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Gottfried Keller
Der Begriff Poetischer Realismus verwundert dabei, da Poetik und Realismus in einem
scheinbaren Widerspruch zueinander stehen. Wie kann etwas gleichzeitig poetisch und
realistisch sein? In diesem Seminararbeit werde ich durch eine Analyse des Romans „Der grüne
Heinrich“ von Gottfried Keller zeigen, wie der vergangene Zeit des Romantismus immer noch
Einfluß auf Schriftsteller in der zweite Hälfte des 19. Jahrzehntes hatte.
Dieser autobiographische Text von Keller ist ein Musterwerk für einen Bildungsroman
und findet in der Bearbeitung anderer Werke häufig Erwähnung. Da dieses Buch in zwei
Versionen von Keller herausgegeben wurde, beschränke ich mich in Inhaltsangabe und
Interpretation auf die zweite Fassung. Die Motive, die Keller nutzte, sieht man durch den
ganzen Werk, aber am meistens in der Charakter von dem Protagonist, Heinrich Lee.
Gottfried Keller war sehr von Ludwig Feuerbach1 beeinflußt. Er hat ihn in
Heidelberg kennen gelernt. Feuerbach öffnete ihm die Augen für die Schönheit der
irdischen Welt und gab ihm, mit dem Verzicht auf die Unsterblichkeit, eine tiefe
Erdensfreude. Es war eine Wendung vom Subjektiv-Romantischen zur sinnenhaft
ganzen Wirklichkeit.
Gottfried Keller setzte ein Denkmal für Feuerbach mit dem „Grünen Heinrich“.
Der Roman diskutiert die Künstlerexistenz. Heinrichs Künstlertum wird am Ende als eine
Selbsttäuschung diskreditiert. Der Entwicklungsgang des Helden ist primär daraufhin
ausgerichtet, diese Selbsttäuschung zu entlarven. Am Ende verzichtet Heinrich auf seine
künstlerischen Ambitionen zugunsten einer Eingliederung in das gesellschaftliche Kollektiv,
wobei diese soziale Tendenz des Romans in der zweiten Fassung deutlicher ausfällt als in der
ersten.
Sein Bildungsgang führt Heinrich zu der Erkenntnis über die Perspektivlosigkeit seines
Künstlertums. Keller macht deutlich, dass das Leben eines Künstlers fehlschlagen muss. In den
Roman haben wir ein Versuch eines Individuums, sein Recht auf Selbstbestimmung innerhalb
einer Gesellschaft umzusetzen. Dieser Bildungsgang gerät zu einem
Desillusionierungsprozess, und Heinrich scheitert an der Gesellschaft und an der
gesellschaftlichen Realität. Die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts benötigte produktive
Individuen anstatt Träumer und Künstler. Heinrich Lee musste zwischen den realistischen
Umgebung und seiner eigenen romantischen Weltanschauung schwanken. Genau dieser
Prozess unterstreicht Heinrichs Gang in die Welt und seine Rückkehr in die Heimat und
bürgerliche Gemeinschaft: Sein Hang zu Imagination, Phantasie und Träumerei, seine
Unwilligkeit, eine klare Trennung zwischen Traum und Wirklichkeit vorzunehmen, lässt ihn
die Realität verkennen. Der Roman kritisiert Heinrichs fehlenden Realitälssinn als ein soziales
Defizit, dessen er sich aber auch bewusst ist; denn er erkennt, dass er unfähig ist, zwischen
Traum und wirklichem Leben zu unterscheiden.