 10
S20 10
0.8
0.6
|S|
0.4
0.2
0
0 5 10 15 20
f [GHz]
1
S10 10
S20 10
0.8
0.6
|S|
0.4
0.2
0
0 5 10 15 20
f [GHz]
Abbildung 4.43: Betrag der Streuparameter zweier verketteter parallel gekoppelter Mikrost-
reifenleitungen entsprechend Abb. 4.41.
206 KAPITEL 4. PASSIVE MIKROWELLENBAUELEMENTE
1
S10 10
S20 10
0.8
0.6
|S|
0.4
0.2
0
0 5 10 15 20
f [GHz]
Abbildung 4.44: Betrag der Streuparameter vierer verketteter parallel gekoppelter Mikrost-
reifenleitungen entsprechend Abb. 4.41.
Kapitel 5
Halbleiter Anwendung
der erste gefertigte Transistor
Germanium Ge
heute: Fotodioden
Dioden, Bipolartransistoren, MOSFETs,
Silizium Si
Fotodetektoren
GaAsFETs, HEMTs, Laser, LED,
Galliumarsenid GaAs (+ Al)
Fotodetektoren, Heterobipolartransistoren
Heterobipolartransistoren, HEMTs, Laser,
Indiumphosphid InP (+ Al, Ga)
LED, Fotodetektoren
Galliumnitrid GaN blaue LED
207
208 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
5.2 Kleinsignalersatzschaltbild
Aktive Bauelemente werden für den Schaltungsentwurf über ihre Kleinsignalersatzschaltbil-
der beschrieben. Dabei dienen sie der Modellierung der physikalischen Vorgänge im Inneren
des Bauelements, die über eine meist nichtlineare Kennlinie beschrieben werden. Bei der
Anregung mit einem Kleinsignal um einen Arbeitspunkt (DC Bias) kann jedoch von einer
linearen Abhängigkeit ausgegangen werden. Somit folgt ein arbeitspunktbezogenes, lineares
Ersatzschaltbild.
In der Planartechnik bilden die Ersatzschaltbildelemente den Querschnitt des aktiven
Bauelements und lassen sich in guter Näherung längenbezogen, d. h. senkrecht zum Quer-
schnitt, skalieren. Die Werte der Ersatzschaltbildelemente werden durch Fitten an gemessene
AC- und DC-Daten ermittelt.
Bei Transistoren verwendet man neben dem Ersatzschaltbild zwei weitere wichtige Kenn-
größen zu ihrer Charakterisierung. Dazu zählt die Transitfrequenz fT , bei der für die Kurz-
schlussstromverstärkung
|H12 (fT )| = 1 (5.1)
gilt. Die andere Kenngröße ist die maximale Schwingfrequenz fmax , bei der die unilaterale
Leistungsverstärkung Eins beträgt:
U (fmax ) = 1 . (5.2)
Dabei wird davon ausgegangen, dass der zu beschreibende Transistor im Falle eines Bipo-
lartransistors in Emitterschaltung, im Falle eines FETs in Sourceschaltung, in beiden Fällen
also als Zweitor betrieben wird.
5.3. HALBLEITERBAUELEMENTE 209
5.3 Halbleiterbauelemente
5.3.1 Schottky-Diode
Die Schottky-Diode ist nach dem deutschen Physiker Walter Schottky benannt, der sie 1938
entwickelte. Im Gegensatz zu den pn-Dioden wird sie nicht durch den Kontakt eines p- und
eines n-Halbleiters hergestellt, sondern durch das Aufbringen einer Metallschicht auf einen
Halbleiter (z. B. auf n-dotiertes Silizium). Elektronen diffundieren aus dem n-dotierten Halb-
leiter in das Metall und in der Silizium-Schicht bildet sich eine Elektronenverarmungszone,
die sogenannte Schottky-Sperrschicht. Das sich dabei aufbauende elektrische Feld wirkt der
Diffusion entgegen, bis keine Elektronendiffusion mehr stattfinden kann und sich die Diode
im Gleichgewicht befindet.
Schaltet man die Schottky-Diode in Sperrrichtung – Plus an das n-Silizium und Minus
an die Metallschicht – wächst die Raumladungszone. Wird die Schottky-Diode dagegen in
Durchlassrichtung gepolt, wird die Raumladungszone schmaler und die Elektronen fließen
von der n-Schicht in die Metallschicht. Der Strom durch die Schottky-Diode besteht nur aus
Elektronen, den Majoritäten.
Der schematische Aufbau einer Schottky-Hochfrequenzdiode ist in Abb. 5.1 dargestellt.
Aufgrund der unterschiedlichen Austrittsarbeiten von Silizium und Metall bildet sich im n-
Gebiet (Dotierung: Nd ) unterhalb des Gates eine Raumladungszone aus. Der Gegenkontakt
wird durch die hoch dotierte Zone (Dotierung: Nd+ ) gebildet. Die Tiefe des niedrig dotierten
Gebiets ist a.
Die Diode kann mit einem einfachen Kleinsignalersatzschaltbild beschrieben werden
(Abb. 5.2). Der Sperrschichtwiderstand Rj und die Sperrschichtkapazität Cj sind Arbeits-
punkt abhängig. Die anderen Elemente beschreiben parasitäre Effekte und werden im Wesent-
lichen nicht durch den Arbeitspunkt beeinflusst. In den Widerstand Rs geht der Widerstand
des Gate-Fingers Rg , der Widerstand der hoch dotierten Zone Rch und der Kontaktwider-
stand Rc ein. Die Induktivität Ls beschreibt die Induktivität der Anordnung und der zu der
Diode gehörigen Zuleitungen. Die Kapazität Ct beschreibt die parasitären Kapazitäten, wie
sie sich zum Beispiel zwischen der metallischen Anode und der Kathode ergeben.
In der Hochfrequenztechnik werden bis ca. 500 GHz Schottky-Dioden statt der klassi-
schen pn-Dioden verwendet, da diese bei hohen Frequenzen einen deutlich höheren Leitwert
haben. Das liegt an der größeren Stromdichte und der somit steileren Kennlinie bei nied-
rigeren Diodenspannungen (0.1-0.4 V im Vergleich zu 0.6-1.2 V). Außerdem sind Schottky-
Dioden sehr viel schneller als ein normaler pn-Übergang, da keine Rekombination stattfindet
und damit auch keine Ladungsspeicherung. So kann schneller vom leitenden Zustand in den
sperrenden Zustand geschaltet werden. Durch eine kleine Dimensionierung wird auch die RC-
Zeitkonstante klein gehalten, sodass Schottky-Dioden eine Größenordnung schneller sind als
normale pn-Dioden. Weniger Rauschen und kleine Kapazitäten macht sie auch ideal als De-
tektor bei hohen Frequenzen. Sie findet ebenso Anwendung in Gleichrichtern oder MESFETs.
In schnellen logischen Schaltungen verwendet man Schottky-Dioden zwischen dem Kollektor
und der Basis von Treiberstufen. Bei einer logischen Null am Ausgang ist der Kollektor-Basis-
Übergang in Flussrichtung gepolt und die Diode übernimmt den meisten Strom. Somit kann
der Transistor schneller ausschalten.
210 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
Gatemetall
W
L
D
A=D×W
Gatemetall
Beschichtung Beschichtung
ohmscher
Nd a a + Rc
Rg Nd+
Rch
halb-isolierendes GaAs
Ls
Rs
Rj
Cj Ct
E B C
metal 1
metal 1
SiGe
subcollector
Abbildung 5.3: SiGe HBT (Schüppen et al., Microwave Engineering Europe, June 1998).
IB = I1 IC = I2
B C
gm U BE
rBE CE GCE
U BE = U 1 U CE = U 2
E E
Der Betrag der Kleinsignalstromverstärkung ist in Abb. 5.5 dargestellt. Bei einer hinrei-
chend großen Frequenz wird die Verstärkung kleiner als eins (0dB). Die Frequenz, bei der der
212 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
20dB log |H 21 |
20dB/dec
0dB fT log f
Betrag der Verstärkung genau gleich eins ist, bezeichnet man als Transitfrequenz (Cutoff-
Frequency)
mit τ = rBE CE und H21 (0) = gm rBE . Für die Transitfrequenz ergibt sich somit
gm
fT = . (5.6)
2πCE
Die Transitfrequenz ist eine wichtige Kenngröße für Transistoren. Bei sehr schnellen Transis-
toren ist diese Größe jedoch schwer direkt messbar, Daher wird der Betrag der Verstärkung
für hinreichend hohe Frequenzen (ωτ 1) zu
H21 (0) ωT
|H 21 (ω)| ≈ = (5.7)
ωτ ω
genähert. Die Stromverstärkung ist dann umgekehrt proportional zur Frequenz und fällt
mit 20dB/dec ab. Für eine hinreichend große Messfrequenz ωmess kann dann den Wert der
Transitfrequenz durch Extrapolieren bestimmt
ωmess
fT = |H 21 (ωmess )| (5.8)
2π
werden.
Im Folgenden wenden wir uns verschiedenen Feldeffekttransistoren zu, bei denen der
Strom, im Gegensatz zum Bipolartransistor, durch eine zum Ladungsfluss senkrechte Span-
nung gesteuert wird.
5.3.3 Feldeffekttransistoren
Bei unipolaren Feldeffekttransistoren (FET) wird der Strom durch die Spannung senkrecht
zum Ladungsfluss gesteuert, die Steuerstrecke wird durch die Gate-Source-Verbindung (pn,
MIS, MOS, MES) gebildet. Es sind nur Majoritätsladungsträger am Ladungsfluss beteiligt,
sodass es zu keiner Trägheit durch Diffusion kommt.
Das Funktionsprinzip eines FETs wird hier anhand des GaAs-Sperrschicht-FETs unter-
sucht. Im Vergleich zu Silizium-FETs sind Transistoren aus GaAs deutlich schneller, da GaAs
eine deutlich höhere Elektronenbeweglichkeit hat als Silizium. Der schematische Aufbau ist
in Abb. 5.6 dargestellt.
5.3. HALBLEITERBAUELEMENTE 213
Schottky-Kontakt
S G Metall D
n+ RLZ n+
n
GaAs
i
I1 I2
G D
gm U GS
CGS RDS
U1 U2
S S
Der Transistor besteht aus undotiertem GaAs (i: intrinsisch), auf dem sich eine n-dotierte
GaAs-Schicht befindet. Auf diese wird eine Metallschicht, das Gate, aufgebracht. Die hoch-
dotierten n-Zonen rechts und links des Gates bilden die Source und das Drain des FEts. Un-
terhalb des Gates bildet sich eine Raumladungszone aus, deren Größe von der Gate-Source-
Spannung UGS abhängt. Für negative Gate-Source-Spannungen sperrt die Schottky-Diode
und die Raumladungszone dehnt sich tiefer in das GaAs aus. Ist die Spannung hinreichend
negativ, kann die leitende Verbindung zwischen der Drain und Source vollständig unter-
brochen werden. Soll der Transistor leiten, wird eine positive Gate-Source-Spannung ange-
legt. Diese sollte allerdings so klein sein, dass der Gate-Strom vernachlässigbar bleibt. Legt
man zusätzlich eine positive Drain-Source-Spannung an, fließen die Elektronen vom Source-
Kontakte zum Drain-Kontakt.
Das einfache Kleinsignalersatzschaltbild des FETs (Abb. 5.7) ähnelt stark dem eines HBTs
(Abb. 5.4). Da der stationäre Gate-Strom klein ist, kann der sehr hohe Sperrschichtwiderstand
der Schottky-Diode, der parallel zur Gate-Kapazität liegt, vernachlässigt werden. Ebenso
wird angenommen, dass das metallische Gate sehr gut leitet, sodass es insgesamt keinen
Widerstand im Gate-Zweig gibt.
Für die Kleinsignalstromverstärkung bei kurzgeschlossenem Ausgang ergibt sich
gm
H 21 = (5.9)
jωCGS
und daraus
gm
fT = . (5.10)
2πCGS
214 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
CDG
I1 RG I2
G D
gm U g
U1 Ug U2
CGS RDS
S S
Gate-Anschluss
z y
x
S G D
wG
Da der Sperrschichtwiderstand des Gates vernachlässigt wurde, geht die Verstärkung für
verschwindende Frequenzen gegen unendlich.
Ein Nachteil dieses Ersatzschaltbilds ist, dass die Kapazität CDG zwischen Gate und
Drain und damit der Miller-Effekt vernachlässigt wird. Weiterhin fehlt der Gate-Widerstand
RG (Abb. 5.8), der eine starke Auswirkung auf das Hochfrequenzverhalten hat.
Der Reihenwiderstand im Gate hat seine Ursache darin, dass das Gate sehr schmal ist
und nur an einer Stelle kontaktiert wird (Abb. 5.9). Der Widerstand des Gates in z-Richtung
wird durch diesen Reihenwiderstand beschrieben. Das Gate bildet in dieser Richtung eine
Wellenleitung mit dem Widerstandsbelag R0 , dem Kapazitätsbelag C 0 und einer Länge, die
der Weite wG des Transistors entspricht. Nach (1.28) und (1.29) folgt mit L0 = 0 und G0 = 0
dU
+ R0 I = 0 (5.11)
dz
dI
+ jωC 0 U = 0 . (5.12)
dz
Für z = 0 wird die Spannung zu U (z = 0) = U GS vorgegeben. Am anderen Ende gilt
I(z = wG ) = 0. Die Lösung lautet unter Berücksichtigung der Randbedingungen
cosh[γ(wG − z)]
U (z) = U GS (5.13)
cosh[γwG ]
γU GS sinh[γ(wG − z)]
I(z) = (5.14)
R0 cosh[γwG ]
5.3. HALBLEITERBAUELEMENTE 215
I(0) γ sinh[γwG ]
Y 11 = = 0 (5.15)
U (0) R cosh[γwG ]
jω(CGS + CDG )
Y 11 = . (5.16)
1 + jωRG (CGS + CDG )
Dies ist offensichtlich nicht für alle Frequenzen möglich. Beschränkt man sich jedoch auf eine
Entwicklung bis zweiter Ordnung in der Frequenz, ergibt sich
γ sinh[γwG ]
Y 11 =
R0 cosh[γwG ]
(γw )3
γ γwG + 6G
≈ 0
R 1 + (γwG )2
2
!
γ 2 wG (γwG )2 (γwG )2
≈ 1+ −
R0 6 2
jωR0 C 0 wG
2
0
= jωC wG 1 − . (5.17)
3
jω(CGS + CDG )
Y 11 = ≈ jω(CGS + CDG ) (1 − jωRG (CGS + CDG )) (5.18)
1 + jωRG (CGS + CDG )
und somit
Aufgrund der Kapazität CDG ist das Zweitor nicht mehr rückwirkungsfrei (Y 12 6= 0). Dies
wirkt sich auf die Kurzschlussstromverstärkung aus
gm − jωCDG
H 21 = . (5.22)
jω(CGS + CDG )
216 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
20dB log |H 21 |
20dB/dec
0dB fT log f
I1 I2
G D
Y 21 U 1
U1 Y 11 Y 22 U2 Y ∗22
S S
Die Transitfrequenz wird wieder durch Extrapolation des Bereichs, in dem die Verstärkung
um 20dB/dec abfällt, bestimmt (Abb. 5.10)
gm
fT = . (5.23)
2π(CGS + CDG )
Neben der Transitfrequenz betrachtet man auch oft die sogenannte maximale Schwing-
frequenz fmax . Diese wird durch die unilaterale Leistungsverstärkung bestimmt. Eine rück-
wirkungsfreie Schaltung ist unilateral und in der Abb. 5.11 ist Y 12 = 0. Da die Schaltung
unilateral ist, ist die Admittanz des Ausgangs direkt durch Y 22 gegeben. Damit die maximal
verfügbare Leistung am Ausgang (3.37) abgegeben wird, ist der Ausgang mit der konjugiert
komplexen Ausgangsadmittanz abgeschlossen. Die verfügbare Leistung am Ausgang, die von
der Last aufgenommen wird, lautet mit I 2 = −Y ∗22 U 2 und −2<{Y 22 }U 2 = Y 21 U 1
1 1 1 |Y 21 |2 |U 1 |2
PL, verf = − <{U 2 I ∗2 } = |U 2 |2 <{Y 22 } = . (5.24)
2 2 2 4<{Y 22 }
Die am Eingang aufgenommene Leistung lautet
1 1 1
PEin = <{I 1 U ∗1 } = <{Y 11 |U 1 |2 + Y 12 U 2 U ∗1 } = <{Y 11 }|U 1 |2 . (5.25)
2 2 |{z} 2
=0
PL, verf |Y 21 |2
U= = . (5.26)
PEin 4<{Y 11 }<{Y 22 }
5.3. HALBLEITERBAUELEMENTE 217
Setzt man in (5.21) die Kapazität CDG zu null, wird die Schaltung unilateral. In diesem
Fall kann man fmax sehr leicht ausrechnen. Es folgt für die Admittanzmatrix
jωCGS
!
1+jωCGS RG 0
Ŷ = gm 1
. (5.27)
1+jωCGS RG RDS
Für die Leistungsberechnung wird der Ausgang mit der konjugiert komplexen Ausgangsim-
pedanz abgeschlossen. Dies ist im rückwirkungsfreien Fall RDS und die verfügbare Leistung
lautet
1 2R
gm DS 2
PL, verf = 2 R2 |U 1 | .
8 1 + ω 2 CGS
(5.28)
G
1 ω 2 CGS2 R
G 2
PEin = 2 R2 |U 1 |
2 1 + ω 2 CGS
(5.29)
G
2R
2 2
1 gm DS 1 fT RDS fmax
U= 2 2 = = (5.30)
4 ω CGS RG 4 f RG f
und
r
fT RDS
fmax = . (5.31)
2 RG
Die maximale Schwingfrequenz kann wieder durch Extrapolation bei einer hinreichend großen
Frequenz, bei der die unilaterale Verstärkung um 20dB/dec abfällt, bestimmt werden. Man
beachte dabei, dass in dB die unilaterale Verstärkung durch 10dB log(U ) gegeben ist, da
es sich um Leistungen handelt. Das Prinzip der unilateralen Leistungsverstärkung kann auf
Zweitore, für die Y 12 6= 0 gilt, verallgemeinert werden, wenn man eine Rückkopplung einführt,
sodass Y 12 der gesamten Schaltung inklusive der Rückkopplung verschwindet. Dies bezeichnet
man als Unilateralisieren, was hier jedoch nicht weiter besprochen werden soll.
Die maximale Schwingfrequenz hängt stark von den unerwünschten parasitären Größen
ab. Leider lassen sich die Transitfrequenz und die maximale Schwingfrequenz nur schwer
gleichzeitig erhöhen. Oft führt eine Erhöhung der einen Größe zur Erniedrigung der anderen.
Viele Anwendungen erfordern jedoch, dass beide Frequenzen möglichst hoch und etwa gleich
sein sollten.
Als Beispiel für einen realen Hochfrequenztransistor soll nun ein GaAs-MESFET von GEC
betrachtet werden, der aus sechs Gate-Streifen mit einer Weite von jeweils 320 µm besteht
(Abb. 5.12). Der Transistor befindet sich in dem Rechteck und die Bezugsebenen für Tor 1
und 2 sind gestrichelt dargestellt. Die Zuleitungen zum Gate und zur Drain wurden mit den
Pads de-embedded, sodass sich die gemessenen Parameter nur auf den Transistor beziehen.
218 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
Tor 1 Tor 2
Source
0.5
0.4
IDS [A]
0.3
0.2
0.1
0
0 1 2 3 4 5 6
UDS [V]
Abbildung 5.13: Stationäre Ausgangskennlinie für UGS = −1.5, −1.125, −1.0, −0.875, −0.75,
−0.625, −0.5, −0.375, −0.25, −0.125, 0.0, 0.125, 0.250V des GaAs-MESFETs.
fT
25 fmax
fT , fmax [GHz] 20
15
10
0
−1 −0.8 −0.6 −0.4 −0.2 0
UGS [V]
100
|Y 11 |
|Y 12 |
10−1 |Y 21 |
|Y 22 |
|Y | [S]
10−2
10−3
10−4 −1
10 100 101
f [GHz]
Abbildung 5.15: Gemessene Absolutwerte der Y-Parameter des GaAs-MESFETs und Ergeb-
nisse des Ersatzschaltbilds (gestrichelt) für UGS = −0.25 V, UDS = 4 V.
220 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
Dies liegt daran, dass S 22 ab etwa 4.5 GHz und S 11 ab 8 GHz induktives Verhalten zei-
gen (Abb. 5.16). Dies wird von dem einfachen Ersatzschaltbild nicht erfasst. Will man den
Transistor bei höheren Frequenzen modellieren, muss man ein deutlich komplexeres Ersatz-
schaltbild verwenden. Insbesondere muss man die Induktivitäten der in diesem Transistor
sehr langen Kontakte berücksichtigen.
1
S 11
0.5 2 S 22
50GHz
0.2 5
0.2 0.5 1
50MHz 2 5
0 50MHz
−0.2 −5
−0.5 −2
−1
Analytische Berechnungen sind dann aber praktisch ausgeschlossen und solche Ersatz-
schaltbilder lassen sich nur in Schaltkreissimulatoren verwenden. Gute Kompaktmodelle, die
auch das Großsignalverhalten beschreiben, haben mehr als 50 Parameter.
Mit dem Ersatzschaltbild aus Abb. 5.8 kann man die Transitfrequenz (5.23) bestimmen.
Diese ist mit 44 GHz größer als die gemessene (28 GHz), da der Absolutwert der Kleinsignal-
stromverstärkung |H 21 | bei hohen Frequenzen überschätzt wird (Abb. 5.17). Unterhalb von
10 GHz wird das Verhalten gut reproduziert, insbesondere ergibt sich für den Abfall ein Wert
von 20dB pro Dekade. Der prinzipielle Unterschied zwischen dem Verhalten in Abb. 5.10 und
5.17 ist durch die im Ersatzschaltbild vernachlässigten Induktivitäten bedingt. Gleiches gilt
für die unilaterale Leistungsverstärkung.
Als Beispiel für die Modellierung von Transistoren mit kommerzieller Software soll das
Programm LinMic betrachtet werden. Mit diesem Programm wurde für diesen Transistor
eine Anpassung über den gesamten Frequenzbereich durchgeführt. Es wird das in Abb. 5.18
gezeigte Kleinsignalersatzschaltbild verwendet. Mit einem Optimierer wurden die Parameter
an die gemessenen S-Parameter angepasst (Tab. 5.2). Da das Modell Induktivitäten für alle
drei Kontakte enthält, ergibt sich insbesondere bei hohen Frequenzen eine bessere Anpassung
(Abb. 5.19, 5.20). Allerdings passt auch dieses Modell nicht perfekt zu den Messdaten.
5.3. HALBLEITERBAUELEMENTE 221
|H 21 | meas.
40 |H 21 | Equiv. cir.
U meas.
30 U Equiv. cir.
Gain [dB]
20
10
gt1 U GS
GGD
jωct2 U GS CP DS
G LG RG CGD RID RD LD D
U GD0
jωct1 U GD0
CGS
CP GS U GS
gm U GS GDS CDS
GGS RIS
RS
LS
1
Meas.
0.5 2 Model
0.2 5
0.2 0.5 1 2 5
0
−0.2 −5
−0.5 −2
−1
105 90 75 Meas.
120 60 Model
135 45
150 30
165 15
0 0.1 0.2
180 0
195 345
210 330
225 315
240 300
255 270 285
Abbildung 5.19: S 11 (oben) und S 12 (unten) des Ersatzschaltbilds (Z0 = 50 Ω) und Messdaten
für Frequenzen von 50 MHz bis 50 GHz für UGS = −0.25 V, UDS = 4 V.
5.3. HALBLEITERBAUELEMENTE 223
105 90 75 Meas.
120 60 Model
135 45
150 30
165 15
0 10 20
180 0
195 345
210 330
225 315
240 300
255 270 285
1
Meas.
0.5 2 Model
0.2 5
0.2 0.5 1 2 5
0
−0.2 −5
−0.5 −2
−1
Abbildung 5.20: S 21 (oben) und S 22 (unten) des Ersatzschaltbilds (Z0 = 50 Ω) und Messdaten
für Frequenzen von 50 MHz bis 50 GHz für UGS = −.25 V, UDS = 4 V.
224 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
CP GS = 1.515e-014 CP DS = 8.869e-015
RD = 7.086 RS = 1.219
LG = 9.374e-011 LD = 7.576e-011
CDS = 9.147e-021
LS = 2.795e-011 RG = 3.814
CGD = 1.182e-012 ct2 = -1.446e-011
CGS = 1.746e-011 ct1 = -1.043e-012
gm = 6.686 GDS = 0.389
GGD = 1e-008 RIS = 1e-008
RID = 1e-008 Gt1 = 8.65e-005
Tabelle 5.2: Parameter des Ersatzschaltbilds in LinMic für UGS = −0.25 V, UDS = 4 V.
5.3.5 HEMT
Die Geschwindigkeit eines Feldeffekttransistors kann durch die Verwendung von Heterostruk-
turen im Transistor weiter gesteigert werden. Dazu werden unter dem Gate Schichten aus
Halbleitern aufgebracht, die unterschiedlich große Bandlücken haben. Zieht man beispielswei-
se von Source zu Drain eine III-V-Halbleiterschicht mit kleinerem Bandabstand ein, sammeln
sich die Elektronen in dieser Schicht an. Ist diese Schicht undotiert, hat sie eine deutlich höhere
Beweglichkeit als das dotiert GaAs, sodass eine höhere Geschwindigkeit des Transistors folgt.
Diese Transistoren bezeichnet man als HEMTs (High Electron Mobility Transistor) oder als
HFETs. Durch die hohe Geschwindigkeit ist der HEMT gut bei Hochfrequenzanwendungen
einsetzbar.
5.4. ELEKTRONENRÖHREN 225
5.4 Elektronenröhren
Elektronenröhren waren lange wichtige Bauelemente der Elektronik, da es bis zur Erfindung
des Transistors keine anderen schnellen steuerbaren Bauelemente gab. Mit der Entwicklung
des Transistors haben sie jedoch an Bedeutung verloren und werden nur noch selten ver-
wendet. Heutzutage werden sie hauptsächlich eingesetzt, wenn besonders hohe Leistungen
(10 kW bis 10 MW) oder hohe Frequenzen (> 100 GHz) benötigt werden, die nicht mit Halb-
leiterbauelementen realisiert werden können. Dies ist beispielsweise in Industriegeneratoren,
Teilchenbeschleunigern und Kernfusionsanlagen der Fall. Eine bekannte Anwendung der Elek-
tronenröhre ist der Mikrowellenherd.
Eine einfache Elektronenröhre bestehen aus einem evakuierten Kolben mit zwei Elektro-
den, deren Anschlüsse nach außen geführt werden. Der Kolben kann ebenfalls mit einem Gas
gefüllt sein. Eine Elektrode wird beheizt, sodass aus ihr Elektronen austreten. Durch ein
elektrisches Feld werden die Elektronen von der Glühkathode zur Anode beschleunigt. Zwi-
schen diesen beiden Elektroden können noch mehr Elektroden enthalten sein. Diese werden
beispielsweise zur Fokussierung oder Steuerung des Elektronenstrahls verwendet.
5.4.1 Klystron
Klystrone gehören zu den Linearstrahlröhren, beiden einen äußeres Magnetfeld nur zur Fo-
kussierung des Elektronenstrahls verwendet wird. Mit ihnen können schmalbandige, hohe
Verstärkungen mit großen Ausgangsleistungen realisiert werden. Die möglichen Frequenzen
liegen im Bereich 100 MHz bis 50 GHz.
Anwendung finden Klystrone in der Radartechnik und der Satellitenkommunikation. Ein
anderes Beispiel ist die Mikrowellenheizung.
5.4.2 Wanderfeldröhre
Die Wanderfeldröhre zählt ebenso wie das Klystron zu den Linearstrahlröhren, ist ver-
gleichsweise jedoch deutlich breitbandiger (> 1 Oktave). Sie ermöglicht ebenfalls eine hohe
Verstärkung mit einem hohen Wirkungsgrad (70%). Eingesetzt wird die Wanderfeldröhre ab
10 W Ausgangsleistung im Frequenzbereich 300 MHz bis 300 GHz. Bereits ab 10 GHz ist die
Wanderfeldröhre besser geeignet als ein Verstärker aus Halbleitern.
Verwendungsmöglichkeiten findet man bei der Satellitenkommunikation, der Richtfunk-
technik und der Radartechnik.
5.4.3 Magnetron
Das Magnetron wird zur Erzeugung eines Plasmas oder beim Radar verwendet. Die be-
kannteste Anwendung ist der Mikrowellenherd. Es können Ausgangsleistungen im kW- bis
MW-Bereich mit einem Wirkungsgrad von ca 60% erzeugt werden. Der Frequenzbereich geht
von 1 GHz bis zu 15 GHz.
5.4.4 Gyrotron
Das Gyrotron ist ein leistungsfähiger Mikorwellen-Oszillator und erreicht einige MW als Aus-
gangsleistung im Bereich 5 GHz bis 170 GHz.
226 KAPITEL 5. AKTIVE BAUELEMENTE DER MIKROWELLENTECHNIK
Kapitel 6
Kleinsignalverstärker
6.1 Verstärkung
Es wird eine einfache Verstärkerschaltung betrachtet (Abb. 6.1), die aus einem im Kleinsi-
gnalbetrieb befindlichen Transistor, der als Zweitor mit dem Eingangsreflexionsfaktor ΓEin
und dem Ausgangsreflexionsfaktor ΓAus dargestellt ist, einer Eintorquelle am Eingang mit
dem Reflexionsfaktor ΓQ und einer Last mit dem Reflexionsfaktor ΓL besteht. Die letzteren
Reflexionsfaktoren sind vom Betrag her kleiner als eins (|ΓQ | < 1, |ΓL | < 1).
Nach (3.70) ist der Eingangsreflexionsfaktor des mit dem Reflexionsfaktor ΓL abgeschlos-
senen Zweitors durch
S S Γ
ΓEin = S 11 + 12 21 L (6.1)
1 − S 22 ΓL
und der Ausgangsreflexionsfaktor durch
S 12 S 21 ΓQ
ΓAus = S 22 + (6.2)
1 − S 11 ΓQ
1 1 1 1 − |ΓEin |2
PEin = |a1 |2 − |b1 |2 = |a1 |2 1 − |ΓEin |2 = |b0 |2 . (6.3)
2 2 2 |1 − ΓQ ΓEin |2
ΓEin ΓAus
aQ a1 a2 aL
Quelle Zweitor Last
bQ b1 b2 bL
b0
ΓQ ΓL
227
228 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
Die maximal verfügbare Leistung lautet für diese Quelle mit (3.37)
1 |b0 |2
PEin, verf = . (6.4)
2 1 − |ΓQ |2
Diese Leistung wird nur dann am Eingang aufgenommen, wenn konjugiert komplexe An-
passung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, gilt PEin ≤ PEin, verf . Die am Ausgang abgegebene
Leistung lautet mit a2 = ΓL b2
1 1
|b2 |2 − |a2 |2 = |b2 |2 1 − |ΓL |2 .
PL = (6.5)
2 2
Mit b2 = S 21 a1 + S 22 a2 und a2 = ΓL b2 ergibt sich
S 21
b2 = a , (6.6)
1 − S 22 ΓL 1
und somit
1 1 − |ΓL |2 1 |b0 |2 1 − |ΓL |2
PL = |a1 |2 |S 21 |2 2
= 2
|S 21 |2 . (6.7)
2 |1 − S 22 ΓL | 2 |1 − ΓQ ΓEin | |1 − S 22 ΓL |2
In der Hochfrequenztechnik gibt es verschiedene Definition der Leistungsverstärkung.
Abhängig vom betrachteten System sind die unterschiedliche Größen besser geeignet die Ei-
genschaften der Schaltung zu beschreiben. Die verschiedenen Definitionen werden im Folgend
genauer erläutert.
Die wirkliche Leistungsverstärkung (Power Gain) ist definiert als Verhältnis der am
Ausgang an die Last abgegebenen Leistung PL zur Eingangsleistung PEin
PL 1 1 − |ΓL |2
GP = = 2
|S 21 |2 . (6.8)
PEin 1 − |ΓEin | |1 − S 22 ΓL |2
Dies ist beispielsweise das Verhältnis zwischen der entnommenen Leistung aus einem
Verstärker und der vom Verstärker aufgenommenen Leistung. Die wirkliche Leistungs-
verstärkung hängt nicht von den Kenngrößen der Quelle (ΓQ , b0 ) ab, da diese auf gleiche
Weise in die Leistung im Aus- und Eingang eingehen.
Die Übertragungsleistungsverstärkung (Transducer Power Gain) ergibt sich, wenn die
am Ausgang abgegebene Leistung auf die am Eingang maximal verfügbare Leistung
bezogen wird:
PL PEin
GT = = GP
PEin, verf PEin, verf
1 − |ΓQ |2 2 1 − |ΓL |
2
= |S 21 |
|1 − ΓQ ΓEin |2 |1 − S 22 ΓL |2
1 − |ΓQ |2 1 − |ΓL |2
= 2
|S 21 |2 . (6.9)
|1 − ΓQ S 11 | |1 − ΓAus ΓL |2
6.1. VERSTÄRKUNG 229
Man beachte dabei, dass der Eingang nicht angepasst sein muss. Dies bedeutet, dass
GT ≤ GP ist und nur GP im Allgemeinen die wirkliche Leistungsverstärkung wiedergibt.
GT hängt im Gegensatz zu GP von ΓQ ab.
Damit gilt GA ≥ GT .
Den Maximum Available Gain GMA erhält man mit der Annahme, dass der Ein- und
Ausgang wirklich angepasst sind. Dies erfordert die zusätzliche Bedingung ΓQ = Γ∗Ein .
In diesem Fall gilt GMA = GA = GT = GP .
PL 1 − |ΓQ |2 2 1 − |ΓL |
2
GTU = |S 12 =0 = |S | . (6.11)
PEin, verf |1 − ΓQ S 11 |2 21 |1 − S 22 ΓL |2
Damit die maximale Leistungsverstärkung erreicht wird, schaltet man oft zwischen die
Quelle und den Eingang und die Last und den Ausgang ein verlustloses Anpassungsnetzwerk,
sodass am Ein- und Ausgang die maximal verfügbare Leistung zur Verfügung steht. Verkettet
man zwei Zweitore (Abb. 2.10), so ergeben sich für die gesamte Leistungsverstärkung die
folgenden Ausdrücke
1 − |ΓQ |2 1 − |ΓL |2
GTU = |S 21 |2 . (6.16)
|1 − ΓQ S 11 |2 | {z } |1 − S 22 ΓL |2
| {z } =G0 | {z }
=GQ =GL
230 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
Mit GQ wird der Einfluss der Anpassung am Eingang auf die Verstärkung beschrieben, mit
G0 die eigentliche Verstärkung des Transistors und mit GL der Einfluss der Anpassung am
Ausgang. GQ und GL werden jeweils maximal bei konjugiert komplexer Anpassung. In vielen
Fällen wird eine geringere Verstärkung als die maximale angestrebt. Man gibt dann z. B. GQ
vor. Aus
1 − |ΓQ |2
GQ = (6.17)
|1 − ΓQ S 11 |2
folgt dann
GQ |1 − ΓQ S 11 |2 + |ΓQ |2 = 1 (6.18)
und daraus
|ΓQ |2 + GQ (1 − 2<{ΓQ S 11 } + |ΓQ |2 |S 11 |2 ) = 1 . (6.19)
Diese Gleichung beschreibt einen Kreis für ein festes GQ
|ΓQ − C GQ |2 = RGQ
2
= |ΓQ |2 − 2<{ΓQ C ∗GQ } + |C GQ |2 . (6.20)
Vergleicht man die beiden letzten Gleichungen miteinander, ergibt sich für den Kreismittel-
punkt
GQ
C GQ = S∗ (6.21)
1 + GQ |S 11 |2 11
und für den Radius
2 1 − GQ (1 − |S 11 |2 )
RGQ = . (6.22)
(1 + GQ |S 11 |2 )2
Die Mittelpunkte der Kreise liegen alle auf einer Geraden durch den Punkt S ∗11 und den
Ursprung des Smith Charts (Abb. 6.2).
Bei Anpassung (ΓQ = S ∗11 ) ergibt sich die maximale Verstärkung
1
GQ, max = (6.23)
1 − |S 11 |2
und somit
C GQ = S ∗11 (6.24)
und
RGQ = 0 . (6.25)
In Analogie ergibt sich für festes GL ein Kreis, dessen Mittelpunkt durch
GL
C GL = S∗ (6.26)
1 + GL |S 22 |2 22
0.12 0.13
0.11 0.14
0.38 0.37 0.15
0.1 0.39 0.36
90
0.0
9 0.4 100 80 0.35 0.1
6 Γ
glL
45
50
1 110 40 70 0.3
1.0
0.4 4
0.9
1.2
0.1
55
8
0.8
0.0 35
7
1.4
2 0.3
0.4 12
0 0.7 60 3
0.6 60
1.6
7 0.
0 18
0. 30 0.
43 32
1.8
0. 0.2
50
65
0
13 Zo
)
0
jX/
2.
5
06
0.
0.
(+ 25
19
0.
NT
44
0.
NE
31
0.
PO
70
M 0.4
CO
0
40
14
05
0.
0.
E
0.
2
45
NC
0.
20
0.
3
TA
3.0
AC
75
0.6
RE
4
0.2
E
0.0
IV
6
0.2
0
0.3
30
1
0.4
15
CT
9
0.8
DU
15
>
S ∗22
R—
4.0
80
IN
0.3dB 1.2dB1.0
TO
0.2
ERA
0.2
0.4
2
5.0
8
1.
GEN
0dB 0.8dB
160
0.2
20
85
8 10
ARD
0.
0.23
0.48
0.27
TOW
ANG
90
0.6
ANGL
NGTHS
LE OF
10
E OF R
170
0.1
0.4
TRANSM
0.24
0.0 —> WAVELE
0.49
0.26
EFLECTION COEFFICIENT IN DEG
20
0.2
ISSION COEFFICIENT IN
50
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
3.0
4.0
5.0
10
20
50
0.25
0.25
± 180
0.0
50
RESISTANCE COMPONENT (R/Zo)
—
0.2
D LOAD <
20
0.24
0.49
0.26
70
0.1 0.4
OWAR
DEGR
-1
10
REES
EES
HS T
0.6
-90
0.23
2.0dB 0.7dB
0.48
0.27
NGT
8
0. -10
E
-160
-85
-20
VE
0.2
0
WA
1.
0.2
S ∗11
5.0
7
0.2
0.4
2
1.0
<—
8
-15 -80
4.0
/Zo
0.8 -15
(-jX
4
0.2
0
-30
0.3
0.0
NT
6
0.2
1
0.4
NE
9
PO
0.6
-75
3.0
M
O
05
0.
-20
E
0.
2
5
0.
4
.4
0.
N
40
-4
3
0
TA
-1
0.4
AC
-70
RE
06
0.
VE
19
0.
TI -25
44
0.
CI
-65 .5
31
0.
PA
0
0
2.
CA -5
30 0
-1 0.
1.8
07 0.2 18
0.
0.6
0.
43 -30 32
0.
1.6
-60
0 -60 0.1
0.7
8
0.0 -12 7
1.4
-35 0.3
0.8
2
0.4
1.2
3
5
0.9
gq
-5
1.0
9 -70 0.1
0.0 -110 0 6
ΓQ
-4
0
-5
0.3
-4
1
0.4 0.1 -100 -80 0.15 4
-90
0.11 0.14 0.35
0.4 0.12 0.13
0.39 0.36
0.38 0.37
Abbildung 6.2: Kreise konstanter Verstärkung als Funktion des Quellen- und Lastreflexions-
faktors. Links unten befinden sich die Kreise für konstantes GQ und rechts oben für konstantes
GL .
232 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
={ΓL }
|ΓEin | = 1
|ΓEin | > 1
<{ΓL }
|ΓEin | < 1
Abbildung 6.3: Für |S 11 | < 1 gilt für den grauen Bereich außerhalb des Kreises |ΓEin | < 1.
={ΓL }
|ΓEin | = 1
|ΓEin | > 1
RL
CL
|ΓL | < 1
<{ΓL }
|ΓL | = 1
|ΓEin | < 1
Abbildung 6.4: Im grauen Bereich gilt |ΓEin | < 1 und |ΓL | < 1 (|S 11 | < 1).
234 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
Die zweite Bedingung ergibt sich, wenn man statt des Eingangs den Ausgang betrachtet.
Ist andererseits das Innere des Kreises für |ΓEin | = 1 stabil, müssen beide Kreise vollständig
überlappen und es muss gelten (Ausgangstor analog)
Aus diesen Bedingungen lassen sich einfache Beziehungen ableiten. Es wird zuerst die Stabi-
lität des Eingangs für den Fall |C L | − RL > 1 mit |S 11 | < 1 und |S 22 |2 − |∆|2 > 0 betrachtet.
Aus |C L | − RL > 1 folgt
|C L |2 > (1 + RL )2 (6.38)
und somit
K>1, (6.40)
gegeben ist. Wertet man die anderen Ungleichungen für den Ein- und Ausgang aus, erhält
man die gleiche Bedingung für den Rollet-Faktor. Es muss daher immer für absolute Stabilität
von Ein- und Ausgang gelten
K>1 (6.42)
|∆| < 1 , (6.43)
wobei die letzte Ungleichung aus weiteren Betrachtungen folgt. Diese ist aber üblicherweise
für K > 1 erfüllt. Diese beiden Gleichungen sind notwendig und hinreichend. Ist S 12 = 0,
gilt immer K > 1 und |∆| < 1.
Für das Ersatzschaltbild (Abb. 5.8) kann man den Rollet-Faktor mit (5.21) berechnen
und es zeigt sich, dass er für kleine Frequenzen proportional zur Frequenz ist (Abb. 6.5). Dies
bedeutet, dass der Transistor für hinreichend kleine Frequenzen nicht mehr absolut stabil ist
(Die andere Bedingungen für Stabilität in (6.43) ist für alle betrachteten Frequenzen erfüllt.).
Dieses Verhalten beobachtet man auch bei realen Transistoren, die, wenn sie schwingen, dies
bei relativ kleinen Frequenzen tun.
Möchte man einen Oszillator bauen, sucht man genau einen Fall, für den das Zweitor
instabil wird. Durch Verwendung sehr schmalbandiger Filter kann man erreichen, dass die
Instabilität genau bei einer scharf definierten Frequenz auftritt. Durch nicht lineare Effekte
wird die durch die Instabilität angeregte Oszillation auf endliche Werte beschränkt. Um
Oberwellen zu vermeiden, sollten die nicht linearen Effekte nicht zu stark sein.
6.2. STABILITÄT VON ZWEITOREN 235
K meas.
K Equiv. circ.
Rollet-factor K, |∆|
101 K LinMic
|∆| meas.
100
10−1
Abbildung 6.5: Gemessener Rollet-Faktor des GaAs-MESFETs und das Ergebnis des Ersatz-
schaltbilds aus Abb. 5.8 (gestrichelt) und von LinMic Abb. 5.18 (gepunktet), sowie der Betrag
des gemessenen ∆.
236 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
Das Ersatzschaltbild des schmalbandigen HF-Verstärkers aus Abb. 1 ist in Abb. 6.6 darge-
stellt.
RD,stab
RG,stab
λ λ
4 4
CD,match
CG,match
Cshort Cshort
CD,stab
CG,stab
0.8
0.6
|S 11 |
0.4
0.2
0
0 0.5 1 1.5 2
f [GHz]
Abbildung 6.7: Absolutwert des Streuparameters S 11 des Verstärkers aus Abb. 1 für VGS =
−1.25 V, VGS = 28 V.
6.3. REALER VERSTÄRKER 237
20
15
|S 21 |
10
0
0 0.5 1 1.5 2
f [GHz]
Abbildung 6.8: Absolutwert des Streuparameters S 21 des Verstärkers aus Abb. 1 für VGS =
−1.25 V, VGS = 28 V.
·10−2
3
2
|S 12 |
0
0 0.5 1 1.5 2
f [GHz]
Abbildung 6.9: Absolutwert des Streuparameters S 12 des Verstärkers aus Abb. 1 für VGS =
−1.25 V, VGS = 28 V.
238 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
0.8
0.6
|S 22 |
0.4
0.2
0
0 0.5 1 1.5 2
f [GHz]
Abbildung 6.10: Absolutwert des Streuparameters S 22 des Verstärkers aus Abb. 1 für VGS =
−1.25 V, VGS = 28 V.
Die λ/4-Leitungen erfüllen drei Zwecke. Zum einen sind sie die Zuleitungen für die Gleich-
stromversorgung des Transistors, wobei die Gleichspannungsquellen im Kleinsignalersatz-
schaltbild durch Kurzschlüsse ersetzt worden sind. Diese Gleichspannungen werden vom Ein-
und Ausgang durch die Kondensatoren Cblock abgeblockt. Zweitens transformieren die λ/4-
Leitungen den Kurzschluss, der hochfrequenzmäßig noch durch Kapazitäten Cshort verstärkt
wird, bei 1GHz in offene Leitungen, sodass der Ein- und Ausgang des Transistors nicht be-
lastet wird. Drittens werden durch die Leitungen gerade Oberwellen (2 GHz, 4 GHz, usw.)
herausgefiltert, weil die oberen Enden der Leitungen für diese Frequenzen genau einen Kurz-
schluss darstellen.
6.4. BEIDSEITIG ANGEPASSTER VERSTÄRKER 239
S 12 S 21 Γ?Aus S 11 − ∆ Γ?Aus
ΓEin = S 11 + = (6.44)
1 − S 22 Γ?Aus 1 − S 22 Γ?Aus
S 12 S 21 Γ?Ein S 22 − ∆ Γ?Ein
ΓAus = S 22 + = . (6.45)
1 − S 11 Γ?Ein 1 − S 11 Γ?Ein
Setzt man die zweite Gleichung in die erste ein, erhält man
S ?22 −∆? ΓEin
S 11 − ∆ S 11 − ∆ S ?22 + |∆|2 − |S 11 |2 ΓEin
1−S ?11 ΓEin
ΓEin = S ?22 −∆? ΓEin
= . (6.46)
1− S 22 1−S ? Γ 1 − |S 22 |2 + (S 22 ∆? − S ?11 ) ΓEin
11 Ein
|S 22 |2 − |S 11 |2 + |∆|2 − 1 S − ∆ S ?22
Γ2Ein − ? ? ΓEin = 11 ? . (6.47)
S 22 ∆ − S 11 S 22 ∆ − S ?11
Die zweite Ungleichung folgt aus der vorhergehenden Gleichung und somit
q
± a a2 − 4 |b|2 < 0 . (6.51)
Das Vorzeichen muss entgegengesetzt zum Vorzeichen von a gewählt werden. Dies bedeutet,
dass für ein positives a das negative Vorzeichen in (6.48) gewählt werden muss und für ein
negatives a das positive.
Aus a2 > 4 |b|2 folgt für das Eingangstor
2
|S 22 |2 − |S 11 |2 + |∆|2 − 1 > 4 |S 22 ∆? − S ?11 |2 . (6.52)
240 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
Mit
4|b|2 =4 |S 22 ∆? − S ?11 |2
=4 |S 12 S 21 |2 + (1 − |S 22 |2 )(|S 11 |2 − |∆|2 )
=4 |S 22 |2 |∆|2 + |S 11 |2 − |∆|2 − |S 11 |2 |S 22 |2 + |S 12 S 21 |2
(6.53)
ergibt sich
2
1 − |S 11 |2 − |S 22 |2 + |∆|2 > 4|S 12 S 21 |2 . (6.54)
Dies entspricht der Bedingung K2 > 1 mit (6.41) und ist erfüllt, wenn K > 1 gilt. Für das
Ausgangstor ergibt sich die gleiche Bedingung und Anpassung beider Tore ist für K > 1
möglich. Ist zusätzlich noch die weitere Bedingung in (6.43) erfüllt, ist das Zweitor absolut
stabil. Der Ausgangsreflexionsfaktor ist dann ebenfalls durch (6.48) gegeben, allerdings mit
a = |S 11 |2 − |S 22 |2 + |∆|2 − 1 und b = S 11 ∆? − S ?22 .
Führt man die Leistungsanpassung für beide Tore für K < 1 durch, ist das Zweitor nicht
mehr stabil, da dann |ΓEin | = 1 und |ΓAus | = 1 gilt. In diesem Fall kann man das Zweitor sta-
bilisieren, indem man geeignete, eventuell verlustbehaftete Zweitore mit dem ursprünglichen
Zweitor verknüpft.
Hat man den Ein- und Ausgang leistungsmäßig angepasst, ergeben sich spezielle Aus-
drücke für die Leistungsverstärkung. Ist das Zweitor stabil (K > 1, |∆| < 1), erhält man die
maximal verfügbare Verstärkung (maximum available gain, MAG)
GMA = GP |ΓQ =Γ?Ein , ΓL =Γ?Aus
1 − |Γ?Ein |2 1
= ? 2
|S 21 |2
|1 − ΓEin S 11 | 1 − |ΓAus |2
|S | p
= 21 (K − K 2 − 1) . (6.55)
|S 12 |
Ist K < 1, kann man diese Formel nicht verwenden und es wird stattdessen die maximale
stabile Verstärkung (maxiumum stable gain, MSG) benutzt
|S 21 |
GMS = , (6.56)
|S 12 |
die sich für K = 1 ergibt. Die Größen GMA und GMS sind weitere wichtige Kenngrößen eines
Zweitors, die nur von den Zweitorparametern abhängen.
Es soll nun ein Verstärker mit dem GaN-HEMT GH40006P von Cree für Hochfre-
quenzleistungsanwendungen entworfen werden. Für den stationären Arbeitspunkt wird ei-
ne Drain/Source-Spannung von 28V und ein Drain-Strom von 100 mA verwendet. Die dem
Datenblatt entnommenen Streuparameter für eine Normierungsimpedanz Z0 = 50Ω sind in
Abb. 6.11 und 6.12 dargestellt. Der Parameter S 12 ist so klein, dass er in der Abb. 6.12 mit
dem Ursprung zusammenfällt. In der Abb. 6.13 sind K und |∆| dargestellt und der Tran-
sistor ist für diesen Arbeitspunkt ab 3GHz absolut stabil. Der Verstärker soll für 3.4 GHz
am Ein- und Ausgang leistungsmäßig angepasst werden. Die Streuparamter sind für diesen
Arbeitspunkt und diese Frequenz
S 11 = − 0.729 + j0.359
S 21 = + 3.347 + j1.457
S 12 = + 0.024 − j0.008
S 22 = − 0.309 − j0.338 . (6.57)
6.4. BEIDSEITIG ANGEPASSTER VERSTÄRKER 241
S 11
S 11 at 3.4GHz
1
ΓEin at 3.4GHz
0.5 2 S 22
S 22 at 3.4GHz
ΓAus at 3.4GHz
0.2 5
0.2 0.5 1 2 5
0
−0.2 −5
−0.5 −2
−1
S 12
105 90 75 S 12 at 3.4GHz
120 60 S 21
135 S 21 at 3.4GHz
45
150 30
165 15
0 5 10 15 20
180 0
195 345
210 330
225 315
240 300
255 270 285
K
|∆|
100 K at 3.4GHz
Rollet-factor K, |∆|
|∆| at 3.4GHz
10−1
100 101
f [GHz]
Abbildung 6.13: Rollet-Faktor und der Absolutwert der Determinante der Streuparameterma-
trix des Cree-Transistors GH40006P für 28V Drain/Source-Spannung und 100mA Drainstrom
von 0.5 bis 6 GHz.
6.4. BEIDSEITIG ANGEPASSTER VERSTÄRKER 243
Mit (6.48) erhält man unter Leistungsanpassung für den Ein- und Ausgang
und ist in Abb. 6.14 dargestellt. Unterhalb von 3 GHz handelt es sich um GMS (K < 1) und
oberhalb um GMA (K > 1).
25
GMS / GMA [dB]
20
15
100 101
f [GHz]
Die Leistungsanpassung soll mittels Leitungen, wie in Kap. 1.7.3 beschrieben, durch-
geführt werden. Es ergeben sich für das Anpassungsnetzwerk im Eingangszweig (Abb. 6.15)
für einen Leitungswellenwiderstand von Zw = Z0 und c = 1.77 · 108 m/s (β = ω/c). Für den
Ausgang erhält man
Es werden offene Stichleitungen verwendet, da diese einfacher verlängert oder gekürzt werden
können.
244 KAPITEL 6. KLEINSIGNALVERSTÄRKER
I1 ls,Ein ls,Aus I2
U1 GH40006P U2
l p,
us
,A
E
in
lp
Abbildung 6.15: Der Transistor als Zweitor mit Anpassnetzwerken am Ein- und Ausgang.
Mit den in Kap. 2 und 3 eingeführten Methoden kann man nun die Streuparameter der ge-
samten Anordnung bestimmen. Die maximal verfügbare Leistungsverstärkung und der Rollet-
Faktor werden durch die verlustlosen Anpassnetzwerke nicht verändert. Das gesamte Zweitor
ist immer noch absolut stabil für 3.4 GHz und GMA = 19.25 dB. Der Absolutbetrag der Re-
flexionsparameter ist in Abb. 6.16 dargestellt. Für 3.4 GHz ist der Ein- und Ausgang perfekt
angepasst, wobei der Anpassbereich extrem schmalbandig ist. Dies macht die Anpassung in
der Praxis unbrauchbar, weil es immer Parameterschwankungen gibt, sodass man keine An-
passung für genau 3.4GHz bekommen wird. Verschiebet sich zum Beispiel die Kennlinie des
Transistors durch Selbsterwärmung, würde dies die Anpassung verändern und aufgrund der
Flankensteilheit käme es zu einer extremen Änderung der Reflexionsparameter. In der Praxis
verwendet man daher breitbandigere Anpassstrukturen.
|S 11 |
1 |S 22 |
0.8
|S 11 |, |S 22 |
0.6
0.4
0.2
0
1 2 3 4 5 6
f [GHz]
Abbildung 6.16: Reflextionsparameter der gesamten Schaltung aus Abb. 6.15 für Leistungs-
anpassung bei 3.4 GHz.
6.4. BEIDSEITIG ANGEPASSTER VERSTÄRKER 245
− −
+ DCGate DCDrain +
C2filter C2filter
C1filter C1filter
Cshort Cshort
λ/4 λ/4