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Springer-Lehrbuch

M. Goebeler
P. Walter
M. Westhofen

Augenheilkunde,
Dermatologie, HNO
IN 5 TAGEN
Unter Mitarbeit von
K. Hartmann, M. Hermel, J. Ilgner, A. Jung,
P. Mayser, N. Plange

Mit 98 Abbildungen und 70 Tabellen

123
Prof. Dr. med. Matthias Goebeler
Zentrum für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universität Gießen
Gaffkystr. 14
35392 Gießen

Prof. Dr. med. Peter Walter


Augenklinik der RWTH Aachen
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen

Prof. Dr. med. Martin Westhofen


Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
RWTH Aachen
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen

ISBN 978-3-642-20411-1 Springer Medizin Verlag Heidelberg

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Planung: Christine Ströhla, Heidelberg


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Lektorat: Ursula Illig, Gauting
Titelbild: Sonja Werner, Köln
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Satz und Reproduktion der Abbildungen: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg

SPIN 80023662

Gedruckt auf säurefreiem Papier 15/2117 – 5 4 3 2 1 0


V

Vorwort
Augenheilkunde, HNO und Dermatologie in 5 Tagen für das sogenannte Hammerexamen zu lernen, stellt
gewiss eine große Herausforderung dar. Das vorliegende Buch soll Medizinstudierende dabei unterstützen,
Ihre Prüfungsvorbereitung so effizient wie möglich zu gestalten. In 38 Kapiteln haben wir den prüfungs-
relevanten Stoff dieser drei Fächer so aufgearbeitet, dass Sie nach intensiver Lektüre und Lernen den Anfor-
derungen des Staatsexamens mehr als genügen sollten.
Dieses Buch kann und will Lehrbücher und den Unterricht vor Ort nicht ersetzen; es erhebt keinen
Anspruch, das jeweilige Fach vollständig und in der Tiefe darzustellen. Manche Themen, über die man je-
weils ganze Bücher verfassen könnte, werden nur kurz angerissen. Das »5-Tage-Buch« konzentriert sich
vielmehr auf die prüfungsrelevanten Inhalte und versteht sich als Intensivrepetitorium oder kommentierten
Index der jeweiligen Fächer.
Die in diesem Buch gemeinsam auftretenden Disziplinen Augenheilkunde, Dermatologie und HNO
gelten im medizinischen Fächerkanon gemeinhin als »kleine Fächer«. Im Vergleich zur Inneren Medizin
oder Chirurgie werden sie im Staatsexamen mit einer kleineren Zahl von Fragen bedacht; der Umfang des
Repetitoriums trägt dieser Situation Rechnung. In der klinischen Realität der Aus- und Weiterbildung wer-
den jedoch diejenigen von Ihnen, die sich nach dem Examen in einem dieser Fächer weiterbilden, feststellen,
dass es sich tatsächlich um große, inhaltsreiche Fächer mit mehreren Subdisziplinen handelt.
Die Herausgeber und Autoren dieses Repetitoriums wünschen Ihnen für die Prüfungsvorbereitung das
notwendige Durchhaltevermögen, einen klaren Durchblick, offene Ohren, einen guten Riecher und, bei
aller Lernerei, trotzdem etwas Spaß.
Für die Prüfung wünschen wir Ihnen viel Erfolg!

Aachen und Gießen, im Sommer 2011 Matthias Goebeler


Peter Walter
Martin Westhofen
VII

Inhaltsverzeichnis

Tag 1 – Augenheilkunde 9 Sehnerv und Sehbahn . . . . . . . . . . . 70


9.1 Optikusatrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
1 Anamnese und Untersuchung . . . . . . 1 9.2 Anteriore ischämische Optikus-
1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 neuropathie (AION) . . . . . . . . . . . . . . 71
1.2 Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 9.3 Entwicklungsanomalien
des Sehnerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
2 Lider und Tränenwege . . . . . . . . . . . 7 9.4 Hereditäre Optikusneuropathie . . . . . . . 72
2.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 9.5 Toxische Optikusneuropathien . . . . . . . 72
2.2 Pathologie der Lider . . . . . . . . . . . . . . 8 9.6 Differenzialdiagnose Papillenschwellung . 73
2.3 Erkrankungen der ableitenden 9.7 Sehbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Tränenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 9.8 Neuritis nervi optici: Retrobulbärneuritis,
Papillitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3 Bindehaut und Hornhaut . . . . . . . . . 17
3.1 Bindehaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 10 Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
3.2 Hornhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 10.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.3 Verätzungen und Trauma der Hornhaut 10.2 Stumpfes Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . 78
und Bindehaut . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 10.3 Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
3.4 Hornhautchirurgische Verfahren . . . . . . 34 10.4 Endokrine Orbitopathie . . . . . . . . . . . . 81

4 Sklera, Iris, Uveitis . . . . . . . . . . . . . . 36


11 Strabismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.1 Sklera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
11.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.2 Iris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
11.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
11.3 Begleitschielen . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
5 Linse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
11.4 Paretisches Schielen . . . . . . . . . . . . . . 89
5.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5.2 Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
12 Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.3 Presbyopie (Alterssichtigkeit) . . . . . . . . 45
12.1 Lidverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.4 Ectopia lentis (Verlagerung) . . . . . . . . . 45
12.2 Verletzungen des Augapfels . . . . . . . . . 93
5.5 Entwicklungsstörungen . . . . . . . . . . . . 46
12.3 Verätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5.6 Linsentrübung (Katarakt, grauer Star) . . . 46

6 Glaukom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 13 Augenerkrankungen
bei Allgemeinleiden . . . . . . . . . . . . . 97
7 Glaskörper und Netzhaut . . . . . . . . . 55
7.1 Glaskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 14 Tropenophthalmologie . . . . . . . . . . 100
7.2 Netzhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 14.1 Trachom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
14.2 Lepra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
8 Aderhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 14.3 Onchozerkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
8.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 14.4 Vitamin-A-Mangelerkrankungen . . . . . . 102
8.2 Fehlbildungen – Aderhautkolobome . . . 67 14.5 Katarakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
8.3 Entzündungen der Aderhaut
(Uveitis posterior) . . . . . . . . . . . . . . . . 67 15 Sehbehinderung, Rehabilitation
8.4 Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 und rechtliche Grundlagen . . . . . . . . 103
8.5 Aderhautmelanom . . . . . . . . . . . . . . . 68 15.1 Sehbehinderung und Erblindung . . . . . 104
8.6 Aderhautnävus . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 15.2 Verkehrmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
VIII Inhaltsverzeichnis

15.3 Entschädigungsrecht . . . . . . . . . . . . . 104 20 Infektionskrankheiten der Haut . . . . . 154


15.4 Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 20.1 Erysipel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
15.5 Frühförderung, Förderschulen . . . . . . . . 105 20.2 Erysipeloid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
20.3 Impetigo contagiosa . . . . . . . . . . . . . . 157
16 Leitsymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 20.4 Ostiofollikulitis, Furunkel, Karbunkel . . . . 158
20.5 Phlegmone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
20.6 Gramnegativer Fußinfekt . . . . . . . . . . . 159
Tag 2 – Dermatologie 20.7 Erythrasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
20.8 Borreliose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
17 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 20.9 Syphilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
17.1 Aufbau der Haut . . . . . . . . . . . . . . . . 112 20.10 Gonorrhö . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
17.2 Hautanhangsgebilde . . . . . . . . . . . . . 114 20.11 Ulcus molle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
17.3 Effloreszenzenlehre . . . . . . . . . . . . . . 115 20.12 Lymphogranuloma venereum . . . . . . . . 169
17.4 Befundbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 117 20.13 Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen) 170
17.5 Weitere wichtige Begriffe . . . . . . . . . . . 118 20.14 Infektionen mit Herpes-simplex-Viren . . . 181
20.15 Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen . 183
18 Erkrankungen durch physikalische 20.16 Infektionen mit humanen Papillomviren
und chemische Noxen . . . . . . . . . . . 120 (HPV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
18.1 Dermatitis solaris (Sonnenbrand) . . . . . . 121 20.17 Molluscum contagiosum . . . . . . . . . . . 189
18.2 Hautläsionen durch chronische 20.18 Erythema infectiosum . . . . . . . . . . . . . 189
UV-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 20.19 Hauterscheinungen bei HIV-Infektion
18.3 Polymorphe Lichtdermatose . . . . . . . . . 123 und AIDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
18.4 Verbrennung (Combustio), Verbrühung 20.20 Trichomoniasis . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
(Ambustio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 20.21 Leishmaniose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
18.5 Erfrierung (Congelatio) . . . . . . . . . . . . 125 20.22 Pedikulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
18.6 Verätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 20.23 Cimikose (Wanzenbefall) . . . . . . . . . . . 195
18.7 Dekubitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 20.24 Skabies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

19 Intoleranzreaktionen . . . . . . . . . . . . 127 21 Entzündliche Hauterkrankungen . . . . 198


19.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 21.1 Psoriasis (Schuppenflechte) . . . . . . . . . 199
19.2 Allergietestung . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 21.2 Lichen ruber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
19.3 Rhinoconjunctivitis allergica . . . . . . . . . 131 21.3 Pityriasis rosea . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
19.4 Nahrungsmittel-Typ-I-Allergie . . . . . . . . 132 21.4 Erythema multiforme . . . . . . . . . . . . . 207
19.5 Bienen- und Wespengiftallergie . . . . . . . 133 21.5 Nicht-infektiöse granulomatöse
19.6 Latexallergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
19.7 Urtikaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
19.8 Hereditäres Angioödem . . . . . . . . . . . 137
19.9 Atopisches Ekzem . . . . . . . . . . . . . . . 137 Tag 3 – Dermatologie
19.10 Kontaktekzem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
19.11 Nummuläres Ekzem . . . . . . . . . . . . . . 144 22 Autoimmunerkrankungen der Haut . . 215
19.12 Seborrhoisches Ekzem . . . . . . . . . . . . 144 22.1 Blasenbildende Autoimmundermatosen . 216
19.13 Weitere Ekzemerkrankungen . . . . . . . . 145 22.2 Lupus erythematodes . . . . . . . . . . . . . 224
19.14 Pruritus (Juckreiz) . . . . . . . . . . . . . . . . 146 22.3 Dermatomyositis . . . . . . . . . . . . . . . . 227
19.15 Prurigo-Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . 147 22.4 Progressive systemische Sklerodermie . . 229
19.16 Arzneimittelreaktionen . . . . . . . . . . . . 148 22.5 Kryoglobulinämie . . . . . . . . . . . . . . . 231
IX
Inhaltsverzeichnis

23 Hereditäre Erkrankungen der Haut . . 232 27.4 Alopecia areata . . . . . . . . . . . . . . . . . 289


23.1 Ichthyosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 27.5 Trichotillomanie . . . . . . . . . . . . . . . . 291
23.2 Palmoplantarkeratosen . . . . . . . . . . . . 235 27.6 Vernarbende Alopezien . . . . . . . . . . . . 292
23.3 Dyskeratosis follicularis (Morbus Darier) . 236 27.7 Hirsutismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
23.4 Neurokutane Erkrankungen 27.8 Nagelerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . 294
(Phakomatosen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 27.9 Chronisch-rezidivierende Aphthen . . . . . 295
23.5 Marfan-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . 239 27.10 Morbus Behçet . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
23.6 Epidermolysis bullosa hereditaria . . . . . . 239 27.11 Leukoplakie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
23.7 Xeroderma pigmentosum . . . . . . . . . . 241
28 Erkrankungen der Talg- und
24 Zysten, Nävi und Tumoren der Haut . . 243 Schweißdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . 298
24.1 Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 28.1 Seborrhö . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
24.2 Nicht-melanozytäre Nävi . . . . . . . . . . . 246 28.2 Acne vulgaris . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
24.3 Verruca seborrhoica . . . . . . . . . . . . . . 248 28.3 Acne inversa (Hidradenitis suppurativa) . . 301
24.4 Basalzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 249 28.4 Rosacea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
24.5 Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, 28.5 Periorale Dermatitis . . . . . . . . . . . . . . 303
Leukoplakie und spinozelluläres Karzinom 251 28.6 Hyperhidrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
24.6 Keratoakanthom . . . . . . . . . . . . . . . . 254 28.7 Hypohidrose und Anhidrose . . . . . . . . . 305
24.7 M. Bowen und Bowen-Karzinom . . . . . . 254
24.8 Merkel-Zellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . 255 29 Erkrankungen des Gefäßsystems . . . . 306
24.9 Lentigines und melanozytäre 29.1 Raynaud-Phänomen und Morbus Raynaud 307
Nävuszellnävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 29.2 Livedoerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . 307
24.10 Malignes Melanom . . . . . . . . . . . . . . . 260 29.3 Vaskulitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
24.11 Tumoren der Gefäße . . . . . . . . . . . . . . 264 29.4 Pyoderma gangraenosum . . . . . . . . . . 314
24.12 Tumoren des Binde- und Fettgewebes . . 268 29.5 Erkrankungen der Venen . . . . . . . . . . . 316
24.13 Primär kutane Lymphome . . . . . . . . . . 269 29.6 Erkrankungen der Lymphgefäße . . . . . . 318
24.14 Mastozytosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 29.7 Diabetische Ulzera . . . . . . . . . . . . . . . 320
24.15 Kutane Paraneoplasien . . . . . . . . . . . . 275
30 Proktologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
25 Erkrankungen des Pigmentsystems . . 277 30.1 Hämorrhoidalleiden . . . . . . . . . . . . . . 323
25.1 Vitiligo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 30.2 Fissuren und Fisteln der Anal-
25.2 Melasma (Chloasma) . . . . . . . . . . . . . . 279 und Rektalregion . . . . . . . . . . . . . . . . 324
25.3 Postinflammatorische
Hyperpigmentierungen . . . . . . . . . . . . 280 31 Andrologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
31.1 Infertilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
26 Erkrankungen des Bindegewebes
und der Subkutis . . . . . . . . . . . . . . . 281
26.1 Zirkumskripte Sklerodermie (Morphaea) . 282 Tag 4 – HNO
26.2 Lichen sclerosus et atrophicus . . . . . . . . 283
26.3 Narben und Keloide . . . . . . . . . . . . . . 284 32 Ohr, Otobasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
26.4 Striae distensae . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 32.1 Erkrankungen des äußeren Ohrs . . . . . . 333
26.5 Pannikulitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 32.2 Erkrankungen des äußeren Gehörgangs . 341
32.3 Erkrankungen des Mittelohrs,
27 Erkrankungen von Haaren, Nägeln des Trommelfells und der Otobasis . . . . . 342
und Schleimhäuten . . . . . . . . . . . . . 287 32.4 Erkrankungen des Innenohrs . . . . . . . . 350
27.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 32.5 Erkrankungen des Felsenbeins . . . . . . . 361
27.2 Trichogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
27.3 Androgenetische Alopezie . . . . . . . . . . 288
X Inhaltsverzeichnis

33 Nase, Gesicht, Mittelgesicht, 37 Speicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . 481


Rhinobasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 37.1 Verletzungen der großen
33.1 Erkrankungen der äußeren Nase Kopfspeicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . 482
und des Gesichts . . . . . . . . . . . . . . . . 368 37.2 Sekretionsstörungen und Entzündungen
33.2 Erkrankungen der inneren Nase . . . . . . . 375 der Speicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . . 482
33.3 Erkrankungen der Nasennebenhöhlen . . 391 37.3 Tumoren der Speicheldrüsen . . . . . . . . 488
33.4 Erkrankungen der Rhinobasis
und des Mittelgesichts . . . . . . . . . . . . 409 38 Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493
33.5 Erkrankungen der Orbita 38.1 Fehlbildungen des äußeren Halses
und periorbitalen Rhinobasis . . . . . . . . 417 und der Halsweichteile . . . . . . . . . . . . 494
38.2 Verletzungen der Halsweichteile,
der Halsnerven und der extrakraniellen
Tag 5 – HNO hirnversorgenden Gefäße . . . . . . . . . . 496
38.3 Entzündungen der Halsweichteile
34 Mund, Mundhöhle, Pharynx . . . . . . . 421 und Halslymphknoten . . . . . . . . . . . . . 497
34.1 Fehlbildungen der Mundhöhle 38.4 Tumoren des Halses . . . . . . . . . . . . . . 502
und des Gaumens . . . . . . . . . . . . . . . 422 38.5 Knöcherne und muskuläre Fehlstellungen
34.2 Verletzungen der Mundhöhle des Halses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510
und des Rachens . . . . . . . . . . . . . . . . 424
34.3 Entzündungen der Mundhöhle Abbildungsteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513
und Lippen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425
34.4 Rhonchopathie und obstruktives Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 529
Schlafapnoe Syndrom (OSAS) . . . . . . . . 428
34.5 Entzündungen des Pharynx . . . . . . . . . 430
34.6 Tumoren der Lippe (Lippenrot),
der Mundhöhle und der kleinen
Speicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
34.7 Tumoren des Pharynx . . . . . . . . . . . . . 440
34.8 Sonstige Erkrankungen des Pharynx . . . 445

35 Larynx, Stimme, Sprechen . . . . . . . . . 447


35.1 Fehlbildungen des Larynx . . . . . . . . . . 448
35.2 Verletzungen des Larynx . . . . . . . . . . . 450
35.3 Larynxödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450
35.4 Entzündungen des Larynx . . . . . . . . . . 452
35.5 Sonstige Erkrankungen der Stimmlippen 455
35.6 Tumoren des Larynx . . . . . . . . . . . . . . 457
35.7 Lähmungen des Kehlkopfs und Stimm-
störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
35.8 Sonstige Erkrankungen des Larynx . . . . 468

36 Trachea, Ösophagus . . . . . . . . . . . . . 471


36.1 Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
36.2 Verletzungen der Trachea,
des Bronchialbaums und des Ösophagus 473
36.3 Entzündungen der Trachea
und des Ösophagus . . . . . . . . . . . . . . 476
36.4 Tumoren der Trachea und des Ösophagus 477
XI

Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Matthias Goebeler Prof. Dr. med. Peter Mayser
Zentrum für Dermatologie, Venerologie Zentrum für Dermatologie, Venerologie
und Allergologie und Allergologie
Universität Gießen Universität Gießen
Gaffkystr. 14 Gaffkystr. 14
35392 Gießen 35392 Gießen

Dr. med. Kathi Hartmann PD Dr. med. Niklas Plange


Augenklinik der RWTH Aachen Augenklinik der RWTH Aachen
Pauwelsstr. 30 Pauwelsstr. 30
52074 Aachen 52074 Aachen

Dr. med. Martin Hermel Prof. Dr. med. Peter Walter


Augenklinik der RWTH Aachen Augenklinik der RWTH Aachen
Pauwelsstr. 30 Pauwelsstr. 30
52074 Aachen 52074 Aachen

Dr. med. Justus Ilgner Prof. Dr. med. Martin Westhofen


Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
RWTH Aachen RWTH Aachen
Pauwelsstr. 30 Pauwelsstr. 30
52074 Aachen 52074 Aachen

Prof. Dr. med. Andreas Jung


Zentrum für Dermatologie, Venerologie
und Allergologie
Universität Gießen
Gaffkystr. 14
35392 Gießen
1

Tag 1 – Augenheilkunde

1 Anamnese und Untersuchung


P. Walter

1.1 Anamnese – 2
1.1.1 Aktuelle und organzentrierte Anamnese – 2
1.1.2 Frühere Augenleiden und deren Behandlung – 2
1.1.3 Allgemeine Anamnese – 2
1.1.4 Sozialanamnese – 2
1.1.5 Familienanamnese – 2

1.2 Untersuchung – 2
1.2.1 Äußere Untersuchung – 3
1.2.2 Funktionstests – 3
1.2.3 Farbensehen – 4
1.2.4 Elektrophysiologische Untersuchungen – 4
1.2.5 Spaltlampenuntersuchung des vorderen
und hinteren Augenabschnitts – 5
1.2.6 Ophthalmoskopie – 5
1.2.7 Druckmessung – 5
1.2.8 Bildgebende Diagnostik – 6

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_1, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
2 Kapitel 1 · Anamnese und Untersuchung

Eigene Notizen 1.1 Anamnese


1
1.1.1 Aktuelle und organzentrierte Anamnese

4 akute Beschwerden, seit wann welche Beschwerden


5 Sehstörungen, Schmerzen
4 aktuelle Behandlung
5 Augentropfen, -salben, sonstige Augenmedikamente, Augenopera-
tionen
4 derzeitige Korrektur der Fehlsichtigkeit (Brille, Kontaktlinse, chirur-
gisch)

1.1.2 Frühere Augenleiden und deren Behandlung

4 Waren beide Augen früher gleich gut?


4 Wann erfolgte die erste Brillenkorrektur?
4 Gab es frühere Augenerkrankungen (Schielen etc.)?
4 Gab es frühere Augenoperationen (Katarakt etc.)?
4 Gab es Verletzungen am Auge?

1.1.3 Allgemeine Anamnese

4 Organsysteme
4 Allergien
4 Medikamente
4 Operationen

1.1.4 Sozialanamnese

4 familiäre Situation
4 berufliche Situation (Exposition mit ggf. toxischen Stoffen u. a.)

1.1.5 Familienanamnese

4 erbliche Erkrankungen
4 Augenleiden in der Familie

1.2 Untersuchung

4 orientierende Betrachtung der Augen und der Augenumgebung


4 Augenbewegungen
4 Achsabweichungen, Schielstellungen, Nystagmus
4 Lidtumoren
1.2 · Untersuchung
3 1

4 funktionelle Untersuchungen Eigene Notizen


4 Spaltlampenuntersuchungen
4 bildgebende Diagnostik

1.2.1 Äußere Untersuchung

4 Bulbusposition und Größe, Symmetrie, Position in der Orbita


4 Augenumgebung, Gesichtshaut, Lidstellung
4 Farbauffälligkeiten des Bulbus oder der Lider
4 Schwellungen
4 Sehachse, Parallelstand
4 spontane Augenbewegungen, Augenzittern (Nystagmus)
4 Folgebewegungen in die neun Blickrichtungen
4 Abdecktests mit und ohne Prismenleiste
4 Pupillenweite, Pupillenreaktionen (direkt, indirekt, konsensuell)

1.2.2 Funktionstests

4 Refraktionsuntersuchung:
5 objektive Messung am Autorefraktometer
5 subjektive Messung am Phoropter oder an der Probebrille
J beste sphärische Korrektur, astigmatische Korrektur
J beste monokulare Werte, dann binokularer Abgleich
J Bestimmung der Akkomodation
J Bestimmung des erforderlichen Presbyopieausgleichs
4 Visusbestimmung
5 erfolgt mit der besten Korrektur für die Ferne in 4–6 m
5 Optotypenprojektor oder Tafel
5 Zahlen, E-Haken, Buchstaben, Kinderbilder, Landolt-Ring
5 Visus ist ein Maß für den Sehwinkel, unter dem zwei Objekte ge-
trennt wahrgenommen werden können
5 normal: 1/60 Grad = 1 Bogenminute entsprechend 1,0
5 Visus ist eine Funktion der Makula
5 Nahvisusprüfung erfolgt mit speziellen Nahsehprobentafeln in
30 cm
4 Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie)
5 das Gesichtsfeld beschreibt quantitativ die Empfindlichkeit des
Sehsystems in einem bestimmten Punkt des Sehraumes
5 es werden absolute und relative Gesichtsfeldausfälle (Skotome)
entdeckt
5 Patient fixiert monokular eine zentrale Marke
5 Wahrnehmungsschwellen einzelner Punkte im Gesichtsfeld werden
registriert
5 statische und kinetische Verfahren
5 wichtig für die Verlaufskontrolle vieler Erkrankungen
4 Kapitel 1 · Anamnese und Untersuchung

Eigene Notizen 1.2.3 Farbensehen


1
4 Farbtafeltest nach Ishihara
5 Tafeln mit Farbpunkten auf denen Zahlen oder Linien erkannt
werden müssen
5 Schnelltest zur Identifikation von Rot-Grün Blinden
4 Farnsworth-Farblegetests
5 Farbproben müssen nach Ähnlichkeit sortiert werden
5 Farbsinnstörungen können einer Farbachse zugeordnet werden
5 quantitative Aussagen möglich
5 Verlaufskontrollen möglich
4 Anomaloskop
5 Farbproben müssen aus spektralen Reinfarben gemischt werden
5 Anteil der verwendeten Reinfarben lässt genaue Diagnose zu
5 Quantitative und qualitative Aussagen
5 große Bedeutung für die Verkehrsmedizin

1.2.4 Elektrophysiologische Untersuchungen

4 neuronale Aktivität der Netzhaut ist Quelle für ableitbare Biosignale


vom Auge
4 Elektrookulogramm (EOG)
5 erfasst das Bestandspotenzial des Auges
5 Dipol zur Hornhaut hin positiv geladen
5 nimmt zu beim Wechsel von Dunkel- zur Helladaptation
5 pathologisch bei Netzhautdystrophien, Trauma, Uveitis, Medika-
mentenschäden (z. B. Resochin) u. a.
4 Elektroretinogramm (ERG)
5 Signale nach kurzen Lichtreizen
5 spezifische Analyse nach Stäbchen und Zapfen möglich
5 Unterscheidung von Rezeptorenschaden oder postsynaptischer Lä-
sion
5 Varianten sind Ganzfeld-ERG, multifokales ERG und Muster-ERG
5 pathologische Befunde bei Dystrophien, Perfusionsstörungen,
Trauma diabetischer Retinopathie u. a.
4 visuell evozierte Potenziale (VEP)
5 Ableitung erfolgt vom Hinterhaupt
5 kortikale Funktionen über der Sehrinde werden registriert
5 Differenzialdiagnostik von Sehnervenerkrankungen
5 Diagnose der Retrobulbärneuritis insbesondere auch zur Verlaufs-
kontrolle
1.2 · Untersuchung
5 1
1.2.5 Spaltlampenuntersuchung des vorderen Eigene Notizen
und hinteren Augenabschnitts

4 differenzierte Untersuchung aller Abschnitte des Auges


4 Beobachtungsstrahlengang getrennt vom Beleuchtungsstrahlengang
4 Beleuchtung erfolgt mit Lichtspalt
4 Optischer Schnitt durch Hornhaut, Vorderkammer, Linse und Glas-
körperraum
4 Kammerwinkeluntersuchung mit Gonioskop
4 Netzhautuntersuchung mit einer 90- oder 78-D-Lupe (indirekte
Funduskopie)
4 Netzhautuntersuchung mit einem Kontaktglas (direkte Funduskopie)

1.2.6 Ophthalmoskopie

4 direkte Ophthalmoskopie mit dem Augenspiegel im Abstand von weni-


gen Zentimetern
5 Refraktionsfehler werden mit Recoss-Scheiben korrigiert
5 Untersucher und Patient schauen in die Ferne
5 16-fach vergrößertes Bild der Netzhaut
5 Bild ist seitengleich und aufrecht
5 nur zentrale Anteile der Netzhaut
4 indirekte Ophthalmoskopie mit dem Augenspiegel und einer 20-D-
Lupe
5 Untersuchung erfolgt in größerem Abstand
5 Bild spiegelverkehrt und umgekehrt
5 binokulare Kopfophthalmoskope werden heute typischerweise
eingesetzt
5 Überblick über die gesamte Netzhaut

1.2.7 Druckmessung

4 Bestimmung des Augeninnendrucks


4 Applanationstonometrie als häufigstes Verfahren
4 es wird hierbei die Kraft registriert, die notwendig ist, die Hornhaut eine
definierte Fläche abzuflachen. Diese Kraft korreliert mit dem intraoku-
laren Druck
4 Non-Contact-Tonometer eingesetzt arbeiten nach ähnlichem Prinzip
4 Impressionstonometrie nach Schiötz als zweites Prinzip
4 es wird bestimmt, wie weit ein Stempel mit einer definierten Masse in
die Hornhaut eindringt. Die Eindringtiefe ist proportional zum intra-
okularen Druck
4 die Messung des Augendrucks hat wesentliche Bedeutung für die
Diagnose und Verlaufskontrolle des Glaukoms
6 Kapitel 1 · Anamnese und Untersuchung

Eigene Notizen 1.2.8 Bildgebende Diagnostik


1
Fluoreszeinangiographie
4 i.v. Applikation von Natriumfluoreszein
4 Anregung der Fluoreszenz und Sequenzphotographie mit Filtern
4 normalerweise bleibt das Fluoreszein in den retinalen Gefäßen
4 pathologische Phänomene
5 konstante Hyperfluoreszenz, z. B. Defekte des retinalen Pigment-
epithels
5 zunehmende Hyperfluoreszenz, z. B. Gefäßmembranen bei AMD
5 Hypofluoreszenz, z. B. Blutungen oder Aderhauttumoren
4 Farbstoffe
5 Natriumfluoreszein und/oder Indocyaningrün (ICG)
5 Fluoreszein markiert retinale Gefäße
5 ICG markiert Aderhautgefäße
5 Bedeutung für die Diagnostik von Netzhaut- und Aderhauterkran-
kungen

Optische Kohärenztomographie (OCT)


4 Streulichtverfahren zur Schnittbilddarstellung
4 nicht-invasiv
4 hohe Auflösung
4 wichtig für Krankheitsprozesse an der vitreoretinalen Grenzfläche und
innerhalb der Netzhaut
4 OCT-Verfahren auch für die vorderen Augenabschnitte möglich, z. B.
für Diagnostik von Iristumoren

Ultraschalldiagnostik
4 A-Bild-Sonographie
5 meist zur Biometrie
5 zur Bestimmung der Stärke einer Intraokularlinse für die Katarakt-
chirurgie
4 B-Bild-Sonographie
5 zur Abklärung der intraokularen Situation, wenn durch Medien-
trübungen ein Einblick in das Auge nicht besteht
5 zur Bestimmung der Ausdehnung von Augentumoren oder zur
Identifikation von intraokularen Fremdkörpern

Hornhauttopographie
4 Reflexbilder der Hornhaut zur ortsaufgelösten Bestimmung der Krüm-
mungseigenschaften der Hornhaut
4 Farbkodierte zweidimensionale Darstellung

Endothelmikroskopie
4 mikroskopisches Verfahren zur Darstellung aller Schichten der Hornhaut
4 Darstellung einzelner Zellen in der Hornhaut beim Patienten möglich
4 Differenzialdiagnose von Hornhauterkrankungen
4 Verlaufsdiagnostik nach Kataraktoperationen, aber auch vor und nach
Keratoplastik
2

Tag 1 – Augenheilkunde

2 Lider und Tränenwege


M. Hermel

2.1 Anatomie – 8
2.1.1 Aufbau – 8
2.1.2 Funktion – 8

2.2 Pathologie der Lider – 8


2.2.1 Allergische Reaktionen – 8
2.2.2 Bakterielle Infektionen – 9
2.2.3 Phthiriasis palpebrarum – 10
2.2.4 Virale Infektionen – 10
2.2.5 Lidfehlstellungen – 10
2.2.6 Lidtumoren – 12

2.3 Erkrankungen der ableitenden Tränenwege – 14


2.3.1 Mangelnde Spontaneröffnung der Hasner-Klappe – 14
2.3.2 Punctumstenosen/Okklusion – 15
2.3.3 Kanalikuläre Stenosen – 15
2.3.4 Stenosen/Verschluss des Ductus nasolacrimalis – 15
2.3.5 Dakroyzystitis – 15
2.3.6 Dakroylithiasis – 16
2.3.7 Verletzungen der Lider und Tränenwege – 16

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_2, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
8 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege

Eigene Notizen 2.1 Anatomie


2.1.1 Aufbau
2
4 Haut mit Hautanhangsgebilden, Drüsen und Wimpern
4 M.-orbicularis-Schicht
4 Tarsusplatte mit den Meibom-Drüsen
4 tarsale/palpebrale Bindehaut
4 medial: Tränenpünktchen des Ober-Unterlides
5 fortgesetzt in die Tränenkanälchen der Ober- und Unterlides, die als
Canaliculus communis im Tränensack münden
5 der Tränensack mündet über den Ductus nasolacrimalis in der
Nase
4 seitliche Lidaufhängung auf Lidbändchen
5 lateral
5 medial, dort Umgreifen und Einstrahlen des Lidbändchenfasern
und der Orbicularisfasern in die Wand des Saccus lacrimalis → kom-
primiert den Sack beim Lidschluss und vermittelt so die Tränen-
pumpfunktion
4 Oberlidanhebung durch
5 M. levator palpebrae (willkürlich)
5 Müller-Muskel (unwillkürlich)

2.1.2 Funktion

4 Schutz des Bulbus


4 Benetzung mit Tränenfilm beim Lidschlag
4 Abtransport der Tränen in die Nase

2.2 Pathologie der Lider

2.2.1 Allergische Reaktionen

4 allergisches Lidödem, u. U. massiv, schnell auftretend, meist mit Binde-


hautbeteiligung (7 Abschn. 3.1.4)
5 ggf. systemische Antihistaminika
4 atopische Dermatitis
5 Atopie-assoziierte Lidentzündung bei Hautbeteiligung
5 oft Staphylokokken-Superinfektion
5 Therapie: Hautpflege, Allergenkarenz, ggf. milde Kortikoide, ggf.
Behandlung der Begleitinfektion
4 Kontaktdermatitis (Typ IV)
5 Medikamente (Augensalben), Kosmetika etc.
5 Lidrötung, Hautinduration pergamentartig, ggf. Verkrustung und
Aufbrechen
5 Bindehautbeteiligung, Juckreiz
2.2 · Pathologie der Lider
9 2

5 Therapie: Allergenkarenz, kalte Umschläge, ggf. lokale Kortikoide, Eigene Notizen


ggf. systemische Antihistaminika

2.2.2 Bakterielle Infektionen

4 Hordeolum (Gerstenkorn)
5 Superinfektion und Sekretstau einer Lidranddrüse
5 Therapie: topische Antibiose, warme Umschläge, ggf. bei Persistenz
Inzision und Ausräumen
4 Abszess des Lides
5 nach einschmelzender Entzündung einer Hautdrüse, nach Trauma
etc.
5 Antibiose lokal, ggf. systemisch, ggf. Inzision
4 Phlegmone des Lides
5 ausbreitende infektiöse Entzündung des Lides
5 ! Cave Gefahr der Fortleitung über die V. angularis in den Sinus
cavernosus!
5 bei Kindern wegen des nicht voll entwickelten Septum orbitale auch
Gefahr der Ausbildung einer Orbitaphlegmone (7 Kap. 10)!
5 Therapie
J obligate systemische (i.v.) Antibiose
J lokale Antibiose
J engmaschige Überwachung
4 Blepharitis chronica
5 häufige Liderkrankung, in der Regel symmetrisch bilateral
5 oft Mischbild aus
J seborrhoischer Komponente mit Hyperämie der Lidkante, Ver-
krustung der Basis der Wimpern, Sekretstau in den Liddrüsen
J infektiöser Komponente durch Staphylokokken
J chronischer Meibom-Drüsendysfunktion
5 Augenbrennen, Symptome der begleitenden Konjunktivitis
5 Therapie: mühsam
J Lidrandhygiene: Warme Umschläge, Reinigung der Wimpern-
basis z. B. mit Babyshampoo
J Ausmassieren der Liddrüsen zur Lidkante hin
J antibiotische Eradikation der Superinfektion lokal, ggf. syste-
misch; oft Rezidive
J ggf. Tränenersatzmittel
4 Chalazion (Hagelkorn)
5 Stauung und Superinfektion einer Meibom-Drüse am Boden der
chronischen Blepharitis mit Meibomdrüsendysfunktion
5 Therapie:
J wie Blepharitis
J bei Persistenz: chirurgische Exzision der Drüse, histologische
Kontrolle
10 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege

Eigene Notizen 2.2.3 Phthiriasis palpebrarum

4 Befall mit Läusen und deren Nissen


2 4 Therapie
5 mechanische Entfernung der Läuse und der Nissen
5 Entlausung und Hygienemaßnahmen am ganzen Körper und im
Umfeld

2.2.4 Virale Infektionen

Herpes simplex
4 bläschenartige Effloreszenzen, als Primärinfektion oder Reaktivierung
möglich
4 assoziierter Bindehaut-/Hornhautbefall (7 Abschn. 3.2.12)
4 Therapie: topisch antiviral, ggf. systemisch

Herpes zoster ophthalmicus


4 Hauteffloreszenzen im Einzugsbereich des N. V1 durch Reaktivierung
des VZV-Virus um Trigeminusganglion
4 ggf. Augenbeteiligung (Hutchinson-Zeichen = Nasoziliarisbefall),
7 Abschn. 3.2.12

Molluscum contangiosum
4 humanspezifischer Pockenvirus, befällt vor allem kleine Kinder, Kontakt-
übertragung und Autoinokulation
4 Knötchen mit eingesenkter Grube, ca. 3–4 mm
4 Therapie: ggf. Exzision, Kryotherapie, Laser

2.2.5 Lidfehlstellungen

Ektropium (. Abb. 1a, Farbteil)


4 Auswärtsdrehung des Lides
5 ggf. Keratinisierung der exponierten Bindehaut (7 Abschn. 3.1.3)
5 ggf. Expositionskeratopathie (7 Abschn. 3.2.16)
5 ggf. Epiphora (Tränenlaufen) durch Auswärtsdrehen der Puncti und
chronischen Reiz
4 Ätiologie
5 involutives Ektropium durch Erschlaffung des Lidhalteapparates
J Therapie: verschiedene Strategien der Lidstraffung, z. B. laterale
Zügelplastik
5 Narbenektropium – durch mechanischen Zug
J Therapie: operative Korrektur der Narbenzüge
5 Fazialisparese
J Erschlaffung des Orbicularis, dadurch Ektropium des Unterlides,
Retraktion des Oberlides
J ! Cave Gefahr der Expositionskeratopathie!
2.2 · Pathologie der Lider
11 2

J Therapie: je nach Ursache und Dauer der Fazialisparese (spontane Eigene Notizen
Paresen können sich weitgehend zurückbilden): Stufentherapie
konservativ und chirurgisch (7 Abschn. 3.2.16)

Entropium (. Abb. 1b, Farbteil)


4 Einwärtsdrehung des Lides
5 Trichiasis, dadurch Reizung und Epiphora, Gefahr der Hornhaut-
verletzung mit weiteren Folgen
4 involutiv
5 Erschlaffung des Lidhalteapparates, aber zusätzlich Überreiten des
unteren Orbicularisanteil bewirkt ein Eindrehen des Lides
5 Therapie
J durch evertierende Naht: bei guter Lidspannung und spastischem
Orbicularis oder als Erstmaßnahme (Bedside-Prozedur mög-
lich)
J tarsusverkürzende Maßnahmen wie oben, aber zusätzlich Schwä-
chung des spastischen Orbicularis
4 Narbenentropium
5 durch Vernarbung der Bindehaut Synblepharon, z. B. Trachom, Ver-
ätzung etc.
5 Therapie: schwierig
J chirurgische Auflösung der Narbenzüge
J Transplantation von Bindehaut/Mundschleimhaut/Amnion
J chirurgisches Ausdrehen der Lidkante, ggf. Destruktion oder
Exzision der fehlstehenden Wimpern, vgl. Trichiasis

Trichiasis
4 Wimpernkratzen
4 einzelne/gruppiert fehlstehende Wimpern
5 bei einzelnen Wimpern: Elektroepilation, Kryodestruktion
5 bei Gruppen vom Wimpern: ggf. tarsokutane Verschiebeplastik
(Verschiebung der vorderen Lamelle des Lides incl. Wimpernboden
in Bezug auf die Tarsusplatte, weg vom Auge)
4 Entropium, involutiv oder narbig
5 Therapie s. oben
4 Distichiasis
5 fehlangelegte zweite Wimpernreihe
5 oft jahrelang durch die Kinder gut toleriert (Kontrollen!)
5 ggf. chirurgische Resektion der hinteren Wimpernreihe

Ptosis
4 Herabhängen des Oberlides
4 senile Ptosis
5 Desinsertion der Sehne des M. levator palpebrae vom Tarsus
5 Therapie: Reinsertion der Sehne an den Tarsus, sollte immer bilate-
ral vorgenommen werden, da bei unilateraler Korrektur der weniger
ausgeprägte, aber immer vorhandene kontralaterale Befund zum
Vorschein kommt
12 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege

Eigene Notizen 4 kongenitale Ptosis


5 durch fehlangelegten und degenerierten M. levator
5 bei Restfunktion: Resektion oder Faltung der Sehne des Levators
2 5 ohne Restfunktion: Suspension des Oberlides an den M. frontalis
oberhalb der Augenbraue z. B. mittels subkutan geführten Streifen
Fascia lata. Die Kinder lernen schnell, die Oberlidanhebung mit
Hilfe des M. frontalis auszuüben
4 neurogene Ptosis (bei Okulomotoriusparese, Horner-Syndrom, Fehlin-
nervationssyndromen)
4 andere myogene Ursachen, z. B. Myasthenie (Therapie der Grunder-
krankung!)
4 mechanische Ptosis durch mechanische Ursachen (Tumoren, Narben,
Ödem etc.)

Dermatochalasis
4 altersbedingte Erschlaffung der Haut der Ober- bzw. Unterlider
4 Therapie: Blepharoplastik (Resektion des Hautüberschusses)

Blepharochalasis
4 Erschlaffung der Haut der Lider als Folge chronisch rezidivierender
Lidödeme, auch schon in der Jugend
4 Therapie
5 ggf. Lymphdrainagen
5 Blepharoplastik (Resektion des Hautüberschusses) nach Ab-
schwellen

2.2.6 Lidtumoren

Benigne Lidtumoren
4 Xanthelasmen
5 gelbe, prominente Ablagerung von Lipiden in der Haut der medi-
alen Oberlider, auch Unterlider
5 ältere Menschen
5 bei Jüngeren ggf. Assoziation mit Fettstoffwechselstörung (abklären!)
5 ggf. Therapie:
J Lasertherapie
J Exzision
J Rezidive sind die Regel
4 Zysten/Knoten
5 Chalazion (7 Abschn. 2.2.2)
5 Epidermoidzysten; Einschlusszysten der diversen Drüsen
5 Dermoide
5 ggf. Exzision
4 Papillome
5 Plattenepithelpapillome, variables Aussehen
5 Basalzellpapillome (»senile Warzen«)
5 ggf. Exzision
2.2 · Pathologie der Lider
13 2

4 aktinische Keratose Eigene Notizen


5 lichtexpositionsabhängig
5 Präkanzerose
5 (exzisionelle oder inzisionelle) Biopsie, dann Exzision oder Kryo-
therapie
4 Keratoakanthom
5 sonnenexpositionsabhängiger, schnellwachsender Tumor, keratin-
gefüllter Krater
5 selbstlimitierend und Ausbildung von Narben
5 DD: Plattenepithelkarzinom, Basaliom
5 Therapie: Exzision, evtl. Radiotherapie, Kryotherapie
4 Hämangiome, Nävi u. a.

Maligne Lidtumoren
4 Basalzellkarzinom (Basaliom; . Abb. 2, Farbteil)
5 häufigster maligner Tumor
J älteres Lebensalter
J helle Haut, Sonnenexposition
J vor allem Unterlid, medialer Kanthus
5 langsam wachsend
J lokal-invasiv, respektiert keine Strukturen!
J z. B. lokaler Wimpernverlust
J keine Metastasierung
5 noduläres Basaliom
J ggf. zentrale Ulzeration
J histologisch recht scharf begrenzt
5 sklerodermiformes Basaliom
J wächst fingerförmig unter der Epidermis, klinisch schlecht ein-
schätzbar!
5 Therapie: Resektion unter histologischer Kontrolle, dann Über-
wachung auf Rezidive
5 ! Cave: Prädisponierte Patienten entwickeln oft im Laufe der Zeit
multiple Basaliome!
4 Plattenepithelkarzinom
5 Sonnenexposition
5 entsteht de novo oder aus Präkanzerosen Hautläsionen
5 Regionale Lymphknoten nicht selten befallen, perineurale Aus-
breitung
5 Formen
J Cornu cutaneum: Präkanzerose, oft an der Basis entartet!
J nodulär
J ulzerierend
5 Exzision, ggf. interdisziplinäre Behandlung
4 Merkelzellkarzinom
5 seltener neuroendokriner Tumor des Älteren
5 Schnellwachsend, hochmaligne, intakte Haut
5 Exzision, Radiotherapie
14 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege

Eigene Notizen 4 Talgdrüsenkarzinom


5 selten
5 manchmal schwer vom Chalazion zu unterscheiden!
2 4 malignes Melanom
5 oft auch nicht-pigmentiert!
5 Lentigo maligna = Melanoma in situ

Diagnostik und Therapie der Lidtumoren


4 chirurgische Exzision
5 exzisionelle Biopsie, sofern möglich, vor allem bei Malignitätsver-
dacht
5 inzisionelle Biopsie bei potenziell gutartigen Tumoren oder un-
klaren Befunden möglich
5 Vorgehen u. U. mehrzeitig – kein Wundverschluss, bis die histolo-
gische Kontrolle der Wundränder abgeschlossen ist
4 Lidrekonstruktion
5 verschiedene Verfahren, bei bis zu 30% Liddefekt primärer Ver-
schluss oft möglich
5 Tarsusrekonstruktion erfolgt oft separat von der Hautrekonstruk-
tion
5 freie Transplantationen (Tarsus, Haut) sind im Lidbereich mit gutem
Erfolg durchführbar
4 Radiotherapie/Kryotherapie
5 gelegentlich bei Inoperabilität oder Operationsablehnung möglich

2.3 Erkrankungen der ableitenden Tränenwege

4 Leitsymptom: Epiphora (Tränenträufeln)


4 Lidfehlstellung und funktionelle Störung der Tränenpumpe aus-
schließen
4 anterograde Tränenwegssondierung nach Bougierung der Puncti, sowie
Spülung ist wegweisend
4 ggf. Farbstoffabflusstest

2.3.1 Mangelnde Spontaneröffnung


der Hasner-Klappe

4 membranöser Verschluss des Ductus nasolacrimalis am Übergang zur


Nase
4 Epiphora im Kleinkindesalter
4 Sondierung und Spülung (ggf. in Kurznarkose) eröffnet die Klappe,
sofern Spontaneröffnung in angemessener Zeit (12–18 Monate) nicht
eingetreten ist
2.3 · Erkrankungen der ableitenden Tränenwege
15 2
2.3.2 Punctumstenosen/Okklusion Eigene Notizen

4 kongenital
4 erworben, z. B. nach vernarbenden Bindehauterkrankungen
4 Therapie: chirurgische Eröffnung

2.3.3 Kanalikuläre Stenosen

4 meist nach Virusinfekten oder posttraumatisch


4 Therapie
5 Sondierung, Spülung
5 ggf. Tränenwegsendoskopie mit Aufbougieren oder Laserung der
Stenose
5 anschließend Schienung der Kanalikuli mittels Silikonstent für
mehrere Monate (Rezidivprophylaxe)

2.3.4 Stenosen/Verschluss des Ductus nasolacrimalis

4 Epiphora
4 oft Ursache für rezidivierende Dakryozystitis
4 Therapie
5 Dakryozystorhinostomie (Schaffung einer künstlichen knöchernen
Öffnung vom Saccus lacrimalis in die Nase
J transkutan (nach Toti)
J endoskopisch
J endonasal
5 dabei Schienung der Tränenwege und der neuen Knochenöffnung
für mehrere Monate mit einem Silikonstent

2.3.5 Dakroyzystitis

4 Risikofaktor: Abflussstenose
4 Infektion des Tränensackes mit eitrigem Hydrops
4 bei akutem Verlauf schmerzhaft
5 systemische Antibiose
5 Spülversuche über die Tränenwege bleibt oft erfolglos, können den
Zustand auch verschlechtern
5 ggf. spontane Eröffnung transkutan, oder transkutane Inzision zur
Eröffnung
4 chronische Dakryozystitis
5 Hydrops des Tränensackes mit Prominenz
5 Ursache für Rezidive
4 Therapie: Dakroyzystorhinostomie nach Abklingen der akuten Ent-
zündung
16 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege

Eigene Notizen 2.3.6 Dakroylithiasis

4 Dakryolithen (Tränenwegssteine) können überall im Tränensystem


2 entstehen
4 Abflussstörung mit Risiko der Superinfektion
4 chirurgische Entfernung, meist kombiniert mit Dakryozystorhinos-
tomie

2.3.7 Verletzungen der Lider und Tränenwege

7 Kap. 12
3

Tag 1 – Augenheilkunde

3 Bindehaut und Hornhaut


M. Hermel

3.1 Bindehaut – 18
3.1.1 Anatomie – 18
3.1.2 Funktion – 18
3.1.3 Generelle Reaktionsweisen und Pathologien – 18
3.1.4 Diagnostik der Bindehaut – 19
3.1.5 Konjunktivitis (Bindehautentzündung) – 19
3.1.6 Vernarbende Schleimhauterkrankungen – 22
3.1.7 Tränenfilm des Auges – 22
3.1.8 Keratoconjunctivitis sicca (»trockenes Auge«) – 23
3.1.9 Degenerationen der Bindehaut – 24
3.1.10 Tumoren der Bindehaut – 24

3.2 Hornhaut – 25
3.2.1 Anatomie – 25
3.2.2 Funktion und besondere Eigenschaften – 25
3.2.3 Diagnostik – 26
3.2.4 Kongenitale Hornhautveränderungen – 26
3.2.5 Keratektasien – 26
3.2.6 Hornhautdegenerationen – 27
3.2.7 Hornhautdystrophien – 28
3.2.8 Bakterielle Keratitis/Ulkus – 28
3.2.9 Fungale Keratitis/Ulkus – 29
3.2.10 Therapie der infektiösen Keratitis – 29
3.2.11 Akanthamöben-Keratitis – 30
3.2.12 Viruskeratitis – 31
3.2.13 Hypersensitivitätsbedingte Marginalkeratitis – 32
3.2.14 Periphere ulzerierende Hornhauterkrankungen – 32
3.2.15 Neurotrophische Keratitis – 33
3.2.16 Expositionskeratopathie – 34

3.3 Verätzungen und Trauma der Hornhaut und Bindehaut – 34

3.4 Hornhautchirurgische Verfahren – 34


3.4.1 Refraktive Hornhautchirurgie – 34
3.4.2 Keratoplastik (Hornhauttransplantation) – 35

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_3, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
18 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 3.1 Bindehaut


3.1.1 Anatomie

4 Schleimhaut
3 4 bedeckt Lidinnenseite und Auge (außer Hornhaut), Umschlagsfalten in
den Fornices der Lider
4 nicht-verhornendes Plattenepithel mit Becherzellen
4 Immunzellen

3.1.2 Funktion

4 Beitrag zur Tränenfilmproduktion


4 Schutz des Auges
4 Immunorgan (Teil des Mukosa-assoziierten lymphatischen Systems)

3.1.3 Generelle Reaktionsweisen und Pathologien

4 Hyperämie = Injektion
5 oberflächlich bei oberflächlicher Irritation oder Entzündung
5 tief limbusbetont bei intraokularem Reiz
4 Chemosis (Ödem)
5 glasige Schwellung
5 subtarsal als Papillen (klein, samtartig, Zentralgefäß)
5 Riesenpapillen bei Zerstörung der bindegewebigen Septen durch
chronischen Reiz
4 Follikel
5 lymphatische Zellansammlungen, fornixbetont
5 größer als Papillen, Randgefäße
4 Hyposphagma = Einblutung
5 (Bagatell-)Trauma, Blutdruck, Gerinnungsstörung abklären, Alter
5 i. d. R. kein Behandlungsbedarf
4 Pseudomembran = fibrinöse Auflagerung, blutet nicht beim Abziehen
4 Membran = Fibrinnetz verwachsen mit Schleimhaut
5 blutet beim Abziehen
5 z. B. bei Diphtherie
4 Metaplasie, meist in verhornendes Epithel (Keratinisierung), durch
chronische Exposition
4 Vernarbung
5 bis hin zum Synblepharon (Lidverwachsung)
5 u. U. Trichiasis durch Einwärtsdrehen des Lides, dadurch Erblin-
dungsgefahr
4 Degenerationen: Kalkinfarkte, Zysten etc.
3.1 · Bindehaut
19 3
3.1.4 Diagnostik der Bindehaut Eigene Notizen

4 Spaltlampenuntersuchung
5 ggf. subtarsale Inspektion unter Ektropionieren, am Oberlid ggf.
»doppeltes Ektropionieren«
4 je nach Situation:
5 Abstriche des Sekrets
5 Tränenfilmdiagnostik (7 Abschn. 3.1.7)
5 Färbung (Bengalrosa, Fluoreszein) zur Visualisierung von Epithel-
läsionen
5 Dokumentation von Veränderungen, z. B. mittels Photographie,
Messung der Fornixtiefen etc.
5 Impressionszytologie
5 Biopsie der Bindehaut

3.1.5 Konjunktivitis (Bindehautentzündung)

Virale Konjunktivitis
4 Keratoconjunktivitis epidemica (. Abb. 5a, Farbteil)
5 Beginn meist einseitig
5 Adenovirus (meist 8 und 19)
5 meist präaurikuläre Lymphknotenschwellung
5 hochinfektiös
J !Cave: Arztpraxen, Notaufnahme, Ambulanz!
J Desinfektionsmaßnahmen
J Hygienemaßnahmen im häuslichen Umfeld
5 Therapie: konservativ
5 evtl. Narben der Hornhaut mit Visusminderung, Therapie ggf. mit
topischem Ciclosporin A
4 pharyngokonjunktivales Fieber
5 Adenovirus 3 + 7
5 Kinder mit Pharyngitis und Lymphadenopathie
5 Therapie: konservativ/Kinderarzt, Dauer 7–14 Tage
4 akute hämorrhagische Konjunktivitis
5 Picornavirus
5 hochinfektiös
4 herpetische Konjunktivitis (7 Abschn. 3.2.12)

Bakterielle Konjunktivitis (. Abb. 3, Farbteil)


4 eitriges Sekret, Lider morgens verklebt
4 häufigste Erreger:
5 Staphylokokken
5 Streptokokken
5 Pneumokokken
4 Diagnostik: Abstrich
4 Therapie: lokale antibiotische Therapie
20 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen Konjunktivitiden durch Chlamydien


4 Trachom
5 Chlamydia trachomatis, Serotypen A, B, Ba, C
5 häufigste infektiöse Erblindungsursache, über 3% der Erblindungen
weltweit
3 5 Stadien:
J I: Konjunktivitis mit papillärer Hypertrophie
J II: follikuläre Konjunktivitis
J III: Vernarbung
J IV: Narbenzustand
5 Klinik
J Synblepharon
J Lidfehlstellung, Trichiasis
J Xerosis (Maximalform des »trockenen Auges«)
J Folge: Vernarbung und Zerstörung der Hornhautoberfläche mit
Visusverlust
5 Therapie
J systemische und lokale Antibiose
J Chirurgie der Komplikationen
J Prophylaxe und Eindämmung (Gesichts und Handhygiene, um-
gebungshygienische Maßnahmen)
4 »Schwimmbadkonjunktivitis«
5 »Paratrachom«
5 Chlamydia trachomatis, Serotypen D–K
5 Übertragung
J Sexualkontakt
J auch direkte Bindehautinokulation
J Schwimmbadbesuch nur noch ausnahmsweise
5 akute Entzündung
J Follikel
J wässriges bis purulentes Sekret
J präaurikuläre Lymphadenopathie
5 recht häufig chronifiziert
J unspezifische Beschwerden
J »trockenes Auge«
5 Diagnostik
J Spezialabstrich (mit Epithel) für direkte Immunofluoreszenz
J PCR
5 Therapie
5 Urogenitalbeteiligung abklären lassen
5 evtl. Partnerbehandlung
5 systemische und lokale Antibiose

Ophthalmia neonatorum
4 perinatale Infektion
3.1 · Bindehaut
21 3
Ätiologie Eigene Notizen
4 Neisseria gonorrhoae
5 gefährliche Verläufe, kann intaktes Epithel penetrieren!
5 in den Industrieländern nur noch selten
4 Chlamydia trachomatis
4 andere Bakterien und Viren

Klinik
4 wässriges, dann mukopurulentes Sekret
4 papilläre Konjunktivitis
4 evtl. Blepharopasmus (! Cave: u. U. herausspritzen des Sekretes bei
forcierter Lidöffnung!)
4 bei Gonokokken evtl. Hornhautulkus bis zur Perforation, Vernarbungen
im Spätverlauf

Therapie
4 lokale und systemische Antibiose, je nach Erreger

Prophylaxe
4 früher: Credé-Prophylaxe mit Silbernitrat-Augentropfen direkt nach
Entbindung
4 heute in den Industrieländern: oft gar keine Prophylaxe, evtl. Desinfek-
tion der Bindehaut mit Polyvidon-Iod bzw. lokale Antibiose

Hypersensitivitätskonjunktivitis
4 allergische Konjunktivitis
5 Symptome: Juckreiz (Leitsymptom), Hyperämie, Chemosis
5 follikuläre Schwellung
5 oft saisonal
5 Therapie
J lokal Mastzellstabilisatoren bzw. Antihistaminika (H1)
J evtl. systemische Antihistaminika (H1)
J evtl. lokale Kortikoisteroide unter engmaschiger Kontrolle
4 Konjunktivitis vernalis und atopische Keratokonjunktivitis
5 Ätiologie: Atopie (Typ I)/unbekannt
J Eosinophilie
J Riesenpapillen (DD Kontaktlinsenbedingt)
J bei Atopikern evtl. chronisch schwerere Verläufe mit Vernarbung,
Keratinisierung und Hornhautbeteiligung
5 Therapie
J wenn möglich, Antigenkarenz
J antientzündlich wie oben, aber evtl. sowohl aggressiver als auch
dauerhafter
J Komplikationen behandeln
4 mikrobiell-allergische Keratokonjunktivitis
5 Ätiologie
J Hypersensitivität bei chronisch-entzündlichem Fokus (meist
Staphylokokken-Blepharitis)
22 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen J wenig Befund, starke Beschwerden


J Papillen/Follikel
J marginale Hornhautulzera/Infiltrate
J Phlyktänen
J (z. B. Tuberkulose, Akne, Rosacea)
3 5 Therapie
J Ursache/Infektion beseitigen
J Phlyktäne: evtl. lokale Kortikosteroide

3.1.6 Vernarbende Schleimhauterkrankungen

4 okuläres Pemphogoid: seltene mukokutane autoimmunerkrankung des


älteren Menschen
4 Stevens-Johnson-Syndrom und toxische epidermale Nekrolyse (Lyell-
Syndrom): toxische mukokutane systemische Entzündung
4 weitere Systemerkrankungen mit Hautbeteiligung können mit vernar-
bender Konjunktivitis einhergehen
Klinik
4 schwere Bindehautentzündung mit starker Vernarbungstendenz
4 Keratinisierung und Synblepharonbildung
4 schweres trockenes Auge (7 Abschn. 3.1.7)
4 Lidfehlstellungen und Trichiasis
4 Komplikationen bis zur Erblindung
Diagnostik
4 Dokumentation
4 Fornixvermessung zur Progressionsbeurteilung bei chronischen Ver-
läufen
4 ggf. Diagnosesicherung mittels Bindehautbiopsie mit dermatohistopa-
thologischer Untersuchung
Therapie
4 systemische Therapie der Grunderkrankung
4 Behandlung der Sicca (7 Abschn. 3.1.8)
4 Behandlung der entzündlichen Komponente
4 ggf. wiederholtes Lösen von Bindehaut-Adhäsionen
4 Prophylaxe und Therapie evtl. Superinfektionen (lokale Antibiose)
4 Therapie der Komplikationen (Synblepharon, Lidfehlstellung, Trichia-
sis, Hornhautulzera, Perforation)

3.1.7 Tränenfilm des Auges

4 Anatomie des Tränenfilms: 3 Schichten:


5 Lipidschicht (Meibom-, Zeis-Drüsen)
5 wässrige Schicht (Lysozym, Tränendrüsen)
5 Muzinschicht (Hydrophil, Becherzellen, Henle- und Mainz-Drüsen)
3.1 · Bindehaut
23 3

4 Diagnostik Eigene Notizen


5 Menge des Tränenfilms (Schirmer-/Jones-Test)
5 Struktur des Tränenfilms
J Färbung (Bengalrosa, Fluoreszein)
J »break-up time«
5 evtl. Lysozymmessung, Impressionszytologie, Biopsie der Binde-
haut
4 weitere Faktoren für die Benetzung
5 Blinzelfrequenz
5 Lidapposition
5 normale Bindehaut- und Hornhautoberfläche
5 hormonelle und neurale Regulation
5 Umweltfaktoren (Klimaanlage)

3.1.8 Keratoconjunktivitis sicca (»trockenes Auge«)

Ätiologie
4 unzureichende Menge oder Zusammensetzung der Tränen mit Instabi-
lität des Tränenfilms, Benetzungsstörung und entzündlicher Beteiligung
der Augenoberfläche
4 sekretionsbedingt
5 primäre altersbedingte Hyposekretion
5 Sjögren-Syndrom
J autoimmune Systemerkrankung
J entzündliche Infiltration von exokrinen Drüsen und mukösen
Membranen
J primär oder bei Kollagenosen
J Tränengewebsdestruktion
5 anderweitige Destruktion der Tränendrüsen
5 Narben mit Verschluss der Drüsenausführungsgänge und Zer-
störung der Becherzellen (Xerosis = schweres trockenes Auge durch
Vernarbung und Keratinisierung der Bindehaut)
J Stevens-Johnson-Syndrom, okuläres Pemphigoid
J Trachom Endstadium, Verätzung, Trauma
5 neurogen (Parkinson, Sensibilitätsstörungen der Oberfläche)
5 hormonelle Umstellungen
5 Vitamin-A-Mangel (Xerophthalmie)
4 evaporativ
5 Meibom-Drüsendysfunktion/-Schädigung, z. B. durch Entzün-
dungen
5 Lidfehlstellungen, Exophthalmus
5 Kontaktlinsen, Umweltfaktoren

Klinik
4 Trockenheitsgefühl. Fremdkörpergefühl, Augenbrennen
4 verschlechtert im Tagesverlauf/beim Autofahren/bei konzentrierter
Arbeit
24 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 4 typischer Kreislauf: Reizung → vermehrtes Tränenlaufen → Auswaschen


des Tränenfilms durch wässrige Sekretion → mehr Evaporation → mehr
Reizung etc.
4 Hornhautbefunde:
5 Keratitis punctata superficialis
3 5 muköse Plaques
5 später Keratitis filiformis
4 Komplikationen: Neovaskularisation, Hornhauterosio, Hornhautulkus
mit Folgen bis zur Erblindung möglich
Therapie
4 Noxen entfernen (toxische Medikation, Kontaktlinsenkarenz, Um-
weltreize)
4 benetzende Augentropfen, am besten unkonserviert
4 Behandlung der Grunderkrankung
4 Korrektur von prädisponierenden Faktoren (z. B. entzündliche Kompo-
nente, Lidfehlstellungen etc.)
4 Verschluss der Tränenpünktchen

3.1.9 Degenerationen der Bindehaut

4 Pingueculum = Lidspaltenfleck, harmlos


4 Pterygium = Flügelfell
5 progrediente Überwucherung der Hornhaut durch die Bindehaut,
fast immer von nasal ausgehend, bei Fortschreiten Richtung Zen-
trum Visusminderung
5 Therapie: Benetzende Augentropfen, UV-Schutz. Bei signifikantem
Ausmaß operative Entfernung ( ! Cave Rezidive!). Erfolgsaus-
sichten besser bei freier Bindehauttransplantation, Verwendung von
Antimetaboliten oder bei autologer Limbustransplantation
4 Bindehautkalkinfarkte
5 Entfernung bei Fremdkörpergefühl
4 Bindehautzysten
5 häufig, meist harmlos. Bei Punktion oft Rezidive, ggf. vollständige
Exzision

3.1.10 Tumoren der Bindehaut

4 Beobachten auf Veränderungen


4 malignes Potenzial klinisch meist nicht zu entscheiden!
4 im Zweifel: Exzision (oder Biopsie, je nach Fall)

Epitheliale Tumoren
4 Plattenepithelpapillome
5 Genese viral (Papovavirus), neoplastisch oder UV-bedingt
5 breitbasig, gestielt, evtl. eingezogen
5 Entartung selten, oft Rezidive
3.2 · Hornhaut
25 3

4 Carcinoma in situ Eigene Notizen


4 Karzinome
Melanozytäre Tumoren
4 Nävi
5 häufigster Tumor der Bindehaut
4 episklerale Melanose
5 epitheliale Melanose, bei dunklen Rassen häufiger
5 kongenitale Melanose
5 primäre erworbene Melanose (PAM)
J ohne Atypie: Entartung selten
J mit Atypie: Entartung, je nach Atypie, 20–90%
J > Memo Wegen der diffusen Verteilung müssen zur Diagnostik
mindestens 10 Biopsien entnommen werden.
4 malignes Melanon (. Abb. 4, Farbteil)
5 75% aus PAM
5 20–30% aus Nävus
5 de novo
Andere Tumoren
4 vaskulär
5 Hämangiom
5 selten Lymphangiom
4 Dermoide
4 DD Fettprolaps aus der Orbita

3.2 Hornhaut

3.2.1 Anatomie

4 Epithel: nichtverhornend, mehrschichtig


4 Stroma (mit vorderer Bowman-Lamelle)
4 Descemet-Membran
4 Endothel (einschichtig, hexagonale Struktur)
4 Rand der Hornhaut = Limbus = Übergang zur Sklera

3.2.2 Funktion und besondere Eigenschaften

4 Epithel
5 Oberflächenschutz
5 Regeneration vom Limbus aus, dort limbale epitheliale Stammzellen
ansässig
4 Stroma
5 Brechkraft (ca. 43 dpt)
5 Klarheit durch regelmäßige Struktur der Fasern
5 Zellarmut
5 Traumaresistenz
26 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 4 Endothel


5 Dehydratation der Hornhaut durch aktive Pumpfunktion, dadurch
Erhalt der regelmäßigen Struktur der Fasern, dadurch Klarheit. Bei
Endothelversagen kommt es zur Stromaquellung mit Trübung, spä-
ter auch zur Ablösung des Epithels (bullöse Keratopathie)
3 5 beim Menschen keine Regeneration, Defektheilung erfolgt durch
Ausbreitung bestehender Zellen
4 immunologisches Privileg der Hornhaut
5 Abwesenheit von Vaskularisation
5 Abwesenheit von reifen Immunzellen
5 immunsuppressive Faktoren
5 vorderkammerassoziierte Immundeviation = Mechanismus zur In-
duktion von Immuntoleranz

3.2.3 Diagnostik

4 Spaltlampenmikroskopie/regredientes Licht
4 Färbung (Bengalrosa, Fluoreszein) zur Visualisierung von Epithel-
läsionen
4 Keratometrie (Hornhautradienmessung)
4 Hornhauttopographie
4 Pachymetrie (Dickenmessungen)
4 optische Kohärenztomographie (OCT)
4 konfokale In-vivo-Mikroskopie

3.2.4 Kongenitale Hornhautveränderungen

4 Megalokornea, Mikrokornea, Cornea plana, Sklerokornea, Keratek-


tasie
5 selten
5 ggf. systemische Assoziationen
4 kongenitale Hornhauttrübungen (z. B. nach intrauterinen Infekten)

3.2.5 Keratektasien

4 Keratokonus
5 Klinik
J progrediente Ausdünnung des Stromas im Zentrum bzw. para-
zentral unten
J progressive Myopie mit zunehmendem Astigmatismus
J ggf. plötzliche zentrale Dekompensation durch Deszemeteinriss
und Wassereinstrom mit Eintrübung
5 Beginn in der Pubertät
5 auch systemische Assoziationen (z. B. Down-, Marfan-, Turner-
Syndrom etc.)
3.2 · Hornhaut
27 3

5 Therapie Eigene Notizen


J Brille
J formstabile Kontaktlinsen
J Riboflavin-UVA-Crosslinking: photochemisches Verbacken der
Korneafibrillen zum Aufhalten der Progression ( ! Cave Nur bei
ausreichender Dicke der Hornhaut, sonst Endothelschaden!)
J evtl. intrakorneale Implantation von Ringsegmenten (bewirkt ge-
wisse Abflachung)
J Keratoplastik (Hornhauttransplantation, lamellierend oder pene-
trierend
4 pelluzide marginale Degeneration
5 progressive bilaterale periphere Hornhautausdünnung, vor allem
unten, meist asymmetrisch, zunehmender Astigmatismus, beginn
ab 50
5 Therapie
J Brille
J formstabile Kontaktlinsen
J ggf. operative Optionen (Keratoplastik, intrastromale Ringe etc.)
4 Keratoglobus
5 selten
5 Hornhautausdünnung generell seit Geburt
5 Therapie mit Kontaktlinsen

3.2.6 Hornhautdegenerationen

4 altersabhängig, z. B. Arcus senilis (Gerontoxon = Greisenbogen)


5 oft bei Älteren
5 bei Jüngeren: Dyslipoproteinämie abklären
4 expositionsabhängig, z. B. Bandkeratopathie
5 Verkalkung der vorderen Hornhautschichten
5 Ätiologie:
J Uveitis
J phosphathaltige Augentropfen
J Alter
J Metabolisch
J hereditär
5 Therapie: Auslösung mit EDTA
4 Terriensche marginale Degeneration
J periphere nichtentzündliche Ausdünnung der Hornhaut, lang-
sam fortschreitend
J später mit Vaskularisation
J selten Perforation
4 medikamentöse Ablagerungen
5 z. B. Cornea verticillata bei Therapie mit Amiodaron (Cordarex) –
an sich kein Grund zum Absetzen der Therapie
5 z. B. Eisenpigmentlinie (Stähli) unterhalb des Zentrums – kein
Krankheitswert
28 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 4 metabolische Keratopathien


5 z. B. Kayser-Fleischer-Kornealring bei M. Wilson
5 Hornhautablagerungen bei Zystinose, M. Fabry, Mukopolysachha-
ridosen etc.

3 3.2.7 Hornhautdystrophien

4 Gruppe von Erkrankungen


4 progressiv, meist bilateral, meist genetisch, nichtentzündlich, ein-
trübend
4 Einteilung in epitheliale, stromale und endotheliale Formen, nach
morphologischen Kriterien, neuerdings Neueinteilung nach gene-
tischen Untersuchungen
4 Beispiel für häufige epitheliale Dystrophie
5 mikrozystische Degeneration Cogan (Map-Dot-Fingerprint-
Syndrom, genannt nach vielfältiger Morphologie)
5 Folge: redizivierende Erosiones
5 Therapie: benetzende Augentropfen, Verbandslinsen, Abrasio oder
phototherapeutische Keratektomie
4 Beispiel für häufige endotheliale Dystrophie:
5 Fuchssche Endotheldystrophie (Cornea guttata)
5 Aspekt wie gehämmertes Metall, später Wassereinstrom durch De-
kompensation der Endothelpumpfunktion, Folgen: Trübung, Epi-
thelödem, Schmerz
5 Dekompensation nach Kataraktextraktion durch Endothelschaden
möglich
5 Therapie: Keratoplastik (endothelial oder penetrierend) (7 Ab-
schn. 3.5)

3.2.8 Bakterielle Keratitis/Ulkus

Ätiologie
4 Kontaktlinsen!
4 Trauma/operative Eingriffe
4 Oberflächenerkrankung der Hornhaut
4 systemisch (Diabetes, Immunsuppression etc.)
4 Problemkeime
5 Pseudomonas und Streptokokken – oft aggressiv
5 Akanthamöben (7 Abschn. 3.2.11)
5 Ausnahmekeime (penetrieren intaktes Epithel!):
J Neisseria gonorrhoeae
J Neisseria meningitidis
J Corynebacterium diphtheriae
J Haemophilus influenzae
3.2 · Hornhaut
29 3
Klinik Eigene Notizen
4 Schmerzen, Bindehautrötung, ziliare Injektion, ggf. eitriges Sekret der
Bindehaut
4 weißliches Infiltrat der Hornhaut
4 Ringinfiltrat hinweisend auf Pseudomonas oder Akanthamöben
4 evtl. Beteiligung der Vorderkammer
5 Endothelbeschläge
5 Zellreiz
5 Hypopyon
5 Reizmiosis
5 Endophthalmitis durch Durchwanderung möglich
4 bei Substanzdefekt des Stromas: Ulkus
4 ! Cave Aufklaren des Infiltratzentrums im Verlauf kann eine drohende
Perforation anzeigen (Deszemetozele)!
4 Progression bis zur Perforation/Endophthalmitis möglich
4 auch bei Abheilung oft Hornhautnarben mit signifikanter Visusein-
schränkung!

3.2.9 Fungale Keratitis/Ulkus

4 in Zentraleuropa deutlich seltener als bakterielle Infektionen


4 bis zu 50% der Erblindungen in feuchtwarmen Regionen!

Ätiologie
4 wie bakterielle Keratitis
4 zusätzlich: Verletzung mit pflanzlichem Material

Klinik
4 Candida spp.
5 dichtes, gelb-weißes Infiltrat
5 überwiegen in milderen Regionen
4 Aspergillus spp. etc.
5 progressive fädige Infiltrate, Satellitenherde
5 Überwiegen in tropischen Regionen

Diagnostik
4 Spaltlampenmikroskopie
4 Abstriche, ggf. auch Direktpräparat der Hornhaut (Abkratzpräparat)
4 > Memo Kontaktlinsen und Behälter nicht wegwerfen, sondern zur
Mikrobiologie einschicken!

3.2.10 Therapie der infektiösen Keratitis

4 Auswahl der Initialtherapie erfolgt nach der Anamnese und dem kli-
nischen Bild
4 aggressive antibiotische Intensivbehandlung (stündlich) mit mehreren
lokalen Antibiotika/Antimykotika und sehr hoher Tropffrequenz
30 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 4 ggf. Epithelabrasio, um die Penetration von Wirkstoffen zu verbessern


4 ggf. systemische antibiotische bzw. antimykotische Therapie
4 Anpassung der Therapie nach mikrobiologischer Diagnostik und kli-
nischem Effekt
4 bei nicht beherrschbarer Infektion oder Perforation ggf. Notfalltrans-
plantation (Keratoplastik à chaud)
3 4 Therapie der Spätkomplikationen im Intervall, z. B.
5 formstabile Kontaktlinsen bei irregulärem Astigmatismus (nach
ausreichender Latenz!)
5 ggf. Keratoplastik bei visuseinschränkenden Narben
5 ggf. Kataraktextraktion bei postentzündlicher Katarakt

3.2.11 Akanthamöben-Keratitis

Ätiologie
4 Acanthamoeba spp. ubiquitär vorkommende Protozoen
5 Erde, stehende Gewässer
5 Zysten sind hochresistent, Tropozoiten aggressiv
4 weiche Kontaktlinsen (Reinigung mit Leitungswasser!)

Klinik
4 nichteitrige Keratitis
4 initial unspezifische epitheliale Läsionen, ähnlich wie Dendritika (7 Ab-
schn. 3.2.12)
4 limbale Infiltrate, Progression zum Ringinfiltrat, dann Ringabszess
4 ggf. Skleritis
4 Einschmelzung möglich
4 starke Schmerzen

Diagnostik
4 mikrobiologiche Untersuchungen (Kontaktlinsen, -behälter/-flüssig-
keit, Abstrich)
4 Kultur (E. coli »Fresszellenassay« oder Suspensionskultur)
4 PCR
4 direkte Mikroskopie (Hornhautbiopsat)
4 Konfokale In-vivo-Mikroskopie der Hornhaut

Therapie
4 schwierig und langwierig
4 Epithelabrasio
4 topische Amöbizide
5 Propamidin 0,1% (Brolene = Schwimmbadreiniger) + Polyhexam-
ethylen Biguanid 0,02%
5 Hexamidin + Chlorhexidin 0,02%
5 initial viertelstündlich, dann über Monate ausschleichend
4 begleitend antibiotische Lokaltherapie
4 Schmerzkontrolle
4 ggf. Keratoplastik im Spätverlauf, gelegentlich auch à chaud
3.2 · Hornhaut
31 3

> Memo: »Monatslinsen« bedürfen der gleichen Aufmerksamkeit und Hy- Eigene Notizen
giene wie Dauertragelinsen. Gerade bei diesen Linsen werden Hygienemaß-
nahmen vernachlässigt, oft mit fatalen Folgen. Auch die Kontaktlinsenbe-
hälter und deren Deckel müssen mit desinfiziert und regelmäßig ausge-
tauscht werden.

3.2.12 Viruskeratitis

Herpes simplex
Klinik
4 Primärinfektion meist im Kindesalter
5 Blepharitis
5 unspezifische (Kerato-)Konjunktivitis
4 Reaktivierung
5 bäumchenartige Dendritika-Figur des Epithels
5 Sensibilitätstörung
4 disziforme Keratitis (. Abb. 5b, Farbteil)
5 Befall von Keratozyten oder Endothelium bzw. Immunreaktion
5 evtl. Deszemetfalten/Ödem bei Endothelitis
5 Sensibilitätsstörung
5 selten stromale Nekrose
5 Narbenbildung
5 später evtl. Metaherpetische Ulzeration (durch Denervierung und
Epitheltoxitizät)

Diagnostik
4 Sensibilitätsstörung der Hornhaut
4 Virusnachweis ggf. durch Spezialkultur oder PCR aus Biopsat/intra-
okularer Flüssigkeit möglich

Therapie
4 lokal antiviral
4 lokale Antibiotikaprophylaxe bei Epithelläsion
4 bei disziformem Befall im Zentrum zusätzlich Kortikosteroid
4 ggf. systemisch Aciclovir/Valaciclovir
4 langsames Ausschleichen der Therapie
4 bei Nekrose/Ulkus: Reepithelisierungsmaßnahmen
4 Rezidivprophylaxe evtl. mit systemischem Aciclovir/Valaciclovir
4 ggf. Keratoplastik
4 ! Cave Deutlich erhöhtes Risiko von Abstoßungsreaktionen und Re-
zidiv im Transplantat!

Herpes Zoster
Klinik
4 direkte Invasion: Konjunktivitis/epitheliale Keratitis
4 sekundäre Entzündung: Keratitis, Episkleritis, Skleritis, Uveitis
4 Reaktivierung, Zoster ophthalmicus (7 Kap. 2)
32 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 5 ggf. neurotrophische Keratitis


5 ggf. intraokulare Beteiligung, Druckanstieg durch Trabekulitis
5 Folgen: Hornhautnarben, neurologische Probleme

Diagnostik
3 4 klassischer segmentaler Hautbefall bei Zoster
4 Sensibilitätsstörung der Hornhaut
4 Hutchinson-Zeichen (Nasoziliarisbefall der Hautläsionen) hinweisend
auf Augenbefall

Therapie
4 lokal antiviral und systemisch antiviral
4 Schmerztherapie
4 Behandlung der Komplikationen (Drucksenkung, antientzündlich
etc.)

Masern- und Rubella-Keratitis


4 wichtige Erblindungsursache in den Entwicklungsländern

3.2.13 Hypersensitivitätsbedingte Marginalkeratitis

7 Abschn. 3.1.5

3.2.14 Periphere ulzerierende Hornhauterkrankungen

Rosazea-Keratitis
Klinik
4 assoziiert mit Acne rosazea
4 Konjunktivitis, evtl. Vernarbend
4 peripher betonte Keratitis bis hin zur Einschmelzung

Therapie
4 Blepharitisbehandlung mit lokaler Antibiose/Fusidinäure, ggf. lokale
Kortikoide
4 systemisch Doxycyclin oder Tetracyclin
4 ggf. Immunsuppression

Ulkus Mooren
Klinik
4 idiopathische Hornhauteinschmelzung von peripher aus, »unterwan-
derter« Rand, vor allem oben
4 Neovaskularisation und Abheilen des Ulkus mit bleibender Ausdün-
nung
4 Perforation möglich
3.2 · Hornhaut
33 3
Therapie Eigene Notizen
4 kaum kausale Therapie möglich
4 lokale Kortikoide oder Ciclosporin A
4 Tränenersatz
4 Kollagenasehemmung (Azetylzystein)
4 systemische Immunsuppression (auch wenn meist frustran)
4 evtl. Bindehautresektion limbal
4 Chirurgie der Komplikationen (periphere lamelläre Keratoplastik)

Periphere ulzerative Keratitis


Klinik
4 assoziiert mit systemischen Autoimmunerkrankungen (v. a. M. We-
gener und rheumatoide Arthritis) – potenziell lebensgefährlich
4 auch Beteiligung des Limbus/Sklera
4 Perforationsgefahr

Therapie
4 systemische hochdosierte Immunsuppression im Rahmen der Behand-
lung der Grunderkrankung, in Kooperation mit Rheumatologen
4 lokale Kortikoide oder Ciclosporin A
4 evtl. Tränenersatz, Kollagenasehemmung
4 Chirurgie der Komplikationen (Notfallkeratoplastik bei Perforation,
evtl. später elektive Keratoplastik)

3.2.15 Neurotrophische Keratitis

Ätiologie
4 Denervierung der Hornhaut durch
5 Systemerkrankung (Diabetes, Lepra)
5 Herpesinfektion
5 toxische Medikation

Klinik
4 schmerzlose Keratitis/Ulkus
4 Sensibilitätsstörung

Therapie
4 supportiv
4 Benetzung/Schutz/Verbandslinsen/Amnionmembrandeckung/Ble-
pharorhhaphie
4 evtl. Behandlung von Komplikationen
34 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut

Eigene Notizen 3.2.16 Expositionskeratopathie

Ätiologie und Klinik


4 Lidschlussdefekt
5 Fazialisparese
3 5 Muskeltonusverminderung
5 Mechanisch (z. B. Narben)
5 Bulbusverlagerung/Exophthalmus
5 besonders gefährlich, wenn Bell-Phänomen (Wegdrehen des Bulbus
bei Lidschlussversuch) schwach oder nicht vorhanden
4 durch Austrocknung der Hornhaut
5 Symptome des »trockenen Auges«
5 nicht abheilende Erosio/Hornhautulkus

Diagnostik
4 Lidspaltenmessung, Lidschlussprüfung
4 Bell-Phänomen prüfen
4 Tränenfilmdiagnostik

Therapie
4 regelmäßige Kontrollen
4 Behandlung der Grunderkrankung
4 intensive Benetzung, bei Epitheldefekt lokale Antibiothikaprophylaxe
4 Schutz (Uhrglasverband)
4 evtl. chirurgische Verkleinerung der Lidspalte, Verminderung des Lid-
schlussdefektes und der Evaporationsfläche (z. B. Blepharorrhaphie,
laterale Zügelplastik, Unterlidsuspension an das Oberlid)

3.3 Verätzungen und Trauma der Hornhaut


und Bindehaut

7 Kap. 12

3.4 Hornhautchirurgische Verfahren

3.4.1 Refraktive Hornhautchirurgie

4 Prinzip
5 Veränderung der Hornhautbrechkraft, um die Refraktion zu ver-
bessern bzw. eine Unabhängigkeit von Brille bzw. Kontaktlinse zu
erreichen
5 meist ein »Lifestyle-Eingriff«
4 Beispiele
5 Schwächung der Krümmung durch Hornhautinzisionen
J limbale Inzisionen zur Astigmatismuskontrolle, schwer dosierbar
J radiäre Keratotomien zur Myopiebehandlung (nicht mehr üblich)
3.4 · Hornhautchirurgische Verfahren
35 3

5 Modifikation der Brechkraft durch Laserkeratektomie Eigene Notizen


J Excimer-Laser verdampfen das Gewebe
J »Einbrennen« einer Minuslinse (bei Myopen) bzw. einer Pluslin-
se (bei Hyperopen) in das Hornhautstroma innerhalb gewisser
Dioptrienbereiche möglich
J grundsätzliche Prinzipien:
J Behandlung auf der Augenoberfläche: phototherapeutische
Keratektomie (bei Entfernung des Epithels, das bei manchen Ver-
fahren wieder aufgebracht wird)
J anschneiden und wegklappen einer vorderen Stromalamelle, um
die Behandlung in der tieferen Schicht durchzuführen, anschlie-
ßende Reposition der Lamelle (LASIK = Laser-in-situ-Keratomi-
leusis); das Anschneiden erfolgt mechanisch oder mittels Femto-
sekundenlaser
5 Implantation von intrastromalen kornealen Ringsegmenten aus
Kunststoff

3.4.2 Keratoplastik (Hornhauttransplantation)

4 Formen
5 penetrierende = perforierende Keratoplastik: alle Schichten
5 lamelläre Keratoplastiken: nur bestimmte Schichten
J vordere lamelläre (inbesondere tiefe vordere lamelläre bei stro-
maler Pathologie und intaktem Endothel des Empfängers
J hintere lamelläre (endotheliale) Keratoplastik zum Ersatz des
Endothels und weitgehendem Erhalt des Empfängerepithels/
Stromas
5 Limbustransplantation/Transplantation von kornealen epithelialen
Stammzellen (bei Regenerationsinsuffizienz des Hornhautepithels)
4 besondere Situation: immunologisches Privileg der Hornhaut (7 Ab-
schn. 3.2.2)
5 erste erfolgreiche Keratoplastik 1905 durchgeführt
5 in Normalrisikofällen ohne systemische Immunsuppression gut
möglich
5 bei erhöhtem Operationsrisiko evtl. dauerhafte Immunsuppression
(bei Diabetes, Herpes, Hornhaut-Neovaskularisation, Oberflä-
chenerkrankung, Vortransplantationen ist das Immunprivileg ver-
mindert bzw. aufgehoben).
5 HLA-Matching vermindert Risiko von Abstoßungsreaktionen, vor
allem bei Hochrisikopatienten
4 Spendermaterial: postmortale Hornhautspende (Gewebespende)
5 Frischtransplantation (heute kaum praktiziert wegen mangelnder
Möglichkeit zur Qualitätskontrolle und Infektionsdiagnostik sowie
wegen der Logistik)
5 Kältelagerung (v. a. USA) bis 12–14 Tage
5 Organkultur (v. a. Europa) bis 4 Wochen
4

Tag 1 – Augenheilkunde

4 Sklera, Iris, Uveitis


P. Walter

4.1 Sklera – 37
4.1.1 Anatomie – 37
4.1.2 Farbänderungen – 37
4.1.3 Episkleritis – 37
4.1.4 Skleritis – 37

4.2 Iris – 38
4.2.1 Anatomie – 38
4.2.2 Aniridie – 38
4.2.3 Kolobome – 38
4.2.4 Iritis – Iridozyklitis – 38
4.2.5 Uveitis – 39
4.2.6 Endophthalmitis – 41
4.2.7 Sympathische Ophthalmie – 42
4.2.8 Iristumoren – 42
4.2.9 Gefäßneubildung der Iris – 43

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_4, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
4.1 · Sklera
37 4
4.1 Sklera Eigene Notizen

4.1.1 Anatomie

4 die Sklera (Lederhaut) ist die feste weiße Hülle des Auges
4 hier inserieren die Ansätze der Augenmuskeln
4 vorne Übergang in die transparente Hornhaut
4 besteht aus zellarmen kollagenem Bindegewebe
4 Spaltlampe: Sklera scheint weißlich durch die durchsichtige Bindehaut
durch und man erkennt die auf der Sklera liegenden episkleralen Gefäße

4.1.2 Farbänderungen

4 dunkel, bläulich
5 sehr dünne Sklera bei Myopie
5 Sklerastaphylom
5 rheumatische Erkrankungen
5 Verletzungen
4 gelb beim Ikterus
4 rot bei Entzündungen durch die Hyperämie der Gefäße

4.1.3 Episkleritis

4 oft lokale Rötung und Schmerzhaftigkeit


4 meist einseitig
4 manchmal im Rahmen rheumatischer Erkrankungen (z. B. rheumatoi-
der Arthritis, Vaskulitis etc)
4 oder bei allgemeinen Infektionen (Tbc, Lues u. a.)
4 oft findet man keine wirkliche Ursache
4 Therapie mit steroidhaltigen Augentropfen oder nicht-steroidalen anti-
phlogistischen Augentropfen
4 bei Allgemeinerkrankungen immer auch Therapie der Grunderkran-
kung

4.1.4 Skleritis

4 gesamte Sklera entzündet


4 Sklera feuerrot
4 sehr schmerzhaft
4 meist immunologische oder rheumatologische Allgemeinerkrankungen
die Ursache
4 Folgeerscheinung: Ausdünnung der Sklera mit Entwicklung eines Sklera-
staphyloms
4 selten: hintere Skleritis mit erheblichem Bewegungsschmerz, Exo-
phthalmus, entzündliche Lidschwellung
38 Kapitel 4 · Sklera, Iris, Uveitis

Eigene Notizen 4 Therapie: antientzündliche lokale und systemischen Therapie


4 bei Allgemeinerkrankungen immer auch Therapie der Grunderkran-
kung

4.2 Iris

4.2.1 Anatomie
4
4 Die Iris ist der vordere Teil der Tunica vasculosa oculi, die Fortsetzung
der Aderhaut nach vorne
4 sie bildet mit ihrer vorderen Öffnung die Pupille
4 vorderes Blatt mit unterschiedlicher Pigmentierung (Augenfarbe)
4 hinteres Blatt mit Irispigmentzellen
4 beim Albinismus ist die Pigmentbildung defekt, die Iris erscheint hell-
blau und ist im regredienten Licht durchleuchtbar. Oft findet man dann
auch nur einen sehr geringen Pigmentierungsgrad der Netzhaut
4 die Iris geht an ihrer Basis in den Ziliarkörper über
4 der M. dilatator upillae (Sympathikus) und der M. sphincter pupillae (Pa-
rasympathikus) regeln die Pupillenweite und die Pupillenreaktionen

4.2.2 Aniridie

4 angeborenes vollständiges oder teilweises Fehlen der Iris


4 sichtbarer Linsenäquator, Zonulafasern und Zotten des Ziliarkörpers
4 erhebliche Blendempfindlichkeit
4 Sehschärfe oft erheblich reduziert
4 es kann ein angeborenes Glaukom bestehen
4 ! Cave Bei Aniridie Wilms-Tumor der Niere ausschließen!

4.2.3 Kolobome

4 durch unvollständigen Schluss des Augenbechers Lücke in der Iris


4 meist nach unten
4 manchmal zusammen mit einem Kolobom der Netzhaut und/oder der
Aderhaut
4 von operativen Kolobomen durch Iridektomie zu unterscheiden

4.2.4 Iritis – Iridozyklitis

Ätiologie
4 immunologische Erkrankungen (z. B. M. Bechterew, M. Reiter, Sarkoi-
dose, multiple Sklerose und andere) oder infektiös (z. B. Lues, Borrelio-
se, Tuberkulose)
4 oft keine Ursache identifizierbar
4.2 · Iris
39 4
Klinik Eigene Notizen
4 rotes Auge mit Schmerzen
4 Sehverschlechterung
4 ziliare Injektion – Hyperämie der limbalen Gefäße
4 Zellablagerungen am Hornhautendothel, vor allem unten im Arlt-
Dreieck
4 bei sehr starker zellulärer Reaktion Hypopion möglich: Spiegel von Zel-
len im Kammerwinkel unten
4 enge Pupille, die nur wenig auf Licht reagiert
4 Tyndall-Phänomen in der Vorderkammer durch hohen Proteinanteil
im Kammerwasser
4 bei rezidivierenden Formen Verklebungen zwischen der Iris und der
Linse typisch (hintere Synechien) und Kataraktbildung
4 sekundäres Glaukom möglich

Therapie
4 Behandlung der Grunderkrankung notwendig
4 Lokaltherapie mit steroidhaltigen Augentropfen und Mydriatika, ggf.
Antibiotika
4 systemische Steroidtherapie ist nur in seltenen sehr ausgeprägten Fällen
angezeigt

4.2.5 Uveitis

4 anatomische Einteilung der Entzündungen der Uvea (Aderhaut) in drei


Gruppen:
5 Uveitis anterior: Entzündung der Iris und/oder des Ziliarkörpers
(7 Abschn. 4.2.4)
5 Uveitis intermedia: Entzündungen des Glaskörpers und/oder des
Ziliarkörpers
5 Uveitis posterior: Entzündung der Aderhaut/Netzhaut

Uveitis intermedia
Ätiologie (. Tabelle)
4 idiopathische Formen
4 Sarkoidose
4 Borreliose
4 Encephalitis disseminata

Klinik
4 Sehverschlechterung
4 meist nicht sehr schmerzhaft
4 zellige Infiltration des Glaskörpers (Vitritis)
4 nicht selten mit weißlichen Infiltraten in der Pars plana (Pars planitis)
40 Kapitel 4 · Sklera, Iris, Uveitis

Eigene Notizen Diagnostik


4 klinisch und Laboruntersuchungen zur Ursachenabklärung
4 Immunologische und infektiöse Ursachen ausschließen
4 Differenzialdiagnose: lymphatische Infiltrate, primär intraokulares
Lymphom

Therapie
4 nach Ursache,
4 4 parabulbäre Steroidinjektionen
4 orale Steroide
4 bei infektiöser Genese gezielte antiinfektiöse Therapie

Komplikationen
4 Makulaödem
4 Papillenödem
4 Katarakt

Spezifische Ursachen einer Uveitis

Uveitis anterior Uveitis intermedia Uveitis posterior

rheumatologische Erkrankun- Encephalitis Toxoplasmose


gen, z. B. juvenile Arthritis, disseminata Toxocara-canis-Infektion
rheumatoide Arthritis Borreliose Lues
M. Behcet Sarkoidose Tuberkulose
M. Reiter Herpes-Retinitis
Encephalitis disseminata (auch Varizella zoster)
Sarkoidose Zytomegalovirus-Retinitis
Tuberkulose Pilzinfektionen
Borreliose (Candida, Aspergillus)
Herpes-Infektion Borreliose
Lues Histoplasmose
Sarkoidose

Uveitis posterior
4 Manifestation entzündlicher Prozesse an der Netzhaut oder der Ader-
haut

Ätiologie (. Tabelle)
4 infektiös (z. B. Toxoplasmose, CMV, Lues)
4 besonders bei immunsupprimierten Patienten möglich
5 unter Chemotherapie
5 unter chronischer medikamentöser Immunsuppression
5 Steroidabusus
5 HIV
4 immunologisch (z. B. Birdshot-Chorioretinopathie)

Klinik
4 schmerzlose Sehverschlechterung
4 Schleiersehen
4.2 · Iris
41 4

4 ggf. Begleitsymptome einer generalisierten Erkrankung Eigene Notizen


4 meist relativ unauffälliger vorderer Augenabschnitt
4 weißlich-gelbe Infiltrate der Netzhaut oder der Netzhaut/Aderhaut
4 einzelner solitärer Herd bei der Toxoplasmose
4 manchmal in der Nähe alter vernarbter Toxoplasmoseherde
4 multiple kleine Herde bei der Chorioiditis z. B. Lues
4 retinale Blutungen bei bakteriellem oder viralen Befall
4 Pilzbefall (Candida, Aspergillus u. a.) fast ausschließlich bei immunsup-
primierten Patienten (z. B. Chemotherapie)
4 später Atrophiezone
4 Infiltrationsgrad im Glaskörper variiert stark

Diagnostik
4 klinisches Bild
4 Labordiagnostik
4 ggf. Glaskörperbiopsie
4 ggf. Netzhaut-/Aderhautbiopsie

Therapie
4 abhängig von der Ursache
4 bei infektiösem Geschehen immer gezielt auf den Erreger
4 bei immunologischem Geschehen Steroide und andere antiinflamma-
torische Therapie z. B. Methotrexat, Ciclosporin, TNFα-Antagonisten
wie Infliximab etc.
4 ggf. Vitrektomie zur Reduktion des entzündlichen Geschehens

4.2.6 Endophthalmitis

4 Panuveitis (alle Abschnitte des Auges sind betroffen)

Ätiologie
4 Operationen (Kataraktchirurgie!)
4 Trauma ( ! Cave landwirtschaftliches Umfeld, offene Verletzungen!)
4 selten endogen bei abwehrgeschwächten Patienten
5 Chemotherapie
5 Drogen/Alkoholabusus
5 chronische Steroidtherapie

Klinik
4 erhebliche Sehverschlechterung
4 massive Schmerzen
4 Tränenfluss
4 Chemose und diffuse Rötung der Bindehaut
4 Hypopion (Leukozytenansammlung im Kammerwinkel, . Abb. 6,
Farbteil)
4 kein oder nur sehr reduzierter Funduseinblick
4 Fibrin in der Vorderkammer
42 Kapitel 4 · Sklera, Iris, Uveitis

Eigene Notizen Diagnostik


4 wird klinisch gestellt (Anamnese und Befund!)

Therapie
4 systemische und lokale Antibiose
4 ggf. systemische Steroiden
4 immer Probenentnahme (Vitrektomie)
4 mikrobiologische Erregerdiagnostik
4 4 Umstellen auf gezielte Therapie
4 Prognose ungünstig

4.2.7 Sympathische Ophthalmie

4 seltene Komplikation nach penetrierendem Trauma an einem Auge


4 granulomatöse Panuveitis am Partnerauge
4 kann noch nach Jahren entstehen
4 Nachlassen der Akkommodation als frühes Zeichen
4 Therapie: Entfernung des verletzten Auges, Immunsuppression

4.2.8 Iristumoren

4 Iriszysten
5 meist angeboren
5 meist keine Beschwerden
5 selten Sekundärglaukom
5 selten Trübung der Hornhaut
5 Diagnostik mittels Ultraschallbiomikroskopie und Verlaufskon-
trolle
5 selten Feinnadelbiopsie oder Exzision erforderlich
4 Irisnävus
5 relativ häufige fokale Hyperpigmentierung der Iris
5 manchmal auch knötchenartig in die Vorderkammer vorwu-
chernd
5 Größenzunahme möglich
5 in Zweifelsfällen Resektion oder Feinnadelbiopsie
5 photographische Verlaufskontrolle
4 Irismelanom
5 bösartiger Tumor
5 dunkler knotiger Tumor mit Größenwachstum in der Verlaufskon-
trolle
5 nicht selten in Verbindung mit dem Ziliarkörper
5 ggf. tumoreigene Gefäße
5 Blockresektion oder Enukleation erforderlich
5 ungünstige Prognose
4.2 · Iris
43 4
4.2.9 Gefäßneubildung der Iris Eigene Notizen

4 Hypoxie der Netzhaut kann zur Gefäßneubildung an der Iris führen


(Irisneovaskularisation)

Ätiologie
4 diabetische Retinopathie
4 ischämische Formen der Zentralvenenthrombose
4 Karotisverschluss mit ischämischer Ophthalmopathie

Therapie
4 panretinale Laserkoagulation
4 drucksenkende Maßnahmen

Komplikationen
4 Blutansammlung in der Vorderkammer (Hyphäma)
4 Sehverschlechterung
4 Sekundärglaukom
5

Tag 1 – Augenheilkunde

5 Linse
M. Hermel

5.1 Anatomie – 45

5.2 Funktion – 45

5.3 Presbyopie (Alterssichtigkeit) – 45

5.4 Ectopia lentis (Verlagerung) – 45

5.5 Entwicklungsstörungen – 46

5.6 Linsentrübung (Katarakt, grauer Star) – 46


5.6.1 Kongenitale Katarakt – 46
5.6.2 Erworbene Katarakt – 46
5.6.3 Kataraktoperation – 47

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_5, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
5.4 · Ectopia lentis (Verlagerung)
45 5
5.1 Anatomie Eigene Notizen

4 avaskulär
4 zwiebelschalenartiger Aufbau
5 faserartige Fortsätze des Linsenepithels
5 Kern, Epinukleus und Rinde können unterschieden werden
5 Wachstum und zunehmende Verdichtung des Linse im Laufe des
Lebens, daher nimmt der Kern an Größe zu
5 Linsenkapsel
4 Aufhängung über Zonulafasern auf dem Ziliarkörper
4 aktiver Stoffwechsel des Linsenepithels

5.2 Funktion

4 Lichtbündelung auf die Netzhaut


4 Akkommodation (Nahanpassung)
5 Anspannung des ringförmigen Ziliarmuskels entspannt die Zonula-
fasern
5 Linse kugelt sich ab durch Eigenelastizität
5 dadurch Zunahme der Brechkraft
5 zusätzlicher Effekt durch axiale Vorverlagerung

5.3 Presbyopie (Alterssichtigkeit)

4 Verlust der Akkommodation, bedingt durch Dichtezunahme und damit


Abnahme der Elastizität des der Linse
4 bei Emmetropen (Normalsichtigen): Lesebrille
4 bei manchen Hyperopen (Weitsichtigen) evtl. auch Verlust der Seh-
schärfe in der Ferne, weil sie die Weitsichtigkeit nicht mehr durch
Akkommodation kompensieren können, daher auch Fernbrille
4 manche Myope (Kurzsichtige) können ohne Brille wie gewohnt in der
Nähe lesen, Fernbrille weiterhin erforderlich

5.4 Ectopia lentis (Verlagerung)

4 Verlagerung aus der normalen Position, bis hin zum Absturz in das
Auge
4 erworben, dann als Linsenluxation bezeichnet
5 mechanisch oder traumatisch bedingt
4 kongenital
5 ohne systemische Assoziation
5 mit systemischer Assoziation bei Syndromen oder Stoffwechsel-
erkrankungen (z. B. Marfan-Syndrom, Homozystinurie)
46 Kapitel 5 · Linse

Eigene Notizen 5.5 Entwicklungsstörungen

4 Lenticonus anterior/posterior
4 Lentiglobus
4 Mikrosphärophakie, Mikrophakie
4 Kolobom

5.6 Linsentrübung (Katarakt, grauer Star)

5 Die nicht behandelte Katarakt stellt nach den nicht korrigierten Refraktions-
fehlern weltweit die zweithäufigste Ursache einer Sehschwäche bzw. Erblin-
dung dar. Die Kataraktoperation ist wohl der häufigste operative Eingriff
weltweit.

5.6.1 Kongenitale Katarakt

4 2/3 bilateral

Ätiologie
4 genetisch
4 Chromosomenanomalien (z. B. Trisomie 21), skelettale Syndrome
4 intrauterine Infekte und Schäden (z. B. Rubella)
4 Systemerkrankungen (z. B. Galaktosämie)

Diagnostik
4 verschiedene morphologische Erscheinungsformen
4 oft Leukokorie (weißer Lichtreflex) im Brückner-Test oder bei Blitz-
aufnahmen, abklärungspflichtig (wichtige Differenzialdiagnosen
7 Abschn. 7.1.1)
4 ! Cave: Gefahr der Amblyopieentwicklung (Deprivationsam-
blyopie)!

Therapie
4 bei dichten oder deutlich asymmetrischen Befunden frühe Kataraktex-
traktion, u. U. wenige Tage nach der Geburt!
4 Vorbeugung bzw. Behandlung der Amblyopie durch Refraktionskorrek-
tur und Okklusionstherapie – je nach Ausprägung, Sehfunktion und
Symmetrie der Katarakt

5.6.2 Erworbene Katarakt

4 altersbedingte Katarakt (. Abb. 7, Farbteil)


5 verschiedene Trübungsformen
J Kernkatarakt: Kernverdichtung, ggf. auch mit Myopisierung
durch Brechkraftzunahme
5.6 · Linsentrübung (Katarakt, grauer Star)
47 5

J Rindenkatarakt: z. B. radspeichenartige Trübungen in der Rin- Eigene Notizen


denschicht
J hintere subkapsuläre Katarakt
J weitere vielfältige Trübungsformen
5 Reifung der Katarakt
J beginnend bis fortschreitend, bei teilweiser Trübung
J mature Katarakt bei vollständiger Trübung: komplett brauner
Kern (Cataracta rubra), komplette Weißfärbung der Rinde, oder
beides
J hypermature Katarakt: Rinde verflüssigt, Kern abgesunken, Kap-
sel geschrumpft; bei Platzen der Kapsel und Entleerung des ver-
flüssigten Materials ins Augeninnere phakolytisches Glaukom
oder Uveitis möglich (Linsenmaterial war in der Entwicklung
vom Immunsystem abgeschirmt)
4 sekundäre Katarakt
5 medikamentös bedingt, z. B. klassische Steroidkatarakt: hintere subkap-
suläre Trübung; häufig bei chronischer Gabe von Kortikosteroiden)
5 Uveitis (hier teilweise auch durch Steroidgabe)
5 »Glaukomflecken« nach Glaukomanfall – vordere subkapsuläre
Trübungen
5 »Kontusionsrosette« nach Contusio lentis
5 Zustand nach Vitrektomie: beschleunigte Linsenalterung, evtl.
durch erhöhte Sauerstoffspannung im Glaskörperraum
5 andere Schädigungsursachen
J radioaktive Strahlen
J früher: Glasbläserkatarakt durch Infrarotschäden
J Dehydratation/Urämie
J andere toxische Einwirkungen
4 Katarakt bei Systemerkrankungen
5 Diabetes: auch Refraktionsschwankungen durch Quellung der Lin-
se und Akkommodationsschwankungen möglich, daher bei schwan-
kender Refraktion an Diabetes denken, vor allem bei Jüngeren!
5 myotonische Dystrophie, Atopie u. a.

5.6.3 Kataraktoperation

4 Trübung und Verdichtung der Linse praktisch irreversibel


4 Operation meist in Lokalanästhesie
4 Strategien der Linsenentfernung
5 historisch: Starstich
J Linse wird mit einer erhitzten Nadel nach hinten ins Auge wegge-
drückt
J einer der ältesten Operativen Eingriffe, schon im alten Mesopo-
tamien praktiziert
5 Entfernung der gesamten Linse mitsamt Kapsel (intrakapsuläre Ka-
taraktextraktion)
J geht mit Verlust der Linsenkapsle und der Zonula einher
48 Kapitel 5 · Linse

Eigene Notizen J erfordert sehr großen Schnitt


J daher heute nur in seltenen Fällen nötig
5 Entfernung der Linse oder des Kernes unter Belassen der Kapsel
(extrakapsuläre Kataraktextraktion)
J Kapsel wird vorne eröffnet
J Kern oder Kernteile werden durch einen mittelgroßen Schnitt aus
dem Auge entbunden
J Rinde wird abgesaugt oder ausgespült
J Intraokularlinse wird dann meist in die Kapsel implantiert
J heute noch praktiziert: in den Industrieländern z. B. bei sehr har-
5 ten Kernen und in den Entwicklungsländern, weil geringerer ap-
parativer Aufwand als Phakoemulsifikation (s. unten), und weil
dort wegen der schlechteren Versorgung der Anteil an sehr harten
Kernen hoch ist
5 intraokulare Verflüssigung der Linse unter Belassen der Kapsel
(Phakoemulsifikation)
J kleine Schnitte (Schnitttbreiten 1,5–2,8 mm heute Standard)
J Kapsel wird vorne eröffnet
J Kern wird gebrochen und meist mittels feiner hochfrequenter
mechanischer Schwingung des Instrumentes (Ultraschall) zer-
kleinert und abgesaugt
J Rinde wird abgesaugt oder ausgespült
J Intraokularlinse wird dann meist gefaltet durch einen Injektor in
die Kapsel implantiert
J heute Standard in den Industrieländern
4 nach Entfernung der Linse besteht Linsenlosigkeit (Aphakie)
5 meist entsteht dadurch eine hohe Hyperopie (außer bei manchen
vorher Hochmyopen) mit nur schemenhaften Sehen, daher Korrek-
tur der Aphakie nötig
5 vor der Entwicklung der Intraokularlinsen waren Starbrillen (starke
Plusgläser) die Regel
5 Kontaktlinsenkorrektur möglich
J im Kleinkindesalter unter 1–2 Jahren wird i. d. R. keine primäre
Intraokularlinsenimplantation vorgenommen
5 Implantation einer Intraokularlinse
J starre Modelle aus Plexiglas erfordern größeren Schnitt, heute bei
extrakapsulärer Extraktion oder in auserwählten Fällen verwendet
J flexible Modelle aus Silikon oder Acrylat können durch einen
kleinen Schnitt gefaltet oder gerollt eingesetzt werden – heute
Standard in den Industrieländern
J die Fixation der Linse erfolgt meist in der Kapsel der eigenen
Linse, gelegentlich im Sulcus ciliaris (zwischen Kapsel und Iris),
in auserwählten Fällen in der Vorderkammer, auf der Iris oder in
der Sklera
J nach Implantation einer Intraokularlinse besteht »Pseudo-
phakie«
J mit neuen Linsenmodellen auch Korrektur von Aberrationen und
Astigmatismen möglich; Bifokallinsen erzeugen einen zweiten
5.6 · Linsentrübung (Katarakt, grauer Star)
49 5

Brennpunkt und erlauben somit eine gewisse Brillenunabhängig- Eigene Notizen


keit, haben aber auch Nachteile; echte akkommodative Linsen
sind noch nicht serienreif
J für eine gute Korrektur der Brechungsfehlers mittels Intraokular-
linse ist eine vorherige Vermessung (Biometrie) des Auges erfor-
derlich, um die Stärke berechnen zu können: Die Achsenlänge
und die Hornhautbrechkraft sind Muss, die Vorderkammertiefe
ist für die Einschätzung der späteren Linsenposition im Auge
sinnvoll; verschiedene Formeln finden Anwendung
6

Tag 1 – Augenheilkunde

6 Glaukom
N. Plange

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_6, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
6 · Glaukom
51 6
Grundlagen Eigene Notizen
4 fortschreitender glaukomatöser Sehnervenschaden (mit Vergrößerung
der Exkavation) durch individuell zu hohen Augendruck
4 Glaukom gehört zu den häufigsten Erblindungsursachen weltweit

Ätiologie
4 mechanische (durch Augendruck) und vaskuläre (durchblutungsbe-
dingter) Schädigung des Sehnerven
4 Nervenfaserdefekte führen zu korrespondierenden Gesichtsfelddefekten
4 > Memo Der Nervenfaserverlauf hat physiologisch eine horizontale
Raphe (die Nervenfasern »respektieren« die Horizontale). Daher ergibt
sich bei Glaukom meist ein typischer asymmetrischer Schaden in der
oberen versus unteren Gesichtsfeldhälfte.
4 ! Cave Der Glaukompatient bemerkt zu Beginn der Erkrankung meist
keine Einschränkung, erst bei fortgeschrittenem Schaden fällt der Ge-
sichtsfelddefekt auf. Ausnahme: Glaukomanfall (akuter Sehverlust,
Schmerzen).
4 Risikofaktoren
5 Augendruck
5 Alter
5 schwarze Rasse
5 Myopie, dünne Hornhaut, Pseudoexfoliatio lentis
5 positive Familienanamnese
5 vaskuläre Risikofaktoren

Klassifikation
4 nach Anatomie (Kammerwinkel offen oder eng), zeitlichem Auftreten,
primär oder sekundär (andere Grunderkrankung), nach Schadensaus-
maß, nach Augendruckniveau
4 primäre Glaukome
5 kongenitales Glaukom (. Abb. 8, Farbteil)
5 Offenwinkelglaukom (ca. 90% aller Glaukome)
J primäres Offenwinkelglaukom (Augendruck >21 mmHg)
J Normaldruckglaukom (Augendruck <22 mmHg)
J okuläre Hypertension (Augendruck >21 mmHg, aber kein Glau-
komschaden)
5 Engwinkelglaukom
4 sekundäre Glaukome (<5% aller Glaukomformen)
5 Glaukome bei kongenitalen Anomalien
5 sekundäre Glaukome bei Augenerkrankungen/Allgemeinerkran-
kungen
J Pseudoexfoliatio-lentis-Glaukom (PEX-Glaukom)
J Pigmentglaukom
J Neovaskularisationsglaukom
J Glaukom bei Iritis/Uveitis
J steroidinduziertes Glaukom
J Glaukom bei intraokularer Blutung, Tumor, Trauma, durch
Linsen-, Netzhaut- oder Orbitaerkrankung, nach Augenoperation
52 Kapitel 6 · Glaukom

Eigene Notizen Diagnostik


4 Augendruckmessung
5 normal: 10–21 mmHg, Mittel 15,5 mmHg, normale Tagesdruck-
schwankungen <5 mmHg
5 Augendruckpalpation
5 Applanationstonometrie nach Goldmann (Goldstandard)
5 Impressionstonometrie nach Schiötz
4 > Memo Die Augendruckmessung erfolgt indirekt durch Messung der
Kraft, die eine definierte Hornhautabflachung induziert.
4 ! Cave Bei dünner Hornhaut werden falsch-niedrige Druckwerte in
der Applanationstonometrie gemessen.
4 Sehnervenuntersuchung
5 glaukomatöse Exkavation als Diagnosekriterium (. Abb. 9, Farbteil),
6 Differenzialdiagnose physiologische Exkavation bei großem Sehnerv
5 Verlust von neuroretinalem Randsaum am Sehnerv
5 Verlauf der Gefäße (Bajonett)
5 Papillenrandblutung
4 Gesichtsfelduntersuchung
5 automatische und statische Perimetrie (. Abb. 10, Farbteil)
5 typische Gesichtsfelddefekte bei Glaukom
J nasaler Sprung (nach Rönne)
J Bogenskotom (nach Bjerrum)
4 Gonioskopie (Untersuchung des Kammerwinkels)
5 eng oder offen
5 Pigmentierung
5 pathologische Blutgefäße (Rubeosis)
5 Vernarbungen (anteriore Synechien)
4 andere Befunde
5 Anamnese (kortisonhaltige Tropfen, Trauma, Voroperationen)
5 sekundäres Glaukom? (Pseudoexfoliatio lentis, Pigmentdispersion,
Rubeosis, Iritis/Uveitis, Katarakt, kurzes Auge/Hyperopie)

Therapie
4 Prinzip: Augendrucksenkung nach individuellem Zieldruck
4 bei sekundärem Glaukom Behandlung der Grunderkrankung
4 Berücksichtigung von Lebensqualität, Nebenwirkungen, lokaler Unver-
träglichkeit
4 lokale medikamentöse Augendrucksenkung
5 α-adrenerge Agonisten (nicht-selektive, selektive: Clonidin, Brimo-
nidin u. a.)
J Wirkung: verminderte Kammerwasserproduktion, vermehrter
Kammerwasserabfluss
J Nebenwirkungen: zentrale Blutdrucksenkung, Müdigkeit, KI bei
Kleinkindern (Apnoe)
5 β-adrenerge Antagonisten (β-Blocker)
J Wirkung: verminderte Kammerwasserproduktion
J Nebenwirkungen: Blutdrucksenkung, Bronchokonstriktion, KI
bei Asthma
6 · Glaukom
53 6

5 Carboanhydrasehemmstoffe (Dorzolamid, Brinzolamid) Eigene Notizen


J Wirkung: verminderte Kammerwasserproduktion
J Allergie: Sulfonamidderivat!
5 Parasympathomimetika (Pilokarpin u. a.)
J Wirkung: vermehrter Kammerwasserabfluss
J Nebenwirkungen: Miosis, Akkomodation, KI bei jungen
Menschen
5 Protaglandinderivate (Latanoprost u. a.)
J Wirkung: vermehrter Kammerwasserabfluss (v. a. uveoskleraler
Abfluss)
J Nebenwirkungen: Wimpernwachstum, Dunkelfärbung der Iris
4 systemische medikamentöse Augendrucksenkung
5 Carboanhydrasehemmstoff (Azetazolamid)
J Wirkung: verminderte Kammerwasserproduktion
J Nebenwirkungen: Kaliumverlust, Diuretikum, Nierensteine
5 Mannitol (osmotisches Diuretikum)
J Wirkung: Entwässerung des Glaskörpers
J Nebenwirkungen: Kreislaufbelastung
4 Lasertherapie
5 Lasertrabekuloplastik (Verbesserung Kammerwasserabfluss)
5 Laseriridotomie (bei Engwinkelglaukom, Kurzschluss hintere zu
vordere Augenkammer)
5 Zyklophotokoagulation (Ziliarkörperdestruktion)
4 operative Therapie
5 Trabekulektomie/fistulierende Operation (Kammerwasserfistel)
5 basale Iridektomie (bei Engwinkelglaukom, Kurzschluss hintere zu
vordere Augenkammer)
5 Trabekulotomie (Trabekelwerkseröffnung) bei angeborenem
Glaukom
5 Implantatchirurgie und andere (Kammerwasserfistel)

Glaukomanfall (Winkelblockglaukom)
! Cave Glaukomanfall ist ein Notfall – sofort zum Augenarzt!

Ätiologie
4 akuter Verschluss des Kammerwinkels bei Prädisposition (Hyperopie =
kurzes Auge, Katarakt, anatomisch enger Kammerwinkel) mit massiver
Augendruckerhöhung

Klinik
4 schmerzhaftes rotes Auge
4 harter Augapfel
4 Schmerzen auch ausstrahlend, DD akutes Abdomen/Herzinfarkt,
Übelkeit
4 Sehverschlechterung
4 Ringe um Lichtquellen (durch Hornhautödem)
4 entrundete, lichtstarre Pupille
54 Kapitel 6 · Glaukom

Eigene Notizen Therapie


4 Augendrucksenkung (systemisch i.v.: Carboanhydrasehemmstoff und
Mannitol)
4 Pilokarpin: Miosis mit Kammerwinkelerweiterung
4 Schmerztherapie
4 operativ: basale Iridektomie (Kurzschluss hintere zu vordere Augen-
kammer)
4 > Memo Nach einem Glaukomanfall muss eine prophylaktische
chirurgische Iridektomie oder Laseriridotomie am Partnerauge er-
folgen.

6
7

Tag 1 – Augenheilkunde

7 Glaskörper und Netzhaut


P. Walter

7.1 Glaskörper – 56
7.1.1 Entwicklungsstörungen – 56
7.1.2 Glaskörpertrübungen – 56
7.1.3 Glaskörperabhebung – 56
7.1.4 Glaskörperblutung – 57

7.2 Netzhaut – 57
7.2.1 Anatomie – 57
7.2.2 Degenerationen am Übergang zwischen Glaskörper und Netzhaut – 58
7.2.3 Periphere Degenerationen – 58
7.2.4 Netzhautablösung – 59
7.2.5 Retinitis pigmentosa – 60
7.2.6 Dystrophien der Makula – 60
7.2.7 Altersmakulopathie, altersbedingte Makuladegeneration (AMD) – 61
7.2.8 Venenthrombosen – 62
7.2.9 Zentralarterienverschluss – 63
7.2.10 Diabetische Retinopathie – 63
7.2.11 Frühgeborenenretinopathie – 64
7.2.12 Retinoblastom – 65

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_7, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
56 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut

Eigene Notizen 7.1 Glaskörper

4 füllt den Augapfel aus


4 besteht zu 98% aus Wasser und zu 2% aus kollagenem Bindegewebe

7.1.1 Entwicklungsstörungen

4 primärer Glaskörper bildet sich während der Embryonalentwicklung


zurück
4 durch den primären Glaskörper zieht die Arteria hyaloidea von der
Papille zur Rückfläche der Linse
4 Persistenz des primären Glaskörpers ist eine Hemmungsmissbildung;
sie kann als weißliche Masse im Auge erkennbar sein, A. hyaloidea ist
dann nachweisbar
7 4 Befunde: Leukokorie (weißliches statt rotes Aufleuchten der Pupille),
ggf. Netzhautablösung
4 Therapie: frühe Operation, da Amblyopie droht, hohe Komplikationsrate
4 Differenzialdiagnose der Leukokorie
5 Retinoblastom
5 retrolentale Fibroplasie (Frühgeborenenretinopathie)
5 angeborene Katarakt
5 M. Coats
5 Uveitis
5 persistierender hyperplastischer primärer Glaskörper (PHPV)

7.1.2 Glaskörpertrübungen

4 im Kindes- und Jugendalter ist der Glaskörper sehr fest geformt und
glasklar, später kommt es zu Trübungen durch Auflösung der kolla-
genen Struktur
4 Trübungen bei Kurzsichtigen früher und stärker ausgeprägt
4 Beschwerden (individuell sehr unterschiedlich): fliegende Mücken
(»mouches volantes«), umherflottierende Schatten
4 Beschwerden können individuell sehr unterschiedlich sein
4 Therapie: normalerweise Beruhigung des Patienten, in extremen Son-
derfällen Vitrektomie möglich

7.1.3 Glaskörperabhebung

4 in höherem Alter zunehmende Verflüssigung des Glaskörpers, Glaskör-


perkortex beginnt sich von der Netzhaut abzuheben, Patient nimmt
spinnennetzartige Schatten vor dem gesamten Gesichtsfeld wahr
4 sehr akute Verläufe mit Glaskörperblutung möglich
4 peripher ist der Glaskörper auch in höherem Alter noch fest an der
Netzhaut
7.2 · Netzhaut
57 7

4 Zugwirkung des Glaskörpers auf die Netzhaut möglich, dadurch kön- Eigene Notizen
nen Netzhauteinrisse entstehen
4 Netzhautlöcher als Vorstufen für Netzhautablösung

7.1.4 Glaskörperblutung

Ätiologie
4 symptomatische Glaskörperabhebung
4 diabetische Retinopathie
4 Venenthrombosen
4 Makuladegeneration
4 Medikamentenwirkungen (Marcumar, Acetylsalicylsäure)
4 Trauma
4 Komplikation nach Operationen

Klinik
4 Leitsymptom: akute schmerzlose Sehverschlechterung

Diagnostik
4 kein Einblick auf den Fundus mehr möglich

Therapie
4 operative Entfernung des Glaskörpers mittels Vitrektomie
4 Ersatz des Glaskörpers durch Elektrolytlösung, flüchtige Gase oder Si-
likonöl

7.2 Netzhaut

7.2.1 Anatomie

4 mehrere Schichten von Neuronen


4 Photorezeptoren liegen dem retinalen Pigmentepithel auf
4 Stäbchen sind für das Dämmerungssehen zuständig, Zapfen für das
Farbensehen
4 Makula als zentrale Struktur mit hoher Zapfendichte
4 gute Sehschärfe nur in der Makula
4 Stäbchen und Zapfen sind mit Bipolarzellen verschaltet, diese wiede-
rum mit Ganglienzellen
4 Fasern der Ganglienzellen bilden den Sehnerven
4 horizontale Verschaltung durch Amakrine und Horizontalzellen
4 Blutversorgung der Netzhaut
5 Äste der A. centralis retinae in der inneren Netzhaut
5 Diffusion aus der Choriokapillaris in die äußere Netzhaut
5 die Fovea ist gefäßfrei
58 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut

Eigene Notizen 7.2.2 Degenerationen am Übergang zwischen


Glaskörper und Netzhaut

4 macular pucker
4 epiretinale Gliose
4 vitreomakuläres Traktionssyndrom
4 Makulaforamen

Ätiologie
4 meist idiopathisch
4 seltener sekundär
5 nach Verletzungen
5 nach Augenoperationen auftreten
5 bei chronischem Ödem
5 medikamentös
7
Klinik
4 Verzerrungen
4 Leseverschlechterung
4 Sehverschlchterung

Diagnostik
4 Funduskopie
4 optische Kohärenztomographie (OCT)

Therapie
4 meist Vitrektomie mit Entfernung der inneren Grenzmembran.

Prognose
4 mittels Operation kann oft eine bessere Sehschärfe erreicht werden
4 oft deutliche Besserung der Verzerrungen möglich

7.2.3 Periphere Degenerationen

4 Netzhautausdünnungen
4 Pigmentepithelalteration
4 Glaskörperadhäsionen
4 zystenartige Netzhautdopplungen
4 Netzhautlöcher

Klinik
4 unspezifisch bis keine Symptome
4 gelegentlich floater
4 manchmal Lichtphänomene, Blitze

Diagnostik
4 Funduskopie
7.2 · Netzhaut
59 7
Therapie Eigene Notizen
4 Beobachtung
4 Laserkoagulation bei Netzhautlöchern

7.2.4 Netzhautablösung

Klassifikation und Pathogenese


4 Rhegmatogene Netzhautablösung
5 häufigste Ursache
5 Glaskörperabhebung als Voraussetzung
5 ausgehend von einem Netzhautloch
5 Kammerwasser dringt in den Spaltraum zwischen Netzhaut und
retinalem Pigmentepithel
5 Löcher am häufigsten im temporal oberen Quadranten
4 traktive Netzhautablösung
5 bedingt durch fibröse oder fibrovaskuläre Membranen
5 auf oder unter der Netzhaut
5 Netzhaut wird durch die Membranen hochgezogen
5 z. B. proliferative diabetische Retinopathie
5 z. B. prilferative Vitreoretinopathie nach Amotio oder nach Trau-
ma
4 Exsudative Amotio
5 bedingt durch Flüssigkeitsansammlung unter der Netzhaut
5 kein Foramen, keine Traktion
5 z. B. beim Aderhaut/Netzhauttumor
5 z. B. Melanom, Hämangiom
5 z. B. bei Gefäßerkrankungen wie M. Coats
5 z. B. bei maligner Hypertonie, Gestose
5 z. B. bei Nierenerkrankungen und Proteinverlust
5 z. B. Uveitis

Klinik
4 Schattensehen
4 Blitzesehen, andere Lichtphänomene
4 »aufsteigende Staubwolken«
4 Gesichtsfeldausfälle

Diagnostik
4 Funduskopie
4 ggf. Ultraschall

Therapie
4 rhegmatogene Amotio
5 Buckelchirurgie zum externen Lochverschluss: Plombe, Cerclage,
Kryopexie des Loches
5 primäre Vitrektomie zum internen Lochverschluss: Füllung mit Gas
oder Silikonöl, Laserkoagulation des Loches
60 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut

Eigene Notizen 4 traktive Amotio


5 Vitrektomie mit Entfernung aller Membranen
5 ggf. Füllung mit Gas/Silikonöl
4 exsudative Amotio
5 Therapie richtet sich nach der Ursache → ausführliche Diagnostik!

Prognose
4 rhegmatogene Amotio
5 Wiederanlegung der Netzhaut in 70–80% mit einer Operation
5 mit mehreren Operationen in 95%
4 traktive Amotio
5 Wiederanlegung gut machbar
5 dauerhaft Rezidive möglich
4 exsudative Amotio
5 hängt von der Behandelbarkeit der Ursache ab
7
7.2.5 Retinitis pigmentosa

Ätiologie
4 Ursache sind zahlreiche Gendefekte für Schlüsselproteine des Sehkas-
kade
4 je nach Mutation autosomal-dominant, autosomal-rezessive, X-chro-
mosomal gekoppelt oder spontan

Klinik
4 Nachtblindheit und zunehmende Einschränkung des Gesichtsfeldes
4 Röhrengesichtsfeld
4 Erblindung in späten Stadien
4 Erkrankung beginnt im mittleren Erwachsenalter oder früher, selten in
der Kindheit

Diagnostik
4 Pigmentverklumpungen in Form von Knochenkörperchen
4 wachsgelbe Papille
4 stumpfer Netzhautreflex
4 Elektroretinogramm (ERG): erloschen

Therapie
4 keine ursächliche möglich
4 Rehabilitation: vergrößernde Sehhilfen, Kantenfiltergläser, Mobilitäts-
training, Blindenschrift

7.2.6 Dystrophien der Makula

4 heterogene Gruppe von erblichen Erkrankungen des retinalen Pigment-


epithels (RPE) und der Netzhaut
7.2 · Netzhaut
61 7

4 meist autosomal-dominant bei den Musterdystrophie Eigene Notizen


4 autosomal rezessiv beim M. Stargardt
4 zentrale Atrophie der Makula
4 frühe Sehverschlechterung bereits im Jugendalter beim M. Stargardt
4 Therapie: keine spezifische möglich
4 Rehabilitation: vergrößernde Sehhilfen

7.2.7 Altersmakulopathie, altersbedingte


Makuladegeneration (AMD)

4 häufigste Erblindungsursache in den Industrienationen


4 tritt nach dem 50. Lebensjahr auf

Ätiologie
4 degenerative Prozesse im retinalen Pigmentepithel
5 Drusenbildungen
5 Verdickung der Bruch-Membran
5 Ablagerung toxischer Stoffwechselprodukte
4 bei Vorliegen bestimmter Mutationen hohes genetisches Risiko

Klassifikation
4 frühe Form mit Drusen und Pigmentverschiebungen
4 späte Formen:
5 trockene AMD mit Atrophie des retinalen Pigmentepithels
(. Abb. 12a, Farbteil)
5 feuchte AMD mit subretinaler Neovaskularisation oder Pigment-
epithelabhebung (. Abb. 12b, Farbteil)

Klinik
4 Leseverschlechterung
4 Verzerrungen

Diagnostik
4 Visus
4 Amsler-Test
4 Funduskopie
4 Fluoreszenzangiographie
4 optische Kohärenztomographie

Therapie
4 frühe Formen: beobachten
4 späte Form:
5 Atrophie: Rehabilitation mit vergrößernden Sehhilfen
5 feuchte Form: Anti-VEGF-Injektionen in den Glaskörperraum
5 ggf. bei großen Blutungen auch operatives Vorgehen mittels Vitrek-
tomie
62 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut

Eigene Notizen 7.2.8 Venenthrombosen

4 betroffen sind die Zentralvenen oder auch nur einen Ast

Ätiologie
4 Ursachen sind Gefäßwandschäden meist durch Atherosklerose
4 seltener genetisch bedingte Hyperkoagulolabilität, z. B. Faktor-V-Lei-
den-Mutation, AT3-Mangel, APC-Resistenz

Klinik
4 akute schmerzlose Sehverschlechterung

Diagnostik
4 Funduskopie
5 streifenförmige Blutungen entlang der Nervenfaserschicht
7 (. Abb. 13a, Farbteil)
5 Makulaödem
5 Cotton-wool-Exsudate
4 Zentralvenenthrombose: Blutungen disseminiert über den ganzen
Fundus
4 Astvenenthrombose: Blutungen im Stromgebiet eines Venenastes

Therapie
4 Ursachenabklärung
4 Einstellung des Hämatokrits auf ca. 40% mittels isovolämischer Hämo-
dilution
4 Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern

Prognose
4 bei nicht-ischämischen Formen kann es zu einer Abheilung kommen
4 Visus oft durch Makulaödem reduziert
4 bei ischämischen Formen bleibt oft ein erheblicher Funktionsausfall
zurück

Komplikationen
4 Neovaskularisationen an der Iris
4 Sekundärglaukom
4 Glaskörperblutungen
4 Prophylaxe und Therapie der Komplikationen
5 bei ischämischen Formen Laserkoagulation der avaskulären Netz-
haut
5 bei Glaskörperblutungen Vitrektomie
5 bei Makulaödem Anti-VEGF-Injektionen oder intravitreale
Steroide
7.2 · Netzhaut
63 7
7.2.9 Zentralarterienverschluss Eigene Notizen

Ätiologie
4 vollständiger oder unvollständiger Verschluss der A. centralis retinae
4 meist durch atherosklerotische Wandveränderungen der A. centralis
retinae
4 seltener durch Embolien aus dem Vorhof oder den Karotiden

Klinik
4 akuter schmerzloser nahezu vollständiger Verlust des Sehvermögens

Diagnostik
4 deutliche afferente Pupillenstörung
4 Funduskopie
4 blasse Papille
4 kirschroter Fleck in der Makula (. Abb. 13b, Farbteil)
4 ischämisches Netzhautödem
4 kein Fluss in den retinalen Arterien
4 internistische und/oder neurologische Abklärung

Therapie
4 Minderung des intraokularen Drucks
5 Parazentese
5 Acetazolamid
5 Bulbusmassage
5 Thrombozytenaggregationshemmern
5 ggf. Hämodilution
4 Prognose: sehr ungünstig, selten Verbesserungen möglich, dann meist
bei unvollständigen Verschlüssen

7.2.10 Diabetische Retinopathie

4 Verdickung der Basalmembranen


4 Perizytenverlust
4 entzündliche Mechanismen
4 Mikroangiopathie der Netzhaut mit Kapillarverschlüssen, Mikro-
aneurysmen, Ödemen, Exsudatbildungen und Neovaskularisationen,
Bildung fibrovaskulärer Membranen

Klassifikation (. Abb. 14, Farbteil)


4 proliferative Retinopathie mit Neovaskularisationen
4 nicht-proliferative diabetische Retinopathie ohne Neovaskularisa-
tionen

Komplikationen
4 Makulaödem
4 traktive Netzhautablösung
64 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut

Eigene Notizen 4 Glaskörperblutung


4 Katarakt
4 Glaukom

Therapie
4 straffe Zuckereinstellung
4 gute Blutdruckeinstellung
4 panretinale Laserkoagulation bei proliferativer diabetischer Retino-
pathie
4 Kataraktoperation bei diabetischer Katarakt
4 fokale Laserkoagulation bei diabetischem Makulaödem
4 ggf. Injektion mit Anti-VEGF-Präparaten und/oder Steroiden
4 Vitrektomie bei Glaskörperblutung und/oder Netzhautablösung
4 Kataraktoperation bei diabetischer Katarakt
4 drucksenkende Maßnahmen beim Glaukom
7
7.2.11 Frühgeborenenretinopathie

Ätiologie
4 Wachstum der retinalen Gefäße ist erst am Termin abgeschlossen
4 vermehrte Sauerstoffgabe postpartal führt zu einem Stop des Gefäß-
wachstums
4 bei reduziertem Sauerstoff nach der Inkubatorphase oder bei Schwan-
kungen der Sauerstoffsättigung kommt es zur Hypoxie der peripheren
nicht vaskularisierten Netzhaut
4 die Hypoxie führt sekundär zu Neovaskularisationen und Wachstum
fibrovaskulärer Membranen
4 Risikofaktoren
5 Kinder <1000 g Geburtsgewicht ( > Memo Screeningprogramm
für alle Frühgeborenen vor der 32. SSW und unter 1000 g vorge-
schrieben!)
5 Geburt vor der 32. SSW
5 komplizierter postpartaler Verlauf
5 Bluttransfusionen

Klassifikation
4 Stadium 1: avaskuläre Netzhaut
4 Stadium 2: Demarkationslinie
4 Stadium 3: prominente Leiste
4 Stadium 4: partielle Netzhautablösung
4 Stadium 5: totale Netzhautablösung
4 plus Kriterium wenn deutliche Neovaskularisationstendenz vorliegt,
z. B. Tortuositas, Blutungen

Therapie
4 laufende Kontrollen für Stadium 1 und 2
4 Laserkoagulation im Stadium 3 mit Aktivitätszeichen
7.2 · Netzhaut
65 7

4 Vitrektomie in Stadium 4 Eigene Notizen


4 meist keine Behandlung mehr in Stadium 5, da sehr schlechte Prognose

Spätfolgen
4 Myopie
4 Schielen
4 Amblyopie
4 Netzhautablösung

7.2.12 Retinoblastom

4 häufigster maligner intraokularer Tumor im Kindesalter


4 Inzidenz 1:20.000 Geburten

Ätiologie
4 genetisch bedingt durch RB1-Gen (Tumorsuppressorgen)
4 bei Keimbahnmutation beidseitiges Vorkommen und familiär gehäuft
4 bei somatischer Mutation einseitiges sporadisches Vorkommen

Klinik
4 weißliche Tumor der aus der Netzhaut in den Glaskörperraum vor-
wächst (endophythisch, exophytisch), manchmal Aussaat von Tumor-
zellen im Glaskörperraum

Diagnostik
4 meist zufällig entdeckt, durch Leukokorie oder Schielen

Therapie
4 Enukleation bei einseitigem Befall
4 bei beidseitigem Befall Enukleation des Auges mit dem größeren Tumor,
Versuch, das 2. Auge zu erhalten durch Brachytherapie, Laser-/Kryoko-
agulation.
4 Polychemotherapie als Basistherapie
4 Prognose: 5-Jahres-Überlebensrate 95%
8

Tag 1 – Augenheilkunde

8 Aderhaut
P. Walter

8.1 Anatomie – 67

8.2 Fehlbildungen – Aderhautkolobome – 67

8.3 Entzündungen der Aderhaut (Uveitis posterior) – 67

8.4 Lymphome – 68

8.5 Aderhautmelanom – 68

8.6 Aderhautnävus – 69

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_8, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
8.3 · Entzündungen der Aderhaut (Uveitis posterior)
67 8
8.1 Anatomie Eigene Notizen

4 extrem gefäßreiche Schicht zwischen Sklera und Retina


4 über ihre Kapillarschicht stellt sie die Blut- und Sauerstoffversorgung
der äußeren Netzhaut und des retinalen Pigmentepithels sicher
4 die Aderhaut beinhaltet neben den Gefäßen pigmentierte Zellen

8.2 Fehlbildungen – Aderhautkolobome

4 entstehen durch fehlerhaften Schluss des Augenbechers


4 Defekte entstehen meist nach unten
4 im Kolobom sieht man dann direkt auf die Sklera
4 am Rand solcher Kolobome kann es zu Netzhautablösungen kommen
4 kann Zufallbefund sein
4 die Funktion ist dann erheblich reduziert, wenn das Kolobom durch die
Makula geht

8.3 Entzündungen der Aderhaut (Uveitis posterior)

Ätiologie
4 bakterielle, virale oder pilzbedingte Infektionen
4 besonders häufig: Lues, Toxoplasmose, Tuberkulose, Borreliose, Toxo-
cara canis
4 immunologische Prozesse
4 nach Verletzung am Partnerauge (sympathische Ophthalmie)

Klinik
4 unspezifische Sehbeschwerden
4 Schatten sehen
4 Sehverschlechterung
4 meist schmerzlos

Diagnostik
4 Fundus. weißliche zuerst unscharf begrenzte Herde peripher oder
zentral unter der Netzhaut
4 Labor
4 ggf. Aderhautbiopsie

Therapie
4 richtet sich nach der Ursache
4 spezifisch bei Infektionen (Antibiotika u. a.)
4 Steroide bei immunologischen Prozessen
68 Kapitel 8 · Aderhaut

Eigene Notizen 8.4 Lymphome

4 Infiltrate in der Netzhaut imponieren manchmal wie eine Aderhautent-


zündung
4 sprechen nur wenig auf eine Uveitistherapie an
4 Ausdruck einer lymphatischen Systemerkrankung

Klinik
4 Allgemeinsymptome
4 ggf. auch neurologische Ausfälle

Diagnostik
4 Fundus:
5 weißlich Herde unter der Netzhaut
5 im Verlauf der Erkrankung größer werdend
4 Aderhautbiopsie
4 CT/NMR, um ZNS-Beteiligung auszuschließen
8
Therapie
4 Bestrahlung
4 Chemotherapie

8.5 Aderhautmelanom

4 häufigster intraokularer primärer maligner Tumor


4 manchmal Chromosomenaberrationen im Tumor, z. B. Monosomie 3,
dann ungünstige Prognose

Pathogenese
4 können aus einem Aderhautnävus entstehen
4 knotenförmiges Wachstum unter der Retina
4 gehen von maligne transformierten Melanozyten der Aderhaut aus
4 Durchstoßen die Bruch-Membran
4 wölben sich in den Glaskörperraum vor
4 können die Sklera infiltrieren und nach außen durchbrechen
4 können auch vom Ziliarkörper ausgehen oder in den Ziliarkörper infil-
trieren

Histologie
4 spindelförmige Typen mit hoher Differenzierung
4 epitheloide Typen mit niedrigem Differenzierungsgrad
4 gemischte Formen

Klinik
4 meist zufällig entdeckt
4 Sehbeschwerden oder -verschlechterung oft als später Befund
4 Glaukom mit Schmerzen
8.6 · Aderhautnävus
69 8

4 Größe- und/oder Farbänderungen des Auges Eigene Notizen


4 Metastasen
5 Leber, seltener Knochen, Lunge oder ZNS
5 können auch noch nach Jahren einer erfolgreichen Therapie des
Primärtumors auftreten

Diagnostik
4 Funduskopie (. Abb. 15, Farbteil)
4 Ultraschall zur Größenbestimmung und Therapieplanung
4 Staging

Therapie
4 größen- und lageabhängig
4 Brachytherapie mittels Aufnähen eines episkleralen Rutheniumplaque
4 Protonenbestrahlung
4 Gamma-Knife-Bestrahlung
4 Resektion
4 Enukleation

Prognose
4 abhängig von:
5 Tumorgröße
5 Lokalisation
5 histologischem Typ
5 Genetik (Monosomie 3)
5 Skleradurchbruch

8.6 Aderhautnävus

4 Ansammlung pigmentierter Zellen in der Aderhaut ohne pathologische


Relevanz
4 selten Größenwachstum, insbesondere keine oder nur geringe Promi-
nenz
4 in sehr seltenen Fällen Entartung zum Aderhautmelanom
4 Beobachtung mittels photographischer Fundusdokumentation
9

Tag 1 – Augenheilkunde

9 Sehnerv und Sehbahn


N. Plange

9.1 Optikusatrophie – 71

9.2 Anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION) – 71

9.3 Entwicklungsanomalien des Sehnerven – 72

9.4 Hereditäre Optikusneuropathie – 72

9.5 Toxische Optikusneuropathien – 72

9.6 Differenzialdiagnose Papillenschwellung – 73

9.7 Sehbahn – 73
9.7.1 Anatomie – 73
9.7.2 Topographische Anatomie des Chiasma opticum – 74
9.7.3 Sehbahnläsionen und Gesichtsfelddefekte – 74
9.7.4 Pupillenstörungen und Anisokorie – 74

9.8 Neuritis nervi optici: Retrobulbärneuritis, Papillitis – 75

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_9, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
9.2 · Anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION)
71 9
9.1 Optikusatrophie Eigene Notizen

4 blasser, wachsgelber Sehnervenkopf mit massiver Sehminderung bis


Erblindung als möglicher Endzustand von Augenerkrankungen mit
Sehnervenbeteiligung (. Abb. 16, Farbteil)
4 Differenzialdiagnose glaukomatöse Optikusatrophie: Endstadium der
glaukomatösen Optikusneuropathie mit totaler Exkavation

9.2 Anteriore ischämische Optikusneuropathie


(AION)

4 Sehnerveninfarkt, akute Durchblutungsstörung des Sehnerven (»small


vessel disease« der Ziliararterien)
4 nichtarteriitisch (d. h. arteriosklerotisch) und arteriitisch (Arteriitis
temporalis Horton)
4 hohes Risiko für Befall des 2. Auges innerhalb von Tagen bis Wochen
bei arteriitischer AION

Klinik
4 plötzliche Visusminderung, meist einseitig
4 Papillenschwellung meist sektoriell/asymmetrisch, streifige Sehnerven-
blutungen (. Abb. 17, Farbteil)
4 Gesichtsfelddefekt häufig altitudinal, variabel bis Erblindung

Diagnostik
4 Fundus: ischämische (= blasse) Sehnervenschwellung
4 Visusverlust, Gesichtsfelddefekt
4 Arteriitis temporalis Horton?
5 Kopfschmerzen, Kauschmerzen
5 A. temporalis: vermehrte Tortuositas, Druckschmerzhaftigkeit
5 Labor: hohe BSG (Sturzsenkung), hohes CRP
5 A. temporalis Biopsie (Histologie: Riesenzellarteriitis?)
5 meist hohes Alter (>60 Jahre) und niedriger Hämatokrit
5 Assoziation mit Polymyalgia rheumatica
4 Abklärung vaskulärer Risikofaktoren (arterielle Hypertonie, Diabetes
mellitus, Blutfette, Nikotin, kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre
Erkrankungen)
4 neurologisches Konsil, Karotisdoppler
4 Differenzialdiagnose: s. Differenzialdiagnose Papillenschwellung (7 Ab-
schn. 9.6)
4 > Memo Bei jeder ischämischen Optikusneuropathie muss ein Arteri-
itis-Ausschluss erfolgen!

Therapie
4 systemisch Steroide bei nicht-arteriitischer AION
4 hochdosiert Steroide bei arteriitischer AION
4 Hämodilution
72 Kapitel 9 · Sehnerv und Sehbahn

Eigene Notizen 4 Optimierung vaskuläres Risikoprofil


4 Thrombozytenaggregationshemmer ohne Einfluss auf ischämische
Optikusneuropathie, aber sinnvoll wegen vaskulärem Risikoprofil
4 > Memo Bei Verdacht auf Arteriitis temporalis muss unmittelbar eine
Therapie mit hochdosierten systemischen Steroide begonnen werden,
später Reduktion auf lebenslange Erhaltungsdosis.

9.3 Entwicklungsanomalien des Sehnerven

4 Makropapille und Mikropapille


5 anomale Größe des Sehnervenkopfes
5 meist keine funktionellen Defekte
4 Hypoplasie bis Aplasie des Sehnerven
5 uni- und bilateral, variable Visus/Gesichtsfeldeinschränkung
5 Assoziation mit anderen Anomalien von ZNS und Auge
4 Kolobome des Sehnerven
5 unvollständiger Schluss der Augenbecherspalte, variable Visus/
Gesichtsfeldeinschränkung, meist einseitig
5 Assoziation mit anderen Anomalien von ZNS und Auge
9 4 Drusenpapillen
5 Hyalinkörperchen kalzifiziert, meist beidseitig, autosomal-domi-
nant
5 Gesichtsfelddefekte möglich
5 Diagnostik: hyperreflektiv im Ultraschall mit Schallschatten, Auto-
fluoreszenz
4 markhaltige Nervenfasern, Striae medullares
4 Bergmeisterpapille: persistierende A. hyloidea
4 Therapie der Entwicklungsanomalien des Sehnerven: keine

9.4 Hereditäre Optikusneuropathie

4 selten, bilateral, Assoziation mit anderen ZNS-Erkrankungen/neurode-


generativen Syndromen, variable Erbgänge, keine Therapie
4 Lebersche Optikusneuropathie
5 Mutation mitochondrialer DNA (Vorkommen nur in Eizelle),
Mütter als Konduktorinnen, meist junge Männer betroffen
5 erst einseitiger schmerzloser Visusverlust mit Papillenschwellung,
dann Optikusatrophie, innerhalb von Tagen bis Monaten Befall des
2. Auges

9.5 Toxische Optikusneuropathien

4 beidseitige variable Optikusatrophie mit Visusminderung/Gesichtsfeld-


defekten
4 Ursachen
9.7 · Sehbahn
73 9

5 Nikotin/Alkoholabusus Eigene Notizen


5 schwerer Vitamin-B1-, -B12- (pernizöse Anämie) oder Folsäure-
mangel
5 Medikamente (Chloramphenicol, Ethambutol, Isoniazid, Chloro-
quin, Digitalis, Streptomycin u. a.)
5 Methylakoholvegiftung, Toluene (Klebstoffe: »Schnüffeln«)
5 Schwermetalle
5 Bestrahlung

9.6 Differenzialdiagnose Papillenschwellung

4 Stauungspapille
5 bei erhöhtem Hirndruck (s. a. Pseudotumor cerebri), beidseitig,
hochprominente Papillenschwellung (»Sektkorken«)
5 vergrößerter blinder Fleck oder geringe Gesichtsfelddefekte
5 Rückbildung nach Wochen, Optikusatrophie bei persistierend
hohem Hirndruck möglich
5 Foster-Kennedy Syndrom: keine Stauungspapille bei Optikus-
atrophie
5 Abklärung durch Neurologen, Bildgebung
4 anteriore ischämische Optikusneuropathie (7 Abschn. 9.2)
5 einseitige asymmetrische Papillenschwellung mit Randblutungen,
akuter Visusverlust
4 Papillitis (7 Abschn. 9.8)
5 einseitige Papillenschwellung mit allmählichem Sehverlust,
Schmerzen
4 andere
5 vaskuläre Papillenschwellung (z. B. bei Fundus hypertonicus Grad
IV, Zentralvenenverschluss)
5 Infiltration des Sehnerven durch entzündliche/immunologische Er-
krankungen und Malignome
5 Kompressive Optikusneuropathie bei orbitaler Druckerhöhung
(z. B. bei Blutungen, endokrine Orbitopathie)
5 Pseudopapillenödem (z. B. bei Drusenpapillen, Hyperopie)
5 Lebersche Optikusneuropathie (7 Abschn. 9.4)

9.7 Sehbahn

9.7.1 Anatomie

4 Netzhaut – Nervus opticus – Chiasma opticum – Tractus opticus –


Corpus geniculatum laterale – Radiatio optica (Sehstrahlung) – Seh-
rinde (Okzipitalpol, Area 17/V1)
4 Nervenfasern (3. Neuron) der nasalen Netzhauthälfte kreuzen im
Chiasma opticum in den kontralateralen Tractus opticus
74 Kapitel 9 · Sehnerv und Sehbahn

Eigene Notizen 9.7.2 Topographische Anatomie des Chiasma opticum

4 inferior: Hypophyse
4 lateral: A carotis int., N. III, N. IV, V1 und V2, Sympathikusfasern
4 posterior: III. Vetrikel
4 perichiasmal: Sinus Cavernosus
4 superior: A. cerebri ant.

9.7.3 Sehbahnläsionen und Gesichtsfelddefekte

4 Nervus opticus: einseitige Gesichtsfelddefekte


4 Chiasma opticum: heteronyme Gesichtsfelddefekte (. Abb. 18, Farbteil)
4 Hypophysenadenom: bitemporale Hemianopsie (Scheuklappe)
4 retrochiasmale Läsionen (Tractus opticus, Sehrinde): homonyme
(gleichsinnige) Gesichtsfelddefekte (Läsion rechts – Gesichtsfeldefekte
nach links)

9.7.4 Pupillenstörungen und Anisokorie


9
Einteilung und Differenzialdiagnose
4 afferente Störung (Swinging-flashlight-Test positiv, nie Anisokorie),
amaurotische Pupillenstarre bei Erblindung
4 efferente Störung
5 Anisokorie mehr im Dunkeln: Dilatatorstörung (Sympathikus-
läsion)
5 Anisokorie mehr im Hellen: Sphinkterstörung (Okulomotoriusstö-
rung)
4 Pupillotonie (Holmes-Adie-Pupille)
5 tonische, wurmartige Kontraktionen, Denervierungs-Überemp-
findlichkeit auf Pilokarpin 0,1%, idiopathisch oder neurodegenera-
tive Erkrankungen
4 pharmakologische Anisokorie
5 Mydriasis: Pflanzen (Atropin), Medikamente, Rauschmittel (Koka-
in, Amphetamine u. a.), augenärztliche Mydriasis
5 Miosis: Opiate, Vergiftungen
5 essenzielle Anisokorie: kein Krankheitswert
5 Organerkrankungen des Auges: Irisläsionen, Reizmiosis bei Iritis,
entrundete Pupille bei Glaukomanfall, Trauma, Zustand nach Ope-
ration u. a.
4 selten
5 Argyll-Robertson-Pupille (reflektorische Pupillenstarre): Pupille
beidseits eng/entrundet, kaum Lichtreaktion, Licht-Nah-Dissozia-
tion, Neurolues, ZNS Erkrankungen
5 Parinaud-Syndrom (Mittelhirnpupille): Pupille beidseits mittelweit,
Mittelhirnläsion mit weiteren neuroophthalmologischen Be-
funden
9.8 · Neuritis nervi optici: Retrobulbärneuritis, Papillitis
75 9

4 > Memo Zur Ursachenabklärung bei Anisokorie muss eine ophthal- Eigene Notizen
mologische Untersuchung zum Ausschluss anderer Erkrankungen des
Auges mit sekundärer Anisokorie erfolgen.

Diagnostik
4 immer ophthalmologischer Organbefund
4 afferente Störung (ophthalmologische oder neuroophthalmologische
Erkrankung als Ursache)
4 efferente Störung
5 Sympathikusläsion (enge Pupille): Kokain-Test (Kokain AT 10%):
Mydriasis wenn Sympathikus intakt, persistierende Anisokorie bei
Horner-Sydrom (dann weitere neurologische Abklärung)
5 Okulomotoriusläsion (weite Pupille): Miosis nach Pilokarpin AT
1%; weitere neuroophthalmologische Ablärung (Motilitätsein-
schränkung, Ptosis)
4 Miosis nach Pilokarpin AT 0,1%: Pupillotonie
4 keine Miosis nach Pilokarpin AT 1%: pharmakologische Mydriasis
4 > Memo Trias bei Horner-Syndrom: Miosis, Ptosis, Enophthal-
mus.

9.8 Neuritis nervi optici:


Retrobulbärneuritis, Papillitis

4 Entzündung des Sehnerven, ophthalmoskopisch unauffällig (Retrobul-


bärneuritis) oder Papillenschwellung mit Randblutungen (Papillitis)
mit Funktionsausfall

Ätiologie
4 idiopathisch
4 multiple Sklerose
4 infektiöse Erkrankungen des Kindesalters, virale Infektionen
4 fortgeleitete Entzündungen (Nasennebenhöhlen, Orbita, ZNS)
4 granulomatöse Entzündungen und Infektionen (Tuberkulose, Syphilis,
Sarkoidose, Borreliose u. a.)

Klinik
4 allmählicher Sehverlust (meist über Tage), meist einseitig
4 relatives afferentes Pupillendefizit (RAPD)
4 Bewegungsschmerz, Repulsionsschmerz
4 Farbsinnstörung (Rotentsättigung)
4 Alter 10–45 Jahre (Retrobulbärneuritis: junge Erwachsene, Papillitis:
meist beidseitig, Kinder)
4 Uthoff-Zeichen: verstärkte Sehstörungen bei körperlicher Anstrengung
oder Erhöhung der Körpertemperatur
76 Kapitel 9 · Sehnerv und Sehbahn

Eigene Notizen Diagnostik


4 7 Abschn. 9.6
4 variable Gesichtsfelddefekte: Zentral-, Zentrozökalskotom, Hemi-
sphärendefekte, Bogendefekte
4 visuell evozierte Potenziale (VEP): zu Beginn nicht ableitbar (»ausge-
löscht«), dann Latenzverzögerung
4 andere neuroophthalmologische Symptome? (z. B. Motilitätseinschrän-
kung, Internukleäre Ophthalmoplegie u. a.)
4 neurologisches Konsil (multiple Sklerose?)

Therapie
4 intravenöse Hochdosissteroidtherapie (insbesondere bei schlechtem
Visus) oder abwarten
4 ggf. Therapie der Grunderkrankung

Prognose
4 günstig (meist Visusrehabilitation über Monate)
4 Rezidive möglich
4 abhängig von möglicher Grunderkrankung
9 > Memo Retrobulbärneuritis: Patient sieht nichts, Arzt sieht nichts.
10

Tag 1 – Augenheilkunde

10 Orbita
K. Hartmann

10.1 Anatomie – 78

10.2 Stumpfes Trauma – 78

10.3 Tumoren – 79
10.3.1 Maligne Tumoren – 80
10.3.2 Benigne Tumoren – 81

10.4 Endokrine Orbitopathie – 81

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_10, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
78 Kapitel 10 · Orbita

Eigene Notizen 10.1 Anatomie

4 nach hinten hin spitz zulaufender knöcherner Trichter, vorne durch den
Bulbus oculi und das Septum orbitale begrenzt
4 Gesamtvolumen 30 ml, davon 7 ml Bulbus oculi (von normaler Größe)
4 knöcherne Wände: Os zygomaticum lateral unten, Os frontalis lateral
oben und oben, Ala major des Os sphenoidale hinten lateral unten, Ala
minor hinten medial, Os ethmoidale (Lamina papyracea) medial,
Maxilla unten
4 medial, unten und oben vorne enger Kontakt zu den Nasenneben-
höhlen
4 Durchtrittsstellen: Fissura orbitalis superior (zwischen Ala major und
Ala minor) – durch diese verlaufen von medial nach lateral: V. orbitalis
inferior, N. nasociliaris, N. abducens, N. oculomotorius, N. trochlearis,
N. frontalis, N. lacrimalis, V. orbitalis superior; Canalis opticus (medial
der Fissura orbitalis superior) – durch diesen verlaufen der N. opticus
und die A. ophthalmica, um diese Austrittsstelle liegt der Anulus tendi-
nosus communis, aus dem alle äußeren Augenmuskeln entspringen mit
Ausnahme des M. obliquus inferior (dieser entspringt vom vorderen
medialen Orbitaboden)
4 Extrakonalraum: zwischen den knöchernen Orbitawänden und den ge-
raden Augenmuskeln und sie umgebendem Bindegewebe; beinhaltet
10 u. a. Orbitafett (als Gleitlager wichtig), Orbitavenen, lateral oben vorne
die Tränendrüse
4 Intrakonalraum: Inhalt zwischen den geraden Augenmuskeln und sie
umgebendem Bindegewebe, vorne durch den Bulbus begrenzt; bein-
haltet u. a. Orbitafett, N. opticus, Äste der A. und V. ophthalmica

10.2 Stumpfes Trauma

4 > Memo: Entweder der Bulbus »gibt nach« (eher selten) oder die knö-
chernen Strukturen, sehr selten beides.
4 Bulbusverletzung (Contusio bulbi)
5 Vorderkammerreiz
5 Augeninnendruck zu hoch (Verlegung des Kammerwinkels mit
Zelldetritus) oder zu niedrig (Ziliarkörper hat durch stumpfes Trau-
ma (Perfusion p) Produktion eingestellt oder reduziert)
5 Pupillenfunktionsstörung und -entrundung (M. sphincter pupillae
bezüglich der arteriellen Versorgung »letzte Wiese«, Iris sehr vulne-
rabel)
5 Berlin-Ödem der Netzhaut (durch Wassereinlagerung Verdickung
der Netzhaut, dadurch wird die Netzhaut dicker und die Aderhaut
schimmert nicht gut durch → weißliche Farbe entspricht Eigenfarbe
der Netzhaut)
5 Bulbusberstung (Sollbruchstellen = dünnste Stellen der Sklera am
Limbus und unter den Ansätzen der geraden Augenmuskeln)
5 Therapie
10.3 · Tumoren
79 10

J Vorderkammerreiz antiinflammatorisch behandeln (kortisonhal- Eigene Notizen


tige Augentropfen)
J Augeninnendruck wenn möglich regulieren
J Pupille nicht medikamentös beeinflussen, um die Spontanremis-
sion nicht zu behindern
J Bulbusberstungen müssen operativ versorgt werden
4 Fraktur der knöchernen Orbita
5 meist Orbitabodenfrakturen
5 Dehnungs- und Kontraktionsbehinderung des M. rectus inferior,
dadurch Zurückbleiben des betroffenen Auges bei Auf- und Ab-
blick, bei Aufblick Tieferstand, bei Abblick Höherstand = VD-Um-
schlag (Umschlag der Vertikaldeviation)
5 bei Erwachsenen Einklemmung von Orbitasepten im Bruchspalt,
die mit dem M. rectus inferior verbunden sind
5 bei Kindern echte Einklemmung des M. rectus inferior im Sinne
einer Grünholz-Fraktur möglich
5 Sensibilitätsstörung N. V2
5 Lidhämatom, fast immer assoziiert mit Jochbeinfraktur
5 Therapie
J operative Versorgung nach 2–3 Tagen (nach Abschwellung)
J Operationsindikationen: Doppelbilder = Motilitätsstörung, Sen-
sibilitätsstörung N. V2, deutlicher Enophthalmus (Zurücksinken
des Auges)
4 Selten
5 Fraktur der medialen Orbitawand (Abduktionseinschränkung durch
mechanische Dehnungsbehinderung des M. rectus internus)
5 Orbitadachfrakturen (operative Versorgung nur bei Liquorfistel)

10.3 Tumoren

Klinik
4 Visusminderung
4 Gesichtsfeldausfälle
4 Protrusio bulbi
4 Doppelbilder
4 Bewegungsschmerzen des Auges
4 Druckgefühl

Diagnostik
4 Visus reduziert bei Affektion des N. opticus
4 Gesichtsfeldausfälle bei Beteiligung des N. opticus
4 Swinging-flashlight Test = relatives afferentes Pupillendefizit, falls nur
eine Seite betroffen ist, werden die Pupillen bei gleicher Beleuchtung wie
beim Partnerauge beide weiter
4 Motilitätsanalyse – Doppelbilder?, Bewegungseinschränkungen durch
mechanische Behinderung?
4 Binokularstatus
80 Kapitel 10 · Orbita

Eigene Notizen 4 Exophthalmometrie nach Hertel – auf der betroffenen Seite meist Pro-
trusio bulbi, Ausnahme: bei szirrhösem Mammakarzinom (Metastase)
Enophthalmus möglich durch narbige Schrumpfung der die Umgebung
infiltrierenden Metastase
4 Organbefund (vorderer Augenabschnitt, Tensio, Fundus)
4 Photodokumentation
4 Ultraschall, CT oder NMR der Orbita
4 histologische Diagnosesicherung – diese sollte immer angestrebt wer-
den mit folgenden Ausnahmen:
5 kavernöse Hämangiome in der Orbita werden oft bei bildgebender
Diagnostik des Schädels als Zufallsbefund entdeckt, sie wachsen,
wenn überhaupt, langsam und stören meist nicht, ihre radiolo-
gischen Kriterien sind recht spezifisch – hier sind Verlaufskontrol-
len zu empfehlen
5 infauste Prognose quoad vitam – hier sollte bedacht werden, ob
nicht alleinige palliative Maßnahmen sinnvoller sind

10.3.1 Maligne Tumoren

4 ca. 45% aller Tumoren im Orbitabereich (. Abb. 19a, Farbteil)


4 ca. 15%: Metastasen von Karzinomen (alle Tumoren können in die Or-
10 bita metastasieren, z. B. Prostata-, Oropharynx-, Magen-, Mammakar-
zinom, malignes Melanom, Ewing-Sarkom, Leiomyosarkom)
4 ca. 10%: Lymphome
5 hier handelt es sich um niedrig-maligne Non-Hodgkin-Lymphome
(B-Zell-, MALT-, seltener T-Zell-Lymphom) und nicht, wie bei in-
traokularen Lymphomen, um hochmalige ZNS-Lymphome; daher
ist die Prognose quod vitam günstig
5 die Tumoren sind nicht heilbar, aber gut therapierbar (Bestrahlung
bei alleinigem Orbitabefall, ansonsten Chemotherapie – häufig Ex-
pression von CD20-Antigenen, die heute mit Rituximab (Anti-
CD20-Antikörper) gut und nebenwirkungsarm behandelbar sind)
5 primärer Tränendrüsenbefall häufig
4 ca. 8% Meningeome (Keilbein und N. opticus)
4 ca. 12% alle anderen malignen Tumoren, z. B. neuroendokrines Karzi-
nom, spindelzelliges Hämangioendotheliom, papillomatöses Karzinom,
melanotisches Schwannom, Osteom
4 histologische Diagnosesicherung je nach Lokalisation durch Ophthal-
mologen (Zugang durch die Bindehaut oder die Lider), HNO-Arzt (en-
doskopisch durch die NNH), Neurochirurg (Orbitadach oder laterale
Orbitawand), Kieferchirurg
4 danach Staging und interdisziplinäre Therapie mit Onkologen und
Strahlentherapeuten
10.4 · Endokrine Orbitopathie
81 10
10.3.2 Benigne Tumoren Eigene Notizen

4 ca. 50% aller Tumoren im Orbitabereich


4 ca. 12% immunologisch vermittelte entzündliche Orbitaprozesse (para-,
postinfektiös, Sarkoidose, M. Wegener, rezidivierende Polichondritis)
(. Abb. 19b, Farbteil)
5 die häufige endokrine Orbitopathie ist hier nicht subsumiert und
wird später abgehandelt (7 Abschn. 10.4)
5 Suche nach der Grunderkrankung (Labor)
5 antientzündliche medikamentöse Therapie (Steroide, nicht-
steroidale Antiphlogistika, Immunsuppressiva, ggf. Chemothera-
peutika)
4 ca. 10% Dermoide: zystischer Keimzelltumor (Teratom)
5 Innenfläche der Zyste von Hautgewebe ausgekleidet, Inhalt: Talg,
Haare, manchmal Hautanhangsgebilde (Zähne)
5 wächst an knöchernen Suturen – oft lateral vorne oben
5 operative Entfernung bei subjektiver Störung oder Bulbusimpressi-
on mit Astigmatismusinduktion
4 ca. 10% Hämangiome
5 meist kavernöse Hämangiome mit derber Kapsel und koaguliertem
Blut als Inhalt
5 meist im Intrakonalraum, oft als Zufallsbefund
5 meist bei Erwachsenen (kapilläre Hämangiome bei Kindern stellen
eine andere Entität dar: sie wachsen bis etwa zum 1. Lebensjahr, um
sich dann wieder zurückzubilden; sie müssen therapiert werden,
wenn die optische Achse nicht mehr frei ist und sich ansonsten eine
Amblyopie entwickeln würde, wegen Narbeninduktion primär
keine chirurgische Therapie, sondern Laserbehandlung und/oder
medikamentöse Therapie (Steroide, β-Blocker)
4 ca. 4% Pseudotumor orbitae
5 idiopathische lymphozytäre Entzündung mit reaktiver Fibrose
5 nach histologischer Diagnosesicherung Therapie mit Steroiden,
gute Prognose
4 ca. 4% Lipome
4 ca. 4% Zysten
4 weitere benigne Tumoren: in die Orbita eingebrochene Mukozelen,
Neurofibrom, Hamartom

10.4 Endokrine Orbitopathie

4 häufigste immunologische Orbitaerkrankung, etwa 2–3% aller Frauen


und 0,2–0,3% aller Männer in Mitteleuropa (genaue epidemiologische
Daten liegen nicht vor)
4 Autoimmunerkrankung des orbitalen Weichteilgewebes, entzündliche
Veränderungen der Tränendrüse, des Orbitafettes und der äußeren
Augenmuskeln
4 meist assoziiert mit M. Basedow oder Hashimoto-Thyreoiditis
82 Kapitel 10 · Orbita

Eigene Notizen Klinik


4 initial Druckgefühl, Tränen, Brennen, Chemose der Bindehaut, prä-
septale Lidschwellung, eventuell Diplopie (Doppelbilder)
4 Augenmuskelbefall: R. inferior > R. internus, M. levator palpebrae
5 sowohl Kontraktionseinschränkung durch Entzündung als auch
Dehnungsbehinderung durch Fibrose, letztere steht meist im Vorder-
grund, so dass bei Befall des R. inferior die Hebung des betroffenen
Auges eingeschränkt ist, bei Befall des R. internus die Abduktion und
bei Befall des M. levator palpebrae imponiert eine Oberlidretraktion
5 erst Verdickung der Muskeln durch lymphozytäre Infiltration und
Einlagerung von sauren Mukopolysacchariden, dann Vernarbung
mit eingeschränkter Dehnfähigkeit → Restriktion)
4 Lidretraktion
5 echte Lidretraktion durch Restriktion, sowohl Ober- als auch Un-
terlid möglich → weitere Lidspalte, scheinbar weiter vorstehendes
Auge; in diesem Fall Zurückbleiben des Oberlides bei Abblick
(von-Gräfe-Zeichen), bei Geradeausblick oben Skleraweiß sichtbar
(Dalrymple-Zeichen)
5 Pseudooberlidretaktion durch entweder erhöhten Sympathikotonus
bei hyperthyreoter Stoffwechsellage (der Müller-Muskel ist ein Lid-
heber, der sympathisch innerviert wird, bei erhöhtem Sympathiko-
tonus ist die Lidspalte weiter offen [Schreck, Aufmerksamkeit], bei
10 Ermüdung weiter geschlossen) oder durch Kontraktur des M. rectus
inferior (um das Auge in den Geradeausblick zu heben, muss mehr
Aufblickinnervation geleistet werden, hier liegt eine Koinnervation
des M. rectus superior mit dem M levator palpebrae vor, vermehrte
Aufblickinnervation steigert automatisch die Lidspaltenweite)
4 Erkrankung des Immunsystems bei genetisch disponierten Individuen,
psychische Stress- und Umwelteinflüsse als Triggerfaktoren
5 Toleranzverlust des Immunsystems gegenüber thyreoidalen Anti-
genen (TSH-Rezeptor)
5 »trouble maker« bei der endokrinen Orbitopathie ist der orbitale
Fibroblast, der TSH-Rezeptoren und IGF-1-Rezeptoren (Interakti-
on) »über«-exprimiert → hier ggf. zukünftige Therapieansätze
5 pathologische Aktivierung des Immunsystems gegen den TSH-Re-
zeptor, der von Schilddrüsengewebe, orbitalem Binde- und Fettge-
webe und von prätibialem Gewebe (Myxödem) exprimiert wird
5 orbitale Präadipozyten differenzieren sich zu Adipozyten → Volu-
menvermehrung von Orbitafett → Zunahme des orbitalen Gewebe-
volumens (nicht nur durch Ödemkomponente)
5 zunehmende Akkumulation von hydrophilen Glukosaminogly-
kanen, wachsende intraorbitale Raumnot (die Orbita ist ein nach
hinten spitz zulaufender knöcherner Trichter mit nur begrenztem
Raumangebot)
5 mechanische Komplikationen: Gewebehypoxie, Azidose, oxidative
Schädigungsmechanismen
5 dies wird durch Rauchen verstärkt; Rauchen hat auch einen syner-
gistischen Effekt auf die IL-1 induzierte Adipozytogenese – hier
10.4 · Endokrine Orbitopathie
83 10

liegen Interaktionen mit negativer Auswirkung sowohl auf immu- Eigene Notizen
nologischer Ebene als auch bezüglich der mechanischen Komplika-
tionen, Raucher sind stärker betroffen mit schwereren und protra-
hierteren Krankheitsverläufen
5 Therapie: Rauchen einstellen!
5 die Erkrankung durchläuft zunächst eine Akutphase über Wochen,
erreicht dann über Wochen bis Monate ein Plateau, um dann lang-
sam »auszubrennen«
5 bei schlaffem Septum orbitale kann das Gewebe nach vorne aus-
weichen, es entwickelt sich eine deutlich sichtbare Protrusio bulbi,
allerdings baut sich in der Orbita kein hoher Druck auf, so dass die
Perfusion des N. opticus bei dieser Konstellation besser ist
5 bei straffem Septum orbitale entwickelt sich nur eine geringe Protrusio
bulbi, allerdings ein erhöhter intraorbitaler Druck mit nachfolgender
Perfusionsstörung des N. opticus (»Optikuskompression«), hier sind
v. a. Männer betroffen, die von der Erkrankung weniger häufig befal-
len sind, aber deutlich häufiger Optikopathien entwickeln
5 bezüglich der Therapie muss die Schilddrüse optimal therapiert
werden: Euthyreose, ein Jahr lang thyreostatische Therapie,
dann Auslassversuch, bei Rezidiv Radiojodtherapie ( ! Cave
Ausschwemmung von TSH-Rezeptor-Autoantikörpern → Ver-
schlechterung der endokrinen Orbitopathie → Steroidprophylaxe
erforderlich!) oder Thyreoidektomie
5 bezüglich der ophthalmologischen Therapie muss klinisch entschie-
den werden, ob die Erkrankung noch floride ist oder nicht mehr
floride (= ausgebrannt)

Therapie
4 Tränendrüsenbefall → Sicca-Syndrom (wird durch weitere Lidspalte
verstärkt, da mehr Schleimhautoberfläche (Hornhaut und Bindehaut)
freiliegt): künstliche Tränen als Augentropfen; damit kann eine Ulkus-
bildung der Hornhaut vermieden werden
4 präseptale Lidschwellung/Ödem: systemisch Steroide (i.v. günstiger als
oral, da besserer Effekt, weniger Nebenwirkungen, mehr Responder)
oder – bei milderen Formen – Lymphdrainage
4 Lidretraktion → wenn nicht mehr floride: operative Lidverlängerung
4 Exophthalmus = Protrusio bulbi: wenn nicht mehr floride zur kosme-
tischen Rehabilitation Orbitadekompression = Entfernen von Knochen-
strukturen zu den NNH → das Gewebe kann nach hinten »sinken« oder
Orbitafettresektion
4 Motilitätsstörung, Doppelbilder: bei Floridität wenn möglich Ausgleich
mit Prismengläsern oder Okklusion eines Auges, evtl. Retrobulbärbe-
strahlung, später Augenmuskelchirurgie
4 Visusminderung durch Perfusionsstörung des N. opticus: hochdosiert
Steroide i.v. und knöcherne Orbitadekompression (auch wenn die Er-
krankung noch floride ist) oder Orbitafettresekion (wenn v. a. das Fett-
volumen vermehrt ist)
11

Tag 1 – Augenheilkunde

11 Strabismus
K. Hartmann

11.1 Definitionen – 85

11.2 Grundlagen – 85

11.3 Begleitschielen – 85

11.4 Paretisches Schielen – 89


11.4.1 Okulomotoriusparese – N.-III-Parese – 90
11.4.2 Trochlearisparese – N.-IV-Parese – 90
11.4.3 Abduzensparese – N.-VI-Parese – 90

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_11, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
11.3 · Begleitschielen
85 11
11.1 Definitionen Eigene Notizen

4 Schielen: Fehlstellung eines Auges; das fixierende Auge ist auf das Seh-
objekt gerichtet, das nicht fixierende (schielende) Auge weicht ab
4 Begleitschielen, Strabismus concomitans: angeboren oder in früher
Kindheit erworben → keine Diplopie, Suppression → Amblyopiegefahr
4 paretisches Schielen, Strabismus incomitans: Augenmuskellähmungen,
meist erworben → Doppelbilder (Diplopie)

11.2 Grundlagen

4 Monokulare Lokalisation: Hauptsehrichtung: die Fovea zentralis der Netz-


haut hat den Richtungswert geradeaus. Was sich auf der Fovea abbildet,
wird im Raum »geradeaus« lokalisiert. Nebensehrichtungen: ein Objekt,
das sich rechts von der Fovea abbildet, wird mit entsprechendem Betrag
im Raum nach links lokalisiert und umgekehrt; dies ist normalerweise für
beide Augen synchron verschaltet = korrespondierende Netzhautstellen
4 Der Raum hat eine Tiefe, fixiert wird aber nur in einer frontalen Ebene
→ Objekte vor und hinter dieser Ebene werden physiologischerweise
doppelt gesehen, ohne dass dies bewusst wahrgenommen wird. Ein
kleinerer Bereich vor und hinter der Fixationsebene kann – obwohl nicht
korrespondierende Netzhautstellen gereizt werden – binokular überla-
gert werden, es entsteht ein Stereoeindruck. Der Bereich im Raum, für
den dies möglich ist, heißt Horopter; der Bereich der Netzhaut, der hier
dynamisch binokular verschaltet werden kann, heißt Pannum-Areal.

11.3 Begleitschielen

4 Durch die Schielstellung ist beidäugiges Sehen von Kindheit an gestört.


Ein Auge fixiert, die Fovea hat den Richtungswert geradeaus. Die Fovea
des abweichenden Auges hat ebenfalls den Richtungswert geradeaus,
dort bildet sich aber ein anderes Objekt ab, also müssten eigentlich 2
Bilder überlagernd den Richtungswert »geradeaus« haben (Konfusion).
Das kindliche = noch plastische Gehirn merkt schnell, dass dies nicht
sein kann, also wird das zentrale Bild des abweichenden Auges nicht
wahrgenommen, es baut sich ein funktionelles Skotom der Fovea auf,
das vor Konfusion schützt. Das Objekt, das von der Fovea des fixie-
renden Auges wahrgenommen wird, bildet sich auf dem schielenden
Auge exzentrisch ab, gewinnt dadurch einen anderen Raumwert. Ein
Bild wird demnach an 2 verschiedenen Orten im Raum wahrgenom-
men (Diplopie = Doppelbild), das kindliche plastische Gehirn unter-
drückt diesen störenden Seheindruck ebenfalls und baut ein funktio-
nelles Fixierpunktskotom auf. Diese Unterdrückungsmechanismen
nennen sich Suppression, sie schützen vor Diplopie und Konfusion,
führen aber auch dazu, das ein Auge amblyop = sehschwach bleiben
kann/werden kann, obwohl es organisch gesund ist. Die Verschaltung
86 Kapitel 11 · Strabismus

Eigene Notizen zwischen Retina und visuellem Kortex ist in diesem Fall minder-
repräsentiert. Der Visus bei einem Neugeborenen liegt geschätzt nur bei
0,1, alles andere wird durch Lernen = »Benutzen« erst erworben.
4 > Memo Schielen ist keine Krankheit der Augen, sondern des Gehirns
= der beidäugigen Bildverarbeitung«.
4 Inzidenz: 5–7% (Mitteleuropa); häufiger bei Risikogeburten, Frühge-
burten; familiär gehäuft
4 Amblyopie
5 Schwachsichtigkeit ohne organischen Fehler oder mit einem, der
nicht im Verhältnis zum Grad desselben steht
5 neuronale Verschaltungen zwischen Retina und visuellem Kortex
werden in der Kindheit (bis zur Pubertät) aufgebaut = »learning by
using«, Abbau → Visus p ist jederzeit möglich
5 der Visus des amblyopen Auges ist beim Schielen mit streng einsei-
tiger Führung ohne Therapie nur 0,1!
5 Therapie: schielendes Auge zum Sehen zwingen, indem das Füh-
rungsauge abgeklebt = okkludiert wird
5 Schielen ist die Hauptursache für Amblyopie
5 weitere Ursachen: Deprivationsamblyopie durch Ptose, Hämangi-
om des Oberlides, kongenitaler Katarakt und persistierendem hy-
perplastischem Glaskörper und Refraktionsamblyopie bei hoher
Hyperopie, hohem Astigmatismus, Anisometropie
4 bei kleineren Schielwinkeln wird die Fovea des fixierenden Auges mit
einer etwas in Richtung Schielwinkel abweichenden Netzhautstelle des
11 nicht fixierenden Auges verschaltet = anomale Netzhautkorrespondenz.
Dies ermöglicht grobes Binokularsehen. Daraus ergibt sich ein Anoma-
liewinkel, der nicht operabel ist, aber auch (ähnlich wie die Größe und
Defekttiefe der Suppressionsskotome) dynamisch ist und verschoben
werden kann
4 Phorie
5 latentes Schielen
5 kein Parallelstand, wenn die beidäugige Zusammenarbeit unterbro-
chen ist, Einstellbewegungen nur bei Aufdecken (Refusion) oder im
alternierenden Abdecktest
5 »normal«: 80% aller Menschen haben keinen Parallelstand, wenn
das beidäugige Sehen unterbrochen ist
5 selten Dekompensation → asthenopische Beschwerden: »blurred
vision«, bifrontale Kopfschmerzen, Brennen, Tränen, Diplopie
5 Dekompensation bei Übermüdung oder unter Alkoholeinfluss
normal
5 Therapie: Prismenausgleich, Augenmuskeloperation

Diagnostik
4 Covertest = Abdecktest
5 das führende = fixierende Auge wird abgedeckt
5 nun muss das nicht fixierende Auge die Führung aufnehmen und
macht eine Bewegung = Einstellbewegung. Dies beweist manifestes
Schielen
11.3 · Begleitschielen
87 11

5 wird die Führung mit dem nun fixierenden Auge gehalten? Wenn Eigene Notizen
ja, wie lange? → Rückschluss auf den Schweregrad der Amblyopie
4 Uncovertest = Aufdecktest
5 weicht ein Auge unter dem Abdecken in eine »Ruheposition« ab, die
nicht dem Geradeausblick entspricht, und liegt beidäugiges Ein-
fachsehen vor, so macht dieses Auge nach Aufdecken eine Fusions-
bewegung (latentes = phorisches Schielen)
4 Prismencovertest
5 mit Prismen (lenken den Lichtstrahl in einer definierten Größe zur
Basis hin ab) kann man den Schielwinkel neutralisieren und so die
Größe bestimmen (die beim Begleitschielen nicht statisch, sondern
dynamisch ist und sich situativ ändern kann)
4 Visusprüfung (zentrale Sehschärfe)
5 mit »konservativen« Methoden ab dem 2. Lebensjahr möglich, mit
speziellen Tests (»preferential looking«) schon bei Säuglingen
5 wichtig: Seitendifferenz und absolute Werte streuen erheblich (Auf-
merksamkeit, Lerneffekt, Angst vor Fehlern bei Schulkindern)
5 Visus für Einzeloptotypen (einzeln stehende Sehzeichen) steigt etwa
bis zum 8. Lebensjahr auf 1,0; der Reihenvisus ist erst zur Pubertät
voll entwickelt
5 normierte Sehzeichen sollten verwendet werden
4 Stereotests, Prüfung des Simultansehens (Bagolini-Lichtschweiftest)
4 Organbefund: Trübung der brechenden Medien? Netzhautverände-
rungen? Refraktion?
4 abgegrenzt werden müssen:
5 Pseudostrabismus: bei breitem Nasenrücken, Epikanthus → schein-
bares Innenschielen; bei positivem oder negativem Winkel Kappa
(Winkel zwischen Gesichtslinie (Fovea centralis → Objekt) und Pu-
pillenachse (Pupillenmitte → Hornhautscheitel); die Fovea centralis
liegt in der Regel nicht genau am hinteren Augenpol, sondern etwas
nach temporal verschoben → dies verursacht einen positiven Winkel
Kappa (scheinbares Außenschielen bei monokularer Fixation)
5 Lidasymmetrien (durch einen Oberlidhöherstand kann z. B. ein
Höhenschielen vorgetäuscht werden)

Definitionen
4 Tropie: manifestes Schielen
4 Phorie: latentes Schielen
4 Esotropie: Innenschielen
4 Exotropie: Außenschielen
4 Hypotropie: Tieferstand rechts = Höherstand links; –VD (Vertikaldevi-
ation)
4 Hypertropie: Höherstand rechts = Tieferstand links; +VD
88 Kapitel 11 · Strabismus

Eigene Notizen Therapie


4 Okklusion
5 stundenweise Abkleben des führenden Auges, damit das nicht füh-
rende Auge »zum Sehen gezwungen wird« und sich so neuronale
Verschaltungen zwischen Retina und visuellem Kortex aufbauen
können, die für einen guten Visus erforderlich sind
5 Therapiebeginn ab dem 6. Lebensmonat (rascher Erfolg mit weniger
Aufwand bei frühem Beginn)
5 Nachsorge: Erhaltokklusion ggf. bis zur Pubertät; die tägliche Stun-
denzahl richtet sich nach Führungsverhalten, Visus und Alter; Be-
handlung muss der Visusentwicklung angepasst werden
4 Brille
5 Hyperopie korrigieren, oft teilakkommodative Esotropie, manch-
mal rein akkommodativ
5 bei Hyperopie muss bereits in der Ferne akkommodiert werden, um
ein scharfes Bild zu erhalten. Dies ist mit Konvergenz gekoppelt und
kann beim Schielen oft nicht entkoppelt werden. Dies führt wiede-
rum zu größeren Innenschielwinkeln, die sich durch Tragen einer
entsprechenden Brille entspannen
4 akkommodativer Konvergenzexzess
5 Akkommodation → »zu viel« Konvergenzimpuls, größerer Nah-
schielwinkel
5 Therapie: Nahaddition in der Brille
4 Augenmuskeloperation
11 5 Anomaliewinkel kann nicht »wegoperiert« werden
5 Operation vor der Einschulung zu empfehlen
4 ursächliche Therapie nicht möglich

Schielformen
4 akkommodative Esotropie
5 Beginn um das 2. Lebenshalbjahr (Fixationsbeginn)
5 durch Hyperopie ausgelöst: scharfes Sehen in der Ferne nur durch
Akkommodation → löst Konvergenzimpuls aus
5 Brille → Parallelstand
4 frühkindliches Schielsyndrom
5 frühkindliche Esotropie: mit Abstand häufigste Schielform, Beginn
im 1. Lebensjahr
5 Innenschielen + Nystagmus latens (jeweils außenschlägiges Augen-
zittern, wenn dem Partnerauge Licht entzogen wird) + dissoziiertes
Höhenschielen (Abdriften des schielenden Auges nach oben) +
Kopfzwangshaltung + »crossed fixation« (Fixation in Adduktion –
weil hier der Nystagmus latens am ruhigsten ist und ein schärferes
Bild resultiert) + Winkelschwankungen (größerer Winkel bei Mü-
digkeit und in der Nähe)
4 Mikrostrabismus
5 meist Mikroesotropie, selten Mikroexotropie
5 Schielwinkel <5° (kosmetisch unauffällig)
5 anomale retinale Korrespondenz, Simultansehen, manchmal sub-
normales Stereosehen, meist strenge Führung eines Auges
11.4 · Paretisches Schielen
89 11

5 ! Cave Bei fehlender Vorsorge wird das Schielen oft erst spät Eigene Notizen
(6. Lebensjahr) erkannt. Mit Amblyopietherapie kann dann kein
voller Visus mehr erreicht werden.
5 Vorsorge daher sehr wichtig
4 normosensorisches Spätschielen
5 Schielbeginn >3. Lebensjahr
5 oft Diplopie, Zukneifen eines Auges (anfangs)
5 strabologischer Notfall: sofortige Entlastung durch Prismen, Bril-
lenbestimmung → akkommodativ?
5 falls mit Brille keine Rekompensation: rasche Operation, sonst droht
Verlust des Stereosehens
4 Strabismus divergens intermittens
5 häufigste Form des Außenschielens
5 zeitweise Parallelstand mit normalem bis subnormalem Binokular-
sehen, zeitweise Exotropie ohne Diplopie mit Suppression (2 senso-
rische binokulare Verarbeitungen wechseln sich ab)
5 oft Lichtempfindlichkeit (Ursache unklar)
5 Operation nur bei Dekompensation >50% der Wachzeit oder bei
Visusabfall

11.4 Paretisches Schielen

4 Wirkung der äußeren Augenmuskeln, betrachtet wird schematisch ein


rechtes Auge von vorne . Abbildung

4 die Wirkungen beziehen sich auf den Geradeausblick. Anhand des Pfeil-
verlaufes kann man diese ableiten. Der Muskel steht jeweils an der Stel-
le seiner Hauptwirkung (seines effektivsten Hebelarmes), dies entspricht
jedoch nicht der Zugrichtung!
4 der Hebelarm der Obliqui kommt von vorne und setzt schwerpunktmä-
ßig hinter dem Äquator an, daher hebt der Obl. inferior und der Obl.
superior ist ein Senker
4 Definition: Inzyklorotation: die obere Hälfte des Bulbus rotiert zur
Nase hin, Exzyklorotation: die obere Hälfte des Bulbus rotiert nach
außen
90 Kapitel 11 · Strabismus

Eigene Notizen 4 Innervation: N. trochlearis (N. IV): M. obliquus superior; N. abducens


(N. VI): M. rectus externus; N. oculomotorius (N. III): alle anderen
Muskeln incl. des M. levator palpebrae
4 Augenmuskelparesen sind meist erworben, daher werden meist Dop-
pelbilder wahrgenommen, da keine Suppression erlernt wurde

11.4.1 Okulomotoriusparese – N.-III-Parese

4 1/3 aller Augenmuskelparesen, selten komplett


4 Augenbewegungsstörung: Defizit der Adduktion, Hebung und Senkung,
das Auge steht nach außen, etwas tiefer und in Inzyklotropie – der M.
obliquus superior wirkt noch
4 Ptosis
4 Mydriasis – erweiterte Pupille, bei gleichzeitig betroffenen parasym-
pathischen Fasern, die Innervation des M. sphincter pupillae fällt
aus
4 Akkommodationslähmung – bei gleichzeitig betroffenen parasympa-
thischen Fasern, die Innervation des M. ciliaris fällt aus

11.4.2 Trochlearisparese – N.-IV-Parese

4 1/4 aller Augenmuskelparesen


11 4 Augenbewegungsstörung: Defizit der Senkung in Adduktion
4 Exzyklotropie
4 höhenversetzte und verkippte Doppelbilder, der Doppelbildabstand
nimmt bei Abblick zu
4 positiver Bielschowsky-Kopfneigetest
5 bei Kopfneigung zur betroffenen Seite wird vom paretischen Auge
Inzyklorotation gefordert, der M. obliquus superior wirkt nicht
mehr, also muss der R. superior als 2. Inzyklorotator vermehrt
innerviert werden und zieht gleichzeitig das Auge nach oben, was
die Höhenabweichung verstärkt
5 bei Kopfneigung zur Gegenseite kann das betroffene Auge exzyklo-
rotieren, die Höhenabweichung wird weniger
5 kompensatorische Kopfzwangshaltung: Neigung zur Gegenseite

11.4.3 Abduzensparese – N.-VI-Parese

4 ca. 45% aller Augenmuskelparesen


4 ipsilaterale Abduktion eingeschränkt (. Abb. 20, Farbteil)
4 Esotropie im Geradeausblick: homonyme Doppelbilder
4 kompensatorische Kopfzwangshaltung: Kopfdrehung zur betroffenen
Seite
4 Fernwinkel > Nahwinkel, in der Nähe muss weniger konvergiert
werden
11.4 · Paretisches Schielen
91 11

4 Abklärung Eigene Notizen


5 bei älteren Patienten mit vaskulären Grunderkrankungen:
J Diabetes mellitus, Hypertonus → meist ist dies die Ursache der
Parese
J sehr hohe Spontanremissionsrate, daher abwarten und nach etwa
6 Wochen klinische Kontrolle
J bei Schielwinkelregress/Remission keine weitere Abklärung er-
forderlich, internistische Therapieoptimierung
J bei Progress umfangreiche Abklärung (s. unten) und NMR
Schädel
5 bei jüngeren Patienten sofort Abklärung:
J Labor (Routinelabor, BSG, Differenzialblutbild, Gerinnung,
Borrelien-Antikörper, Lues-Serologie, HIV, Antikörper gegen
neurotrope Viren)
J NMR Schädel
J Lumbalpunktion – meist entzündliche/virale Erkrankungen
J Raumforderungen möglich
12

Tag 1 – Augenheilkunde

12 Verletzungen
P. Walter

12.1 Lidverletzungen – 93

12.2 Verletzungen des Augapfels – 93


12.2.1 Orbitabodenfraktur – 94
12.2.2 Bulbuseröffnende Verletzungen – 94

12.3 Verätzungen – 95

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_12, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
12.2 · Verletzungen des Augapfels
93 12
12.1 Lidverletzungen Eigene Notizen

4 Einwirkung stumpfer oder scharfer Gewalt auf die Augenumgebung

Ätiologie
4 Wurfgeschosse
4 Holzscheite
4 Explosionen
4 Messerstiche
4 Hundebisse
4 Kleiderbügelhaken u. v. a. m.

Klinik
4 z. T. erhebliche Zerreißungen der Lider und der Tränenwege

Therapie
4 Tetanusprophylaxe
4 Inspektion und Reinigung der Wunde
4 schichtweiser, anatomisch korrekter mikrochirurgischer Wundver-
schluss
4 Rekonstruktion der Tränenwege primär anstreben mit Schienung und
direkter Naht der Canaliculi
4 Antibiose insbesondere bei Bissverletzungen unumgänglich

Komplikationen
4 Infektionen
4 Narbenektropium, -entropium
4 sekundärer Tränenwegsverschluss mit Epiphora

12.2 Verletzungen des Augapfels

Klassifikation
4 nicht-bulbuseröffnende Verletzungen
5 Bindehautrissen
5 Lazerationen der Hornhaut
5 Erosio corneae
5 Licht-/Temperturschäden
5 Verätzungen
5 Prellungen
4 bulbuseröffnende Verletzungen
5 Hornhautperforation
5 Bulbuspenetration mit oder ohne Fremdkörper
5 Bulbusperforation mit Eintritts- und Austrittsöffnung
5 Bulbusberstung
94 Kapitel 12 · Verletzungen

Eigene Notizen Diagnostik


4 Unfallhergang analysieren, Fremdkörperherkunft, Material?
4 Vorerkrankungen am Auge (z. B. Kataraktoperation?)
4 Sehleistung vor dem Unfall?
4 Visusprüfung, Druckmessung, Spaltlampe, Fundusuntersuchung je
nach Ausmaß der Verletzung
4 Inspektion manchmal in Narkose erforderlich, z. B. bei Kindern oder
Polytrauma
4 ggf. bildgebende Diagnostik mit Röntgen Orbita in zwei Ebenen oder
CT
4 ! Cave: bei metallischen Fremdkörpern im Auge kein NMR!

Therapie
4 Bindehauteinrisse: Naht
4 Hornhautlazeration: Kontaktlinse
4 Erosio corneae: Gleitmittel, lokale Antibiose
4 Metallfremdkörper auf der Hornhaut: Fremdkörperentfernung und
Ausfräsen des Rosthofs
4 Hornhautperforation: Naht, ggf. Kontaktlinse
4 Bulbusprellung mit Netzhautödem: Steroide
4 intraokulare Verletzungen: operative Rekonstruktion

12.2.1 Orbitabodenfraktur

4 Prellung der Orbita kann zur Fraktur des Orbitabodens führen


4 z. B. Faustschlag, Holzscheit, Ballsportverletzung
12 4 Loco typico: Orbitaboden über dem Sinus maxillaris
4 Komplikationen:
5 Orbitafett fällt in den Bruchspalt: Einsinken des Augapfels
5 Einklemmung des M. rectus inferior: Doppelbilder beim Blick nach
oben
5 bei Fraktur der medialen Siebbeinwand tritt Luft in die Lidhaut ein:
Hautemphysem
4 operatives Vorgehen interdisziplinär mit HNO und Kieferchirurgie ab-
stimmen

12.2.2 Bulbuseröffnende Verletzungen

Ätiologie
4 Hammer-/Meißel-Verletzungen
4 Stichverletzung
4 Geschossverletzung
4 Explosion
4 schwerste Prellung mit Bulbuszerreißung
12.3 · Verätzungen
95 12
Klinik Eigene Notizen
4 manchmal weitere Verletzungen, Polytrauma
4 Augapfel eingesunken ( ! Cave nicht immer, siehe gedeckte Ruptur!)
4 bei gedeckter Ruptur scheint der Augapfel intakt, der Riss ist unter der
Bindehaut verborgen, Augeninhalt kann unter der Bindehaut liegen
4 Linse, Iristeile, Aderhaut, Glaskörper, Netzhaut treten vor
4 oft ausgedehnte Bulbusblutung

Therapie
4 primärer Wundverschluss
4 bei Verdacht auf eine gedeckte Ruptur immer in Operationsbereit-
schaft
4 unter dem Operationsmikroskop inspizieren, ggf. Bindehaut eröffnen
4 nach ca. 1 Woche dann definitive Versorgung mit Rekonstruktion
4 oft Silikonölendotamponade erforderlich

Komplikationen
4 Traktionsamotio
4 Sekundärglaukom
4 Hypotonie
4 Hornhauttrübung
4 Endophthalmitis
4 sympathische Ophthalmie (7 Kap. 4)
4 Siderose (eisenhaltige intraokulare Fremdkörper)
4 Chalkose (bei kupferhaltigen Fremdkörpern)

Prognose
4 hängt vom Ausmaß der Gewebszerreißung ab

12.3 Verätzungen

Ätiologie
4 unfallbedingte oder durch Attentate bedingter Kontakt mit Säuren
(Koagulationsnekrosen) oder Laugen (Kolliquationsnekrosen)

Klinik
4 Bindehautchemose
4 Injektion der Bindehautgefäße
4 Hornhautstippung
4 Erosio corneae
4 Bindehautischämien mit Gefäßabbrüchen
4 Hornhauttrübung
4 intraokularer Reizzustand
4 weiße Hornhautverfärbung (»gekochtes Fischauge«)
96 Kapitel 12 · Verletzungen

Eigene Notizen Therapie


4 Sofortmaßnahmen
5 Entfernung sämtlichen ätzenden Materials aus den Umschlagfalten
der Bindehaut (Ektropionieren)
5 ausgiebige intensive Spülung möglichst mit wässrigen Lösungen
5 Transport in eine Augenklinik
5 während des Transportes Spülung mit puffernden Lösungen
5 nach Eintreffen in der Klinik Spülung fortsetzen
5 lokale Antibiotika und Steroide
5 bei Ischämie der Bindehaut und des Limbus-Peritomie
5 Debridément von nekrotischer Bindehaut am Tarsus
5 Lösen von Lidverklebungen
4 Therapie der Verätzungsfolgen
5 rekonstruktive Lidchirurgie
5 Hornhautransplantation
5 Transplantation von Limbusstammzellen
5 Ersatz der Bindehaut durch Mund- oder Nasenschleimhaut
5 ggf. Hornhautprothese

Komplikationen
4 Sicca-Syndrom
4 Lidkantenvernarbung
4 dauerhafte Hornhauttrübung
4 Limbusinsuffizienz

Prognose
4 hängt vom Schweregrad ab, je ischämischer desto ungünstiger
12
13

Tag 1 – Augenheilkunde

13 Augenerkrankungen
bei Allgemeinleiden
P. Walter

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_13, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
98 Kapitel 13 · Augenerkrankungen bei Allgemeinleiden

Eigene Notizen 4 Diabetes mellitus


5 Diabetiker müssen aufgrund der häufigen Augenkomplikationen
regelmäßig beim Augenarzt vorgestellt werden: Visus- und Druck-
bestimmung, Untersuchung des vorderen Augensegmentes und
Fundusuntersuchung bei weiter Papille
5 wichtigste Komplikationen des Diabetes am Auge
J diabetische Retinopathie
J Katarakt
J Glaukom
J Netzhautablösung
4 arterielle Hypertonie – Fundus hypertonicus
5 Einteilung in 4 Schweregrade nach Thiel:
J I: Verengung der Arteriolen und vermehrte Gefäßschlänge-
lung
J II: Kreuzungszeichen, Venolen gestaut, Silberreflex der Arte-
riolen
J III: Blutungen, Cotton-wool-Exsudate, Exsudate in der Makula
J IV: Papillenödem, Optikusatrophie
5 Beschwerden nur im Stadium III und IV mit Sehverschlechte-
rung
5 Therapie durch Einstellung des Blutdrucks
5 hohe Assoziation mit Venenthrombosen oder arteriellen retinalen
Verschlüssen
4 Rheumatische Erkrankungen
5 rheumatische Erkrankungen können zu verschiedenen Uveitis-
formen am Auge führen
5 Beispiele: Iridozyklitis beim M. Bechterew, Iritis bei rheumatoider
Arthritis
5 neben der Therapie der Grunderkrankung muss eine lokale Stero-
13 idtherapie erfolgen
4 Immunsuppression
5 unter einer laufenden Immunsuppression kann es zu verschiedenen
endogenen Infektionen an allen Augenabschnitten kommen, z. B.
zu einer endogenen Endophthalmitis
4 HIV-Infektion
5 Uveitis anterior
5 feine Präzipitate an der Hornhautrückfläche meist durch Viren der
Herpesgruppe
5 Retinitis
J meist als CNV-Retinitis mit Nekrosen der Netzhaut von peripher
beginnend mit Blutungen, Exsudaten und Ödemen, nach zentral
fortschreitend
J seltener als Herpes-Retinitis
J Behandlung mit entsprechender systemischer und lokaler anti-
viraler Therapie, ggf. mit antiviralen Medikamententrägern im
Auge
5 HIV-Retinopathie
J meist feine Cotton-wool-Exsudate am hinteren Pol
13 · Augenerkrankungen bei Allgemeinleiden
99 13

4 andere Infektionen Eigene Notizen


5 andere Infektionen treten im Glaskörperraum oder in der Netzhaut
deutlich häufiger bei HIV-Patienten auf als bei immunkompetenten
Patienten, z. B. Pilzinfektionen (Candida, Aspergillose u. a.)
5 da das klinische Bild wegen der fehlenden Immunantwort des
Patienten atypisch ist, bringt oft nur eine diagnostische Punktion
Klarheit
5 Therapie richtet sich nach der Ursache
14

Tag 1 – Augenheilkunde

14 Tropenophthalmologie
P. Walter

14.1 Trachom – 101

14.2 Lepra – 101

14.3 Onchozerkose – 101

14.4 Vitamin-A-Mangelerkrankungen – 102

14.5 Katarakt – 102

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_14, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
14.3 · Onchozerkose
101 14
14.1 Trachom Eigene Notizen

4 Infektionskrankheit durch Chlamydia trachomatis, wird durch Fliegen


übertragen
4 eine der häufigsten Erblindungsursachen weltweit

Klinik (. Abb. 21, Farbteil)


4 follikuläre Bindehautentzündung
4 Granulombildung
4 Oberlidentropium
4 Trichaisis
4 chronische Erosio mit Keratitis
4 Narben und Trübung der Hornhaut

Therapie
4 Erythromicin oder Tetracyclin Augensalbe
4 operative Korrektur des Entropiums
4 Prognose der Keratoplastik beim Trachom ungünstig
4 Prophylaxe: Hygiene!

14.2 Lepra

4 systemische Infektionskrankheit durch Mycobacterium leprae

Klinik
4 akute Iritis
4 chronische Iritis
4 Skleritis, Episkleritis
4 Keratitis
4 Sekundärglaukom

Therapie
4 systemisch mit Dapson und Rifampicin
4 lokal mit Steroiden

14.3 Onchozerkose

4 parasitäre Infektionskrankheit durch Onchocerca volvulus


4 sehr häufige Infektionskrankheit im tropischen Afrika an Flüssen
(Flussblindheit)

Klinik
4 Uveitis
4 Keratitis
4 Skleritis
4 sekundäre Katarakt
102 Kapitel 14 · Tropenophthalmologie

Eigene Notizen 4 Aderhautatrophie


4 Neuritis nervi optici

Therapie
4 Suramin, Diethylcarbamazin
4 symptomatisch

14.4 Vitamin-A-Mangelerkrankungen

Klinik
4 Nachtblindheit
4 Austrocknen der Bindehaut und Hornhaut
4 Hornhauttrübung
4 Metaplasie

Therapie
4 Vitamin-A-Substitution
4 eiweißreiche Ernährung
4 Verhindern von Durchfallserkrankungen und anderen Infektions-
krankheiten

14.5 Katarakt

Aufgrund der fehlenden flächendeckenden Infrastruktur für Kataraktope-


rationen in den Entwicklungsländern werden viele Fälle nicht behandelt.
Vermeidbare Blindheit ist das Ergebnis z. T. bereits im früheren Alter.

14
15

Tag 1 – Augenheilkunde

15 Sehbehinderung, Rehabilitation
und rechtliche Grundlagen
P. Walter

15.1 Sehbehinderung und Erblindung – 104

15.2 Verkehrmedizin – 104

15.3 Entschädigungsrecht – 104

15.4 Rehabilitation – 105

15.5 Frühförderung, Förderschulen – 105

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_15, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
104 Kapitel 15 · Sehbehinderung, Rehabilitation und rechtliche Grundlagen

Eigene Notizen 15.1 Sehbehinderung und Erblindung


Definitionen
4 Sehbehinderung liegt vor, wenn auf dem besseren Auge die Sehschärfe
unter 0,3 liegt
4 als hochgradig sehbehindert gilt, wer auf dem besseren Auge nicht mehr
als 0,05 sieht
4 als blind gilt, wer auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 Sehkraft hat.

> Memo Die Einstufung als »blind« vor dem Gesetz bedingt, dass dieser
Personenkreis Leistungen nach den Landesblindengesetzen beziehen
können wie z. B. Blindengeld.

Erblindungsursachen
4 häufigste Erblindungsursachen in den Industrienationen
5 altersbedingte Makuladegeneration
5 diabetische Retinopathie
5 Glaukom
4 häufigste Erblindungsursachen in den Entwicklungsländern
5 Katarakt
5 Trachom

15.2 Verkehrmedizin

Es gibt klare Richtlinien, wie die Sehschärfe mindestens sein muss, wenn der
Führerschein für eine bestimmte Klasse beantragt wird. Besteht der Bewer-
ber den Sehtest bei einer amtlich zugelassenen Sehteststelle nicht, so erfolgt
eine Untersuchung durch den Augenarzt, der dann zu prüfen hat, ob die
Mindestanforderungen erfüllt sind.
4 Mindestanforderungen für Führerscheinbewerber Klassen A, A1, B, BE,
M, S, L T
5 besseres Auge 0,5 oder besser
5 schlechteres Auge 0,2 oder besser
15 5 bei Einäugigkeit 0,6 oder besser auf dem einzigen Auge
4 Mindestanforderungen für Führerscheinbewerber Klassen C und D
5 besseres Auge 1,0
5 schlechteres Auge 0,8 oder besser
4 Beispiel: ein Busfahrer (Klasse D), der auf einem Auge nur noch eine
Sehschärfe von 0,5 hat, wird berufsunfähig

15.3 Entschädigungsrecht

4 Häufig sind Sehminderungen Ursache für Behinderung und Schwer-


behinderung und dementsprechend auch Gründe für Rentenansprü-
che. Diese werden nach dem Ausmaß der Sehbehinderung eingeteilt.
Die Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. der Minde-
15.5 · Frühförderung, Förderschulen
105 15

rung der Gebrauchsfähigkeit erfolgt nach Tabellen. Die Erblindung Eigene Notizen
eines Auges beispielsweise bedingt bei normalem anderem Auge eine
Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25%.
4 In die Bestimmung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw.
Minderung der Gebrauchsfähigkeit eines Auges geht aber nicht nur die
Sehschärfe ein sondern auch das Gesichtsfeld und andere funktionelle
Ausfälle. So resultiert eine 100% MdE auch bei doppelseitiger Ein-
schränkung des Gesichtsfeldes auf 5°.
4 Sehbehinderungen sind wichtige Ursachen für Arbeitsunfähigkeit und
Berufsunfähigkeit. Ein Dachdecker, der auf einem Auge erblindet, kann
seinen Beruf nicht mehr ausüben, wohl aber nach entsprechenden
Umschulungsmaßnahmen in anderen Berufen arbeiten.

15.4 Rehabilitation

Jede Maßnahme, die zu einer Verbesserung des Sehvermögens führt, kann


als Rehabilitationsmaßnahme im weitesten Sinne angesehen werden, also
auch Operationen, Medikamente etc. Im engeren Sinne werden unter Re-
habilitationsmaßnahmen für Blinde und Sehbehinderte aber Maßnahmen
verstanden, die den Betroffenen in die Lage versetzen, mit der geringen
Sehschärfe ein unabhängiges Leben zu führen.
4 spezifische Rehabilitationsmaßnahmen bei Blinden
5 Erlernen der Blindenschrift (Punktschrift nach Braille)
5 Mobilitätstraining mit dem Langstock
5 Führen eines Blindenhundes
5 Berufsspezifische Maßnahmen (Umschulung etc.)
4 wichtige Hilfsmittel
5 elektronische Systeme zur Bildvergrößerung (Bildschirmlesegeräte,
portable Vorlesesysteme)
5 optische Systeme zur Bildvergrößerung wie Lupen, Lupenbrillen
oder Lesesteine

15.5 Frühförderung, Förderschulen

Sehbehinderungen können bereits angeboren oder im frühen Kindesalter


auftreten (z. B. Frühgeborenenretinopathie). Ziel ist einerseits eine frühzei-
tige spezielle augenärztliche Behandlung um die funktionell anatomischen
Voraussetzungen für eine Reifung des visuellen Systems zu schaffen (z. B.
frühzeitige Operation bei angeborener Katarakt, Amblyopiebehandlung).
Gleichzeitig sollten Frühfördermaßnahmen eingeleitet werden, um durch
gezielte visuelle Inanspruchnahme Restfunktionen des Sehsystems zu trai-
nieren und zu stärken. Diese Maßnahmen werden über die Frühförder-
gruppen bei den Förderschulen Sehen koordiniert. Ist der Besuch einer
Regelschule durch die Sehbehinderung nicht möglich wird neben integra-
tiven Angeboten der Besuch einer Förderschule Sehen empfohlen. Nicht
selten sind solche Einrichtungen auch als Internatschulen organisiert.
16

Tag 1 – Augenheilkunde

16 Leitsymptome
P. Walter

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


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16 · Leitsymptome
107 16

4 Augenbrennen Eigene Notizen


5 trockenes Auge
5 Entzündungen der Bindehaut und der Hornhaut
5 Lidentzündungen
4 Tränenträufeln (Epiphora)
5 schmerzlos
J Tränenabflussstörungen (Tränenwegsstenosen)
J Ektropium
J Entropium
5 mit Fremdkörpergefühl
J trockenen Auge
5 schmerzhaft
J Entzündungen der Lider, der Bindehaut oder der Hornhaut
J Fremdkörper der Hornhaut oder unter dem Tarsus
( ! Cave Ektropionieren nicht vergessen!)
5 bei Säuglingen
5 Tränenwegstenosen
5 angeborenes Glaukom (Augendruck nötigenfalls in Narkose messen)
4 Lichtscheu, Blendung
5 Katarakt
5 lichtstarre weite Pupille
J medikamentös
J nach Trauma
J nach Operationen
5 Netzhautdystrophien
5 Albinismus
5 angeborenes Glaukom
4 Doppelbilder beim Blick mit beiden Augen
5 Augenmuskelparesen
5 Traumatisch
5 entzündliche Augenmuskelerkrankungen
5 degenerative Muskelerkrankungen
5 Orbitaerkrankungen (z. B. M. Basedow, Tumoren)
5 normosensorisches Spätschielen
4 Doppelbilder beim Blick mit einem Auge
5 Katarakt
5 Linsenluxation
5 Keratokonus
5 Irisdefekte
4 Zurückgesunkenes Auge (Enophthalmus)
5 Orbitabodenfraktur
5 Horner-Syndrom
5 Schrumpfung des Augapfels (Phtisis bulbi)
4 Hervorstehendes Auge (Exophthalmus)
5 schmerzlos
J M. Basedow (meist beidseitig)
J retrobulbären Tumoren (eher einseitig)
J hohe Myopie (oft beidseitig)
108 Kapitel 16 · Leitsymptome

Eigene Notizen 5 schmerzhaft


J Myositis
J entzündliche Orbitaerkrankungen (z. B. Orbitaphlegmone)
4 Hypopion
5 Endophthalmitis
5 Ulkus
5 Keratitis
5 steriles Hypopion nach Operationen
4 Kopfschmerzen
5 Glaukomanfall
5 Arteriitis temporalis mit oder ohne ischämischer Optikoneuropa-
thie
5 falsch angepasste Brille
5 Migräne
4 Lichtblitze, Photopsien
5 hintere Glaskörperabhebung
5 Netzhautablösung
5 periphere Degenerationen
5 Uveitis posterior
5 Retinitis
4 Lidschwellung
5 entzündliche Lidprozesse
J Hordeolum
J Chalazion
J virale Lidentzündungen wie Herpes, Zoster etc.)
5 allergische Lidreaktion (z. B. Insektenstich)
5 Konjunktivitis
5 Tumoren der Lider
5 sekundär bei orbitalen Entzündungsprozessen (Orbitaphlegmone)
5 orbitale Fetthernie (Unterlid, sog. »Tränensäcke«)
4 Ptosis
5 senile Ptosis
5 nach Operationen
5 kongenitale Ptosis
5 externe Ophthalmoplegie
5 Horner Syndrom
16 5 Myasthenie
5 Okulomotoriusparese
5 sekundär bei entzündlichen Vorderabschnittserkrankungen
5 Pseudoptosis
J Hautüberschuss am Oberlid (Blepharochalasis)
J Orbitabodenfraktur
J Enophthalmus
4 Miosis
5 Reizmiosis bei Iritis
5 nach Medikamenten (z. B. Pilocarpin)
5 Horner-Syndrom
5 nach Verklebungen bei rezidivierender Uveitis
16 · Leitsymptome
109 16

4 Mydriasis Eigene Notizen


5 medikamentös
5 nach Verletzungen oder Tumoren mit Zerstörung des Sehnerven
5 bei Erblindung als lichtstarre Pupille
4 rotes Auge
5 Konjunktivitis
5 Skleritis
5 Episkleritis
5 Glaukomanfall
5 Myositis
5 Endophthalmitis
5 Hyposphagma
4 mouches volantes
5 Glaskörpertrübungen
5 Glaskörperabhebung
5 Uveitis
4 weißlicher Pupillenreflex – Leukokorie – beim Kind
5 Retinoblastom
5 Frühgeborenenretinopathie
5 Katarakt
5 M. Coats
5 persistierender primärer Glaskörper
4 plötzliche beidseitige Erblindung
5 Methylalkoholvergiftung
5 Schlaganfall
5 Urämie
5 Eklampsie
4 schmerzlose einseitige Erblindung
5 Zentralarterienverschluss
5 Zentralvenenverschluss
5 ischämische Optikoneuropathie
5 Glaskörperblutung
5 Neuritis nervi optici
5 Netzhautablösung
4 akute schmerzhafte einseitige Erblindung
5 Winkelblockglaukom
5 Arteriitis temporalis mit Papilleninfarkt
4 Nachtblindheit
5 Vitamin-A-Mangel
5 Netzhautdystrophien, z. B. Retinitis pigmentosa
5 angeborene Nachtblindheit
4 hochgradige Gesichtsfeldeinschränkung
5 Endstadium Glaukom
5 Netzhautdystrophien, z. B. Retinitis pigmentosa
5 Optikusatrophie
5 Tumoren
5 Aggravation, Simulation
17

Tag 2 – Dermatologie

17 Grundlagen
A. Jung

17.1 Aufbau der Haut – 112


17.1.1 Epidermis – 112
17.1.2 Dermis – 113
17.1.3 Subkutis – 114
17.1.4 Funktionen der Haut – 114

17.2 Hautanhangsgebilde – 114


17.2.1 Haare – 114

17.3 Effloreszenzenlehre – 115


17.3.1 Primäreffloreszenzen – 115
17.3.2 Sekundäreffloreszenzen – 116

17.4 Befundbeschreibung – 117

17.5 Weitere wichtige Begriffe – 118

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_17, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
112 Kapitel 17 · Grundlagen

Eigene Notizen 17.1 Aufbau der Haut

Schichten: Epidermis (= Oberhaut) – Dermis (= Lederhaut, = Korium) –


Subkutis

17.1.1 Epidermis

4 Struktur der Epidermis ist wesentlich geprägt von Keratinozyten


4 Aufbau der Epidermis (von der Basalmembran zur Hautoberfläche):
5 einreihiges Stratum basale: Schicht der sich teilenden Keratinozyten
(exprimieren Keratine 5 + 14); ist über die Basalmembran mit der
darunter liegenden Dermis verbunden
5 mehrreihiges Stratum spinosum: Stachelzellschicht, Keratinozyten
exprimieren hier Keratine 1 + 10 (palmoplantar 1 + 9)
5 Stratum granulosum (Körnerschicht): lichtmikroskopisch charakte-
risiert durch Keratohyalingranula, die Profilaggrin enthalten
5 einreihiges Stratum lucidum (nur palmoplantar): Keratinfilamente
überwiegend parallel zur Hautoberfläche orientiert
5 Stratum corneum: Hornschicht aus kernlosen Korneozyten verhin-
dert Austrocknung und Eindringen von Keimen, Fremdproteinen
und anderen Noxen

Zellen der Epidermis


4 Epidermis besteht zu über 90% aus Keratinozyten, Transitzeit eines aus
dem Stratum basale aufsteigenden Keratinozyten bis zur Abschilferung
als Korneozyt beträgt ca. 1 Monat
4 Melanozyten: ca. jede achte Zelle des Stratum basale; ein Melanozyt
versorgt bis zu 30 Keratinozyten mit Melanosomen zum UV-Schutz =
Melanozyteneinheit
4 ! Cave: Die Melanozytenzahl ist unabhängig vom ethnischen Hinter-
grund; Unterschiede in der Hautfarbe erklären sich über die variierende
Größe der Melanosomen und der Melanozytenaktivität!
4 Merkel-Zellen: neuroendokrine bzw. mechanorezeptive Zellen im Stra-
tum basale
4 Langerhanszellen: Antigen-präsentierende Zellen der Epidermis, fin-
den sich auch im Stratum spinosum
4 in der gesunden Epidermis sind selten auch einzelne T-Lymphozyten
17 anzutreffen, aber keine Neutrophilen

Differenzierung der Keratinozyten zu Korneozyten


4 Aggregation der Keratinfilamente: durch Filaggrin, das aus dem repeti-
tiven Profilaggrin (ca. 10 Filaggrin-Kopien) der Keratohyalingranula
freigesetzt wird
4 Cornified envelope: Transglutaminase quervernetzt an der Zellmem-
bran zu deren Stabilisierung Loricrin, Involucrin, prolinreiche Proteine,
Trichohyalin
4 Abbauprodukte des Filaggrin tragen zur Wasserbindung bei
17.1 · Aufbau der Haut
113 17

4 Interzellularlipide: werden aus den lichtmikroskopisch nicht sichtbaren Eigene Notizen


Keratinosomen = Odland-Körperchen in den Interzellularraum abge-
geben.

Desmosomen
4 Desmosomen vermitteln die Kohäsion benachbarter Keratinozyten,
enthalten u. a. Desmoglein-1 und -3
4 Hemidesmosomen: Adhäsionsorganellen zwischen basalen Keratino-
zyten und der Basalmembran, enthalten u. a. Kollagen XVII = bullöses
Pemphigoidantigen II = bullöses Pemphigoidantigen 180 kD = BP180

Antimikrobielle Peptide
4 Keratinozyten synthetisieren verschiedene antimikrobielle Substanzen:
Beta-Defensine, Cathelizidine, S100-Proteine wie Psoriasin, RNAsen,
Protease-Inhibitoren

Histopathologische Veränderungen der Epidermis


4 Hyperkeratose: Verdickung des Stratum corneum
4 Parakeratose: abnorme Verhornung mit Persistenz pyknotischer Kera-
tinozytenzellkerne im Stratum corneum, das normalerweise keine Zell-
kerne enthält
4 Hypergranulose: Verdickung des Stratum granulosum
4 Akanthose: Verdickung des Stratum spinosum
4 Dyskeratose: vorzeitige und fehlerhafte Verhornung einzelner Keratino-
zyten
4 Akantholyse: Verlust der Kohäsion zwischen Keratinozyten durch Stö-
rung der Desmosomenfunktion; geht mit Abrundung der Keratino-
zyten einher
4 Spongiose: epidermales interzelluläres Ödem zwischen Keratinozyten,
geht mitunter mit der Ausbildung intraepidermaler Bläschen einher; ist
häufig begleitet von einer Exozytose
4 Exozytose: Einwanderung von Entzündungszellen in die Epidermis

17.1.2 Dermis

4 Stratum papillare: oberer Teil der Dermis mit Papillenspitzen, die in die
Epidermis einstülpen; enthält oberflächlichen horizontalen Gefäßplexus
4 Stratum reticulare: unterer Teil der Dermis mit tiefem horizontalen
Gefäßplexus
4 Zellen der Dermis: Fibroblasten, Endothelzellen, Mastzellen, dermale
dendritische Zellen, Makrophagen
4 Kollagenfasern (besonders Typ I) gewährleisten Dehnbarkeit bei erhal-
tener Reißfestigkeit
4 elastische Fasern stellen die Ausgangslage wieder her
4 Proteoglykane und Glykosaminoglykane bilden gelartige Grund-
substanz und sind wesentlich verantwortlich für Gewebsturgor
(Wasserspeicher)
114 Kapitel 17 · Grundlagen

Eigene Notizen 17.1.3 Subkutis

4 dient mit ihren septal gegliederten Fettgewebsläppchen zur Wärmeiso-


lierung, als mechanisches Polster und Energiereserve

17.1.4 Funktionen der Haut

4 Schutz vor physikalischen, chemischen und mikrobiellen Noxen


4 Schutz vor Austrocknung; Temperaturregulation
4 Wahrnehmung von Berührung, Schmerz, Temperatur, Juckreiz
4 Produktionsort zahlreicher Botenstoffe und Hormone
4 psychisches Ausdrucksorgan

17.2 Hautanhangsgebilde

17.2.1 Haare

Haartypen
4 Lanugohaar: Haar des Feten
4 Vellushaar: dünn und marklos, bis höchstens 2 cm Länge, fast an der
gesamten Körperoberfläche
4 Terminalhaar: dick, markhaltig, pigmentiert, wächst ca. 1 cm im
Monat
4 Sexualhaar: entsteht unter Androgenwirkung mit der Pubertät als Ter-
minalhaar genital und axillär sowie im Bartbereich und als Körperbe-
haarung
4 Palmae und Plantae sind haarlos

Aufbau des Haarfollikels


4 dermale Haarpapille
4 zwiebelartiger Haarbulbus = Wachstumszone der Matrixzellen mit ein-
gelagerten Melanozyten in Kontakt mit der Haarpapille
4 äußere und innere Haarwurzelscheide mit dem zentral gebildeten
Haar
4 Wulst = Ausbuchtung der Haarwurzelscheide am Ansatz des M. arrec-
tor pili = Sitz der epidermalen Stammzellen
17 4 Einmündung von Talgdrüsen (oder apokrinen Drüsen)
4 Infundibulum = trichterförmige Haarschafterweiterung
4 Übergang der äußeren Haarwurzelscheide in die Epidermis

Wachstumszyklus der Haare


4 Anagenphase = Wachstumsphase des Haares, ca. 3 Jahre
4 Katagenphase = ca. zweiwöchige Umbauphase des Haarbulbus mit
synchronisierter Apoptose, am unteren Pol des Haares findet sich der
Kolben
4 Telogenphase = Ruhephase bis zum Ausfall des Haares, ca. 2–4 Monate
17.3 · Effloreszenzenlehre
115 17

4 am Kapillitium finden sich 80–95% der Haare in der Anagen- und Eigene Notizen
5–20% in der Telogenphase sowie vereinzelt Katagenhaare
4 Haarverlust am Kapillitium von bis ca. 100 Haaren täglich ist physio-
logisch

Talgdrüsen
4 freie Talgdrüsen ohne Verbindung zu einem Haarfollikel sind lediglich
am Lippenrot und der Mundschleimhaut, genital sowie perimamillär
anzutreffen
4 ein Talgdrüsenfollikel ist eine große, multilobuläre Talgdrüse, die ins
Infundibulum eines Vellushaares mündet, sie finden sich in den sebor-
rhoischen Arealen = Gesicht, V-förmiger Brust- und Rückenausschnitt,
seitlich an den Oberarmen und in den Ohrmuscheln

Schweißdrüsen
4 ekkrine Schweißdrüsen sind über den gesamten Körper verteilt (höchste
Dichte an der Fußsohle), ihr Ausführungsgang ist unabhängig von
Haarfollikeln
4 apokrine Schweißdrüsen = Duftdrüsen münden über ihren Aus-
führungsgang in den Haarfollikel und finden sich axillär, genitoanal,
vereinzelt auch perimamillär und -umbilikal

Nägel
4 Nagelmatrix: Bildungszone der Nagelplatte unter dem proximalen
Nagelwall
4 die Nagelplatte schiebt sich tangential über das Nagelbett (Hyponychi-
um) nach distal
4 der proximale Nagelwall (Paronychium) geht nach distal in das Nagel-
häutchen (Kutikula) über, das der Nagelplatte zum Schutz vor einer
Infektion der Matrix anhaftet
4 Wachstumsgeschwindigkeit: Erneuerung eines Fingernagels nach 4–6
Monaten, eines Fußnagels nach 12–18 Monaten

17.3 Effloreszenzenlehre

17.3.1 Primäreffloreszenzen

Primäreffloreszenzen können direkt in gesunder Haut entstehen.


4 Makula (Fleck)
5 lediglich Farbveränderung der Haut, die Haut ist nicht erhaben oder
tastbar infiltriert
5 häufige Sonderform: Erythem = größere (>2 cm Durchmesser) rote
Makula, entsteht durch Gefäßweitstellung
5 ! Cave: »Erythematös« bedeutet erythemartig und bezieht
sich auf obige Definition. Begriff nicht synonym zu »rot« ver-
wenden!
116 Kapitel 17 · Grundlagen

Eigene Notizen 4 Urtika (Quaddel)


5 besonders durch Histamin hervorgerufene flüchtige (maximal 24 h
an gleicher Stelle lokalisierte) Erhabenheit der Haut durch überwie-
gend intradermale Flüssigkeitseinlagerung
5 häufig Juckreiz
5 Angioödem = besonders durch Bradykinin bedingte Hautschwel-
lung (meist für mehrere Tage) durch überwiegend subkutane Flüs-
sigkeitseinlagerung
4 Papula (Knötchen)
5 persistierende (>24 h) tastbare Gewebsvermehrung der Haut bis zu
einem Durchmesser von 1 cm
5 Formen: kuppelartig, knopfartig, plateauartig erhaben, rund oder
polygonal begrenzt, glatte oder zerklüftete Oberfläche
5 sukkulente Papel = Erhabenheit entsteht überwiegend durch Flüs-
sigkeitseinlagerung
4 Nodus (Knoten)
5 persistierende (>24 h) tastbare Gewebsvermehrung der Haut mit
einem Durchmesser >1 cm
4 Plaque: große (ca. >2 cm Durchmesser) plateauartige persistierende
Erhabenheit der Haut
4 Vesikula (Bläschen)
5 flüssigkeitsgefüllter Hohlraum bis zu einem Durchmesser von
5 mm
4 Bulla (Blase): flüssigkeitsgefüllter Hohlraum mit einem Durchmesser
>5 mm
4 Pustula (Pustel): mit Eiter gefüllter Hohlraum, enthält weißliches Sekret
aus untergegangenen Granulozyten

17.3.2 Sekundäreffloreszenzen

Sekundäreffloreszenzen entwickeln sich im weiteren Krankheitsverlauf aus


Primäreffloreszenzen oder entstehen durch Einwirkungen von außen.
4 Squama (Schuppe)
5 durch übermäßige und/oder pathologische Verhornung entstehen
mit dem bloßen Auge sichtbare Korneozytenkonglomerate, die sich
von der Haut lösen
5 bei Beschreibung einer Schuppung sollte zwischen fein-, mittel- oder
17 groblamellös, gleichmäßiger oder randständig betonter Verteilung auf
der Primäreffloreszenz sowie quantitativ zwischen starkem, mäßigem,
oder geringem Ausmaß der Schuppung unterschieden werden
5 Collerette = Schuppenkrause
4 Keratose: fest haftende Verdickung der Hornschicht
4 Crusta (Kruste): eingetrocknetes Sekret
4 Erosion: intraepidermaler Gewebsdefekt mit nässender Oberfläche,
aber keine Blutung, da ohne Eröffnung von Gefäßen
4 Exkoriation: Gewebsdefekt bis zu den Papillenspitzen mit punktför-
miger Blutung im Sinne eines hämorrhagischen Exsudats
17.4 · Befundbeschreibung
117 17

4 Ulkus (Geschwür): tiefer Gewebsdefekt, der auch Knorpel und Knochen Eigene Notizen
betreffen kann
4 Atrophie: Schwund von Hautanteilen ohne vorherigen Substanz-
defekt
4 Cicatrix (Narbe): minderwertiger Gewebsersatz ohne Neubildung
sekundärer Hautanhangsgebilde
4 Rhagade: Hauteinriss bis in die Dermis
4 Fissur: Hauteinriss am Übergang zur Schleimhaut, reicht bis in die
Dermis
4 Lichenifikation: Epidermisverdickung, die mit einer Vergröberung des
Hautspaltlinienreliefs einher geht

17.4 Befundbeschreibung

4 Lokalisation
5 bei Einzelläsion Benennung der betroffenen Stelle
5 sind mehrere oder viele Stellen betroffen, so ist die Beschreibung des
Verteilungsmusters essentiell
4 Verteilung
5 im betroffenen Areal: diffus = alles gleichmäßig betroffen; dissemi-
niert = regellose Streuung der Einzelläsionen; gruppiert = Läsionen
finden sich überwiegend in Gruppen mit nur wenigen Einzel-
läsionen
5 Anzahl der betroffenen Körperregionen: lokalisiert = eine Region;
limitiert = wenige (bis 5) Regionen; generalisiert = viele Körperre-
gionen; universell = alle Körperregionen
5 Körperseiten: einseitig; einseitig betont; beidseitig gleichförmig
verteilt
5 Systeme: betroffenes Areal entspricht Dermatomen oder den Blasch-
ko-Linien
4 Größe: Größenangaben sollten in einem metrischen Maß erfolgen; bei
vielen Einzelläsionen empfiehlt sich die Angabe der typischen Spann-
breite (z. B. 2–6 mm)
4 Konfiguration: Beschreibung des Aussehens der Läsionen: rund, ovalär
(evtl. mit Ausrichtung der Längsachsen in den Hautspaltlinien), poly-
zyklisch, kokardenförmig, konfettiartig, polygonal, landkartenartig
4 Begrenzung: Übergang der betroffenen zur gesunden Haut: scharf ver-
sus unscharf; regelmäßig versus unregelmäßig
4 Farbe: Benennung der Farbtöne, z. B. rot, livid, apfelgelee-farben
4 Symmetrie: zeigen Einzelläsionen Achsen- oder gar Punktsymme-
trie?
4 Oberflächenbeschaffenheit: z. B. kleinpapulös, zerklüftet, ohne epider-
male Beteiligung
4 Konsistenz: z. B. prall-elastisch bei Zysten, derb bei Dermatofibromen
4 Begleitsymptome: Erwärmung, Juckreiz, Brennen, einschießende
Schmerzattacken
118 Kapitel 17 · Grundlagen

Eigene Notizen 17.5 Weitere wichtige Begriffe

4 Aphthe: rund bis ovale, flache Schleimhautulzeration bis 5 mm Durch-


messer, die häufig von einem roten Hof umgeben ist
4 Dermatoskopie: auflichtmikroskopisches Verfahren, bei dem mit min-
destens 10-facher Vergrößerung eine detailgenaue Strukturbeurteilung
von z. B. pigmentierten Läsionen möglich ist
4 Dermographismus: Hautreaktion wenige Minuten nach einem strich-
förmigen Kratzreiz mittels Glas- oder Holzspatel an entzündungsfreier
Haut
5 Reaktionsmuster:
J »roter Dermographismus«: physiologisches strichförmiges Re-
flexerythem
J »weißer Dermographismus«: durch Vasokonstriktion strichför-
mige Abblassung, kann auf eine Atopie hinweisen
J »urtikarieller Dermographismus«: strichförmige Quaddelbildung
bei Urtikaria factitia
4 Diaskopie
5 durch Glasspateldruck Unterscheidung von Erythem und Purpura
(Rötung nicht wegdrückbar)
5 bei granulomatösen Erkrankungen findet sich ein blasses, gelb-
oranges = »Apfelgelee«-artiges Eigeninfiltrat
4 Ekzem
5 morphologische Beschreibung für eine Entzündung von Epidermis
und Dermis, die meist mit einem unscharf begrenzten Erythem,
multiplen mm-großen Papeln, Vesikeln, Papulovesikeln, Krusten,
Schuppung und längerfristig mit Lichenifikation einhergeht
5 Juckreiz!
4 Erythrodermie
5 Ganzkörpererythem mit Schuppung (als dermatologische »End-
strecke« mitunter nach fehlender oder falscher Behandlung)
5 aufgrund der nicht mehr sichtbaren Prädilektion, Begrenzung und
Verteilung keine Blickdiagnose möglich
5 zugrunde liegen können z. B. Psoriasis vulgaris, kutanes T-Zell-
Lymphom, atopisches Ekzem, allergisches Kontaktekzem, Arznei-
mittelexanthem
4 Exanthem
5 Ausschlag mit Aufblühen vieler entzündlicher Einzelläsionen an der
17 Haut
5 monomorph (nur ein Effloreszenzen-Typ) versus polymorph (ver-
schiedene Effloreszenzen-Typen)
5 Enanthem bei Schleimhautbefall
4 isomorpher Reizeffekt = Köbner-Phänomen (. Abb. 22, Farbteil)
5 Provokation einer Hauterkrankung durch einen unspezifischen,
meist physikalischen Hautreiz wie z. B. Kratzer, Scheuerstellen
5 am Ort der Einwirkung entwickeln sich charakteristische Läsionen
mit einer Latenz von 1–2 Wochen (z. B. bei Psoriasis vulgaris, Lichen
ruber, Vitiligo, Pityriasis rubra pilaris)
17.5 · Weitere wichtige Begriffe
119 17

4 Leukoplakie: nicht abwischbare Weißverfärbung der Schleimhäute Eigene Notizen


(Präkanzerose!)
4 Nikolski-Zeichen 1: durch tangential einwirkende Scherkräfte (z. B.
Daumen) lässt sich die oberste Hautschicht abstreifen (z. B. bei Pemphi-
gus vulgaris und toxischer epidermaler Nekrolyse ((TEN))
4 Nikolski-Zeichen 2: durch seitlichen Druck auf eine Blase kann diese in
der Haut seitlich verschoben werden (z. B. bei bullösem Pemphigoid)
4 Poikilodermie: Buntscheckigkeit der Haut z. B. nach einer Röntgen-
weichstrahltherapie (gleichzeitig Hyper- und Hypopigmentierungen,
Teleangiektasien, Atrophie)
4 Purpura: Verfärbung von Haut oder Schleimhaut durch Erythrozyten-
austritt ins Gewebe
5 Farbtöne in Abhängigkeit von der Dichte des Infiltrates, Tiefenaus-
dehnung und Zeitdauer: blassrot bis dunkelrot, blau bis fast schwarz
oder grün-gelb bis braun
5 je nach Infiltratausprägung:
J nicht tastbar: Makula
J tastbar: Papula = »palpable Purpura« oder Knoten bzw. Plaque
5 Einordnung nach Durchmesser oder Konfiguration der Einzel-
läsionen:
J Petechien: bis 3 mm
J Sugillationen: größer 3 mm bis 1 cm
J Ekchymosen: größer 1 cm bis 3 cm
J Suffusionen: größer 3 cm
J Vibices: streifenförmig durch mechanische Auslösung
J Hämatom: tiefe Einblutung
4 Sklerose: Induration der Haut durch vermehrte Einlagerung von Binde-
gewebe
4 Tzanck-Test
5 Blasengrundausstrich, bei dem mit einem stumpfen Skalpell über
den Bläschen- oder Blasengrund geschabt und das gewonnene
Material auf einem Objektträger ausgestrichen, gefärbt und zur Be-
urteilung von Epidermiszellen mikroskopisch betrachtet wird
5 akantholytische Zellen bei Pemphigus vulgaris
5 ballonierte Riesenzellen bei Herpes simplex
4 Wickham-Zeichen: weißliches retikuläres Netzwerk auf der Oberfläche
von polygonalen Papeln oder an Schleimhäuten beim Lichen ruber auf-
grund einer retikulären Hypergranulose (Körnerzellschicht)
18

Tag 2 – Dermatologie

18 Erkrankungen durch
physikalische und
chemische Noxen
A. Jung

18.1 Dermatitis solaris (Sonnenbrand) – 121

18.2 Hautläsionen durch chronische UV-Strahlung – 122

18.3 Polymorphe Lichtdermatose – 123

18.4 Verbrennung (Combustio), Verbrühung (Ambustio) – 124

18.5 Erfrierung (Congelatio) – 125

18.6 Verätzung – 125

18.7 Dekubitus – 126

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_18, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
18.1 · Dermatitis solaris (Sonnenbrand)
121 18
18.1 Dermatitis solaris (Sonnenbrand) Eigene Notizen

4 Ultraviolett-Strahlung als Auslöser


5 UV-A1 (340–400 nm)
5 UV-A2 (320–340 nm)
5 UV-B (280–320 nm)
4 UV-A durchdringt Fensterglas, UV-B nicht
4 UV-A dringt tiefer in die Haut ein: bis zu 50% der UV-A-Strahlung, aber
nur 10% des UV-B erreichen die Dermis
4 UV-Licht wirkt immunsuppressiv (u. a. Hemmung der Antigenpräsen-
tation durch Langerhans-Zellen, Modulation der Zytokinsynthese,
Induktion von Zellzyklusarrest oder Apoptose)
4 Hauttypen nach Fitzpatrick (nach 30 min Sonnenexposition im
Sommer):
5 I: immer rot, nie braun
5 II: immer rot, gelegentlich braun
5 III: gelegentlich rot, immer braun
5 IV: nie rot, immer braun
5 V: Angehörige dunkelhäutiger Ethnien; VI: Schwarze
4 von Melanozyten produziertes braunschwarzes Eumelanin fungiert als
guter Lichtfilter, während das rötliche Phäomelanin nur schlecht gegen
UV-Licht schützt; das Mengenverhältnis zwischen Eu- und Phäomela-
nin ist genetisch determiniert und für den Hauttyp nach Fitzpatrick
mitverantwortlich
4 Sofortbräunung tritt bereits während UV-Exposition ein und bildet sich
nach Stunden zurück
4 die vielfach kosmetisch erwünschte verzögerte Bräunung beginnt etwa
3 Tage nach UV-Exposition und beruht auf einer verstärkten Melanin-
synthese und Zunahme der Zahl der Melanosomen, die von den
Dendriten der Melanozyten zu den Keratinozyten transferiert werden
(Pigmenttransfer)

Ätiologie
4 Dermatitis solaris wird vor allem durch UV-B hervorgerufen
4 Ausmaß hängt ab von Hauttyp, Vorbräunung und exponierter Dosis
(hohe Dosen wirken insbesondere bei Exposition zur Mittagszeit, am
Wasser oder im Hochgebirge ein)
4 nach Überschreitung der minimalen Erythemdosis (= MED, entspricht
etwa einer Exposition von 20 min zur Mittagszeit im Sommer bei klarem
Himmel) kommt es zur Apoptose von Keratinozyten (»sunburn cells«)
sowie zur Freisetzung zahlreicher proinflammatorischer Zytokine und
weiterer Mediatoren; Erythem als Folge der Gefäßweitstellung in der
oberen Dermis
4 bei weiterer Exposition führt die zunehmende Apoptose der Keratino-
zyten zur Blasenbildung
122 Kapitel 18 · Erkrankungen durch physikalische und chemische Noxen

Eigene Notizen Klinik


4 Beginn des Erythems in den der Sonne exponierten Arealen mit scharfer
Begrenzung zur bedeckten Haut nach 4–6 h
4 Maximum des Erythems 12–24 h nach Expositionsende
4 Rückbildung nach 72 h
4 leichter Sonnenbrand: Erythem mit anschließender Schuppung
4 starker Sonnenbrand: Erythem, Ödem, Überwärmung, Bläschen,
Blasen, Erosionen, Nässen, Krusten, Schuppung
4 ! Cave großflächige, ausgeprägte Sonnenbrände mit Blasenbildung
können zu lebensbedrohlichen Allgemeinsymptomen führen!

Diagnostik
4 Anamnese mit entsprechend langer Sonnenexposition

Differenzialdiagnosen
4 Hautreaktionen nach Einnahme lichtsensibilisierender Medikamente
(z. B. Tetrazyklin-Derivate, Chinolone, Furosemid)
4 phototoxische Reaktionen z. B. nach Kontakt mit Pflanzen (Wiesen-
gräserdermatitis = Dermatitis pratensis)

Therapie
4 lokal kühlend mit feuchten Umschlägen, Schüttelmixturen oder
Lotionen, evtl. mit Kortikoidzusatz
4 keine okkludierende Externa wie Salben
4 bei ausgedehnten Sonnenbränden systemisch Kortikoide und Azetyl-
salizylsäure bzw. Antiphlogistika

18.2 Hautläsionen durch chronische UV-Strahlung

4 UV-induzierte Hautalterung (= »photoaging«, wichtigste Form der


extrinsischen Hautalterung) manifestiert sich in chronisch sonnen-
exponierten Arealen – die intrinsische Hautalterung betrifft hingegen
die gesamte, d. h. auch UV-Licht-geschützte Haut!
4 von UV-induzierter Lichtalterung sind besonders Individuen mit Haut-
typ I oder II betroffen
4 UV-Exposition führt zur DNA-Schädigung mit Mutationen und ggf.
zur malignen Transformation; sie wirkt außerdem immunsuppressiv
4 UV-Exposition induziert reaktive Sauerstoffradikale und führt zur
Aktivierung von Matrixmetalloproteinasen, die dermales Kollagen
degradieren; es resultiert Defektheilung mit alteriertem Fasernetz
18
Klinik
4 solare Elastose: im Gesicht besonders an Stirn, Schläfen und Nacken,
seltener am Hals, finden sich durch Hautfältelung pflastersteinartig
unterteilte, blass-gelbliche bis elfenbeinfarbene Plaques
5 klinische Variante: Cutis rhomboidalis nuchae mit prominenter
rautenförmiger Hautfurchung im Nackenbereich
18.3 · Polymorphe Lichtdermatose
123 18

4 M. Favre-Racouchot: solare Elastose mit Hinzutreten von Komedonen Eigene Notizen


und Zysten, meist in den seitlichen Gesichtspartien
4 Erythrosis interfollicularis colli: Erythem besonders im seitlichen Hals-
bereich und Decolleté, welches die Follikel ausspart
5 Epheliden und Lentigines (7 Kap. 24)
4 UV-induzierte Hauttumoren: aktinische Keratosen, spinozelluläres
Karzinom, Basalzellkarzinom, Merkel-Zellkarzinom, Lentigo maligna-
Melanom (7 Kap. 24)
4 weitere Manifestationen der Hautalterung: Atrophie der Epidermis mit
zigarettenpapierartiger Fältelung, Xerosis, Teleangiektasien, Purpura
senilis (durch erhöhte Kapillarfragilität)

Prävention und Therapie


4 textiler Lichtschutz (z. B. Tragen einer Kopfbedeckung) und Ver-
wendung potenter Sonnencremes mit UV-A- und UV-B-Filter
4 Meidung von Nikotin als aggravierendem Kofaktor der Hautalterung
4 Behandlung der solaren Elastose bzw. solarer Lentigenes mit topischen
Retinoiden, Peeling mit α-Hydroxysäuren (Fruchtsäuren); ggf. Falten-
unterspritzung mit Fillersubstanzen (Hyaluronsäure, Milchsäure,
Kollagen), ggf. Laser-Resurfacing

18.3 Polymorphe Lichtdermatose

4 Auftreten nach starker UV-Bestrahlung der ungebräunten Haut im


Frühling oder Urlaub
4 häufig bei jungen Frauen
4 auslösendes UV-Spektrum (= Aktionsspektrum): meist UV-A, selten
UV-B

Klinik
4 mit einer Latenz von Stunden bis Tagen kommt es an lichtexponierten
Arealen zu stark juckenden Erythemen, Papeln, Papulovesikeln, Plaques,
Hämorrhagien oder Blasen
4 intraindividuell findet sich bei Rezidiven wiederkehrend der gleiche
Effloreszenzentyp
4 interindividuell ausgesprochene Polymorphie der Hautläsionen
4 Prädilektionsstellen: Decolleté, Hals, Extremitätenstreckseiten, evtl.
Gesicht
4 Abheilung bei Sonnenkarenz nach ca. 1 Woche
4 zunehmende UV-Toleranz über den Sommer

Diagnostik
4 typische Anamnese
4 Photoprovokation mit UV-A und UV-B an den Prädilektionsstellen
4 evtl. Histologie
124 Kapitel 18 · Erkrankungen durch physikalische und chemische Noxen

Eigene Notizen Differenzialdiagnose


4 beim Lupus erythematodes (7 Abschn. 22.2) manifestieren sich Haut-
läsionen erst nach längerer Latenz (1–3 Wochen) nach Sonnenexpo-
sition; hier auch langsamere Rückbildung über Wochen

Therapie
4 lokal: Lotion, Creme oder Schüttelmixtur mit Kortikoid bei konse-
quenter Sonnenkarenz
4 Sekundärprävention: UV-Schutz durch Präparate, die insbesondere
auch im UV-A-Bereich filtern, durch Kleidung und Verhaltensände-
rung
4 Licht-»Hardening« durch präsaisonale, über Wochen verteilte repetitive
unterschwellige Bestrahlung mit dem auslösenden UV-Spektrum (meist
UV-A)

18.4 Verbrennung (Combustio), Verbrühung


(Ambustio)

4 häufiges Unfallereignis: bei Einwirkung von Temperaturen ab 60–65°C


kommt es zur Koagulationsnekrose mit Denaturierung von Proteinen
4 durch Schädigung der Gefäße starker Plasmaaustritt ins Gewebe
4 bei großflächigen Verbrennungen meist hypovolämischer Schock

Klinik
4 Gradeinteilung:
5 Grad 1: Schädigung der Epidermis; schmerzhaftes Erythem ohne
Blasenbildung, narbenfreie Abheilung
5 Grad: 2a: Schädigung von Epidermis und oberer Dermis; schmerz-
haftes Erythem mit Blasenbildung und nässenden Erosionen; häufig
narbenfreie Abheilung
5 Grad 2b: Schädigung von Epidermis und auch tieferen Dermis-
schichten; Blasen und weißliche, nässende Wundfläche; Vellushaare
lassen sich schmerzfrei epilieren, herabgesetztes Berührungsemp-
finden; hinterlässt häufig hypertrophe Narben
5 Grad 3: vollständige epidermale und dermale Destruktion mit
Zerstörung der Hautadnexe; verhärtete Konsistenz, durch Eiweiß-
denaturierung weißlich-trockener Wundgrund, kein Berührungs-
empfinden; narbige Abheilung
5 Grad 4: Verkohlung bis in tiefere Schichten (Muskeln)
4 Bestimmung der Ausdehnung mit der Neunerregel nach Wallace
18 (Anteil an der Körperoberfläche): jeweils 9% für Kopf und jeden Arm,
jeweils 2×9% für jedes Bein, den Stamm ventral und dorsal, 1% fürs
Genitale
4 Schockgefahr bei Kindern bereits bei 10% betroffener Körperoberfläche,
bei Erwachsenen ab ca. 20%
4 ! Cave Risiko der Superinfektion!
18.6 · Verätzung
125 18
Therapie Eigene Notizen
4 Erstmaßnahme: Kühlung mit kaltem Wasser zur Verhinderung weiterer
Gewebsschädigung sowie zur Schmerzlinderung
4 Tetanusprophylaxe
4 Grad 1: kühlende kortikoidhaltige Lotionen oder Cremes und An-
algesie
4 Grad 2: Abpunktieren von Blasen, spezielle Wundauflagen, Metallfolien;
antiseptische und ggf. kortikoidhaltige Lokaltherapie
4 Grad 3: evtl. Frühexzision des geschädigten Gewebes
4 bei Ausdehnung der Schädigung auf über 10% der Köperoberfläche
Volumensubstitution (hypovolämischer Schock)
4 bei größerer Ausdehnung (Kleinkinder >5%, Kinder >10%, Erwachsene
>10–15% der Körperoberfläche) ist stationäre Behandlung erforderlich;
ggf. Verlegung in ein spezialisiertes Verbrennungszentrum

18.5 Erfrierung (Congelatio)

Auf eine reflektorische Hyperämie folgt eine Vasokonstriktion mit Weißfär-


bung und anschließender Einfrierung des Gewebes.

Klinik
4 Gradeinteilung:
5 Grad 1: narbenlos abheilendes Erythem
5 Grad 2: nach der Schädigung Bildung junktionaler Blasen bei Wie-
dererwärmung, teils hämorrhagisch; narbenlose Abheilung
5 Grad 3: trockene Nekrose (Mumifikation) oder feuchte Nekrose
(Gangrän)

Therapie
4 Wärmezufuhr durch temperiertes Wasser (35–40°C) für ca. 20 min
4 Analgetika, Blasen punktieren, Tetanusprophylaxe
4 bei Grad 3: Amputation bei feuchter Gangrän früh, bei Mumifikation
postentzündlich nach Demarkation
4 ggf. Antibiotikaprophylaxe

18.6 Verätzung

4 durch Hautkontakt mit aggressiven Säuren oder Laugen kommt es zu


oberflächlichen bis tiefen schmerzhaften Nekrosen
4 Säuren führen durch Eiweißfällung meist zur Koagulationsnekrose mit
Neutralisation der Säure; es resultieren eher oberflächliche Nekrosen
(Ausnahme Flusssäure!)
4 Laugen führen zur Kolliquationsnekrose (tieferes Eindringen)

> Memo Je nach Chemikalie, Kontaktfläche und Einwirkzeit kann es nach


Resorption zu systemischen Manifestationen kommen.
126 Kapitel 18 · Erkrankungen durch physikalische und chemische Noxen

Eigene Notizen Klinik


4 Koagulationsnekrosen sind meist trocken, scharf begrenzt und weiß bis
grau (Flusssäure: grün) mit Umwandlung in lederartigen schwärzlichen
Schorf
4 Kolliquationsnekrosen sind meist weich, gallertig mit eher unscharfer
Begrenzung und randständigem Ödem

Diagnostik
4 > Memo Die Ermittlung der auslösenden Chemikalie ist essenziell!

Therapie
4 Sofortige Spülung unter fließendem Wasser für mindestens 10 min
4 bei Flusssäure, die sich schnell in tiefe Gewebsschichten ausbreitet,
Unterspritzung mit Kalziumglukonat (bildet Kalziumfluorid)
4 Exzision des Schorfs und klassische Ulkusbehandlung
4 Kompressionstherapie im weiteren Verlauf bei Hinweisen für Keloid-
bildung

18.7 Dekubitus

4 ischämische Drucknekrose der Haut über knöchernen Aufliegestellen,


evtl. mit Beteiligung von Subkutis, Muskulatur und Knochen
4 häufig bei alten, bettlägrigen Menschen mit multiplen Grundkrank-
heiten und reduzierter Schmerzwahrnehmung

Klinik
4 Gradeinteilung nach Tiefe des Ulkus:
5 Grad 1: bis Dermis, schmerzloses Erythem, das bei Druckentlastung
schnell abheilt
5 Grad 2: bis Subkutis, livides Erythem mit Blasenbildung und
Schmerzen
5 Grad 3: bis Faszie und Muskel, Ulkus mit Nekrosen und entzünde-
tem Randödem, weniger Schmerzen
5 Grad 4: alle Schichten mit Knochen, offenes Ulkus
5 Grad 5: Unterminierung, Taschen und Fistulation
4 Wundzustand:
5 A: sauber
5 B: lokale Infektion mit schmierigen Belägen
5 C: systemische Infektion

18 Therapie
4 suffiziente Druckentlastung durch Abpolsterung und konsequente
Lagerungstherapie entscheidend, evtl. Spezialbetten, Dekubitus-
matratzen; Anwendung spezieller Wundauflagen
4 Prophylaxe durch Frühmobilisation postoperativ
4 ab Grad 3 ist eine alleinige konservative Therapie nur bedingt Erfolg
versprechend
19

Tag 2 – Dermatologie

19 Intoleranzreaktionen
A. Jung

19.1 Grundbegriffe – 129


19.1.1 Natürliche und erworbene Immunität – 129
19.1.2 Immunreaktionen nach Coombs und Gell – 129

19.2 Allergietestung – 130


19.2.1 Vorgehen bei Verdacht auf Typ-I-Allergie – 130
19.2.2 Vorgehen bei Verdacht auf Typ-IV-Allergie – 130

19.3 Rhinoconjunctivitis allergica – 131

19.4 Nahrungsmittel-Typ-I-Allergie – 132

19.5 Bienen- und Wespengiftallergie – 133

19.6 Latexallergie – 134

19.7 Urtikaria – 134

19.8 Hereditäres Angioödem – 137

19.9 Atopisches Ekzem – 137

19.10 Kontaktekzem – 140


19.10.1 Irritatives Kontaktekzem – 141
19.10.2 Allergisches Kontaktekzem – 142

19.11 Nummuläres Ekzem – 144

19.12 Seborrhoisches Ekzem – 144

19.13 Weitere Ekzemerkrankungen – 145


19.13.1 Exsikkationsekzem – 145
19.13.2 Stauungsekzem – 145
19.13.3 Dyshidrosiformes (dyshidrotisches) Ekzem – 146

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_19, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
19.14 Pruritus (Juckreiz) – 146

19.15 Prurigo-Erkrankungen – 147


19.15.1 Prurigo simplex subacuta – 147
19.15.2 Prurigo nodularis Hyde – 147

19.16 Arzneimittelreaktionen – 148


19.16.1 Makulopapulöses Arzneimittelexanthem – 148
19.16.2 Urtikarielles Arzneimittelexanthem – 149
19.16.3 Fixe (toxische) Arzneimittelreaktion – 150
19.16.4 Akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) – 151
19.16.5 Hypersensitivitätssyndrom – 151
19.16.6 Stevens-Johnson-Syndrom und toxische epidermale Nekrolyse
(Lyell-Syndrom) – 152
19.1 · Grundbegriffe
129 19
19.1 Grundbegriffe Eigene Notizen

19.1.1 Natürliche und erworbene Immunität

4 natürliche (= angeborene) Immunität (»innate immunity«): wird ge-


tragen von Zellen wie Keratinozyten, Makrophagen, Neutrophilen,
Endothelzellen u. a. m., die antigenunabhängig (ohne Beteiligung von
Antikörpern bzw. von B- und T-Lymphozyten) Abwehrreaktionen z. B.
gegen mikrobielle Pathogene oder Umweltsubstanzen hervorrufen
4 erworbene (= spezifische) Immunität (»adaptive immunity«): wird ge-
tragen von T-Lymphozyten bzw. B-Lymphozyten und Antikörpern, die
antigenspezifisch Immunreaktionen vermitteln

19.1.2 Immunreaktionen nach Coombs und Gell

4 Typ I = Soforttypreaktionen
5 führen zur IgE-vermittelten Degranulation von Mastzellen bzw.
Basophilen; ein Allergen muss benachbarte, mit ihrem Fc-Fragment
an IgE-Rezeptoren bindende IgE-Moleküle quervernetzen, um ein
degranulierendes Signal zu generieren
5 Reaktionseintritt innerhalb weniger Minuten bis weniger Stunden
5 häufige Typ-I-Allergene sind Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare,
Nahrungsmittel, Bienen- oder Wespengift, Latex, Penicillin
4 Typ-II-Reaktionen
5 zytotoxische Antikörper (IgM/IgG) binden an Blutzellen und akti-
vieren über ihr Fc-Fragment Komplement mit konsekutiver Poren-
bildung in der Zellmembran
5 führen zu Leukopenie, Thrombozytopenie, hämolytischer Anämie
5 Auslöser z. B. Medikamente
4 Typ III = Immunkomplexreaktionen
5 Antikörper gegen Fremdproteine von Krankheitserregern, Auto-
antigene, Tumorantigene oder Medikamente führen bei nicht aus-
gewogenem Mischungsverhältnis bzw. bei Schädigung der Ab-
baumechanismen zur Bildung von Antikörper-Antigen-Komplexen
(= Immunkomplexe), die in den postkapillären Venolen eine Gefäß-
entzündung mit Schädigung von Endothel und Basalmembran in-
duzieren
5 es resultiert z. B. in der Haut eine Immunkomplexvaskulitis, bei der
es in Folge der Gefäßschädigung zum Austritt von Erythrozyten in
das Gewebe kommt (klinisch Petechien bzw. Purpura)
4 Typ-IV-Reaktionen
5 von T-Lymphozyten vermittelte antigenspezifische Immunreak-
tion vom verzögerten Typ (= Spättypreaktion), z. B. allergisches
Kontaktekzem, manche medikamentöse und erregerbedingte
Exantheme
5 Typ-IV-Reaktionen lassen sich je nach dominierendem Zelltyp und
Zytokinmuster weiter unterteilen (z. B. TH1- und TH2-Reaktionen)
130 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen 4 anaphylaktischer Schock: IgE-vermittelte systemische Degranulation


von Mastzellen und Basophilen mit Schocksymptomen
4 anaphylaktoider Schock: direkte, nicht IgE-vermittelte Degranulation
von Mastzellen mit vergleichbarer Symptomatik (z. B. ausgelöst durch
Analgetika oder Kontrastmittel)

19.2 Allergietestung

19.2.1 Vorgehen bei Verdacht auf Typ-I-Allergie

4 Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper im Serum


4 Hauttestung auf Typ-I-Allergie an der Unterarmbeugeseite; im Falle
einer Reaktion kommt es zu Erythem und Quaddelbildung; Ablesung
nach 15–20 min
5 Reibetest: potenzielles Allergenextrakt wird auf der intakten Haut
verrieben
5 Prick-Testung: Haut wird mittels Lanzettenspitze nach Auftragen
eines Tropfens potenzieller Allergenlösung punktförmig oberfläch-
lich eröffnet
5 Scratch-Test: mit der Lanzette wird die Haut oberflächlich stichför-
mig aufgekratzt und Allergenlösung aufgebracht
5 Intrakutantest: Injektion der potenziellen Allergenlösung ober-
flächlich intradermal
5 geringste Allergenexposition beim Reibetest, höchste beim Intra-
kutantest
5 als Positivkontrolle dient eine Histaminlösung, als Negativkontrolle
physiologische NaCl-Lösung

19.2.2 Vorgehen bei Verdacht auf Typ-IV-Allergie

4 Epikutantestung
5 potenzielle Kontaktallergene werden mittels okklusiver Testkam-
mern auf die in den Wochen vor Testung möglichst nicht UV-expo-
nierte Rückenhaut aufgeklebt
5 Entfernung der Testsubstanzen zur ersten Ablesung nach 24 oder
48 h sowie zweite Ablesung nach 72 h, im Einzelfall nochmals nach
einigen Tagen
5 da viele Kontaktallergene auch irritativ-toxische Reaktionen aus-
lösen können (z. B. Glutaraldehyd), dient die mehrfache Ablesung
auch zur Unterscheidung zwischen allergischen und irritativ-
toxischen Reaktionsmustern: die allergische Reaktionsstärke nimmt
19 i. d. R. bis zur Zweitablesung weiter zu (Crescendo-Reaktion), die
toxische Reaktionsstärke nimmt nach Entfernung der Substanz bis
zur Zweitablesung bereits ab (Decrescendo-Reaktion)
5 Hauttestungen möglichst nur im beschwerdefreien Intervall (d. h.,
bei Abwesenheit z. B. einer symptomatischen Rhinoconjunctivitis
19.3 · Rhinoconjunctivitis allergica
131 19

allergica oder eines generalisierten Kontaktekzems) und bei Infekt- Eigene Notizen
freiheit durchführen!
5 positive Allergietestergebnisse werden als Sensibilisierung bezeich-
net; erst in wertender Zusammenschau mit Anamnese und kli-
nischem Befund kann eine allergische Erkrankung diagnostiziert
werden.
5 positive Testreaktionen werden in einem Allergiepass vermerkt, der
neben der Angabe der nachgewiesenen Sensibilisierung auch über
Vorkommen und Verbreitung des Allergens informiert

19.3 Rhinoconjunctivitis allergica

4 Typ-I-Allergene als Auslöser: Proteine aus Pollen von Windbestäubern


(wie Birke, Erle, Hasel), aus Gräsern, Roggen, Beifuß, Traubenkraut
(Ragweed), aus Tierhaaren, -speichel oder aus Hausstaubmilben
4 Epidemiologie: Jahresprävalenz von 10–20% mit dramatischem Anstieg
im letzten Jahrhundert

Klinik
4 bereits wenige Minuten nach Expositionsbeginn akute Niesattacken,
Naselaufen mit wässrigem Sekret, Augenjucken
4 häufig aber chronische Symptomatik über Wochen und Monate mit
ausgeprägter eosinophiler Schleimhautentzündung und weiterer TH2-
Stimulation (IL-4, IL-5)
4 Etagenwechsel – Etagenerweiterung: Symptomverschiebung, bzw. meist
Erweiterung zum allergischen Asthma bronchiale
4 orales Allergie-Syndrom: beim Verzehr von Nahrungsmitteln kommt es
bereits während des Kauvorganges zu Juckreiz und Schwellung an Lip-
pen, Mundschleimhaut und Gaumen
4 das orale Allergie-Syndrom findet sich häufig bei Birkenpollenallergi-
kern mit Nahrungsmittelkreuzallergien zu Kern- und Steinobst

Diagnostik
> Memo Die Bedeutung der Anamnese kann nicht überschätzt werden.
4 ausgehend vom Beschwerdezeitraum (Birke: Ende März bis Mai; Grä-
ser: Juni bis August; Hausstaubmilbe: ganzjährig, besonders während
Heizperiode) Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegenüber na-
tiven Allergenen
4 durch Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen rekombinant
hergestellte Allergene lässt sich die Reaktivität weiter aufschlüsseln und
das Potenzial der Kreuzallergenität abschätzen
4 Pricktestung mit Allergenlösungen zur Befundbestätigung
4 ggf. nasale Provokation: nach tiefem Einatmen wird eine potenzielle
Allergenlösung auf die Nasenschleimhaut gesprüht und die prompte
Symptomentwicklung klinisch beobachtet
132 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Therapie


4 Allergenmeidung: Aufenthalt im Hochgebirge oder an der See
4 ! Cave: Birkenpollen können über 100 km aerogen transportiert
werden.
4 soweit möglich, Allergenausschaltung: so sind z. B. Katzen verfügbar,
bei denen das Hauptallergen gentechnologisch ausgeschaltet wurde;
Eradikation allergener Pflanzen erscheint aber unrealistisch; Trauben-
kraut (Ragweed) als Hauptallergiepflanze Nordamerikas breitet sich
auch in Europa zusehends aus
4 symptomatisch: nasale Applikation von modernen Kortikoiden wie
Mometason, nichtsedierende H1-Blocker, schwächer wirksam sind
Cromoglycin-Derivate
4 systemisch H1-Blocker
4 ! Cave: Orale Gabe oder gar i.m. Injektionen von Kortikoiden sind
kontraindiziert!

Sekundärprävention
4 spezifische Immuntherapie = Hyposensibilisierung mit Allergen-
extrakten: Beginn mit deutlich niedrigeren Allergendosen als bei natür-
licher Exposition und schrittweise Steigerung auf das Mehrfache der
natürlichen Exposition
4 Allergenzufuhr entweder subkutan an der distalen Oberarmaußenseite
(Möglichkeit des Abbindens bei allergischer Reaktion während der
Therapie) oder sublingual
4 häufig werden die Allergene mittels Glutaraldehyd zur Reduktion
der IgE-Bindungsfähigkeit bei Erhalt der T-Zell-Epitope modifiziert =
Allergoide
4 oft Zusatz eines Adjuvans wie Aluminiumhydroxid oder Monophos-
phoryllipid A
4 Goldstandard ist nach wie vor die perenniale subkutane Hyposen-
sibilisierung mit nativen Allergenen über 3 Jahre
4 Induktion regulatorischer T-Zellen mit langfristiger Reduktion der
spezifischen IgE-Synthese, verminderter Bindungsaffinität des noch
gebildeten IgE und Bildung von allergenspezifischem IgG, welches
Allergene bereits vor dem IgE-Kontakt binden und/oder an den Mast-
zellen mit der IgE-Brückenbildung interagieren kann.

19.4 Nahrungsmittel-Typ-I-Allergie

4 während bzw. bis zu wenige Stunden nach dem Verzehr des auslösenden
Nahrungsmittels kommt es in variabler Ausprägung zu:
5 oralem Allergiesyndrom
19 5 Urtikaria und/oder Angioödem
5 Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
5 anaphylaktischem Schock
4 häufige Nahrungsmittelallergene: Hühnereiweiß, Milcheiweiß, Weizen-
mehl, Erdnuss, Fisch und Sojabohne
19.5 · Bienen- und Wespengiftallergie
133 19
Diagnostik Eigene Notizen
4 Anamnese entscheidend
4 Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen verdächtigte Lebens-
mittel sowie Prick-Testung mit nativen Lebensmitteln

Therapie
4 Meidung der als allergen identifizierten Nahrungsmittel
4 Hyposensibilisierung mit Nahrungsmittelallergenen bisher nicht
möglich
4 bei Kindern große Chance, dass sich Nahrungsmittelallergien im Zeit-
verlauf zurückbilden

19.5 Bienen- und Wespengiftallergie

4 Klassische Typ-I-Reaktion nach Coombs und Gell


4 nicht mit Atopie assoziiert
4 Risiko höher bei mittlerer Stichhäufigkeit: beim ersten Stich kann sich
zwar die Allergiebereitschaft mit spezifischer IgE-Synthese entwickeln,
es kommt jedoch zu keiner klinischen Symptomatik
4 bei sehr häufigen Stichen (Imker) lassen sich ähnlich wie bei einer
Hyposensibilisierung regulatorische T-Zellen nachweisen

Klinik
4 wenige Minuten bis einige Stunden nach dem Stichereignis (meist
15–30 min): als Frühsymptom oft Juckreiz an Handflächen und Fuß-
sohlen, dann Urtikaria
4 Einteilung des Schweregrades nach der Maximalreaktion:
5 I: alleinige Hautsymptomatik wie Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angio-
ödem
5 II: Übelkeit, Bauchkrämpfe, Heiserkeit, Dyspnoe, Tachykardie,
Hypotonie, Arrhythmie
5 III: Erbrechen, Defäkation, Larynxödem, Bronchospasmus, Zyanose,
Schock
5 IV: Atemstillstand, Herzkreislaufstillstand
4 Risikofaktor für schwere Reaktionen: Mastozytose

Diagnostik
4 > Memo Die Anamnese ist von essenzieller Bedeutung.
4 unterstützend Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegenüber
nativem sowie gegenüber rekombinant hergestelltem Bienen- und
Wespengift
4 da rekombinant in Bakterienkulturen hergestellte Antigene nicht glyko-
syliert sind, kann bei Verwendung entsprechender Testsysteme die
i. d. R. klinisch nicht relevante Reaktivität gegenüber Kohlenhydrat-
seitenketten ausgeschlossen werden
4 Bestimmung der basalen Mastzell-Tryptase als Marker für eine Masto-
zytose
134 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen 4 Prick-/Intakutantestung mit nativem Bienen- und Wespengift in 6 Stu-


fen mit ansteigender Dosis
4 in unklaren Fällen Analyse markierter (CCR3+) Basophiler nach Stimu-
lation mit Bienen- bzw. Wespengift und Messung des Aktivitätsmarkers
CD63 (Basophilenaktivierungstest)

Therapie
4 Notfallset zur Selbstbehandlung durch den Patienten: trinkbare
Lösungen mit
5 H1-Blocker
5 Kortison
5 Autoinjektor mit Adrenalin
4 Hyposensibilisierung mit nativem Bienen- oder Wespengift mit statio-
närer Therapieeinleitung und Aufdosierung auf das Mehrfache der na-
türlicherweise bei einem Feldstich übertragenen Giftmenge; ambulante
Hyposensibilisierungsinjektionen erfolgen dann ca. alle 4 Wochen über
3–5 Jahre

19.6 Latexallergie

4 durch Verbot gepuderter Latexhandschuhe als primärpräventive


Maßnahme Prävalenz von Latex-Typ-I-Allergien deutlich rückläufig
4 früher führten die an Stärkepuder adsorbierten Latexproteine über eine
aerogen vermittelte Schleimhautexposition häufig zu Typ-I-Allergien
4 mögliche Nahrungsmittelkreuzallergene sind Banane, Kiwi, Esskasta-
nie, Papaya, Avocado, Ananas
4 Pflanzen, die mit Gummibäumen verwandt sind, setzen Proteine in die
Umgebungsluft frei, die kreuzallergen zu Latex sind

19.7 Urtikaria (. Abb. 23, Farbteil)

4 häufige Erkrankung mit einer Prävalenz von 1–2%

Ätiologie
4 Mastzelldegranulation in der oberen Dermis mit Quaddelbildung
4 zentraler Mediator ist Histamin: es kommt zu Gefäßdilatation, Plasma-
austritt ins Gewebe, Kontraktion glatter Muskulatur und Juckreiz
4 weitere Mediatoren sind Bradykinin, Prostaglandine, Leukotriene,
Tryptase und Chymase
4 Urticae können prinzipiell an allen Hautstellen auftreten, die Rückbil-
dung der Einzelherde erfolgt meist innerhalb von Stunden, definitions-
19 gemäß nach maximal 24 h
4 anamnestisch wird häufig auch von Angioödemen berichtet
4 selten treten nur Angioödeme auf
4 Angioödeme entstehen subkutan bis tief dermal durch Mastzelldegra-
nulation
19.7 · Urtikaria
135 19

4 entscheidender Mediator für die Angioödem-Genese ist Bradykinin Eigene Notizen


4 Auftreten von Angioödemen besonders im Gesicht und an den Extre-
mitäten
4 Rückbildung der Einzelherde erfordert meist mehrere Tage

Klinik
4 Einteilung nach dem zeitlichen Verlauf:
5 akute Urtikaria (bis 6 Wochen)
5 chronische Urtikaria (länger als 6 Wochen, oft über Jahre und Jahr-
zehnte)
4 Einteilung nach der Ursache
5 induzierbare Urtikaria (offensichtlicher Auslöser)
5 spontane Urtikaria (unklarer Auslöser)
4 Induzierbarkeit auch durch physikalische Reize möglich: Kratzen,
Druck, Vibration, Kälte, Wärme, Licht, aber auch körperliche Anstren-
gung oder Wasserkontakt
4 bei der akuten spontanen Urtikaria können Typ-I-Allergien gegenüber
Nahrungsmitteln relevant sein, bei der chronischen Verlaufsform ist
dies extrem selten
4 Formen der spontanen Urtikaria:
5 Intoleranzurtikaria
J direkte Mastzelldegranulation durch Nahrungsmittelzusatzstoffe
wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder Salicylate, die sich teil-
weise auch hochkonzentriert in Obst und Gemüse finden
J Quaddeln treten typischerweise zeitverzögert 4–12 h nach der
Nahrungsaufnahme auf
5 medikamentös bedingt
J nicht-steroidale Antiphlogistika können dramatische Urtikaria-
Schübe bis hin zum anaphylaktoiden Schock provozieren
J ACE-Hemmer und seltener auch Angiotensin-II-Antagonisten
können auch nach jahrelanger problemloser Einnahme durch
Hemmung des Bradykininabbaus zu Angioödemen führen
5 autoreaktive Urtikaria
J Autoantikörper gegenüber dem hochaffinen IgE-Rezeptor der
Mastzellen, gegenüber IgE oder anderen bisher unbekannten
Antigenen
J Assoziation mit Autoantikörpern gegenüber Thyreoperoxidase
5 Infekturtikaria
J jeder Entzündungsfokus im Körper kann zu dieser Variante
führen
J wichtig insbesondere Streptokokkeninfekte (z. B. Tonsillitiden
oder vereiterte Zahnwurzeln) und Helicobacter-pylori-assoziier-
te Gastritiden
5 psychosomatisch in chronischen Belastungssituationen bei einge-
schränkten Coping-Möglichkeiten
5 idiopathisch
136 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Diagnostik


> Memo Anamnestisch ist Juckreiz der Quaddeln obligat.
4 die zeitliche Dynamik einzelner Quaddeln ist durch Markierung einer
frischen Läsion mit Beobachtung bis zu deren Verschwinden zu klären
4 bei der induzierbaren Urtikaria können je nach Mechanismus entspre-
chende Provokationstestungen erfolgen (z. B. urtikarieller Dermogra-
phismus bei Urticaria factitia)
4 bei der spontanen Urtikaria ist eine photographische Eigendokumenta-
tion durch den Patienten hilfreich
4 Führung eines Beschwerdetagebuches wird empfohlen
4 Diät, die frei von Zusatzstoffen ist
5 für 4 Wochen konsequent durchzuführen (Compliance!)
5 bei Beschwerdebesserung evtl. stationär überwachte, verblindete
Provokation mit Nahrungsmittelzusatzstoffen in Kapselform
4 Fokussuche
5 mühsam und zeitaufwändig
5 Foci werden oft nicht von Entzündungszeichen wie erhöhtem CRP,
ASL-Titer oder Leukozytose begleitet
4 autologer Serumtest
5 bei Verdacht auf autoreaktive Urtikaria 50 μl Serum am Unterarm
oberflächlich intradermal injizieren
5 nach 30 min auf Quaddel-Provokation ablesen
4 Urtikaria-Diagnostik erfolgt i. d. R. ressourcenschonend als Stufen-
diagnostik

Therapie
4 Meidung unspezifischer Provokationsfaktoren wie Alkohol, nicht-
steroidale Antiphlogistika, scharfe Speisen, heiße Getränke, körperliche
Anstrengung und Stress
4 symptomatisch bis zur Ursachenklärung oder bei nicht identifizierbarer
bzw. behandelbarer Ursache:
5 nicht-sedierende H1-Blocker in bis zum vierfachen der sonst
üblichen Dosierung (off-label)
5 ggf. zusätzlich Leukotrienantagonist (off-label)
5 ggf. zusätzlich H2-Blocker (off-label)
5 ggf. Immunsuppression mit Ciclosporin, Chloroquin, Dapson
(off-label) bzw. internen Kortikoiden

! Cave: Kortikoide sind nicht zur Dauermedikation bei chronischer


Urtikaria geeignet!
4 im akuten Schub, der bis zum anaphylaktischen bzw. anaphylaktoiden
Schock führen kann:
5 Beginn mit H1-Blockern und Kortison i.v.
19 5 bei Systemzeichen, die über Hautsymptome hinausgehen, zusätzlich
subkutane Applikation von Adrenalin erwägen
4 Notfallset zur Selbstbehandlung durch den Patienten: trinkbare
Lösungen mit H1-Blocker und Kortison sowie Autoinjektor mit Adre-
nalin
19.9 · Atopisches Ekzem
137 19
19.8 Hereditäres Angioödem Eigene Notizen

Ätiologie
4 Gen-Defekte, die zu einer Bradykinin-Überproduktion über eine er-
höhte Kallikrein-Aktivität führen:
5 Typ I: C1-Esterase-Inhibitor-Konzentration und -Aktivität vermin-
dert
5 Typ II: C1-Esterase-Inhibitor-Konzentration normal, aber Aktivität
vermindert
5 Typ III: (aktivierende) Mutationen im Gerinnungsfaktor XII

Klinik
4 Schub-Auslöser: kleinere Traumen, psychischer Stress, Östrogene (be-
sonders Typ III)
4 Beginn in Kindheit und oft mit der Pubertät, bei Einnahme der Pille
oder Schwangerschaft
4 ausgeprägte subkutane Schwellungen sind an allen Körperstellen mög-
lich
4 Schwellungen an Zungengrund, Pharynx und Larynx sind oft lebensbe-
drohlich
4 häufig Bauchschmerzattacken durch Schwellungen im Verdauungstrakt

Diagnostik
4 Typ I/II: Bestimmung der C1-Esterase-Inhibitor-Aktivität und -Kon-
zentration
4 Typ III: Sequenzanalyse des Faktor XII

Therapie
4 akut: Substitution des C1-Esterase-Inhibitors (Blutprodukt, i.v.)
4 oder Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonist (Icatibant, s.c.)
4 ! Cave: Adrenalin, H1-Blocker oder Kortison sind nicht hilfreich!
4 Prophylaxe: Anabolika wirken günstig über eine Änderung des Leber-
stoffwechsels (off-label)
4 ! Cave: die Gabe von ACE-Hemmern kann tödlich enden!

19.9 Atopisches Ekzem

4 chronische, meist in der frühen Kindheit beginnende, in Schüben ver-


laufende Ekzemerkrankung, die mit starkem Juckreiz einher geht

Genetik
4 mindestens 25% der Patienten weisen eine Loss-of-function-Mutation
im (Pro-)Filaggrin-Gen auf, die zu einer Störung der Hautbarriere des
Stratum corneum führt
4 Polymorphismen der Gene für Interleukin-4 und -13 sowie des Rezep-
tors für Interleukin-4 führen über eine verstärkte T-Helferzellen-Typ-
2-(TH2)-Antwort zu einer erhöhten IgE-Synthese
138 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen 4 die hohe Rate der Profilaggrin-Gen-Mutationen erklärt auch die starke
Assoziation mit der Ichthyosis vulgaris

Atopische Disposition
4 Neigung, gegenüber Aero-Allergenen (z. B. Pollen von Gräsern, Birke,
Beifuß; Hausstaubmilben oder Tierhaaren), spezifische IgE-Antikörper
zu produzieren:
5 dies führt einerseits durch IgE-vermittelte Mastzelldegranulation zur
Rhinoconjunctivitis allergica und zum allergischen Asthma bronchi-
ale und andererseits IgE-vermittelt über eine verstärkte spezifische
Antigenpräsentation durch Langerhanszellen und Stimulation von
Eosinophilen zu einer TH2-mediierten Ekzemreaktion der Haut
5 80% der Patienten mit atopischem Ekzem weisen erhöhte spezi-
fische IgE-Spiegel auf = »IgE-assoziiertes« = »extrinsisches« ato-
pisches Ekzem; abzugrenzen vom »nicht-IgE-assoziierten« ato-
pischen = »nonatopischen« Ekzem

Epidemiologie
4 Prävalenz bei Kindern in Industriestaaten bei 10–20%
4 Zunahme in den letzten 50 Jahren auf das zwei- bis dreifache
4 bei 2/3 der Patienten positive Atopieanamnese eines Elternteils
4 haben beide Eltern eine positive Atopieanamnese, so liegt das Risiko für
ein atopisches Ekzem bei ca. 75%
4 bei 60% manifestiert sich das atopische Ekzem im 1. Lebensjahr (meist
erst ab dem 3. Lebensmonat), bei weiteren 30% bis zum 5. Lebensjahr
4 bis zur Pubertät heilt das atopische Ekzem häufig ab
4 eine Erstmanifestation im höheren Erwachsenenalter = »spätmanifestes
atopisches Ekzem« ist eine Rarität (DD kutanes T-Zell-Lymphom)
4 Risikofaktoren aus der Umwelt für die Manifestation eines atopischen
Ekzems sind elterliches Rauchen und Katzenhaltung (die Rolle anderer
Haustiere wird kontrovers diskutiert)
4 präventiv wirken Stillen bis zum 4. Lebensmonat und häufiger Fischver-
zehr

»Atopischer Marsch«
4 im Laufe des Lebens entwickelt sich häufig in Ergänzung zum ato-
pischen Ekzem eine Typ-I-Allergie gegenüber Aeroallergenen oder
Nahrungsmitteln sowie ein allergisches Asthma bronchiale

Klinik
4 Säugling
5 ab dem 3. Lebensmonat Bildung von »Milchschorf«: am Kapillitium
besonders parietal und an den Wangen finden sich auf erythema-
19 tösem Grund ausgeprägte weiß-gelbliche Krusten, die an »einge-
trocknete« Milch erinnern sollen (keine Milchallergie!)
5 darüber hinaus mit Prädilektion der Extremitätenstreckseiten und
des Rumpfes Ausprägung weiterer, mitunter exsudativer Ekzem-
herde
19.9 · Atopisches Ekzem
139 19

4 Kindesalter Eigene Notizen


5 starker, quälender Juckreiz mit allgemeiner Sebostase
5 weiterhin Befall des Gesichts, die übrigen Prädilektionsstellen ver-
schieben sich hin zu den großen Gelenkbeugen = Beugenekzeme
(Ellenbeugen, Handgelenksbeugen, Kniekehlen, Nacken, Hals) und
Ausbildung eher chronischer Ekzemherde mit teils deutlicher Li-
chenifikation (. Abb. 24, Farbteil)
5 oft auch Hand- und Fußrücken betroffen
5 »Glanznägel« durch häufiges Kratzen
4 Erwachsenenalter
5 Prädilektionsstellen sind weiterhin Gesicht mit Stirn und Lidern,
Hals, Extremitätenbeugeseiten, Hand- und Fußrücken
5 die Ekzemherde sind meist lichenifiziert und zeigen mitunter Pru-
rigoknötchen; darüber hinaus häufig auch generalisiert eher num-
muläre Ekzemherde
4 Prurigoform des atopischen Ekzems
5 bei (älteren) Erwachsenen kann die eigentliche Ekzemmorphe sehr
diskret sein
5 im Vordergrund stehen hier mit Prädilektion der Extremitäten-
streckseiten stark juckende, häufig aufgekratzte Papeln und Kno-
ten

Atopie-Stigmata (klinische Hinweise auf Atopie)


4 Sebostase, palmoplantare Hyperlinearität = »Ichthyosishände und
-füße«
4 doppelte Unterlidfalte = Dennie-Morgan-Falte
4 Rarefizierung der lateralen Augenbrauen = Hertoghe-Zeichen
4 pelzkappenförmiger Haaransatz
4 Gesichtsblässe
4 weißer Dermographismus
4 Keratosis follicularis

Provokationsfaktoren der Ekzemmanifestation


4 Typ-I-Aeroallergene oder -Nahrungsmittelallergene
4 Typ-IV-Kontaktallergene
4 Hautirritation durch häufiges Duschen, Seifen- oder Desinfektionsmit-
telbestandteile, Schafwolle
4 Superinfektion mit Staphylococcus aureus
4 Klimafaktoren, die mit Hauttrockenheit oder starkem Schwitzen einher
gehen
4 psychische Belastungssituationen

Komplikationen
4 Superinfektion mit Staphylococcus aureus
4 Eczema herpeticatum = Streuung einer Herpes simplex-Infektion meist
großflächig im Gesicht mit multiplen, disseminiert stehenden wenige
mm großen Erosionen, Krusten, selten Bläschen
4 erhöhtes Risiko für das Auftreten von Mollusca contagiosa (Dellwarzen)
140 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Diagnostik


4 Labortest zum Beweis der Diagnose eines atopischen Ekzems existiert
nicht!
4 wiederholt wurden Haupt- und Nebenkriterien aufgestellt, die bei Vor-
handensein die Verdachtsdiagnose zunehmend sichern
5 Hauptkriterien: chronischer, quälender Juckreiz; typische, altersent-
sprechende Ekzemmorphe; chronischer Verlauf; positive Eigen-
oder Familienanamnese für Atopie
5 Nebenkriterien (Auswahl): spezifische IgE-Antikörper oder posi-
tive Reaktionen im Pricktest gegenüber häufigen Aero- oder Nah-
rungsmittelallergenen; Atopie-Stigmata

Therapie
4 im Schub
5 phasen- und lokalisationsadaptierte Lokaltherapie mit kortikoid-
haltigen Cremes und Salben
5 Kortikoidexterna sind keine Dauertherapie, sondern nur für die
akute Intervalltherapie sinnvoll
5 Meidung nachgewiesener Typ-I-Allergene
5 systemisch H1-Blocker zur Juckreizlinderung
5 bei Superinfektionen topische Antiseptika bzw. ggf. systemische An-
tibiotika nach Antibiogramm
5 topische Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus)
5 Lichttherapie mit UV-A1 oder UV-B (besonders UV-B 311 nm),
ggf. Bade-PUVA
5 in ausgeprägten Fällen ggf. systemische Immunsuppression mit
Ciclosporin A
4 nach Befundstabilisierung
5 rückfettende Externa, die frei sind von potenziellen Kontaktaller-
genen wie Duftstoffen, Pflanzenextrakten, Farb- und Konservie-
rungsstoffen, Wollwachs
5 bei Hautbesiedelung mit Staphylococcus aureus antiseptische Lo-
kaltherapie mit z. B. Triclosan oder Chlorhexidin oder Tragen von
Kleidung mit antiseptisch wirksamer Silberbeschichtung
4 Neurodermitisschulung zur Optimierung von Coping-Strategien, Un-
terbrechung des Juck-Kratz-Zirkels und Verhinderung psychischer Fol-
geerkrankungen
4 »proaktive« Therapie: auch bei klinisch abgeheilten Läsionen zweimal wö-
chentlich Lokalbehandlung mit einem topischen Calcineurin-Inhibitor

19.10 Kontaktekzem

19 4 hervorgerufen durch irritativ-toxische bzw. allergene Effekte von auf die


Haut einwirkenden nichtinfektiösen Noxen
4 es kommt zu einer Entzündungsreaktion mit epidermaler Hyperproli-
feration, die klinisch als Rötung und Schuppung wahrgenommen wird
und in der Regel mit Juckreiz einhergeht
19.10 · Kontaktekzem
141 19

4 Kontaktekzeme gehen mit einer Barrierestörung der Epidermis einher; Eigene Notizen
beim irritativen Kontaktekzem kann es in der Folge zur Allergisierung
gegenüber der ursprünglich nur irritativ wirkenden Substanz oder ge-
genüber ko-exponierten potenziellen Kontaktallergenen kommen, die
in tiefere Epidermisschichten und die Dermis eindringen können
(»Pfropfallergie«)
4 klinische Verlaufsformen des Kontaktekzems:
5 akutes Kontaktekzem
J verschiedene Phasen lösen sich ab = metachrone Polymor-
phie
J Beginn mit scharf auf das Expositionsareal begrenztem Erythem
= Stadium erythematosum
J bei schwacher Schädigung direkte Abheilung möglich
J bei stärkerer Schädigung Ausbildung von Bläschen mit Juckreiz =
Stadium vesiculosum
J nach Platzen der Bläschen entstehen nässende Erosionen = Stadi-
um madidans
J Sekrettrocknung mit Krustenbildung = Stadium crustosum
J Übergang zur Schuppung = Stadium squamosum
J Abheilung bei Expositionskarenz
5 chronisches Kontaktekzem
J durch repetitive Einwirkung der Noxe kommt es zum gleichzei-
tigen Auftreten der bei der akuten Kontaktdermatitis genannten
Stadien = synchrone Polymorphie
J zudem Papeln, Kratzexkoriationen und Lichenifikation
J Begrenzung der Läsionen eher unscharf

19.10.1 Irritatives Kontaktekzem

4 hervorgerufen durch unterschiedliche Noxen (z. B. Feuchtigkeit, Seife,


Schmutz, Hitze, Kälte, mechanische Belastung, Reibekörper in Reini-
gungsmitteln, Säuren, Laugen, Lösungsmittel, Körperflüssigkeiten), die
dosisabhängig eine Entzündungsreaktion auslösen

Klinik
4 im akuten Stadium Erytheme, Bläschen und Erosionen, im chronischen
Stadium zunehmend Hyperkeratosen und Rhagaden (»kumulativ-to-
xisches Kontaktekzem«)
4 Sonderform: Windeldermatitis, entsteht durch Einwirkung von Urin
und Stuhl unter Okklusion mit nachfolgender Mazeration in der Geni-
toanalregion

Diagnostik
4 typische Anamnese, aus der sich ein Kontakt mit potenziellen Irritan-
tien ergibt
142 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Therapie


4 stadien- und lokalisationsgerechte Lokaltherapie mit Kortikoidexterna
unter Ausschaltung bzw. Meidung der auslösenden Noxe(n)
4 ggf. Ablösung von Hyperkeratosen mit Salicylat bzw. Harnstoff
4 konsequenter Hautschutz und Hautpflege mit Externa, die frei von Duft-,
Farb- und Konservierungsstoffen sowie Pflanzenextrakten sein sollten
4 bei Handekzemen ggf. UV-A-Lichttherapie nach topischer Vorbehand-
lung mit dem Lichtsensibilisator Psoralen (topische PUVA-Therapie)
oder Systemtherapie mit dem Vitamin-A-Abkömmling Alitretinoin
4 bei beruflich bedingten Handekzemen: Einleitung eines sog. Hautarzt-
verfahrens bei der zuständigen Berufsgenossenschaft, die eine (für den
Patienten kostenneutrale) Therapieoptimierung ermöglicht (u. a. Pati-
entenschulung zu Hautschutz und -pflege, ggf. innerbetriebliche Um-
setzung)

19.10.2 Allergisches Kontaktekzem

4 Typ-IV-Immunreaktion auf niedermolekulare Allergene (Haptene), die


die Hornschichtbarriere durchdringen können
4 häufige Kontaktallergene (. Abb. 25, Farbteil): Nickel (Modeschmuck,
Uhr, Jeans-Knopf), Duftstoffe (Parfum, Shampoo, Duschgel, Kosmeti-
ka, Weichspüler), Kühlschmierstoffe, Kaliumdichromat (Zementverar-
beitung, gegerbtes Leder, Galvanisation), Konservierungsstoff Dibrom-
dicyanobutan (Körperpflegemittel, Massageöle, Kühlschmiermittel,
Farben)

Klinik
4 charakteristische Ekzeme (s. o.) im Bereich der Expositionsorte mit un-
scharfer Begrenzung zur Umgebung und Streuphänomenen; Maximal-
variante: generalisiertes allergisches Kontaktekzem
4 an den Händen meist geringere Ausprägung an Arealen mit dickerer
Hornschicht, stärkere Ausprägung an Fingerseiten und -zwischenfalten
sowie Finger- und Handrücken

Diagnostik
4 sorgfältige Anamnese, insbesondere in Bezug auf Kontaktsubstanzen
und zeitliche und örtliche Dynamik der Hautläsionen
4 lokalisationstypische Allergene:
5 Bartbereich: Allergen in Rasierschaum? (z. B. Duftstoffe)
5 Fußrücken: Allergen in Schuhen? (z. B. Kaliumdichromat in Leder)
5 Kontaktbereich zu Latexhandschuhen: Gummiakzeleratoren? (z. B.
Thiurame, Carbamate)
19 5 Perianalregion: z. B. Lokalanästhetika in Hämorrhoidalsalben
5 aerogenes allergisches Kontaktekzem
J unbedeckte Körperregionen wie Gesicht und Decolleté betroffen
J hochgradige Allergisierung gegenüber Stäuben, z. B. Korbblüt-
lern oder Duftstoffaerosolen möglich
19.10 · Kontaktekzem
143 19

4 Epikutantestung an der Rückenhaut (idealerweise nach Abheilung des Eigene Notizen


Ekzems zur Vermeidung unspezifischer Mitreaktionen = »angry back«);
Testung mit standardisierten Testblöcken, die für viele Bereiche zur
Verfügung stehen; Testung nicht-standardisierter Eigensubstanzen nur
selten erforderlich; Ablesung erfolgt nach 24–48 und 72 h, ggf. auch
später
4 »repeated open application test« = ROAT: zweimal tägliches Auftragen
einer verdächtigen Substanz (meist patienteneigenes Externum) auf ein
ca. 2×2 cm2 großes, erscheinungsfreies Hautareal, z. B. Ellenbeuge, für
mindestens 3 Tage zur Prüfung auf Ekzemprovokation

Differenzialdiagnostik irritativer und allergischer Kontaktekzeme


4 typisch für irritative Reaktionen sind:
5 Ekzemauslösung bereits beim Erstkontakt möglich
5 häufig beruflich bedingt
5 oft ähnliche Reaktionen bei gleichartig Exponierten
5 der Ausprägungsgrad korreliert mit der Intensität der Irritantien-
einwirkung
5 Hautläsionen sind auf das exponierte Areal begrenzt (keine Streu-
herde)
4 typisch für allergische Reaktionen sind:
5 Sensibilisierung erforderlich, die klinisch inapparent erfolgt;
klinisch manifeste Ekzeme entwickeln sich nach erneutem Kontakt
mit dem Allergen
5 gleichartig Exponierte sind selten mitbetroffen
5 geringer Bezug zur Expositionsintensität
5 Streuphänomene = Läsionen in satellitenartiger Streuung auch in
nicht exponierter Umgebung
4 weitere Differenzialdiagnosen
5 atopisches Ekzem (Anamnese, Verteilungsmuster)
5 Psoriasis vulgaris
5 Tinea corporis, Tinea manuum (meist ungleichmäßiges/asymme-
trisches Verteilungsmuster, Nachweis mittels mykologischem
Nativpräparat und Pilzkultur)

Therapie
4 entscheidend ist die Allergenerkennung und -meidung (letztere ist
allerdings bei beruflicher Exposition oftmals nur schwer umsetzbar)
4 stadien- und lokalisationsgerechte Lokaltherapie mit Kortikoiden wie
beim irritativen Kontaktekzem:
5 auf nässende Ekzeme bevorzugt als Lotion oder Creme,
5 adstringierend und kühlend mit Schwarztee-Umschlägen, z. B. im
Gesicht
5 auf trockene, lichenifizierte Ekzeme Kortikoid-Salben
4 systemische H1-Blocker gegen den Juckreiz
4 bei therapierefraktären Ekzemen ggf. Calcineurin-Inhibitoren
4 ggf. UV-B- oder topische PUVA-Therapie
144 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen 19.11 Nummuläres Ekzem


Ätiologie
4 diskutiert wird eine Kontaktallergie auf mikrobielle Antigene in loco
4 häufig sind Staphylococcus aureus und Streptokokken in den Läsionen
nachweisbar, evtl. auch bakterielle Fokalinfekte (z. B. Tonsillitis)

Klinik
4 Prädilektionsstellen: Unterschenkel, Rücken, Oberarme
4 teilweise starker Juckreiz
4 besonders bei älteren Erwachsenen finden sich münzförmige, eher
scharf begrenzte, einige cm große Ekzemherde, die zu Beginn aufgrund
multipler, oftmals erodierter Papulovesikel exsudativ imponieren und
später mit Krusten bedeckt sind
4 Streuherde in die Umgebung sind möglich
4 Neigung zu chronischem Verlauf

Diagnostik
4 Ausschluss eines atopischen Ekzems anhand klinischer Atopiezeichen
und Screening auf spezifische IgE-Antikörper gegenüber Aeroaller-
genen
4 Epikutantestung
4 Abklärung auf Superinfektion

Therapie
4 bei Keimnachweis lokal antiseptisch (z. B. Triclosan, Chlorhexidin,
Clioquinol) sowie antientzündlich mit topischen Kortikoiden in
stadien- und lokalisationsgerechter Grundlage

19.12 Seborrhoisches Ekzem

4 chronisches Ekzem der seborrhoischen Areale


4 Ätiologie unklar; pathophysiologisch bedeutsam ist die veränderte
Sebum-Zusammensetzung in Zusammenhang mit der Besiedlung
durch den kommensalen lipophilen Hefepilz Malassezia
4 Vorkommen an talgdrüsenreichen Regionen bei ausgeprägter Talg-
drüsenaktivität besonders in den ersten Lebensmonaten und nach der
Pubertät; Prävalenz: 5%, Männer sind häufiger als Frauen betroffen

Klinik
4 blass-rote, überwiegend scharf begrenzte Erytheme bis flache Plaques
mit gelblicher (»fettiger«) kleieförmiger Schuppung
19 4 lokalisiert an Kapillitium, Gesicht mit Betonung von Glabella, Augen-
brauen, Nasolabialfalten, Haaransatz, Koteletten, Retroaurikulärregion;
prästernal und interskapulär; seltener axillär und inguinal – häufig
starke Ausprägung bei Patienten mit M. Parkinson und bei HIV-Infi-
zierten
19.13 · Weitere Ekzemerkrankungen
145 19

4 seborrhoisches Ekzem des Neugeborenen (Dermatitis seborrhoides in- Eigene Notizen


fantum): Auftreten in den ersten Lebensmonaten mit Befall besonders
der Kopfhaut mit fettigen, schwer ablösbaren Schuppen = Gneis
4 Sonderform: Erythrodermia desquamativa Leiner: Maximalvariante
des infantilen seborrhoischen Ekzems, der vermutlich Genmutationen
von Komponenten des Komplementsystems zugrunde liegen

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose anhand der charakteristischen Morphe und des
Verteilungsmusters; Differenzialdiagnosen: atopisches Ekzem, Psoriasis
vulgaris
4 Koinzidenz eines seborrhoischen Ekzems bei Psoriasis vulgaris = Sebor-
rhiasis

Therapie
4 antientzündlich mit Kortikoiden in Cremegrundlagen oder am Kapilli-
tium als Lösung
4 antimykotisch mit Azolen oder Ciclopiroxolamin als Creme oder
Shampoo
4 ggf. topische Calcineurininhibitoren (off-label)
4 ggf. Salicylsäure zum Ablösen stärkerer Kopfschuppung

19.13 Weitere Ekzemerkrankungen

19.13.1 Exsikkationsekzem

4 Synonym: Eczema craquelé


4 Klinik: chronisches Ekzem bei Austrocknung der Haut; tritt vorzugs-
weise bei älteren Menschen besonders im Winterhalbjahr an den Extre-
mitäten auf
4 Differenzialdiagnosen: atopisches Ekzem, Kontaktekzeme
4 Therapie: Reduktion des Wasserkontakts; regelmäßige Verwendung
rückfettender Externa; ggf. kurzfristig topische Glukokortikoide

19.13.2 Stauungsekzem

4 Ekzeme an den Unterschenkeln meist irritativ-toxischer oder aller-


gischer Genese, die durch das Vorliegen einer chronisch-venösen Insuf-
fizienz begünstigt werden
4 Therapie: wie Kontaktekzem; zusätzlich Behandlung der chronisch-ve-
nösen Insuffizienz z. B. durch konsequente Kompression mit Kurzzug-
binden
146 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen 19.13.3 Dyshidrosiformes (dyshidrotisches) Ekzem

4 stark juckende, ausschließlich an Händen und Füßen (besonders an


Seitenpartien der Finger und Handinnenflächen sowie Fußsohlen) auf-
tretende Bläschen
4 Maximalvarianten: Cheiropompholyx (an Händen) und Podopompho-
lyx (an Füßen) mit größeren, prall gespannten Blasen
4 vielfältige Ursachen: Atopie, Id-Reaktion (= Spättypreaktion gegen mi-
krobielle Antigene, z. B. Mykid bei zugrunde liegender Tinea), Kon-
taktallergie, u. a. m.; Nikotinkonsum als Triggerfaktor
4 Therapie: potente topische Steroide; bei lokaler Hyperhidrose Leitungs-
wasseriontophorese

19.14 Pruritus (Juckreiz)

4 wird über eigene, von Schmerzfasern unabhängige, marklose Nerven-


fasern vermittelt, deren Nervenendigungen im Grenzbereich von Der-
mis und Epidermis liegen
4 (chronischer) Juckreiz ist eine der unangenehmsten Sinnesqualitäten
des Menschen und kann durch zahlreiche (Haut-)Erkrankungen und
Triggerfaktoren ausgelöst werden
4 klinische Klassifikation des Pruritus:
5 Pruritus auf primär veränderter, entzündlicher Haut: z. B. bei ato-
pischem Ekzem, Kontaktekzemen, Psoriasis vulgaris, blasenbilden-
den Autoimmunerkrankungen, Scabies
5 Pruritus auf primär nicht-veränderter, nicht-entzündlicher Haut
(früher als Pruritus sine materia bezeichnet): z. B. bei chronischer
Niereninsuffizienz, hämatologischen Systemerkrankungen (z. B. M.
Hodgkin, Polycythaemia vera), intrahepatischer Schwanger-
schaftscholestase
5 Pruritus mit chronischen Kratzläsionen, die nicht den ersten beiden
Gruppen zugeordnet werden können: z. B. Prurigo-Erkrankungen
mit intensiv juckenden Papeln und Knoten, die zerkratzt werden;
ohne lokal nachweisbare Ursache
4 symptomatische Therapie des Pruritus (erfolgt in Form der Stufen-
therapie):
5 topisch: rückfettende Lokaltherapie, Polidocanol, Capsaicin, Can-
nabinoide, topische Glukokortikoide, Calcineurinantagonisten
5 systemisch: H1-Antagonisten (nicht-sedierend oder sedierend),
Naltrexon, Gabapentin, trizyklische Antidepressiva und Neurolep-
tika, Ciclosporin A
5 Phototherapie
19
19.15 · Prurigo-Erkrankungen
147 19
19.15 Prurigo-Erkrankungen Eigene Notizen

4 stark juckende, meist chronisch verlaufende Gruppe von Hautkrank-


heiten unklarer Ätiologie, die durch plötzlich auftretende Seropapeln
gekennzeichnet ist
4 diese werden anfallsartig zerkratzt, um den Juckreiz zu beherrschen

19.15.1 Prurigo simplex subacuta

4 Frauen häufiger als Männer betroffen

Klinik
4 an Stamm und proximalen Extremitäten Ausbildung stark juckender
Papeln mit zentralem Bläschen (Seropapeln), die zerkratzt werden
4 als Kratzfolge verbleiben zentral eingesunkene Närbchen mit hyperpig-
mentiertem Randsaum
4 Körperregionen wie die Interskapularregion und der mittlere Rücken,
die beim Kratzvorgang nicht erreicht werden können, sind ausgespart

Diagnostik
4 Ausschluss von Pruritus-assoziierten Systemerkrankungen; ggf. psy-
chosomatische Abklärung

Differenzialdiagnose
4 Prurigoformen des atopischen Ekzems
4 blasenbildende Autoimmunerkrankungen (bullöses Pemphigoid, Der-
matitis herpetiformis Duhring)

Therapie
4 topische Glukokortikoide
4 Polidocanol
4 bei Juckreizattacken kurzfristige Kühlung mit Gelkissen
4 Phototherapie (UV-A1, Bade-PUVA)
4 systemische H1-Antagonisten
4 ggf. Naltrexon, Mirtazapin, Gabapentin
4 psychosomatische Mitbetreuung bei i. d. R. stark eingeschränkter Le-
bensqualität

19.15.2 Prurigo nodularis Hyde

Klinik
4 an den Extremitätenstreckseiten, weniger am Rumpf unter Aussparung
der Interskapulärregion, multiple, disseminierte, bis zu 3 cm große, der-
be, kuppelförmige, stark juckende Knoten mit oft hämorrhagischen
Krusten oder verruziformen Keratosen sowie im Hautniveau gelegenen
hyperpigmentierten oder atrophen Narben
148 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Diagnostik


4 in 2/3 der Fälle Zeichen einer Atopie (z. B. Erhöhung des Gesamt-IgE)
4 psychosomatische Abklärung empfehlenswert

Differenzialdiagnose
4 Prurigoform des atopischen Ekzems
4 bullöses Pemphigoid
4 Lichen ruber verrucosus

Therapie
4 wie Prurigo simplex subacuta
4 zusätzlich intraläsionale oder topische Glukokortikoide unter
Okklusion
4 Vereisung mit flüssigem Stickstoff
4 bei Juckreizattacken kurzfristige Kühlung mit Gelkissen
4 Phototherapie (UV-A1 oder Bade-PUVA)
4 systemisch: H1-Blocker, Naltrexon, Mirtazapin, Gabapentin zur
Therapie des Pruritus; ggf. antientzündliche Systemtherapie mir Ciclo-
sporin A oder anderen Immunsuppressiva (off-label)
4 psychosomatische Mitbetreuung bei i. d. R. stark eingeschränkter
Lebensqualität

19.16 Arzneimittelreaktionen

4 können prinzipiell durch jedes Medikament induziert werden


4 am häufigsten makulo-papulöse und urtikarielle Arzneimittelexan-
theme
4 am gefährlichsten sind das Hypersensitivitätssyndrom und die toxische
epidermale Nekrolyse

19.16.1 Makulopapulöses Arzneimittelexanthem

Pathogenese
4 T-Zell-vermittelte Immunreaktion mit evtl. direkter Interaktion des
Medikaments oder seiner Metaboliten mit T-Zell-Rezeptor bzw. der
Antigenpräsentation
4 Beginn der Hauterscheinungen bei vorhandener Sensibilisierung
innerhalb von 1–3 Tagen, bei neu erworbener Sensibilisierung nach ca.
7–12 Tagen
4 Medikamente, die bereit länger als 8 Wochen eingenommen werden,
sind als Auslöser extrem unwahrscheinlich
19 4 häufige Auslöser: Antibiotika (Penicilline und Cephalosporine, Sulfo-
namide; . Abb. 26, Farbteil), Pyrazolone, Antiepileptika (Carbamazepin,
Phenytoin)
4 Kofaktoren: Infektionskrankheiten: Einnahme von Amoxycillin bei
Mononukleose führt in nahezu 100% der Fälle zum Exanthem
19.16 · Arzneimittelreaktionen
149 19
Klinik Eigene Notizen
4 sehr vielgestaltig in Hinblick auf Verteilungsdynamik sowie Größe und
Morphe der Einzelläsionen
4 i. d. R. an beiden Körperhälften gleichförmig ausgeprägt
4 häufig Beginn am Stamm mit Ausbreitung auf Extremitäten unter Be-
tonung der Streckseiten; das Gesicht ist weniger betroffen
4 meist 3–5 mm große rote Makulopapulae, teilweise großflächig konflu-
ierend
4 ! Cave: Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse
oder Hypersensitivitäts-Syndrom können zu Beginn als makulo-papu-
löses Arzneimittelexanthem imponieren!

Diagnostik
4 sorgfältige Anamnese mit systematischer Erfassung aller in den voraus-
gegangenen Wochen applizierten Medikamente
4 Labor (Differenzialblutbild, Leberwerte, Entzündungsparameter zur
Erfassung infektiös bedingter Exantheme); ggf. Histologie
4 Differenzialdiagnosen: erregerbedingte Exantheme (z. B. Virusexan-
theme, Lues im Stadium II)

Therapie
4 strikte Meidung des auslösenden und ggf. kreuzreagierender Medika-
mente mit Ausstellung eines (Verdachts-)Allergiepasses
4 ggf. Juckreizlinderung durch H1-Blocker
4 lokal mit kühlenden Umschlägen und Lotionen
4 kortikoidhaltige Externa und systemische Glukokortikoide nur selten
erforderlich

19.16.2 Urtikarielles Arzneimittelexanthem

Pathogenese
4 zugrunde liegt eine Mastzelldegranulation, die durch IgE oder durch
direkte Stimulation vermittelt wird
4 ! Cave: Gefahr der systemischen Mitreaktion: anaphylaktischer bzw.
anaphylaktoider Schock!
4 häufige Auslöser: Penicilline und andere Antibiotika, Analgetika (bes.
Acetylsalicylsäure oder Diclofenac), Kontrastmittel

Klinik
4 Minuten bis Stunden nach Medikamentenapplikation kommt es zur
generalisierten Urtikaria, evtl. mit Angioödem oder Schock
4 > Memo Beim Anhängen jeder ersten Penicillin-Infusion eines
Therapiezyklus sollte der Patient einige Minuten beobachtet werden,
um Frühsymptome einer urtikariellen Arzneimittelreaktion wie Juck-
reiz an Handinnenflächen oder Fußsohlen zu erkennen.
150 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Diagnostik


4 bei Penicillinen und Cephalosporinen Bestimmung spezifischer IgE-
Antikörper im Serum
4 bei nicht-allergischen Unverträglichkeitsreaktionen Prick-/Intra-
kutantestungen negativ
4 (meist orale) Provokationstestung unter stationärer Überwachung bzw.
Testung eines chemisch bzw. allergologisch differenten mutmaßlich
verträglichen Ausweichpräparats

Therapie
4 sofortige Unterbrechung der weiteren Zufuhr bzw. Applikation des
mutmaßlich auslösenden Medikaments
4 systemische Gabe von H1-Blockern und Glukokortikoiden, bei
Anaphylaxie auch Adrenalin
4 Ausstellung eines (Verdachts-)Allergiepasses

19.16.3 Fixe (toxische) Arzneimittelreaktion

Ätiologie
4 wahrscheinlich Typ-IV-Reaktion mit ungewöhnlichem Tropismus der
Gedächtnis-T-Zellen, da bei Reexposition die vormals betroffenen
Hautstellen erneut reagieren
4 häufige Auslöser: Sulfonamide (bes. Cotrimoxazol), Tetracycline (be-
sonders Doxycyclin), Analgetika

Klinik
4 früher Beginn, oft bereits Stunden nach Reexposition
4 häufig genital, im Gesicht und an den Händen finden sich einzelne,
rund bis ovale, rötlich bis bräunliche, sukkulente Plaques mit zentraler
livider Note, mitunter auch Blasenbildung
4 nach wiederholter Exposition häufig zunehmende Anzahl von Einzel-
herden: fixes (toxisches) Arzneimittelexanthem
4 Verteilung der Einzelläsionen eher ungleichmäßig auf beide Körper-
hälften

Diagnostik
4 durch kurzen zeitlichen Zusammenhang zwischen Medikamentenein-
nahme und klinischer Manifestation Erkennung meist unproblematisch
4 ggf. Histologie
4 nach Abheilung kann in einem vormals betroffenen Hautareal (»im
Herd«) mit verdächtigen Medikamenten ein Epikutantest durchgeführt
werden
19
Therapie
4 lokal kühlend, evtl. topische Glukokortikoide; selten systemische
Glukokortikoide erforderlich
4 Ausstellung eines (Verdachts-)Allergiepasses
19.16 · Arzneimittelreaktionen
151 19
19.16.4 Akute generalisierte exanthematische Eigene Notizen
Pustulose (AGEP)

Ätiologie
4 T-zellulär regulierte Immunreaktion, bei der IL-8-vermittelt infiltrie-
rende Neutrophile zur Ausbildung subkornealer, nicht-follikulärer
Pusteln führen
4 häufige Auslöser: Ampicillin/Amoxicillin, Chinolone, Makrolide,
Diltiazem, (Hydroxy)-Chloroquin

Klinik
4 Beginn ca. 2 Tage nach Medikamentenexposition mit großflächigen
Erythemen, die von zahlreichen Pusteln durchsetzt sind; Pusteln
können großflächig konfluieren und zur Ablösung der Hornschicht
führen
4 häufig Fieber über 38°C
4 Neutrophilie im peripheren Blut
4 keine Schleimhautbeteiligung
4 i. d. R. Abheilung innerhalb einer Woche nach Absetzen des aus-
lösenden Medikaments

Diagnostik
4 Anamnese mit meist eindeutigem Bezug zum auslösenden Medika-
ment
4 Histologie: spongiforme subkorneale Pustel mit Neutrophilen und
papilläres Ödem

19.16.5 Hypersensitivitätssyndrom

4 = DRESS (»drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms«)


4 häufige Auslöser: Carbamazepin, Phenytoin, Allopurinol, Sulfonamide,
Dapson und Minocyclin; als Kofaktor wird eine Reaktivierung von hu-
manem Herpesvirus Typ 6 diskutiert

Klinik
4 Beginn erst 2–8 Wochen nach Ansatz des auslösenden Medikaments
4 ausgeprägtes, lang persistierendes, makulopapulöses Exanthem bis hin
zur Erythrodermie
4 häufig ausgeprägte Gesichtsschwellung
4 mitunter Pustulation
4 hohes Fieber
4 Lymphknotenschwellung
4 Eosinophilie (≥1500/μl im peripheren Blut)
4 Organbeteiligung (Hepatitis, Nephritis, Pneumonie, Myokarditis,
Pankreatitis)
152 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen

Eigene Notizen Diagnostik


4 sorgfältige Anamnese mit systematischer Erfassung aller in den voraus-
gegangenen 2–8 Wochen applizierten Medikamente
4 Labor (Differenzialblutbild, Leber- und Nierenwerte), Histologie, ggf.
Abdomen-Sonographie
4 Score-System mit Bewertung der vorgenannten klinischen Sym-
ptome

Therapie
4 strikte Meidung des auslösenden Medikaments mit Ausstellung eines
(Verdachts-)Allergiepasses
4 Fieber und Exanthem sprechen relativ rasch auf systemische Kortikoide
an
4 Abheilung dauert oft deutlich länger als 2 Wochen

19.16.6 Stevens-Johnson-Syndrom und toxische


epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndrom)

4 Stevens-Johnson-Syndrom: Hautablösung unter 10% der Körperober-


fläche
4 toxische epidermale Nekrolyse: Hautablösung über 30% der Körper-
oberfläche
4 Übergangsvariante Stevens-Johnson-Syndrom/toxische epidermale
Nekrolyse: Hautablösung von 10–30% der Körperoberfläche

Ätiologie
4 zytotoxische T-Lymphozyten zerstören insbesondere die Basalzell-
schicht; es resultiert die Ablösung der gesamten Epidermis
4 häufige Auslöser: Allopurinol, Sulfonamide, Oxicame, Antiepileptika
(Lamotrigin, Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital), Nevirapin
(bei HIV-Infektion eingesetzter nicht-nukleosider Reverse-Transkrip-
tase-Hemmer)

Klinik
4 Beginn der ersten Hautläsionen meist 4–14 Tage nach Therapiebe-
ginn
4 stammbetont Ausbildung multipler, 1–2 cm großer, roter Makulae mit
zentral dunklerem Farbton
4 einzelne Läsionen erinnern an Kokarden
4 im Verlauf zentral Blasenbildung
4 oft Konfluenz zu großflächigen Erythemen mit großflächiger Ablösung
der Epidermis
19 4 Schleimhautbeteiligung mit großflächigen Erosionen, die zu Verkle-
bungen neigen
4 Nikolski-Zeichen I positiv
19.16 · Arzneimittelreaktionen
153 19
Diagnostik Eigene Notizen
4 Erfassung aller in den vorangegangenen Wochen (insbesondere der in
den letzten 4–14 Tagen vor Exanthembeginn) applizierten Medika-
mente
4 Hautbiopsie zur histologischen Sicherung: subepidermale Spaltbildung
mit Nekrose der Epidermis
4 wichtige Differenzialdiagnose: »staphylococcal scalded skin syndrome«
(SSSS): in der Histologie findet sich hier die Spaltebene subkorneal
4 im Tzanck-Test vom Blasengrund keine intakten Epidermiszellen nach-
weisbar

Therapie
4 Absetzen aller verdächtigen Medikamente
4 bei großflächiger Epidermisablösung ausgeprägter Flüssigkeits- und
Proteinverlust mit Störung von Temperaturregulation und Nierenfunk-
tion
4 intensivmedizinische Betreuung mit interdisziplinärer Kooperation er-
forderlich (Spezialbett, Lagerung auf Metallfolie, Volumensubstitution,
Erhöhung von Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit etc.)
4 Systemtherapie mit kurzfristig hochdosierten systemischen Glukokor-
tikoiden; ggf. hochdosierte intravenöse Immunglobuline (IvIg); ggf.
Ciclosporin A
4 ! Cave: Gefahr von Synechien an Schleimhautgrenzen, insbesondere
eines Symblepharons mit Gefahr der Erblindung!
4 toxische epidermale Nekrolyse zeigt hohes Letalitätsrisiko
20

Tag 2 – Dermatologie

20 Infektionskrankheiten der Haut


P. Mayser

20.1 Erysipel – 156

20.2 Erysipeloid – 156

20.3 Impetigo contagiosa – 157

20.4 Ostiofollikulitis, Furunkel, Karbunkel – 158

20.5 Phlegmone – 159

20.6 Gramnegativer Fußinfekt – 159

20.7 Erythrasma – 160

20.8 Borreliose – 160

20.9 Syphilis – 162

20.10 Gonorrhö – 167

20.11 Ulcus molle – 168

20.12 Lymphogranuloma venereum – 169

20.13 Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen) – 170


20.13.1 Erkrankungen durch Dermatophyten – 171
20.13.2 Dermatomykosen durch Hefepilze (Kandidosen) – 176
20.13.3 Pityriasis versicolor – 180

20.14 Infektionen mit Herpes-simplex-Viren – 181


20.14.1 Orofaziale HSV-Infektion – 182
20.14.2 Genitale HSV-Infektion – 182
20.15 Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen – 183
20.15.1 Varizellen – 183
20.15.2 Herpes zoster – 184

20.16 Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) – 186


20.16.1 Verruca vulgaris (Viruswarze vom Hauttyp) – 186
20.16.2 Plantarwarzen – 186
20.16.3 Verrucae planae (juvenilis) – 187
20.16.4 Condylomata acuminata – 187

20.17 Molluscum contagiosum – 189

20.18 Erythema infectiosum – 189

20.19 Hauterscheinungen bei HIV-Infektion und AIDS – 190

20.20 Trichomoniasis – 191

20.21 Leishmaniose – 192


20.21.1 Kutane Leishmaniose der »Alten Welt« – 192
20.21.2 Kutane Leishmaniose der »Neuen Welt« – 193

20.22 Pedikulose – 193


20.22.1 Pediculosis capitis – 193
20.22.2 Pediculosis vestimentorum – 194
20.22.3 Pediculosis pubis – 195

20.23 Cimikose (Wanzenbefall) – 195

20.24 Skabies – 196

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_20, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
156 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 20.1 Erysipel

4 Synonym: Wundrose
4 akut verlaufende Infektion in der oberen Dermis unter Beteiligung der
dermalen Lymphspalten/-gefäße durch Streptokokken
4 Erreger: Streptococcus pyogenes (Gruppe A, β-hämolysierend) ist für
~90% aller Infektionen verantwortlich; weitere Erreger dieser Gruppe:
Streptococcus viridans (α-hämolysierend), Streptococcus pneumoniae
4 Erreger gelangen durch Eintrittspforten (z. B. Mazeration bei Tinea
pedis interdigitalis, kleine Verletzungen, Stichreaktionen) in die Haut
Klinik
4 scharf begrenztes Erythem mit zungenförmigen Ausläufern, bei
schwereren Verläufen mit blasiger Abhebung der Haut, Hämorrhagien
und Nekrosen (. Abb. 27, Farbteil)
4 hohes Fieber, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl
4 > Memo Bei rezidivierenden Erysipelen ist die klinische Symptomatik
oft abgeschwächt, es besteht das Risiko der Entwicklung chronischer
Lymphödeme durch Obliteration der Lymphwege (»Elephantiasis
nostras«).
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Leukozytose, CRP-Erhöhung, im Verlauf Anstieg des Antistreptolysin-
und des Anti-Streptokokken-DNAse-B-Titers
4 ggf. Abstriche von Ulzerationen und Erosionen für mikrobiologische
Diagnostik
Differenzialdiagnosen
4 Kontaktdermatitis
4 beginnender Herpes zoster (insbesondere Gesicht)
4 Erysipeloid
4 tiefe Venenthrombose
4 Stauungsdermatitis
4 Erysipelas carcinomatosum
4 Erythema chronicum migrans
Therapie
4 Penicillin G i.v. oder Cephalosporin (z. B. Cefuroxim i.v. oder p.o.)
4 bei Penicillinallergie Clindamycin oder Makrolid
4 Ruhigstellung und Hochlagern betroffener Extremitäten, ggf. Throm-
boseprophylaxe

20.2 Erysipeloid

4 Synonym: Rotlauf
20 4 Zoonose durch Erysipelothrix rhusiopathiae (grampositives Stäbchen;
Hauptwirte sind Schweine und Salzwasserfische)
20.3 · Impetigo contagiosa
157 20

4 Erreger gelangen über kleine Verletzungen beim Zubereiten von infi- Eigene Notizen
ziertem Fleisch in die Haut
4 Risikogruppen: Metzger, Fischer

Klinik
4 lividrote randbetonte Erytheme, meist im Bereich der Hände
4 randbetonte Ausbreitung, erysipelähnlich (Name!)
4 kaum Allgemeinsymptome
4 Komplikationen: Arthritis

Diagnostik
4 Anamnese
4 ggf. Erregernachweis im Biopsiematerial

Differenzialdiagnosen
4 Erysipel (Fieber)
4 Erythema chronicum migrans (langsamere Ausbreitung)

Therapie
4 Penicillin

20.3 Impetigo contagiosa

4 oberflächliche Hautinfektion meist durch Staphylococcus aureus,


seltener durch Gruppe A-Streptokokken (Streptococcus pyogenes)
4 häufigste bakterielle Infektion bei Kindern
4 hohe Kontagiosität (Schmierinfektion)
4 bullöse und nichtbullöse Formen
4 Pathogenese der bullösen Impetigo:
5 exfoliative Toxine von S. aureus fungieren als Serinprotease und
spalten das desmosomale Protein Desmoglein-1 der Keratinozyten
5 es resultiert eine Akantholyse mit Blasenbildung

Klinik
4 initial Rötung, dann Ausbildung von Erosionen, die von honiggelben
Krusten bedeckt sind
4 bei der bullösen Impetigo Bläschen oder Blasen unterschiedlicher
Größe, die nach Erosion ebenfalls honiggelbe Krusten hinterlassen

Diagnostik
4 Abstrich für mikrobiologische Diagnostik
4 Labor: Leukozytose und CRP-Erhöhung in ca. 50% der Fälle
4 ggf. Urinstatus mit Wiederholung nach 6 Wochen zum Ausschluss einer
Poststreptokokken-Glomerulonephritis

Differenzialdiagnosen
4 Dermatophytosen
4 Herpes-simplex-Infektion
158 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Therapie


4 fett-feuchte Verbände mit Antiseptika (z. B. Polihexanid-Macrogolsal-
be) zum Ablösen der Krusten
4 Wäsche- und Umgebungsdesinfektion
4 bei ausgedehntem Befall und Allgemeinsymptomatik: orales penicilli-
nasefestes Penicillin (z. B. Flucloxacillin) oder Cephalosporin (z. B.
Cefuroxim)

20.4 Ostiofollikulitis, Furunkel, Karbunkel

4 Infektion des Haarfollikels durch Staphylococcus aureus unterschied-


lichen Ausmaßes:
5 Ostiofollikulitis: betrifft die Region des Infundibulums (ostium
(lat.) = Eingang)
5 Furunkel: Entzündung und Einschmelzung des gesamten Follikels
5 Karbunkel: Konfluenz mehrerer Furunkel

Klinik
4 Ostiofollikulitis: das Infundibulum ausfüllende Pustel mit erythema-
tösem Hof, meist an Stamm, Gesäß, Oberschenkel (»Jeanshosen-
Follikulitis«), Bartbereich
4 Furunkel: derber, stark schmerzhafter, geröteter Knoten mit Einschmel-
zung (Abszedierung), narbige Abheilung
4 Karbunkel: plattenartige Infiltrate mit Einschmelzung

Diagnostik
4 mikrobiologischer Abstrich
4 bei Furunkel/Karbunkel Suche nach möglichen Prädispositionsfaktoren
(Reservoir für Staphylococcus aureus im Nasenrachenraum oder peri-
neal; Diabetes mellitus; Immundefekte)

Differenzialdiagnosen
4 zur Ostiofollikulitis: gramnegative Follikulitis, Acne vulgaris, Malasse-
zia-Follikulitis, Candida-Follikulitis, Tinea
4 zu Furunkel und Karbunkel: tiefe Trichophytie, Acne conglobata, Acne
inversa, Aktinomykose

Therapie
4 Ostiofollikulitis: lokale Antiseptika, bei ausgedehntem Befall ggf. orales
penicillinasefestes Penicillin oder Cephalosporin
4 Furunkel/Karbunkel: Ruhigstellung, Inzision und Drainage nach Ein-
schmelzung (Fluktuation), penicillinasefestes Penicillin oder Cephalo-
sporin
4 bei allen Formen sorgfältige Haut- und Kleiderhygiene
20
20.6 · Gramnegativer Fußinfekt
159 20
20.5 Phlegmone Eigene Notizen

4 teils einschmelzende, tiefe bakterielle Hautinfektion unter Einbezie-


hung der Dermis und des subkutanen Fettgewebes, auch Ausbreitung
auf Muskulatur und Knochen
4 Erreger meist Staphylokokken und Streptokokken, aber auch Mischin-
fekte (z. B. nach Bissverletzungen)

Klinik
4 tiefgreifende, lividrote, unscharf begrenzte Schwellung mit Nekrosen
und Abszedierung
4 zunehmende Allgemeinsymptomatik

Diagnostik
4 Labor: Leukozytose, oft massive Erhöhung von CRP und BSG
4 mikrobiologische Diagnostik: Materialgewinnung ggf. auch durch In-
zision bzw. Biopsie (auch Anaerobier sollten erfasst werden)
4 ggf. bildgebende Ausbreitungsdiagnostik (MRT)

Therapie
4 Antibiotikum nach Antibiogramm
4 ggf. Inzision und Drainage

20.6 Gramnegativer Fußinfekt

4 Infektion der Zehenzwischenräume durch gramnegative Erreger, ins-


besondere Pseudomonas aeruginosa
4 wird durch Hyperhidrose, geschlossenes Schuhwerk und interdigitale
Mykose begünstigt

Klinik
4 Erytheme mit nässenden Erosionen der Zehenzwischenräume und des
Vorfußes, Schwellung
4 aufdringlicher, süßlich-fauliger Geruch

Diagnostik
4 Abstrich für bakteriologische Diagnostik
4 mykologisches Nativpräparat und Kultur zum Ausschluss einer oft
gleichzeitig bestehenden Tinea pedis

Therapie
4 Antiseptika in austrocknender Grundlage (z. B. Polihexanid-Gel,
Clioquinol-haltige Paste)
4 systemische Antibiotika nach Antibiogramm, z. B. Chinolone oder
Cephalosporine der 3. Generation
160 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 20.7 Erythrasma

4 Infektion intertriginöser Areale durch Corynebacterium minutissimum

Klinik
4 feinschuppende, leicht bräunliche Erytheme insbesondere an Leistenre-
gion und Axillen

Diagnostik
4 unter Illumination mit Woodlicht (Wellenlänge 365 nm) korallenrote
Fluoreszenz durch von Corynebakterien produzierte Porphyrine

Differenzialdiagnosen
4 Tinea (zeigt stärkere Randbetonung und Schuppung)
4 Candidose (zeigt stärkere Mazeration und Satellitenherde)

Therapie
4 topische Breitspektrumantimykotika (Azole, Ciclopiroxolamin)

20.8 Borreliose

4 durch Zecken (Ixodes ricinus), möglicherweise auch durch andere


blutsaugende Insekten übertragene Infektion mit Spirochäten der
Gattung Borrelia
4 wichtige humanpathogene Spezies
5 Borelia afzelii (führt zur Acrodermatitis chronica atrophicans)
5 Borrelia garinii (häufige Ursache der Neuroborreliose)
5 Borrelia burgdorferi sensu stricto
4 in Europa sind alle drei Spezies vertreten, in den USA vorwiegend
Borrelia burgdorferi sensu stricto
4 sowohl adulte Zecken als auch Nymphen können Borrelien über-
tragen
4 > Memo Eine durchgemachte Borrelieninfektion bietet keinen Schutz
vor Reinfektion.

Klinik
4 stadienhafter Verlauf
5 Stadium I = lokalisierte Frühborreliose (ca. 1–8 Wochen)
J gekennzeichnet durch Allgemeinsymptome (Kopfschmerzen,
Gliederschmerzen) und Erythema chronicum migrans
J Spontanheilung möglich
5 Stadium II = disseminierte Frühborreliose (Monate bis 1 Jahr)
J Borrelienlymphozytom (Lymphadenosis cutis benigna)
J neurologische Veränderungen (Bannwarth-Meningopolyradiku-
loneuritis, Hirnnervenausfälle insbesondere des N. facialis, lym-
20 phozytäre Meningitis)
J Karditis (Perikarditis, Myokarditis mit AV-Block, Pankarditis)
20.8 · Borreliose
161 20

J Arthralgien/Arthritis (Oligoarthritis besonders des Kniegelenks), Eigene Notizen


Myalgien
J Konjunktivitis, Iritis
5 Stadium III = Spätborreliose (1–10 Jahre)
J Acrodermatitis chronica atrophicans, juxtaartikuläre Knoten,
chronische Arthritiden
J progressive Enzephalomyelitis
4 Manifestationen der Borreliose am Hautorgan:
5 Erythema chronicum migrans (ECM)
J zentrifugale Ausbreitung eines zentral oft, aber nicht immer ab-
blassenden, anulären Erythems ohne epidermale Beteiligung in
der Umgebung des Zeckenstichs, das innerhalb von 6 Wochen
abklingt
J Variante: multilokuläre Erythemata migrantia bei hämatogener
Dissemination der Erreger (wird von manchen Autoren dem Sta-
dium II zugeordnet)
5 Lymphadenosis cutis benigna
J besonders an den Ohrläppchen und Mamillen auftretende rötlich-
braune, nicht schuppende Knoten, die histologisch als benigne
B-Zell-Proliferation mit zahlreichen Keimzentren imponieren
5 Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer (ACA)
J chronisch-progressive Atrophisierung der Haut besonders im Be-
reich der distalen Extremitäten, meist asymmetrisch
J zunächst ödematöses Stadium mit lividrotem, unscharf be-
grenztem Hautödem
J oft erst nach Jahren atrophisches Stadium mit zigarettenpapierar-
tiger Hautatrophie und durchscheinender Venenzeichnung nach
Verlust des subkutanen Fettgewebes
4 juxtaartikuläre Knoten: fibroide Proliferationen über Ellbogen und
Knien

Diagnostik
4 serologischer Nachweis zirkulierender IgG- und/oder IgM-Antikörper
gegen Borrelienantigene mittels ELISA (als Suchtest) und Westernblot
(als Bestätigungstest)
4 in den ersten 4 Wochen nach Infektion nur in ca. 50% der Fälle positive
serologische Reaktionen, d. h., eine negative Borrelienserologie schließt
eine floride Infektion nicht aus
4 Serologie erlaubt keine sichere Unterscheidung zwischen einer floriden
Spätinfektion und der Seronarbe einer ausgeheilten Infektion
4 Serologie eignet sich nur bedingt zur Kontrolle des Therapieerfolgs
4 falsch-positive IgM-Titer möglich bei Syphilis, Malignomen, Autoim-
munerkrankungen, akuter EBV-Infektion
4 bei aktiver Neuroborreliose Nachweis einer entzündlichen lymphozytären
Liquor-Pleozytose sowie einer intrathekalen Antikörperproduktion
4 histologische Befundsicherung i. d. R. bei Verdacht auf Lymphozytom
und Acrodermatitis chronica atrophicans und bei unklarem klinischen
Bild eines Erythema chronicum migrans
162 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Therapie


4 bei lokalisierter und mild verlaufender disseminierter Frühinfektion:
Doxycyclin bzw. bei Kindern und Schwangeren Amoxicillin oder
Makrolide über 14–21 Tage
4 bei schwerer verlaufender disseminierter Früh- und Spätborreliose:
Ceftriaxon i.v. über 14–28 Tage
4 > Memo Die Therapie einer Borreliose richtet sich nach der klinischen
Symptomatik, nicht allein nach der serologischen Befundkonstellation.
Die prophylaktische Gabe eines Antibiotikums bereits nach Zeckenstich
ist nicht indiziert.

20.9 Syphilis

4 Synonym: Lues
4 vornehmlich durch Geschlechtsverkehr übertragene Infektion durch
Treponema pallidum (pallidus = blass; verweist auf schlechte Anfärb-
barkeit des Erregers in Ausstrichen/Gewebe)
4 6–20 μm lange und 0,1–0,2 μm dicke Spirochäte mit 10–20 schrauben-
förmigen Windungen, zentral »kleiderbügelartig« abgeknickt
4 sehr austrocknungsempfindlich, kaum Überleben in freier Umgebung
(für Beurteilung des Übertragungswegs wichtig)
4 Infektion erfordert engen Gewebekontakt und Mikrotraumen
4 lange Generationszeit der Spirochäten (>30 h), für Therapiedauer
wichtig

Systematik
4 Frühsyphilis (nach WHO-Definition: 0–2 Jahre bzw. CDC-Definition:
0–1 Jahr nach Infektion) umfasst die
5 primäre Syphilis (= Lues I): Primäraffekt und Befall regionärer
Lymphknoten
5 sekundäre Syphilis (= Lues II): disseminierte Infektion mit Bak-
teriämie, Systemzeichen und Exanthem/Enanthem (»Syphilide«)
5 seropositive latente Syphilis (= Lues latens seropositiva): ist
Ausdruck unbehandelter oder subkurativ behandelter Infektion
(nicht zu verwechseln mit »Seronarbe« nach erfolgreicher
Therapie)
4 Spätsyphilis (Syphilis ab vollendetem zweitem Jahr [nach WHO] bzw.
erstem Jahr nach Primärinfektion [nach CDC]) umfasst die
5 tertiäre Syphilis (Lues III) – granulomatöse, erregerarme tuberono-
döse Läsionen und Gummen
5 quartäre Syphilis: erregerarme Veränderungen und Neurolues
(Tabes dorsalis, progressive Paralyse)
4 kongenitale Syphilis (Lues connata)
5 entsteht durch diaplazentare Übertragung von Treponema pallidum
während der Schwangerschaft auf den Feten
20
20.9 · Syphilis
163 20
Klinik Eigene Notizen
4 primäre Syphilis
5 ca. 3 Wochen nach Infektion an Inokulationsstelle zunächst dunkel-
rotes Knötchen, dann schmerzlose (nicht bei rektalem oder analem
Befall) Ulzeration mit hellrotem Randsaum (sog. Primäraffekt), pal-
patorisch derb = Ulcus durum (»harter Schanker«; . Abb. 30, Farb-
teil); gelegentlich ausgeprägte Schwellung (Vorhautödem mit Para-
phimose, »Glockenschwengelpenis«)
5 prinzipiell ist jede Lokalisation möglich, auch extragenital (z. B.
Lippen, Zunge, Pharynx)
5 ohne Therapie Heilung des Primäraffektes nach 3–8 Wochen
5 regionale Lymphadenitis: 1–2 Wochen nach Ulcus durum auf-
tretende Lymphknotenschwellung meist einseitig, derb – indolent;
sog. Primärkomplex
4 sekundäre Syphilis
5 Exantheme/Enanthem der Syphilis (»Syphilide«) als Ausdruck einer
Dissemination von T. pallidum
5 große Vielfalt möglicher Morphen: Syphilis ist der (nahezu alles
nachahmende) »Affe unter den Hautkrankheiten«
5 Exantheme der sekundären Syphilis jucken nicht und sind nur selten
bullös
J makulöses Syphilid (Roseola): zartrote, unscharf begrenzte
Makulae
J papulöses Syphilid: zunehmende Gewebeimmunität führt zu im-
mer umschriebeneren Veränderungen; Mundschleimhaut zeigt
mitunter weißliche Plaques = Plaques muqueuses
J Palmoplantarsyphilid: 1–2 cm große rotbraune Papeln an Hand-
innenflächen und Fußsohlen (»Clavi syphilitici«)
J Condylomata lata: erosive genitale Papeln, sehr erregerreich
J bei Immunsuppression Erosion der Veränderungen möglich
(»Lues maligna«)
J syphilitisches Leukoderm: Abheilung der Exantheme mit postin-
flammatorischer Hypopigmentierung (z. B. am Hals: »Halsband
der Venus«)
J syphilitische Alopezie: kleinherdiger, »mottenfraßähnlicher«
Haarausfall
5 generalisierte Lymphadenopathie (derb, indolent); »Schwieger-
vaterhandgriff«: Ertasten der antekubitalen Lymphknoten beim
Händedruck
5 akute Hepatitis
5 akute Glomerulonephritis
5 Splenomegalie
5 Meningitis/Meningoenzephalitis (insbesondere bei Immunsup-
pression – HIV/AIDS)
5 muskuloskelettale Veränderungen (Periostitis – nächtlicher
Knochenschmerz), Polyarthritis
164 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 tertiäre Syphilis


5 tuberonodöse Syphilide
J gruppierte rotbraune Papeln und Knoten, die peripher expandie-
ren und zentral abheilen und somit anuläre Muster hinterlassen
(tuberoserpiginöse Syphilide)
J besonders betroffen Oberarmstreckseiten, Rücken und Gesicht
5 Gummen
J schmerzlose, derb-eleastische subkutane Knoten; neigen zur
Ulzeration mit Austritt eines zähflüssigen, gummiartigen
Sekrets
J betroffen sind besonders weicher Gaumen (Gefahr der Perfora-
tion), Nase (»Sattelnase« nach Einschmelzung), Kapillitium,
Gesicht, auch innere Organe
5 muskuloskelettale Symptome
J Periostitis, Osteolysen, gummöse Osteopathien
5 kardiovaskuläre Symptome
J Befall der Vasa vasorum führt zur Entzündung der Gefäßwand
mit Risiko der Bildung von Aneurysmen: z. B. Mesaortitis syphi-
litica (Aortenaneurysma, -insuffizienz)
5 neurologische Symptome
4 quartäre Syphilis
5 progressive Paralyse
J bei etwa 2% der unbehandelten Patienten etwa 20–25 Jahre nach
Primärinfektion
J Schädigung besonders des Frontalhirns führt u. a. zum Persön-
lichkeitsveränderung
5 Tabes dorsalis
J bei etwa 2% der unbehandelten Patienten
J degenerative Veränderungen im Bereich der Hinterstränge und
Dorsalwurzeln
J neurotrophische Ulzera
J einschießende Schmerzen (Bauch, Extremitäten)
J Argyll-Robertson-Phänomen: pathognomonisches Pupillen-
zeichen mit fehlender Licht-, aber erhaltener Konvergenzreaktion
J Ataxie: schleudernder Gang/unkoordinierte Bewegungen, Rom-
berg-Zeichen positiv
4 kongenitale Syphilis (Syphilis connata)
5 in utero erworbene Syphilis
5 Ausmaß der Schädigung ist vom Infektionszeitpunkt der Mutter
abhängig
5 Syphilis connata praecox
J Manifestation innerhalb der ersten 2 Lebensjahre
J Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht
J Hepatosplenomegalie
J Glomerulonephritis
J Blasen/Erosionen besonders palmoplantar (»Pemphigus syphili-
20 ticus«)
J Coryza = blutiger Schnupfen
20.9 · Syphilis
165 20

J Periostitis (besonders der langen Röhrenknochen) führt zur Eigene Notizen


schmerzbedingten Bewegungsminderung (Parrot-Pseudoparalyse)
J hohe Letalität
5 Syphilis connata tarda
J Manifestation nach dem 2. Lebensjahr
J Hutchinson-Trias: Keratitis, Innenohrschwerhörigkeit und Hut-
chinson-Zähne (tonnenförmige Zähne, Diastema)
J Sattelnase

Diagnostik
4 serologische Testmethoden
5 Suchtests
J TPPA (früher TPHA): mit Treponema pallidum beladene Partikel
(TPPA) oder Hammelerythrozyten (TPHA) werden mit Patienten-
serum inkubiert; im Falle des Vorliegens von Antikörpern kommt es
zur Agglutination (= positiver TPPA); Test wird etwa 3 Wochen nach
erfolgter Infektion positiv; Titer persistiert meist zeitlebens; TPPA
und TPHA eignen sich nicht zur Erfolgskontrolle einer antibioti-
schen Therapie oder zur Einschätzung der Therapienotwendigkeit
J VDRL (»veneral disease research laboratory«): weist mittels
Flockungstest Antikörper gegen Phospholipide/Kardiolipin nach,
die nach Befall mit Treponema pallidum durch Gewebszerfall
freigesetzt werden; Test ist unspezifisch (falsch-positive Ergeb-
nisse z. B. bei Vorliegen eines Lupus erythematodes möglich),
erlaubt aber wegen des Titerabfalls nach Therapie Aussagen zur
Effektivität derselben; Test 2–3 Wochen nach Infektion positiv
5 Bestätigungstests
J Westernblot bzw. ELISA werden als Bestätigungstests eingesetzt,
die unter Verwendung von Treponema pallidum-Antigenen den
Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Antikörper im Patien-
tenserum erlauben
J FTA-ABS (= Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorpti-
onstest): gestattet den Nachweis zirkulierender Antikörper mittels
Immunfluoreszenz gegen Treponema pallidum-Antigene, die auf
einem Objektträger suspendiert sind; wird etwa 4 Wochen nach
Infektion positiv; Modifikationen dieses Tests erlauben den früh-
zeitigen Nachweis von IgM-Antikörpern bereits 2 Wochen nach
Infektion (IgM-FTA-ABS; 19S-IgM-FTA-ABS)
5 bei Verdacht auf Neurolues Untersuchung des Liquors bezüglich des
Vorhandenseins treponemenspezifischer Antikörper
4 Diagnostik der primären Syphilis
5 Direktnachweis mittels Dunkelfeldmikroskopie aus Reizserum vom
Ulcus (kräftiges Reiben des Ulkus mit einer NaCl-getränkten
Mullkompresse, bis klare Lymphe austritt)
5 Dunkelfeldmikroskopie ist bei Veränderungen im Mundbereich
nicht verlässlich (apathogene Treponemen der Mundhöhle sind
schwer abgrenzbar)
5 Serologie (s. oben)
166 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 Differenzialdiagnosen der primären Syphilis


5 Herpes genitalis (schmerzhafte Lymphadenitis)
5 Ulcus molle (schmerzhaftes, weiches Ulkus)
5 Lymphogranuloma venereum (kleine Ulzeration, abszedierende
Lymphadenopathie)
5 (spinozelluläre) Karzinome (Histologie)
5 fixe Arzneimittelreaktion (Erosion, kein Ulkus; Medikamentenana-
mnese)
5 Traumata, Artefakte
4 Diagnostik der sekundären Syphilis
5 Serologie (s. oben)
5 Dunkelfelduntersuchung erosiver Veränderungen
5 Lues latens seropositiva
J symptomfreie Phase nach Abheilung der Lues II bis zum Auf-
treten der Spätsyphilis (Lues III/IV)
J positiver IgM-FTA-ABS-Test
J Durchuntersuchung erforderlich (Liquor, neurologische Unter-
suchung, Beurteilung Aorta, augenärztliche Untersuchung)
4 Diagnostik der tertiären Syphilis
5 Liquor- und Serumuntersuchungen
5 neurologische Untersuchungen
4 Diagnostik der quartären Syphilis
5 Liquor- und Serumuntersuchungen
5 neurologische Untersuchungen

Therapie
4 Penicillin als Mittel der Wahl (bisher keine Resistenzentwicklung)
4 vorzugsweise intramuskuläre Applikation: therapeutische Serumkon-
zentration muss mindestens über 7 Tage bestehen, da die Generations-
zeit von Treponema pallidum etwa 30 h beträgt
5 Frühsyphilis: Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. einmalig (ggf.
Wiederholung am Tag 8)
5 Spätsyphilis: Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. dreimalig an den
Tagen 1,8 und 15
5 Neurosyphilis: 6×4 Mio. IE Penicillin G i.v. pro Tag über 14 Tage
4 Komplikation: Jarisch-Herxheimer-Reaktion
5 akute Systemreaktion durch Zerfallsprodukte von T. pallidum unter
Penicillintherapie besonders bei Frühsyphilis
5 2–6 h nach Gabe grippeähnliche Symptomatik, Fieber, Kopf- und
Gelenkschmerzen
5 Therapie: systemische Glukokortikoide
5 Differenzialdiagnose: Penicillinunverträglichkeit
4 serologische Kontrolle nach 3, 6, 12, 24 und 36 Monaten zur Validierung
des Therapieerfolgs (VDRL, Westernblot IgM bzw. IgM-FTA-ABS)
4 > Memo Eine Syphilis-Infektion verleiht keine Immunität.
4 bei nach Therapie erneut positivem IgM-FTA-ABS-Test bzw. erneutem
20 Nachweis von IgM im Westernblot und steigendem VDRL-Titer ist Re-
Infektion wahrscheinlich
20.10 · Gonorrhö
167 20

4 gemäß Infektionsschutzgesetz nicht-namentliche Meldepflicht bei Eigene Notizen


positiver Labordiagnostik
4 Ausschluss weiterer sexuell übertragbarer Erkrankungen (insbesondere
HIV) sowie von Hepatitis B und C

20.10 Gonorrhö

4 Synonym: Tripper
4 Erreger: Neisseria gonorrhoeae (gramnegative aerobe Diplokokken –
semmelförmig)
4 häufigste bakterielle sexuell übertragene Erkrankung
4 Infektionsraten: 35% der Männer nach Geschlechtsverkehr mit einer
infizierten Frau; 60–90% der Frauen nach Geschlechtsverkehr mit
einem infizierten Mann
4 Erregerreservoir: asymptomatische Frauen mit oft lang persistierender
Infektion
4 Infektion der oberflächlichen Schleimhäute (Urethra, Rektum, Endo-
zervix, Pharynx, Konjunktiven)
4 Dissemination möglich

Klinik
4 genitale Gonorrhö des Mannes
5 Urethritis 3–4 Tage nach Infektion, Dysurie und eitriger Ausfluss
(»Bon-jour-Tropfen«)
5 Komplikationen: akute Epididymitis, chronische Prostatitis
4 genitale Gonorrhö der Frau
5 Urethritis: oft übersehen, in 80% der Fälle wie die Zervizitis asym-
ptomatisch; Inkubationszeit 5–8 Tage
5 Komplikationen:
5 Salpingitis: über Spermien mit anhaftenden Gonokokken Infektion
der Eileiter; häufige Komplikation: Peritonitis/Perihepatitis
5 »pelvic inflammatory disease« (PID)
J Infektion von Eileitern, Ovarien und Peritoneum
J chronische Bauchschmerzen
J ! Cave Geht mit Gefahr der Eileiterschwangerschaft und Steri-
lität einher!
4 Sonderformen:
5 Gonoblennorrhö: Infektionen von Augenlidern und Konjunktiven
besonders bei Neugeborenen. Gefahr der Hornhautulzeration
5 anorektale Gonnorhö: verläuft oft asymptomatisch
5 pharyngeale Gonorrhö: uncharaktistische Beschwerden (»Hals-
schmerzen«), in 90% der Fälle asymptomatisch
5 disseminierte Gonokokkeninfektion (Gonokokkensepsis) mit
Trias:
J Polyarthralgie ohne Arthritis, später Monarthritis (fast immer
Knie, Gonokokken im Gelenkpunktat)
J Tenosynovitis
168 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen J Dermatitis: Pusteln auf erythematösem Grund oft über den Ge-
lenken – septische Vaskulitis
5 Fieber, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit

Diagnostik
4 direkter Erregernachweis mittels urethralem/zervikalem Abstrich mit
Anfärbung intrazellulärer gramnegativer Diplokokken
4 PCR-Diagnostik (unter Verwendung von Erststrahlurin)
4 Anzüchtung mittels Kultur (Thayer-Martin-Agar, 37°C in CO2-Atmo-
sphäre; nach 24–36 h positive Oxidasereaktion mit Schwarzfärbung
durch Dimethylparaphenylendiamin), erlaubt Durchführung eines An-
tibiogramms
4 > Memo Eine kulturelle Diagnostik vom Rektum sollte bei allen an
Gonorrhö erkrankten Frauen, eine Kultur von Rektum- und Pharynx-
abstrichen bei allen an Gonorrhö erkrankten homosexuellen Männern
angelegt werden.

Differenzialdiagnosen
4 beim Mann
5 andere Urethritiden
4 bei der Frau
5 andere bakterielle Infektionen
5 Herpes simplex

Therapie
4 wegen Zunahme der Resistenzentwicklung Therapie möglichst immer
nach Antibiogramm
4 unkomplizierte urethrale Gonorrhö: Ceftriaxon oder Cefixim als Ein-
maldosis
4 oft begleitende Chlamydieninfektion
4 Ausschluss begleitender Syphilis- bzw. HIV-Infektion
4 ggf. Mitbehandlung von Sexualpartnern
4 Kontrolle des Therapieerfolgs mittels Kultur 4–7 Tage nach Therapieende

20.11 Ulcus molle

4 Synonym: weicher Schanker


4 Erreger: Haemophilus ducreyi (gramnegatives, thermolabiles anaerobes
Stäbchen)
4 Übertragung erfolgt fast immer durch Geschlechtsverkehr
4 endemisch in Afrika, Südostasien, Zentralamerika
4 Inkubationszeit: 3–5 Tage

Klinik
4 Beginn mit kleiner rötlicher Papel (gelegentlich auch mehrere Läsionen
20 in abklatschartiger Verteilung), innerhalb von 2–3 Tagen Pustel und
Ulzeration
20.12 · Lymphogranuloma venereum
169 20

4 schmerzhaft besonders nach Kontakt mit Urin Eigene Notizen


4 Lokalisation:
5 Männer: Glans penis, inneres Vorhautblatt, Frenulum
5 Frauen: Labien, Perianalregion, Zervix
4 Lymphadenopathie (= Bubo): meist einseitig inguinal, schmerzhaft;
Auftreten meist nach 1–2 Wochen; im Verlauf Abszedierung mit
Spontanentleerung und Fistelbildung
4 Spontanheilung nach 4–6 Wochen bei Männern, nach mehreren
Monaten bei Frauen; Rezidive selten

Diagnostik
4 charakteristische Klinik: schmerzhaftes weiches Ulkus
4 mikrobiologischer Abstrich: gramnegative Stäbchen in fischzugartiger
Anordnung
4 Kultur nur auf Spezialmedien möglich
4 Nachweis mittels PCR
4 Untersuchung auch von Sexualpartnern
4 Mischinfektionen (insbesondere Syphilis und HIV) sollten ausge-
schlossen werden

Differenzialdiagnosen
4 primärer Herpes simplex (Beginn mit Bläschen)
4 syphilitischer Primäraffekt (zeigt derbes, nicht schmerzhaftes Ulcus; die
einschmelzende Lymphadenopathie fehlt)
4 Lymphogranuloma venereum (Ulkus ist kleiner, geht mit bilateraler und
indolenter Lymphadenopathie einher)

Therapie
4 Antbiotika: Cetriaxon oder Azithromycin als Einmaldosis

20.12 Lymphogranuloma venereum

4 sexuell übertragbare Erkrankung mit akuter Lymphadenopathie und


nachfolgender Fibrose
4 Erreger: Chlamydia trachomatis, Serovare L1–L3 (obligat intrazelluläres
Bakterium)
4 Inkubationszeit 3–30 Tage
4 in Deutschland gemäß Infektionsschutzgesetz Meldepflicht

Klinik
4 genitale Infektion
5 Primärläsion: 5–8 mm große schmerzlose, oft übersehene Erosion.
Abheilung innerhalb weniger Tage
5 inguinale Lymphadenopathie: bilateral oberhalb und unterhalb des
Leistenbandes (»Furchenzeichen«); Verbacken der Lymphknoten
zu großen Konglomeraten, ggf. Fistelbildung, Ruptur; unbehandelt
narbige Abheilung innerhalb von 2–3 Monaten
170 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 5 Komplikationen: sekundäre Lymphödeme von Penis, Skrotum,


Vulva. Persistierende Fisteln
4 rektale Infektion
5 besonders bei Frauen und homosexuellen Männer; schmerzhafter,
eitrig-blutiger Ausfluss
5 Spätkomplikationen: Fistelbildung, Ulzeration, Rektumstriktur,
Lymphödem
4 orale Infektion
5 Halslymphknoten vergrößert
5 später auch Vergrößerung axillärer und thorakaler Lymphknoten

Diagnostik
4 serologischer Nachweis von Chlamydien-Antikörpern
4 Identifikation des Erregers aus Abstrichen
4 PCR
4 Lymphknotenhistologie (Mikroabszesse, Granulome mit Riesenzellen)
4 Untersuchung auch von Sexualpartnern

Differenzialdiagnosen
4 Syphilis
4 Herpes genitalis
4 Granuloma inguinale
4 Acne inversa
4 Erkrankungen mit analer/rektaler Entzündung und Fistelbildung (z. B.
M. Crohn)
4 Lymphome (insbesondere bei oraler Lokalisation)

Therapie
4 Doxycyclin
4 ggf. chirurgische Maßnahmen

20.13 Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)

4 Erkrankungen durch Besiedlung der Haut und ihrer Anhangsgebilde


mit Pilzen
4 Erreger:
5 häufig Dermatophyten: diese verursachen als keratinophile Pilze
oberflächliche Mykosen im Stratum corneum sowie in den kerati-
nisierten Anhangsgebilden (Haare, Nägel)
5 seltener Candida-Hefen: opportunistische Infektionen der Haut,
Schleimhäute und Nägel
5 Schimmelpilze: infizieren meist sekundär bereits krankhaft verän-
derte Haut oder Nägel

20
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
171 20
20.13.1 Erkrankungen durch Dermatophyten Eigene Notizen

4 Dermatophytose: alle durch Spezies der Dermatophytengattungen


Epidermophyton, Microsporum und Trichophyton hervorgerufenen
Infektionen der Haut und/oder ihrer Anhangsgebilde (Haare, Nägel)
4 klinische Nomenklatur: Tinea mit einem Suffix, das die infizierte
Körperstelle beschreibt (z. B. Tinea pedis, Tinea faciei, Tinea capitis
etc.)

Einteilung
In Abhängigkeit vom natürlichen Vorkommen werden 3 Gruppen von Der-
matophyten unterschieden:
4 anthropophile Dermatophyten
5 sind an den Menschen angepasst und rufen zumeist nur gering ent-
zündliche chronische Infektionen hervor
5 mit Abstand häufigster Erreger: Trichophyton rubrum
4 zoophile Dermatophyten
5 werden vor allem von warmblütigen Tieren durch Kontaktinfektion
übertragen und führen zu meist stark entzündlich verlaufenden In-
fektionen beim Menschen
5 Tiere oft nicht selbst erkrankt, aber asymptomatische Überträger
5 wichtige Erreger: Trichophyton interdigitale (zoophil; Hauptwirt:
Nager u. a.), Trichophyton verrucosum (Hauptwirt: Rinder u. a.),
Microsporum canis (Hauptwirte: Katzen, Hunde u. a.)
4 geophile Dermatophyten
5 Saprophyten im Erdboden
5 verursachen nur selten Mykosen beim Menschen
5 Infektionen verlaufen jedoch zum größten Teil stark entzündlich,
weil der Erreger nicht adaptiert ist
5 wichtigster Erreger: Microsporum gypseum

Diagnostik
4 ggf. Untersuchung mittels UV-Licht (~365 nm = Wood-Licht; gelb-grü-
ne Fluoreszenz bei Microsporum spp., blauweiße Fluoreszenz bei Tri-
chophyton schoenleinii [Erreger des Favus])
4 Direktpräparat (Nativpräparat): aus dem Randbereich verdächtiger Lä-
sionen werden feine Schuppen gewonnen und auf einem Objektträger
in 15%iger Kalilauge inkubiert; anschließend erfolgt mikrokopische
Untersuchung auf Hyphen und Sprosszellen
4 im Allgemeinen kann aus dem Nativpräparat keine Aussage zur vorlie-
genden Gattung oder Spezies gemacht werden (Ausnahme: Pityriasis
versicolor)
4 die Pilzkultur auf speziellen Nährböden erlaubt Erregerdifferenzierung
anhand makroskopischer, mikroskopischer und ggf. physiologischer
Eigenschaften
4 ggf. molekulare Diagnostik und Differenzierung (ITS 1 und 2 der
rDNA)
172 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Therapie


4 topische Antimykotika (Clotrimazol, Miconazol, Econazol, Bifonazol,
Sertaconazol, Tioconazol, Ciclopiroxolamin, Naftifin, Terbinafin, Amo-
rolfin) in geeigneter Grundlage als Monotherapie bei unkomplizierten
Infektionen
4 systemische Therapie (meist mit Terbinafin, aber auch mit Fluconazol,
Itraconazol, Griseofulvin) bei ausgedehnten Mykosen, Mykosen der
Leistenhaut sowie Versagen einer topischen Therapie, leitliniengerecht
bei Tinea capitis und fortgeschrittener Onychomykose (Befall >50% der
Nagelplatte)
4 > Memo Polyene (Nystatin, Amphotericin B) sind bei Dermato-
phytosen nicht wirksam.

Tinea der freien Haut (Epidermomykose)


Klinik
4 scharfe Begrenzung der oft scheibenförmigen, randbetont schuppenden
Läsionen
4 blass bis intensiv rotes Erythem
4 zentrifugale Ausbreitung mit gleichzeitiger Abheilung im Zentrum,
dadurch charakteristische Ringformen

Differenzialdiagnosen
4 Ekzeme (zeigen unscharfe Begrenzung mit Punctum maximum der
Entzündung im Zentrum, bei allergischem Kontaktekzem z. T. mit
Streuphänomenen)
4 Psoriasis vulgaris
4 Parapsoriasis en plaques
4 Mycosis fungoides
4 Pityriasis rosea
4 diskoider (CDLE) oder subakut kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
4 Erythrasma (befällt Leistenregion; es fehlt die Randbetonung; ziegelro-
te Fluoreszenz im Wood-Licht)
4 > Memo »Wenn eine Läsion schuppt, sollte eine Mykose ausgeschlos-
sen werden«.

Tinea manus/manuum
Klinik
4 meist einseitig lokalisiert, greift erst bei längerem Bestehen auf die
andere Hand über
4 am häufigsten squamös-hyperkeratotische oder hyperkeratotisch-
rhagadiforme Tinea manus mit Befall der Palmae, der palmaren Finger-
anteile und der Fingerkuppen
4 in der Hohlhand feine, teils auch Collerette-artige Schuppung mit
Akzentuierung im Bereich der Handlinien
4 dyshidrosiforme Tinea manus: juckende Bläschen und Pusteln an
Handtellern, seitlichen und volaren Fingerregionen
20 4 »One-hand/two feet«-Mykose: beide Fußsohlen sowie eine Handfläche
(meist die dominante Hand) betroffen
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
173 20
Differenzialdiagnosen Eigene Notizen
4 hyperkeratotisch rhagadiformes oder dyshidrosiformes Handekzem
(mit beidseitigem Befall)
4 atopisches Handekzem
4 Kontaktekzeme
4 Psoriasis palmaris (häufig Psoriasisläsionen auch an anderer Stelle)
4 Mykidreaktion der Hände (wie bei Fußmykose)

Tinea pedis/pedum
4 Synonym: Fußpilz
4 eine der häufigsten dermatologischen Erkrankungen (Prävalenz in
Deutschland bei Erwachsenen etwa 20%)

Klinik
4 interdigitale Form am häufigsten
5 Mazeration und groblamelläre Schuppung vornehmlich in den be-
sonders engen 3. und 4. Zehenzwischenräumen
4 squamös-hyperkeratotische Form
5 charakterisiert durch eine wenig entzündliche diffus schuppende
Keratose der gesamten Fußsohle
5 oft fälschlicherweise als Hauttrockenheit fehlinterpretiert
4 Mokassin-Mykose
5 an den Fußrändern scharf begrenzte, randbetonte Schuppung auf
erythematösem Grund
4 vesikulös-dyshidrotische Tinea pedis
5 besonders am Fußgewölbe sowie Klein- und Großzehballen dyshi-
drosiforme, oft leicht getrübte Bläschen auf entzündlich gerötetem
Grund
5 heftiger Juckreiz
5 gelegentlich zusätzlich dyshidrosiformes Mykid an den Händen

Differenzialdiagnosen
4 zum intertriginösen Typ der Tinea pedis
5 einfache Intertrigo
5 bakterielle Fußinfekte (insbesondere gramnegativer Fußinfekt)
5 Kandidose
4 zum squamös-hyperkeratotischen Typ der Tinea pedis
5 hyperkeratotische oder hyperkeratotisch rhagadiforme Fußekzeme
5 Psoriasis plantaris
5 Lichen ruber
5 hereditäre Palmoplantarkeratosen
4 zum dyshidrosiformen Typ der Tinea pedis
5 dyshidrosiforme Ekzeme (meist doppelseitig)
5 Pustulosis palmoplantaris
5 ! Cave Wichtige Komplikation der Tinea pedis sind Erysipele der
unteren Extremität. Erosionen und Rhagaden in den Zehen-
zwischenräumen stellen häufig eine Eintrittspforte für Bakterien
dar.
174 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Tinea unguis/unguium


4 Synonym: Onychomykose (Tinea unguium bei Verursachung durch
Dermatophyten)
4 bis zu 40% aller Nagelerkrankungen sind auf Onychomykosen zurück-
zuführen
4 über 80% aller Onychomykosen gehen auf eine Dermatophytenin-
fektion zurück, in 10–20% sind Hefen oder Schimmel verantwortlich
4 betrifft häufiger die Füße (ausgehend von einer Tinea pedis) als die
Hände, bei Befall der Hände sind die Füße meist mitbetroffen
4 begünstigende Faktoren
5 genetische Disposition
5 rezidivierende Traumen durch zu enges Schuhwerk und Fußfehl-
stellungen
5 Angiopathien und Polyneuropathien, etwa im Rahmen eines
Diabetes mellitus

Klinik
4 häufig assoziiert mit Mykosen der Leistenhaut
4 leicht gelbliche Verfärbung der Nagelplatte bis hin zum vollständigen
krümeligen Zerfall
4 im Hinblick auf therapeutische Aspekte werden unterschieden:
5 distolaterale subunguale Onychomykose (DLSO)
J häufigste Form
J Pilz (meist T. rubrum) dringt via Hyponychium in die Unterseite
der Nagelplatte ein und breitet sich von distal langsam nach
proximal zur Matrix aus
5 weiße superfizielle Onychomykose (WSO; Leukonychia tricho-
phytica)
J gekennzeichnet durch weißliche Maculae mit Pilzelementen (oft
T. interdigitale) in den oberen Schichten des Nagelkeratins
5 proximale subunguale Onychomykose (PSO)
J Eindringen des Pilzes über das Eponychium zur Nagelmatrix und
in die Nagelplatte
5 total dystrophische Onychomykose (TDO)
J weitgehende Zerstörung der Nagelplatte als Endzustand der
3 vorgenannten Formen

Differenzialdiagnosen
4 Psoriasis vulgaris des Nagelorgans
4 Lichen ruber
4 Trauma des Nagelorgans
4 paraunguale Ekzeme
4 > Memo Ein Pilznachweis schließt eine Nagelpsoriasis nicht aus.

Trichomykosen
4 Dermatophytosen der Terminalhaare
20 4 aus klinisch-praktischen Erwägungen wird zwischen Tinea im engeren
Sinne, Mikrosporie und Favus (Tinea favosa) unterschieden
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
175 20

4 Tinea capitis im engeren Sinne (sensu stricto) (. Abb. 28, Farbteil) Eigene Notizen
5 häufigste Dermatophytose im Kindesalter
5 anthropophile Erreger: insbesondere T. tonsurans, T. violaceum
und T. soudanense verursachen endotriche Infektion des Haares
5 das Haar ist bei intakter Kutikula mit Sporen angefüllt und aufgrund
der Trichomalazie als kleiner schwarzer Punkt in der Follikelöff-
nung erkennbar (»black-dot ringworm«)
5 Kopfhaut zeigt bei fehlender oder geringer Rötung oft nur eine
pityriasiforme Schuppung
5 dringen die Pilze an den Haarfollikeln in die Tiefe vor, so kommt es
zu follikulären Pusteln mit u. U. massiver eitriger Sekretion, die mit
Allgemeinerscheinungen (Fieber, Kopfschmerzen, Lymphknoten-
schwellung) einhergehen können
5 Maximalvariante: Kerion (griech. Honigwabe) Celsi (Celsus: römi-
scher Arzt, 30 vor Chr. bis 40 nach Chr.) mit abszedierender tiefer
Infektion des Haarfollikels
5 Zerstörung der Haarwurzeln mit bleibender Alopezie (Pseudopela-
dezustand) möglich
4 Mikrosporie
5 nicht-abszedierende, fast reaktionslos verlaufende tiefe Follikulitis
durch M. audouinii oder M. canis
5 betroffen fast nur präpubertäre Kinder
5 glanzlose Haare brechen in den wie mit Mehl bestäubt erschei-
nenden Herden kurz über dem Haarboden ab
5 wichtigste Differenzialdiagnose: Alopecia areata
4 Favus
5 gekennzeichnet durch Myzelmassen enthaltende, schildchenför-
mige Schuppenkrusten (= Scutula; Scutulum = Schildchen), die sich
im und um den Haarfollikel herum entwickeln
5 Erreger: Trichophyton schoenleinii
5 unangenehmer Geruch (soll an Mäuseurin erinnern)
5 früher in Mitteleuropa endemisches Auftreten, jetzt vorrangig im
Mittleren und Nahen Osten
5 Abheilung mit narbiger Alopezie (Pseudopeladezustand)
4 Tinea barbae
5 tiefe abszedierende Follikulitis der Barthaare insbesondere durch
T. verrucosum
5 oft von Allgemeinsymptomen begleitet, Lymphadenopathie
5 zunächst vereinzelte eitrige Follikulitiden, wobei die Erreger beim
Rasieren weiterverbreitet werden
5 Vordringen der oberflächlichen Entzündung mit Rötung, Schup-
pung und Pusteln in die Tiefe der Haarfollikel, es resultieren weiche,
infiltrierte, furunkuloide Knoten
5 bei Landwirten nach Nachweis der Kausalkette (Rinder als Wirt)
Anerkennung als Berufskrankheit möglich
176 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Differenzialdiagnosen:


4 bakterielle Follikulitiden, insbesondere staphylogene und gramnegative
Follikulitis
4 Candidafollikulitis
4 Aktinomykose
4 Tuberculosis cutis colliquativa

Mykide
4 infektassoziierte sterile Immunreaktion vom verzögerten Typ gegen
Pilzantigene (Dermatophytid)
4 Mykide können auch während intensiver Behandlung einer manifesten
Mykose auftreten, vermutlich ausgelöst durch verstärkte Antigenfreiset-
zung nach Abtötung der Erreger
4 Mykide bilden sich nach Behandlung der Mykose spontan zurück

Klinik
4 häufigste Form: symmetrische, dyshidrosiforme Eruptionen an Händen
und Füßen
4 seltener ist der Lichen trichophyticus: symmetrisch am Stamm grup-
piert stehende, blasse, rötliche, spitzkegelige, follikuläre Papeln

20.13.2 Dermatomykosen durch Hefepilze


(Kandidosen)

4 Hefen der Gattung Candida finden sich beim Menschen als Kommen-
sale im Gastrointestinaltrakt, oberen Respirationstrakt sowie im weib-
lichen Genitalbereich
4 es handelt sich hierbei um eine Kolonisation, nicht um eine Infektion,
wobei sich letztere jedoch nach Eintreten bestimmter Prädispositions-
faktoren relativ rasch manifestieren kann:
5 lokale Prädispositionsfaktoren
J vorbestehende Haut- und Schleimhauterkrankungen
J oral angewandte Steroide
J chronische Mazeration der Haut (besonders der Intertrigines)
J erhöhte Schweißneigung
J Okklusion durch Verbände, geschlossenes Schuhwerk
J Eintrittspforten durch Kunststoffteile: Venenverweilkatheter, Im-
plantate
5 systemische Prädispositionsfaktoren
J > Memo »very old, very young, very sick«
J gestörte zellvermittelte Immunantwort bei Neugeborenen und
Greisen, angeborene Immunmangelsyndrome, HIV-Infektion,
unter zytostatischer und immunsuppressiver Therapie, bei Neu-
tropenie
J endokrine Faktoren: Schwangerschaft, Diabetes mellitus, Morbus
20 Cushing, Morbus Addison, Hypoparathyreoidismus, Hypo-
thyreose
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
177 20

J bei Hypoalimentation und Marasmus, Eisen- und Zinkmangel Eigene Notizen


J iatrogen unter Therapie mit Östrogenen, Kortikosteroiden, Im-
munsuppressiva, Zytostatika, Antibiotika
4 mit Abstand häufigster Erreger: Candida albicans

Diagnostik
4 bei schuppenden Herden: Entnahme von Schuppenmaterial und Di-
rektpräparat wie unter Dermatophytosen beschrieben
4 bei Läsionen an den Schleimhäuten und Intertrigines: Abstrich von der
Oberfläche
4 Anzüchtung auf Nährböden; Kulturergebnis liegt nach meist 1–4 Tagen
vor: weiße, cremefarbene oder rote Kolonien mit matter Oberfläche
ohne Luftmyzel
4 Differenzierung der Hefespezies anhand der Kulturmakromorphologie
ist im Allgemeinen nicht möglich: daher Reisextraktagar (C. albicans
bildet charakteristische dickwandige Dauersporen = Chlamydosporen)
4 aufwändiger ist die Differenzierung anhand physiologischer Leistungen
mittels Assimilations- und Fermentationstests

Therapie
4 Ausschalten von Prädispositionsfaktoren (oft opportunistische Infekti-
onen)
4 topische und ggf. systemische antimykotische Therapie
4 wirksame Substanzklassen sind insbesondere Polyene (Nystatin, Am-
photericin B), Azole
4 Auswahl geeigneter Grundlagen in Abhängigkeit von der Lokalisation:
Cremes und Salben für Körperstamm und Extremitäten, Pasten für
Intertrigines, Lacke für Nägel, Suppositorien und Vaginaltabletten für
die Vaginalregion, Lutschtabletten und Suspensionen für die Mund-
schleimhaut
4 bei stark entzündlichen Verläufen ggf. kurzfristige Kombinationsthera-
pie mit topischen Steroiden (für maximal 5 Tage)
4 systemische Therapie einer lokalen Kandidose mit Azolen (Fluconazol,
Itraconazol; ggf. Voriconazol, Posaconazol)
4 Amphotericin, Echinocandine und Flucytosin müssen i.v. verabreicht
werden und sind vornehmlich der Therapie invasiver Kandidosen vor-
behalten
4 Griseofulvin bei Hefen nicht wirksam

Candidaintertrigo
4 häufigste Komplikation einer Intertrigo
4 Hauptlokalisation sind die anatomischen oder funktionellen intertrigi-
nösen Hautregionen (Axillae, Leistenbeugen, Bauchfalten, Submam-
mär-, Perigenital- und Perianalregion)

Klinik
4 relativ scharfe Begrenzung durch eine dem entzündlich geröteten und
nässenden Herdzentrum zugewandte Schuppenkrause (Collerette)
178 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 randwärts mitunter als Primäreffloreszenzen kleine Pusteln mit weiß-
gelblichem Inhalt (im Gegensatz zur meist staphylogenen Ostiofolliku-
litis nicht an die Haarfollikel gebunden)
4 Streuherde (Satellitenläsionen) in der näheren Umgebung (»islands in
front of the coast«)

Differenzialdiagnosen
4 einfache Intertrigo
4 toxische oder allergische Kontaktdermatitis
4 intertriginöse Psoriasis vulgaris
4 Morbus Hailey-Hailey

Candidaparonychie und Candidaonychomykose


Klinik
4 vor allem unter chronischer Belastung der Hände, beispielsweise durch
ständige Durchfeuchtung, entwickeln sich Rötung und Schwellung des
Nagelwalls an einem oder mehreren Fingern, häufig mit spontaner oder
druckinduzierter Eiterentleerung
4 bei chronisch-mukokutaner Kandidose kommt es nicht selten zur Mit-
beteiligung der Nagelorgane (dystrophische Onychomykose)

Differenzialdiagnosen
4 Paronychie und Onychodystrophie durch Dermatophyten und Bakte-
rien (Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonas aeruginosa, Prote-
us mirabilis), selten auch durch Schimmelpilze

Akute pseudomembranöse Kandidose


Synonym: Soor
Klinik
4 bevorzugt an Wangenschleimhaut und Gaumen stippchenförmige, spä-
ter konfluierende, weiße, in Abgrenzung zur Leukoplakie mit Holzspa-
tel abstreifbare Beläge
4 darunter zeigt sich eine hochrote, leicht blutende Schleimhaut
4 ggf. Mitbefall von Zunge, Pharynx und Ösophagus
4 Auftreten vorwiegend bei Neugeborenen sowie bei Immundefizienz

Differenzialdiagnosen
4 Lichen ruber der Mundhöhle
4 Plaques muqueuses bei sekundärer Syphilis
4 bei HIV-Infizierten Haarleukoplakie an den Seitenkanten der Zunge
4 zu beachten ist die Möglichkeit der gleichzeitigen Manifestation mehre-
rer der angeführten Erkrankungen

Candidafollikulitis
Klinik
4 insbesondere im Bartbereich erwachsener Männer honiggelbe Krusten,
20 kleine follikuläre Pusteln oder mit Krusten bedeckte, von Pusteln durch-
setzte Papeln und Knoten
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
179 20

4 prädisponierende Faktoren: Diabetes mellitus; allgemeine oder örtliche Eigene Notizen


Schwächung der Abwehrlage bei malignen Lymphomen, Leukämien,
HIV/AIDS, Glukokortikoid- und Zytostatikabehandlung sowie inadä-
quate längerfristige Vorbehandlung von Hauterscheinungen mit Gluko-
kortikoiden und Antibiotika

Differenzialdiagnosen
4 Impetigo contagiosa
4 Tinea barbae
4 staphylogene Ostiofollikulitis
4 gramnegative Follikulitis

Chronische mukokutane Kandidose (CMC)


4 heterogene Gruppe seltener und angeborener Syndrome, die durch
chronische und rezidivierende Candida-Infekte von Haut und Schleim-
haut gekennzeichnet sind
4 Auftreten von Kandidosen gleichzeitig an Haut, Nägeln und Schleim-
häuten verschiedener Körperregionen, oft bereits im Kindesalter
4 selten finden sich bei diesen Patienten disseminierte oder systemische
Infektionen
4 sekundäre Formen bei:
5 chronischen Infektionen (HIV-Infektion)
5 Stoffwechselerkrankungen (Diabetes, Übergewicht)
5 malignen Tumoren, insbesondere Lymphomen/Thymomen
5 therapieinduzierter Abwehrschwäche (Immunsuppressiva, Zytosta-
tika, Glukokortikoide)

Vulvovaginale Kandidose
4 von Hefepilzen der Gattung Candida hervorgerufene Entzündung der
Vulva und/oder der Vagina
4 vermutlich erkranken drei von vier Frauen wenigstens einmal im Leben
an einer vulvovaginalen Kandidose
4 in 80–90% der Fälle Erreger Candida albicans
4 begünstigende Faktoren: Schwangerschaft, Diabetes mellitus, orale Kon-
trazeptiva, Glukokortikoidtherapie, antimikrobielle Chemotherapie (so-
wohl systemisch als auch lokal), mechanische Reize (Intrauterinpessare,
Koitus), mechanische und chemische Irritation (Scheidenspülungen)

Klinik
4 reichlich weißlichcremiger bis käsigkrümeliger Ausfluss
4 weißliche, abwischbare Auflagerungen auf der Scheidenwand
4 ausgeprägtes Erythem der Vulva und der angrenzenden Inguinal-
region

Differenzialdiagnosen
4 bakterielle Vaginose
4 bakterielle Vaginitis insbesondere mit Nachweis von Streptokokken der
Gruppe A
180 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 Trichomoniasis


4 Herpes genitalis
4 Chlamydieninfektion (bei leukozytärem Fluor der Zervix)
4 Gonorrhö
4 Lichen ruber mucosae
4 verschiedene Ekzemformen

Candidabalanitis
4 insbesondere durch C. albicans hervorgerufene Infektion der Glans pe-
nis und des Präputiums
4 begünstigend wirken feuchtwarmes Milieu im Präputialraum, mangel-
hafte Hygiene, speziell ungenügende Abtrocknung nach dem Waschen
oder bei Vorliegen einer Candidavulvovaginitis bei Sexualpartnerinnen

Klinik
4 umschriebene Rötungen, grauweißliche Auflagerungen oder nässende
Erosionen im Vorhautraum (Balanoposthitis)
4 im Krankheitsverlauf ggf. akut oder subakut entzündliche Schwellung
des inneren Präputialblatts bis zur entzündlichen Phimose
4 bakterielle Sekundärinfektion
4 subjektiv Brennen und Juckreiz

Differenzialdiagnosen
4 bakteriell bedingte Infektionen
4 allergisches Kontaktekzem
4 Balanitis plasmacellularis Zoon
4 Lichen sclerosus et atrophicus
4 Balanitis erosiva circinata
4 Herpes-simplex-Infektionen
4 Psoriasis inversa
4 Erythroplasie Queyrat

20.13.3 Pityriasis versicolor

4 Synonym: Tinea versicolor (der Begriff Tinea sollte jedoch den Derma-
tophytosen vorbehalten sein)
4 eine der häufigsten superfiziellen Mykosen der Haut
4 durch lipophile Hefen der Gattung Malassezia verursacht
4 betroffen vor allem Jugendliche und jüngere Menschen in der 2. und
3. Lebensdekade, nach dem 60. Lebensjahr Inzidenz deutlich geringer
4 in tropischen bis subtropischen Regionen etwa jeder Zweite erkrankt; in
Nord- und Mitteleuropa Inzidenz 0,5–1% mit einem jahreszeitlichen
Maximum in den Monaten Mai bis September
4 Prädispositionsfaktoren
5 tropisch-feuchtwarmes Makroklima
20 5 individuelle Schweißneigung (ggf. beeinflusst durch Hyperthyreose,
Tuberkulose, Malignome)
20.14 · Infektionen mit Herpes-simplex-Viren
181 20

5 Einflüsse des Mikroklimas (Okklusion) Eigene Notizen


5 Anwendung lipidhaltiger Externa
4 hohe Rezidivneigung

Klinik
4 hell- bis dunkelbraune, zum Teil rötliche Makulae bevorzugt in den
talgdrüsenreichen Arealen des Körperstammes
4 Läsionen sind anfänglich 3–5 mm groß, neigen im Verlauf zu landkar-
tenartiger Konfluenz
4 beim Streichen über die Läsionen mit einem Holzspatel entsteht eine
feine, kleieartige (pityriasiforme) Schuppung (Hobelspanphänomen)
4 häufig unter UV-Exposition Umwandlung der hyperpigmentierten Are-
ale in weiße, nicht oder nur gering schuppende Läsionen (Pityriasis ver-
sicolor alba); Repigmentierung kann bis zu einigen Monaten dauern

Diagnostik
4 Diagnosestellung erfolgt klinisch, ggf. ergänzt durch Wood-Licht-Un-
tersuchung (gelblich-grüne Fluoreszenz)
4 im KOH-Nativpräparat zeigen sich charakteristische kurze, zum Teil
fragmentierte Pilzfäden neben runden Hefezellen (»Spaghetti und
Fleischklößchen«)
4 Kultur verzichtbar

Differenzialdiagnosen:
4 hyperpigmentierte Läsionen
5 seborrhoisches Ekzem (zeigt stärkere entzündliche Komponente)
5 Pityriasis rosea
5 Tinea corporis
4 hypopigmentierte Läsionen (Pityriasis versicolor alba)
5 Vitiligo
5 postinflammatorische Hypopigmentierung

Therapie
4 topische Azolzubereitungen, Azol-haltiges Shampoo
4 bei ausgedehnten Herden und häufigen Rezidiven ggf. systemische an-
timykotische Therapie mit z. B. Itraconazol

20.14 Infektionen mit Herpes-simplex-Viren

4 Krankheiten durch Infektion mit den DNA-Viren Herpes simplex-Vi-


rus Typ 1 (HSV-1) oder Typ 2 (HSV-2)
4 beide Subtypen können orofaziale bzw. genitale Infektionen verursa-
chen, HSV-2 prädominiert im Genitalbereich, HSV-1 in der Orofazial-
region
4 Infektionen in der Kindheit oft inapparent
4 Durchseuchung bei HSV-1: >95% der Bevölkerung, Durchseuchung bei
HSV-2: 25–50%, mit Beginn sexueller Aktivität
182 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 Erstinfektion über Schleimhautverletzungen und Erosionen; von dort


retrograder intraaxonaler Transport zu den sensorischen Ganglien, dort
Persistenz
4 Rezidive möglich über Reaktivierung nach Einwirkung verschie-
dener Faktoren wie UV-Licht, Fieber, lokale/systemische Immunsup-
pression
4 Inkubationszeit: 3–8 Tage
4 Übertragung auch durch asymptomatische Träger möglich

20.14.1 Orofaziale HSV-Infektion

4 Erstinfektion führt zur Gingivostomatitis herpetica


5 meist bei Kleinkindern
5 ausgedehnte Erosionen mit hämorrhagischen Krusten, mitunter
auch Ulzerationen im Bereich der gesamten Mundschleimhaut und
der Lippen verbunden mit Foetor ex ore
5 Fieber, beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, lokale Lymphade-
nitis
4 bei Rezidiv
5 kleine, gruppiert (»herpetiform«) stehende Bläschen auf gerötetem
Grund, Dysästhesien und Neuralgien, oft stark schmerzhaft
5 Prädilektionsstellen: Lippen (= Herpes labialis)
4 Eczema herpeticatum
5 ausgedehnte orofaziale HSV-Infektionen bei Patienten mit ato-
pischem Ekzem oder M. Darier
5 betroffen besonders die von der Grunderkrankung erfassten
Hautareale, Ausdehnung auf die gesamte Haut möglich
4 periunguale HSV-Infektion (»herpetischer Umlauf«)
5 periunguales Erythem, Schmerz und gruppierte Bläschen
5 ! Cave Keine Inzision oder Drainage!
5 Differenzialdiagnosen: Panaritium, Candida-Paronychie

20.14.2 Genitale HSV-Infektion

4 Erstinfektion führt zur Vulvovaginitis herpetica oder Balanoposthitis


herpetica
5 disseminierte, rasch erodierende Bläschen, im Verlauf mitunter
schmerzhafte Ulzerationen, bilaterale Lymphadenopathie; Zervix-
Befall in 80% der Fälle
5 Balanoposthitis herpetica verläuft meist milder als die Vulvovagini-
tis herpetica
5 Rezidive verlaufen milder
4 seltenere Manifestationsorte
5 Gluteal- und Oberschenkelregion
20 5 Anorektalregion: schmerzhafte Krämpfe, möglicher Harn- oder
Stuhlverhalt
20.15 · Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen
183 20

4 Herpes simplex vegetans Eigene Notizen


5 schwere kutane Verlaufsform infolge Immundefizienz (bei hämato-
logischen Grunderkrankungen, HIV-Infektion, Autoimmuner-
krankungen)
5 aus initial hämorrhagisch-nekrotisierenden Läsionen entwickeln
sich persistierende, stark schmerzhafte Ulzerationen mit Größen-
progredienz
4 postherpetisches Erythema exsudativum multiforme (EEM)
5 bei bis zu 95% der EEM-Patienten HSV-Rezidive als verantwortliche
Auslöser

Diagnostik
4 charakteristische Klinik
4 Virusnachweis aus Bläschenmaterial mittels Immunfluoreszenz oder
PCR
4 Tzanck-Test: Nachweis von mehrkernigen Riesenzellen in der Ab-
klatschzytologie

Differenzialdiagnosen
4 initialer Herpes zoster (ist i. d. R. unilateral, nur sehr selten Rezidive in
loco)
4 zur Gingivostomatitis herpetica: Herpangina (Infektion mit Coxsackie-
Viren)
4 zur genitalen HSV-Infektion: Aphthen, M. Behçet, Lues im Stadium I
4 anogenitale Läsionen: CMV-Infektion

Therapie
4 topische Virustatika (Aciclovir) bzw. Antiseptika
4 bei schweren Verläufen bzw. Eczema herpeticatum systemische Virusta-
tika wie Aciclovir
4 ggf. Rezidivprophylaxe, insbesondere bei rezidivierendem, durch HSV
getriggerten Erythema exsudativum multiforme

20.15 Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen

20.15.1 Varizellen

4 Synonym: Windpocken, Chicken-Pox


4 Erstinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), gehört zur Her-
pes-Virusgruppe
4 meist in der Kindheit auftretend
4 in ca. 30% der Fälle klinisch inapparent
4 Inkubationszeit: 2–3 Wochen

Klinik
4 rasch aufschießende rötliche Maculae an Kopfhaut und Stamm, die sich
rasch vesikulös umwandeln und dann krustös abheilen
184 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 asynchrone Entwicklungsstadien ergeben ein polymorphes Bild: sog.


Heubner-Sternkarte
4 Handteller und Fußsohlen sind ausgespart
4 Enanthem
4 starker Juckreiz
4 Narben werden durch Kratzen und resultierende Sekundärinfektion
hervorgerufen
4 bei Manifestation im Erwachsenenalter oft ausgeprägte Allgemeinsym-
ptomatik (Fieber, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit), ggf. Pneumonie,
Meningoenzephalitis
4 Varizelleninfektion in der Schwangerschaft: Risiko der Embryopathie

Diagnostik
4 charakteristische Klinik
4 VZV-Nachweis im Bläscheninhalt mittels Immunfluoreszenz oder
PCR

Differenzialdiagnosen
4 Zoster generalisatus (unter Immunsuppression auftretend; Efflores-
zenzen finden sich hier meist im gleichen Entwicklungsstadium)
4 disseminierte HSV-Infektion
4 multiple Insektenstiche

Therapie
4 topische austrocknende und antiseptische Therapie (z. B. Lotio alba
aquosa, Clioquinol-Lotio)
4 Antihistaminika zur Juckreizstillung
4 bei schweren Verläufen systemische Gabe von Aciclovir
4 bei VZV-Kontakt seronegativer Schwangerer oder immunsupprimierter
Patienten: VZV-Immunglobulin
4 Prophylaxe durch Impfung: für Kinder ab vollendetem 1. Lebensjahr
sowie seronegative Risikogruppen

20.15.2 Herpes zoster

4 Synonym: Gürtelrose
4 hervorgerufen durch Reaktivierung von VZV, das nach Varizelleninfek-
tion in sensorischen Ganglien des ZNS »latent« persistiert
4 Erkrankungsgipfel: 50. bis 70. Lebensjahr
4 bei Erkrankung jüngerer Patienten sollten Zustände einer Immunsup-
pression abgeklärt werden

Klinik
4 Prodromalstadium: Dysästhesie oder Schmerz im Versorgungsgebiet
des betroffenen Nerven ohne sichtbare Hautveränderungen
20 4 im Bereich eines Dermatoms, seltener mehrerer benachbarter Derma-
tome, finden sich gruppierte Vesikel auf gerötetem Grund, die gelegent-
20.15 · Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen
185 20

lich eintrüben; gelegentlich hämorrhagisch-nekrotisierende Umwand- Eigene Notizen


lung (. Abb. 29, Farbteil)
4 gelegentlich aberrierende, in andere Segmente streuende Bläschen
4 Sonderform: Zoster generalisatus
5 generalisiertes, Varizellen-artiges Bild
5 Beginn meist segmental
5 besonders bei immunsupprimierten Patienten
4 postzosterische Neuralgie
5 starke Schmerzen im betroffenen Dermatom, die auch 4 Wochen
nach Abheilung der Hautläsionen noch bestehen
5 z. B. Trigeminusneuralgie nach Herpes zoster im Versorgungsgebiet
des V. Hirnnerven
4 besondere Varianten
5 Zoster ophthalmicus
J Befall des 1. Trigeminusasts (Nervus ophthalmicus)
J in 50% der Fälle mit Augenbeteiligung (Keratitis, Erosionen der
Cornea)
J Bläschen an der Nasenspitze: Beteiligung des Nervus nasociliaris
bedeutet höhere Wahrscheinlichkeit einer Augenbeteiligung
5 Zoster oticus
J nur geringe sensible Anteile im äußeren Gehörgang und am wei-
chen Gaumen
J oft Beteiligung des Innenohres bei Befall des 7./8. Hirnnerven mit
Hörminderung, Schwindel und Befall motorischer Fasern (Fazi-
alisparese)

Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Nachweis von VZV im Bläscheninhalt mittels Immunfluoreszenz oder
PCR
4 bei Zoster ophthalmicus ophthalmologische Diagnostik, bei Zoster oti-
cus HNO-ärztliche Mitbetreuung

Differenzialdiagnosen
4 Herpes-simplex-Infektion
4 hämorrhagische und bullöse Verlaufsformen des Erysipels
4 Kontaktekzem
4 Photodermatitis

Therapie
4 topische austrocknende und antiseptische Therapie (z. B. Clioquinol-
Lotio)
4 systemische Virustatika (Aciclovir, Valaciclovir, Brivudin)
4 Schmerztherapie
4 > Memo Ein Herpes zoster kann sich nur nach einer vorangegangenen
VZV-Infektion entwickeln, die apparent (in Form von Varizellen) oder
inapparent verlaufen ist. VZV-seronegative Individuen können sich
durch Kontakt mit Varizellen- oder Herpes-zoster-Patienten anstecken
und entwickeln dann Varizellen.
186 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 20.16 Infektionen mit humanen Papillomviren


(HPV)

4 große Gruppe eng verwandter DNA-Viren


4 >100 Subtypen mit unterschiedlicher Epithelaffinität und klinischer
Manifestation
4 Verbreitung durch Autoinokulation von Mensch zu Mensch
4 einige HPV weisen onkogene Potenz auf: HPV-16, -18, -31, -33 und -45;
sie können Zervixkarzinome und intraepitheliale Neoplasien an Zervix,
Vulva, Vagina, Penis und Anus hervorrufen
4 HPV-Typisierung daher bei genitalen Läsionen sinnvoll

20.16.1 Verruca vulgaris (Viruswarze vom Hauttyp)

4 hervorgerufen meist durch HPV-1, -2 und -4


4 hyperkeratotische papillomatöse Tumoren
4 zeigen intraläsional punktförmige Einblutungen (Kapillarthromben)
4 führen zur Unterbrechung der Papillarleisten
4 Prädilektionsstellen: Akren (= Hautregionen mit niedrigerer Körper-
temperatur)

Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 ggf. Histologie

Differenzialdiagnosen
4 Molluscum contagiosum
4 Clavus (»Schwiele«)
4 aktinische Keratose
4 spinozelluläres Karzinom

Therapie
4 hohe Spontanheilungsrate
4 schmerzhafte und narbenträchtige therapeutische Prozeduren sollten
vermieden werden
4 Keratolyse (mit Salicylsäure-haltigem Pflaster) und anschließende me-
chanische Abtragung
4 Kryotherapie
4 Virustatika-haltige Lacke, Fluorouracil-Lösung; ggf. Imiquimod (off-
label)
4 ggf. Laserablation

20.16.2 Plantarwarzen
20 4 Synonym: Dornwarzen
4 HPV-1, -2, -4, seltener -60 und -63
20.16 · Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV)
187 20
Klinik Eigene Notizen
4 oft solitäre Papel im Bereich der Plantae mit reaktiver Hyperkeratose
4 endophytisch wachsend (Name!), druckschmerzhaft
4 Sonderform: Mosaikwarzen mit diffus-flächiger Anordnung kleinerer
Warzen

Diagnostik
4 punktförmige Hämorrhagien
4 Papillarleistenverlust
4 Druckschmerz

Differenzialdiagnosen
4 Klavus (druckinduzierte reaktive Hyperkeratose)
4 verruköses Plattenepithelkarzinom (Epithelioma cuniculatum)

Therapie
4 Keratolyse und anschließende mechanische Entfernung; ggf. Entfer-
nung mittels scharfem Löffel (Exkochleation)
4 ggf. adjuvante Therapie einer zugrunde liegenden Hyperhidrose

20.16.3 Verrucae planae (juvenilis)

4 hervorgerufen durch HPV-3 und -10, seltener durch -28 und -29

Klinik
4 1–2 mm große hautfarbene, plane Papeln
4 besonders an Gesicht und Handrücken
4 Verbreitung durch Autoinokulation (Kratzen)
4 betroffen meist Kinder und Jugendliche

Differenzialdiagnosen
4 Epheliden
4 Xanthelasmen
4 kleine und flache Verrucae seborrhoicae

Therapie
4 wegen des isomorphen Reizeffektes sollten invasive therapeutische
Maßnahmen mit Zurückhaltung eingesetzt werden
4 Kryotherapie
4 topische Retinoide, z. B. Tretinoin

20.16.4 Condylomata acuminata

4 Synonym: Feigwarzen, Genitalwarzen


4 häufigste virale sexuell transmittierte Infektion
188 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 Infektion der genitoanalen Übergangsschleimhaut, meist durch HPV-6


und -11, seltener durch HPV mit hohem onkogenen Potenzial (Risiko
insbesondere für Zervixkarzinom)

Klinik
4 kleine weiße Papeln mit rascher Größenzunahme
4 Neigung zur flächigen Ausbreitung mit Bildung papillomatös-ver-
ruziformer Beete
4 mitunter langes Zeitintervall zwischen Infektion und klinischer Mani-
festation
4 im Falle des Auftretens bei Kindern Möglichkeit des sexuellen Miss-
brauchs erwägen
4 abzugrenzen ist die bowenoide Papulose:
5 genitales Carcinoma in situ, oft hervorgerufen durch HPV-16
oder -18
5 bräunlich-pigmentierte Papeln im Bereich der genitoanalen Haut,
insbesondere am Penisschaft

Diagnostik
4 Betupfen betroffener Areale mit 5%iger Essigsäure führt zur weiß-
lichen Verfärbung und erlaubt die Erkennung auch diskreter Kon-
dylome
4 proktologische Untersuchung
4 gynäkologische Untersuchung der Zervix betroffener Frauen
4 Ausschluss weiterer sexuell transmittierter Inefektionen (insbesondere
von Lues und HIV) sowie Hepatitis B und C
4 Untersuchung auch der Sexualpartner

Differenzialdiagnosen
4 Condylomata lata bei Lues II (breitbasig aufsitzende, oft erodierte und
nässende Papeln; Luesserologie)
4 Mollusca contagiosa
4 freie Talgdrüsen
4 Lichen planus

Therapie
4 topisch appliziertes Podophyllotoxin
4 Imiquimod-Creme
4 grüner Tee (Trockenextrakt in Salbe zur topischen Applikation)
4 Kryotherapie
4 Abtragung mittels Laser oder Elektrokauter (Cave: verdampfendes
Material muss abgesaugt werden, da infektiös)
4 ggf. Zirkumzision
4 Prävention durch HPV-Impfung 12- bis 17-jähriger Mädchen

20
20.18 · Erythema infectiosum
189 20
20.17 Molluscum contagiosum Eigene Notizen

4 Synonym: Dellwarze
4 quaderförmiges DNA-Virus aus der Gruppe der Molluscipoxviren,
streng epidermotrop
4 Auftreten überwiegend im Kindesalter
4 Prädisponierend sind atopische Dermatitis, Immundefekte incl. HIV/
AIDS, immunsuppressive Therapien
4 Übertragung durch Fremd- und Autoinokulation

Klinik
4 auf normaler Haut wenige mm große, breitbasig aufsitzende, isoliert
oder gruppiert stehende, perlenartige bis mittelderbe, zentral ge-
dellte Papeln (»Dellwarzen«) von weißlicher, gelb bis blassroter
Farbe
4 Prädilektionsstellen: Gesicht, Hals sowie periaxilläre, perigenitale und
perianale Regionen
4 bei Patienten mit atopischer Dermatitis ggf. Auftreten in großer Zahl
(»Eczema molluscatum«)
4 bei Immundefekten finden sich bis zu 1 cm große Dellwarzen (= Mol-
luscum contagiosum giganteum)

Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Histologie: infizierte Keratinozyten sind ballonartig aufgetrieben (=
Molluscum-Körperchen)

Differenzialdiagnosen:
4 Milien, Hydrozystom
4 Verruca vulgaris
4 bei Immunsupprimierten auch kutane Kryptokokkose

Therapie
4 spontane Abheilung möglich
4 Kürettage der Dellwarzen unter Lokalanästhesie mit z. B. Lidocain/Pri-
locain-Creme
4 im Falle des Vorliegens zahlreicher Dellwarzen ggf. Abtragung in kurzer
Allgemeinanästhesie
4 antiseptische Lokaltherapie kann vor Autoinokulation und Re-Infektion
schützen

20.18 Erythema infectiosum

4 Synonym: Ringelröteln; fünfte Krankheit


4 akute, insbesondere bei Kindern auftretende exanthematische Infekti-
onskrankheit
4 Erreger: Parvovirus B19 (kleines, einsträngiges DNA-Virus)
190 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 Parvovirus B19 infiziert Retikulozyten und führt zur Lyse
4 Inkubationszeit: 4–14 Tage

Klinik
4 makulopapulöses Exanthem meist ohne Prodromi
4 Beginn meist an den Wangen unter Aussparung der Nasen-/Mundre-
gion (»slapped cheek«), später Befall der Extremitäten; Rumpf meist
schwächer betroffen
4 figurierte Morphe durch Konfluenz und zentrale Abblassung der Lä-
sionen: Bild der »Ringelröteln«
4 assoziiert sind Pharyngitis, Lymphadenopathie, Fieber; gelegentlich Ar-
thralgien
4 Komplikation: transitorische aplastische Krise
4 bei Infektion während der Schwangerschaft kommt es je nach Zeitpunkt
zu intrauterinem Fruchttod, Hydrops fetalis oder transienter aplasti-
scher Anämie
4 »Papular-purpuric gloves and socks-Syndrom«: bei jungen Erwachse-
nen nach Parvovirus B19-Infektion an Palmae und Plantae auftretende
schmerzhafte Erytheme, Petechien und Purpura

Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Titerbestimmung von IgM- und IgG-Antikörpern gegen Parvovirus
B 19

Therapie
4 symptomatisch
4 bei Komplikationen ggf. hochdosierte intravenöse Immunglobuline

20.19 Hauterscheinungen bei HIV-Infektion


und AIDS

4 HIV-Infektion: pandemische Infektion mit dem »human immunodefi-


ciency virus« (HIV-1 oder HIV-2), Lentiviren aus der Familie der
Retroviridae
4 AIDS (»acquired immunodeficiency syndrome«): fortgeschrittenes
Erkrankungsstadium nach HIV-Infektion; charakterisiert durch AIDS-
definierende Erkrankungen sowie Reduktion der Helferzellen (CD4+-
T-Zellen <200/mm3)
4 > Memo Das Auftreten von Hautkrankheiten in atypischen Alters-
gruppen, in atypischer Lokalisation oder Morphologie sowie mit
protrahiertem und aggraviertem Verlauf sollte an das Vorliegen einer
HIV-Infektion denken lassen.
4 Hauterscheinungen bei Kategorie A (= asymptomatische HIV-In-
fektion)
20 5 seborrhoische Dermatitis
5 Herpes zoster
20.20 · Trichomoniasis
191 20

4 Hauterscheinungen bei Kategorie B (= HIV-Infektion mit Krankheiten Eigene Notizen


und Symptomen, die nicht in die AIDS-definierende Kategorie C fallen,
aber durch den Immundefekt begünstigt werden)
5 Pruritus/Xerodermie
5 orale Haarzellleukoplakie (weiße Plaques an den Seitenpartien der
Zunge, hervorgerufen durch das Ebstein-Barr-Virus [EBV])
5 oropharyngeale Candidose (»Soor«)
5 Mollusca contagiosa disseminata und Mollusca contagiosa gigan-
tea
5 ausgedehnte Tinea-Infektionen
5 Condylomata acuminata
5 Verrucae vulgares
5 Herpes simplex (oral, anal)
5 psoriasiforme Exantheme
5 Psoriasis (Exazerbationen mit häufig exsudativem Erscheinungsbild
und inversem Verteilungsmuster)
4 Hauterscheinungen bei Kategorie C (= Vorliegen AIDS-definierender
Erkrankungen)
5 eosinophile Follikulitis
5 bazilläre Angiomatose
5 vorzeitiges Ergrauen
5 Pyodermien
5 Hautmanifestationen von Systemmykosen und Mykobakteriosen
5 Scabies crustosa
5 Kaposi-Sarkom (7 Abschn. 24.11.4)
4 durch antivirale Therapie (HAART = »highly active antiretroviral the-
rapy«) hervorgerufene Hautläsionen
5 Lipodystrophie: Fettverteilungsstörungen mit Lipoatrophie von Ge-
sicht, Extremitäten und Gesäß, viszeraler Adipositas und dorsozer-
vikaler Lipomatosis (»Stiernacken«)

20.20 Trichomoniasis

4 Erreger: Trichomonas vaginalis (Protozoon = einzelliger eukaryon-


tischer Organismus)
4 urogenitale Infektion vornehmlich durch Sexualkontakt
4 Inkubationszeit 4–21 Tage

Klinik
4 oft oligosymptomatischer Verlauf
4 Frauen: zunächst Vaginitis mit übel riechendem, gelblich-schaumigen
Fluor, dann Vulvitis; keine Aszension
4 Männer: meist asymptomatisch, gelegentlich milde Urethritis

Diagnostik
4 Untersuchung von Abstrichmaterial in Kochsalzlösung mittels Nativ-
mikroskopie zeigt bewegliche Flagellaten
192 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Differenzialdiagnosen


4 vulvovaginale Kandidose (zeigt käsig-krümeligen Ausfluss)
4 bakterielle Vaginose durch anaerobe Bakterien (»Fischgeruch« nach
Zugabe von KOH-Lösung auf Ausstrichobjekträger)

Therapie
4 Metronidazol

20.21 Leishmaniose

4 Erreger: Leishmanien = geißeltragende Protozoen, ca. 30 pathogene


Spezies
4 Säuger als natürliche Wirte
4 Sandfliegen als Vektoren: Phlebotomus in der »Alten Welt«, Lutzomyia
in der »Neuen Welt«
4 Verbreitung weltweit mit Ausnahme von Australien, Endemiegebiete
4 4 Leishmania-Komplexe
5 Leishmania tropica = kutane Leishmaniose der »Alten Welt«
5 Leishmania mexicana = kutane Leishmaniose der »Neuen Welt«
5 Leishmania viannia = kutane und mukokutane Leishmaniose der
»Neuen Welt«
5 Leishmania donovani = viszerale Leishmaniose

20.21.1 Kutane Leishmaniose der »Alten Welt«

4 Synonym: Orientbeule
4 kutane Infektion mit Leishmania-tropica-Komplex (Mittelmeerraum,
mittlerer Osten)
4 Inokulation durch Sandfliegen (nachtaktiv, Flughöhe <3 m; geringeres
Infektionsrisiko bei Aufenthalt/Schlafen nicht in Bodennähe) – komple-
xer Lebenszyklus
4 Inkubationszeit meist 2–4 Wochen (sehr variabel)

Klinik
4 Entwicklung einer Papel, Übergang in Knoten, zentral Ulzeration
4 besonders exponierte Regionen sind Wangen und Arme
4 Abheilung nach ca. 1 Jahr mit Narbe
4 Sonderformen:
5 Leishmania rezidivans – chronischer Verlauf mit Progredienz an der
Peripherie
5 disseminierte kutane Form bei Immunsuppression
5 viszerale Leishmaniose (Kala Azar): Dissemination, verläuft unbe-
handelt meist innerhalb von 1–2 Jahren tödlich

Diagnostik
20 4 Histologie (Giemsa-Färbung; Donovan-Körperchen in Makrophagen)
4 PCR aus Gewebe
20.22 · Pedikulose
193 20
Differenzialdiagnosen Eigene Notizen
4 Insektenstichreaktion
4 bakterielle Infektionen, insbes. Furunkel
4 Lymphom
4 Basalzellkarzinom
4 Spinalzellkarzinom

Therapie
4 meist Spontanheilung
4 topisches Paromomycin
4 intraläsionale Injektion von Antimonverbindungen
4 ! Cave Knotige oder ulzerierende Hautläsionen, die nach Aufent-
halten in Endemiegebieten auftreten, sollten an eine Leishmaniose
denken lassen!

20.21.2 Kutane Leishmaniose der »Neuen Welt«

4 Läsionen sind zahlreicher, destruierender und chronisch verlaufender


als bei »Altwelt«-Formen
4 Chiclero-Ulkus: Destruktion des Ohrknorpels bei Waldarbeitern
4 mukokutane Leishmaniose (Espundia): führt zu destruktiven mutilie-
renden Veränderungen im Gesichtsbereich
4 Therapie: Systemtherapie mit Antimonpräparaten; die Kenntnis der
ursächlich zugrunde liegenden Spezies ist wichtig für die Wahl des ge-
eigneten Präparats

20.22 Pedikulose

4 Läusebefall mit Kopflaus (Pediculus capitis), Kleiderlaus (Pediculus


vestimentorum) oder Filzlaus (Pediculus pubis bzw. Phthirus pubis)
4 befruchtete Weibchen kleben mit wasserunlöslichem Kitt aus der An-
hangsdrüse des Ovars etwa 150–300 Eier in Form der ovalen 0,8 mm
langen Nissen an die Kopf- oder Schamhaare (Kopf- und Filzläuse) oder
in die Säume von Unterwäsche (Kleiderläuse)
4 nach etwa 8 Tagen Schlüpfen der Larven, nach 3 Häutungen (2–3 Wo-
chen) geschlechtsreif

20.22.1 Pediculosis capitis

4 Kopflaus (Pediculus capitis) ist 2,0–3,5 mm lang, hat drei Paar sehr
kräftige, mit Krallen versehene Beine (flügelloses Insekt)
4 Übertragung von Mensch zu Mensch (Kinder und Erwachsene), insbe-
sondere bei Langhaarigen
4 getrennt von ihrem obligaten Wirt überleben Kopfläuse nur 24–36 h, in
Ausnahmefällen bis zu 4 Tage
194 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen Klinik


4 insbesondere retroaurikulär durch Stich der Kopfläuse hochrote sukku-
lente Papeln, Exkoriationen und punktförmige Krusten; Haare sind
verklebt oder verfilzt
4 bakterielle Sekundärinfektionen bevorzugt im Nackenbereich
4 schmerzhafte Lymphadenitis im Okzipital- und Halsbereich möglich

Diagnostik
4 Nachweis von Nissen, die knospenartig an die Haare geklebt sind und
sich im Gegensatz zu Kopfschuppen nicht vom Haar abstreifen lassen;
Prädilektionsstellen sind Haarpartien hinter den Ohren
4 Eier mit noch enthaltender Larve erscheinen dunkel und finden sich
meist in Kopfhautnähe, während die »Nissen« weiß wirken. Letztere
können auch als leere Eihüllen nach Beseitigung der Läuse noch lange
vorhanden sein und sind daher kein Indiz für einen akuten Befall
4 bevorzugter Sitz der Läuse im Bereich des Haarbodens ist der Grund des
Haarschafts
4 Auffinden wird durch Kämmen der angefeuchteten Haare mit einem
Metallkamm (Zinkenabstand maximal 0,2–0,3 mm) und Verwendung
einer Lupe deutlich erleichtert (»wet combing«)

Differenzialdiagnosen
4 Kopfekzem
4 Impetigo contagiosa
4 Tinea capitis

Therapie
4 Lokaltherapie mit Dimeticon (Derivat des Silikons) führt durch Ver-
stopfen der Atmungsöffnungen der Läuse zum Erstickungstod
4 Permethrin ( ! Cave Resistenzentwicklung!)

20.22.2 Pediculosis vestimentorum

4 Kleiderlaus (Pediculus vestimentorum) mit 3–4,5 mm Länge größer als


Kopflaus, findet sich unter geordneten sozialen Verhältnissen nur sel-
ten; sitzt nicht am Körper, sondern an anliegender Kleidung (rosen-
kranzartig an den Säumen der Kleider)
4 Kleiderläuse können die Erreger der Rickettsiosen, des Fleckfiebers, des
Wolhynischen Fiebers und des Rückfallfiebers übertragen
4 Infektion durch Körperkontakt

Klinik
4 als Reaktion der Haut auf Stiche insbesondere periaxillär, genitokrural
sowie im Bereich des Rock- und Hosenbundes starker Pruritus mit röt-
lichen Papeln
20 4 sekundär impetiginisierte Kratzeffekte (»Vagabundenhaut«)
20.23 · Cimikose (Wanzenbefall)
195 20
Diagnostik Eigene Notizen
4 Nachweis von Kleiderläusen und Nissen in den Nähten der Unterwäsche
durch Entfernung mittels Pinzette und Betrachtung der Erreger in der
Lupenvergrößerung

Therapie
4 Reinigung der Wäsche durch Auskochen oder Desinfektion erforderlich
4 ggf. antiekzematöse Therapie

20.22.3 Pediculosis pubis

4 Filzlaus (Pediculus pubis) kleiner als die Kopf- bzw. Kleiderlaus (1,5–
2 mm Länge) und von breiter, schildförmiger Körperform
4 Filzläuse bewegen sich im Gegensatz zu Kopf- und Kleiderläusen wenig
und sind daher schwerer zu erkennen
4 Übertragung bei engem Körperkontakt, häufig während des
Geschlechtsverkehrs sowie von Eltern auf Kinder durch Benutzung
gemeinsamer Bettwäsche, gemeinsamer Kleidung oder gemeinsamer
Handtücher

Klinik
4 bevorzugte Lokalisation im Bereich der Schambehaarung sowie genito-
anal, im Bereich der Achselhaare und der Brust- und Bauchbehaarung
(insbesondere Regionen mit apokrinen Schweißdrüsen)
4 bei Kleinkindern selten auch Befall der Augenbrauen, Wimpern und des
Haarbodens
4 meist gering ausgeprägter Pruritus, nachts stärker als am Tage; es finden
sich mitunter wenige Exkoriationen
4 als Folge der Filzlausstiche bilden sich verwaschene, schieferfarbene bis
stahlblaue, 2–8 mm große Flecke (= Maculae coeruleae oder »taches
bleues«); entsprechen punktförmigen Einblutungen, die unter dem
Einfluss von Läusespeichel entstanden sind

Diagnostik
4 Nachweis der Läuse und Nissen

Therapie
4 lokale Anwendung der Insektizide Permethrin, Allethrin oder Pyrethrin,
Wiederholung nach einer Woche
4 > Memo Die Mitbehandlung von Kontaktpersonen ist erforderlich.

20.23 Cimikose (Wanzenbefall)

4 Cimex lectularius (Bettwanze) ist ein ausschließlicher Parasit des


Menschen, beide Geschlechter dieser Art und alle Entwicklungsstadien
leben hämatophag
196 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut

Eigene Notizen 4 ovoider, gelblich-brauner Körper der Bettwanze misst ungefüttert 4–


5 mm in der Länge und 3 mm in der Breite; nach der Blutmahlzeit
schwillt der Körper an
4 Bettwanzen sind nachtaktive Tiere und befallen ihren Wirt im Schlaf;
tagsüber verbergen sie sich in Ritzen und Spalten von Böden und
Wänden, Mauern und Möbeln; Schlupfwinkel finden sich gewöhnlich
in Bettnähe

Klinik
4 gruppierte, teils lineare und häufig hämorrhagisch tingierte Stichreak-
tion besonders an unbedeckten (Urticaria e cimicibus)

Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Kotbestandteile der Wanzen finden sich gelegentlich als schwarze
Flecken in der Bettwäsche

Therapie
4 symptomatisch juckreizstillend, z. B. mit Polidocanol
4 Entwesung

20.24 Skabies

4 Synonym: Krätze
4 stark juckende Infestation mit der Milbe Sarcoptes scabiei var. hominis
4 außerhalb des Wirtes sind Milben unter optimalen Bedingungen (nied-
rige Temperatur und relative Feuchte nahe Sättigung) für maximal 48 h
überlebensfähig

Klinik
4 Übertragung durch intensiven körperlichen Kontakt
4 bei Erstinfektion Auftreten von Symptomen nach 2–5 Wochen
(»Juckreiz in Bettwärme«); bei Zweitinfektion Juckreiz bereits nach
1–4 Tagen
4 charakteristisch sind kommaartige, wenige mm lange Milbengänge, an
deren Ende im sog. Milbenhügel die weibliche Milbe zu finden ist
4 insbesondere sind Hautareale mit hoher Temperatur und dünner Horn-
schicht befallen wie Fingerzwischenräume, Beugeseite der Handge-
lenke, Mamillen- und Nabelregion, Penisschaft; der Kopf ist in der Regel
ausgespart (Ausnahme: Kleinkinder)
4 postskabiöse persistierende Papeln (= Granulombildung)
4 Sonderformen
5 Kinder in infestierter Familie oft am stärksten betroffen, bei Klein-
kindern auch Befall des Kopfes ( ! Cave Superinfektion durch
Gruppe-A-Streptokokken)
20 5 »gepflegte« Skabies bei guter Körperhygiene oder Anwendung
lokaler Glukokortikoide
20.24 · Skabies
197 20

5 Skabies crustosa (»Borkenkrätze«): massive Infestation mit krus- Eigene Notizen


tösen hyperkeratotisch-psoriasiformen Läsionen; geringe Gang-
bildung, Anergie; Juckreiz kann daher fehlen; hochkontagiös (auch
aerogen); besonders bei Immunsupprimierten und älteren
Menschen

Diagnostik
4 Identifikation der Milbe am Ende des Milbengangs mittels Auflicht-
mikroskopie bzw. Dermatoskopie
4 Milbengang dann mit Kanüle eröffnen, Inhalt auf einen Objektträger
aufbringen und bei 10-facher Vergrößerung mikroskopieren
4 geeignete Untersuchungsstellen sind z. B. die Hände

Therapie
4 Mittel der Wahl: Permethrin 5% Creme; alternativ Benzylbenzoat oder
Crotamitex
4 Nachtherapie bei postskabiösen persistierenden Papeln und irritativem
Ekzem: rückfettende Hautpflege bzw. topische Steroide
4 anfänglich täglicher Wechsel von Bett- und Körperwäsche
4 Wäsche und Gegenstände, die für längere Zeit mit dem Körper in
Kontakt kommen (z. B. Stofftiere), sollten bei 60°C gewaschen oder für
mindestens 4 Tage bei mindestens 20°C trocken in Plastiksäcken ge-
lagert werden
4 Untersuchung und simultane Mitbehandlung aller Personen, zu denen
enger persönliche Kontakt besteht (Familienmitglieder, Sexualpartner)
4 bei Vorliegen einer Scabies crustosa auch Behandlung von Personen, zu
denen nur ein flüchtiger Kontakt bestand
21

Tag 2 – Dermatologie

21 Entzündliche Hauterkrankungen
M. Goebeler

21.1 Psoriasis (Schuppenflechte) – 199

21.2 Lichen ruber – 204

21.3 Pityriasis rosea – 207

21.4 Erythema multiforme – 207

21.5 Nicht-infektiöse granulomatöse Erkrankungen – 209


21.5.1 Sarkoidose – 209
21.5.2 Granuloma anulare – 210
21.5.3 Necrobiosis lipoidica – 211
21.5.4 Cheilitis granulomatosa – 212
21.5.5 Rheumaknoten – 213
21.5.6 Fremdkörpergranulome – 213

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_21, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
21.1 · Psoriasis (Schuppenflechte)
199 21
21.1 Psoriasis (Schuppenflechte) Eigene Notizen

4 chronisch-entzündliche Erkrankung unklarer Ätiologie, der eine


erbliche Disposition zugrunde liegt und die mit einer erheblichen Ein-
schränkung der Lebensqualität einhergeht
4 pathogenetisch bedeutsam ist eine Dysregulation der adaptiven und
natürlichen Immunität, an der insbesondere T-Lymphozyten, den-
dritische Zellen und Keratinozyten beteiligt sind; vermehrte Synthese
zahlreicher Zytokine (u. a. TNF) und Chemokine führt zu einem ent-
zündlichen Milieu; es kommt zur Differenzierung von Th1- und Th17-
Lymphozyten, wobei letztere über Freisetzung von IL-22 die Hyper-
proliferation von Keratinozyten induzieren
4 familiäre Häufung, hohe Konkordanz bei monozygoten Zwillingen
4 Assoziation mit HLA-Cw6 und HLA-DR7
4 Alterationen an definierten genetischen Loci unterschiedlicher chro-
mosomaler Lokalisation (Psoriasis-Suszeptibilitätsloci PSORS1 bis
PSORS9) prädisponieren für Psoriasis
4 bei pustulöser Psoriasis und Psoriasisarthritis Assoziation mit HLA-
B27
4 Auslösung durch zahlreiche Trigger-Faktoren möglich (physikalisch,
mikrobiell, medikamentös, Nikotin, Stress)
4 Prävalenz in Mitteleuropa: ca. 2%
4 Alter bei Erstmanifestation mit zwei Häufigkeitsgipfeln: 2. bis 3. Lebens-
jahrzehnt (early onset Psoriasis = Typ-I-Psoriasis; hier größere Rolle der
genetischen Disposition) und 6. Lebensjahrzehnt (Typ-II-Psoriasis)
4 Psoriasisarthritis: wichtige systemische Manifestation
4 Psoriasis ist mit zahlreichen Komorbiditäten assoziiert:
5 chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (insbesondere
M. Crohn)
5 metabolisches Syndrom
5 koronare Herzerkrankung (mit erhöhtem Risiko für Myokardin-
farkte)
5 arterielle Hypertonie
5 Diabetes mellitus
5 erektile Dysfunktion
5 Depression

Klinik
4 Leiteffloreszenz: monomorphe, scharf begrenzte erythrosquamöse
Plaque mit silbrig-weißer, abstreifbarer Schuppung
4 klassische Psoriasisphänomene, die sich sukzessive auslösen lassen:
»Kerzenwachsphänomen«: Schuppen lassen sich mit Holzspatel leicht
abheben
»Phänomen des letzten Häutchens«: bei weiterem Kratzen mit dem Spatel
lassen sich die unteren Zelllagen der Epidermis mit einem Mal entfernen
»Phänomen des blutigen Taus« (Auspitz-Phänomen): durch Traumati-
sierung der Kapillaren in den Papillenspitzen kommt es zu punkt-
förmigen Blutungen
200 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen 4 Schleimhäute sind nicht befallen


21 4 Juckreiz in variabler Ausprägung
4 Klinische Varianten der Psoriasis:
5 Psoriasis vulgaris (= Plaque-Psoriasis)
J häufigste Form
J Prädilektionsstellen: Ellenbogen, Knie, Sakralregion (mit Ery-
them und Rhagade der Rima ani; . Abb. 31, Farbteil), Umbilikal-
region, äußere Gehörgänge, Kapillitium (besonders an der Stirn-
Haar-Grenze mit Befall der angrenzenden nichtbehaarten Haut)
5 Psoriasis guttata (= eruptive Psoriasis)
J tritt besonders bei Kindern und jungen Erwachsenen nach vo-
rausgegangenem Streptokokkeninfekt auf
J exanthematische, konfettiartige Aussaat erythematöser, wenig
schuppender Läsionen besonders an Rumpf und proximalen Ex-
tremitäten
5 Psoriasis inversa intertriginosa
J erythematöse, nicht schuppende Läsionen in den Beugen der
großen Gelenke bzw. den Intertrigines (Axillen, Submammärre-
gion, Leisten, Genitoanalregion)
5 Seborrhiasis
J psoriatische, wenig schuppende, blassrosa Läsionen in seborrho-
ischen Arealen, besonders im Gesicht
5 erythrodermatische Psoriasis (Psoriasiserythrodermie)
J Befall des gesamten Integuments
J schweres Krankheitsbild, mitunter massiver Flüssigkeitsverlust
5 Nagelpsoriasis
J tritt gehäuft bei Psoriasisarthritis auf und kann dieser vorangehen
J Tüpfelnägel: grübchenförmige Eindellungen der Nagelplatte, ent-
stehen durch punktförmige Parakeratosen in der Nagelmatrix
J psoriatischer Ölfleck: gelblich-bräunliche Flecken durch Parake-
ratosen im Nagelbett
J subunguale Hyperkeratosen: hyperkeratotische Schuppungen
unterhalb der Nagelplatte (Abgrenzung von Onychomykose
durch mykologische Diagnostik)
J subunguale Pusteln: können auf eine Acrodermatitis continua
suppurativa (Hallopeau) hinweisen
5 Psoriasis pustulosa generalisata (von Zumbusch)
J Psoriasisform mit massiver Infiltration neutrophiler Granulo-
zyten, die bis zum Stratum corneum aufsteigen
J sterile Pusteln auf erythematösem Grund
J vielfach eruptiver Beginn mit Fieberschüben und Neutrophilen-
dominierter Leukozytose im peripheren Blut
5 Pustulosis palmoplantaris
J früher als Psoriasis pustulosa palmoplantaris bezeichnet, nach
heutiger Auffassung eigenständiges Krankheitsbild
J Pusteln auf erythematösem Grund in palmoplantarer Lokalisation
J Sonderform: SAPHO-Syndrom mit Synovitis, Acne conglobata,
palmoplantarer Pustulosis, Hyperostose und Osteitis
21.1 · Psoriasis (Schuppenflechte)
201 21

5 Psoriasisarthritis Eigene Notizen


J wird in 20–30 % der Fälle einer kutanen Psoriasis beobachtet
J Prävalenz vermutlich unterschätzt
J meist gehen kutane Manifestationen der Psoriasis der Arthritis
voraus
J Formen: Arthritis mit Beteiligung der distalen Interphalangealge-
lenke, asymmetrische oligoartikuläre Arthritis, symmetrische
Polyarthritis (wie bei rheumatoider Arthritis), Spondylitis und
Sakroiliitis, Arthritis mutilans (seltene, rapidprogressive Form
mit destruktiver erosiver Arthritis der Fingergelenke, die klinisch
als Teleskopfinger imponieren)
J weitere Manifestationen: Daktylitis: Schwellung der Finger
(»Wurstfinger«), Enthesitis: Entzündung an den Sehnenansätzen,
besonders an der Achilles-Ferse

Diagnostik
4 Histologie
5 Akanthose und Parakeratose der Epidermis mit verlängerten
Reteleisten
5 Papillen sind kolbig aufgetrieben und zeigen vermehrt Kapillaren
5 gemischtzelliges Entzündungsinfiltrat
5 Neutrophile steigen in die Dermis bis zum Stratum corneum auf,
gelegentlich aggregieren Neutrophile subkorneal zu Munro-Mikro-
abszessen
4 Abklärung möglicher Triggerfaktoren
5 Köbner-Phänomen (isomorpher Reizeffekt): exogene Reize wie
mechanische Traumen, Tätowierungen, UV-Exposition und irrita-
tive externe Therapien können charakteristische Psoriasisläsionen
hervorrufen
5 Infekte: Streptokokken (Bestimmung des ASL-Titers, besonders bei
Kindern und jungen Erwachsenen; ggf. HNO- und zahnärztliche
Konsiliaruntersuchungen), HIV (bei exsudativen Formen der
Psoriasis)
5 Medikamente: Lithium, Interferon, (Hydroxy-)Chloroquin; der
Zusammenhang mit der Einnahme von β-Blockern und ACE-
Hemmern ist umstritten
5 Nikotin und Alkohol
5 Stress
4 Abklärung einer möglicherweise assoziierten Psoriasisarthritis
5 Erhebung des CASPAR-Scores als Screening-Instrument
5 Bestimmung des Rheumafaktors (Psoriasisarthritis ist seronegativ)
5 ggf. bildgebende Diagnostik (Röntgen, Sonographie bzw. MRT
betroffener Gelenke) und rheumatologische Konsiliarunter-
suchung
4 Abklärung möglicher Komorbiditäten
5 chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (insbesondere M.
Crohn)
202 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen 5 koronare Herzerkrankung (mit erhöhtem Risiko für Myokardin-


21 farkte besonders bei Early-onset-Psoriasis)
5 arterielle Hypertonie
5 Diabetes mellitus und metabolisches Syndrom
5 Depression
5 Stress
4 Ermittlung des Schweregrads der Psoriasis
5 Erfassung des PASI-Scores (= Psoriasis Area and Severity Score) bei
Psoriasis vulgaris bzw. Psoriasis guttata
5 erfasst in allen 4 Regionen der Haut (Kopf, Rumpf, obere und unte-
re Extremitäten) flächengewichtet das Ausmaß von Erythem, In-
filtration und Schuppenbildung
5 kann Werte zwischen 0 und 72 annehmen und erlaubt weitgehend
objektivierbare Unterscheidung von leichter, mittelschwerer und
schwerer Psoriasis
4 > Memo Die Psoriasis ist in erste Linie eine klinisch zu stellende
Diagnose. Die Entnahme einer Probebiopsie zur histologischen
Sicherung ist in aller Regel nicht erforderlich.

Differenzialdiagnose
4 Pityriasis lichenoides, Pityriasis rosea
4 Parapsoriasis en plaque, Mycosis fungoides
4 subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
4 nummuläres Ekzem
4 zur Psoriasis intertriginosa: Intertrigo, allergisches Kontaktekzem, M.
Hailey-Hailey
4 zu generalisierten pustulösen Psoriasisformen: pustulöses Arzneimittel-
exanthem, subkorneale Pustulose
4 zur erythrodermatischen Psoriasis: Erythrodermie bei Mycosis fungo-
ides und atopischem Ekzem; Pityriasis rubra pilaris

Therapie
4 je nach Krankheitsausprägung topische, systemische oder photothera-
peutische Behandlung
4 häufig Kombination unterschiedlicher Therapien
4 topische Therapie
5 Salizylsäure
J wirkt keratolytisch
J > Cave: ist potenziell nephro- und neurotoxisch!
5 Harnstoff (Urea)
J wirkt keratolytisch
J schwächer wirksam als Salizylsäure
5 Dithranol (Cignolin, Anthralin)
J klassisches topisches Therapeutikum zur Behandlung der Psoria-
sis vulgaris
J Wirkmechanismus unklar
J wirkt bei Überdosierung irritativ-toxisch
J erfordert kontrollierte Erhöhung der Konzentration
21.1 · Psoriasis (Schuppenflechte)
203 21

J fast ausschließlich im Rahmen einer stationären Behandlung ein- Eigene Notizen


gesetzt
J bei ambulanter Therapie Steuerung über Variation der Einwirk-
dauer (»Minutentherapie«)
J häufig mit UV-Phototherapie kombiniert, bei Abheilung mit-
unter Auftreten eines Pseudoleukoderms (behandelte nicht
befallene Haut bräunt, psoriatische Hautläsionen nicht; nach
Abheilung erscheinen die vormals betroffenen Areale hypopig-
mentiert)
5 Vitamin D3 und -Analoga (Calcipotriol, Tacalcitol, Calcitriol)
J interferieren mit der Keratinozytendifferenzierung und wirken
immunmodulatorisch
J können in Kombination mit topischen Glukokortikoiden einge-
setzt werden
J unerwünschte Wirkungen: Hautirritation; bei zu großflächiger
Anwendung Risiko der Hyperkalzämie
5 topische Glukokortikoide
J sollten nicht als Monotherapie eingesetzt werden
J Verwendung meist in fixen Kombinationen mit Calcipotriol
J unerwünschte Wirkungen: Atrophie, Teleangiektasien, Purpura,
Hypertrichose; bei Absetzen Gefahr des Rebound (= über den
Ausgangsbefund vor Therapie hinausgehende Verschlechterung
der Erkrankung)
4 »klassische« Systemtherapie
5 Methotrexat
J Folsäureantagonist
J Einsatz bei mittelschwerer und schwerer Psoriasis sowie bei
Psoriasisarthritis
J Anwendung p.o., i.v., s.c. oder i.m. 1×/Woche, 24 h später Ver-
abreichung von Folsäure p.o.
J unerwünschte Wirkungen: Nephro- und Hepatotoxizität;
Leukopenie, Lungenfibrose, Mukositis; möglichst keine Kombi-
nation mit UV-Therapie wegen erhöhten Risikos für epitheliale
Malignome der Haut
5 Ciclosporin
J wirkt immunsuppressiv
J Einsatz bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis; meist in Form
einer Intervalltherapie
J unerwünschte Wirkungen: Niereninsuffizienz, arterielle Hyper-
tonie; keine Kombination mit UV-Therapie wegen erhöhten Risi-
kos für epitheliale Malignome der Haut
5 Fumarsäureester
J wirken immunmodulierend
J einschleichende Dosierung erforderlich
J unerwünschte Wirkungen: häufig Übelkeit, Diarrhö, Flush, Eosi-
nophilie
5 Acitretin
J Retinoid, das mit der Keratinozytendifferenzierung interferiert
204 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen J vergleichsweise schwache Wirkung, eignet sich gut zur Kombina-
21 tion mit UV-Lichttherapie
J unerwünschte Wirkungen: Teratogenität ( ! Cave: Einsatz bei
Frauen im gebärfähigen Alter verlangt strikte Kontrazeption!),
Xerosis, Erhöhung der Blutfette
4 ! Cave: Systemische Glukokortikoide sind zur Behandlung der Psori-
asis nicht indiziert.
4 Systemtherapie mit Biologicals
5 gentechnisch hergestellte Antikörper oder Fusionsproteine, die die
Wirkung natürlicherweise vorkommender entzündungsfördernder
Zytokine gezielt blockieren
5 sind i. d. R. effektiver als klassische Systemtherapien; dürfen bei mit-
telschwerer und schwerer Psoriasis verordnet werden, wenn letztere
wirkungslos oder kontraindiziert sind oder zu schwerwiegenden
Nebenwirkungen geführt haben
5 unerwünschte Wirkungen: erhöhtes Infektionsrisiko; vor Therapie-
beginn Tuberkulose- und Virushepatitis-Ausschluss erforderlich
5 TNF-Antagonisten: Adalimumab, Infliximab (Antikörper gegen
TNF); Etanercept (lösliches TNF-Rezeptor-Protein, das zirkulie-
rendes TNF antagonisiert); je nach Präparat Applikation s.c. bzw.
i.v.; wirksam auch bei Psoriasisarthritis
5 IL-12/IL-23-Antagonist: Ustekinumab
4 UV-Therapie (Phototherapie)
5 UV-B der Wellenlänge 311 nm (monochromatisches UV-B mit
»Aktionsspektrum« der Psoriasis = wirksamster Wellenbereich);
häufig Kombination mit topischen Therapien und Solebädern (Bal-
neophototherapie)
5 Photochemotherapie (PUVA): der Photosensibilisator Psoralen
wird systemisch (»orale PUVA«) oder topisch (in Form von Bädern
(»Bade-PUVA«), Lösungen oder Cremes (»Creme-PUVA«) appli-
ziert, anschließend erfolgt eine UVA-Bestrahlung; kann mit dem
Retinoid Acitretin kombiniert werden (»Re-PUVA«)
5 ! Cave Phototherapien (PUVA > UVB) begünstigen die Haut-
alterung und erhöhen das Risiko für kutane Malignome; photosen-
sibilisierende Medikamente sollten unter UV-Therapie gemieden
werden.

Prognose
4 chronisch-stationärer oder schubweiser Verlauf
4 Komorbiditäten (insbesondere kardiovaskuläre) können die Prognose
beeinträchtigen

21.2 Lichen ruber

4 Synonym: Lichen (ruber) planus


4 chronisch-entzündliche Erkrankung unklarer Ätiologie, die Haut,
Schleimhäute, Nägel und Haarfollikel befallen kann
21.2 · Lichen ruber
205 21

4 zugrunde liegt vermutlich eine durch T-Lymphozyten vermittelte Eigene Notizen


Autoimmunreaktion, die gegen bislang nicht identifizierte Autoanti-
gene basaler Keratinozyten gerichtet ist
4 Triggerung durch Viren (Hepatitis-C-Virus) möglich, besonders beim
Lichen ruber mucosae
4 Triggerung durch Medikamente (ACE-Hemmer, (Hydroxy-)Chloro-
quin, Hydrochlorothiazid) möglich, schwierige Abgrenzung zum liche-
noiden Arzneimittelexanthem
4 Triggerung durch physikalische Reize möglich (isomorpher Reizeffekt
= Köbner-Phänomen) . Abb. 22, Farbteil
4 an der Mundschleimhaut Triggerung durch metallische Dentalmateri-
alien (Gold, Amalgam) möglich; dieses kann Ausdruck eines Köbner-
Phänomens sein oder im Rahmen einer immunologischen Sensibilisie-
rung auftreten
4 Auftreten meist in der zweiten Lebenshälfte
4 familiäre Häufung wurde beschrieben

Klinik
4 »lichenoide« Papel als Leiteffloreszenz: violett-rote, polygonale, pflaster-
steinartige, flache Papel mit glänzender Oberfläche, die mitunter ein
weißliches Netzwerk erkennen lässt (Wickham-Streifung, korrespon-
diert histologisch mit Hypergranulose (= fokale Verbreiterung des
Stratum granulosum))
4 Papeln können zu größeren Plaques konfluieren
4 Prädilektionsstellen der Haut: Beugeseiten der Handgelenke und der
distalen Unterarme, Handrücken, Ventralseite der Unterschenkel,
Sakral- und Nackenregion
4 Lichen ruber mucosae: solitär oder in Kombination mit Hautbefall,
retikuläre, weißliche Streifen, mitunter erosiv
4 Prädilektionsstellen der Schleimhaut: bukkale Mukosa, Zunge, Gingiva,
auch Vulva und Glans penis
4 Lichen ruber der Nägel: longitudinale Riffelung der Nagelplatte, z. T.
Fissuren, als Ausdruck der Beteiligung der Nagelmatrix; Verlust der
Nagelplatte mit Vernarbung möglich
4 Lichen ruber follicularis: besonders am Kapillitium violett-rötliches,
perifollikuläres Erythem mit Schuppenkrause; bei Voranschreiten der
Entzündung Vernarbung mit Verlust des Haarfollikels, es resultiert ver-
narbende Alopezie
4 weitere Formen:
5 Lasseur-Graham-Little-Syndrom: Triade aus
J vernarbender Alopezie am Kapillitium
J nicht-vernarbendem axillären und genitalen Haarverlust mit
hyperkeratotischen follikulären Papeln
J kutanem und/oder mukosalem Befall
5 hypertropher Lichen ruber (Lichen ruber verrucosus): Variante
mit stark juckenden hyperkeratotischen Plaques, besonders prä-
tibial
206 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen 5 bullöser Lichen ruber


21 J Blasenbildung als Folge der lymphozytären Infiltration der
Junktionszone und vakuolären Degeneration des Basalzellla-
gers
J davon abzugrenzen ist der Lichen ruber pemphigoides, bei dem
es ähnlich wie beim bullösen Pemphigoid zu einer autoantikör-
pervermittelten Blasenbildung kommt (Autoantikörper gegen
BP180, 7 Kap. 22)

Diagnostik
4 Histologie
5 Hyperkeratose ohne Parakeratose
5 fokale Verbreiterung des Stratum granulosum
5 Akanthose mit Sägezahnmuster
5 vakuolige Degeneration basaler Keratinozyten
5 bandförmiges, lymphozytäres Infiltrat an der dermoepidermalen
Junktionszone (»interface dermatitis«)
4 direkte Immunfluoreszenz
5 Kolloid-Körperchen (Civatte-Körperchen), stellen apoptotische
Keratinozyten des Basalzelllagers dar
5 gelegentlich Fibrinogenablagerungen entlang der Junktionszone
4 weitere Labordiagnostik
5 Hepatitis-C-Serologie (besonders Lichen ruber mucosae kann mit
Hepatitis C assoziiert sein)

Differenzialdiagnose
4 lichenoide Arzneimittelreaktionen (s. oben)
4 »graft-versus-host disease«
4 Lichen nitidus, Lichen striatus, Lichen sclerosus et atrophicus
4 Lupus erythematodes

Therapie
4 in erster Linie topische Glukokortikoide
4 an Schleimhäuten ggf. topische Kalzineurin-Antagonisten (Tacrolimus,
Pimecrolimus; off-label)
4 bei exanthematischem Lichen ruber Bade-PUVA oder UV-A1-Photo-
therapie
4 in schweren und ansonsten therapierefraktären Situationen: systemi-
sche Gaben von Glukokortikoiden, Acitretin, Cyclosporin, Mycophe-
nolatmofetil

Prognose
4 chronischer Verlauf
4 selten Ausbildung von Plattenepithelkarzinomen bei langjährig beste-
hendem Lichen ruber mucosae und hypertrophem Lichen ruber
21.4 · Erythema multiforme
207 21
21.3 Pityriasis rosea Eigene Notizen

4 papulosquamöse selbstlimitierte Erkrankung meist junger Erwachsener


4 Ätiologie unklar; diskutiert wird ein Zusammenhang mit Virusin-
fektionen der Herpes-Gruppe (HHV-7 bzw. HHV-6)

Klinik
4 Beginn mit solitärer, ovalärer, 3–4 cm großer, zentral eingesunkener,
feinlamellös schuppender, hellroter Plaque meist am Rumpf (»Primär-
medaillon«, »tache mère«), die im Randbereich eine dem Zentrum zu-
gewandte Schuppenkrause (»collerette«) aufweist
4 nach wenigen Tagen Ausbildung eines stammbetonten papulösen Ex-
anthems mit colleretteartig schuppenden, ca. bis 1 cm großen ovalären
Plaques, die mit der Längsachse an den Spaltlinien der Haut orientiert
sind
4 gelegentlich Juckreiz
4 innerhalb von 4–8 Wochen spontane Abheilung

Diagnostik
4 Histologie
5 nicht spezifisch
5 Parakeratose, Spongiose, mildes perivaskuläres lymphozytäres In-
filtrat
5 Biopsiegewinnung i. d. R. nicht erforderlich

Differenzialdiagnose
4 Virusexantheme
4 Lues im Stadium II (ggf. Kontrolle Lues-Serologie)
4 Psoriasis guttata (nach vorangegangenem Infekt; Psoriasisphänomene
überprüfen)
4 Tinea corporis (mikroskopische und kulturelle Untersuchung von
Hautschuppen)

Therapie
4 wegen der zu erwartenden Spontanremission meist nicht erforderlich
4 glukokortikoidhaltige Cremes
4 ggf. UV-B-Lichttherapie (UV-B 311 nm)
4 ggf. orale Makrolide

21.4 Erythema multiforme

4 Synonym: Erythema exsudativum multiforme (. Abb. 32, Farbteil)


4 entzündliche selbstlimitierte Erkrankung unklarer Ätiologie, die ge-
häuft nach Virus- (besonders HSV, seltener Coxsackie-Virus), Strepto-
kokken- und Mykoplasmeninfektionen auftritt
4 ist abzugrenzen von schweren Medikamentenreaktionen (Stevens-
Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse)
208 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen 4 2 Formen:


21 5 Minor-Form: charakteristische Kokarden; fehlende, allenfalls dis-
krete Schleimhautbeteiligung
5 Major-Form: charakteristische Kokarden; zusätzlich schmerz-
hafte, vesikulobullöse, erosive oder ulzerierende Schleimhaut-
läsionen

Klinik
4 abrupt auftretende papulourtikarielle Plaques mit zonalem Aufbau, die
an Kokarden oder Schießscheiben erinnern (»target lesions«); typische
Läsionen umfassen mindestens drei konzentrische Ringe und können
konfluieren
4 zentral mitunter Vesikel bzw. Kruste
4 zusätzlich meist atypische Läsionen mit weniger charakteristischem
Aufbau
4 Prädilektionsstellen: besonders Handrücken und Streckseiten der Un-
terarme; auch Handinnenflächen, Gesicht, Hals und Rumpf können
betroffen sein
4 bei der Major-Form zusätzlich vesikulobullöse, erosive oder ulzerieren-
de Schleimhautläsionen an Wangen, Lippen, Augen und/oder Genitale;
auch Allgemeinsymptome wie Fieber und Abgeschlagenheit

Diagnostik
4 Histologie
5 uncharakteristisch
5 fokale vakuoläre Degereneration basaler Keratinozyten
5 dermales Ödem und perivaskuläres, mononukleäres Entzündungs-
infiltrat

Differenzialdiagnose
4 Urtikaria (Urticae sind flüchtiger und bestehen weniger als 24 h)
4 fixe Arzneimittelreaktion, Stevens-Johnson-Syndrom
4 subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
4 polymorphe Lichtdermatose

> Memo Das Erythema multiforme ist vom Stevens-Johnson-Syndrom


(7 Kap. 19) abzugrenzen. Letzteres wird durch Medikamente hervorgerufen
und zeigt keine typischen zonal aufgebauten »target lesions«. Im Gegensatz
zum Stevens-Johnson-Syndrom kann das Erythema multiforme nicht in
eine toxische epidermale Nekrolyse (TEN) übergehen.

Therapie
4 topische und ggf. systemische Glukokortikosteroide
4 bei rezidivierenden HSV-assoziierten Formen des Erythema multi-
forme ggf. prophylaktische Gabe von niedrigdosiertem Aciclovir, Vala-
ciclovir oder Brivudin (off-label)
21.5 · Nicht-infektiöse granulomatöse Erkrankungen
209 21
Prognose Eigene Notizen
4 selbstlimitierter Verlauf
4 Rezidive insbesondere bei Herpes simplex-assoziierten Formen

21.5 Nicht-infektiöse granulomatöse


Erkrankungen

4 Gruppe nichtinfektiöser, entzündlicher Erkrankungen unbekannter


Ätiologie, bei der es zu histiozytären Infiltraten kommt

21.5.1 Sarkoidose

4 systemische granulomatöse Erkrankung, die insbesondere die Lunge


betrifft
4 eine durch unbekannte Antigene getriggerte, T-Lymphozyten-ver-
mittelte Immunreaktion initiiert Bildung epitheloidzelliger Granulome
in unterschiedlichen Geweben
4 in 1/3 der Fälle Hautbeteiligung: spezifische (granulomatöse) und un-
spezifische Läsionen (Erythema nodosum)

Klinik
4 rötlich-bräunliche bis rötlich-gelbliche Papeln und Plaques, die auf
Glasspateldruck ein als apfelgeleeartig beschriebenes Eigeninfiltrat
hinterlassen; gewöhnlich nicht schuppend
4 Prädilektionsstellen: Gesicht, Rumpf, obere Thoraxapertur
4 Auftreten spezifischer Läsionen auch in Narben (Narbensarkoi-
dose)
4 Lupus pernio: Erscheinungsform der Sarkoidose an kälteexponierten
Lokalisationen mit bräunlich-lividen spezifischen Läsionen (Nase, Ohr-
läppchen, Wange)
4 Erythema nodosum (bei gleichzeitigem Auftreten mit Fieber, Arthral-
gien und bihilärer Lymphadenopathie spricht man vom Löfgren-
Syndrom)
4 systemische Manifestationen: Lunge (in 90%), Lymphknoten (in 90%),
Muskel und Knochen (40%), Zentralnervensystem, Herz, Leber,
Niere
4 besondere Manifestationsformen:
5 Heerfordt-Syndrom: granulomatöse Entzündung von Augen (Irido-
zyklitis), Parotis und anderen Speicheldrüsen sowie ZNS (Hirnner-
venausfälle)
5 von-Mikulicz-Syndrom: Befall von Parotis, Tränen- und Speichel-
drüsen, geht mit Sicca-Symptomatik einher
5 Ostitis multiplex cystoides Jüngling: zystische Knochenumwand-
lung an den Phalangen
210 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen Diagnostik


21 4 Histologie
5 sarkoidale Granulome mit epitheloidzelligen Makrophagen, die z. T.
fusionieren (mehrkernige Langhans-Riesenzellen), spärliches lym-
phozytäres Infiltrat
5 im Gegensatz zu tuberkuloiden Granulomen keine zentrale Verkä-
sung
4 Labordiagnostik
5 im Serum Erhöhung des »angiotensin-converting enzyme« (ACE,
wird aus Epitheloidzellen freigesetzt; ist unspezifisch, aber hilfreich
für die Therapieüberwachung)
5 Hyperkalziämie
4 weitere organbezogene Diagnostik
5 Röntgen-Thorax
5 ggf. HR-CT der Lunge
5 Lungenfunktionsdiagnostik
5 bronchoalveoläre Lavage u. a.

Differenzialdiagnose
4 andere granulomatöse Erkrankungen incl. Hauttuberkulose (Lupus vul-
garis)
4 kutane Lymphome
4 Pannikulitiden

Therapie
4 in Abhängigkeit vom Befall innerer Organe ggf. mit systemischen
Glukokortikosteroiden (anfängliche Dosis: 1 mg/kg KG/Tag Predniso-
lonäquivalent)
4 kutane Sarkoidose: topische Glukokortikoide, ggf. läsional oder unter
Okklusion; niedrigdosierte systemische Glukokortikoide (10 mg/Tag
Prednisolonäquivalent); Hydroxychloroquin; Alternativen: Metho-
trexat, Isotretinoin, Allopurinol, Minozyklin, Thalidomid

Prognose
4 hohe spontane Remissionsrate, in 1/3 der Fälle chronischer Verlauf mit
Gefahr der Organschädigung

21.5.2 Granuloma anulare

4 chronisch-entzündliche Erkrankung unbekannter Genese, die ver-


mutlich durch eine zelluläre Immunreaktion gegen ein nicht identifi-
ziertes Antigen getriggert wird
4 Erkrankung tritt meist vor dem 30. Lebensjahr auf
4 fragliche Assoziation mit Diabetes mellitus
21.5 · Nicht-infektiöse granulomatöse Erkrankungen
211 21
Klinik Eigene Notizen
4 ringförmig angeordnete Papeln, die durch zentrifugale Ausbreitung zu
einem polyzyklischen Erscheinungsbild führen
4 Prädilektionsstellen: Handrücken und Unterarme, seltener Fußrücken
und Beine; Gesicht und Rumpf sind selten betroffen
4 neben der klassischen Form werden mehr flächig-erythematöse inter-
stitielle und subkutane Manifestiationen der Erkrankung beobachtet,
noch seltener sind perforierende und disseminierte Formen des Granu-
loma anulare

Diagnostik
4 Histologie: histiolymphozytäres Infiltrat in Palisadenstellung (Palisa-
dengranulom), zentral degeneriertes Bindegewebe (Nekrobiose); ge-
legentlich Riesenzellen

Differenzialdiagnose
4 andere granulomatöse Erkrankungen
4 Lupus erythematodes (SCLE, CDLE)
4 Erythema anulare centrifugum
4 Erythema elevatum et diutinum

Therapie
4 topische Glukokortikoide, ggf. unter Okklusion
4 Creme- oder Bade-PUVA, UV-A1-Lichttherapie
4 Kryotherapie
4 Hydroxychloroquin, Dapson

Prognose
4 meist spontane Remission innerhalb von 2 Jahren, Rezidive sind
häufig

21.5.3 Necrobiosis lipoidica

4 entzündliche granulomatöse Dermatose unbekannter Ätiologie


4 in einem Teil der Fälle Assoziation mit Diabetes mellitus

Klinik
4 meist prätibial: unregelmäßig und scharf begrenzte, gelblich-bräunliche,
atrophe, teleangiektatische Plaques mit betontem Rand
4 häufig multiples und bilaterales Auftreten
4 in 1/3 der Fälle kommt es zur Ulzeration, meist nach vorangegangenem
Trauma
4 selten extratibialer Befall (Kopf, obere Extremitäten)
212 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen

Eigene Notizen Diagnostik


21 4 Histologie
5 Biopsieentnahme vorzugsweise aus der Randregion, histiozytäre
Infiltrate in Palisadenstellung, in allen Schichten der Dermis nekro-
biotische Areale
5 Lipidablagerungen (nur an Gefrierschnitten nachweisbar)

Differenzialdiagnose
4 Granuloma anulare, Sarkoidose
4 zirkumskripte Sklerodermie
4 Pannikulitis

Therapie
4 zufriedenstellende Therapien existieren nicht
4 Versuch mit potenten topischen Glukokortikoiden (läsional, ggf. unter
Okklusion)
4 Creme-PUVA, UV-A1-Phototherapie
4 chirurgische Exzision mit Spalthautdeckung

Prognose
4 chronisch mit Neigung zur Ulzeration
4 bei Patienten mit Diabetes mellitus hat die Blutzuckereinstellung keinen
Effekt auf den Krankheitsverlauf

21.5.4 Cheilitis granulomatosa

4 Synonym: orofaziale Granulomatose


4 nicht-infektiöse, nichtnekrotisierende granulomatöse Entzündung der
Lippen, des Gesichts und der Mundhöhle unbekannter Ätiologie
4 kann orofaziale Manifestation eines M. Crohn darstellen

Klinik
4 persistierende Schwellung der Unter- oder der Oberlippe; Schwellung
beider Lippen (»Tapirmund«) ist selten
4 Melkersson-Rosenthal-Syndrom: zusätzlich periphere Fazialisparese
und multipel gefurchte Zunge (Lingua plicata)

Diagnostik
4 Histologie: lymphozytäres Infiltrat mit Epitheloidzellgranulomen
4 bei entsprechender Anamnese gastroenterologische Diagnostik zur Ab-
klärung eines M. Crohn

Differenzialdiagnose
4 Angioödeme (bilden sich in der Regel innerhalb von 24–48 h zurück)
21.5 · Nicht-infektiöse granulomatöse Erkrankungen
213 21
Therapie Eigene Notizen
4 häufig unbefriedigend
4 Versuch mit Hydroxychloroquin, Dapson, Salazosulfapyridin, Clofazi-
min oder läsionalen Glukokortikoiden

21.5.5 Rheumaknoten

4 treten in 20 % der Fälle einer rheumatoiden Arthritis auf


4 subkutane derbe Knoten, können gelegentlich ulzerieren
4 Prädilektionsstellen: Ellenbogen, Hände, Finger
4 mitunter auch Befall viszeraler Organe (Lunge, Herz, Muskulatur)
4 Histologie: Palisadengranulome und Riesenzellen
4 Differenzialdiagnose: Gichttophi, subkutanes Granuloma anulare,
Kalzinosis

21.5.6 Fremdkörpergranulome

4 entstehen nach Einbringen von körperfremdem Material, z. B. von Sili-


kon, Zirkonium, Beryllium, Tätowierungen, Insektenbestandteilen,
Stacheln, Haaren (»Friseurgranulom«) etc.
4 histologisch ist Fremdmaterial häufig bei Dunkelfeldbetrachtung bzw.
bei Verwendung eines Polarisationsfilters zu erkennen
22

Tag 3 – Dermatologie

22 Autoimmunerkrankungen
der Haut
M. Goebeler

22.1 Blasenbildende Autoimmundermatosen – 216


22.1.1 Pemphigus vulgaris und Pemphigus foliaceus – 216
22.1.2 Bullöses Pemphigoid und Pemphigoidgruppe – 218
22.1.3 Epidermolysis bullosa acquisita – 223
22.1.4 Dermatitis herpetiformis Duhring – 223

22.2 Lupus erythematodes – 224


22.2.1 Chronisch-diskoider Lupus erythematodes (CDLE) – 224
22.2.2 Subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE) – 225
22.2.3 Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – 225
22.2.4 Weitere Formen des kutanen Lupus erythematodes – 225

22.3 Dermatomyositis – 227

22.4 Progressive systemische Sklerodermie – 229

22.5 Kryoglobulinämie – 231

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_22, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
216 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen 22.1 Blasenbildende Autoimmundermatosen

4 organspezifische Immunreaktionen gegen körpereigene Strukturen der


22 Haut und/oder Schleimhaut; hervorgerufen durch eine Dysregulation
der adaptiven humoralen und zellulären Immunität
4 unter Vermittlung von Autoantikörpern Spaltbildung innerhalb der
Epidermis (bei Pemphiguserkrankungen) oder in der dermoepiderma-
len Junktionszone (bei bullösem Pemphigoid, Epidermolysis bullosa
acquisita, Dermatitis herpetiformis Duhring)
4 Diagnostik
5 Nachweis gewebsgebundener Autoantikörper mittels direkter Im-
munfluoreszenz (DIF; erfordert die Entnahme einer Biopsie [Nativ-
material])
5 Nachweis zirkulierender Autoantikörper mittels indirekter Immun-
fluoreszenz (IIF; erfordert die Untersuchung von Serum mittels ge-
eigneter Substrate und ELISA bzw. Western Blot)
5 zusätzlich konventionelle Histologie zur Ermittlung der Spalt-
ebene
5 > Memo Biopsieentnahme erfolgt für die Histologie läsional, für
die direkte Immunfluoreszenz periläsional.

22.1.1 Pemphigus vulgaris und Pemphigus foliaceus

4 gegen desmosomale Strukturproteine (Desmoglein (Dsg) 3 bzw.


Dsg1) der Keratinozyten gerichtete IgG-Antikörper führen zum
Kontaktverlust (Akantholyse) mit nachfolgender intraepithelialer
Spaltbildung
4 aufgrund des Expressionsmusters der Desmogleine führen Anti-Dsg3-
Antikörper zur Spaltbildung an Schleimhäuten und Anti-Dsg1-Anti-
körper zur Spaltbildung an der Haut
4 Pemphigus vulgaris: obligat Anti-Dsg3-Antikörper; zusätzlich fakulta-
tiv Anti-Dsg1-Antikörper
4 Pemphigus foliaceus: obligat Anti-Dsg1-Antikörper, keine Antikörper
gegen Dsg3

Klinik
4 Pemphigus vulgaris
5 schmerzhafte Erosionen und Ulzerationen besonders der Mund-
schleimhaut, nur selten Blasen
5 auch Befall von Nasenschleimhaut, Larynx und Pharynx möglich,
dann Nasenbluten, Heiserkeit und Schluckbeschwerden
5 seltener Befall von Ösophagus, Genitale und Anus
5 an der Haut bei zusätzlichem Vorliegen von Anti-Dsg1-Antikör-
pern schlaffe Blasen und Erosionen besonders an Kopf, Rumpf und
Intertrigines
5 positives Nikolski I-Phänomen (auch Nikolski II-Phänomen wäre
positiv, ist aber in der Praxis nicht relevant)
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
217 22

4 Pemphigus foliaceus Eigene Notizen


5 Primäreffloreszenz (Bläschen) nur selten sichtbar, meist lediglich
von blätterteigartigen Schuppen und Krusten gekennzeichnete
Erosionen besonders an Kopf und oberer Thoraxapertur (Schweiß-
rinnen)
5 Schleimhäute sind nicht betroffen
4 paraneoplastischer Pemphigus
5 tritt begleitend zu Lymphomen und Thymomen auf
5 ausgedehnter Befall von Schleimhäuten und Integument
5 schlechte, wesentlich von der Grunderkrankung abhängige Pro-
gnose
4 Fogo selvagem (portugiesisch, »wildes Feuer«)
5 Sonderform des Pemphigus foliaceus
5 endemisch, in ländlichen Regionen Südamerikas mit familiärer
Häufung auftretend
4 Pemphigus vegetans
5 sich besonders an den Intertrigines manifestierende Variante des
Pemphigus vulgaris
5 Mazerationen und papillomatös-verruköse Läsionen
4 neonataler Pemphigus
5 hervorgerufen durch während der Schwangerschaft diaplazentar auf
das Kind übergetretene Autoantikörper einer an Pemphigus er-
krankten Mutter
5 heilt innerhalb weniger Wochen nach Geburt ab

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: interzelluläre Ablagerungen von IgG in der
Epidermis
4 indirekte Immunfluoreszenz: am Ösophagusepithel (Substrat) findet
sich interzelluläre Fluorezenz; im ELISA Nachweis von Antikörpern
gegen Dsg3 (und ggf. zusätzlich gegen Dsg1) beim Pemphigus vulgaris
bzw. nur gegen Dsg1 beim Pemphigus foliaceus
4 Histologie
5 beim Pemphigus vulgaris suprabasale Spaltbildung in der Epider-
mis; basale Keratinozyten an der Unterseite des Spalts erinnern an
eine Reihe von Grabsteinen (»row of tombstone«-Muster)
5 beim Pemphigus foliaceus subkorneale Spaltbildung mit ent-
sprechend dünner Blasendecke, diese ist allerdings nur selten er-
halten

Differenzialdiagnose
4 Pemphigus vulgaris: an der Mundschleimhaut Aphthen, Licher ruber
mucosae, virale Infektionen; Erythema exsudativum multiforme majus,
Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse, andere bla-
senbildende Autoimmundermatosen
4 Pemphigus foliaceus: seborrhoisches Ekzem, subakut-kutaner Lupus
erythematodes
218 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen Therapie


4 Systemische Steroide (1–2 mg/kg KG Prednisolonäquivalent) in Kom-
bination mit Immunsuppressiva (Azathioprin oder Mycophenolatmo-
22 fetil); Alternative: Cyclophosphamid-Dexamethason-Pulstherapie
4 weitere Optionen bei Therapieresistenz:
5 Rituximab (Anti-CD20-Antikörper, der Autoantikörper-produzie-
rende B-Lymphozyten depletiert)
5 Immunadsorption (zur Entfernung von Immunglobulinen ein-
schließlich pathogener Autoantikörper aus dem Plasma)
5 hochdosierte intravenöse Immunglobuline (IvIg)
4 zusätzlich topische Behandlung mit Anästhetika an der Mundschleim-
haut
4 am Integument zur Vermeidung von Superinfektionen topische Anti-
septika wie Triclosan
4 zur Behandlung des Pemphigus foliaceus sind weniger aggressive
Therapien häufig ausreichend

Prognose
4 unbehandelt verläuft der Pemphigus vulgaris innerhalb von 1–2 Jahren
letal (Tod durch Infektionen, Flüssigkeitsverlust und Kachexie)
4 in der Mehrzahl der Fälle trotz Therapie chronischer Verlauf
4 Serumspiegel der Autoantikörper korrelieren mit Krankheitsaktivität
und können zur Therapiesteuerung herangezogen werden

22.1.2 Bullöses Pemphigoid und Pemphigoidgruppe

Bullöses Pemphigoid
4 gegen hemidesmosomale Strukturproteine (BP180 und BP230) basaler
Keratinozyten gerichtete IgG-Autoantikörper führen zur Spaltbildung
in der Lamina lucida der Basalmembranzone; es resultieren subepider-
male Blasen
4 in Europa mit Abstand häufigste blasenbildende Autoimmundermatose
4 Beginn meist jenseits des 6. Lebensjahrzehnts; Prävalenz steigt deutlich
mit dem Alter

Klinik (. Abb. 33, Farbteil)


4 häufig unspezifischer Beginn mit urtikariell erscheinenden Ery-
themen, die der Blasenbildung vorausgehen (prämonitorisches Sta-
dium)
4 starker Juckreiz
4 im Verlauf pralle seröse Blasen variabler Größe auf erythematöser Haut
besonders in den Intertrigines, am Abdomen und an Innen- und Beu-
geseiten der Extremitäten
4 Schädigung der Blasen durch mechanische Einwirkung führt zu Erosi-
onen, die meist krustig belegt sind
4 Blasen sind aufgrund der Spaltebene in der dermoepidermalen Junkti-
onszone deutlich stabiler als beim Pemphigus
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
219 22

4 Nikolski-Zeichen I negativ; Nikolski-Zeichen II (= Verschiebbarkeit Eigene Notizen


intakter Blasen durch seitlichen Fingerdruck) ist positiv, jedoch relativ
unspezifisch
4 Schleimhautbefall ist selten
4 narbenlose Abheilung
4 klinische Sonderformen:
5 nicht-bullöses Pemphigoid: exkoriierte Papeln und Papulovesikeln,
die klinisch an Prurigoerkrankungen erinnern
5 dyshidrosiformes Pemphigoid: klinisches Bild wie dyshidrosiformes
Hand- und Fußekzem
5 vesikulöses bullöses Pemphigoid: kleine Bläschen wie bei Dermatitis
herpetiformis Duhring

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: lineare Ablagerungen von C3 und IgG an
der dermoepidermalen Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter Spalthaut Nach-
weis von Autoantikörpern, die im Dach der artifiziellen Blase binden
(Spalthaut: humane Spenderhaut, in der durch Vorinkubation mit
NaCl eine Spaltbildung in Höhe der Lamina lucida der Basalmembran
hervorgerufen wird; diese wird anschließend mit Patientenserum
überschichtet); im ELISA Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180
bzw. BP230
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung mit eosinophilenreichem Ent-
zündungsinfiltrat
4 Labor: häufig Eosinophilie

Differenzialdiagnose
4 andere blasenbildende Autoimmunerkrankungen
4 Prurigo simplex subacuta und Prurigo nodularis
4 Prurigoformen des atopischen Ekzems
4 bullöse Formen des allergischen und irritativen Kontaktekzems
4 Impetigo bullosa
4 bullöse Arzneimittelreaktionen
4 bullöse Iktusreaktionen
4 bullöses Erythema exsudativum multiforme

Therapie
4 topische Therapie mit potenten Glukokortikoiden (Clobetasol) häufig
ausreichend
4 zur Vermeidung von Superinfektionen topische Antiseptika (z. B.
Triclosan)
4 ggf. niedrig dosierte orale Glukokortikoide (initial 0,5 mg/kg KG
Prednisolonäquivalent) in Kombination mit Dapson oder Immun-
suppressiva (Azathioprin, Mycophenolatmofetil)
4 milde Therapiealternative: Doxycyclin in Kombination mit Niacinamid
(wirkt antientzündlich)
220 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen Prognose


4 in 1/3 der Fälle selbstlimitiert
4 Prognose hängt ab von Komorbiditäten und Aggressivität der Therapie,
22 nicht vom Ausmaß der Blasenbildung

> Memo Das bullöse Pemphigoid verläuft weniger aggressiv als der Pem-
phigus vulgaris. Die Mortalität hängt ab von (meist altersbedingten) Ko-
morbiditäten und der Aggressivität der Therapie, nicht vom Ausmaß der
Blasenbildung.

Pemphigoid gestationis
4 schwangerschaftsassoziierte, selbstlimitierte Autoimmundermatose mit
Autoantikörperbildung gegen BP180
4 genetische Assoziation mit HLA-DR3 und HLA-DR4
4 alte, heute obsolete Bezeichnung: Herpes gestationis

Klinik
4 meist im letzten Schwangerschaftsdrittel oder post partum Auftreten
juckender ekzematöser, papulöser oder urtikarieller Läsionen, häufig
Beginn in der Abdominalregion, typischerweise periumbilikal
4 später Hinzutreten von gruppiert angeordneten Bläschen
4 Schleimhautbeteiligung nur selten

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: lineare Ablagerungen von C3 und IgG in der
Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
Nachweis von Autoantikörpern, die im Dach der artifiziellen Blase bin-
den; Erhöhung der Sensitivität des Tests, wenn zusätzlich mit frischem
Serum gesunder Spender als Komplementquelle inkubiert wird. Im ELI-
SA Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180
4 Histologie: eosinophilenreiche lymphohistiozytäre Infiltrate, gelegent-
lich Spaltbildung in der Junktionszone erkennbar

Differenzialdiagnose
4 polymorphe Schwangerschaftsdermatose (»pruritic urticarial papules and
plaques of pregnancy«), Ekzemerkrankungen, Arzneimittelexantheme

Therapie
4 Antihistaminika und topische Glukokortikoide meist ausreichend
4 Behandlung mit niedrigdosierten systemischen Steroiden nur in
schweren Fällen erforderlich

Prognose
4 selbstlimitierende Erkrankung, bei erneuter Schwangerschaft Rezidiv-
risiko
4 erhöhtes Risiko für »Small-for-date-Babys« aufgrund leichter Plazenta-
insuffizienz; Fehlbildungsrate nicht erhöht
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
221 22
Lineare IgA-Dermatose Eigene Notizen
4 junktionale blasenbildende Autoimmundermatose, hervorgerufen
durch IgA-Antikörper gegen die extrazelluläre Domäne von BP180
(= LAD-1)
4 häufigste blasenbildende Autoimmundermatose des Kindesalters, tritt
auch im Erwachsenenalter auf
4 medikamentöse Auslösung möglich (Vancomycin)

Klinik
4 Erytheme und urtikarielle Plaques; Bläschen in anulärer, rosettenartiger
Anordnung (erinnert an »juwelenbesetzte Krone«)
4 häufig Befall der Schleimhäute, bei Befall der Konjunktiven Vernarbung
möglich

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: lineare Ablagerungen von IgA in der Junk-
tionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
Nachweis von IgA-Autoantikörpern, die im Dach der artifiziellen Blase
binden; im Western Blot Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180
(LAD-1)
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung mit Neutrophilen-dominiertem
Infiltrat

Differenzialdiagnose
4 bei Kindern: bullöse Impetigo, hereditäre Epidermolysen
4 sonst bullöses Pemphigoid, Dermatitis herpetiformis Duhring

Therapie
4 Dapson
4 topische und ggf. systemische Glukokortikoide

Prognose
4 bei Kindern Ausheilung innerhalb weniger Jahre, bei Erwachsenen eher
chronischer Verlauf
4 wie beim Schleimhautpemphigoid bei Beteiligung der Konjunktiven
Erblindung möglich

Schleimhautpemphigoid
4 alte Bezeichnung: vernarbendes Pemphigoid
4 heterogenes Krankheitsbild, hervorgerufen durch Autoantikörper ge-
gen unterschiedliche Zielstrukturen der dermoepidermalen Junktions-
zone: BP180, α6β4-Integrin, Laminin 332 (= Laminin 5)

Klinik
4 alle Schleimhäute können betroffen sein
4 Mundschleimhaut: Rötung, Erosionen, z. T. fibrinbelegt
4 Nasenschleimhaut: Erosionen, Nasenbluten
222 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen 4 Konjunktiven: Rötung, Brennen, Fremdkörpergefühl; Narbenstränge


(Synechien), Trichiasis, Entropion
4 Larynx: Heiserkeit
22 4 Ösophagus: Dysphagie, Strikturen
4 genital/anal: Erosionen
4 außer an der Mundhöhle meist narbige Abheilung
4 in bis zu 30% der Fälle auch Befall der Haut

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: falls Schleimhautbiopsie an anderer
Lokalisation nicht möglich, Biopsieentnahme von der Wangen-
schleimhaut; lineare Ablagerungen von IgG, C3 und/oder IgA an der
Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
Nachweis von Autoantikörpern, die im Dach (Antikörper gegen BP180)
oder im Boden der artifiziellen Blase binden (Antikörper gegen Lami-
nin 332)
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung und gemischtzelliges Entzün-
dungsinfiltrat; ältere Läsionen sind entzündungsärmer
4 je nach Symptomatik ophthalmologische, HNO-ärztliche, gynäkolo-
gische und gastroenterologische Konsiliaruntersuchungen

Differenzialdiagnose
4 Pemphigus vulgaris
4 Lichen ruber mucosae
4 Aphthosen und M. Behçet
4 systemischer Lupus erythematodes
4 Erythema multiforme

Therapie
4 richtet sich nach dem Befallsmuster
4 bei Befall von Konjunktiven, Nasopharynx, Larynx, Ösophagus,
Genital- und Analregion (»High-risk-Schleimhautpemphigoid«)
höheres Risiko für Vernarbung, Erblindung, bzw. Strikturen; daher ag-
gressivere Therapie: systemische Glukokortikosteroide (1–2 mg/kg KG)
in Kombination mit Immunsuppressiva, Cyclophosphamid-Dexame-
thason-Pulstherapie; ggf. Rituximab, hochdosierte intravenöse Immun-
globuline
4 bei Befall nur der Mundschleimhaut (»Low-risk-Schleimhautpemphi-
goid«): topische bzw. systemische Glukokortikoide in Kombination mit
Dapson häufig ausreichend

Prognose
4 chronischer Verlauf
4 Gefahr der Erblindung, Strikturen
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
223 22
22.1.3 Epidermolysis bullosa acquisita Eigene Notizen

4 seltene, durch Autoantikörper gegen Kollagen VII (Ankerfibrillen)


hervorgerufene bullöse Autoimmundermatose mit Spaltbildung in der
dermoepidermalen Junktionszone

Klinik
4 mechanobullöse Variante: erhöhte Verletzlichkeit der Haut an mecha-
nisch belasteten Stellen mit Blasen und Erosionen, die narbig abheilen;
auch narbige Alopezie und Nageldystrophie bzw. -verlust möglich
4 entzündliche Variante: klinisch wie bullöses Pemphigoid
4 Befall der Schleimhäute möglich

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: Ablagerung von IgG an der dermoepider-
malen Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: unter Verwendung von NaCl-separierter
Spalthaut Nachweis von Autoantikörpern im Boden der artifiziellen
Blase
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung; bei der mechanobullösen
Variante weniger ausgeprägtes Infiltrat als bei der entzündlichen
Form

Therapie
4 systemische Glukokortikoide in Kombination mit Immunsuppressiva
oder Dapson;
4 ggf. Colchicin
4 Vermeidung von Traumen
4 topische Antiseptika

22.1.4 Dermatitis herpetiformis Duhring

4 subepidermale blasenbildende Autoimmunerkrankung, hervorgerufen


durch Immunkomplexe von IgA und epidermaler Transglutaminase
4 genetische Assoziation mit HLA DQ2 und DQ8
4 gilt als kutane Manifestation einer Zöliakie: alle Patienten mit Dermati-
tis herpetiformis Duhring zeigen histologische Zeichen einer Zöliakie,
wobei bei 90% keine oder nur abgeschwächte gastrointestinale Sym-
ptome auftreten
4 umgekehrt erkranken nur 5% der Zöliakie-Patienten an einer Dermati-
tis herpetiformis Duhring
224 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen Klinik


4 extremer Juckreiz ist wichtiges Leitsymptom
4 exkoriierte Papeln an den Streckseiten der Extremitäten (Knie, Ellenbo-
22 gen), Gesäß, behaarter Kopf; mitunter akrale Petechien
4 Bläschen in charakteristischer herpetiformer Anordnung sind nicht
immer zu sehen
4 kein Schleimhautbefall

Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: granuläre IgA-Ablagerungen in den Papil-
lenspitzen der Dermis oder kontinuierliche granuläre Ablagerungen an
der dermoepidermalen Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis von IgA-Autoantikörpern ge-
gen Endomysium; im ELISA Nachweis von IgA-Autoantikörpern gegen
epidermale Transglutaminase und Gewebstransglutaminase
4 Histologie: subepidermale Blasenbildung mit Dominanz neutrophiler
Granulozyten

Therapie
4 lebenslange glutenfreie Diät (Gluten ist enthalten in Weizen, Gerste und
Roggen)
4 Dapson (1,5–2 mg/kg KG), darunter rasche Befundbesserung

22.2 Lupus erythematodes

4 chronisch-entzündliche Multisystemerkrankung mit autoimmuner Ge-


nese
4 nichtorganspezifische Autoantikörper (ANA = Antikörper gegen nu-
kleäre Antigene)
4 familiäre Häufung
4 Frauen erkranken häufiger als Männer
4 unterschiedliche Formen des Hautbefalls, die verschiedene Manifesta-
tionsarten der Erkrankung charakterisieren

22.2.1 Chronisch-diskoider Lupus erythematodes (CDLE)

Klinik
4 scheibenförmige (diskoide), rote, keratotische Plaques besonders im
Kopfbereich und an oberer Thoraxapertur
4 follikuläre Keratosen (»Tapeziernagelphänomen«)
4 Hyperästhesie
4 anfangs entzündlich infiltriert, später Abheilung mit Atrophie, Hyper-
und Hypopigmentierungen, Vernarbung
4 Schleimhautbefall möglich
4 am Kapillitium vernarbende Alopezie
22.2 · Lupus erythematodes
225 22
22.2.2 Subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE) Eigene Notizen

Klinik
4 an UV-exponierten Lokalisationen (obere Thoraxapertur, Streckseiten
der Arme, Wangen) anuläre, z. T. polyzyklische Plaques von psoriasi-
formem Charakter mit nach innen gerichteter Schuppenkrause, mitun-
ter exsudativer Aspekt
4 diffuse Alopezie, Schleimhautulzerationen möglich
4 Hautläsionen heilen unter Hinterlassung von Hypopigmentierungen
ab, im Gegensatz zum CDLE jedoch keine Vernarbung
4 Allgemeinsymptome (Abgeschlagenheit, Fieber), häufig Arthralgien,
Myalgien

22.2.3 Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

Klinik
4 bilaterales, schuppendes Erythem an den Wangen, das sich über das
ganze Gesicht ausdehnen kann (Schmetterlingserythem)
4 Erythema multiforme-artige Exantheme, häufig mit hämorrhagischem
Aspekt
4 periunguale Erytheme und Teleangiektasien, gelegentlich Raynaud-
Symptomatik
4 diskoide Plaques wie beim CDLE
4 diffuse Alopezie, bei Auftreten von diskoiden Läsionen am Kapillitium
auch vernarbende Alopezie
4 Erosionen und fibrinbelegte Ulzerationen an der Mundschleimhaut
4 erhöhte Photosensitivität
4 weitere Befunde:
5 Abgeschlagenheit, Fieber, Lymphadenopathie
5 Arthralgien und Myalgien
5 Serositis (Pleuritis, Perikarditis)
5 kardiovaskuläre Symptome (erhöhtes Risiko für koronare Herz-
krankheit, Myokardinfarkt; Libman-Sacks-Endokarditis)
5 Nephritis (mit Hämaturie, Proteinurie, Einschränkung der Nieren-
funktion; Ödeme, Hypertonie)
5 hämolytische Anämie, Leukopenie mit Lymphozytopenie, Throm-
bozytopenie
5 ZNS-Beteiligung (Krampfanfälle, Apoplex, Psychosen, einge-
schränkte Konzentrations- und Merkfähigkeit, u. a. m.)
5 Antiphospholipid-Syndrom (arterielle und venöse Thrombosen,
die zu zerebrovaskulären Ischämien und Aborten führen)

22.2.4 Weitere Formen des kutanen Lupus erythematodes

5 Lupus erythematodes tumidus


J indurierte, z. T. urtikariell erscheinende Plaques ohne Schuppung
im Gesicht oder am Rumpf
5 Chilblain-Lupus
226 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen J in kälteexponierten akralen Lokalisationen (z. B. Finger, Zehen,


Nase) livid-rote Plaques (»chilblain«, Frostbeule)
J Chilblain-Lupus ist abzugrenzen von Perniones (Frostbeulen)
22 5 Lupuspannikulitis (Lupus erythematodes profundus)
J tiefe, in die Subkutis reichende, livide Knoten, die unter Hinter-
lassung von Einsenkungen und Narben abheilen
5 medikamentös induzierter Lupus erythematodes
J Auslösung durch Medikamente (häufig Hydralazin, Procainamid,
seltener Carbamazepin, Phenytoin, Minocyclin, TNF-Antago-
nisten); klinisches Bild ähnelt einer leichteren Verlaufsform des
SLE
J Hydrochlorothiazid und Terbinafin können SCLE auslösen
5 neonataler Lupus erythematodes
J kann sich bei Neugeborenen von Müttern entwickeln, die Ro (SS-
A)-Autoantikörper aufweisen
J SCLE-artige Hautläsionen, die selbstlimitierend sind
J diaplazentar auf das Kind übergehende Ro (SS-A)-Autoantikör-
per interagieren mit kindlichem Herzreizleitungssystem und kön-
nen kongenitalen AV-Block hervorrufen

Diagnostik
4 Histologie
5 atrophe Epidermis mit vakuoliger Degeneration der Keratinozyten
des Stratum basale
5 in der PAS-Färbung verdickte Basalmembran
5 Muzinablagerungen
5 lymphozytäres, vorzugsweise perivaskuläres Infiltrat
5 je nach klinischer Manifestationsform auch Orthohyperkeratose
und Parakeratose
4 direkte Immunfluoreszenz von läsionaler Haut: bei SLE, SCLE und
CDLE meist bandförmige Ablagerungen von IgG, seltener IgM und IgA,
sowie C3 an der dermoepidermalen Junktionszone
4 Lupus-Band-Test (direkte Immunfluoreszenz von normal erschei-
nender, nicht-UV-exponierter Haut): zeigt beim SLE in ca. 50% der
Fälle, nicht jedoch beim SCLE und CDLE, bandförmige Ablagerungen
von Immunglobulinen und C3 in der Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: SLE: ANA in >95% der Fälle, Anti-dsDNA
(60%), Anti-SM (30%); SCLE: ANA in > 95% der Fälle, Anti-Ro (SS-A)
(75%); Anti-La (SS-B) (35%); CDLE: niedrigtitrige ANA in <20% der
Fälle
4 Labor: beim SLE häufig Komplementverbrauch (C3 und C4 erniedrigt)
4 weitere Diagnostik: in Abhängigkeit vom (potenziellen) Organbefall
4 ACR-Kriterien zur Klassifikation des systemischen Lupus erythema-
todes (SLE) (mindestens 4 der 11 Kriterien müssen erfüllt sein):
1. Schmetterlingserythem
2. diskoide Läsionen
3. Photosensitivität (Exanthem nach Sonnenexposition)
4. orale oder nasopharyngeale Ulzerationen
22.3 · Dermatomyositis
227 22

5. Arthritis (nichterosive Arthritis von mindestens 2 Gelenken) Eigene Notizen


6. Serositis (Pleuritis oder Perikarditis)
7. Nephritis (Proteinurie >0,5 g/Tag oder pathologisches Sediment)
8. ZNS-Beteiligung (Anfallsleiden oder Psychosen)
9. hämolytische Anämie oder Leukopenie oder Lymphozytopenie
oder Thrombozytopenie
10. immunologische Befunde (Anti-DNA- oder Anti-SM- oder Anti-
Phospholipid-Antikörper)
11. antinukleäre Antikörper (ANA)
4 > Memo ANA finden sich auch bei anderen Autoimmunerkran-
kungen. Sie sind nicht für die Diagnose eines SLE beweisend. Weniger
als 20% der Patienten mit ANA haben einen SLE, umgekehrt ist das
Vorliegen eines SLE bei Fehlen von ANA nahezu ausgeschlossen.

Differenzialdiagnose
4 andere UV-sensitive Hauterkrankungen (polymorphe Lichtdermatose,
photoallergische Kontaktdermatitis), Rosacea
4 Psoriasis
4 Arzneimittelreaktionen
4 Erythema multiforme
4 Erythema anulare centrifugum
4 Granuloma anulare, Sarkoidose
4 andere Kollagenosen (Dermatomyositis, »mixed connective tissue
disease«)

Therapie
4 Vermeiden von UV-Exposition, Lichtschutz
4 Verlaufsformen, bei denen die Hautbeteiligung im Vordergrund steht:
topische Glukokortikoide, Antimalariamittel (Hydroxychloroquin (ma-
ximal 6,5 mg/kg (Ideal-)Körpergewicht pro Tag), Chloroquin)
4 Verlaufsformen mit viszeraler Beteiligung: systemische Glukokortikoide
in Kombination mit Immunsuppressiva (Azathioprin und Mycophe-
nolatmofetil); Cyclophosphamid-Pulstherapie; Rituximab, u. a. m.
Prognose
4 schubweiser Verlauf, bei Männern schwerer als bei Frauen
4 Prognose hängt ab vom Ausmaß des Organbefalls, insbesondere der
Niere
4 erhöhtes Infektionsrisiko
4 erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Komorbiditäten

22.3 Dermatomyositis

4 Autoimmunerkrankung unklarer Ätiologie aus dem Formenkreis der


Kollagenosen
4 Formen: juvenile Dermatomyositis und adulte Dermatomyositis
4 Dermatomyositis sine Myositis (= amyopathische Dermatomyositis):
Hauterscheinungen ohne nachweisbare Muskelbeteiligung
228 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen Klinik


4 fliederfarbene Erytheme in der Periorbitalregion, die einen weiner-
lichen Gesichtsausdruck vermitteln (»heliotropes« Erythem)
22 4 poikiloderme Läsionen (Poikilodermie: Nebeneinander von Atrophie,
Hyper- und Hypopigmentierungen und Teleangiektasien) über Finger-
knöcheln, an Ellenbogen, Knien und oberem Rücken (Hals-Nacken-
Region, Decolleté)
4 Gottronsche Papeln: lichenoide, violette Papeln über den Fingerge-
lenken, Ellenbogen und Knien
4 periunguale Teleangiektasien und Nagelfalzhyperkeratosen
4 Keining-Zeichen: Schmerzhaftigkeit beim Zurückschieben des Nagel-
häutchens
4 insbesondere bei juveniler Dermatomyositis Kalkablagerungen in der
Subkutis (Kalzinosis) und Lipodystrophien
4 gelegentlich Hyperkeratosen und Rhagaden an der Palmarseite der
Finger (»mechanic’s hand«)
4 Myalgien mit Schwäche besonders der proximalen Extremitätenmusku-
latur (Bewegungsabläufe wie z. B. Kämmen der Haare und Steigen von
Treppen sind schmerzhaft)
4 Dysphagie bei Beteiligung des Ösophagus
4 Heiserkeit und Dyspnoe bei Beteiligung des Larynx und der Atemmus-
kulatur
4 selten: Myokarditis, Herzrhythmusstörungen, Bronchiolitis obliterans,
interstitielle Lungenfibrose

Diagnostik
4 Labor: Erhöhung der CK, die eine Muskelbeteiligung widerspiegelt;
auch Erhöhung von GOT und LDH
4 indirekte Immunfluoreszenz: ANA in etwa 50 % der Fälle; gelegentlich
Autoantikörper gegen Mi-2 oder Jo-1
4 Histologie: ähnlich wie bei Lupus erythematodes
4 Direkte Immunfluoreszenz: negativ, d. h. kein Nachweis von Immun-
globulinablagerungen
4 Myositis-Diagnostik: EMG (zeigt Myopathiemuster), Magnetresonanz-
tomographie (hat die früher übliche tiefe Muskelbiopsie weitgehend
abgelöst)

Differenzialdiagnose
4 systemischer Lupus erythematodes, Sklerodermie und Overlap-Erkran-
kungen
4 Hydroxyurea-induzierte dermatomyositisartige Hautläsionen
4 Polymyositis und andere Myopathien
4 Trichinose

Therapie
4 systemische Glukokortikoide in Kombination mit Immunsuppressiva
(Azathioprin); Methotrexat; hochdosierte intravenöse Immunglobuline
(IvIg); Rituximab; TNF-Antagonisten
22.4 · Progressive systemische Sklerodermie
229 22

4 bei alleinigem Hautbefall (amyopathische Dermatomyositis): Hydroxy- Eigene Notizen


chloroquin, topische Glukokortikosteroide
4 UV-Lichtschutz

Prognose
4 adulte Form der Dermatomyositis kann mit Malignomen assoziiert
sein, wobei die Hauterkrankung dem Malignom häufig vorausgeht;
daher sind nach Diagnose Tumorsuche und regelmäßige Vorsorge-
untersuchungen angezeigt
4 am häufigsten assoziiert sind Malignome von Ovar, Mamma, Lunge
und Colon/Rektum sowie Non-Hodgkin-Lymphome
4 sofern keine Malignome vorliegen, günstige Prognose
4 ! Cave adulte Form der Dermatomyositis kann mit Malignomen
assoziiert sein und erfordert Tumorsuche und regelmäßige Vorsorge-
untersuchungen.

22.4 Progressive systemische Sklerodermie

4 Autoimmunerkrankung des Bindegewebes unklarer Ätiologie, die Haut,


Blutgefäße und innere Organe erfasst
4 Frauen erkranken häufiger als Männer
4 familiäre Häufung spricht für genetische Disposition
4 Pathogenese ist unklar: mikrovaskuläre Dysfunktion und eine Aktivie-
rung des Immunsystems mit Produktion von Autoantikörpern und
Ausbildung lymphozytärer Infiltrate, in der Folge überschießende
Kollagensynthese, die zur Fibrose führt

Klinik
4 2 Hauptformen:
5 limitierte (akrale) systemische Sklerodermie (betrifft die Akren und
ggf. das Gesicht)
5 diffuse systemische Sklerodermie (betrifft zusätzlich proximale
Extremitäten und Stamm)
4 Sonderform der limitierten Sklerodermie mit milderem Verlauf:
CREST-Syndrom, gekennzeichnet durch Calcinosis, Raynaud-Sympto-
matik, ösophageale Dismotilität, Sklerodaktylie, Teleangiektasien
4 anfangs teigig-ödematöse Schwellung, später symmetrische Induration
und Sklerosierung der Akren, die Haut lässt sich dann nicht mehr in
Falten abheben; Einschränkung der Beweglichkeit; kegelartige Zuspit-
zung der Endglieder (»Madonnenfinger«)
4 diffuse Hyperpigmentierung, mitunter mit eingestreuter perifolliku-
lärer Depigmentierung (»Salz und Pfeffer«-Zeichen)
4 Teleangiektasien, auch an Nagelfälzen
4 Raynaud-Symptomatik: episodische Farbveränderungen der Akren
durch Vasokonstriktion der Fingerarterien (»weiß«) mit nachfolgender
Hypoxämie (»blau«) und anschließender reaktiver Hyperämie (»rot«)
4 Calcinosis cutis, insbesondere akral
230 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut

Eigene Notizen 4 verkleinerte Mundöffnung (Mikrostomie)


4 radiäre Furchen an den Lippen (»Tabaksbeutelmund«)
4 sklerotisch verdicktes und verkürztes Zungenbändchen
22 4 Ulzerationen an den Fingerspitzen (»Rattenbissnekrosen«, infolge von
Ischämie, Fibrose und Traumatisierung)
4 extrakutane Manifestationen: Dyspnoe bei Belastung als Zeichen einer
interstitiellen Lungenfibrose und pulmonalen Hypertonie; Cor pulmo-
nale; Proteinurie, Niereninsuffizienz, renale Hypertonie; Reflux und
Dysphagie als Zeichen einer Ösophagusbeteiligung

Diagnostik
4 indirekte Immunfluoreszenz
5 Nachweis von ANA; bei diffuser Sklerodermie häufig Anti-Topo-
isomerase-I-Antikörper (Scl-70)
5 beim CREST-Syndrom Anti-Zentromer-Antikörper
4 direkte Immunfluoreszenz: negativ, d. h. keine Ablagerung von Immun-
globulinen
4 Histologie
5 exzessive Ablagerungen von Kollagen in der Dermis
5 Atrophie der Schweißdrüsen
5 spärliches lymphozytäres Infiltrat
5 die Entnahme einer Probebiopsie ist i. d. R. nicht erforderlich
4 organbezogene Diagnostik
5 Lungenfunktionstest
5 bronchoalveoläre Lavage
5 HR-CT der Lunge
5 Echokardiographie

Differenzialdiagnose
4 zirkumskripte Sklerodermie (= Morphaea; 7 Abschn. 26.1)
4 Scleroedema adultorum Buschke, Skleromyxödem Arndt-Gottron,
eosinophile Fasziitis
4 chronische »graft-versus-host disease« (GVHD)

Therapie
4 schwierig, erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit besonders in
Bezug auf Lunge und Niere
4 Raynaud-Symptomatik: Nikotinkarenz, Vermeidung von Kälteexposi-
tion; ggf. Kalziumantagonisten, Sartane, Prostaglandin-Agonisten,
Sildenafil, ASS
4 digitale kutane Ulzerationen: Bosentan (Endothelin-Rezeptor-Antago-
nist), Prostaglandine; hydrokolloidale Wundauflagen
4 kutane Sklerose: D-Penicillamin ist von zweifelhaftem Nutzen; ggf.
Methotrexat; ggf. Bade- bzw. Creme-PUVA- oder UVA1-Lichttherapie
4 interstitielle Lungenbeteiligung: systemische Glukokortikoide in
Kombination mit Cyclophosphamid; pulmonale Hypertonie: Bosentan,
Prostacycline, ggf. Sildenafil
22.5 · Kryoglobulinämie
231 22
Prognose Eigene Notizen
4 limitierte Sklerodermie hat günstigere Prognose als diffuse Sklerodermie
4 Haupttodesursache: interstitielle Lungenbeteiligung, pulmonale Hyper-
tonie
4 foudroyanter Verlauf mit Herz- und Nierenversagen möglich

22.5 Kryoglobulinämie

4 Kryoglobuline sind Immunglobuline, die unter Kälteexposition präzi-


pitieren und bei Erwärmung wieder in Lösung gehen
4 Unterteilung der Kryoglobuline in 3 Typen:
5 Typ I: monoklonales IgG oder IgM
5 Typ II (gemischte Kryoglobuline): monoklonales IgM, seltener IgG,
das an den Fc-Teil von polyklonalem IgG bindet
5 Typ III: (gemischte Kryoglobuline): polyklonale Immunglobuline
4 Typ-I-Kryoglobuline treten bei lymphoproliferativen Erkrankungen auf
(multiples Myelom, Lymphome)
4 Typ II- und Typ III-Kryoglobuline am häufigsten nach Infektion mit
Hepatitis C
4 Kryoglobuline können auf zweierlei Weise pathogen wirken: durch Va-
sookklusion oder durch Auslösung einer Immunkomplex-vermittelten
Vaskulitis (7 Kap. 29)
4 von Kryoglobulinen abzugrenzen sind Kryofibrinogen (Fibrinogen, das
in der Kälte geliert) und Kälteagglutinine (Antikörper, die bei Kälteex-
position zur Agglutination von Erythrozyten führen)

Klinik
4 purpurische, netzartige Läsionen an den Akren nach Kälteexposition, die
nach Gefäßokklusion zu Hautnekrosen und Ulzerationen führen können
4 Akrozyanose, mitunter Raynaud-Phänomen, Livedozeichnung und
palpable Purpura
4 gelegentlich Arthralgien, Hepatomegalie und Nierenbeteiligung

Diagnostik
4 Blutentnahme zum Nachweis der Kryoglobuline; Transport und Zentri-
fugation müssen bei 37°C erfolgen; bei Abkühlung entsteht Kryopräzi-
pitat
4 Histologie: Okklusion kleiner Gefäße; bei Immunkomplexgenese
Zeichen einer leukozytoklastischen Vaskulitis

Differenzialdiagnose
4 Kryofibrinogenämie, Kälteagglutininkrankheit, Vaskulitiden, Per-
niones, Chilblain-Lupus, Antiphospholipid-Syndrom

Therapie
4 Vermeidung akraler Kälteexposition
4 Erkennung und Behandlung zugrunde liegender Erkrankungen
23

Tag 3 – Dermatologie

23 Hereditäre Erkrankungen
der Haut
A. Jung

23.1 Ichthyosen – 233


23.1.1 Ichthyosis vulgaris – 233
23.1.2 X-chromosomal-rezessive Ichthyosis – 234
23.1.3 Lamellöse Ichthyosen – 234
23.1.4 Harlekin-Ichthyose (Harlekin-Fetus) – 235
23.1.5 Epidermolytische Ichthyosen – 235

23.2 Palmoplantarkeratosen – 235


23.2.1 Hyperkeratosis palmoplantaris diffusa Vörner-Unna-Thost – 235

23.3 Dyskeratosis follicularis (Morbus Darier) – 236

23.4 Neurokutane Erkrankungen (Phakomatosen) – 237


23.4.1 Neurofibromatose Typ I (Morbus von Recklinghausen) – 237
23.4.2 Tuberöse Sklerose (Morbus Bourneville-Pringle) – 238
23.4.3 Sturge-Weber-Syndrom – 239

23.5 Marfan-Syndrom – 239

23.6 Epidermolysis bullosa hereditaria – 239


23.6.1 Epidermolysis bullosa simplex (EBS) – 240
23.6.2 Epidermolysis bullosa junctionalis – 241
23.6.3 Epidermolysis bullosa dystrophicans – 241

23.7 Xeroderma pigmentosum – 241

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_23, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
23.1 · Ichthyosen
233 23
23.1 Ichthyosen Eigene Notizen

4 heterogene Gruppe genetisch determinierter Hauterkrankungen (Ge-


nodermatosen), die durch eine fischschuppenartige Verhornungsstö-
rung gekennzeichnet sind
4 bei den (seltenen) kongenitalen Ichthyosen (lamellöse Ichthyosen, bul-
löse Ichthyosen) ist die Verhornungsstörung bereits bei Geburt bzw.
innerhalb der ersten 4 Lebenswochen erkennbar, bei den (häufigeren)
nichtkongenitalen Ichthyosen (Ichthyosis vulgaris, X-chromosomal-re-
zessive Ichthyose) tritt diese erst danach in Erscheinung
4 zwei Wege der Entstehung
5 Retentionshyperkeratose (Störung der Abschilferung der Korneo-
zyten)
5 Proliferationshyperkeratose (gesteigerte epidermale Proliferation
mit gestörter Abschuppung)
4 manche Formen der Ichthyosen gehen mit einer Blasenbildung einher:
epidermolytische Ichthyosen

Diagnostik
4 Histologie, ggf. Elektronenmikroskopie
4 biochemische bzw. molekularbiologische Diagnostik

Therapie
4 rückfettende, hydratisierende, schuppenlösende Hautpflege mit Harn-
stoff-, Milchsäure- oder kochsalzhaltigen Externa
4 wegen der meist erforderlichen großflächigen Anwendung sollten
salicylsäurehaltige Externa angesichts der Resorptionsgefahr (Nephro-
toxizität) gemieden werden
4 ggf. Einsatz niedrigdosierter systemischer Retinoide (Acitretin, Isotre-
tinoin; ! Cave Teratogenität!)

23.1.1 Ichthyosis vulgaris

4 häufigste erbliche Hauterkrankung; Prävalenz 1:250 bis 1:1000


4 Mutationen im (Pro-)Filaggrin-Gen führen zur Retentionshyperkerato-
se (gestörte Aggregation der Keratinfilamente bei der Korneozytenbil-
dung; beeinträchtigte Wasserbindungsfähigkeit; histologisch resultiert
fehlendes bis rudimentär ausgebildetes Stratum granulosum)
4 autosomal-semidominanter Vererbungsmodus: bei Homozygotie
(Mutation in beiden Allelen) meist ausgeprägter Phänotyp, bei Hetero-
zygotie (Mutation nur in einem Allel) milde bis fehlende Ausprägung
4 in bis zu 40% der Fälle Assoziation mit Atopie (geht ebenfalls mit
Mutationen im (Pro-)Filaggrin-Gen einher)

Klinik
4 am Rumpf und besonders an den Extremitätenstreckseiten in beidseitig
gleichförmiger Ausprägung fein- bis mittellamellöse Schuppung ohne
Erythem
234 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut

Eigene Notizen 4 die großen Gelenkbeugen sind ausgespart


4 an den proximalen Extremitätenstreckseiten Keratosis pilaris (follikulär
gebundene, 1–2 mm große Keratosen)
4 palmoplantar Hyperlinearität (»Ichthyosishand« bzw. »Ichthyosisfuß«)
4 Manifestation ab dem 3. Lebensmonat mit Progression bis zur Pubertät
23 und anschließender Besserungstendenz

23.1.2 X-chromosomal-rezessive Ichthyosis

4 X-chromosomal-rezessiv vererbte Mutation im Steroidsulfatase-Gen


4 gestörte Zusammensetzung der Interzellularlipide im Stratum corneum
mit Retentionshyperkeratose
4 nahezu ausschließlich bei Männern auftretend; Frauen sind Kondukto-
rinnen

Klinik
4 am Rumpf und besonders an den Extremitätenstreckseiten in beid-
seitig gleichförmiger Ausprägung mit Beginn in den ersten Lebensmo-
naten helle lamellöse Schuppung, die sich im Laufe der Kindheit in
eine dunkelbraune, polygonale Schuppung wandelt (»Ichthyosis
nigricans«)
4 häufig Befall der Nackenregion (»dirty neck«)
4 große Gelenkbeugen meist ausgespart
4 Keratosis pilaris und palmoplantare Hyperlinearität fehlen
4 keine Besserung nach der Pubertät
4 häufig assoziiert mit Kryptorchismus und Hornhauttrübung
4 anamnestisch ist mitunter eine Wehenschwäche der Mutter erfragbar
(bei der Geburt durch Steroidsulfatasemangel verlangsamte Öffnung
des Muttermundes mit verzögertem Geburtsverlauf)

23.1.3 Lamellöse Ichthyosen

4 heterogene Gruppe nicht-epidermolytischer Formen der Ichthyosis


congenita, denen autosomal-rezessive Mutationen meist der Transglu-
taminase-1, seltener des Transportergens ABCA12 oder des CYP4F22,
eines Mitglieds der Cytochrom p450-Familie, zugrunde liegen
4 Beeinträchtigung der Verhornung bzw. der Desquamation

Klinik
4 bei Geburt häufig Erythrodermie mit Kollodium-Membran (pergament-
artige Membran, die das gesamte Integument umgibt; kann auch bei
anderen Ichthyose-Formen auftreten)
4 in den ersten Lebenswochen variable Ausprägung einer fein- bis grob-
lamellösen, bräunlichen Schuppung
4 häufig Ektropium und Eklabium
4 palmoplantare Hyperkeratosen und -linearität
23.2 · Palmoplantarkeratosen
235 23
23.1.4 Harlekin-Ichthyose (Harlekin-Fetus) Eigene Notizen

4 extreme Form der kongenitalen Ichthyose, die mit Frühgeburtlichkeit


einhergeht
4 dicke Hornplatten am Integument, Ektropium, Eklabium
4 hohe Frühletalität
4 Defekt des Gens für das Lipidtransportprotein ABCA12

23.1.5 Epidermolytische Ichthyosen

4 bullöse kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie Brocq


5 autosomal-dominant vererbte Mutationen des Keratin-1- oder des
Keratin-10-Gens
5 Beeinträchtigung der Integrität des Zytoskeletts der Keratinozyten
mit Blasenbildung
5 Klinik: bei Geburt Erythrodermie mit großflächigen Erosionen
sowie Blasen (Bild des »verbrühten Kindes«); betrifft besonders
mechanisch belastete Areale; mit zunehmendem Alter stehen
beugenbetonte Hyperkeratosen im Vordergrund
4 Ichthyosis bullosa Siemens
5 autosomal-dominant vererbte Mutationen des Keratin-2-Gens
5 Klinik: deutlich mildere Ausprägung mit Blasen und Erosionen an
mechanisch belasteten Lokalisationen

23.2 Palmoplantarkeratosen

4 heterogene Gruppe hereditärer (seltener auch erworbener) Erkran-


kungen, die zu palmoplantaren Hyperkeratosen führen
4 keine einheitliche Nomenklatur; unterschieden werden diffuse, fokale
(streifenförmige) und papulöse Formen der Palmoplantarkeratosen
4 Auftreten isoliert oder als Teilsymptom einer komplexen Erkrankung

23.2.1 Hyperkeratosis palmoplantaris


diffusa Vörner-Unna-Thost

4 häufigste hereditäre Palmoplantarkeratose


4 autosomal-dominant vererbte Mutation des ausschließlich in palmarer
und plantarer Haut exprimierten Keratins 9

Klinik
4 mit Beginn in den ersten Lebensmonaten Ausbildung orangegelber
Hyperkeratosen an Palmae und Plantae mit erythematösem Rand-
streifen zur Umgebung
4 Hyperhidrose
4 Neigung zur Infektion mit Dermatophyten (Tinea manuum)
236 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut

Eigene Notizen Therapie


4 rückfettende Externa
4 Keratolyse mittels topisch applizierter 10–20% Salizylsäure in Vaseline
und Abtragung mittels Bimsstein

23 23.3 Dyskeratosis follicularis (Morbus Darier)

4 autosomal-dominant vererbte Mutation im ATP2A2-Gen, das für eine


Ca2+-abhängige ATPase im endoplasmatischen Retikulum, SERCA2,
kodiert
4 interzellulärer Kohäsionsverlust der Keratinozyten (Akantholyse) und
Apoptose mit Dyskeratose

Klinik
4 Beginn meist im 2.–3. Lebensjahrzehnt
4 besonders in den seborrhoischen Arealen multiple, mehrere mm große,
rot-bräunliche, keratotische Papeln
4 zentral Konfluenz zu Plaques, peripher satellitenartig auslaufend
4 bei Ablösung der Keratosen großflächige Erosionen mit Neigung zu
Superinfektion und Fötor
4 intertriginös Papillomatose und Mazeration
4 Assoziationen:
5 Nageldystrophie mit Längsriffelung und erhöhter Brüchigkeit
5 palmoplantare Unterbrechung der Papillarleisten durch mm-große
Grübchen (»pits«)
5 weißliche Papeln der Mundschleimhaut, besonders am harten Gau-
men
5 hautfarbene, flache, warzenartige Papeln an der Dorsalseite von
Händen und Füßen (Acrokeratosis verruciformis Hopf)
4 Provokation: UV-Exposition, Wärme und Okklusion verschlechtern
das Krankheitsbild
4 Komplikation: erhöhtes Risiko für HSV-Infektionen, die unter dem Bild
eines Eczema herpeticatum verlaufen

Diagnostik
4 Blickdiagnose
4 Histologie: fokale Akantholyse und Dyskeratose von Keratinozyten
(»corps ronds«)

Therapie
4 antiseptische Externa (Triclosan, Octenidin, Chlorhexidin)
4 Retinoide: topisch Adapalen, systemisch ggf. Isotretinoin oder Acitretin
( ! Cave Teratogenität!)
4 Dermabrasion, evtl. CO2-Laser
23.4 · Neurokutane Erkrankungen (Phakomatosen)
237 23
23.4 Neurokutane Erkrankungen (Phakomatosen) Eigene Notizen

4 Phakomatosen: heute obsolete Bezeichnung für neurokutane Syndrome:


Neurofibromatose Typ I, tuberöse Sklerose, Sturge-Weber-Syndrom,
von-Hippel-Lindau-Syndrom

23.4.1 Neurofibromatose Typ I


(Morbus von Recklinghausen)

4 autosomal-dominant vererbte Mutation des Neurofibromin-Gens


(Tumorsuppressor-Gen, das das Ras-Onkogen inaktiviert)
4 erhöhte Proliferationsneigung von Zellen neuroektodermalen Ursprungs
4 in 50% der Fälle Neumutation
4 Prävalenz: 1:3000

Klinik
4 zur Diagnosestellung müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien
zutreffen:
5 Café-au-lait-Flecke: präpubertär mehr als 5 hellbraune, scharf be-
grenzte Maculae mit einem Durchmesser von über 5 mm (postpu-
bertär über 15 mm Durchmesser); Café-au-lait-Flecken stellen das
früheste Symptom dar!
5 Neurofibrome: mindestens zwei hautfarben bis braune, kuppel- bis
knopfartige, weiche, symmetrische Papeln und Knoten, die sich auf
Druck mit anfänglichem Widerstand in die Haut eindrücken lassen
(»Klingelknopf-Phänomen«) oder mindestens ein plexiformes Neu-
rofibrom (subkutane, sich an den Verlauf der Nerven orientierende
Neurofibrome)
5 disseminierte Lentiginose: besonders axillär (»axillar freckling«)
und inguinal sommersprossenartige Flecken
5 Optikusgliome
5 mindestens zwei Lischknötchen (Hamartome der Iris)
5 charakteristische Knochenveränderungen: Pseudoarthrosen der
Röhrenknochen, Makrozephalie, Skoliose)
5 Vorliegen einer Neurofibromatose Typ I bei Verwandten ersten
Grades
4 assoziierte Erkrankungen: erhöhtes Risiko für Epilepsie, mentale Retar-
dierung und Tumoren (juveniles Xanthogranulom, juvenile chronisch-
myeloische Leukämie, malignes Schwannom, malignes Gliom, Ependy-
mom, Neurofibrosarkom, Rhabdomyosarkom, Phäochromozytom,
Wilms-Tumor)

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose (7 Diagnosekriterien)
4 bildgebende Diagnostik; ophthalmologische, neurologische und ortho-
pädische Konsilaruntersuchungen
4 Mutationsanalyse des Neurofibromin-Gens aufgrund der Genlänge
aufwändig und i. d. R. nicht erforderlich
238 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut

Eigene Notizen Differenzialdiagnose


4 Neurofibromatose Typ II
5 zugrunde liegt eine autosomal-dominant vererbte Mutation des
NF2-Gens, das für Merlin/Neurofibromin-2 kodiert
5 diagnostisch wegweisend sind vestibuläre Schwannome
23 5 kutane Neurofibrome und Café-au-lait-Flecken sind seltener als bei
der Neurofibromatose Typ I
5 Lisch-Knötchen, axilläres und inguinales »freckling« sowie mentale
Retardierung fehlen

Therapie
4 interdisziplinäre Betreuung und regelmäßige Verlaufskontrollen
( ! Cave Malignome!)
4 Exzision schnellwachsender und funktionell behindernder Neurofi-
brome
4 humangenetische Beratung

23.4.2 Tuberöse Sklerose (Morbus Bourneville-Pringle)

4 autosomal-dominant vererbte Mutation der Gene für Hamartin (TSC1)


oder Tuberin (TSC2), die mit der Regulation des Zellzyklus inter-
ferieren
4 in 2/3 der Fälle Neumutationen

Klinik
4 hypopigmentierte, mehrere cm große Makulae (»Eschenlaubfecken«)
als früheste Hautzeichen
4 zentrofaziale Angiofibrome (»Adenoma sebaceum«) entwickeln sich ab
2. Lebensjahr
4 Bindegewebsnävi (»shagreen-patches«, die an Leder erinnern) er-
scheinen ab dem 2. Lebensjahr meist lumbosakral
4 Ausbildung periungualer Fibrome (Koenen-Tumoren) ab der Pubertät
4 assoziierte Erkrankungen: erhöhtes Risiko für Epilepsien, mentale
Retardierung und Tumoren (Riesenzellastrozytome, Astrozytome der
Retina, kardiale Rhabdomyome, renale Angiomyolipome)

Diagnostik
4 meist klinische Blickdiagnose
4 ggf. positive Familienanamnese
4 bildgebende Diagnostik; neurolologische, internistische und ophthal-
mologische Konsilaruntersuchungen

Therapie
4 symptomatisch: ablative Laser-Therapie der fazialen Angiofibrome
4 ggf. Antikonvulsiva bei Epilepsie
4 ggf. Einsatz von Rapamycin, das den bei der tuberösen Sklerose dysre-
gulierten mTOR-Signalweg hemmt
23.6 · Epidermolysis bullosa hereditaria
239 23
23.4.3 Sturge-Weber-Syndrom Eigene Notizen

4 sporadisch auftretende neurologische Erkrankung mit fazialer kapil-


lärer Malformation und ipsilateralen okulären und leptomeningealen
Anomalien

Klinik
4 lateralisierter Nävus flammeus meist im Versorgungsgebiet des 1. oder
2. Trigeminusastes, gelegentlich auch bilateral
4 Augenbeteiligung (Glaukom, vaskuläre Malformation)
4 ZNS-Beteiligung mit Paresen, Epilepsie, Minderbegabung

Diagnostik
4 neurologische und ophthalmologische Konsilaruntersuchungen bei
Vorliegen eines Nävus flammeus im Trigeminusbereich
4 bildgebende Diagnostik (MRT, ggf. PET)

Therapie
4 Lokaltherapie des Naevus flammeus mit Farbstofflaser oder Abdeckung
mittels Camouflage

23.5 Marfan-Syndrom

4 autosomal-dominant vererbte Mutationen des Fibrillin-I-Gens


4 Beeinträchtigung der Funktion von elastischen Fasern und Mikrofibril-
len
4 in 25% der Fälle Neumutation

Klinik
4 Trias: Linsenluxation, Aortenaneurysma, auffällig lange Extremitäten-
knochen mit Arachnodaktylie
4 Hautmanifestationen (verdünnte, hyperextensible Haut; Striae disten-
sae; gelegentlich Elastosis perforans serpiginosa) stehen nicht im Vor-
dergrund der Erkrankung

23.6 Epidermolysis bullosa hereditaria

4 Gruppe seltener Genodermatosen, bei der es durch Mutationen von


Genen verschiedener Strukturproteine zur erhöhten mechanischen Fra-
gilität der Haut mit Spalt- und Blasenbildung kommt
4 Prävalenz: 1–5:100.000
4 Unterteilung der hereditären Epidermolysen nach der Lokalisation der
Spaltbildung:
5 Epidermolysis bullosa simplex: intraepidermale = epidermolytische
Spaltbildung (Basalzellschicht) bei Mutationen in den Genen für
Keratin 5, Keratin 14 oder Plektin
240 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut

Eigene Notizen 5 Epidermolysis bullosa junctionalis: Spaltbildung in der Lamina lu-


cida der Basalmembran bei Mutationen in den Genen für Laminin
332, BP180 (Kollagen XVII) oder Integrin α6β4
5 Epidermolysis bullosa dystrophicans: Spaltbildung unterhalb der
Basalmembran bei Mutationen des Kollagen-VII-Gens
23 4 > Memo Die hereditären Formen der Epidermolysis bullosa sind von
der Epidermolysis bullosa acquisita zu unterscheiden, bei der es durch
Autoantikörper gegen Kollagen VII zur Blasenbildung kommt.

Diagnostik
4 konventionelle histologische Techniken erlauben keine Ermittlung der
Höhe der Spaltbildung, daher spezialisierte Untersuchungstechniken:
»antigen-mapping« (immunfluoreszenzmikroskopische Unter-
suchungstechnik, die die Ermittlung der Spaltebene durch Antikörper-
Färbung von Strukturproteinen in läsionalem Nativmaterial erlaubt)
oder Elektronenmikroskopie
4 Nachweis der Mutation mittels Sequenzierung

Therapie
4 humangenetische Beratung
4 kausale Therapien existieren (bislang) nicht
4 Vermeidung von Bagatelltraumen
4 Hautpflege mit antiseptisch wirksamen Externa
4 Blasen sollten unter Belassung des Blasendachs (Infektionsschutz) ab-
punktiert werden
4 Behandlung von Hautdefekten mit nichtklebenden Wundauflagen
4 ggf. Operation von Strikturen
4 Krankengymnastik zur Besserung von Kontrakturen

23.6.1 Epidermolysis bullosa simplex (EBS)

4 Vererbung meist autosomal-dominant


4 milder klinischer Verlauf mit narbenloser Abheilung

Klinik
4 Typ Weber-Cockayne: häufigster Typ der EBS; Manifestation meist in
der Kindheit an Händen und Füßen nach mechanischer Belastung (z. B.
durch enges Schuhwerk, bei sportlicher Betätigung)
4 Typ Köbner: Beginn bei Geburt mit milder generalisierter Blasenbil-
dung
4 Typ Dowling-Meara: schwerer verlaufende Form mit generalisierter
herpetiformer Blasenbildung, Erosionen, Hyperkeratosen, Nageldys-
trophien und Schleimhautbeteiligung
23.7 · Xeroderma pigmentosum
241 23
23.6.2 Epidermolysis bullosa junctionalis Eigene Notizen

4 autosomal-rezessive Vererbung
4 Abheilung ohne Narbenbildung
4 breites Krankheitsspektrum von mildem Verlauf bis hin zu früher
Letalität

Klinik
4 Typ Herlitz
5 postpartal große, teils hämorrhagische Blasen und Erosionen an
mechanisch belasteten Hautregionen und Schleimhäuten
5 meist letal in ersten Lebensjahren
4 Typ Non-Herlitz
5 nicht letale Form
5 ab Geburt generalisierte, chronisch-rezidivierende Blasen-
bildung, später Hautatrophie sowie Hyper- und Hypopigmentie-
rungen
5 typisch sind weiterhin Alopezie, Nageldystrophie und Zahn-
schmelzdefekte

23.6.3 Epidermolysis bullosa dystrophicans

4 autosomal-dominante oder autosomal-rezessive Vererbung


4 Typ Hallopeau-Siemens: Fehlen von Kollagen VII und damit der An-
kerfibrillen
4 bei den weiteren Varianten führen Mutationen im Kollagen-VII-Gen zu
Veränderungen der Ankerfibrillen
4 subbasale Spaltbildung im Stratum papillare bedingt narbige Abhei-
lung
4 reduzierte Lebenserwartung
4 erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Plattenepithelkarzinomen der
Haut

Klinik
4 generalisierte Blasenbildung und oberflächliche Ulzerationen führen
bereits während der Kindheit zu Narbenplatten, Nagelverlust, Syne-
chien, Kontrakturen und Mutilationen unter Mitbeteiligung der
Schleimhäute

23.7 Xeroderma pigmentosum

4 autosomal-rezessiv vererbte Mutationen in Genen für DNA-Reparatur-


Enzyme
4 Inzidenz: ca. 1:1.000.000
4 unterschieden werden 7 sog. Komplementationsgruppen (A bis G) und
eine Xeroderma pigmentosum-Variante
242 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut

Eigene Notizen 4 charakteristisch sind stark erhöhte UV-Empfindlichkeit, frühzeitige


Hautalterung und hohes Risiko für Malignome der Haut
4 eingeschränkte Lebenserwartung

Klinik
23 4 bereits in früher Kindheit schwere Sonnenbrände nach minimaler UV-
Exposition
4 frühzeitig chronische Lichtschädigung der Haut: Lentiginose, Hyper-
und Hypopigmentierungen, Teleangiektasien, Hautatrophie
4 Hauttumoren in UV-exponierten Arealen: aktinische Keratosen,
Plattenepithelkarzinome, Keratoakanthome, Basaliome, Melanome
4 auch erhöhtes Tumorrisiko an Schleimhäuten und inneren Organen
4 Assoziation mit neurologischen Symptomen möglich (Hyporeflexie,
Epilepsie, mentale Retardierung, Taubheit)

Diagnostik
4 klinisch charakteristisches Bild mit Aussparung lichtgeschützter
Körperregionen (z. B. Gesäß)
4 ggf. positive Familienanamnese, evtl. Konsanguinität der Eltern
4 Sequenzierung der Genmutationen möglich

Therapie
4 konsequenter Lichtschutz
4 Meidung von Kokarzinogenen wie Rauchen
4 orale Kalzium- und Vitamin-D-Supplementation
4 ggf. systemische Retinoide wie Acitretin zur Prävention von Mali-
gnomen
4 engmaschige dermatologische Betreuung zur Früherkennung von
Malignomen
24

Tag 3 – Dermatologie

24 Zysten, Nävi und Tumoren


der Haut
P. Mayser, M. Goebeler

24.1 Zysten – 245


24.1.1 Epidermale Zyste – 245
24.1.2 Milie – 245
24.1.3 Trichilemmalzyste – 245
24.1.4 Pilonidalsinus – 246

24.2 Nicht-melanozytäre Nävi – 246


24.2.1 Epidermaler Nävus – 247
24.2.2 Inflammatorischer lineärer verruköser epidermaler Nävus (ILVEN) – 247
24.2.3 Naevus sebaceus – 247
24.2.4 Melanosis naeviformis Becker – 248

24.3 Verruca seborrhoica – 248

24.4 Basalzellkarzinom – 249

24.5 Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, Leukoplakie


und spinozelluläres Karzinom – 251
24.5.1 Aktinische Keratose – 251
24.5.2 Cheilitis actinica – 251
24.5.3 Leukoplakie der Schleimhaut – 252
24.5.4 Spinozelluläres Karzinom – 252

24.6 Keratoakanthom – 254

24.7 M. Bowen und Bowen-Karzinom – 254


24.7.1 M. Bowen und Erythroplasie Queyrat – 254
24.7.2 Bowen-Karzinom – 255

24.8 Merkel-Zellkarzinom – 255

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_24, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
24.9 Lentigines und melanozytäre Nävuszellnävi – 256
24.9.1 Lentigo simplex – 256
24.9.2 Melanozytäre Nävi – 257

24.10 Malignes Melanom – 260

24.11 Tumoren der Gefäße – 264


24.11.1 Infantiles Hämangiom – 264
24.11.2 Seniles Angiom – 265
24.11.3 Granuloma pyogenicum – 265
24.11.4 Kaposi-Sarkom – 266
24.11.5 Angiosarkom – 267

24.12 Tumoren des Binde- und Fettgewebes – 268


24.12.1 Histiozytom – 268
24.12.2 Fibroma molle – 268
24.12.3 Dermatofibrosarcoma protuberans – 268
24.12.4 Lipom – 269

24.13 Primär kutane Lymphome – 269


24.13.1 Mycosis fungoides – 270
24.13.2 Sézary-Syndrom – 271
24.13.3 Primär kutane B-Zell-Lymphome – 272
24.13.4 Pseudolymphome – 272

24.14 Mastozytosen – 273


24.14.1 Mastozytom – 274
24.14.2 Urticaria pigmentosa – 274

24.15 Kutane Paraneoplasien – 275


24.15.1 Acanthosis nigricans – 275
24.15.2 Weitere kutane Paraneoplasien – 275
24.1 · Zysten
245 24
24.1 Zysten Eigene Notizen

24.1.1 Epidermale Zyste

4 Synonyme: Atherom, Epidermoidzyste, Infundibulumzyste


4 entsteht oberhalb des Ursprungs der Talgdrüse aus dem Haarfollikel-
epithel (Infundibulum)
4 Zystenwand gleicht in ihrem Aufbau der Epidermis (mit Stratum gra-
nulosum)

Klinik
4 hautfarbene, nicht schmerzhafte, prallelastische Knoten, langsam an
Größe zunehmend. Inhalt breiig-käsiges Hornmaterial
4 mitunter Ruptur mit abszedierender und granulierender Entzündungs-
reaktion

Differenzialdiagnosen
4 Trichilemmalzyste

Therapie
4 chirurgische Exstirpation

24.1.2 Milie

4 Synonym: »Hirsekorn«
4 kleine interfollikuläre Epidermalzyste; Wandaufbau entspricht dem der
Epidermis
4 Auftreten mitunter nach Trauma oder nach Abheilung subepidermaler
blasenbildender Erkrankungen

Klinik
4 kleine weißliche Papeln

Therapie
4 Anritzen und Exprimieren des Inhalts

24.1.3 Trichilemmalzyste

4 Synonym: »Grützbeutel«
4 entsteht in Höhe oder unterhalb der Einmündung des Ausführungs-
ganges der Talgdrüse in den Follikelkanal
4 Zystenwand zeigt den Verhornungstyp der äußeren Haarwurzelscheide
(Trichilemm): das Stratum granulosum ist nicht ausgebildet
246 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen Klinik


4 meist am behaarten Kopf (90%)
4 prallelastische Knoten mit hartem geruchslosen Inhalt (homogenes
Hornmaterial mit hohem Fettanteil, gelegentlich Verkalkungen)

Therapie
4 chirurgische Exstirpation

24
24.1.4 Pilonidalsinus

4 Synonym: Steißbeinfistel, Kokzygealfistel


4 durch chronische Reibung und abszedierende Entzündung im Bereich
von Terminalhaarfollikeln Entwicklung von fuchsbauartigen, mit
Epithel ausgekleideten Gangsystemen
4 Teilsymptom der sog. Akne-Tetrade zusammen mit Acne conglobata,
Acne inversa und Folliculitis nuchae abscedens et suffodiens

Klinik
4 vorwiegend intertriginös, insbesondere auch im Bereich des Steißbeins
durch chronische Druckbelastung (Fahrrad-, Motorradfahrer)
4 Männer sind häufiger betroffen
4 fluktuierende Schwellung, einschmelzende Knoten, sterile Abszesse
und Fistulationen mit Sekretaustritt, Superinfektion möglich

Therapie
4 großzügige Exzision des gesamten unterminierten Abszessgewebes ein-
schließlich Haaranlagen bis zur Faszie; sekundäre Wundheilung oder
primärer Verschluss

24.2 Nicht-melanozytäre Nävi

4 Nävi
5 Fehlbildungen als Manifestation genetischer Mosaike, die Struk-
turen der Haut bzw. der Schleimhaut oder der Hautanhangsgebilde
betreffen
5 keine malignen Neoplasien
4 Mosaik
5 Zustand, bei dem sich in einem Organismus genetisch unterschied-
liche Zellpopulationen finden
5 entsteht z. B. durch eine postzygotische Mutation
5 je früher das Mutationsereignis stattfindet, desto größer das be-
troffene Hautareal
5 die sog. Blaschko-Linien spiegeln ein kutanes Mosaikmuster
wider
24.2 · Nicht-melanozytäre Nävi
247 24
24.2.1 Epidermaler Nävus Eigene Notizen

4 Synonym: verruköser Nävus, Naevus verrucosus


4 nur die Epidermis betreffend

Klinik
4 rötlich- bis dunkelbraune, weich papillomatöse oder hyperkeratotisch-
verruköse Läsion
4 einzeln oder gruppiert; in der Regel angeordnet im Verlauf der Blasch-
ko-Linien

Therapie
4 ggf. Dermabrasio
4 ggf. ablative Laserchirurgie
4 ggf. Exzision

24.2.2 Inflammatorischer lineärer verruköser epidermaler


Nävus (ILVEN)

4 seltene Variante eines epidermalen Nävus mit entzündlicher Kompo-


nente, die klinisch an eine Psoriasis erinnert

Klinik
4 streifige psoriasiforme oder ekzemartige Areale meist an Extremitäten
4 Erstmanifestation in der Adoleszenz bis in das 3. Lebensjahrzehnt

Differenzialdiagnosen
4 andere lineäre/streifenförmige Dermatosen, insbesondere Lichen striatus:
5 striäre Lichen-ruber-artige Entzündungsreaktion unklarer Genese
5 im Bereich aller Körperareale möglich
5 im Gegensatz zum ILVEN spontane Rückbildung, aber oft postin-
flammatorische Hyperpigmentierung

Therapie
4 unbefriedigend; symptomatisch topische entzündungshemmende The-
rapie mit Calcipotriol, Glukokortikosteroiden oder Tacrolimus

24.2.3 Naevus sebaceus

4 Synonym: Talgdrüsennävus
4 vergleichsweise häufiger »organoider« Nävus, der Epidermis und Adnex-
anlagen (insbesondere Talgdrüsen) betrifft

Klinik
4 schon bei Geburt bestehende, scharf begrenzte, orangegelbe, haarlose,
flach erhabene Plaque
4 in der Pubertät verruköse oder knotige Umwandlung
248 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 4 meist am Kapillitium, selten im Gesicht


4 auf dem Nävus können sich verschiedene gutartige Tumoren (Tricho-
blastom, Syringocystadenoma papilliferum) oder ein Basalzellkarzinom
entwickeln

Differenzialdiagnosen
4 Syndrom des lineären Naevus sebaceus (Schimmelpennig-Feuerstein-
Mims-Syndrom)
24 5 unilateral kopfbetont streifenförmiger, den Blaschko-Linien
folgender N. sebaceus und multiple weitere Fehlbildungen (Augen,
ZNS, Skelettsystem)

Therapie
4 Exzision

24.2.4 Melanosis naeviformis Becker

4 Synonym: Becker-Nävus, Becker-Melanose


4 epidermaler hyperpigmentierter organoider Nävus

Klinik
4 präpubertär unilateral auftretende, hyperpigmentierte, unregelmäßig
begrenzte, flache Plaque
4 meist am oberen Stamm (Schulterpartie)
4 mit Beginn der Pubertät durch Androgenwirkung Ausbildung einer
Hypertrichose

Histologie
4 variable Akanthose und Papillomatose
4 Hyperpigmentierung durch Vermehrung des Melanins bei weitgehend
normaler Melanozytenzahl
4 Hyperplasie der Haarfollikel
4 Vermehrung glatter Muskelstränge

Therapie
4 im allgemeinen nicht erforderlich
4 ggf. Epilation

24.3 Verruca seborrhoica

4 Synonym: seborrhoische Keratose, Alterswarze


4 häufiger, oft pigmentierter, gutartiger Tumor, der meist nach dem
40. Lebensjahr auftritt
4 keine Virusgenese
4 aktivierende Mutationen im »fibroblast growth factor receptor 3«
(FGFR3)
24.4 · Basalzellkarzinom
249 24
Klinik Eigene Notizen
4 hellbraune, meist 0,5–1,5 cm große Tumoren mit wachsartig-fettiger, ge-
punzt wirkender, auch verruköser Oberfläche, die wie aufgeklebt wirken
4 gelblichbraune Hornperlen (entsprechen histologisch Pseudohornzysten)
4 oft in Spaltlinien der Haut angeordnet
4 gelegentlich Juckreiz
4 gestielte Formen häufig periokulär sowie in den Körperfalten
4 Stukkokeratosen: flache, nicht-pigmentierte Formen mit weißlicher
rauer Oberfläche insbesondere an den distalen Extremitäten

Differenzialdiagnosen
4 Verruca vulgaris
4 Basalzellkarzinom
4 aktinische Keratosen
4 melanozytäre Nävi und Neoplasien

Therapie
4 aus differenzialdiagnostischen Erwägungen oder bei Beschwerden Ent-
fernung (mittels Kürettage, Dermabrasio, Laser) und histologische Be-
fundbestätigung (Akanthose, Hyperkeratose, Pseudohornzysten, Papil-
lomatose; keine Zellatypien)

24.4 Basalzellkarzinom

4 Synonym: Basaliom
4 häufigster maligner Hauttumor (Inzidenz: 1–2/1000/Jahr)
4 tritt nur an Hautarealen mit Haaranlage auf
4 wächst lokal invasiv und destruierend, metastasiert aber nicht (daher
auch als semimaligner Tumor bezeichnet)
4 Auftreten meist in chronisch UV-exponierter Haut (80% im Gesicht
oberhalb der Linie Mundwinkel/Ohrläppchen)
4 genetische Prädisposition: heller Hauttyp I/II, Basalzellnävussyndrom
(Gorlin-Goltz-Syndrom) mit Mutationen im PTCH-Gen, dem hu-
manen Homolog des Drosophila-Gens »patched« und Rezeptor des
Hedgehog-Signalwegs
4 auch bei sporadisch auftretenden Basaliomen sind Mutationen im
PTCH-Gen wie auch weiteren Genen (p53) pathogenetisch bedeutsam
4 weitere Auslöser: chemische Karzinogene (Arsen), UV- und ionisieren-
de Strahlen, Immunsuppression

Klinik
4 solides (knotiges) Basalzellkarzinom (. Abb. 34, Farbteil)
5 häufigste Form (ca. 60%)
5 breitbasig aufsitzende, glasige Knötchen
5 oft perlschnurartig aufgeworfener, transluzenter Randsaum mit
Teleangiektasien
5 bei Fortschreiten kraterartige zentrale Ulzeration
250 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 4 oberflächliches Basalzellkarzinom (»Rumpfhautbasaliom«)


5 flache, leicht schuppende, gelegentlich psoriasiform imponierende
Plaque insbesondere am Stamm
5 besonders bei Arsenanamnese, nach chronischer UV-Exposition
und Therapie mit ionisierenden Strahlen
4 sklerodermiformes Basalzellkarzinom
5 indurierte, an atrophe Narben erinnernde flache Tumoren mit
klinisch schlecht abgrenzbarer infiltrierender Ausbreitung
24 4 Ulcus rodens
5 flächenhaft ulzeriertes Basalzellkarzinom (rodere [lat.] = nagen)
4 Ulcus terebrans
5 ulzerierendes und in tiefe Gewebeschichten infiltrierendes Basalzell-
karzinom (terebrare [lat.] = bohren)
5 Komplikationen durch Arrosionsblutung oder Infektion
4 pigmentiertes Basalzellkarzinom
5 pigmentierte, Melanin-haltige Varianten insbesondere des soliden
und des oberflächlichen Basalzellkarzinoms
5 wichtige Differenzialdiagnose zum malignen Melanom

Diagnostik
4 charakteristische Morphe; diagnostische Schwierigkeiten bereiten mit-
unter sklerodermiforme Basalzellkarzinome
4 ggf. Probebiopsie zur histologischen Befundsicherung bzw. zur Aus-
breitungsdiagnostik
5 atypische basaloide Keratinozyten mit Palisadenstellung der rand-
ständigen Kerne, umgeben von fibromyxoidem Stroma
5 artefizielle, durch Fixierung bedingte Spaltbildung zum umgebenden
Gewebe

Therapie
4 Therapie der Wahl Exzision mit histologischer Schnittrandkontrolle
4 bei klinisch nicht zu definierender Begrenzung als mikrographisch kon-
trollierte Chirurgie (exakte Lagezuordnung des Präparates durch (Fa-
den-)Markierung, temporärer Defektverschluss, endgültiger Verschluss
nach histologischer Befundung)
4 Alternativen
5 bei superfiziellen Basalzellkarzinomen: Kryotherapie, topisches
Imiquimod (= Aktivator von TLR7 und TLR8 = Rezeptormolekülen
des natürlichen Immunsystems) oder photodynamische Therapie
(PDT)
5 Röntgentherapie insbesondere bei älteren Menschen bzw. in Pro-
blemlokalisationen
4 regelmäßige klinische Verlaufskontrollen (2×/Jahr) zur Erkennung von
Rezidiven und neuen Läsionen
4 > Memo Konsequenter UV-Expositionsschutz!
24.5 · Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, Leukoplakie und spinozelluläres Karzinom
251 24
24.5 Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, Eigene Notizen
Leukoplakie und spinozelluläres Karzinom

24.5.1 Aktinische Keratose

4 Synonym: solare Keratose


4 intraepidermales Karzinom (Carcinoma in situ) besonders an UV-
exponierten Hautarealen
4 Sonderform: Arsen- und Röntgenkeratosen mit jahrelanger Latenz
nach Einwirkung des Karzinogens
4 Spontanremission in bis zu 20% der Fälle möglich, in etwa 1–10% der
Fälle aber Übergang in invasives Plattenepithelkarzinom; höheres Risi-
ko bei iatrogener Immunsuppression, z. B. nach Organtransplantation

Klinik
4 scharf und unregelmäßig begrenzte, rötliche Papeln und Plaques mit
festhaftender Hyperkeratose
4 häufig multiples Auftreten an chronisch UV-exponierter Haut
4 gelegentlich ausgeprägte Hyperkeratose (hypertrophe aktinische
Keratose, »Cornu cutaneum«)

Diagnostik
4 charakteristische Klinik
4 Histologie
5 Schichtungsstörung, Zell- und Kernatypien der Keratinozyten
5 Wechsel von Para- und Orthokeratose (»pink and blue«); Orthoke-
ratose im Bereich der Ostien der unbeteiligten Haarfollikel und
ekkrinen Schweißdrüsen

Therapie
4 Kryotherapie
4 Kürettage
4 Exzision (insbesondere bei hyperkeratotischen Formen mit fraglicher
Invasivität)
4 topisch Diclofenac, Imiquimod oder 5-Fluorouracil
4 photodynamische Therapie (= lokale Applikation einer photosen-
sibilisierenden Substanz wie δ-Aminolävulinsäure, dann Bestrahlung
mit Rotlicht, insbesondere bei flächigem Befall = sog. »field cancerisa-
tion«)
4 > Memo Wichtig sind nachhaltige UV-Protektion und regelmäßige
klinische Kontrollen.

24.5.2 Cheilitis actinica

4 Carcinoma in situ im Bereich des Lippenrots


4 Risikofaktoren: chronische UV-Exposition, Pfeiferauchen
252 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen Klinik


4 an der Unterlippe (»Sonnenterrasse«), seltener der Oberlippe weißliche
Keratosen und Erosionen ohne Heilungstendenz

Differenzialdiagnosen
4 Plattenepithelkarzinom der Lippe
4 Lichen ruber planus des Lippenrots

24 Therapie
4 Exzision des Lippenrotes und Defektdeckung durch mobilisierte Schleim-
haut (Vermillionektomie und Defektdeckung nach von Langenbeck)
4 ggf. Laser- oder kryochirurgische Abtragung
4 UV-Protektion und regelmäßige Nachsorge

24.5.3 Leukoplakie der Schleimhaut

4 nach WHO-Definition: weiße, nicht abwischbare Schleimhautverän-


derung, die keiner anderen definierten Erkrankung zugeordnet werden
kann
4 gilt als Präkanzerose

Klinik
4 scharf begrenzte, homogen weißliche Plaque an der Schleimhaut, meist
ohne subjektive Beschwerden
4 im zeitlichen Verlauf mitunter Ausbildung verruköser oder rötlich-
erosiver Anteile, die eine maligne Transformation widerspiegeln können
(In-situ- oder bereits invasives Karzinom)

Diagnostik
4 falls nach Beseitigung möglicher auslösender Noxen (s. unten) inner-
halb von 4 Wochen keine Rückbildung: Entnahme einer Probebiopsie
zur Abklärung eines malignen Geschehens

Therapie
4 Beseitigung möglicher auslösender Noxen (z. B. Traumata durch Zahn-
fehlstellungen oder schlecht sitzende Prothesen, Nikotinabusus, Alko-
holabusus)
4 bei Persistenz bzw. nicht auszuschließender maligner Transformation
vollständige operative oder laserchirurgische Entfernung

24.5.4 Spinozelluläres Karzinom (. Abb. 35, Farbteil)

4 Synonym: Spinaliom, Stachelzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom der


Haut
4 maligner, von den Keratinozyten ausgehender Tumor der Epidermis,
der in tiefere Schichten invadiert
24.5 · Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, Leukoplakie und spinozelluläres Karzinom
253 24

4 Metastasierungspotenzial korreliert insbesondere mit der Eindringtiefe, Eigene Notizen


weniger mit dem Differenzierungsgrad (G1 [gut differenziert] bis G4
[entdifferenziert])
4 Metastasierung erfolgt primär lymphogen
4 Inzidenz: ca. 0,5–1/1000/Jahr
4 Risikofaktoren
5 chronische UV-Exposition
5 Röntgenbestrahlung
5 Kontakt zu Karzinogenen wie Arsen und Teer
5 Immunsuppression
5 Entwicklung sekundär auf lang bestehenden Narben, Ulzerationen
oder entzündlichen Veränderungen

Klinik
4 unscharf begrenzte, hautfarbene bis rötliche, hyperkeratotische, mitun-
ter exulzerierte und mit Krusten bedeckte Plaques oder Knoten
4 Wachstumsgeschwindigkeit erheblich variierend
4 Sonderform: verruköses Karzinom Ackerman
5 drei lokalisationstypischen Manifestationsformen:
J im Bereich der Mundschleimhaut: floride orale Papillomatose
J im Bereich der Genitalien: Riesenkondylom Buschke-Löwen-
stein
J an distalen Extremitäten: Epithelioma cuniculatum
5 hochdifferenziertes Plattenepithelkarzinom mit verruköser Ober-
fläche
5 lokal invasives Wachstum und geringe Metastasierungstendenz
5 Induktion in einem Teil der Fälle durch humane Papillomviren
(HPV)

Diagnostik
4 Histologie: eine starke Verhornung spiegelt einen hohen Differenzie-
rungsgrad wider, fehlende Verhornung korreliert mit Entdifferenzie-
rung und schlechterer Prognose
4 bei entdifferenzierten Tumoren und histologischer Tumordicke >2 mm
bildgebende Diagnostik (Sonographie regionärer Lymphknoten, Rönt-
gen-Thorax)

Differenzialdiagnosen
4 (hypertrophe) aktinische Keratose
4 Keratoakanthom
4 Basalzellkarzinom
4 irritierte seborrhoische Keratose
4 Verruca vulgaris
4 M. Bowen und Bowen-Karzinom

Therapie
4 Exzision mit 3–5 mm Sicherheitsabstand und histologischer Kontrolle
von Schnittrand und Wundgrund
254 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 4 inoperable Primärtumoren: Radiatio; ggf. palliative Kryotherapie oder


Laserchirurgie
4 metastasierte Plattenepithelkarzinome: Mono- oder Polychemothera-
pie; ggf. EGF-Rezeptor-Antagonisten
4 UV-Protektion und regelmäßige Nachsorge zur Früherkennung von
Rezidiven bzw. Zweittumoren

24 24.6 Keratoakanthom

4 nosologische Zuordnung dieses Tumors wird kontrovers diskutiert:


5 als hochdifferenziertes Karzinom mit geringer Metastasierungs-
tendenz oder
5 aufgrund der Neigung zur spontanen Regression als benigner
Tumor

Klinik
4 halbkugeliger rötlicher Tumor mit raschem, häufig eruptivem Wachs-
tum (Aufschießen innerhalb weniger Wochen)
4 zentraler Hornkegel
4 Größe meist 1–3 cm, selten auch größer (Keratoacanthoma gigantae-
um)
4 meist solitäres Auftreten an UV-exponierten Arealen

Diagnostik
4 histologische Befundsicherung: Abgrenzung zum Plattenepithel-
karzinom nur möglich bei Betrachtung der Architektur des Gesamt-
tumors (Symmetrie)
4 Stanzbiopsien nicht aussagefähig

Differenzialdiagnosen
4 Plattenepithelkarzinom (wächst im Allgemeinen langsamer und in-
filtriert die Umgebung diffus)
4 solides, zentral ulzeriertes Basalzellkarzinom
4 hypertrophe aktinische Keratose

Therapie
4 aufgrund des nicht vorhersehbaren Verlaufs Exzision

24.7 M. Bowen und Bowen-Karzinom


24.7.1 M. Bowen und Erythroplasie Queyrat

4 intraepitheliale Karzinome (= in situ-Karzinome) an Haut (M. Bowen)


oder Schleimhaut (Erythroplasie Queyrat)
4 Induktion durch onkogene humane Papillomviren (HPV 16 und 18)
möglich
24.8 · Merkel-Zellkarzinom
255 24
Klinik Eigene Notizen
4 M. Bowen
5 leicht erhabene, scharf begrenzte, rötliche Plaque mit variabler, mit-
unter psoriasiformer Schuppung
4 Erythroplasie Queyrat
5 rötlich glänzende, leicht verletzliche Makula oder flache Plaque an
Glans penis, Präputium, oder Vulva, seltener in der Analregion oder
an der Mundschleimhaut

Diagnostik
5 Histologie: Akanthose, Verlust der normalen Schichtung der Epider-
mis; Kern- und Zellpolymorphie, Dyskeratosen, Mitosen in allen
Lagen der Epidermis

Differenzialdiagnosen
4 zum M. Bowen:
5 superfizielles Basalzellkarzinom
5 aktinische Keratose
5 Ekzem
5 Psoriasis
5 Tinea
4 zur Erythroplasie Queyrat:
5 Soor-Balanitis/Vulvitis
5 Balanoposthitis/Vulvitis plasmacellularis Zoon
5 fixe (toxische) Arzneireaktion

Therapie
4 Exzision
4 Abtragung mittels CO2-Laser
4 Kryochirurgie
4 ggf. topisches Imiquimod (off-label)

24.7.2 Bowen-Karzinom

4 erreichen M. Bowen und Erythroplasie Queyrat nach Durchbrechen der


Basalmembran die Dermis, so liegt ein invasives Karzinom (= Bowen-
Karzinom) vor
4 vorwiegend lymphogene Metastasierung
4 ungünstige Prognose

24.8 Merkel-Zellkarzinom

4 meist solitär auftretender, seltener Tumor mit neuroendokriner Diffe-


renzierung, der Merkel-Zellen ähnelt
4 Merkel-Zellen = neuroektodermale Zellen, die in der Basalschicht der
Epidermis sowie der Dermis lokalisiert sind
256 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 4 pathogenetisch bedeutsam ist das Merkel-Zell-Polyomavirus


4 Auftreten im höheren Lebensalter auf chronisch UV-exponierter Haut
(insbesondere Gesicht, obere Extremität)
4 gehäuftes Auftreten auch bei Immunsuppression/transplantierten
Patienten

Klinik
4 rasch wachsende bläulich-rote Knoten
24 4 hohes Metastasierungsrisiko

Diagnostik
4 Histologie und Immunhistologie (Anfärbung für Zytokeratin 20 und
Chromogranin A) incl. Untersuchung des Schildwächterlymphknotens
(Sentinel-Lymphknoten)
4 Staging mittels bildgebender Verfahren

Differenzialdiagnosen
4 Karzinommetastasen (insbesondere des kleinzelligen Bronchialkarzi-
noms)
4 Lymphome
4 amelanotisches Melanom bzw. Melanommetastasen
4 Schweißdrüsenkarzinom

Therapie
4 weiträumige Exzision mit 3 cm Sicherheitsabstand, anschließend
adjuvante Radiatio
4 im Falle einer Fernmetastasierung Radiatio und (Poly-)Chemo-
therapie

24.9 Lentigines und melanozytäre Nävuszellnävi

24.9.1 Lentigo simplex

4 häufige, umschriebene Hyperpigmentierung durch Vermehrung von


Melanozyten in der Basalschicht der Epidermis ohne Ausbildung von
»Nestern« (Nest = fokale Aggregation von 3 und mehr Melanozyten;
typisch für melanozytäre Nävuszellnävi)
4 bei Café-au-lait-Fleck hingegen Melaningehalt in Keratinozyten er-
höht

Klinik
4 hellbraune, mitunter auch tiefbraune bis schwarze, regelmäßig und
scharf begrenzte, 1–3 mm große Makula

Differenzialdiagnosen
4 melanozytäre Nävuszellnävi, insbesondere Junktionsnävi: zeigen histo-
logisch nachweisbare Nester
24.9 · Lentigines und melanozytäre Nävuszellnävi
257 24

4 Epheliden (= Sommersprossen): umschriebene Hyperpigmentierungen Eigene Notizen


ohne Vermehrung von Melanozyten an UV-exponierten Arealen,
besonders häufig bei Hauttyp I und II
4 Lentigo senilis: bräunliche Flecken, die bei älteren Menschen nach
hoher UV-Exposition auftreten; sind histologisch gekennzeichnet durch
Vermehrung von Melanozyten und vergrößerte Melanosomen
4 bei multiplen Lentigines bereits im Kindesalter müssen seltene Syndrome
erwogen werden, z. B.:
5 LEOPARD-Syndrom (Lentigines, EKG-Überleitungsstörungen,
okulärer Hypertelorismus, Pulmonalstenose, abnormale Genitalien,
Retardierung des Wachstums, Defekt des Hörvermögens)
5 Peutz-Jeghers-Syndrom (pigmentierte Makulae in der Perioral-
region und Polypen des Gastrointestinaltrakts mit Risiko der
malignen Transformation)

Therapie
4 im Allgemeinen nicht erforderlich
4 ggf. Lasertherapie oder Peeling

24.9.2 Melanozytäre Nävi

4 gutartige Proliferation bzw. Malformation melanozytärer Zellen, die


aggregieren und sog. Nester bilden

Kongenitale melanozytäre Nävi


4 bei Geburt oder kurz danach in Erscheinung tretende melanozytäre Nävi
4 bei etwa 1% der Neugeborenen

Klinik
4 Flecken bzw. Papeln oder Plaques mit papillomatöser Oberfläche und
variabler Pigmentierung, oft Hypertrichose (dunkel pigmentierte
Terminalhaare)
4 Einteilung nach Größe, die im Erwachsenenalter erreicht wird (Um-
rechnung mittels Korrekturfaktoren):
5 »klein«: <1,5 cm ‡
5 »mittel«: 1,5 bis <20 cm ‡
5 »groß«: ≥20 cm ‡
5 »riesig«: >40-50 cm ‡, wesentliche Anteile einer anatomischen Re-
gion umfassend
4 ! Cave Kongenitale Nävi können entarten, wobei das Entartungsrisiko
mit der Größe steigt.
4 Melanome entstehen besonders im tiefen dermalen Bereich und sind
klinisch mitunter schwer frühzeitig zu erfassen
4 neurokutane Melanose: leptomeningeale Aussaat von Nävuszellen mit
der Gefahr der spinalen Kompression und der Erhöhung des Hirn-
drucks; tritt besonders bei großen und Riesennävi auf, die die Mittellinie
der Körperachse überschreiten
258 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen Diagnostik


4 regelmäßige klinische Kontrollen und Verlaufsdokumentation größerer
Nävi mittels Photodokumentation und Auflichtmikroskopie
4 Anleitung der Eltern zur sorgfältigen Beobachtung
4 bei klinischen Veränderungen Exzisionsbiopsie und histologische
Untersuchung
4 bei Verdacht auf leptomeningeale Beteiligung frühzeitige MRT-
Diagnostik
24
Therapie
4 Ziele: Melanomprophylaxe und ästhetische Verbesserung
4 kleine und mittelgroße kongenitale Nävi: Exzision, ggf. seriell
4 große und Riesennävi: möglichst frühzeitige Exzision bzw. Teilexzision;
bei nicht exzidierbaren Läsionen Dermabrasio in den ersten 3 Lebens-
monaten

Naevus spilus
4 Synonym: Kiebitzeinävus
4 kongenitaler Café-au-lait-ähnlicher Fleck, in dem sich eingesprenkelt
kleine melanozytäre Nävi oder Lentigines finden

Klinik
4 scharf und oftmals unregelmäßig begrenzte, bis zu mehrere Zentimeter
große hellbraune Makula mit kleinen dunkleren Einsprengseln (»wie
die Schale eines Kiebitzeis«)

Therapie
4 nicht erforderlich
4 extrem selten Melanomentstehung

Melanozytärer Nävuszellnävus (NZN)


4 Entwicklung bei jedem hellhäutigen Menschen
4 entstehen aus Neuroblasten, die aus der Neuralleiste in Richtung
Epidermis migrieren; in der Epidermis formieren die Nävuszellen junk-
tionale Nävi, später migrieren sie in die Dermis und bilden Compound-
Nävi, nach vollständigem Verschwinden der Nävuszellen aus der
Epidermis liegen dermale Nävi vor
4 maximale Anzahl der Nävi wird in der 2./3. Lebensdekade erreicht,
dann Rückbildung
4 Anzahl: »wenig«: <20 Nävi, »normal«: 20–40 Nävi; »viel«: >40 Nävi
4 Zusammenhang mit UV-Exposition

Klinik
4 intraepidermale (junktionale) Nävi
5 zunächst homogen pigmentierte Makula, bei zunehmender Zahl
der Nävuszellen Papel
5 meist dunkel pigmentiert, da Pigment oberflächlich gelegen
24.9 · Lentigines und melanozytäre Nävuszellnävi
259 24

4 Compound-Nävi Eigene Notizen


5 Nävuszellen auch im oberen Korium
4 dermale Nävi
5 entstehen nach Rückbildung der epidermalen Komponente
5 oft Reduktion oder Verlust der Pigmentierung
4 Sonderform papillomatöser Nävuszellnäus
5 pigmentierte Papel mit papillomatöser oder verruköser Oberfläche
4 Sonderform Spindelzellnävus (Spitz-Nävus)
5 2 mm bis 2 cm großer, hellroter, halbkugeliger Tumor insbesondere
im Gesicht von Kindern/Jugendlichen mit raschem Wachstum
5 pigmentierte Variante = pigmentierter Spindelzelltumor (Reed-
Nävus)
5 Therapie: Exzision, wobei die histologische Abgrenzung vom
malignen Melanom mitunter schwierig ist

Therapie
4 Anleitung zur Selbstkontrolle (ABCDE-Regel, s. unten)
4 bei multiplen Nävi und insbesondere atypischen Nävi (s. unten) regel-
mäßige klinische Kontrollen incl. Auflichtmikroskopie und ggf. compu-
tergestützter Photodokumentation

Halo-Nävus
4 Synonym: Sutton-Nävus
4 melanozytärer Nävus mit umgebender Depigmentierung (»perinävoide
Vitiligo«), die durch eine Immunreaktion gegen Nävuszellen bzw.
Melanozyten hervorgerufen wird
4 Auftreten besonders im 2. Lebensjahrzehnt
4 oftmals vollständige Regression des Nävus (mit histologisch dichtem
lymphozytären Infiltrat) mit nachfolgend sukzessiver Repigmentierung

> Memo Halo-Nävi treten auch bei regressiven Melanomen auf, daher
dermatologische Ganzkörperuntersuchung und regelmäßige klinische
Kontrollen erforderlich.

Atypischer Nävus
4 Synonym: dysplastischer Nävus
4 durch unregelmäßige Begrenzung und Pigmentierung, überdurch-
schnittliche Größe und histologische Auffälligkeiten gekennzeichneter
melanozytärer Nävus
4 Auftreten meist nach der Pubertät
4 erhöhtes Risiko für Melanome, das mit der individuellen Anzahl und
der familiären Häufung atypischer Nävuszellnävi korreliert

Klinik
4 Unterscheidungsmerkmale zu gewöhnlichen erworbenen melano-
zytären Nävi:
5 >5 mm Durchmesser
5 unregelmäßige und unscharfe Begrenzung, asymmetrische Struktur
260 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 5 unterschiedliche Pigmentierung innerhalb einer Läsion


5 erhabenes Zentrum bei flacher Peripherie (»spiegeleiartig«); rein
makulöse Formen sind klinisch schwierig von initialem malignem
Melanom abzugrenzen
5 Auftreten meist am Stamm

Therapie
4 Anleitung zur Selbstkontrolle (ABCDE-Regel, s. unten)
24 4 Meidung intensiver UV-Exposition und Lichtschutz
4 6- bis 12-monatige klinische Kontrollen incl. Auflichtmikroskopie und
computergestützter Photodokumentation
4 Familienuntersuchung (zumindest Verwandte 1. Grades)
4 Exzision suspekter Nävi, insbesondere auch zur Abgrenzung von
Melanomen

Blauer Nävus
4 Synonym: Naevus coeruleus, Naevus bleu
4 umschriebene Ansammlung pigmentierter Melanozyten in der
Dermis

Klinik
4 meist flacher, etwa linsengroßer Fleck oder Knoten von blaugrauer
Farbe (Farbe erklärt sich aus der tiefen Lokalisation des Pigments =
Tyndall-Effekt)

Differenzialdiagnosen
4 malignes Melanom
4 Melanommetastase
4 pigmentiertes Dermafibrom

Therapie
4 nur bei Melanomverdacht Exzision

24.10 Malignes Melanom

4 maligner Tumor der Melanozyten


4 Inzidenz in Mitteleuropa 15–20/105 Einwohner/Jahr
4 Entwicklung von Metastasen in ca. 20% der Fälle

Ätiologie
4 genetische Disposition: familiäre Häufung von Melanomen z. B. bei
Mutationen im CDKN2A-Gen
4 somatische Mutationen in Genen von Schlüsselkomponenten ver-
schiedener intrazellulärer Signalwege (BRAF, NRAS u. a.)
4 weitere Risikofaktoren:
5 >50 melanozytäre Nävuszellnävi
5 atypische Nävuszellnävi
24.10 · Malignes Melanom
261 24

5 exzessive UV-Exposition besonders vor dem 20. Lebensjahr Eigene Notizen


5 heller Hauttyp (Hauttyp I und II)
5 vorangegangene Melanome (Zweittumoren)
5 DNA-Reparaturdefekte (z. B. Xeroderma pigmentosum)

Klinik (. Abb. 36, Farbteil)


wichtige Subtypen aus klinisch-histologischer Sicht:
4 superfiziell spreitendes Melanom (SSM)
5 häufigster Typ (60–70%), meist diagnostiziert zwischen 30.–60. Le-
bensjahr
5 kann sich de novo oder auf vorbestehenden Nävi entwickeln
5 anfangs horizontales (radiales), auf die Epidermis beschränktes
Wachstum, später vertikales Wachstum mit Einbruch in die Der-
mis
5 unregelmäßig pigmentiert, unscharf und polyzyklisch begrenz-
te Makulae/Plaques meist >5 mm, ggf. sekundär knotiges Wachs-
tum
5 häufig hellere Regressionszonen, die eine Immunreaktion des Orga-
nismus gegen Tumorzellen widerspiegeln
5 Prädilektionsstellen: bei Männern meist Rumpf, bei Frauen untere
Extremitäten
5 Differenzialdiagnosen: atypische Nävuszellnävi, Spitz-Nävus,
seborrhoische Keratose, pigmentierter M. Bowen, pigmentiertes
Basalzellkarzinom
4 noduläres Melanom (NM)
5 ca. 15–30% aller Melanome, meist zwischen 50.–60. Lebensjahr
diagnostiziert
5 dunkelbraun-schwarzer oder bläulicher, gelegentlich auch amelano-
tischer Knoten, oft erodiert
5 tendiert zu raschem vertikalen Wachstum
5 Differenzialdiagnosen: irritierte seborrhoische Keratose, Poro-
karzinom, thrombosiertes seniles Angiom, Granuloma teleangi-
ectaticum, pigmentiertes Basalzellkarzinom, Angiokeratom
4 Lentigo-maligna-Melanom (LMM)
5 ca. 10% aller Melanome; besonders jenseits des 60. Lebensjahrs an
chronisch UV-exponierter Haut auftretend
5 unregelmäßig pigmentierte, unscharf begrenzte Makula bzw. Plaque
mit langsamem bzw. erst spätem invasivem Wachstum
5 Differenzialdiagnosen: Lentigo maligna (= In-situ-Melanom, auf
die Epidermis beschränkt), Lentigo solaris, aktinische Keratose
4 akrolentiginöses Melanom (ALM)
5 ca. 5–10% aller Melanome; Auftreten meist jenseits des 60. Lebens-
jahrs an Handinnenflächen und Fußsohlen bzw. in Nachbarschaft
zu Finger- und Fußnägeln
5 häufigster Melanomtyp bei Schwarzen und Asiaten
5 subunguale Melanome zeigen oft eine Pigmentierung der paraun-
gualen Haut = Hutchinson-Zeichen
5 Differenzialdiagnosen: subunguales Hämatom, Glomustumor
262 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 4 weitere Melanomvarianten


5 amelanotische Melanome: Melanome ohne klinisch erkennbare
Pigmentierung; alle 4 o. g. Melanomtypen können als amelanotische
Varianten auftreten
5 Schleimhautmelanome: an Mund-, Tracheal-, Pharyngeal-, Genital-
oder Anrorektalschleimhaut (<4% aller Melanome)
5 okuläre Melanome: entstehen an den Konjunktiven oder der Uvea
(Aderhautmelanome)
24 5 okkulte Melanome: Primärtumor nicht (mehr) nachweisbar,
klinische Erstmanifestation durch Metastasen

Diagnostik
4 ABCDE-Regel zur klinisch-makroskopischen Einschätzung:
5 Asymmetrie
5 Begrenzung: polyzyklisch, unscharf – Ausbreitung von Tumorzellen
innerhalb der Epidermis
5 Colour: unterschiedliche Pigmentierung
5 Durchmesser: >5 mm
5 Erhabenheit und rasche Größenzunahme (Enlargement)
4 Dermatoskopie
5 zur Abgrenzung von nichtmelanozytären Läsionen bzw. melano-
zytären Nävuszellnävi
5 auf ein Melanom hinweisen können:
J irreguläres Pigmentnetz
J irreguläre und radiäre Ausläufer, Pseudopodien
J »black dots« besonders in der Tumorperipherie
J grau-blaue Areale (Regressionszonen)
4 ggf. hochauflösender Ultraschall (20–50 MHz): zur orientierenden
präoperativen Bestimmung der Tumordicke
4 Labor (insbesondere LDH und Protein S100β im Serum als wichtige
Tumormarker)
4 Histologie und Immunhistologie
5 asymmetrische und irreguläre Nester atypischer Melanozyten (irre-
guläre Zellkerne unterschiedlicher Größe, prominente Nucleoli),
Melanozyten in höheren Lagen der Epidermis, fehlende Reifung zur
Tiefe hin, basisnahe Mitosen
5 zur Erkennung von Zellen melanozytären Ursprungs immunhistolo-
gische Färbung gegen melanozytäre Antigene: gp100/HMB45, Melan-
A/MART-1, S100 (wird auch von Langerhanszellen exprimiert)
5 histologische Prognoseparameter des Primärmelanoms: Tumor-
dicke in mm (≤1mm: »low risk«, >1 mm: »high risk«), Ulzeration,
Mitoserate (Mitosen/mm2)
4 Sentinel-Lymphknotenbiopsie
5 Entnahme und (immun-)histologische Untersuchung des ersten
drainierenden Lymphknotens
5 erfolgt i. d. R. ab einer Tumordicke >1 mm
24.10 · Malignes Melanom
263 24

5 > Memo Der Befall mit Mikro- oder Makrometastasen ist ein Eigene Notizen
wichtiger prognostischer Parameter und bestimmt die weitere
Therapie (Lymphknotendissektion, adjuvante Therapie).
4 Ausbreitungsdiagnostik: Röntgen-Thorax, Lymphknoten- und Abdo-
mensonographie; ggf. CT, MRT bzw. PET; Skelettszintigraphie
4 nach Vorliegen der o. g. Diagnostik erfolgt Eingruppierung hinsichtlich
des Stadiums nach der AJCC-Klassifikation (2009):
5 Stadium 0: Melanoma in situ (auf das epidermale Kompartiment
beschränkt)
5 Stadium I und II: Primärmelanome, Unterteilung in Abhängigkeit
von zunehmender Tumordicke, Mitoserate, Vorhandensein einer
Ulzeration
5 Stadium III: zusätzlich Lymphknotenmetastasen, Satelliten- (weni-
ger als 2 cm vom Primärtumor entfernt) oder In-transit-Metastasen
(mehr als 2 cm vom Primärtumor entfernt, aber vor dem drainie-
renden regionalen Lymphknoten)
5 Stadium IV: Fernmetastasen (hämatogen vor allem in Lungen,
Leber, ZNS und Knochen)

Therapie
4 Exzision des Primärtumors mit festgelegten Sicherheitsabständen:
5 In-situ-Melanom: 0,5 cm
5 Tumordicke <2 mm: 1 cm
5 Tumordicke ≥2 mm: 2 cm
4 bei Nachweis einer Metastasierung im Sentinellymphknoten: operative
Ausräumung der entsprechenden Lymphknotenstation
4 In-transit- bzw. Satellitenmetastasen: Exzision; ggf. Zytostatikaperfusion
bei Lokalisation an Extremitäten, Radiatio, intraläsionales Interleukin-2
oder topisches Imiquimod
4 adjuvante Therapie zur Elimination klinisch inapparenter Mikrometa-
stasen: Interferon-α2 nach Niedrigdosisschema ab einer Tumordicke
von 1,5–2,0 mm; nach Hochdosisschema bei nachgewiesener Lymph-
knotenmetastasierung nach Resektion
4 In-transit-/Satellitenmetastasen: Exzision, hypertherme Zytostatikaper-
fusion
4 Fernmetastasen: Exzision solitärer Metastasen, Radiatio (insbesondere
bei Knochen- und ZNS-Metastasen), Chemotherapie (Dacarbazin, Te-
mozolomid, Cisplatin, Taxol, Fotemustin u. a. m.); Vakzinierungsthera-
pien (im Rahmen klinischer Studien); sog. »targeted therapies« mit
BRAF-Inhibitoren oder immunologisch interferierenden Antikörpern
(gegen CTLA4 = Ipilimumab) zeigten jüngst vielversprechende Thera-
pieerfolge

Prognose
4 5-Jahres-Überlebensraten im Stadium I >90%, im Stadium IV ca. 10%
4 regelmäßige Nachsorge in Abhängigkeit vom Stadium
264 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 24.11 Tumoren der Gefäße

4 gutartige, intermediäre (Hämangioendotheliome) oder bösartige


Tumoren (Angiosarkome) der Gefäße

24.11.1 Infantiles Hämangiom

24 4 Synonym: Säuglingshämangiom
4 gutartiger kapillärer Gefäßtumor bei Neugeborenen und Säuglingen
4 Prävalenz: ca. 5%
4 häufiger bei Frühgeborenen
4 häufiger bei Mädchen
4 in 20% der Fälle Auftreten multipler Hämangiome (mit erhöhtem Risiko
viszeraler Beteiligung)
4 immunphänotypische Ähnlichkeit mit vaskulärem Plazentagewebe
4 vermutet wird Triggerung durch peripartale Hypoxie

Klinik
4 entstehen meist in den ersten Lebenswochen
4 oberflächliche Hämangiome: hellrot; subkutane Hämangiome: blaues
oder reguläres Hautkolorit
4 Prädilektionsstellen: Gesicht und Kapillitium, oft entlang embryonal-
fazialer Verschlusslinien
4 phasenartiger Verlauf
5 Initialphase: rosa- bis pinkfarbene Makula
5 Phase raschen Wachstums: im Vergleich zum Körperwachstum
überproportionale Größenzunahme – gummiartige Knoten mit
glatter oder gelappter Oberfläche
5 stationäre Phase
5 Regressionsphase: beginnt meist im 2. Lebensjahr und erstreckt
sich über mehrere Jahre; es verbleiben häufig fibrotische Rest-
zustände
4 Komplikationen
5 Verdrängungssymptome durch Expansion ( ! Cave Bei Lokalisati-
on im Bereich von Auge, Nase, Mund, Ohr!)
5 viszerale/zerebrale Organfunktionsstörungen
5 Ulzeration mit nachfolgender Infektion
5 bei großen Hämangiomen Herzinsuffizienz, Verbrauchskoagulopa-
thie (Kasabach-Merritt-Syndrom)

Diagnostik
4 anfänglich engmaschige klinische Kontrollen zur Abschätzung der
Wachstumstendenz
4 Duplexsonographie zur Abgrenzung venöser Malformationen (z. B.
venöses Angiom, AV-Fistel)
4 bei multiplen Hämangiomen Ausschluss weiterer Symptome, insbeson-
dere viszeraler Beteiligung
24.11 · Tumoren der Gefäße
265 24
Differenzialdiagnosen Eigene Notizen
4 in der Initialphase: Naevus flammeus
4 vaskuläre Malformationen
4 andere Weichteiltumoren (insbesondere bei subkutanen Formen)

Therapie
4 wegen des phasenhaften Verlaufs mit Regression ist eine Therapie in der
Mehrzahl der Fälle kleiner Hämangiome nicht erforderlich
4 relative Indikation zur Therapie bei kosmetischer Beeinträchtigung mit
drohender psychosozialer Stigmatisierung
4 dringende Indikation bei größeren Hämangiomen mit Gefahr der Vo-
lumenbelastung sowie bei drohender Verdrängungssymptomatik und
Obstruktion
4 Therapieoptionen
5 Kontaktkryotherapie (begrenzte Eindringtiefe)
5 Lasertherapie (insbes. gepulster Farbstofflaser bei oberflächlichen,
Nd:Yag-Laser bei tieferen Läsionen)
5 Sklerosierung
5 Exzision
5 oral verabreichter β-Blocker Propranolol (off-label)
5 systemische Glukokortikosteroide
5 läsional appliziertes Interferon-α

24.11.2 Seniles Angiom

4 in der 2. Lebenshälfte auftretende kleine kapilläre Hämangiome

Klinik
4 meist am Stamm kleine violettrote Makulae oder Papeln

Therapie
4 nicht erforderlich
4 bei kosmetischer Beeinträchtigung Behandlung mittels Laser oder Elek-
trokoagulation

24.11.3 Granuloma pyogenicum

4 Synonym: Granuloma teleangiectaticum, eruptives Angiom


4 rasch innerhalb weniger Tage aufschießendes kapilläres Angiom mit
sekundärer Entzündung
4 entwickelt sich meist nach kleineren Traumen
4 die (historisch begründete) Bezeichnung Granuloma pyogenicum ist
eigentlich irreführend, da weder die implizierte granulomatöse Entzün-
dung vorliegt noch eine Infektion ursächlich ist
266 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen Klinik


4 weiche, rote, oft von einer Kruste bedeckte Papeln oder Knötchen, mit-
unter pilzartig gestielt
4 leicht verletzlich
4 Wachstum innerhalb weniger Wochen bis etwa 1 cm Durchmesser
4 Prädilektionsstellen: Finger, Handflächen, Gesicht, Kopfhaut, Gingiva
4 selten Spontanregression (außer Gingiva)

24 Differenzialdiagnosen
4 amelanotisches Melanom
4 ulzerierte Tumoren bzw. Metastasen
4 Granulationsgewebe
4 bazilläre Angiomatose
4 > Memo Zur Abgrenzung der o. g. Differenzialdiagnosen ist eine
histologische Untersuchung unabdingbar.

Therapie
4 vorzugsweise Exzision
4 ggf. Laser- oder Kryotherapie; elektrokaustische Abtragung

24.11.4 Kaposi-Sarkom

4 vaskuläre, häufig multifokal auftretende Erkrankung mit neoplastischer


Hyperplasie der Endothelzellen, die durch das humane Herpes-Virus 8
(HHV8) hervorgerufen wird
4 4 klinische Varianten:
5 klassisches Kaposi-Sarkom, vorzugsweise bei älteren Männern
mediterraner oder jüdischer Herkunft
5 endemisches afrikanisches Kaposi-Sarkom, vermutlich HIV-asso-
ziiert
5 iatrogenes Kaposi-Sarkom, bei Immunsupprimierten z. B. nach
Organtransplantation auftretend
5 HIV-assoziiertes Kaposi-Sarkom, insbesondere bei männlichen
homosexuellen AIDS-Patienten mit erniedrigter Zahl CD4-posi-
tiver T-Lymphozyten (7 Kap. 20)

Klinik
4 bläulich-rötliche bis bräunliche Maculae, aus denen sich Plaques,
Knoten und Tumoren entwickeln
4 anfänglich unilaterales Auftreten, später multifokale Dissemination
4 Regression einzelner Läsionen möglich, selten Ulzeration
4 Prädilektionsstellen: beim klassischen Kaposi-Sarkom meist untere
Extremitäten; beim HIV-assoziierten Kaposi-Sarkom vielfältige Erschei-
nungsformen mit Ausbreitung häufig entlang der Blaschko-Linien
4 Organbeteiligung: Lunge, Gastrointestinaltrakt, Lymphknoten
24.11 · Tumoren der Gefäße
267 24
Diagnostik Eigene Notizen
4 Histologie: im Korium Proliferate schlitzförmiger Gefäßstrukturen,
Erythrozytenextravasate, später Dominanz spindelförmiger Zellen
4 Nachweis von HHV8-DNA mittels PCR oder In-situ-Hybridisierung
4 bildgebende Ausbreitungsdiagnostik
Therapie
4 Exzision oder Kryotherapie bei Vorliegen solitärer Läsionen
4 Radiatio bei multifokalem kutanem Befall (das Kaposi-Sarkom ist sehr
radiosensitiv!)
4 systemische (Chemo-)Therapie bei rasch progressivem Verlauf bzw. bei
viszeralem Befall (liposomale Anthrazykline [Doxorubicin, Daunoru-
bicin]; Paclitaxel; Interferon-α; in Erprobung: antiangiogenetische The-
rapien und Kinaseinhibitoren [Imatinib])
4 bei HIV-assoziiertem Kaposi-Sarkom zunächst antivirale Therapie
(HAART)
4 bei Patienten mit iatrogenem Kaposi-Sarkom führt eine Reduktion der
Immunsuppression oft zur Besserung

24.11.5 Angiosarkom

4 seltene maligne Neoplasie der Endothelzellen, die weniger als 2% aller


Sarkome ausmacht
4 Auftreten bei älteren Menschen (höchste Inzidenz jenseits des 70. Le-
bensjahres)
4 mögliche Auslöser: ionisierende Strahlen, chemische Karzinogene, Im-
munsuppression; auf dem Boden chronischer Lymphödeme z. B. nach
axillärer Lymphknotendissektion bzw. Bestrahlung bei Mammakarzi-
nom = Stewart-Treves-Syndrom
Klinik
4 zunächst lividrote Makula mit rascher peripherer Ausbreitung, ggf. Ent-
wicklung von Knoten
4 Prädilektionsstellen: Kapillitium, Stirn, Zentrofazialregion
Differenzialdiagnosen
4 Hämatom
4 benigne Gefäßproliferationen (Lymphangiomatose)
4 Kaposi-Sarkom
4 Metastasen bei Mammakarzinom (im Falle des Stewart-Treves-
Syndroms)
Therapie
4 mikrographisch kontrollierte Exzision mit weitem Sicherheitsabstand
4 adjuvante Bestrahlungstherapie mit Sicherheitsabstand
4 palliativ: Chemotherapie (mit liposomalen Anthrazyklinen, Paclitaxel),
Strahlentherapie
4 schlechte Prognose (5-Jahres-Überlebensrate <10%)
268 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 24.12 Tumoren des Binde- und Fettgewebes

24.12.1 Histiozytom

4 Synonym: Dermatofibrom
4 vermutlich reaktive Proliferation dermaler Fibroblasten z. B. nach In-
sektenstich

24 Klinik
4 meist an den Unterschenkeln lokalisierte derbe Papel, die bei seitlichem
Druck unter Hinterlassung einer Delle in die Tiefe absinkt
4 Papel tastet sich größer als klinisch vermutet (»Eisbergphänomen«)
Therapie
4 nicht erforderlich

24.12.2 Fibroma molle

4 Synonym: Fibroma pendulans


4 sackartige Ausstülpung von Dermis und Epidermis
Klinik
4 hautfarbene Papel, mitunter gestielt (= Fibroma pendulans)
Therapie
4 nicht erforderlich; ggf. Entfernung mittels Scherenschlag

24.12.3 Dermatofibrosarcoma protuberans

4 seltener, lokal aggressiv wachsender Tumor mit fibrozytärer Differen-


zierung
4 häufigstes Sarkom der Haut
4 Metastasierung extrem selten
Klinik
4 langsam wachsende, derbe, plattenartige, hautfarben bis rötliche
Tumoren
Diagnostik
4 Histologie: Proliferate hochdifferenzierter Fibroblasten
4 immunhistologisch CD34+
Therapie
4 Exzision mit großem Sicherheitsabstand
4 in inoperablen Fällen Therapieversuch mit dem Kinaseinhibitor Ima-
tinib (blockiert den Rezeptor für den Wachstumsfaktor PDGF-E, wel-
cher beim Dermatofibrosarcoma protuberans durch Bildung eines
Fusionsgens aus Kollagen-1A1 und PDGF-E konstitutiv aktiv ist und
Tumorzellen autokrin stimuliert)
24.13 · Primär kutane Lymphome
269 24
24.12.4 Lipom Eigene Notizen

4 sehr häufiger, gutartiger Tumor aus reifem Fettgewebe


4 meist ab 3. Lebensjahrzehnt
4 gelegentlich familiär auftretend (familiäre multiple Lipome)

Klinik
4 weich palpabler subkutaner Tumor
4 Angiolipom: gefäßreiches Lipom, oft schmerzhaft
4 Lipomatose: Auftreten multipler Lipome

Differenzialdiagnosen
4 Zysten
4 Fibrome
4 subkutane Metastasen
4 Liposarkom

Therapie
4 Exzision bei Schmerzhaftigkeit, mechanischer oder kosmetischer Be-
einträchtigung

24.13 Primär kutane Lymphome

4 Non-Hodgkin-Lymphome der Haut, bei denen bei Diagnosestellung


ein Befall innerer Organe nicht nachzuweisen ist
4 in ca. 75% der Fälle von T-Lymphozyten ausgehend
4 insgesamt niedrige Inzidenz und relativ gute Prognose (. Tabelle)
4 Auftreten im höheren Lebensalter

Primär kutane Lymphome (Auszug aus WHO-EORTC-Klassifikation)

Typ Relative 5-Jahres-


Häufigkeit Überlebens-
rate

T-Zell- indolent Mycosis fungoides 44% 88%


Lym- (niedrig
phome maligne) lymphomatoide 12% 100%
Papulose

CD30-positives groß- 8% 95%


zelliges Lymphom

aggressiv Sézary-Syndrom 3% 24%

B-Zell- indolent Follikuläres Keim- 11% 95%


Lym- (niedrig zentrumslymphom
phome maligne)
Marginalzonenlymphom 7% 99%

inter- großzelliges B-Zell- 4% 55%


mediär Lymphom der unteren
Extremität (»leg type«)
270 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 24.13.1 Mycosis fungoides

4 häufigste Form des primär kutanen T-Zell-Lymphoms


4 charakterisiert durch kleine bis mittelgroße T-Lymphozyten mit zere-
briformen Zellkernen, die zur Absiedlung in die Epidermis neigen
4 Häufigkeitsgipfel jenseits des 50. Lebensjahres
4 Männer fast doppelt so häufig wie Frauen betroffen

24 Klinik
4 klassischer Verlauf nach Alibert-Bazin: anfangs »patches« (. Abb. 37,
Farbteil), dann Plaques und schließlich Tumoren; auch Nebeneinander
verschiedener Stadien möglich
5 Patch-Stadium (= »Ekzem«-Stadium, »prämykosides« Stadium):
atrophe, mitunter zigarettenpapierartig gefältelt wirkende, rötliche
Makulae mit diskreter, feinlamellöser Schuppung
5 Plaque-Stadium: infiltrierte, rötliche Plaques mit Schuppung
5 Tumor-Stadium: Knoten, die bei längerer Bestandsdauer zur Ulze-
ration neigen
4 Juckreiz variablen Ausmaßes
4 unspezifische Lymphknotenschwellungen möglich (dermatopathische
Lymphknoten = vergrößerte Lymphknoten, die bei histologischer Un-
tersuchung keine Infiltrate neoplastischer Lymphozyten zeigen)
4 in Spätstadien der Erkrankung Infiltration von Lymphknoten und vis-
zeralen Organe möglich

Diagnostik
4 Histologie: atypische Lymphozyten in bandförmiger Verteilung in der
Dermis mit Befall der Epidermis (Epidermotropismus = Tendenz der
neoplastischen Lymphozyten, in die Epidermis zu migrieren); gele-
gentlich Formation von Aggregaten atypischer Lymphozyten in der
Epidermis (= Pautrier-Mikroabszesse); Charakterisierung des T-Zell-
Infiltrats mittels Immunhistologie (neoplastische Zellen sind CD3+,
CD4+, CD8-); die Klonalität der neoplastischen T-Lymphozyten lässt
sich mittels des sog. T-Zell-Rezeptor-Rearrangements molekularbiolo-
gisch nachweisen
4 Labor: mitunter Eosinophilie und Erhöhung von LDH und β2-Mikro-
globulin
4 bildgebende Diagnostik: Röntgen-Thorax, Abdomensonographie und
Sonographie der zervikalen, axillären und inguinalen Lymphknoten; in
fortgeschrittenen Stadien MRT bzw. CT

Differenzialdiagnosen
4 Parapsoriasis en plaques
5 chronisch verlaufende Hauterkrankung, die klinisch dem Patch-
Stadium der Mycosis fungoides ähnelt
5 je nach Größe der Einzelläsion spricht man von Parapsoriasis en
petits plaques (<5 cm) oder Parapsoriasis en grands plaques
(>5 cm)
24.13 · Primär kutane Lymphome
271 24

5 letztere kann in eine Mycosis fungoides übergehen und stellt biolo- Eigene Notizen
gisch vermutlich eine Form des Patch-Stadiums der Mycosis fungo-
ides dar
4 Ekzeme (insbesondere atopisches Ekzem)
4 Psoriasis vulgaris
4 Tinea corporis

Therapie
4 phasenabhängig
5 in Frühstadien superpotente topische Steroide (Clobetasol); Photo-
therapie (Bade-PUVA, orale PUVA, UVA1-Therapie), ggf. in Kom-
bination mit Retinoiden (Bexaroten, Acitretin) oder Interferon-α
5 in fortgeschrittenen Stadien Radiatio (schnelle Elektronen), Metho-
trexat; bei viszeralem Befall (Poly-)Chemotherapie mit CHOP oder
Doxorubicin
4 Prognose im Allgemeinen recht gut

24.13.2 Sézary-Syndrom

4 seltene Form des kutanen T-Zell-Lymphoms


4 durch Erythrodermie, generalisierte Lymphadenopathie und leu-
kämische Aussaat neoplastischer T-Lymphozyten (Sézary-Zellen mit
zerebriformem Zellkern) in Haut, Lymphknoten und peripherem Blut
charakterisiert

Klinik
4 Erythrodermie mit ausgeprägter Schuppung, Erosionen und Lichenifi-
kationen
4 palmoplantare Hyperkeratosen
4 Onychodystrophie und Alopezie wechselnden Ausmaßes
4 massiv ausgeprägter Juckreiz
4 generalisierte Lymphadenopathie

Diagnostik
4 Histologie ähnlich wie bei Mycosis fungoides, jedoch monotoneres In-
filtrat und weniger ausgeprägter Epidermotropismus
4 definitionsgemäß finden sich im peripheren Blut mindestens 1000 Sé-
zary-Zellen/μl und eine CD4/CD8-Ratio >10; Phänotyp: CD3+, CD4+,
CD8-, CD7-

Differenzialdiagnosen
4 andere erythrodermatische Hauterkrankungen (atopisches Ekzem, Pso-
riasis, Pityriasis rubra pilaris, Arzneimittelreaktionen u. a. m.)

Therapie
4 extrakorporale Photopherese (ECP), ggf. in Kombination mit Interferon-
α; PUVA; Methotrexat; Chlorambucil in Kombination mit Prednison
4 Prognose deutlich schlechter als bei Mycosis fungoides
272 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 24.13.3 Primär kutane B-Zell-Lymphome

4 seltene Formen primär kutaner Lymphome, denen eine Entartung der


B-Lymphozyten zugrunde liegt
4 Formen:
5 Keimzentrumslymphom: solitär oder multipel auftretende Papeln,
Plaques oder Knoten, vorzugsweise an den Extremitäten
5 Marginalzonenlymphom: solitär oder gruppiert auftretende Knoten
24 vorzugsweise an Kopf und Stamm
5 großzelliges B-Zell-Lymphom der unteren Extremität (»leg type«):
vorzugsweise an der unteren Extremität auftretende rötlich-bräun-
liche, rasch wachsende Knoten, die zur Ulzeration und extrakuta-
nen Aussaat neigen
4 > Memo Im Gegensatz zur Mycosis fungoides zeigen die primär
kutanen B-Zell-Lymphome eine glatte, nicht schuppende Oberfläche.

Diagnostik
4 Histologie, Immunhistologie und Nachweis der Klonalität sichern die
Diagnose
4 LDH, Serumelektrophorese und Immunfixation
4 zusätzlich Knochenmarksbiopsie und bildgebende Ausbreitungs-
diagnostik

Therapie
4 Exzision im Falle solitärer oder weniger Knoten
4 Radiatio
4 Rituximab (Antikörper gegen das B-Zell-Antigen CD20, das bei vielen
B-Zell-Lymphomen exprimiert wird)
4 Polychemotherapie
4 gute Prognose bei Keimzentrums- und Marginalzonenlymphom,
deutlich schlechtere Prognose bei großzelligem B-Zell-Lymphom der
unteren Extremität

24.13.4 Pseudolymphome

4 reaktive Infiltrate von B- oder T-Lymphozyten, die klinisch und histo-


logisch ein (malignes) Lymphom imitieren können
4 Formen:
5 Lymphadenosis cutis benigna, auftretend nach Borrelieninfektion
(7 Kap. 20)
5 persistierende Arthropodenreaktion, z. B. nach vorausgegangenem
Insektenstich
5 medikamentenassoziierte Pseudolymphome (z. B. durch Antikon-
vulsiva)
5 »lymphocytic infiltration« Jessner-Kanof (vermutlich assoziiert mit
Lupus erythematodes)
24.14 · Mastozytosen
273 24
Diagnostik Eigene Notizen
4 Pseudolymphome zeigen klinisch und histologisch meist symme-
trischen Aufbau der Einzeleffloreszenz; Auftreten zumeist im Kopf- und
Brustbereich
4 Histologie und Immunhistologie

Therapie
4 Behandlung der Grundkrankheit
4 Absetzen verdächtiger Medikamente
4 ggf. antibiotische Behandlung
4 ggf. topische Glukokortikoide

24.14 Mastozytosen

4 heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine Vermehrung der


Mastzellen gekennzeichnet ist
4 Manifestation meist im Kindesalter
4 Mastzellen gehen aus CD34-positiven pluripotenten Vorläuferzellen des
Knochenmarks hervor und migrieren ins Gewebe.
4 bei einem Teil besonders der adulten Mastozytosen finden sich Mutati-
onen (insbesondere D816V) im c-kit-Gen, das die Rezeptor-Tyrosin-
kinase KIT (CD117) kodiert; es resultiert eine konstitutive Aktivierung
des Rezeptors mit überschießender Mastzellproliferation
4 auch Melanozyten exprimieren KIT; die Aktivierung des Rezeptors
führt u. a. zur vermehrten Melaninproduktion, die klinisch als Hyper-
pigmentierung wahrnehmbar ist
4 Mastzellen setzen Histamin, Tryptase, Eicosanoide und Zytokine frei,
die die klinische Symptomatik (Urticae, Pruritus, Flush, Schwindel,
Palpitationen, Schwitzen, Gewichtsverlust, Diarrhö etc.) erklären
4 Klassifikation der Mastozytosen:
5 indolente Mastozytosen
5 Mastozytosen mit assoziierten hämatologischen Erkrankungen
5 aggressive systemische Mastozytosen
5 Mastzellleukämie
4 Die weitaus größte Zahl der kutanen Mastozytosen ist den indolenten
Formen zuzuordnen; aber auch die aggressiveren Formen können
mit Hautsymptomen einer Urticaria pigmentosa (s. unten) einher-
gehen

Diagnostik
4 Darier-Zeichen: wichtiges klinisches Zeichen, dass die Auslösung einer
urtikariellen Reaktion nach Reiben der Haut beschreibt
4 bei disseminierten Formen Bestimmung der Serum-Tryptase als Maß
für die Mastzell-Last
4 Histologie: Vermehrung unreifer Mastzellen in der Dermis (Giemsa-
Färbung)
274 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 24.14.1 Mastozytom

4 lokalisierte Vermehrung unreifer Mastzellen in der Dermis


4 bereits bei Geburt vorhanden oder Entwicklung in den ersten Lebens-
wochen
4 spontane Rückbildung möglich

Klinik
24 4 solitäre oder multiple rötlich-braune Plaques oder Knoten
4 Darier-Zeichen häufig positiv
4 selten Blasenbildung nach exogener Reizung

Differenzialdiagnosen
4 juveniles Xanthogranulom
4 Pseudolymphom
4 Arthropodenreaktion

Therapie
4 spontane Rückbildung bis zur Pubertät abwarten
4 ggf. Exzision

24.14.2 Urticaria pigmentosa

4 disseminierte Aussaat fokal vermehrter Mastzellen


4 bei der adulten Form liegt häufig eine Mutation im c-kit-Gen zu-
grunde
4 juvenile Form tendiert im Gegensatz zur adulten Form zur spontanen
Remission

Klinik
4 bräunliche, meist disseminiert in konfettiartiger Verteilung auftretende
1–5 mm große Makulae oder Papeln
4 Schweregrad und Ausdehnung variabel
4 Darier-Zeichen positiv
4 ! Cave Gefahr der Mediatorenfreisetzung (insbesondere Histamin)
bei Provokation (z. B. heißes Bad, Abreiben der Haut). Es kommt zu
Symptomen der anaphylaktischen Reaktion (RR-Abfall, Tachykardie).
4 Sonderform mit prominenten Teleangiektasien: Teleangiectasia macu-
laris eruptiva perstans, tritt bei Erwachsenen auf

Differenzialdiagnosen
4 systemische Formen der Mastozytose mit extrakutanen Manifestati-
onen im Gastrointestinaltrakt (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö), Hepato-
megalie, Splenomegalie, Lymphadenopathie (hohe Serum-Tryptase,
Knochenmarksbiopsie)
4 Langerhanszell-Histiozytose
4 kleinknotige Sarkoidose
24.15 · Kutane Paraneoplasien
275 24

4 Lues im Stadium II Eigene Notizen


4 Karzinoidsyndrom (besonders bei Flush-Symptomatik; Bestimmung
der 5-Hydroxyindolessigsäure im Urin)

Therapie
4 Vermeidung von Triggerfaktoren (mechanische Irrititation, abrupte
Temperaturänderungen, histaminfreisetzende Medikamente, histamin-
reiche Nahrungsmittel u. a. m.)
4 Antihistaminika
4 Phototherapie: PUVA bzw. UVA1 führen zur Apoptose von Mastzellen

24.15 Kutane Paraneoplasien

24.15.1 Acanthosis nigricans

4 vorzugsweise intertriginös auftretende, bräunlich-schwarze Hyper-


pigmentierung mit verrukös-papillomatöser Hyperplasie
4 Auftreten paraneoplastisch oder bei benignen Grunderkrankungen
4 paraneoplastische (»echte«) Acanthosis nigricans
5 Auftreten häufig unter Einbeziehung auch von Handinnenflächen,
Fußsohlen und Mundwinkeln
5 plötzlicher Beginn meist jenseits des 40. Lebensjahres
5 insbesondere bei gastrointestinalen Tumoren (Magenkarzinome)
5 vermutet wird, dass vom Tumor produzierte Botenstoffe wie der
»insulin-like growth factor« die Acanthosis nigricans hervorrufen
5 Rückbildung nach erfolgreicher Tumortherapie möglich
4 benigne Acanthosis nigricans
5 Manifestation insbesondere im Bereich der Intertrigines
5 bei Hyperinsulinismus und Defekten des Insulinrezeptorsignal-
wegs; als »Pseudo«-Acanthosis nigricans bei adipösen Diabetikern
auftretend
5 Auslösung auch durch Medikamente möglich (Nikotinsäure, orale
Kontrazeptiva, Insulin)

24.15.2 Weitere kutane Paraneoplasien

4 obligate Paraneoplasien
5 Akrokeratosis Basex: psoriasiforme Hyperkeratosen an Akren und
Gesicht
5 Hypertrichosis lanuginosa: plötzlich einsetzendes Wachstum von
Lanugo-Haaren
5 Erythema gyratum repens
J polyzyklisch konfigurierte, konzentrisch angeordnete Läsionen
mit rascher Wanderungstendenz
J Auftreten u. a. bei Bronchialkarzinomen
276 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut

Eigene Notizen 5 Erythema necrolyticum migrans


J polyzyklisch begrenzte, erosive, von Krusten belegte Läsionen
besonders periorifiziell
J verweisen auf glukagonproduzierende Tumoren des Pankreas
(Glukagonomsyndrom)
5 paraneoplastischer Pemphigus
J klinisch vielgestaltige Form des Pemphigus mit massiver Schleim-
hautbeteiligung und oftmals kokardenartigen Läsionen an der
24 Haut
J assoziiert insbesondere mit B-Zell-Malignomen
4 fakultative Paraneoplasien
5 Thrombophlebitis migrans: rezidivierende Thrombophlebitiden in
unterschiedlicher Lokalisation; bei Pankreas-, Magen und Bronchial-
karzinomen
5 Dermatomyositis
5 akute febrile neutrophile Dermatose (Sweet-Syndrom)
5 Pyoderma gangraenosum
25

Tag 3 – Dermatologie

25 Erkrankungen
des Pigmentsystems
A. Jung

25.1 Vitiligo – 278

25.2 Melasma (Chloasma) – 279

25.3 Postinflammatorische Hyperpigmentierungen – 280

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_25, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
278 Kapitel 25 · Erkrankungen des Pigmentsystems

Eigene Notizen 25.1 Vitiligo

4 fleckförmige Zerstörung der epidermalen Melanozyten aus nicht ab-


schließend geklärter Ursache – wahrscheinlich liegt eine Autoimmun-
reaktion zugrunde
4 in Mitteleuropa ca. 0,5%, bei dunkelhäutigen Ethnien deutlich häu-
figer
4 familiäre Häufung in ca. 30% der Fälle
4 Erkrankung lässt sich unspezifisch durch z. B. Kratzreize provozieren:
isomorpher Reizeffekt = Köbner-Phänomen
25
Klinik (. Abb. 38, Farbteil)
4 Beginn in 50% der Fälle vor dem 20. Lebensjahr
4 Ausbildung von runden bis ovalen, einigen mm bis vielen cm großen,
stark hypo- bis vollständig depigmentierten Makulae, die eine Tendenz
zur zentrifugalen Ausbreitung und Konfluenz zeigen; häufig auch
bilaterales, gleichförmiges Verteilungsmuster
4 Prädilektionsstellen
5 mechanisch belastete Körperregionen wie Hände, Füße, Ellenbogen,
Knie und Sprunggelenke
5 periorifizielle und normalerweise stärker pigmentierte Körperbe-
reiche wie Perioral-, Perianal-, Genital-, Inguinal-, Mamillen- und
Axillarregion sowie Handrücken
4 Verlauf
5 oft schleichender Beginn und langsame Ausdehnung der Makulae
5 oft jahrelang stabile Ausprägung
5 gelegentlich rasche Progredienz mit fast vollständiger Depigmentie-
rung des gesamten Integuments, wobei meist einzelne Hautareale
mit normaler Pigmentierung erhalten bleiben
5 selten Spontanremission mit vollständiger Repigmentierung
5 Haare: in den depigmentierten Makulae können sie lange Zeit nor-
mal pigmentiert bleiben; fokale Depigmentierung möglich (Polio-
sis)
4 klinische Variante: segmental konfigurierte Vitiligo
4 Assoziationen
5 Autoimmunerkrankungen wie Alopecia areata, Hashimoto-Thyre-
oiditis, perniziöse Anämie, M. Addison, Myasthenia gravis
5 Melanom
5 Halo-Nävi
5 Morphaea
5 Lichen sclerosus et atrophicus

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 Ganzkörperinspektion und Labordiagnostik zum Ausschluss assoziier-
ter Erkrankungen
4 ggf. Hautbiopsie: fehlende Melanozyten, gelegentlich diskretes lympho-
zytäres Infiltrat
25.2 · Melasma (Chloasma)
279 25
Therapie Eigene Notizen
4 bisher existiert keine zuverlässige und nebenwirkungsarme Therapie-
option
4 Camouflage = kosmetische Abdeckung der sichtbaren Vitiligo-
Läsionen
4 Lichtschutz der depigmentierten Läsionen
4 bei ausgedehntem Befall Phototherapie mit UV-B 311 nm oder (Creme-)
PUVA (zu Beginn Bräunung der periläsionalen Haut mit stärkerem
Kontrast zur depigmentierten Läsion)
4 bei begrenztem Befall topische Glukokortikoide; systemische Steroide
sind nicht angezeigt
4 Calcineurininhibitoren (wirksam insbesondere im Gesichtsbereich, off-
label)

25.2 Melasma (Chloasma)

4 relativ häufig bei jungen Frauen, selten bei Männern


4 Hormoneinflüsse aufgrund von Schwangerschaft, oralen Kontrazeptiva
oder selten hormonproduzierenden Tumoren führen zu einer gesteiger-
ten Melanogenese der Melanozyten in der Epidermis bzw. zur gesteiger-
ten Pigmentspeicherung in Makrophagen der Dermis (Melanophagen)
mit Ausbildung hyperpigmentierter Makulae, meist im Gesicht
4 das Melasma (Chloasma) lässt sich nicht ausschließlich über eine ver-
stärkte Östrogenwirkung erklären, da die Hormonersatztherapie post-
menopausaler Frauen i. d. R. nicht zum Chloasma führt
4 genetische Disposition (häufigeres Auftreten bei Hispanics)
4 UV-Licht verstärkt als Kofaktor die klinische Ausprägung oft deutlich

Klinik
4 an Stirn, Wangen, Schläfen oder perioral finden sich in beiderseits
gleichförmiger Ausprägung scharf begrenzte, teils bizarr konfigurierte,
hyperpigmentierte Makulae
4 meist Rückbildung postpartal oder nach Beendigung der Hormon-
einnahme innerhalb von Monaten, eine Persistenz über Jahre ist
möglich

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 falls anamnestisch keine Beziehung zu Schwangerschaft oder hormo-
neller Kontrazeption gegeben ist, endokrinologische Abklärung zum
Ausschluss hormonproduzierender Tumoren

Therapie
4 ggf. Wechsel auf nicht-hormonelle Kontrazeptionsmethode sowie kon-
sequenter Lichtschutz des Gesichts
4 ! Cave Bleichmittel auf Hydrochinonbasis können zu unregelmäßigen
Hyper- und Hypopigmentierungen führen!
280 Kapitel 25 · Erkrankungen des Pigmentsystems

Eigene Notizen 25.3 Postinflammatorische


Hyperpigmentierungen

4 Entzündungen der Haut, insbesondere bei starker Beteiligung der


dermo-epidermalen Junktionszone, können aufgrund von verstärkter
Melaninproduktion oder Pigmentinkontinenz (»Abtropfen« von Pig-
ment in die Dermis und Speicherung in Makrophagen (= Melanopha-
gen)) zu monatelang persistierenden Hyperpigmentierungen führen
4 häufiger bei dunkel- als bei hellhäutigen Ethnien
4 mögliche Auslöser
25 5 z. B. Lichen ruber, Lupus erythematodes, atopisches Ekzem, Herpes
zoster
5 Arzneimittelreaktionen: z. B. fixe (toxische) Arzneimittelreaktion
5 thermische oder traumatische Hautschädigung: z. B. nach Verbren-
nungen, häufigem Hautkontakt zu Wärmflaschen, chronischer me-
chanischer Reizung
5 phototoxische Hautschädigung: z. B. nach UVA-Exposition parfü-
mierter Haut (Berloque-Dermatitis)

Klinik
4 nach Abklingen der primär entzündlichen Hautschädigung entwickelt
sich oder persistiert in den vormals betroffenen Körperstellen eine
Hyperpigmentierung
4 je nach auslösendem Schädigungsmechanismus bizarre Konfigurati-
onen wie z. B. Abrinnspuren bei phototoxischen Reaktionen möglich
4 gelegentlich bleibt die primäre Hautschädigung aufgrund geringer Aus-
prägung der Entzündungsreaktion oder bereits erfolgter Rückbildung
bei Vorstellung des Patienten unerkannt

Diagnostik
4 Verteilungsmuster der Hyperpigmentierungen und Anamnese weisen
den Weg
4 z. B. retikuläre Hyperpigmentierung im Kontaktbereich zur Wärm-
flasche an Bauch oder Oberschenkel (= Erythema ab igne = Erythema
e calore)

Therapie
4 Meidung identifizierter Auslöser
4 konsequenter UV-Schutz
4 Rückbildung nach Monaten, manchmal auch erst nach Jahren
26

Tag 3 – Dermatologie

26 Erkrankungen des Bindegewebes


und der Subkutis
M. Goebeler

26.1 Zirkumskripte Sklerodermie (Morphaea) – 282

26.2 Lichen sclerosus et atrophicus – 283

26.3 Narben und Keloide – 284

26.4 Striae distensae – 285

26.5 Pannikulitis – 285


26.5.1 Erythema nodosum – 286

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_26, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
282 Kapitel 26 · Erkrankungen des Bindegewebes und der Subkutis

Eigene Notizen 26.1 Zirkumskripte Sklerodermie (Morphaea)

4 entzündliche Erkrankung unklarer Ätiologie, die zu sklerosierten Pla-


ques führt
4 ähnliche Pathogenese wie bei progressiver systemischer Sklerodermie:
mikrovaskuläre Dysfunktion, Aktivierung von T-Lymphozyten, Akti-
vierung von Fibroblasten mit überschießender Kollagensynthese
4 keine Assoziation mit Systemerkrankungen
4 Frauen sind häufiger als Männer betroffen

Klinik
4 herdförmige zirkumskripte Sklerodermie
5 nach anfänglicher entzündlicher Rötung weißlich-gelbliche bis
26 bräunliche Induration der Haut, die häufig von einem fliederfar-
benen Erythem umgeben ist (»lilac ring«)
5 bei längerer Persistenz Atrophie mit Verlust der Haarfollikel, Hyper-
und Hypopigmentierungen
4 disseminierte (generalisierte) zirkumskripte Sklerodermie
5 Auftreten multipler sklerotischer Plaques, die konfluieren können
5 Brustwarzen meist ausgespart
5 Sklerosierungen behindern Thoraxexkursionen und damit die
Atmung
5 massive Bewegungseinschränkung möglich
4 lineare zirkumskripte Sklerodermie
5 bandförmige Sklerodermie, häufig frontoparietal mit Atrophie des
darunter liegenden Knochens (»sclérodermie en coup de sabre«)
5 Morphaea mit hemifazialer Atrophie: Parry-Romberg-Syndrom
5 bei Auftreten an den Extremitäten Bewegungseinschränkung mit
Kontraktur möglich
4 keine Raynaud-Symptomatik, keine digitalen Ulzerationen und Sklero-
sierungen
4 keine Beteiligung innerer Organe

Diagnostik
4 indirekte Immunfluoreszenz
5 gewöhnlich kein Nachweis von ANA
5 bei linearer und disseminierter/generalisierter zirkumskripter
Sklerodermie mitunter ANA nachweisbar
4 Histologie
5 anfänglich Ödem und perivaskuläres entzündliches Infiltrat
5 später Reduktion der Reteleisten, Abflachung der Papillen, Atrophie
der Adnexen, Vermehrung und Verbreiterung von Kollagenbündeln,
die parallel zur Junktionszone verlaufen

Differenzialdiagnose
4 progressive systemische Sklerodermie
4 eosinophile Fasziitis
4 Lichen sclerosus et atrophicus
26.2 · Lichen sclerosus et atrophicus
283 26
Therapie Eigene Notizen
4 im entzündlichen Stadium topische Glukokortikosteroide, ggf. unter
Okklusion
4 Phototherapie: UV-A1, Bade- oder Creme-PUVA
4 in ausgeprägten Fällen: Methotrexat, ggf. in Kombination mit syste-
mischen Glukokortikosteroiden
4 anekdotische Berichte über erfolgreiche Anwendung von Penicillin G
(10 Mega i.v./Tag über 3 Wochen)

Prognose
4 gut, kein Übergang in progressive systemische Sklerodermie
4 bei generalisierter zirkumskripter Sklerodermie mitunter trotz aggres-
siver Therapie Progress

26.2 Lichen sclerosus et atrophicus

4 entzündliche Erkrankung unklarer Ätiologie, die zur Entwicklung por-


zellanweißer, sklerotischer und atropher Plaques führt
4 Formen:
5 anogenitaler Lichen sclerosus et atrophicus (bei Befall der Vulva
auch als Kraurosis vulvae bezeichnet)
5 extragenitaler Lichen sclerosus et atrophicus
4 Frauen erscheinen häufiger betroffen als Männer; Manifestationsalter:
Mädchen vor der Pubertät; ansonsten 5. und 6. Lebensjahrzehnt

Klinik
4 porzellanartig weiße, sklerotische Plaques mit pergamentartiger, atro-
pher Oberfläche, die scharf und unregelmäßig begrenzt sind
4 häufig starker Juckreiz
4 Prädilektionsstellen: Vulva, Präputium, Glans penis, Perianalregion;
kann zu narbiger Schrumpfung führen (Folge: Phimose, Synechien)
4 extragenitaler Lichen sclerosus et atrophicus: Läsionen in seitlicher
Halsgegend, submammär, an Extremitäten
4 gelegentlich Ausbildung von Blasen
4 nur selten Schleimhautbefall

Diagnostik
4 Histologie
5 anfänglich oberflächliches dermales Ödem, darunter bandartiges
lymphozytäres Infiltrat
5 Atrophie der Epidermis mit vakuoliger Degeneration basaler Kera-
tinozyten und Abflachung der Junktionszone
5 Homogenisierung des dermalen Kollagens mit Verlust elastischer
Fasern

Differenzialdiagnose
4 zirkumskripte Sklerodermie
4 in der Anogenitalregion: Lichen ruber mucosae
284 Kapitel 26 · Erkrankungen des Bindegewebes und der Subkutis

Eigene Notizen Therapie


4 topische Glukokortikosteroide
4 topische Kalzineurinantagonisten: Tacrolimus, Pimecrolimus (off-
label)
4 früher gebräuchliche Therapien mit topischen Östrogenpräparationen
sind vermutlich wirkungslos
4 bei Phimose: Zirkumzision

Prognose
4 in Einzelfällen sekundäre Entwicklung eines spinozellulären Karzinoms
beschrieben, möglicherweise nach HPV-Infektion
4 bei Auftreten von Leukoplakien bioptische Abklärung erforderlich
26
26.3 Narben und Keloide

4 Narbe: Sekundäreffloreszenz; entsteht physiologischerweise im Rahmen


der Wundheilung
4 hypertrophe Narbe: erhabene Narbe, die auf das ursprüngliche Wund-
gebiet beschränkt ist
4 Keloid: verzögert auftretende, überschießende, deutlich über das ur-
sprüngliche Wundgebiet hinausgehende narbenartige Bindegewebsver-
mehrung

Klinik
4 Narben und Keloide sind anfangs rosa bis lila, häufig schmerzhaft und
juckend; Rötung blasst mit der Zeit ab
4 i. d. R. geht Trauma voraus
4 Keloide entstehen auch nach Akne und Infektion bzw. ohne erinner-
liches vorangegangenes Trauma
4 Prädilektionsstellen: Ohrläppchen, obere Thoraxapertur (insbesondere
Decolleté)

Therapie
4 intraläsionale Glukokortikoide (Triamcinolon)
4 Silikongel-Auflagen
4 operative Entfernung, anschließend Druckverband und Silikongel-
Auflagen bzw. frühzeitig intraläsionale Glukokortikoide
4 weitere Therapieoptionen
5 Interferon-α2b intraläsional
5 5-Fluorouracil intraläsional
5 Radiatio
5 Blitzlampen-gepumpter, gepulster Farbstofflaser

Prognose
4 Therapieerfolg bei Keloiden häufig unbefriedigend; hohe Rezidivrate
26.5 · Pannikulitis
285 26
26.4 Striae distensae Eigene Notizen

4 lineare atrophe Streifen, die durch Zugbelastung bzw. Dehnung her-


vorgerufen werden
4 treten physiologischerweise in der Schwangerschaft, während der
Pubertät und bei raschen Gewichtsveränderungen (Zu- oder Abnahme)
auf; auch bei Adipositas
4 Auftreten begünstigt durch Hypercortisolismus; iatrogen nach Ein-
nahme von Glukokortikoiden
4 Frauen sind häufiger betroffen als Männer

Klinik
4 parallel angeordnete rosa bis lilafarbene Streifen, häufig den Haut-
spaltenlinien folgend
4 Prädilektionsstellen: Unterbauch, Schultergürtel, Hüfte, Oberschenkel-
innenseiten

Therapie
4 nicht erforderlich
4 ggf. Versuch mit topischem Tretinoin
4 ggf. Versuch mit Blitzlampen-gepumptem gepulsten Farbstofflaser

26.5 Pannikulitis

4 heterogene Gruppe von Erkrankungen unterschiedlicher Ätiopatholo-


gie, die durch Entzündungsvorgänge im subkutanen Fettgewebe
charakterisiert sind
4 klinisch zeigen sich (druck-)schmerzhafte gerötete subkutane Knoten
oder Indurationen, die vorzugsweise an der unteren Extremität (Unter-
schenkel) und im Hüft- bzw. Glutealbereich lokalisiert sind
4 histologische Einteilung in septale und lobuläre Pannikulitiden, häufig
Mischformen:
5 septale Pannikulitis: Entzündungen an bindegewebigen Septen der
Subkutis; klassischer Vertreter: Erythema nodosum
5 lobäre Pannikulitis: Entzündungen im Fettgewebe

> Memo Falls zur Diagnosestellung eine Biopsie erfolgt, so muss diese
ausreichend tief sein, um die Subkutis zu erfassen (Inzisions- statt Stanzbi-
opsie).
4 Klassifikation der Pannikulitiden
5 überwiegend septale Pannikulitiden
J Erythema nodosum
J Pannikulitis bei Morphaea/zirkumskripter Sklerodermie
J Pannikulitis bei Alpha1-Antitrypsin-Mangel
5 überwiegend lobäre und gemischte Pannikulitiden
J Erythema induratum (noduläre Vaskulitis)
J Pannikulitis bei Pankreatitis und Pankreaskarzinom
J Pannikulitis bei Lipodystrophie
286 Kapitel 26 · Erkrankungen des Bindegewebes und der Subkutis

Eigene Notizen J Pannikulitis bei Sclerema neonatorum und subkutanen Fettge-


websnekrosen des Neugeborenen
J Pannikulitis bei Lupus erythematodes (Lupus profundus) und
Dermatomyositis
J Physikalische Pannikulitis (nach Kälteexposition, Trauma, Ein-
bringen von Arzneimitteln (Glukokortikoide, Morphin u. a.) oder
Fremdsubstanzen (Silikon, Paraffin)
J infektiöse Pannikulitis (durch (Myko-)Bakterien, Pilze)
J Pannikulitis bei Malignomen (»subcutaneous panniculitis-like T
cell lymphoma«, bei malignen subkutanen Infiltraten)

26.5.1 Erythema nodosum


26
4 häufigste Form der Pannikulitis
4 zugrunde liegt vermutlich eine Immunreaktion vom verzögerten Typ
gegen unterschiedliche, meist mikrobielle Antigene
4 mögliche mikrobielle Auslöser: Streptokokken, Yersinien, Salmonellen,
Campylobacter, Viren
4 medikamentöse Auslöser: Östrogen, Penicillin, Sulfonamide
4 assoziierte Erkrankungen: Sarkoidose; M. Crohn, seltener Colitis ulce-
rosa; M. Behçet, Sweet-Syndrom
4 in 1/3 der Fälle lässt sich ein Auslöser nicht identifizieren

Klinik
4 bilateral schmerzhafte, indurierte, subkutane Knoten meist an der Ven-
tralseite der Unterschenkel, seltener an Oberschenkeln und Unter-
armen

Diagnostik
4 Histologie
5 septale Pannikulitis mit überwiegend neutrophilem Infiltrat
5 gelegentlich Miescher-Mikrogranulome aus Histiozyten
4 Abklärung möglicher Grundkrankheiten (Stuhluntersuchungen, Rönt-
gen-Thorax, Antistreptolysin-Titer, Tuberkulose-Ausschluss)

Differenzialdiagnose
4 andere Pannikulitiden, z. B. Erythema induratum (hier im Gegensatz zum
Erythema nodosum Läsionen an der Dorsalseite der Unterschenkel)

Therapie
5 Behandlung möglicher Grundkrankheiten
5 Bettruhe, Wickeln der Beine mit Kurzzugbinden oder Tragen von
Kompressionsstrümpfen
5 nichtsteroidale Antiphlogistika, z. B. Diclofenac
5 Kaliumjodid-Tropfen

Prognose
4 narbenfreie Abheilung innerhalb weniger Wochen
27

Tag 3 – Dermatologie

27 Erkrankungen von Haaren,


Nägeln und Schleimhäuten
A. Jung

27.1 Definitionen – 288

27.2 Trichogramm – 288

27.3 Androgenetische Alopezie – 288

27.4 Alopecia areata – 289

27.5 Trichotillomanie – 291

27.6 Vernarbende Alopezien – 292


27.6.1 Lymphozytäre vernarbende Alopezien – 292
27.6.2 Neutrophile vernarbende Alopezien – 293
27.6.3 Gemischtzellige vernarbende Alopezien – 293

27.7 Hirsutismus – 293

27.8 Nagelerkrankungen – 294

27.9 Chronisch-rezidivierende Aphthen – 295

27.10 Morbus Behçet – 295

27.11 Leukoplakie – 297

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_27, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
288 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten

Eigene Notizen 27.1 Definitionen

4 Effluvium: Vorgang des Haarausfalls: Verlust von täglich mehr als 100
Haaren am Kapillitium
4 telogenes Effluvium: Haarausfall mit erhöhtem Anteil von Haaren in der
Telogenphase (>20%)
4 Alopezie: Zustand der Haarlosigkeit (z.B. »Glatze«)
4 Hypotrichose: kongenital gering ausgeprägte Behaarung
4 Atrichie: angeborene Haarlosigkeit
4 Hypertrichose: verstärkter Haarwuchs mit Übergang von Vellushaaren
in Terminalhaare

27.2 Trichogramm
27 4 dient der Erhebung des Haarwurzelstatus
4 mit einer Haarklemme werden an zwei Lokalisationen des Kapillitiums
(frontal, okzipital) jeweils mindestens 50 Haare epiliert und bezüglich
des Verteilungsmusters der Haarzyklusphasen (anagen, katagen, telo-
gen) mikroskopisch untersucht
4 moderne digitalphotographisch basierte Methoden erlauben eine
nichtinvasive Erhebung des Haarstatus (»TrichoScan«)
4 Norm: mehr als 80% der Haare befinden sich im Anagen-, bis zu 1% im
Katagen- und bis zu 20% im Telogenstadium

27.3 Androgenetische Alopezie

4 Beginn bei Männern häufig bereits nach der Pubertät


4 erreicht bei kaukasischen Männern im 8. Dezennium eine Prävalenz
von bis zu 80%
4 wesentlich niedrigere Prävalenz bei dunkelhäutigen Ethnien und Asi-
aten
4 Prävalenz bei Frauen vor der Menopause bei 10%, danach wesentlich
höher
4 durch Androgenwirkung bedingte Verkürzung der Anagenphase = telo-
genes Effluvium
4 Miniaturisierung der Haarfollikel mit Umwandlung von Terminalhaar-
in Vellushaarfollikel
4 polygene Vererbung (u. a. Polymorphismen im Androgenrezeptorgen)

Klinik
4 Mann
5 Beginn typischerweise nach der Pubertät mit frontotemporalem
Effluvium und Entwicklung von »Geheimratsecken«
5 frontaler Haaransatz median erst später betroffen
5 Ausweitung des Effluviums weiter nach temporal
5 zusätzliches Effluvium auch parietooccipital
27.4 · Alopecia areata
289 27

5 Konfluenz des Effluviums mit großflächiger Alopezie unter Ausspa- Eigene Notizen
rung lediglich eines temporookzipitalen Haarkranzes
5 variable Dynamik: Endstadium wird mitunter bereits im 3. Dezen-
nium, häufig erst im Senium oder auch nie erreicht
4 Frau
5 Beginn am Mittelscheitel und Ausbreitung nach lateral, es findet
sich ein diffuses Effluvium, das parietal i. d. R. nie zu völliger Haar-
losigkeit führt
5 meist ist der frontale Haarsteifen nicht betroffen
Diagnostik
4 klinisch typisches Alopeziemuster bei positiver Familienanamnese
4 Trichogramm: Vermehrung der Telogenhaarfraktion (telogenes Efflu-
vium)
4 > Memo Bei jungen Frauen sollte auf Hirsutismus und Zyklusunregel-
mäßigkeiten geachtet werden (Androgenisierungssyndrome: Über-
prüfung des Hormonstatus).
Therapie
4 Aufklärung, dass es sich um einen physiologischen, genetisch determi-
nierten Prozess handelt, der nicht auf eine gestörte Gonadenfunktion
zurückzuführen ist (Ausnahme: seltene Androgenisierungssyndrome);
Therapien daher nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
4 topische Therapie mit Minoxidil (Männer 5%ige, Frauen 2%ige Lösung):
nicht-hormonelle Stimulation des Haarfollikels mit Blockade und teil-
weiser Umkehr der Vellushaarbildung
4 bei Frauen auch topische Therapie mit östrogenhaltigen Tinkturen
möglich
4 bei Männern systemische Gabe von Finasterid (5-α-Reduktase-II-Inhi-
bitor): verhindert die Umwandlung von Testosteron in das am Andro-
genrezeptor deutlich wirksamere Dihydrotestosteron; dies führt zu
einer reduzierten Androgenwirkung und hemmt die Umwandlung von
Terminal- in Vellushaarfollikel; Finasterid ist bei Frauen nicht (aus-
reichend) wirksam
4 bei Frauen im Falle von Virilisierungszeichen hormonelles Kontrazep-
tivum mit antiandrogenem Progesteronderivat
4 ggf. autologe Haartransplantation von Einzelhaarfollikeln (»micro-
grafts«) von okzipital in die Alopezieareale
4 Perücke
4 > Memo: nach Absetzen von Finasterid oder Minoxidil kommt es er-
neut zum Haarausfall.

27.4 Alopecia areata

4 T-zellulär vermittelte, organspezifische Autoimmunerkrankung an Haar-


bulbus und -papille, die zu einer nicht vernarbenden Alopezie führt
4 Beginn meist im frühen Erwachsenenalter
4 Lebenszeitrisiko knapp 2%
290 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten

4 positive Familienanamnese in 20–25% der Fälle (genetische Disposition)


Eigene Notizen
4 10% aller Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) entwickeln eine
Alopecia areata
4 weitere Assoziationen
5 atopisches Ekzem oder Rhinoconjunctivitis allergica (bei bis zu 40%
betroffener Kinder mit Alopecia areata)
5 Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Vitiligo,
perniziöse Anämie, Morbus Addison

Klinik (. Abb. 39, Farbteil)


4 Manifestation meist mit wenigen, einige mm bis cm großen, häufig
kreisrunden, haarlosen Läsionen (»kreisrunder Haarausfall«) am Kapil-
litium oder im Bartbereich ohne sichtbare Entzündungsreaktion oder
Atrophie mit Erhalt der Follikelostien
4 positiver Zupftest: die Haare im Randbereich lassen sich meist unter
27 minimaler Zugkraft epilieren
4 typisch sind »Ausrufezeichenhaare«: bis 5 mm lange Haare mit dunkler,
breiter Spitze und schmaler, hypopigmentierter Basis
4 die Alopezieherde breiten sich meist zentrifugal aus mit teilweise ausge-
prägter Konfluenz bis hin zum völligen Haarverlust am Kapillitium =
Alopecia areata totalis
4 bei weiterer Ausdehnung kann es auch zum Verlust sämtlicher Körper-
haare kommen = Alopecia areata universalis
4 Alopecia areata im Okzipitalbereich (»Ophiasis-Typ«) gilt als sehr the-
rapieresistent
4 selten führt die Alopecia areata zu einer diffusen Alopezie
4 Verlauf
5 häufig nach Wochen bis Monaten spontanes Wiederwachstum der
Haare, die zu Beginn oft unpigmentiert sind; Verlauf jedoch nicht
vorhersehbar
5 Spontanremissionen werden häufig von Rezidiven abgelöst
5 in schweren Fällen nur unvollständige Remission bis hin zu lebens-
lang persistierender Alopezie
4 Nagelveränderungen: mm-große Grübchen der Nagelplatte = »Tüpfel«,
Querrillen, Längsriffelung, »Sandpapier«-Nägel
4 Prognose
5 in bis zu 50% der Fälle Abheilung innerhalb eines Jahres, aber häufig
Rezidive; in 10–25% Progression zur Alopecia areata totalis oder
universalis
5 prognostisch ungünstige Faktoren sind: früher Erkrankungsbeginn,
schnelle Progression, häufige Rezidive, Ophiasis-Typ, Nagelverän-
derungen, Vorliegen assoziierter Komorbiditäten (weitere Autoim-
munerkrankungen, atopisches Ekzem)

Diagnostik
4 bei typischer Klinik und positivem Zupftest Blickdiagnose
4 ggf. durch Probebiopsie aus Randbereich einer Alopezie-Läsion histo-
logische Sicherung: erhaltene Haarfollikel mit peribulbärem lymphozy-
tären Entzündungsinfiltrat
27.5 · Trichotillomanie
291 27
Therapie Eigene Notizen
4 aufgrund der Neigung zur Spontanremission und bei unbefriedigender
Studienlage ist die Wirksamkeit üblicher Therapieansätze zurückhaltend
zu bewerten
4 anfangs werden meist topische Glukokortikoide eingesetzt; ob das peri-
bulbäre Entzündungsinfiltrat aufgrund der weiten Diffusionsstrecke
erreicht wird, ist allerdings fraglich
4 unterstützend Einnahme von Zinktabletten
4 bei einzelnen Alopezieherden ggf. intraläsionale Kortikoidinjektionen
( ! Cave: Risiko der Hautatrophie!)
4 systemische Kortikoide (1 mg/kg KG) können bei rasch progredienten
Formen wirksam sein, der Langzeiteffekt ist jedoch fraglich ( ! Cave:
Risiko unerwünschter Wirkungen!)
4 Auslösung und Unterhaltung eines chronischen allergischen Kontakt-
ekzems durch einmal wöchentliche epikutane Auftragung des obligaten
Kontaktallergens Diphencypron (DCP) auf die alopezischen Areale
(keine Zulassung!); hierdurch kommt es zur Suppression der gegen die
Haarfollikel gerichteten T-lymphozytären Immunreaktion
4 topische Psoralen-Applikation und anschließende UVA-Bestrahlung
(»Creme-PUVA«)
4 Psychotherapie zur Aufarbeitung von Lebensereignissen als Provokati-
onsfaktoren und zur Unterstützung der psychischen Bewältigungs-
möglichkeiten

27.5 Trichotillomanie

4 Störung der Impulskontrolle mit zwanghaftem Auszupfen von


Haaren
4 meist halbbewusst im Sinne eines Para-Artefaktes
4 am häufigsten bei jungen Frauen und Mädchen

Klinik
4 Häufig finden sich parietal runde bis polyzyklisch begrenzte Alopezie-
Herde mit zonalem Aufbau:
5 zentral wenige mm lange, schlecht fassbare, unregelmäßig ausge-
richtete Haare
5 fehlende Haare mit durch die Epilation verursachten einzelnen
Hämorrhagien
4 verstärktes Auftreten in Phasen psychischer Belastung, z. B. während
Examensvorbereitung

Diagnostik
4 neben dem typischen zonalen Aufbau können die Patienten i. d. R. vom
impulsiven Auszupfen der Haare berichten (Para-Artefakt)
4 beim eigentlichen Artefakt erfolgt die Selbstschädigung in einem disso-
ziativen Bewusstseinszustand und bleibt unbewusst
292 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten

Eigene Notizen 4 mitunter ist Abgrenzung zur Alopecia areata schwierig; in solchen
Fällen kann eine Biopsie hilfreich sein (histologisch Nachweis von
Hämorrhagien bei Fehlen des für die Alopecia areata charakteristischen
peribulbären lymphozytären Entzündungsinfiltrats)

Therapie
4 je nach zugrunde liegender psychischer Komorbidität verhaltensthera-
peutische, psychoanalytische und/oder psychopharmakologische Kon-
zepte

27.6 Vernarbende Alopezien

4 von den vorgenannten nichtvernarbenden, potenziell reversiblen Alo-


pezien (androgenetische Alopezie, Alopecia areata) werden die ver-
27 narbenden Alopezien abgegrenzt
4 irreversible Schädigung der follikulären Stammzellen, meist im Zu-
sammenhang mit einer Entzündung
4 allgemein anerkannte Klassifikation existiert nicht; vorgeschlagen
wurde die Unterteilung nach dem histologisch nachweisbaren Infiltrat
(»lymphozytäre«, »neutrophile«, oder »gemischte« vernarbende Alo-
pezien)
4 zur Diagnostik ist daher u. a. die Entnahme einer Probebiopsie erfor-
derlich
4 stets auch Ganzkörperuntersuchung, um spezifische dermatologische
Krankheitsbilder zu erkennen, die sich am Kapillitium als vernarbende
Alopezie manifestieren können
4 Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung
4 Pseudopelade Brocq: nicht (mehr) entzündliche vernarbende Alopezie;
oft auch als Sammelbegriff verwendet für »ausgebrannte« = postent-
zündliche Formen, die sich nicht mehr einer spezifischen Diagnose zu-
ordnen lassen.

27.6.1 Lymphozytäre vernarbende Alopezien

4 chronisch diskoider Lupus erythematodes (7 Abschn. 22.2.1)


5 oft bizarr konfigurierte Alopezie-Herde mit reizloser zentraler Haut-
atrophie sowie Randerythem mit Schuppung
4 Lichen ruber follicularis (= Lichen ruber planopilaris) (7 Abschn. 21.2)
5 teils diffuse Hautatrophie in den Alopezie-Herden mit rand-
ständiger perifollikulärer Rötung und follikulären Hyperke-
ratosen
5 Sonderform mit Befall der Schläfenregion: frontal fibrosierende
Alopezie (Kossard)
27.7 · Hirsutismus
293 27
27.6.2 Neutrophile vernarbende Alopezien Eigene Notizen

4 Folliculitis decalvans
5 besonders parietal lokalisierte, staphylogene, chronische, tiefe
Follikulitis mit Pusteln, serösen Krusten und »Büschelhaaren«
(= mehrere Haare treten an der Kopfhaut aus einer gemeinsamen
Follikelöffnung aus)
4 Folliculitis et perifolliculitis capitis abscedens et suffodiens
5 großflächige Kopfhautentzündung mit Einschmelzung und Fistula-
tion
5 bei Druck Eiterentleerung aus weit auseinander liegenden Fistel-
öffnungen
4 auch eine Tinea capitis (am häufigsten hervorgerufen durch Micro-
sporum canis und Trichophyton tonsurans, früher auch durch
Trichophyton Schönleinii) kann unbehandelt zur vernarbenden
Alopezie führen

27.6.3 Gemischtzellige vernarbende Alopezien

4 Folliculitis scleroticans nuchae (= Acne keloidalis nuchae)


5 im Nacken Beginn mit staphylogener Follikulitis und Übergang in
chronische Entzündung mit Keloidbildung und Büschelhaaren

27.7 Hirsutismus

4 männliches Verteilungsmuster der Körperbehaarung bei der Frau


4 Ätiologie
5 erhöhte Empfindlichkeit der androgensensiblen Haarfollikel, die
Blutspiegel der Geschlechtshormone sind unauffällig
5 erhöhte Androgenspiegel bei polyzystischen Ovarien, kongenitaler
adrenaler Hyperplasie oder androgen-produzierenden Tumoren: es
finden sich weitere Virilisierungszeichen wie maskuliner Muskel-
aufbau, tiefe Stimme, Klitorishypertrophie, Zyklusunregelmäßig-
keiten

Klinik
4 Terminalhaare im Bartbereich, prästernal, perimamillär, an der Linea
alba und den Oberschenkelinnenseiten

Diagnostik
4 anamnestische Abklärung von familiärer Disposition, Zyklusunregel-
mäßigkeiten, Anabolikamissbrauch
4 besonders bei ausgeprägten Formen mit schneller Progression und
weiteren Virilisierungszeichen Bestimmung der Sexualhormone mit
Dihydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) und Prolaktin sowie Tumor-
ausschluss durch bildgebende Verfahren
294 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten

Eigene Notizen Therapie


4 primär Behandlung einer nachgewiesenen Ursache
4 symptomatisch
5 »Pille« mit antiandrogen wirksamem Progesteron (z. B. Cyproteron-
acetat, Drospirenon, Desogestrel)
5 Eflornithin-Creme zur Hemmung der Ornithindecarboxylase
(eignet sich besonders zur Behandlung einer Hypertrichose im
seitlichen Wangenbereich)
5 temporäre Epilation durch Rasur, Wachs oder Enthaarungs-
creme
5 Zerstörung der Haarfollikel mittels Laser, Blitzlampen oder Elektro-
koagulation

27.8 Nagelerkrankungen
27
4 Aufbau des Nagels
5 Nagel besteht aus der Nagelplatte, die aus der Nagelmatrix hervor-
geht
5 Nagelplatte wird seitlich vom lateralen Nagelfalz (Paronychium) be-
grenzt, proximal vom Nagelhäutchen (Eponychium)
5 distal findet sich das Hyponychium, das den freien Nagelrand mit
der Fingerbeere verbindet
4 zahlreiche entzündliche, infektiöse, tumoröse und genetisch determi-
nierte Hauterkrankungen können sich (auch) am Nagelorgan manifes-
tieren: Psoriasis vulgaris, Lichen ruber, Tinea unguium, Paronychie,
Granuloma pyogenicum, M. Bowen, akrolentiginöses Melanom,
M. Darier, u. v. a. m. Auch bei manchen internistischen Erkrankungen
kommt es zu typischen Nagelveränderungen.
4 charakteristische Veränderungen von Nagelplatte und Nagelmatrix:
5 Beau-Furchen: Querrillen der Nagelplatte, können durch unter-
schiedliche Noxen, Infekte, Ekzeme hervorgerufen werden
5 Onycholyse: partielle Ablösung der Nagelplatte vom Nagelbett, z. B.
durch Trauma
5 Onychomadese: Ablösung der Nagelplatte im Bereich der proxima-
len Nagelfalte (Matrixregion)
5 Onychoschisis: horizontale Aufspaltung der Nagelplatte in zwei
Schichten
5 Onychorrhexis: erhöhte Brüchigkeit der Nagelplatte; vom freien
Nagelrand her häufig Aufsplitterung in Längsrichtung
5 Trachyonychie: Rauigkeit der Nagelplatte (»Sandpapiernägel«)
5 Leukonychie: Weißverfärbung der Nägel (punktförmig, streifen-
förmig oder diffus)
5 Pachyonychie: Verdickung der Nagelplatte
5 Koilonychie: löffelförmige, konkave Vertiefung der Nagelplatte
(»Löffelnägel«)
5 Röhrennägel (»pincer nails«): röhrenförmige Verformung der
Nagelplatte
27.10 · Morbus Behçet
295 27

5 Melanonychie: bräunlich-schwärzliche Längsstreifen, häufig an- Eigene Notizen


zutreffen bei dunkelhäutigen Individuen; können bei solitärem Auf-
treten bei Hellhäutigen auf einen Nävuszellnävus bzw. ein Melanom
verweisen

27.9 Chronisch-rezidivierende Aphthen

4 Aphthe: rund bis ovale, flache Schleimhautulzeration bis 5 mm Durch-


messer, die häufig von einem roten Hof umgeben ist
4 häufige Erkrankung junger Erwachsener ungeklärter Ursache, be-
sonders bei Frauen

Klinik
4 häufigere »Minor-Variante«
5 wenige, typische, schmerzhafte Aphthen der Mundschleimhaut, die
bis 5 mm groß werden
5 selten an der Genitalschleimhaut lokalisiert
5 pro Jahr mehrere Schübe mit narbenloser Abheilung nach circa
1 Woche
4 seltenere »Major-Variante«
5 bis zu 10 atypische, oft über 1 cm große, tiefreichende, sehr schmerz-
hafte Schleimhautulzerationen in Mund und Pharynx, selten an
anderen Schleimhäuten
5 Abheilung häufig mit Narbenbildung
4 seltene herpetiforme Variante
5 multiple, wenige mm große, schmerzhafte Aphthen in herpetifor-
mer Gruppierung an der Mundschleimhaut ohne Virusnachweis
mit unregelmäßigen Rezidiven

Diagnostik
4 bei ausgeprägten Formen mit Befall auch der Genitalschleimhaut Aus-
schluss von M. Behçet, M. Crohn und Colitis ulcerosa

Therapie
4 Optimierung der Mundhygiene durch antiseptische Mundspülungen
4 Vermeidung von Schleimhautverletzungen beim Kauakt
4 Mundspülungen mit Lokalanästhetika zur Schmerzlinderung
4 topische Glukokortikoide (zubereitet als Haftsalbe)
4 topische Calcineurinantagonisten (Tacrolimus; off-label)
4 bei schweren Formen evtl. Systemtherapie mit Dapson oder Colchizin

27.10 Morbus Behçet

4 chronisch-entzündlich verlaufende Erkrankung unklarer Genese, die


mit einer Neutrophilen-dominierten Entzündung an Gefäßen ein-
hergeht
296 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten

Eigene Notizen 4 am häufigsten bei Menschen aus dem östlichen Mittelmeerraum mit
einer Prävalenz von ca. 0,25%, etwas seltener bei Menschen mit Ab-
stammung aus weiteren Ländern entlang der ehemaligen »Seidenstraße«
von Japan/China nach Europa
4 sehr selten bei Individuen sonstiger ethnischer Herkunft
4 Manifestationsalter: meist 3.–4. Lebensdekade
4 Geschlechtsverteilung: ausgewogen
4 Assoziation mit HLA-B51

Klinik
4 klassische Trias:
5 Aphthen der Mundschleimhaut
5 Ulzera der Genital(schleim-)haut
5 Uveitis
4 Aphthen der Mundschleimhaut
27 5 einzeln bis multipel, schmerzhaft, 2 mm bis mehrere cm groß
5 Verlauf rezidivierend, sehr selten beschwerdefreies Intervall
4 genitale Ulzera
5 Läsionen meist tief und über 1 cm groß
5 meist narbige Abheilung an der Genitalschleimhaut, aber auch an
Genitalhaut wie Skrotum und Penisschaft
4 Auge
5 besonders die rezidivierende posteriore Uveitis und die Retina-
vaskulitis können zur Erblindung führen
5 die anteriore Uveitis kann klinisch als Hypopyoniritis imponieren =
Eiterspiegel in der vorderen Augenkammer
4 Haut
5 positives Pathergie-Zeichen: nach intradermaler Injektion von ca.
50 μl physiologischer NaCl-Lösung bildet sich nach 24–48 h eine
rote Papel oder Papulopustel, teilweise mit hämorrhagischer
Komponente
5 sterile Papulopusteln
5 Erythema nodosum
5 bis zu mehrere cm große, runde, rote bis hämorrhagische, suk-
kulente, schmerzhafte Plaques meist an den Beinen
5 Thrombophlebitis migrans
4 Gelenke
5 meist nicht-destruierende, rezidivierende Arthralgien
4 Nervensystem
5 selten mitunter dramatisch verlaufende Meningoenzephalitis
5 multiple neurologische Symptomkonstellationen möglich
4 Gastrointestinaltrakt
5 meist ileozökale Ulzerationen führen zu unspezifischen Bauch-
beschwerden bis hin zum akuten Abdomen
4 Gefäßsystem
5 selten Thrombosen tiefer arterieller oder venöser Gefäße
5 Aneurysmen
27.11 · Leukoplakie
297 27
Diagnostik Eigene Notizen
4 Diagnose gesichert bei Vorliegen aphthöser oraler Ulzerationen (min-
destens 3 Episoden in einem 12-Monats-Zeitraum) und mindestens
2 der nachfolgenden Kriterien
5 rezidivierende genitale Ulzerationen
5 Augenbeteiligung
5 Hautmanifestationen (Erythema nodosum, sterile Papulopusteln)
5 positives Pathergie-Phänomen

Therapie
4 symptomatische Lokaltherapie der Aphthen und Ulzera mit Antiseptika
und Lokalanästhetika, z. B. als Haftsalbe; topische Glukokortikoide
4 systemisch: nicht-steroidale Antiphlogistika, Kortikoide, Colchizin,
Dapson, Thalidomid, Azathioprin, Mycophenolatmofetil, Methotrexat,
Ciclosporin sowie TNF-α- oder Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten
(off-label)

27.11 Leukoplakie

4 Sammelbegriff für weißliche, nicht abstreifbare Läsionen der (Mund-)


Schleimhaut
4 vielfältige Ursachen
4 bei Persistenz histologische Abklärung zum Ausschluss eines malignen
Geschehens erforderlich (7 Abschn. 24.5.3)
28

Tag 3 – Dermatologie

28 Erkrankungen
der Talg- und Schweißdrüsen
A. Jung

28.1 Seborrhö – 299

28.2 Acne vulgaris – 299


28.2.1 Varianten der Akne und akneiforme Erkrankungen – 300

28.3 Acne inversa (Hidradenitis suppurativa) – 301

28.4 Rosacea – 302

28.5 Periorale Dermatitis – 303

28.6 Hyperhidrose – 304

28.7 Hypohidrose und Anhidrose – 305

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_28, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
28.2 · Acne vulgaris
299 28
28.1 Seborrhö Eigene Notizen

4 vermehrte Sebumproduktion und -freisetzung in den talgdrüsenreichen


Körperregionen (Gesicht, obere Brust- und Rückenpartien)
4 führt zu fettig-glänzender Haut
4 assoziiert mit Acne vulgaris und seborrhoischem Ekzem

28.2 Acne vulgaris (. Abb. 40, Farbteil)

4 verbreitete, multifaktorielle, meist in der Pubertät beginnende, andro-


genabhängige Verhornungsstörung der Talgdrüsenfollikel
4 durch Komedonen, Papeln und Pusteln gekennzeichnet
4 in Europa finden sich bei 70–95% aller Jugendlichen Akneläsionen
4 ca. 20% benötigen eine medikamentöse Behandlung
4 bei ca. 90% Abheilung bis zum 25. Lebensjahr
4 bei ca. 5% Defektheilung mit Narbenbildung
4 multifaktorielle Ätiologie:
5 Stimulation der Talgdrüsenfollikel durch Androgene begünstigt
Seborrhö
5 Retentions- und Proliferationshyperkeratose im Infrainfundi-
bulum des Talgdrüsenfollikels, die zur Ausbildung von Kome-
donen führt
5 bakterielle Hyperkolonisation mit Propionibacterium acnes
5 frühzeitige Initiierung einer Entzündungsreaktion, vermittelt durch
IL-1- und Toll-like-Rezeptoren (TLR)
5 genetische Prädisposition (hohe Konkordanz bei eineiigen Zwil-
lingen)
5 nicht abschließend gesicherte Faktoren: Ernährung (proinflamma-
torische Omega-6-Fettsäuren in der »westlichen Ernährung« wer-
den als Provokationsfaktor diskutiert), Stress, Rauchen

Klinik
4 Mikrokomedo: nur mikroskopisch nachweisbare ballonartige Aufwei-
tung des Talgdrüsenfollikelinfundibulums durch hyperkeratotische
Hornmassen mit Vellushaaren, Sebum und Bakterien
4 makroskopisch sichtbarer Komedo
5 geschlossener Komedo: kompakter Pfropf im Follikelinfundibulum,
der aus Korneozyten, Sebum, Bakterien und Vellushaaren besteht;
eingeschnürtes Akroinfundibulum
5 offener Komedo: Vergrößerung des Komedonenpfropfes mit Auf-
weitung des Akroinfundibulums und Übergang in offenen Komedo
(»Mitesser«): die braun-schwarze Farbe des Komedos ist durch
Melanin bedingt, das aus dem Akroinfundibulum stammt
4 Erscheinungsformen (zunehmender Schweregrad):
5 Acne comedonica: in den seborrhoischen Arealen mit Betonung
des Gesichts finden sich multiple, offene und geschlossene Kome-
donen
300 Kapitel 28 · Erkrankungen der Talg- und Schweißdrüsen

Eigene Notizen 5 Acne papulopustulosa: bei Zunahme der entzündlichen Kompo-


nente dominieren in den seborrhoischen Arealen rote Papeln und
Papulopusteln neben den weiterhin vorhandenen Komedonen
5 Acne conglobata: bei weiter zunehmender Entzündung finden sich
-häufiger bei Männern- zusätzlich Fistelkomedonen, Knoten,
Zysten, Fistelgänge und Narben

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 bei schweren Verläufen Bestimmung von LH, FSH und Testosteron
sowie der Nebennierenrinden-Hormone Androstendion, DHEA-S und
17-OH-Progesteron zur Abklärung androgenproduzierender Tumoren
bzw. eines »late-onset«-adrenogenitalen Syndroms

Therapie
4 erfolgt meist in Form einer Kombinationsbehandlung
4 topische Therapie (in Gel- oder Cremegrundlage)
28 5 Retinoide reduzieren die Komedogenese: Adapalen ist im Vergleich
zu Tretinoin und Isotretinoin weniger hautreizend
5 Benzoylperoxid wirkt antibakteriell ohne Gefahr der Resistenz-
bildung und indirekt antientzündlich
5 Azelainsäure wirkt antibakteriell und antikomedogen
5 > Memo Antibiotika wie Erythromycin oder Clindamycin sollten,
wenn überhaupt, zur Vermeidung einer Resistenzentwicklung nur
kurzdauernd angewendet werden; die Kombination mit Benzoyl-
peroxid minimiert Gefahr der Resistenzbildung.
4 systemische Therapie
5 Antibiotikagabe: z. B. Doxycyclin; supprimiert Propionibacterium
acnes und wirkt antientzündlich; Therapie sollte i. d. R. nicht länger
als 3 Monate erfolgen
5 bei Frauen hormonelle Kontrazeption mit einem Kombinations-
präparat, das neben einem Östrogen ein antiandrogen wirksames
Progesteronderivat enthält (z. B. Cyproteronacetat, Drospirenon
oder Desogestrel)
5 Isotretinoin: Retinoid zur Behandlung schwerer, ansonsten therapie-
resistenter Akneformen (insbes. Acne conglobata) (! Cave Wegen
Teratogenität bei Frauen im gebärfähigen Alter nur in Kombination
mit sicherer Kontrazeption unter monatlicher Durchführung von
Schwangerschaftstests!)

28.2.1 Varianten der Akne und akneiforme Erkrankungen

4 Acne neonatorum
5 Auftreten entzündlicher Papeln und Pusteln in den ersten Lebens-
wochen durch Wirkung mütterlicher Androgene oder kurzdau-
ernder Nebennierenrindenaktivierung
5 selbstlimitierender Verlauf
28.3 · Acne inversa (Hidradenitis suppurativa)
301 28

4 Acne infantum Eigene Notizen


5 Auftreten im 3.–6. Lebensmonat
5 Abheilung innerhalb von 1–2 Jahren
5 bei ungewöhnlichen Verläufen und Persistenz endokrinologische
Abklärung erforderlich
4 Acne fulminans
5 bei Jungen in der Pubertät plötzlich auftretende massive Acne con-
globata mit Allgemeinsymptomen (Fieber, Arthralgien, Myalgien,
Leukozytose)
4 Acne excoriée des jeunes filles
5 es dominieren klinisch Exkoriationen, Krusten und Närbchen bei
fehlenden oder nur vereinzelten Komedonen
5 Paraartefakt mit Störung der Impulskontrolle
4 Acne tarda
5 typische Akne nach der 3. Lebensdekade
5 meist Frauen
4 Acne venenata
5 Ausbildung von Komedonen und Papeln durch den häufigen
Gebrauch komedogen wirkender Kosmetika
4 Chlorakne
5 nach Vergiftung mit aromatischen Kohlenwasserstoffen
4 Acne medicamentosa
5 hervorgerufen durch z. B. systemische Kortikoide, Anabolika
(= »Doping-Akne«, »Body-building-Akne«), Psychopharmaka,
Tyrosinkinase-Inhibitoren, EGF-Rezeptor-Antagonisten

28.3 Acne inversa (Hidradenitis suppurativa)

4 entzündliche Erkrankung mit epithelialer Hyperplasie und Okklusion


der follikulären Infundibula von Terminalhaaren meist in intertrigi-
nösen Arealen (besonders axillär und anogenital); es kommt zur Ruptur
der Follikel mit zunehmender Entzündung und Fistulierung
4 familiäre Häufung
4 Rauchen und die Einnahme von Lithium führen zur Exazerbation

Klinik
4 axillär, inguinal, perigenital, perineal, perianal und submammär,
seltener an Nacken, Kapillitium und Oberschenkeln, finden sich ent-
zündliche Knoten, Zysten und fuchsbauartige Fistelgänge mit eitrig-
fötider Sekretion

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 bei jahrzehntelangem Verlauf Entwicklung von sekundärer Amyloidose
und Plattenepithelkarzinomen möglich
302 Kapitel 28 · Erkrankungen der Talg- und Schweißdrüsen

Eigene Notizen Therapie


4 im akuten Schub kurzfristige systemische Antibiotikagabe nach Anti-
biogramm
4 Tabakkarenz
4 Inzisionen im Sinne von Abszessspaltungen sind nicht zielführend!
4 empfehlenswert ist die frühzeitige großflächige Exzision der von Fistel-
gängen durchzogenen Läsionen mit plastischer Deckung oder sekun-
därer Wundheilung

28.4 Rosacea

4 häufige, meist zentrofazial lokalisierte chronisch-rezidivierende Haut-


krankheit mit Teleangiektasien, Papeln und Papulopusteln, aber ohne
Komedonen
4 Ätiologie: unklar, relevante Faktoren:
5 genetische Veranlagung
28 5 Provokationsfaktoren: UV-Strahlung, heiße Getränke, scharfe
Speisen, Alkohol, Hitze, Kälte, Stress, topische Glukokortikoide
4 Beginn in der 3.-4. Lebensdekade; besonders ausgeprägt in der 5. Le-
bensdekade mit einer Prävalenz von bis zu 10%
4 betroffen insbesondere hellhäutige Menschen (»Fluch der Kelten«)

Klinik
4 Beginn mit transienten zentrofazialen Flush-Reaktionen, besonders
nach Einwirkung der oben genannten Provokationsfaktoren
4 Erscheinungsformen (zunehmender Schweregrad):
5 Rosacea erythematosa-teleangiectatica: zentrofazial finden sich
flächige Erytheme und Teleangiektasien
5 Rosacea papulopustulosa: an Wangen und Nase Papeln und Papu-
lopusteln
5 glandulär-hyperplastische Rosacea: zusätzlich aufgrund einer
Gewebehyperplasie Knoten und Plaques, z. B. Rhinophym: knollen-
artige Vergrößerung der Nase durch Gewebehyperplasie
4 Varianten:
5 Rosacea conglobata
J zentrofazial finden sich hämorrhagische Knoten und Plaques mit
derben Strängen und Neigung zur Einschmelzung
J meist bei jungen Frauen
5 Rosacea fulminans
J abrupt einsetzende Maximalvariante mit Knoten und Pusteln
J begleitend Allgemeinsymptome wie Fieber
5 lupoide Rosacea
J bräunlich-rötliche Papeln, die auf Glasspateldruck ein Eigenin-
filtrat erkennen lassen
J histologisch granulomatöse Enzündungsreaktionen (granuloma-
töse Rosacea)
28.5 · Periorale Dermatitis
303 28

4 > Memo In bis zu 50% der Fälle kommt es zur Augenbeteiligung (ver- Eigene Notizen
minderter Lipidgehalt der Tränenflüssigkeit mit erhöhter Reizbarkeit
der Augen, Konjunktivitis, Keratitis).

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 ggf. ophthalmologische Konsilaruntersuchung

Therapie
4 Vermeidung von Triggerfaktoren (s. oben)
4 topische Therapie (in Gel- oder Cremegrundlage)
5 Metronidazol (Mittel der 1. Wahl)
5 Alternativen: Azelainsäure, Adapalen, Permethrin, topische Anti-
biotika wie Clindamycin und Erythromycin
4 systemische Therapie
5 systemische Antibiotika (Doxyzyklin als Mittel der 1. Wahl; Alter-
nativen: Makrolide, Metronidazol)
5 Isotretinoin (! Cave Wegen Teratogenität bei Frauen im gebär-
fähigen Alter nur in Kombination mit sicherer Kontrazeption!)
4 physikalische/operative Therapie
5 Laserbehandlung von Teleangiektasien
5 Operation insbesondere beim Rhinophym: Wiederherstellung der
Nasenkontur mittels Shaving, Dermabrasion oder anderer ablativer
Verfahren

28.5 Periorale Dermatitis

4 relativ häufige entzündliche Hauterkrankung vorzugsweise jüngerer


Frauen
4 Ätiologie nicht abschließend geklärt
4 der regelmäßige Gebrauch von Gesichtspflegeprodukten wie Feuchtig-
keitscremes zur Nacht und okklusivem Make-up tagsüber spielt als Aus-
löser eine wichtige Rolle
4 Anwendung von Kortikoidexterna gilt als wesentlicher Provokations-
faktor

Klinik
4 nasolabial und perioral mit Aussparung der Lippenränder finden sich
monomorphe, wenige mm große rote Papeln und Papulopusteln, teil-
weise mit feinlamellöser Schuppung
4 ähnliche Läsionen auch periokulär und an der Stirn möglich
4 Pruritus, Brennen

Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 positive Anamnese hinsichtlich der (exzessiven) Anwendung von Ge-
sichtskosmetika und topischen Glukokortikoiden
304 Kapitel 28 · Erkrankungen der Talg- und Schweißdrüsen

Eigene Notizen Therapie


4 Meidung der zuvor verwendeten Kosmetika und sonstigen Externa!
4 topische Therapie
5 Schwarzteeumschläge
5 Metronidazol, ggf. Azelainsäure, Calcineurinantagonisten (Pime-
crolimus, Tacrolimus; off-label)
4 systemische Therapie
5 in ausgeprägten Fällen ggf. Doxycyclin oder Makrolide
5 ! Cave Bei der perioralen Dermatitis ist die Anwendung von Kor-
tikoiden kontraindiziert! Nach deren Absetzen ist mit einem Re-
bound-Effekt zu rechnen!

28.6 Hyperhidrose

4 Steigerung der ekkrinen Schweißsekretion deutlich über die Erforder-


nisse der Thermoregulation bei Hitzeexposition oder körperlicher An-
28 strengung
4 generalisierte Hyperhidrose: primär (idiopathisch) oder sekundär (bei
Hyperthyreose, Phäochromozytom, Tuberkulose, Autoimmunerkran-
kungen, B-Symptomatik bei Malignomen, Einnahme cholinerg wir-
kender Medikamente)
4 lokalisierte Hyperhidrose
5 palmar
5 plantar
5 axillär
5 andere umschriebene Hautregion

Klinik
4 generalisiert
5 in vielen Körperregionen großflächige Schweißflecken der Beklei-
dung wie nach ausgiebiger körperlicher Anstrengung
5 anfallartiges Schwitzen ohne Anlass bzw. inadäquat übersteigert in
Beziehung zum Anlass
4 lokalisiert
5 palmoplantar: nasse bis triefende Handflächen oder Fußsohlen
(nasse Socken)
5 axillär: großflächige Schweißflecken der anliegenden Kleidung mit
Schweißrändern
4 Sonderform: aurikulotemporales Syndrom (Frey-Syndrom)
5 sekretomotorische Nervenfasern wachsen z. B. nach einer Parotis-
operation fehlgeleitet in einen Trigeminusast ein
5 Folge gustatorischen Schwitzens (umschriebene Hyperhidrose bei
Nahrungsaufnahme)

Diagnostik
4 anamnestisch Klärung, ob lokalisierte oder generalisierte Hyperhidrose
4 ggf. Diagnostik zum Ausschluss zugrunde liegender Erkrankungen
28.7 · Hypohidrose und Anhidrose
305 28

4 Jod-Stärke-Test nach Minor zur Visualisierung hyperhidrotischer Eigene Notizen


Hautareale
4 gravimetrische Schweißmessung (Filterpapier wird vor und nach Haut-
kontakt gewogen)

Therapie
4 topische Therapie
5 10–20% Aluminiumchloridhexahydrat in Gelgrundlage oder mittels
Deoroller abends mehrmals wöchentlich bis täglich zur Okklusion
des Akrosyringiums (zuvor gründliches Abtrocknen der Haut; wirkt
bei zu häufiger Anwendung irritativ)
5 Iontophorese: Behandlung durch schwachen Gleichstrom palmo-
plantar im Wasserbad bzw. axillär mit Pads;
5 intradermale Injektionen mit Botulinumtoxin A (hemmt die
Freisetzung von Acetylcholin aus cholinergen Neuronen; zugelassen
für die axilläre Hyperhidrose; Wiederholung der Injektionen alle
4–6 Monate erforderlich)
5 als Ultima ratio: operative Kürettage axillärer Schweißdrüsen; Sym-
pathektomie
4 systemische Therapie
5 Salbei-Dragees
5 Anticholinergika (Bornaprin, Methantheliniumbromid)

28.7 Hypohidrose und Anhidrose

4 Hypohidrose: verminderte Fähigkeit zur Schweißsekretion


4 Anhidrose: Unfähigkeit zur Schweißsekretion, die sich als Wärmeinto-
leranz und »Überhitzung« manifestiert
4 Ursachen bzw. assoziierte Erkrankungen:
5 Einnahme anticholinerg wirkender Medikamente
5 Systemerkrankungen: Niereninsuffizienz, Polyneuropathie, Amylo-
idose, Autoimmunerkrankungen, Malignome u. a. m.
5 Hauterkrankungen, die zu einer Okklusion der Schweißdrüsenaus-
führungsgänge führen: Ekzeme, Psoriasis, Ichthyosen, Miliaria
5 genetische Erkrankungen: hypohidrotische ektodermale Dyspla-
sien, Incontinentia pigmenti
29

Tag 3 – Dermatologie

29 Erkrankungen des Gefäßsystems


M. Goebeler

29.1 Raynaud-Phänomen und Morbus Raynaud – 307

29.2 Livedoerkrankungen – 307

29.3 Vaskulitiden – 309


29.3.1 Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) – 310
29.3.2 Takayasu-Arteriitis – 310
29.3.3 Polyarteriitis nodosa (Panarteriitis nodosa) – 311
29.3.4 M. Kawasaki (mukokutanes Lymphknotensyndrom) – 311
29.3.5 ANCA-positive Vaskulitiden: M. Wegener – 312
29.3.6 ANCA-positive Vaskulitiden: Churg-Strauss-Syndrom – 312
29.3.7 ANCA-positive Vaskulitiden: mikroskopische Polyangiitis – 313
29.3.8 Immunkomplex-Vaskulitiden – 313

29.4 Pyoderma gangraenosum – 314

29.5 Erkrankungen der Venen – 316


29.5.1 Varikose – 316
29.5.2 (Thrombo-)Phlebitis – 317
29.5.3 Phlebothrombose (tiefe Beinvenenthrombose) – 317
29.5.4 Chronisch-venöse Insuffizienz und Ulcus cruris venosum – 317

29.6 Erkrankungen der Lymphgefäße – 318

29.7 Diabetische Ulzera – 320

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_29, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
29.2 · Livedoerkrankungen
307 29
29.1 Raynaud-Phänomen und Morbus Raynaud Eigene Notizen

4 Raynaud-Phänomen: anfallsweise auftretende Vasospasmen digitaler


Arterien, die zu charakteristischen Farbveränderungen führen: Akren
erscheinen durch Vasokonstriktion der Fingerarterien zunächst weiß,
durch nachfolgende Hypoxämie blau und anschließende reaktive
Hyperämie rot
4 primäres Raynaud-Phänomen (Morbus Raynaud)
5 keine assoziierten Grunderkrankungen
5 tritt gehäuft bei Frauen mit Beginn der Pubertät auf
5 kann provoziert werden durch Kälte und emotionalen Stress
4 sekundäres Raynaud-Phänomen
5 assoziiert mit Systemerkrankungen, insbesondere progressiver
systemischer Sklerodermie, auch Dermatomyositis, Lupus erythe-
matodes; gelegentlich auch bei soliden und hämatologischen Ma-
lignomen; nach Vibrationstraumen; nach Exposition mit Vinylchlo-
rid oder Bleomycin; bei Karpaltunnelsyndrom
5 Krankheitsbeginn später als beim M. Raynaud
5 häufig auffällige Nagelfalzteleangiektasien
5 häufig Nachweis von ANA
5 kann provoziert werden durch Kälte

Diagnostik
4 Anamnese
4 ANA, Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA)

Therapie
4 Erkennung und Behandlung möglicher Grunderkrankungen
4 Vermeiden von Triggerfaktoren (Kälte, Nikotinkonsum)
4 ggf. Kalziumantagonisten (Nifedipin) oder Angiotensin-II-Rezeptor-
Blocker (Sartane)
4 topische Nitrate werden wegen möglicher paradoxer Reaktionen nicht
mehr eingesetzt
4 in ausgeprägten Fällen ggf. Prostaglandin-Agonisten oder Sildenafil
(off-label)

29.2 Livedoerkrankungen

Der Begriff Livedo beschreibt eine netzförmig marmorierte, bläulich-


rötliche Hautzeichnung als Folge einer vasospastischen Reaktion auf
Kältereize; stellt häufig eine physiologische Reaktion dar. Die Netzartigkeit
erklärt sich durch die arterielle Versorgung der Haut, die sektorförmig er-
folgt: Im (arteriolennahen und venenfernen) Zentrum Normoxämie, in der
(arteriolenfernen und venennahen) Peripherie Hypoxämie, die die bläu-
liche Farbe erklärt. Unterschieden werden:
308 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen 4 Livedo reticularis


5 regelmäßige, homogene, meist symmetrische, netzartige Zeichnung
5 kann eine physiologische vasospastische Reaktion (Cutis marmora-
ta) darstellen, aber auch mit verschiedenen Grunderkrankungen
assoziiert sein:
J Kollagenosen (Lupus erythematodes u. a.)
J Raynaud-Phänomen und M. Raynaud
J Kryoglobulinämie, Kryofibrinogenämie, Kälteagglutininerkran-
kung
J Polycythaemia vera, Thrombozythämie und Leukämie
J Hyperkoagulabilitätszuständen
J Vaskulitiden
J neurologischen Erkrankungen (nach Apoplex, multiple Sklerose
u. a.)
J Infektionen (Lues, Hepatitis C, Mykoplasmen)
4 Livedo racemosa
5 irregulär-netzartige, meist asymmetrisch-unregelmäßige, blitzfigu-
renartige Zeichnung
5 > Memo In der amerikanischen und englischen Dermatologie
erfolgt diese Unterscheidung nicht; es werden beide Ver-
29 änderungen als Livedo reticularis bezeichnet, was mitunter zur
Verwirrung beiträgt.
5 Livedo racemosa verweist regelmäßig auf pathologische Zu-
stände:
J Sneddon-Syndrom: geht einher mit ZNS-Symptomen (Kopf-
schmerzen, transitorische ischämische Attacken, Apoplex,
Demenz), die durch Arterienverschlüsse hervorgerufen werden;
in einem Teil der Fälle finden sich Antiphospholipidantikörper;
Therapie: Vitamin-K-Antagonisten
J Livedoid-Vaskulopathie (Livedovaskulopathie; alte, obsolete Be-
zeichnung: Livedo reticularis mit Sommerulzerationen): Ver-
schlusserkrankung der kapillären Mikrozirkulation meist an der
unteren Extremität, die zu kutanen Ischämien und Infarzierungen
führt; es resultieren Livedo racemosa, schmerzhafte Ulzerationen
und Atrophie blanche (porzellanweiße, narbenartige, sternför-
mige Läsionen); Diagnostik: Histologie mit Nachweis okkludier-
ter Kapillaren; Therapie: niedermolekulare Heparine
J Kalziphylaxie: rasch progrediente Kalzifikationen der Gefäße mit
nachfolgender ischämischer Nekrotisierung der Haut; tritt auf bei
chronischem Nierenversagen und zeigt hohe Mortalität
J Antiphospholipid-Syndrom: assoziiert u. a. mit Lupus erythema-
todes; führt zur Thrombosierung mit Gefäßokklusion und nach-
folgender Livedo racemosa und Ulzeration; anamnestisch ge-
häuftes Auftreten von Aborten; Diagnostik: Nachweis von Anti-
phospholipidantikörpern, insbesondere Anti-β2-Glykoprotein I.
Therapie: Antikoagulation
29.3 · Vaskulitiden
309 29
29.3 Vaskulitiden Eigene Notizen

4 heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch entzündliche Pro-


zesse an bzw. in der Gefäßwand hervorgerufen werden, die zu einer
Destruktion derselben führen
4 das initiale Ereignis ist eine Schädigung der Gefäße durch Leukozyten

Klinik
4 Leitsymptome kutaner Vaskulitiden (abhängig von der Größe der be-
troffenen Gefäße)
5 Petechien und Purpura (aufgrund des hydrostatischen Drucks be-
sonders an unteren Extremitäten)
5 Livedo reticularis
5 Ulzera
5 subkutane Knoten
5 Nekrosen
4 Zeichen extrakutaner (systemischer) Beteiligung
5 Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß
5 Kurzatmigkeit, Husten, blutiger Auswurf bei pulmonaler Beteiligung
5 Brustschmerz, Kopfschmerzen, Zeichen der Herzinsuffizienz bei
kardialer Beteiligung
5 abdominale Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, blutiger Stuhl bei gas-
trointestinaler Beteiligung
5 Hämaturie, Proteinurie, Ödeme bei renaler Beteiligung
5 Arthralgien, Myalgien bei Beteiligung von Gelenken und Muskeln
5 Kopfschmerzen, Benommenheit, Muskelschwäche, Parästhesien
bei neurologischer Beteiligung

Klassifikation
4 derzeit am meisten verwendete Klassifikation (Chapel Hill, 1994) ba-
siert im wesentlichen auf histologischen Kriterien, berücksichtigt aber
kutane Formen der Vaskulitiden nicht in ausreichender Weise
4 Einteilung richtet sich nach der Größe der vorwiegend betroffenen Ge-
fäße (. Tabelle)

Klassifikation der Vaskulitiden (Chapel-Hill-Klassifikation 1994, modifiziert in


Anlehnung an Sunderkötter 2006)
Vaskulitis der Vaskulitis der mittel- Vaskulitis der kleinen Gefäße
großen Gefäße großen Gefäße
Riesenzell- Polyarteriitis nodosa ANCA-positive Vaskulitiden:
arteriitis M. Wegener, Churg-Strauss-Syndrom,
mikroskopische Polyangiitis
Takayasu- M. Kawasaki Immunkomplexvaskulitiden: Vasculitis
Arteriitis allergica, Purpura Schönlein-Henoch,
kryoglobulinämische Vaskulitis
noduläre Vaskulitis komplexe Formen leukozytoklasti-
(Erythema induratum scher Vaskulitiden: Urtikariavaskulitis,
Bazin) Vaskulitis bei Kollagenosen, Erythema
elevatum et diutinum
310 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen Diagnostik


4 Gewinnung von Biopsien für Histologie und Direkte Immunfluores-
zenz (bei Ulzera bzw. Nekrosen immer Entnahme aus dem Randbereich
zur nicht betroffenen Haut)
4 Labordiagnostik
5 Differenzialblutbild, CRP, Leber- (Transaminasen) und Nierenwerte
(Kreatinin), Elektrolyte, Gerinnung (PTT, INR/Quick)
5 Serumelektrophorese und Immunfixation, ANA, ANCA, Rheuma-
faktor, Komplementfaktoren C3 und C4 (Erniedrigung verweist auf
Komplementverbrauch und schwere Vaskulitis hin), Kryoglobu-
line, Infektionsserologie (ASL-Titer, Hepatitis B und C, Lues, ggf.
HIV)
5 Urinstatus (Sediment, Blut, Eiweiß)
5 Stuhluntersuchung (auf okkultes Blut)
4 bildgebende Diagnostik in Abhängigkeit von vermuteter Organbeteili-
gung (Abdomen-Sonographie, Röntgen-Thorax, CT, MRT)

Therapie
4 Erkennung und Behandlung zugrunde liegender oder assoziierter
Erkrankungen
29 4 medikamentöse Therapie richtet sich nach Ausmaß und Schwere insbe-
sondere der systemischen Beteiligung; eingesetzt werden:
5 systemische Glukokortikoide, ggf. in Kombination mit Azathioprin,
Mycophenolatmofetil, Methotrexat oder Cyclophosphamid
5 ggf. intravenöse Immunglobuline (IVIg), Rituximab, TNF-Antago-
nisten

29.3.1 Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis)

4 granulomatöse Entzündung der Gefäßwand meist extrakranialer Äste


der Karotiden mit nachfolgender Destruktion

Klinik
4 häufig Sehstörungen (Doppelbilder, Amaurosis fugax, Optikusneuro-
pathie), Kopfschmerzen
4 selten Hautbeteiligung mit Ulzerationen

Therapie
4 gutes Ansprechen auf systemische Glukokortikoide, ggf. in Kombinati-
on mit Methotrexat

29.3.2 Takayasu-Arteriitis

4 granulomatöse Entzündung der Aorta und ihrer Abgänge mit nach-


folgender Obliteration
29.3 · Vaskulitiden
311 29
Klinik Eigene Notizen
4 Claudicatio mit Muskelschwäche und Pulsdifferenz zwischen den
oberen Extremitäten (»pulseless disease«)
4 gelegentlich Raynaud-Symptomatik, selten kutane Ulzerationen

29.3.3 Polyarteriitis nodosa (Panarteriitis nodosa)

4 Systemvaskulitis mit nekrotisierender Entzündung mittelgroßer


Arterien, die im mittleren Lebensalter auftritt
4 vermutlich Triggerung durch Infekte (Streptokokken, Hepatitis B-Virus,
HIV, Parvovirus B19)
4 auf die Haut beschränkte Variante: Polyarteriitis nodosa cutanea beni-
gna

Klinik
4 in 50% der Fälle Hautbeteiligung mit Livedo reticularis, ausgestanzt
wirkenden Ulzera und schmerzhaften subkutanen Knoten
4 Fieber- und Gewichtsverlust, Abdominalschmerzen, Arthralgien,
Myalgien, Mononeuritis multiplex, renale Hypertonie, Orchitis

Diagnostik
4 wegweisend sind neben der Histologie (Mikro-)Aneurysmen renaler
und mesenterialer Gefäße
4 ANCA fehlen!

Therapie
4 Behandlung zugrunde liegender Infekte
4 systemische Glukokortikoide

29.3.4 M. Kawasaki
(mukokutanes Lymphknotensyndrom)

4 bei Kindern unter 5 Jahren auftretende vermutlich durch bislang nicht


identifizierte Infekterreger getriggerte granulomatöse Vaskulitis mittel-
großer Gefäße, insbesondere der Koronararterien

Klinik
4 fieberhafter Beginn mit Konjunktivitis, Erdbeerzunge, rissigen Lippen
4 ödematöse Schwellung der Hände und Füße, später Desquamation
4 polymorphes Exanthem
4 zervikale Lymphknotenschwellung
4 im Vordergrund steht die Herzbeteiligung mit Aneurysmen der Koro-
narien, Myokarditis, Perikarderguss und Herzinsuffizienz

Therapie
4 intravenöse Immunglobuline (IVIg)
312 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen 29.3.5 ANCA-positive Vaskulitiden: M. Wegener

4 nekrotisierende granulomatöse Entzündung vorwiegend kleiner Ge-


fäße, die insbesondere den Respirationstrakt befällt und im Verlauf häu-
fig mit Glomerulonephritis einhergeht

Klinik
4 in 40% der Fälle Hautbeteiligung mit Purpura, oralen Ulzerationen,
subkutanen Knoten und papulonekrotischen Läsionen besonders an
den Extremitäten
4 Epistaxis, Nasenseptumperforation, Sattelnase, Dyspnoe, Husten, blu-
tiger Auswurf
4 Glomerulonephritis

Diagnostik
4 wegweisend sind Antikörper gegen zytoplasmatische Antigene von
Neutrophilen (= ANCA, meist c-ANCA mit anti-PR3)

Therapie
4 systemische Glukokortikoide in Kombination mit Azathioprin, Metho-
29 trexat oder Cyclophosphamid
4 intravenöse Immunglobuline (IVIg), Rituximab

29.3.6 ANCA-positive Vaskulitiden:


Churg-Strauss-Syndrom

4 nekrotisierende, granulomatöse Vaskulitis kleinerer und mittlerer Ge-


fäße, die mit ANCA assoziiert ist

Klinik
4 Beginn mit oft jahrelang persistierenden Symptomen einer allergischen
Rhinitis und Asthma, später auch Eosinophilie
4 nach Jahren Entwicklung einer granulomatösen Systemvaskulitis,
in 50% der Fälle Hautbeteiligung mit Purpura, subkutanen Knoten,
papulonekrotischen Läsionen; gelegentlich Livedo reticularis und
Urticaria
4 häufig Mononeuritis multiplex, gelegentlich Glomerulonephritis

Diagnostik
4 wegweisend sind ANCA (meist p-ANCA mit anti-MPO)

Therapie
4 systemische Glukokortikoide
29.3 · Vaskulitiden
313 29
29.3.7 ANCA-positive Vaskulitiden: mikroskopische Eigene Notizen
Polyangiitis

4 nekrotisierende Vaskulitis ohne granulomatöse Entzündung kleiner


und mittelgroßer Gefäße (Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen),
die mit ANCA assoziiert ist

Klinik
4 Beginn mit Fieber, Gewichtsverlust, Arthralgien und Myalgien
4 in 50% der Fälle Hautbeteiligung mit Purpura, subkutanen schmerz-
haften Knoten, Ulzerationen, Livedo reticularis
4 in 90% Glomerulonephritis
4 Lungenbeteiligung
4 Mononeuritis multiplex

Diagnostik
4 wegweisend sind ANCA (c-ANCA mit anti-PR3 und p-ANCA mit anti-
MPO)

Therapie
4 systemische Glukokortikoide; falls nicht ausreichend, Kombination mit
Cyclophosphamid, Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder intrave-
nösen Immunglobulinen (IVIg)

29.3.8 Immunkomplex-Vaskulitiden

4 Synonyme: Vasculitis allergica, Hypersensitivitätsangiitis


4 Purpura Schönlein-Henoch: vorwiegend bei Kindern auftretende Im-
munkomplex-Vaskulitis mit Ablagerung von IgA-Immunglobulinen,
die meist nach Infekten der oberen Atemwege auftritt

Pathogenese
4 Vaskulitis der kleinen Gefäße, die durch Ablagerung von Immunkom-
plexen an der Gefäßwand ausgelöst wird
4 Neutrophile werden dadurch an die Gefäßwand attrahiert und aktiviert;
sie schädigen das Gefäß und gehen dabei selbst zugrunde (histologisch
sichtbar als »Kernstaub« in der Gefäßumgebung (Leukozytoklasie,
leukozytoklastische Vaskulitis))
4 es kommt zum Austritt von Erythrozyten aus dem Gefäßlumen (klinisch
als Petechie/Purpura wahrnehmbar)
4 Immunkomplexe (aus Antigen und Antikörper) entstehen insbesondere
bei Antigenexzess unterschiedlicher Ursache:
5 Infektionen bakterieller (Streptokokken, Mykoplasmen, Mykobak-
terien) oder viraler Genese (Hepatitis-C, -B, -A; Parvovirus B19,
HIV)
5 im Kontext entzündlicher Erkrankungen (Kollagenosen, rheumato-
ide Arthritis, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen)
314 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen 5 nach Medikamenteneinnahme (NSAID, Antibiotika u. a.)


5 bei Neoplasmen (monoklonale Gammopathien, multiples Myelom,
myelo- und lymphoproliferative Erkrankungen)
4 > Memo In ca. 50% der Fälle findet sich keine fassbare Ursache der
Immunkomplexvaskulitis.

Klinik
4 aufgrund des hydrostatischen Drucks meist an den unteren Extremi-
täten auftretende dunkelrote Maculae, später Petechien und Purpura
(. Abb. 41, Farbteil)
4 Petechien können konfluieren und in ausgeprägten Fällen nekrotisie-
ren; es resultieren Ulzerationen; selten auch Schleimhautbefall
4 häufig Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Arthralgien,
Myalgien
4 gelegentlich gastrointestinale, renale und neurologische Symptome, die
auf eine Systembeteiligung verweisen können
4 bei Purpura Schönlein-Henoch häufig Abdominalschmerzen, blutiger
Stuhl, Erbrechen und renale Beteiligung (Hämaturie, milde Proteinurie)

Diagnostik
29 4 Histologie mit Nachweis einer leukozytoklastischen Vaskulitis
4 direkte Immunfluoreszenz mit Nachweis von IgG>IgM>IgA und C3 an
Gefäßwänden; bei Purpura Schönlein-Henoch Nachweis von IgA und C3
4 Nachweis von IgA-Ablagerungen deutet insbesondere bei Erwachsenen
auf einen schwereren Verlauf hin

Therapie
4 eine auf die Haut beschränkte Immunkomplexvaskulitis kleiner Gefäße
bessert sich häufig bereits nach Vermeidung des identifizierten Trigger-
faktors unter supportiven Maßnahmen (Hochlagerung bzw. Kompres-
sionsbehandlung der unteren Extremitäten)
4 bei sich andeutenden Nekrosen und Ulzerationen Einsatz systemischer
Glukokortikoide, bei längerer Bestandsdauer ggf. auch Dapson oder
Colchicin
4 bei der Purpura Schönlein-Henoch kann der Einsatz systemischer
Glukokortikoide die Abheilung beschleunigen

29.4 Pyoderma gangraenosum

4 chronisch-rezidivierend verlaufende ulzerierende Hauterkrankung un-


klarer Genese, die in mindestens der Hälfte der Fälle mit anderen Sys-
temerkrankungen assoziiert ist

Klinik
4 Beginn meist an den unteren Extremitäten mit schmerzhafter hämor-
rhagischer Papel oder Papulopustel, seltener Vesikel, auf rotviolettem
Grund
29.4 · Pyoderma gangraenosum
315 29

4 Läsionen neigen zur zentrifugalen Ausdehnung und Ulzeration Eigene Notizen


4 Ulzera sind häufig purulent und zeigen düster-lividen, meist unter-
minierten Randsaum
4 Zahl der Ulzera ist variabel: solitär bis multipel
4 narbige Abheilung, meist atroph-depigmentiert
4 Varianten: bullöse, pustulöse und oberflächlich-granulomatöse
Formen
4 assoziierte Erkrankungen:
5 chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis
ulcerosa)
5 rheumatoide Arthritis
5 monoklonale Gammopathie (meist IgA) und hämatologische
Malignome (akute und chronische myeloische Leukämien, Haar-
zellleukämie, Myelodysplasie)
5 andere neutrophile Dermatosen (M. Behçet, Sweet-Syndrom, sub-
korneale Pustulose)

Diagnostik
4 positives Pathergiephänomen (wie bei M. Behçet, 7 Abschn. 27.10):
Traumen, z. B. im Rahmen chirurgischer Eingriffe, können ulzerieren-
de Hautläsionen hervorrufen
4 Histologie: unspezifisch; Neutrophilen-dominiertes Infiltrat, häufig
begleitet von Leukozytoklasie
4 direkte Immunfluoreszenz: unspezifisch
4 Labordiagnostik: Differenzialblutbild, Serumelektrophorese, Immunfi-
xation; ANA, ANCA; Luesserologie
4 Bakteriologie: Pusteln sind steril
4 ggf. gastroenterologische (Koloskopie), hämatologische (Knochen-
marksstanze) und rheumatologische Konsilaruntersuchungen

Differenzialdiagnose
4 Infektionen (Streptokokken-Gangrän, Ecthyma, Lues im Stadium III,
tiefe Mykosen, atypische und typische Mykobakteriosen)
4 Ulzera venöser oder arterieller Genese
4 Vaskulitiden und Pannikulitiden
4 Malignome (Basalzellkarzinome, Plattenepithelkarzinome, kutane T-
und B-Zell-Lymphome)
4 neutrophile Dermatosen: Sweet-Syndrom (= akute febrile neutrophile
Dermatose; meist postinfektiöse, seltener paraneoplastische Erkran-
kung, bei der es zur Ausbildung schmerzhafter, sukkulenter Plaques
kommt; geht mit Fieber, Leukozytose und erhöhtem CRP einher), M.
Behçet

Therapie
4 Erkennung und Behandlung assoziierter Erkrankungen
4 systemische Glukokortikoide und superpotente topische Glukokorti-
koide (Clobetasol)
4 in milderen Fällen Dapson oder Clofazimine
316 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen 4 in ausgeprägten Fällen Ciclosporin A, Tacrolimus, Methotrexat, Azathi-


oprin, Mycophenolatmofetil, Cyclophosphamid, ggf. in Kombination
mit Glukokortikoiden
4 TNF-Antagonisten, hochdosierte intravenöse Immunglobuline (IVIg)

29.5 Erkrankungen der Venen

4 Venenleiden zählen zu den häufigsten Erkrankungen


5 fast 40% der Bevölkerung leiden an Varizen
5 5% an einer chronisch-venösen Insuffizienz
5 bis zu 1% an einem venösen Ulcus cruris

Diagnostik der Venenerkrankungen


4 Anamnese und klinischer Befund incl. Erfassung des arteriellen Gefäß-
status und einer orientierenden neurologischen (Polyneuropathie) und
orthopädischen Untersuchung (Beweglichkeit des Sprunggelenks,
Deformitäten)
4 Doppler-Sonographie als apparative Basisdiagnostik (mit Valsalva-
Versuch zum Nachweis eines venösen Reflux)
29 4 Lichtreflexionsrheographie und Photoplethysmographie: nichtinvasive
Verfahren, mit denen sich das Füllungsverhalten der Venen beurteilen
lässt und venöse Abflussbehinderungen erkennbar werden
4 farbkodierte Duplexsonographie: sonographische Bildgebung in Kom-
bination mit Doppleruntersuchung; hat als nichtinvasives Verfahren die
Phlebographie nahezu vollständig abgelöst

29.5.1 Varikose

4 erweiterte, meist geschlängelt verlaufende oberflächliche Venen


(Varizen, Krampfadern)
4 Besenreiservarizen: intradermale, geschlängelte Teleangiektasien
4 retikuläre Varizen: kleinkalibrige, subdermal liegende, erweiterte Venen
4 Perforansvarizen: Erweiterungen der Venae perforantes, die das ober-
flächliche (epifasziale) mit dem tiefen Venensystem verbinden
4 Stammvarizen: variköse Erweiterungen und Ausbuchtungen der Vena
saphena magna oder parva
4 Seitenastvarizen: Varizen der Seitenäste der Vena saphena magna oder
parva

Therapie
4 Kompressionsbehandlung mit Kompressionsstrümpfen (Klasse II–III)
4 Sklerosierung von Besenreisern und retikulären Varizen durch Ver-
ödungsmittel
4 endoluminale Lasertherapie
4 operative Entfernung insuffizienter epifaszialer Venen durch Stripping
mit Krossektomie und Ligatur der Perforansvenen
29.5 · Erkrankungen der Venen
317 29
29.5.2 (Thrombo-)Phlebitis Eigene Notizen

4 Entzündung der Wand oberflächlicher Venen (Phlebitis) oder Varizen


(Varikophlebitis), die mit Thrombenbildung einhergehen kann (Throm-
bophlebitis)

Therapie
4 Kompression, Kühlung, ggf. nichtsteroidale Antiphlogistika; bei Variko-
phlebitis zusätzlich Heparinisierung und Stichinzision zur Thrombus-
entfernung

29.5.3 Phlebothrombose (tiefe Beinvenenthrombose)

4 Thrombosierung im tiefen (Bein-)Venensystem, die zur teilweisen oder


kompletten Verlegung des Gefäßlumen führen kann
4 Komplikationen:
5 akut: Lungenembolie
5 chronisch: postthrombotisches Syndrom, das zur chronisch-
venösen Insuffizienz führt
5 Risikofaktoren: Immobilisation, Infektionen und Tumorleiden;
Faktor V-Leiden-Mutation

Therapie
4 Kompression
4 sofortige Heparinisierung in therapeutischer Dosierung; überlappend
Beginn einer Therapie mit Vitamin K-Antagonisten
4 ggf. Lysetherapie oder interventionelle Thrombektomie

29.5.4 Chronisch-venöse Insuffizienz


und Ulcus cruris venosum

4 durch Insuffizienz der Venenklappen bzw. durch Obstruktion im tiefen


Venensystem nach Phlebothrombose (postthrombotisches Syndrom)
kommt es zum Reflux mit venöser Hypervolämie und Druckerhöhung
auch in postkapillären Gefäßen
4 nachfolgende Schädigung bis hin zur Ulzeration

Klinik
4 Corona phlebectatica paraplantaris: plantar seitlich angeordnete Besen-
reiser
4 Ödem
4 Hyperpigmentierung: gelblich-bräunliche Verfärbung durch ab-
gelagertes Hämosiderin abgebauter Erythrozyten (Purpura jaune
d’ocre)
4 Lipodermatosklerose: Induration und Fibrosierung des subkutanen
Gewebes
318 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen 4 Atrophie blanche: porzellanweiße, atrophe, z. T. von Teleangiektasien


durchzogene Plaques
4 Stauungsdermatitis: ekzematöse juckende Läsionen, die durch toxisch-
irritative Einflüsse und ggf. Sensibilisierungen auf Externa im Sinne
einer Kontaktallergie begünstigt werden
4 solitäre oder multiple Ulzera vorzugsweise an der Innenseite des distalen
Unterschenkels; gelegentlich zirkumferente Ulzeration (= Gama-
schenulkus)
4 Komplikationen: Sekundärinfektionen; selten Ausbildung eines spino-
zellulären Karzinoms (»Marjolin-Ulkus«)
5 Schweregrade der chronisch-venösen Insuffizienz nach Widmer:
5 Grad I: Corona phlebectatica paraplantaris, Ödem
5 Grad II: zusätzlich trophische Störungen wie Hyperpigmentierung,
Lipodermatosklerose, Atrophie blanche und Stauungsdermatitis
5 Grad IIIa: florides Ulcus cruris venosum
5 Grad IIIb: abgeheiltes Ulcus cruris venosum

Therapie
4 Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen bzw. im Falle des
Vorliegens venöser Ulzera mit Kurzzugbinden (Cave: bei peripher arte-
29 rieller Verschlusskrankheit ist Kompression nicht indiziert)
4 vorzugsweise mechanisches Débridement der Ulzera, ggf. auch enzy-
matisch oder biochirurgisch (Maden)
4 Versorgung der Ulzera mit adäquaten Wundauflagen (z. B. Hydrogele,
Hydrokolloide, Alginate, Polyurethanschaumstoffe, ggf. mit Silberbe-
schichtung zur Antisepsis)
4 Einsatz antiseptischer Lokaltherapeutika in der Ulkusumgebung
( ! Cave Sensibilisierung mit Entwicklung eines allergischen Kontakt-
ekzems!)
4 im Falle von Infektionen (nicht bei Kolonisation!) systemische Anti-
biotika, möglichst nach Antibiogramm
4 ggf. Vakuumversiegelung
4 ggf. operative »Shave«-Exzision der Ulzera mit anschließender Spalt-
hauttransplantation, ggf. Fasziotomie
4 soweit möglich, kausale Therapie mit operativer Entfernung insuffizi-
enter epifaszialer Venen durch Stripping mit Krossektomie und Ligatur
der Perforansvenen

29.6 Erkrankungen der Lymphgefäße

4 Erkrankungen der Lymphgefäße manifestieren sich meist an den


unteren Extremitäten als Lymphödem, das eine Beeinträchtigung des
Abtransports der Lymphe widerspiegelt
4 primäre Lymphödeme
5 genetisch bedingt oder sporadisch auftretend
5 kongenitale Lymphödeme durch Aplasie oder Hypoplasie der
Lymphgefäße
29.6 · Erkrankungen der Lymphgefäße
319 29

5 Auftreten im Rahmen von Syndromen (Nonne-Milroy-Syndrom, Eigene Notizen


Turner-Syndrom, Noonan-Syndrom, Meige-Syndrom)
4 sekundäre Lymphödeme
5 Folge einer Schädigung der Lymphgefäße durch
J rezidivierende Lymphangitiden bei Erysipel
J Lymphogranuloma venereum (Infektion mit Chlamydia tracho-
matis) und Granuloma inguinale (Infektion mit Calymmato-
bacterium granulomatosis)
J parasitäre Erkrankungen (Filariose)
J rezidivierende Herpes-simplex-Infektionen
J tiefe Beinvenenthrombose
J Malignome
J Operationen (z. B. nach Lymphknotendissektion), Radiatio,
Trauma
4 beidseitige sekundäre Lymphödeme treten auf
5 bei Eiweißmangel und Unterernährung
5 in der Schwangerschaft und prämenstruell
5 bei Herz- und Niereninsuffizienz und chronischen Lebererkran-
kungen

Klinik
4 eindrückbare Schwellungen besonders in abhängigen Körperpartien
4 Stemmer-Zeichen: die Haut über den Zehen kann nicht mit den Fingern
als Falte abgehoben werden
4 ggf. Elephantiasis (ausgeprägte unförmige Schwellungen)
4 bei längerer Bestandsdauer der Lymphödeme verruziforme Hyperkera-
tosen und papillomatöse Plaques
4 Komplikationen: sekundäre Infektionen, insbesondere Erysipel

> Memo Die Bezeichnung Elephantiasis nostras grenzt in »unseren«


Regionen erworbene massive Lymphödeme von der Elephantiasis tropica,
die durch Filarien hervorgerufen wird, ab.

Diagnostik
4 Abklärung möglicher Grunderkrankungen
4 Infektionsdiagnostik
4 ggf. bildgebende Diagnostik

Therapie
4 soweit möglich, Behandlung der Grundkrankheit
4 Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen der Klassen II, III
oder IV
4 physikalische Entstauungstherapie
4 gute Hautpflege unter Einbeziehung antiseptischer Externa zur Ver-
meidung infektiöser Komplikationen
4 Sanierung möglicher Eintrittspforten
320 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems

Eigene Notizen 29.7 Diabetische Ulzera

4 Diabetes mellitus erfasst als Multisystemerkrankung auch das Gefäß-


und periphere Nervensystem: diabetische Fußulzera mit dem Risiko der
Infektion (»diabetischer Fuß«)
4 diabetische Makroangiopathie
5 ähnelt der Arteriosklerose, tritt jedoch deutlich früher auf
5 ist neben der Neuropathie wesentlich für den »diabetischen Fuß«
verantwortlich und führt bis hin zur diabetischen Gangrän
4 diabetische Mikroangiopathie
5 beginnt bereits bei prädiabetischer Stoffwechsellage und geht mit
der Verdickung der Basalmembran von Arteriolen, Kapillaren und
Venolen einher
5 Beeinträchtigung der Mikrozirkulation
4 distale symmetrische Neuropathie
5 wird bei über 80% der Patienten mit »diabetischem Fuß« be-
obachtet
5 verminderte Schmerzempfindung und Dysfunktion der Moto-
neurone
5 es resultieren Fußdeformitäten und Hypohidrose, die das Auftreten
29 von Ulzerationen begünstigen

Klinik
4 Ulzerationen an mechanisch belasteten Stellen durch repetitive (Baga-
tell-)Traumen, Druck (enges Schuhwerk) und Scherkräfte besonders an
der Plantarseite über den Metatarsalköpfchen sowie an (Groß-)Zehen
und Fersen
4 Ulzera wirken wie ausgestanzt und sind häufig von einem Kallussaum
umgeben
4 Okklusion besonders der tibialen und peronealen Arterien, während
die A. poplitea meist gut palpabel ist
4 Komplikationen: Infektionen (Erysipel, Phlegmone, Tinea pedum,
Osteomyelitis), Gangrän

Diagnostik
4 Labordiagnostik (Glucose und HbA1c; CRP und Blutbild zur Diagnos-
tik von Infekten)
4 mikrobiologische Abstriche von Ulzera
4 bei Ulzerationen unklarer Ätiologie Entnahme einer Probebiopsie zum
Ausschluss von Malignomen, Vaskulitis und Pannikulitis
4 Duplexsonographie der Arterien; ggf. MRT-Angiographie
4 bei Verdacht auf Osteomyelitis Bildgebung (Röntgen, MRT bzw.
Knochenszintigraphie)

Differenzialdiagnose
4 Ulzera anderer Genese (bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit,
Vaskulitis, Malignomen, Pyoderma gangraenosum u. a. m.)
29.7 · Diabetische Ulzera
321 29
Therapie Eigene Notizen
4 Druckentlastung und Vermeidung von Deformitäten durch angemes-
senes orthopädisches Schuhwerk
4 Vermeidung von Bagatelltraumen
4 gute Fußpflege unter Einbeziehung antiseptischer Externa zur Ver-
meidung infektiöser Komplikationen
4 Optimierung der metabolischen Einstellung
4 Débridement der Ulzera und Versorgung mit Wundauflagen (Hydrogel,
Hydrokolloid, Alginat)
4 im Falle von Infektzeichen systemische Antibiotikagabe
4 topische Antimykotika bei Vorliegen einer Tinea pedum
4 ggf. chirurgische Revaskularisation; Amputation als Ultima ratio
30

Tag 3 – Dermatologie

30 Proktologie
P. Mayser

30.1 Hämorrhoidalleiden – 323

30.2 Fissuren und Fisteln der Anal- und Rektalregion – 324


30.2.1 Analfissur – 324
30.2.2 Anorektalfisteln – 324
30.2.3 Analvenenthrombose – 325

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_30, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
30.1 · Hämorrhoidalleiden
323 30
30.1 Hämorrhoidalleiden Eigene Notizen

4 Hyperplasie der physiologischen Schleimhautpolster (Corpus caver-


nosum recti, wichtig für Erhaltung der Feinkontinenz)
4 bei Beschwerden = Hämorrhoidalleiden
4 genetische Disposition; wird begünstigt durch chronische Obstipation
mit starkem Pressen bei der Defäkation

Klinik
4 meist bei 3°°, 7°° und 11°° in Steinschnittlage
4 Grad I
5 nur proktoskopisch sichtbare vergrößerte Hämorrhoidalknoten
5 gelegentlich Blutung
4 Grad II
5 insbesondere beim Pressen Prolaps der Knoten aus dem Analkanal
5 spontane Retraktion
5 Symptome: Blutung, Nässen, Juckreiz
4 Grad III
5 permanentes Prolabieren bei Druck, aber noch reponibel
5 Symptome: Blutung, Nässen, Juckreiz, Ekzem
4 Grad IV
5 Analprolaps, nicht reponibel
5 ggf. Schmerzen infolge von Inkarzeration und/oder Thrombosie-
rung

Diagnostik
4 Inspektion der Analregion, ggf. auch unter Pressen, Palpation
4 Proktoskopie

Therapie
4 ballaststoffreiche Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Ver-
meidung zu starken Pressens bei der Defäkation; keine Laxanzien
4 »Analgymnastik«: ggf. unter Verwendung eines Analdehners mehrmals
täglich Analsphinkter kontrahieren
4 Sklerosierungsbehandlung (»Verödung«) und Gummibandligatur bei
Grad I-II, operativ-chirurgische Therapie bei Grad III und IV
4 Externa (Cremes, Salben, Suppositorien) allenfalls kurzfristig zur sym-
ptomatischen Anwendung
4 ! Cave Langfristige Anwendung von Externa sollte bei Hämorrhoidal-
leiden vermieden werden, da hohes Risiko einer Typ-IV-Sensibilisie-
rung mit Entwicklung eines Kontaktekzems.
324 Kapitel 30 · Proktologie

Eigene Notizen 30.2 Fissuren und Fisteln


der Anal- und Rektalregion
30.2.1 Analfissur

4 meist bei 6°° in Steinschnittlage schmerzhafte Fissur (akut) bzw. Ulkus


(chronisch)
4 oft bei erhöhtem Sphinktertonus, z. B. in Zusammenhang mit Hämor-
rhoidalleiden

Klinik
4 besonders nach Defäkation ausgeprägte Schmerzsymptomatik, da-
her Vermeidungsverhalten mit resultierender Obstipation (Teufels-
kreis)
4 fibrinös belegte, einige Millimeter breite Fissur bzw. Ulkus mit ver-
härtetem Randwall
4 proximal hypertrophe Analpapille, distal vor der Fissur sogenannte Vor-
postenfalte
4 erhöhter Sphinktertonus

Therapie
4 Stuhlregulation
30 4 Unterspritzen mit Lokalänasthetika
4 Auftragen von Glycerolnitrat-Creme mehrmals täglich zur Reduktion
des Spinktertonus (unerwünschte Wirkungen: Kopfschmerz, Blut-
druckabfall)
4 Injektion von Botulinumtoxin (unerwünschte Wirkung: passagere In-
kontinenz)
4 chronische Fissuren erfordern chirurgische Sanierung

30.2.2 Anorektalfisteln

4 perianal mündender, eitriges Sekret absondernder, epithelisierter Fistel-


kanal, ausgehend von einer Krypte
4 verschiedene Verläufe (submukös, transsphinktär durch den Schließ-
muskel, intersphinktär zwischen innerem und äußeren Muskel sowie
extrasphinktär)
4 oft im Gefolge von Krypten- oder periproktitischen Abszessen auftre-
tend
4 weitere Ursachen: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (M.
Crohn, Colitis ulcerosa), Divertikulitis, Kryptitis, Tumoren

Klinik
4 Schmerzen, bei Verhalt Fieber
4 aus der leicht geröteten perianalen Öffnung entleert sich auf Druck
Eiter
30.2 · Fissuren und Fisteln der Anal- und Rektalregion
325 30
Diagnostik Eigene Notizen
4 palpatorisch verdickter Knoten der Ausgangskrypte/-papille
4 Rektoskopie
4 Darstellung komplexer Fistelverläufe mittels MRT des Beckenbodens

Therapie
4 operative Fistelspaltung und Abszessdrainage unter Schonung des Kon-
tinenzapparates
4 ggf. Fadendrainage

30.2.3 Analvenenthrombose

4 akut schmerzhaftes Krankheitsbild durch Thrombosierung einer Anal-


vene

Klinik
4 akute Entwicklung eines sehr schmerzhaften, prallelastischen, blauroten
Knotens am Analring
4 Abheilung oft mit einer Mariske (perianale, schlaffe, fibrosierte Haut-
falte), keine Füllung beim Pressen

Therapie
4 Stichinzision in Lokalanästhesie zur Entfernung der Koagula
4 nach Beschwerderückgang proktologische Untersuchung und evtl. The-
rapie eines zugrunde liegenden Hämorrhoidalleidens
4 Marisken: bei erschwerter Analhygiene Abtragung vergrößerter
Marisken
31

Tag 3 – Dermatologie

31 Andrologie
A. Jung

31.1 Infertilität – 327

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_31, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
31.1 · Infertilität
327 31
31.1 Infertilität Eigene Notizen

4 Ausbleiben einer Konzeption trotz regelmäßigen ungeschützten Ge-


schlechtsverkehrs nach einem Jahr
4 ca. 10–20% aller Paare mit Kinderwunsch betroffen
4 > Memo Die Ursache liegt zu etwa gleichen Teilen bei Mann und Frau,
wobei eine Fertilitätseinschränkung eines Partners durch »optimale
Bedingungen« beim anderen kompensiert werden kann.

Ätiologie beim Mann


4 genetische Ursachen: z. B. Klinefelter-Syndrom, Kallmann-Syndrom,
Y-chromosomale Deletionen, kongenitale bilaterale Aplasie der Vasa
deferentia z. B. im Rahmen einer Mukoviszidose
4 Lageanomalien der Testes: u. a. auch bei Zustand nach operativ in den
ersten Lebensjahren behobenem Hodenhochstand
4 Tumoren: z. B. im Hoden (Seminome, Teratome), Hypophysenprolak-
tinome
4 Varikozele: gestörter Rückfluss des venösen Blutes aus dem Hoden im
Plexus pampiniformis mit Beeinträchtigung der testikulären Thermo-
regulation
4 aufsteigende Infektionen der Samenwege: früher häufig hervorgerufen
durch Gonorrhö, heute meist durch klinisch stumm verlaufene Infekti-
onen mit gram-negativen Bakterien, Chlamydien und Mykoplasmen;
bei Zustand nach Mumpsorchitis
4 immunologische Ursachen: Autoantikörperbildung gegen Spermato-
zoen
4 exogene Ursachen: Medikamente (z. B. Anabolika, Zytostatika), ionisie-
rende Strahlung, Hitze, Umweltnoxen, Nikotin und Alkohol
4 Auftreten im Rahmen von Allgemeinerkrankungen: z. B. Leberzirrhose,
Niereninsuffizienz
4 Samendepositionsstörungen: z. B. Ejaculatio praecox (»ante portas«),
erektile Dysfunktion
4 idiopathisch

Diagnostik
4 klinische Untersuchung im Stehen, um eine Varikozele mittels Valsalva-
Manöver (Blutrückfluss bei Bauchpresse im Plexus pampiniformis)
verifizieren zu können
4 Normalbefund: Samenleiter als derber Strang ausgehend vom Neben-
hoden gut tastbar
4 sonographische Darstellung von Hoden, Nebenhoden, Bläschendrüsen
und Prostata
4 entsprechen Stimmlage, Körperbehaarung, Körperproportion, Bart-
wuchs und Geheimratsecken dem männlichen Phänotyp, so ist Andro-
genmangel unwahrscheinlich
4 vermindertes Hodenvolumen (Norm: pro Seite jeweils ≥12 ml) kann auf
gestörte Spermatogenese hinweisen
4 höckrige Hodenoberfläche bei Vorliegen eines Hodentumors
328 Kapitel 31 · Andrologie

Eigene Notizen 4 Ejakulatuntersuchung nach WHO 2010


5 Referenzwerte, die an einem Kollektiv von Männern (aus mehreren
Kontinenten) erhoben wurden, die in dem der Samenanalyse
vorausgehenden Jahr auf natürlichem Wege eine Schwangerschaft
erzielt hatten . Tabelle

Parameter Untergrenze
(95%-Perzentile)

Ejakulatvolumen (ml) 1,5

Spermatozoengesamtzahl (×106 pro Ejakulat) 39

Spermatozoenkonzentration (×106 pro ml) 15

Gesamtmotilität (%) 40

Progressivmotilität (geradliniges Bewegungsmuster in %) 32

Vitalität (%) 58

Spermatozoenmorphologie (Normalformen in %) 4

4 Die Referenzwerte dienen als Orientierungshilfe und stellen keine klare


Grenze zwischen fertil und infertil dar. Die Fertilitätsprognose eines
Paares hängt beim Nachweis von im Referenzbereich oder auch darun-
ter liegenden Ejakulatparametern insbesondere auch ab von der bishe-
31 rigen Zeitdauer des unerfüllten Kinderwunsches und der Situation bei
der Partnerin
4 Nomenklatur . Tabelle

Nomenklatur und Definitionen

Normozoo- Spermatozoengesamtzahl sowie Prozentsatz der progressiv


spermie motilen und der normal geformten Spermatozoen auf oder
über der jeweiligen Referenzwertgrenze

Asthenozoo- Prozentsatz der progressiv motilen Spermatozoen unter der


spermie Referenzwertgrenze

Oligozoospermie Spermatozoengesamtzahl unter der Referenzwertgrenze

Teratozoosper- Prozentsatz der normal geformten Spermatozoen unter der


mie Referenzwertgrenze

Azoospermie keine Spermatozoen im Ejakulat nachgewiesen (unter Angabe


der verwendeten Analysenmethode)

Kryptozoopermie keine Spermatozoen im Nativpräparat, aber im Zentrifugat

Hämospermie Erythrozyten im Ejakulat

Aspermie kein antegrades Ejakulat (z. B. retrograde Ejakulation in die Blase)


31.1 · Infertilität
329 31
Therapie Eigene Notizen
4 rational
5 bei »idiopathisch«-hypogonadotropem Hypogonadismus, Kall-
mann-Syndrom oder Hypophyseninsuffizienz: Gonadotropine
oder GnRH
5 bei Prolaktinom: Dopaminagonisten
5 bakterielle Infektionen: Antibiotika
5 chronische Allgemeinerkrankungen: Therapieoptimierung
5 Medikamente, Drogen, Anabolika, Genussmittel: Karenz
5 obstruktive Azoospermie: Epididymovasostomie, Vasovasostomie,
testikuläre Spermatozoenextraktion
5 erektile Dysfunktion: Phosphodiesterase-5-Hemmer
5 retrograde Ejakulation: Imipramin, Midodrin
5 Ejaculatio praecox: Dapoxetin
4 empirisch
5 immunologische Infertilität: Immunsuppression
5 Varikozele: Sklerosierung
5 idiopathische Infertilität: Tamoxifen
4 symptomatisch
5 assistierte Reproduktion: intrauterine Insemination, In-vitro-Ferti-
lisation, intrazytoplasmatische Spermatozoeninjektion (ICSI)
32

Tag 4 – HNO

32 Ohr, Otobasis
M. Westhofen

32.1 Erkrankungen des äußeren Ohrs – 333


32.1.1 Dysplasie des äußeren Ohrs – 333
32.1.2 Atherome – 335
32.1.3 Verletzungen des äußeren Ohrs – 336
32.1.4 Entzündungen des äußeren Ohrs und des Gehörgangs – 337
32.1.5 Tumoren des äußeren Ohrs – 339

32.2 Erkrankungen des äußeren Gehörgangs – 341


32.2.1 Gehörgangsatresie – 341
32.2.2 Entzündungen des äußeren Gehörgangs – 341
32.2.3 Tumoren des äußeren Gehörgangs – 341

32.3 Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells


und der Otobasis – 342
32.3.1 Traumatische Trommelfellperforation – 342
32.3.2 Felsenbeinfraktur – 343
32.3.3 Entzündungen des Mittelohrs und Mastoids – 343
32.3.4 Nicht-entzündliche Erkrankungen des Mittelohrs – 348
32.3.5 Tumoren des Mittelohrs und Mastoids – 349

32.4 Erkrankungen des Innenohrs – 350


32.4.1 Fehlbildungen des Innenohrs – 350
32.4.2 Verletzungen des Innenohrs – 354
32.4.3 Toxischer Schaden des Innenohrs – 355
32.4.4 Entzündungen des Innenohrs – 355
32.4.5 Hörsturz – 356
32.4.6 Tinnitus – 357
32.4.7 Morbus Menière und Menière-Syndrom – 358
32.4.8 Vestibularisneuropathie – 359
32.4.9 Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel – 360
32.4.10 Superiore Bogengangsdehiszenz – 361

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_32, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
32.5 Erkrankungen des Felsenbeins – 361
32.5.1 Frakturen des Felsenbeins – 361
32.5.2 Idiopathische und entzündlich verursachte Fazialisparesen – 363
32.5.3 Entzündungen des Felsenbeins und der Felsenbeinspitze – 363
32.5.4 Otitits externa maligna (necroticans) – 363
32.5.5 Tumoren des Felsenbeins – 364
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
333 32
32.1 Erkrankungen des äußeren Ohrs Eigene Notizen

32.1.1 Dysplasie des äußeren Ohrs

4 Formanomalie des äußeren Ohrs durch partielle Fehlanlage oder gänz-


liches Fehlen
4 Fehlbildungen durch Entwicklungsstörung des 1. und 2. Kiemenbogens,
1. Kiemenfurche
4 isoliert oder kombiniert mit Fehlbildung des Mittelohrs, Innenohrs
oder mit kraniofazialen, selten mit ohrfernen Fehlbildungen
4 Mikrotie: 1:5.000–1:20.000 Geburten, in 50% der Fälle syndromal
4 Anotie: Inzidenz 0,1‰, ein- oder beidseitig
4 5% aller Geburten mit Dysplasie Grad I (Otabtosis, Fistel, Aurikularan-
hänge)
4 Atresie des äußeren Gehörgangs mit Inzidenz 1:10.000–1:20.000 der
Geburten (. Tabelle)
4 Anomalie des äußeren Ohrs allein ohne Relevanz für Hörvermögen
4 Gehörgangsstenose oder Atresie führen zu Schallleitungsschwerhörig-
keit
4 bei einseitigem Vorliegen oft eingeschränkte hör- und schulische Ent-
wicklung, bei bilateraler Betroffenheit erhebliche Behinderung mit 80%
Grad der Behinderung (GdB)
4 Verhältnis Männer : Frauen = 2,5 : 1

Einteilung der Dysplasie des äußeren Ohrs bzw. der Gehörgangsatresie

Grade der Dysplasie des äußeren Ohrs nach Weerda

Grad I Fehlbildung ohne wesentliches Fehlen von Haut- und Knorpelstrukturen

Grad II äußere Form erhalten, jedoch Defizit an Haut und/oder Knorpel mit Not-
wendigkeit des plastischen Ersatzes bei Korrektur, äußerer Gehörgang oft
verengt

Grad III vollständiges oder nahezu vollständiges Fehlen des äußeren Ohrs, Lobulus
ventralwärts verlagert, äußerer Gehörgang fehlt oder stark verengt

Grade der Gehörgangsatresie nach Weerda

Typ A Gehörgangsstenose mit intakten Hautschlauch

Typ B partielle Atresie mit Atresieplatte im mitteren Anteil

Typ C komplette knöcherne Atresie

Ätiologie
4 chromosomale Aberrationen (Gen 5q32-3.1.)
4 embryonale oder fetale externe Schädigung (z. B. Röteln)
4 gemeinsam mit mandibulofazialer Fehlbildung (Francheschetti-
Syndrom, Berry-Treacher-Collins-Syndrom) (7 Abschn. 32.4.1)
334 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Klinik


4 gestörtes Ohrrelief, meist Fehlen des Crus anthelicis, Vergrößerung des
Concha-Mastoid-Abstands
4 Tassenohrdeformität als häufigste schwerwiegende Fehlbildung
4 Gehörgangsatresien häutig oder knöchern (. Tabelle)
4 Größe im Verhältnis zu Kopfgröße verkleinert (Mikrotie) oder ver-
größert (Makrotie)
4 Einteilung der Dysplasie des äußeren Ohrs in 3 Grade (I–III)
(. Tabelle)
4 für kombinierte Fehlbildungen des äußeren und Mittelohrs Prognose-
Score nach Jahrsdoerfer (. Tabelle)

Prognose der Funktionsergebnisse operativer Korrektur nach CT des Felsen-


beins (nach Jahrsdoerfer)

Punkte Kriterium

2 Stapes vorhanden

1 ovales Fenster vorhanden

1 Mittelohrkavität vorhanden

1 N. facialis beteiligt oder involviert

1 Hammer/Amboss beteiligt

1 Mastoid pneumatisiert

1 Amboss-Stapes-Verbindung erhalten

1 rundes Fenster normal


32
1 äußeres Ohr normal

Maximale Punktzahl = 10, 10 = exzellentes, 9 = sehr gutes, 8 = gutes, 7 = angemes-


senes, 6 = grenzwertiges, 5 = mäßiges oder schlechteres Ergebnis zu erwarten

4 Aurikularfistel oder -zyste


5 Typ I (meist präaurikulär, epitheliale Auskleidung)
5 Typ II (vom Halsbereich zum Gehörgang oft in Nachbarschaft des
N. facialis), selten als doppelter Gehörgang. Sekretion aus der Fistel,
sekundär akute Superinfektion
4 Aurikularanhänge, Wangenanhänge (Melotie)

Diagnostik
4 Inspektion, Photodokumentation
4 Ausmessen Concha-Mastoid-Winkel, Helix-Mastoid-Abstand
4 ggf. Sondierung der Fistel
4 Mikrootoskopie
4 Prüfen der Luft- und Knochenleitungsschwelle im Vorschulalter durch
objektive Audiometrieverfahren mittels BERA
4 ggf. ASSR (Tieftonhören), positive Befunde oft bei Typ-II-Fehlbildung
(s. oben)
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
335 32
Therapie Eigene Notizen
4 Makrotie
5 operative Verkleinerung nach Cheyne und Burghard
5 nach Gersuny durch Haut- und Knorpelresektion
4 Mikrotie
5 2–4 Schritte zum Aufbau (Knorpelgewinnung aus Rippe, Ohr-
läppchenpositionierung, Formen der retroaurikulären Falte, Tragus-
aufbau)
5 alternativ Implantation einer Polyethylenform und parietotempora-
lem Faszien- und/oder Kutislappen (nach Berghaus)
5 Beginn im 4.–7. Lebensjahr
5 Hörverbesserung durch knochenverankertes Hörgerät oder besser
durch Mittelohrimplantat (MOI) (. Abb. 46i, Farbteil), einem Im-
plantat, das durch elektromechanischen Wandler die Gehörknöchel-
chenkette bewegt. Energie und Signal zur Ansteuerung des Im-
plantats werden von außen durch einen batteriegetriebenen Audio-
prozessor durch die geschlossene Haut gesendet und dort dekodiert
und an den elektromechanischen Wandler weitergegeben (. Abb.
42, Farbteil)
5 ggf. Cochlea-Implantat (CI) bei kochleärer Gehörlosigkeit oder
Ertaubung auch bei unilateralem Befund (. Abb. 43, Farbteil)
4 Otabtosis
5 Resektion – oder besser Anschleifen – des Knorpels mit Nahttechnik
von retroaurikulärem Zugang
5 Hautresektion
4 Fistel, Zyste
5 Exzision nach Farbstoff-Gel-Füllung, ggf. unter Fazialismonitoring

32.1.2 Atherome

4 fehlerhafter Neuralrohrverschluss mit kongenitaler Epidermoidzyste


der Aurikularregion

Klinik
4 derber Knoten periaurikulär, größenprogredient, dann oft teigig, prall
oder fluktuierend
4 Superinfektion mit akuter Rötung und Schwellung, Druckgefühl und
Schmerz

Diagnostik
4 Inspektion
4 Palpation
4 Differenzialdiagnose: Halslymphknotenschwellung

Therapie
4 Exzision
4 ggf. bei Superinfektion vorausgehend lokale Therapie (Betaisodona)
und systemische Antibiotikagabe (Clindamycin oder Flucloxacillin)
336 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 32.1.3 Verletzungen des äußeren Ohrs

Othämatom (. Abb. 44, Farbteil), Otserom


4 akzidentell oder traumatisch Ansammlung von Exsudat (Serom) oder
Blut (Hämatom) zwischen Knorpel und Perichondrium
4 bei Persistenz Knorpelnekrose und nachfolgend narbige Verziehung des
Reliefs des äußeren Ohrs (Boxer-, Ringer-, Blumenkohlohr)

Diagnostik
4 Inspektion: Verstreichen des Reliefs
4 Photodokumentation obligat
4 Palpation: weiche, prall-elastische Schwellung ohne Rötung

Therapie
4 Inzision von retroaurikulär wahlweise in Lokalanästhesie
4 Knorpelfensterung
4 Entfernen des Seroms/Hämatoms von der Rück- und Vorderseite des
Ohrs
4 Matratzennähte über Schaumstoffplatten

Verletzungen der Haut, des Knorpels, des Lobulus


4 Schnitt-, Platz-, Bisswunden, Erfrierung mit Beteiligung von Haut,
Perichondrium und Knorpel
4 im weiteren Verlauf hypertrophe Narbenbildung oder Keloid (prolife-
rierende Narbe; . Abb. 45, Farbteil) möglich

Klinik
32 4 oft Schmutztätowierung
4 abgetrennte Knorpelanteile werden bisweilen mitgebracht
4 > Memo Knorpel kann wegen seiner bradytrophen Eigenschaft reim-
plantiert werden.
4 bei Erfrierung bläuliche Verfärbung und Nekrosen (Pernio)

Diagnostik
4 Inspektion
4 Photodokumentation obligat
4 Prüfen des Tetanusschutzes

Therapie
4 abgetrennten Knorpel in frischem Zustand säubern, desinfizieren und
in retroaurikuläre Hauttasche implantieren
4 chirurgisches Débridement der Wundränder an Haut und Knorpel
4 primäre Naht innerhalb von ca. 6 h
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
337 32
32.1.4 Entzündungen des äußeren Ohrs Eigene Notizen
und des Gehörgangs

Perichondritis, Erysipel
4 Erysipel: akute Entzündung der Subkutis retroauriculär und des äuße-
ren Ohrs unter Einschluss des Lobulus meist einseitig lokalisiert meist
durch Streptococcus pyogenes Gruppe A und Ausbreitung über lokale
Lymphwege
4 Perichondritis: akute Entzündung der perichondralen Schicht durch
Hautverletzung, ohrnahe Furunkel oder fortgeleitet bei Otitis externa
meist einseitig meist durch Streptococcus pyogenes Gruppe A
4 rezidivierendes Auftreten meist beidseitig bei rezidivierender Polychon-
dritis (Meyenburg-Altherr-Uehlinger-Syndrom) = Autoimmunopathie

Klinik
4 hochakute Rötung und schmerzhafte Schwellung bei Perichondritis un-
ter Aussparung des Lobulus. Lokale Lymphknotenvergrößerung
4 Ausbreitung in Gesichtsweichteile und Parotisloge

Diagnostik
4 Inspektion
4 Photodokumentation
4 bei rezidivierendem Auftreten Biopsie des Knorpels

Therapie
4 Cephalosporin 2. Generation (Cefuroxim) i.v.
4 lokal Sprühdesinfektion
4 ggf. Salben mit Gentamicin oder Betaisodonna
4 bei rezidivierender Polychondritis Prednisolon oral (60 mg/Tag), bei
Generalisierung Immunsuppression (Imurek 10 mg/Tag)

Herpes zoster oticus (Ramsay-Hunt-Syndrom)


4 Herpes-Zoster-Infektion des Ohrs
4 Reaktivierung des latenten Varicella-Zoster-Virus in den extramedul-
lären Ganglien des VII. und VIII. Hirnnerven mit Funktionsausfall und
Ausbreitung der Infektion über die sensiblen Nerven in das tributäre
Hautareal
4 therapieresistente Schmerzen (Zoster-Neuralgie) als Spätfolge möglich

Klinik
4 Frühphase mit Bläschenbildung und Schmerz
4 zeitlich abfolgende Funktionsausfälle
5 periphere Fazialisparese
5 Hörminderung ipsilateral
5 Schwindelbeschwerden
5 Schmeckstörung bei Beteiligung der Chorda tympani
4 Superinfektion möglich
338 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Diagnostik


4 Inspektion
4 Mikrootoskopie
4 Antikörper-Titer auf Varizella-Zoster-Virus für Akutdiagnostik nicht
geeignet
4 Fazialis-Funktionsprüfung
4 Tonschwellenaudiogramm
4 Kopf-Impuls-Test zur Bogengangprüfung
4 VEMP zur Otolithenfunktionsprüfung
4 subjektive Gustometrie
4 Stapediusreflexprüfung impedanzaudiometrisch
4 Schirmer-Test zur Prüfung der Tränensekretion

Therapie
4 Aciclovir i.v. (5 mg/kg KG 4× täglich über 7 Tage)
4 Prednisolon 60 mg/Tag über 2 Tage, dann abfallend
4 Analgetika

Otitis externa
4 akute Dermatitis nach Verletzung z. B. bei Gehörgangssäuberung,
Rhagaden, fortgeleitet bei Furunkel des Gehörgangseingangs, bei akuter
Parotitis
4 Superinfektion bei atopischer Dermatitis des äußeren Gehörgangs (An-
algetikaintoleranz, Allergie, Kontaktallergie auf Hörgerätepassstück,
Haarspray)
4 Komplikation bei Otorrhoe: Superinfektion des feuchten äußeren
Gehörgangs mit Pilzen (Gehörgangsmykose), bei ungepflegter Radikal-
32 höhle Superinfektion unter Krusten und Zerumen
4 maligne Otitis externa (7 Abschn. 32.1.5)
5 chronischer Verlauf als Komplikation des Diabetes mellitus mit
nekrotisierender Ostitis des Felsenbeins und Beteiligung der Ge-
hörgangshaut
5 Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa
5 progrediente Hirnnervenausfälle Nn. VII, VIII
5 unbehandelt Risiko der Meningitis, Hirnabszess, letaler Ausgang

Klinik
4 Tragusdruckschmerz
4 Otalgie
4 Otorrhoe ggf. fötide
4 Verschwellen des Gehörgangs mit Schallleitungsschwerhörigkeit
4 Vorwölbung der Gehörgangshinterwand (Pseudomastoiditis)

Diagnostik
4 Medikamenten- und Berufsanamnese
4 mikrobiologischer Abstrich
4 bei chronischem Verlauf Allergietestung
4 Mikrootoskopie
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
339 32

4 Computertomographie des Felsenbeins Eigene Notizen


4 ggf. 3-Phasen-Knochenszintigramm zum Nachweis der Osteomyelitis
4 ggf. Biopsie zum Tumorausschluss

Therapie
4 lokale Desinfektion mit alkoholischer Fuchsinlösung
4 Antibiotika systemisch und lokal durch Salbenstreifen nach Abstrich-
ergebnis
4 ! Cave Keine ototoxischen Antibiotika in Tropfenform bei Trommel-
fellperforation oder liegendem Paukenröhrchen!
4 bei maligner Otitis externa (7 Abschn. 32.5.4): Ciprofloxazin i.v., früh-
zeitige operative Resektion des osteomyelitischen Knochens durch Fel-
senbeinteilresektion

32.1.5 Tumoren des äußeren Ohrs

4 Chondrodermatitis nodularis chronica helicis


5 zirkumskripte Perichondritis des Ohrs ungeklärter Ätiologie
5 langsame Größenzunahme
4 Basalzellkarzinom
5 maligner Tumor der Basalzellschicht der Haut ohne Metastasie-
rungspotenz
5 lokal destruierendes Wachstum
4 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom)
5 maligner Tumor der Keratinozyten der Haut
5 meist geht die aktinische Keratose voraus
5 Tumor wächst lokal destruierend, metastasiert vorwiegend in die
Halslymphknoten
5 Auftreten vor allem an lichtexponierten Hautpartien
4 malignes Melanom
5 extrem maligner Tumor der Melanozyten der Haut (tritt auch im
Bereich der Schleimhaut sowie der Retina auf)
5 Metastasierung früh lymphogen und hämatogen
5 wächst lokal destruierend

Klinik
4 Chondrodermatitis nodularis chronica helicis: schmerzhaftes Knöt-
chen am Helixrand meist ca. 5 mm Durchmesser, zentrale Ulzeration
4 Basalzellkarzinom: s. unten
4 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom): in 20% der Fälle lymphogene Me-
tastasierung
4 malignes Melanom: s. unten, Einteilung . Tabellen
4 bei den drei o. g. Tumoren ist eine sichere Differenzierung anhand kli-
nischer Kriterien nicht möglich. Das melanotische maligne Melanom
fällt durch die Schwarzfärbung auf, bei amelanotischen Melanomen
fehlt die Schwarzfärbung. Meist liegt bei malignen Tumoren eine zen-
trale Ulzeration mit Randwall vor. Exophytische Tumoren mit ulze-
rierter wie auch mit geschlossener Oberfläche kommen vor
340 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Clark-Level des malignen Melanoms, Einteilung des Stadiums nach Eindring-
tiefe
Level I Tumorausbreitung intraepidermal

Level II Stratum papillare erreicht

Level III Stratum papillare breit infiltriert

Level IV Stratum reticulare erreicht

Level V subkutanes Fettgewebe erreicht

T-Klassifikation des malignen Melanoms gemäß AJCC (American Joint Com-


mittee of Cancer)
Stadium Tumordicke nach Breslow Ulzerationsstatus
T1 <1 mm a: ohne Ulzeration und Level II/III
b: mit Ulzeration oder Level IV/V

T2 1,01–2,0 mm a: ohne Ulzeration


b: mit Ulzeration

T3 2,01–4,0 mm a: ohne Ulzeration


b: mit Ulzeration

T4 >4,0 mm a: ohne Ulzeration


b: mit Ulzeration

Diagnostik
4 Inspektion
4 Photodokumentation als obligater Bestandteil der Tumordiagnostik
32 4 Exzision
4 Ausschluss maligner Tumoren (Basalzellkarzinom, Spinaliom, malignes
Melanom) durch histopathologische Untersuchung
4 Echographie der Halslymphknoten
Therapie
4 Chondrodermatitis nodularis chronica helicis
5 Exzision
5 plastische Defektdeckung oder primärer Verschluss
4 Basalzellkarzinom
5 lokale Exzision in den gesunden Grenzen
5 plastische Defektdeckung oder primärer Verschluss
4 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom)
5 lokale Exzision mit 5–8 mm Sicherheitsabstand, regionäre Lappen-
plastik durch Transpositions-, Rotations- oder Insellappen
5 abhängig vom Tumorstadium operative Behandlung der Lymphab-
flusswege (Neck dissection) und postoperative Radiatio
5 bei ausgedehntem Befund Ablatio auris, ggf. totale Parotidektomie
5 bei lymphogener Metastasierung in jedem Fall Strahlentherapie
4 malignes Melanom
5 großzügige Exzision, ohne den Tumor zu inzidieren ( ! Cave Ge-
fahr der Aussaat!) (. Tabelle)
32.2 · Erkrankungen des äußeren Gehörgangs
341 32

Resektionsränder bei Stadien des malignen Melanoms Eigene Notizen

Tumordicke nach Breslow Sicherheitsabstand

In situ 0,5 cm

<1 mm 1 cm

1–2 mm 2 cm

>2 mm 3 cm*

* wenn ohne Morbiditätserhöhung möglich (Österr. Ges. Onkologie 2 2011)

4 bei Dicke >1 mm Sentinel-node-Biopsie (Injektion von Farbstoff + ra-


dioaktiver Tracer, Lymphknotenbiopsie nach Maßgabe des intraopera-
tiv szintigraphisch erfassten maximal speichernden Lymphknotens)
4 bei positivem Tumornachweis bei Abstand <10 cm En-bloc-Resektion,
ansonsten modifiziert radikale Neck dissection ipsilateral
4 Resektion von Fernmetastasen abhängig von Gesamtzustand, Morbidi-
tät und Erfolgsaussicht
4 adjuvante Therapie mittels Immuntherapie (α-Interferon), Chemo-
therapie mit Dacarbacin (DTIC)
4 Palliativtherapie bei nicht-operabler Metastasierung mittels Radiatio
aussichtsreich

32.2 Erkrankungen des äußeren Gehörgangs

32.2.1 Gehörgangsatresie

7 Abschn. 32.1.1

32.2.2 Entzündungen des äußeren Gehörgangs

7 Abschn. 32.1.4.1 und 7 Abschn. 32.5.4

32.2.3 Tumoren des äußeren Gehörgangs

4 gutartig
5 Osteome als Gehörgangsexostosen durch häufigen Kontakt mit kal-
tem Wasser (Taucher, Schwimmer, Surfer mit ca. 50% Inzidenz bei
10-jähriger Exposition; Schwimmer bei 5-jähriger Exposition mit
10 °C temperiertem Wasser!)
5 Adenom (Zeruminom)
4 maligne
5 Basalzell-, Plattenepithelkarzinom, malignes Melanom, seltener:
adenoidzystisches Karzinom, verruköses Karzinom
5 Prognose maligner Tumoren des äußeren Gehörgangs zweifelhaft
342 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Klinik


4 Einengung des Gehörgangslumens oft erst spät bemerkt
4 durch Einengung Obliteration durch Zerumen mit Hörminderung
4 Superinfektion mit Otitis externa
4 bei Ulzeration maligner Tumoren Otorrhö
4 Schwellung der Parotisregion oft als erstes Symptom

Diagnostik
4 Mikrootoskopie
4 Biopsie
4 bei malignen Tumoren Echographie der Gl. parotis und der Halslymph-
knoten, hochauflösende Dünnschicht CT des Felsenbeins

Therapie
4 Osteome werden bei rezidivierender Otitis externa, Schallleitungs-
schwerhörigkeit oder bei Okklusion des äußeren Gehörgangs als Hin-
dernis für eine Hörgeräteanpassung mikrochirurgisch transmeatal ent-
fernt
4 Resektion abhängig von der Tumorausdehnung, ggf. Felsenbeinteilre-
sektion, Parotidektomie, stadienabhängig modifiziert radikale Neck
dissection
4 postoperative Strahlen-Chemotherapie

32.3 Erkrankungen des Mittelohrs,


des Trommelfells und der Otobasis
32 32.3.1 Traumatische Trommelfellperforation

4 durch Verletzung mit spitzem Gegenstand oder durch Einreißen bei


Felsenbeinfraktur (Trommelfellrandbruch) (7 Abschn. 32.3.2), durch
Schweißperle (meist persistierende Perforation) oder Schlag aufs Ohr
4 bei spontanem Einschlagen der Perforationslefze in Richtung Mittel-
ohrkavität Gefahr des Implantationscholesteatoms
4 bei großer Perforation Schallleitungsschwerhörigkeit

Klinik
4 zentrale oder randständige Perforation
4 potenziell Gehörknöchelchen-Kettenluxation und/oder Innenohrtrau-
ma
4 initial blutige Otorrhoe möglich

Diagnostik
4 Mikrootoskopie
4 bei Gewaltdelikt mikro- oder endoskopische Photodokumentation
4 Tonschwellenaudiometrie
4 ggf. Labyrinthfunktionsdiagnostik (Kopf-Impuls-Test, VEMP)
32.3 · Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells und der Otobasis
343 32
Therapie Eigene Notizen
4 Myringoplastik durch Auskrempeln der Perforationsränder und Adap-
tation mittels Fließpapier oder Silikonfolie
4 bei Persistenz Tympanoplastik (Typ I)
4 bei Luxation der Gehörknöchelchenkette oder Fraktur des Amboss
Tympanoplastik mit Ketteninterposition (Typ III)
4 bei Innenohrbeteiligung Prednisolon 250 mg/Tag für 2 Tage, dann ab-
fallend

32.3.2 Felsenbeinfraktur

7 Abschn. 32.5.1

32.3.3 Entzündungen des Mittelohrs und Mastoids

4 akute und chronische entzündliche Erkrankungen der Schleimhaut des


Mittelohrs und des Warzenfortsatzes, die im weiteren Verlauf auch knö-
cherne Strukturen arrodieren

Ätiopathogenese
4 entstehen weit überwiegend durch Tubenventilationsstörung, akute
Otitis media (AOM) durch bakterielle oder virale Infektion, meist
durch aufsteigende Infektion über die Tuba Eustachii oder durch
Tubenventilationsstörung mit vergrößerten Adenoiden (Rachen-
mandeln)
4 im Kindesalter ist daher die sekretorische OM (SOM) eine der häu-
figsten Erkrankungen überhaupt. Sie geht mit Ergussbildung im
Mittelohr einher (»otitis media with effusion«, OME), die Folge einer
Schleimhautmetaplasie des Mittelohrs infolge der chronischen
Tubenventilationsstörung ist. Das Bild wird meist durch intermittie-
rende und rezidivierende AOM verschärft. Durch Viskositätszunahme
des Sekrets entsteht das sog. »Leimohr« (»glue ear«). Eine bakterielle
Superinfektion kann durch Bildung eines Biofilms chronifiziert
werden (. Abb. 46a–c, Farbteil)
4 genetische Ursachen (17q12, AP2B1, CCL5 und in 10q22.3, SFTPA2)
prädisponierend
4 Rauchen der Eltern und frühe Sozialisierung in Kinderhorten u. a.
krankheitsverstärkend
4 nach rezidivierender akuter OM entstehen oft atrophe Trommelfellnar-
ben, die bei fortbestehender chronischer Tubendysfunktion die Retrak-
tion des Trommelfells und damit die weitere Entwicklung der chro-
nischen OM oder des Retraktionscholesteatoms begünstigen
4 bei extremer Retraktion des Trommelfells entstehen die Atelektase des
Mittelohrs und der Adhäsivprozess des Trommelfells. Die chronische
OM kann als chronisch mesotympanale OM, als Cholesteatom oder als
spezifische OM (z. B. Mittelohrtuberkulose) auftreten
344 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 4 Cholesteatom möglich durch:


5 chronisch progrediente Retraktion des Trommelfells vor allem im
Bereich der nur 2-schichtigen Pars flaccida des Trommelfells oder
im Bereich atropher Narben (Verlust der Kollagenschicht [Typ II, IV]
des Trommelfells) (häufig) (. Abb. 46d, Farbteil)
5 Metaplasie der Mittelohrschleimhaut
5 Fehldifferenzierung der Mittelohrschleimhaut (vermutet werden
Fehlbildungen) als genuines Cholesteatom (Cholesteatom hinter
dem geschlossenen Trommelfell), das oft in kindlichem Alter und
mit großer Ausdehnung und erhöhter Rezidivneigung entsteht
4 bei Verschluss des Antrum mastoideum im Rahmen der Grunderkran-
kung Schwellung der Mastoidschleimhaut, ggf. akute Mastoiditis
4 bei Beteiligung der otobasalen Knochenstrukturen können z. T. das Mit-
tel- und Innenohr, die Blutsinus und die Duragrenze entzündlich infil-
triert und zerstört werden → otogene und endokranielle Komplikationen

Klinik
4 . Tabelle

Klinische Bilder der Otitis media

Diagnose Beschwerden Befunde

akute Otitis media

bakterielle OM Otalgie, ggf. Fieber, 1. Phase: Trommelfell gefäßinjiziert,


Hypakusis Schallleitungsschwerhörigkeit
Otorrhoe
2. Phase: Trommelfell gerötet, vorgewölbt,
Schallleitungsschwerhörigkeit
32
3. Phase: Trommelfell stark gerötet, per-
foriert, eitrige Otorrhoe, Schallleitungs-
schwerhörigkeit

Ursachen meist Streptococcus pneumo-


nie, Haemophilus influenzae, Moraxella
catarrhalis, Streptococcus pyogenes,
Staphylococcus aureus
selten: nekrotisierende Scharlach-Otitis
media (durch Bacteriophagen (Viren) in-
nerhalb der Streptococcen ausgeschie-
dene Toxine, kann die Innenrohrfunktion
ausfallen

Grippeotitis starke Otalgie, hämorrhagische Bullae des Trommelfells,


(viral) Hypakusis, ggf. kombinierte Schwerhörigkeit
Schwindel, oft In- selten: nekrotisierende Masern-Otitis
nenohrbeteiligung media

Gradenigo- starke Gesichts- akute Otitis media (vorausgehend)


Syndrom (Pyra- schmerzen als akute Exazerbation der chronischen
midenspitzen- Abduzensparese Otitis media oder des Cholesteatoms
syndrom) fötide Otorrhoe
6
32.3 · Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells und der Otobasis
345 32

Klinische Bilder der Otitis media (Fortsetzung) Eigene Notizen

Diagnose Beschwerden Befunde

chronische Otitis media

sekretorische Ohrgreifzwang Trommelfell vorgewölbt, nicht gerötet,


Otitis media (Kleinkinder), gefäßinjiziert, gelblicher Erguss, Schall-
Hypakusis leitungsschwerhörigkeit

Otitis media mit Otorrhoe trübe, Trommelfellperforation oder Pauken-


Erguss gelblich oder klar, röhrchen in situ, Schallleitungsschwer-
Hypakusis hörigkeit

chronische me- Hypakusis, bisweilen Trommelfell perforiert ohne Beteiligung


sotympanale Otorrhoe des Limbus, mit oder ohne Sekretion,
Otitis media Kettendestruktion selten, Schalllei-
(. Abb. 47a, tungsschwerhörigkeit
Farbteil)

Adhäsivprozess bisweilen ohne nicht übersehbare Retraktionstasche


Beschwerden, oder Adhäsivprozess (Grad 1–4 nach
Hypakusis Sadé), Schallleitungs-SH (<50 dB = Kette
intakt, ≥50 dB = Kettendestruktion)

Cholesteatom chronische fötide Trommelfell perforiert randständig od.


(. Abb. 47b, Otorrhoe, Hörmin- Pars flaccida, ggf. Signalpolyp, mit oder
Farbteil) derung ohne Sekretion, Schallleitungsschwer-
hörigkeit, Kettendestruktion häufig
Komplikationen: Fazialisparese, Bogen-
gangfistel, Meningitis bei Superinfek-
tion; Befunde oft unterschätzt!

Felsenbeinspit- im Einzelfall be- bisweilen symptomarme Vorgeschichte


zencholestea- schwerdefrei oder mit plötzlichem Beginn der Akutsymp-
tom mit kombinierter tomatik, CT-Befund mit Raumforderung
Schwerhörigkeit, der Pyramidenspitze (7 Gradenigo-Syn-
Kopfschmerz, drom)
Abduzensparese

genuines Cho- Frühphase oft symp- Trommelfell geschlossen, nicht immer


lesteatom tomarm, oft als Schallleitungsschwerhörigkeit! Verhalten
kindliches Cholestea- des Cholesteatoms meist aggressiver,
tom, später: Hypaku- höhere Rezidivneigung
sis, Fazialisparese,
Schwindel

Diagnostik
4 Mikrootoskopie
4 Prüfen der Trommelfellbeweglichkeit durch Siegle-Trichter (pneuma-
tische Ohrlupe)
4 Impedanzaudiometrie (Tympanometrie, Tubenfunktionsprüfung [Val-
salva-, Toynbee-Manöver]) nur möglich bei geschlossenem Trommel-
fell
4 Sinustonschwelle naudiometrie
4 Röntgenaufnahme des Mastoids nach Schüller, bei Komplikation hoch-
auflösendes Felsenbein-CT
346 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 4 im Einzelfall Fazialis-Funktionsprüfung, subjektive Gustometrie, bei


ausgedehnten Prozessen Prüfen der N.-abducens-Funktion
4 ggf. Labyrinthfunktionsprüfung (Spontannystagmus, Kopf-Impuls-
Test, VEMP)
4 ggf. Abstrich bei Otorrhoe zur gezielten Antibiotikaauswahl

Therapie
. Tabellen

Behandlung der Otitis media

Diagnose Indikation Therapie

akute Otitis media

bakterielle Schmerzen Paracetamol oder Ibuprofen (oral) ab 12


Otitis media Jahre rectal, Xylometazolin nasal 3-stünd-
lich in der Akutphase

Trommelfell deutlich Amoxicillin oral (Komplikationen nicht


vorgewölbt oder In- signifikant seltener mit Antibiose!)
nenohrbeteiligung,
Fieber

Innenohrbeteiligung, Parazentese, Antibiotika (Amoxicillin,


Schwindel, Fazialis- Makrolide bei Allergie, Cephalosporine
parese 2. Generation nur bei Fehlschlagen der
Therapie)

Infekt obere Luftwege, Xylometazolin Nasentropfen, 3-stündlich,


Nasenatmungsbehin- maximal 5 Tage Dauer
derung
32
Grippeotitis Schmerzen Paracetamol/Ibuprofen, ggf. + Tramadol
(viral)
sensorische Prednisolon 250 mg, dann abfallend
Schwerhörigkeit

Gradenigo- starke Gesichts- Notfallindikation!


Syndrom schmerzen sofortige Hospitalisierung, hochdosierte
(Pyramiden- Abduzensparese Antibiose
spitzen-Syn- fötide Otorrhoe bei weiteren Funktionsausfällen sofortige
drom) Nachweis im CT Operationsindikation
nach CT-Befund transmastoidal, ggf.
retrosigmoidal; transmastoidaler, infra-
labyrinthiner und suprajugulärer Zu-
gangsweg zur Felsenbeinspitze, ggf. Indi-
kation zu Felsenbeinteilresektion und
Labyrinthektomie

sekretorische Muko- oder Mukose- Parazentese und Paukenröhrchen


Otitis media rotympanon bei Re- Nasenracheninspektion, ggf. Adeno-
zidiv oder Persistenz tomie
über 3 Monate

Otitis media Muko- od. Mukosero- Parazentese und Paukenröhrchen


mit Erguss tympanon Nasenracheninspektion, ggf. Adenotomie
6
32.3 · Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells und der Otobasis
347 32

Behandlung der Otitis media (Fortsetzung) Eigene Notizen

Diagnose Indikation Therapie

Otitis media Allergie oder Intole- Antihistaminika oral, ggf. Montelucast


mit Erguss ranzerkrankung

Otorrhoe bei liegen- Paukenröhrchen-Wechsel (Superinfek-


dem Paukenröhrchen tion mit Biofilm!), keine Entfernung!

chronische Trommelfellperforation Tympanoplastik ggf. Kettenrekonstruk-


mesotympa- Otorrhoe tion (Typ IIIb), Attiko-Antrotomie
nale Otitis Schallleitungsschwer- (. Abb. 46e–g, Farbteil)
media hörigkeit

Adhäsiv- Schallleitungsschwer- Tympanoplastik (Typ IIIb), ggf. Radikal-


prozess hörigkeit höhlenoperation

Cholesteatom absolute Operations- Tympanoplastik als geschlossene Technik


indikation = Erhalt der hinteren Gehörgangswand
(bei kleinem Befund) oder offene Technik
= Radikalhöhlenoperation mit 1 Jahr
später nachfolgender Zweitoperation
(»Second-look-Operation« und ggf. Ver-
kleinerung der Höhle [Wiederaufbau der
hinteren Gehörgangswand])

Felsenbein- absolute Operations- mikrochirurgische Entfernung nach CT-Be-


spitzencho- indikation fund transmastoidal, ggf. retrosigmoidal;
lesteatom transmastoidaler, infralabyrinthiner und
suprajugulärer Zugangsweg zur Felsen-
beinspitze, ggf. Indikation zu Felsenbein-
teilresektion und Labyrinthektomie

genuines absolute Operations- Tympanoplastik oder Radikalhöhlen-


Cholesteatom indikation operation

Typen der Tympanoplastik nach Wullstein

TyP Operative Maßnahmen

Typ I Deckung der Perforation mit Faszie oder Knorpel/Perichondrium

Typ II Überbrückung bei Teildefekt der Kette (selten ausgeführt)

Typ III a Kopplung zwischen Trommelfell (oder Transplantat) und Stapes oder
Stapesfußplatte ohne Kettenüberhöhung

b Kopplung mittels Knorpelchip oder Ossikelprothese (Eigenamboßinter-


ponat oder Titanprothese), somit Kettenüberhöhung (PORP oder TORP
s. unten)

Typ IV Auflegen des Trommelfell auf die Stapesfußplatte und Abdecken des
runden Fensters mit Knorpel zur Schallprotektion (selten ausgeführt)

Typ V Fensterungsoperation, d. h. Schallübertragung über artifiziell angelegtes


Bogengangsfenster (selten ausgeführt, historisch)
348 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 4 Techniken der Rekonstruktion der Gehörknöchelchenkette mittels Im-


plantatprothesen
5 PORP (»partial ossicular replacement prosthesis«): Interpositions-
prothese bei erhaltener Stapessuprastruktur
5 TORP (»total ossicular replacement prosthesis«): Interpositionspro-
these bei nicht erhaltener Stapessuprastruktur

32.3.4 Nicht-entzündliche Erkrankungen des Mittelohrs

4 mit Schallleitungsschwerhörigkeit einhergehende Erkrankungen des


Mittelohrs, der Otobasis und der Gehörknöchelchenkette unterschied-
licher, z. T. unbekannter Ätiologie (. Tabelle)

Nicht-entzündliche Erkrankungen der Otobasis

Diagnose Ätiologie, Spontanverlauf

Otosklerose komplexe Erkrankung des Knochens im Felsenbein. Neben exoge-


nen Faktoren werden für familäres Auftreten (autosomal dominant)
genetische Ursachen angegeben (6 bislang noch nicht identifizier-
te Gen-Loci). Ätiologisch wird das RELN-Gen diskutiert. Befunde
sprechen für eine entzündliche Genese mit persistierender Immun-
antwort gegen Masern-Virus-Antigen. Kann im Verbund mit Osteo-
genesis imperfecta und blauen Skleren (van-der-Hoeve-Syndrom)
auftreten. Herdförmige Aktivität von Osteoblasten im Bereich von
Prädilektionsstellen des Os temporale, symptomatisch bedeutsam
in der Labyrinthkapsel (Kapselotosklerose) und am ovalen Fenster,
vor allem an der Fissula ante fenestram. Progrediente Stapesanky-
lose mit Schallleitungsschwerhörigkeit. Vermehrte Aktivität in der
32 Schwangerschaft nicht signifikant. Frauen zu Männer betroffen 2 : 1

idiopathische unbekannte Ätiologie, Fixierung des Hammerkopfs im Kuppelraum


Hammerkopf- durch enge Verhältnisse oder durch Kalzifikation des Hammerliga-
fixation ments mit progredienter Schallleitungsschwerhörigkeit

Sarkoidose Antigen-Präsentation durch Makrophagen gegenüber T-Lympho-


zyten, dadurch pathologisch ausgelöste T-Zellantwort mit Freiset-
zung von Zytokinen, die Granulome induzieren. Sarkoidose ist eine
nicht infektiöse spontane granulomatöse Erkrankung der Schleim-
haut an Mittelohr, Mastoid und Tuba Eustachii. Kann im Rahmen
der generalisierten Sarkoidose (Hauptmanifestation pulmonal)
auftreten. Meist unter dem Bild der chronischen Otitis media
auftretende Otorrhoe und Schallleitungsschwerhörigkeit

Klinik
4 Otosklerose und idiopathische Hammerkopffixation
5 Hörminderung
5 unauffälliger Trommelfellbefund
5 regelrechte Pneumatisation des Mastoids (Röntgen des Mastoids
nach Schüller)
5 Schallleitungsschwerhörigkeit
5 Ausfall des Stapediusreflexes
5 bei Kapselotosklerose kombinierte Schwerhörigkeit
32.3 · Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells und der Otobasis
349 32

4 Sarkoidose Eigene Notizen


5 Mikrootoskopie mit Granulation des Trommelfells histopatholo-
gisch einem Granulom entsprechend
5 Trommelfellperforation und therapierefraktärer Otorrhoe
5 Schallleitungsschwerhörigkeit ipsilateral

Diagnostik
4 Tonschwellenaudiogramm
4 Impedanzaudiometrie
4 Röntgen des Mastoids nach Schüller
4 Stapediusreflexmessung

Therapie
4 Otosklerose, idiopathische Hammerkopffixation
5 abhängig von der Innenohrleistung und dem Schallleitungsanteil
der Schwerhörigkeit Hörgeräteversorgung oder Tympanotomie
5 bei intraoperativem Nachweis der Otosklerose mit Stapesankylose
CO2-laserchirurgische Stapedotomie mit Perforation der ankylo-
sierten Fußplatte und Einsatz einer Titan-Stapesprothese, die am
langen Ambossfortsatz fixiert wird (. Abb. 46h, Farbteil)
5 bei Nachweis der idiopathischen Hammerkopffixation, Kettenun-
terbrechnung, Ambossentnahme, Abstanzen des Hammerkopfs
und Tympanoplastik Typ IIIb mit Titan-Protheseninterposition
(PORP) (7 Abschn. 32.3.3, Tympanoplastik)
4 Sarkoidose
5 Kortikoidtherapie
5 Tympanoplastik bei medikamentöser Beherrschung oder zumin-
dest Stabilisierung des Krankheitsbilds zur Beherrschung der Ohr-
sekretion und zur Hörverbesserung
5 Verlaufskontrolle hierzu notwendig

32.3.5 Tumoren des Mittelohrs und Mastoids

4 seltene Tumoren der Ohrschädelbasis


4 neben Paragangliomen (Glomus-jugulare-, Glomus-tympanicum-
Tumoren) werden sehr selten Metastasen im Felsenbein beobachtet
4 bei 25% der Paragangliome sind Genmutationen Ursache
4 die stark vaskularisierten Paragangliome wachsen langsam raumfordernd
im Mittelohr bzw. im Foramen jugulare, Tumorklassifikation . Tabelle
4 primär maligne Tumoren des Felsenbeins und Metastasen treten sehr
selten auf und sind i. d. R. Zufallsbefunde
350 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Tumorklassifikation der Paragangliome des Felsenbeins nach Fisch

Typ Ausdehnung

Typ A Tumoren mit Ausdehnung bis zum Mittelohr

Typ B Tumore mit Ausdehnung bis in die Paukenhöhle und den Mastoidbereich,
ohne Beteiligung des unteren Labyrinthbereiches

Typ C Tumoren mit Ausdehnung in den unteren Labyrinthbereich des Schläfen-


beins bis zur Felsenbeinspitze

Typ D1 Tumoren mit intrakranieller Ausdehnung von weniger als 2 cm Durchmesser

Typ D2 Tumoren mit intrakranieller Ausdehnung von mehr als 2 cm Durchmesser

Klinik

4 Paragangliome können pulssynchronen Tinnitus und Schallleitungs-


schwerhörigkeit verursachen
4 bei zunehmender Größe treten durch die Raumforderung im Foramen
jugulare Paresen der Nervi glossopharyngeus und vagus (Dysphagie)
sowie des Nervus accessorius (Schulterheberschwäche) auf

Diagnostik
4 Mikrootoskopie mit dunkel rot durchschimmerndem Tumor hinter
dem transparenten Trommelfell, meist im hinteren unteren Quadranten
(. Abb. 48, Farbteil) (Differenzialdiagnose: hochstehender Bulbus venae
jugularis)
4 pulssynchroner Tinnitus ipsilateral
4 Schallleitungsschwerhörigkeit
32 4 bei zunehmender Größe durch Raumforderung im Foramen jugulare
Dysphagie, Parese des Nervus accessorius
4 Bilddiagnostik der Gefäßversorgung des Tumors mittels Angio-CT, An-
gio-MRT oder arterieller Angiographie

Therapie
4 präoperativ Tumorembolisation
4 Zugangsweg abhängig von der Tumorgröße transmastoidal/transzer-
vikal oder transtemporal, ggf. retrosigmoidal
4 in Einzelfällen wird strahlentherapeutisch ggf. auch postoperativ kom-
biniert behandelt
4 Rezidive in weniger als 5% der Fälle

32.4 Erkrankungen des Innenohrs

32.4.1 Fehlbildungen des Innenohrs

4 18% der Fälle durch exogene Ursachen (z. B. pränatale Rötelninfektion,


Hypoxie unter der Geburt, Meningoenzephalitis, Otitis media,
Trauma)
32.4 · Erkrankungen des Innenohrs
351 32

4 weitere 25% genetisch verursacht – 57% unbekannte Ursache Eigene Notizen


4 syndromale Innenohrschwerhörigkeit in 30% der Fälle prälingualer
Taubheit (frühkindlich erworbene Taubheit oder kongenitale Erkran-
kung = Gehörlosigkeit) weit überwiegend bilateral (. Tabellen) (Häu-
figkeiten nach Zahnert 2011)

Syndromale Innenohrschwerhörigkeiten

Syndrom Symptome

dominant

Waardenburg-Syndrom (einige Pigmentstörung Haare, Haut, Iris, Hypertelorismus


Typen autosomal-rezessiv) 2% mit kongenitaler Schwerhörigkeit

branchio-oto-renales Syndrom Niereninsuffizienz, Nierenaplasie


Halsfisteln
Mittelohr- und Innenohrfehlanlagen

Franceschetti-Syndrom (Dysos- mandibulofaziale Dysplasie


tosis mandibulofacialis),
Treacher-Collins-Syndrom

Crouzon-Syndrom Kraniosynostose, Hypertelorismus, Strabismus


divergens, mandibulofaziale Dysplasie

Osteogenesis imperfecta Knochenbrüchigkeit (»Glasknochen«), Skelettde-


formitäten, Herzklappeninsuffizienz, blaue
Skleren, Sklerose der Innenohrkapsel und
Stapesankylose

Apert-Syndrom Akrozephalosyndaktylie

Alport-Syndrom (in 80% der chronisch progrediente Nephropathie, Katarakt


Fälle autosomal-dominant)

rezessiv

Usher-Syndrom Retinitis pigmentosa

Pendred-Syndrom durch Fehlen der Thyreoperoxidase Entwicklung


einer Hypothyreose durch Mutation des Pendrin
wird dessen Kanalfunktion gestört. Im Alter zwi-
schen 3 und 14 Jahren daher progrediente sen-
sorische Schwerhörigkeit und Labyrinthfunktions-
störung

Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom verlängertes QT-Intervall im EKG mit Rhyth-


musstörung, Ursache für plötzlichen Kindstod

Alport-Syndrom (in 10% der s. oben


Fälle autosomal rezessiv)

X-chromosomal

Alport Syndrom s. oben

VATERL-Assoziation V = vertebral anomalies, A = anal atresia, C = car-


diovascular anomalies, T = tracheoesophageal fis-
tula, E = esophageal atresia, R = renal (Nierenfehl-
bildung), L = limb defects
352 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Syndrome ohne eindeutige Vererbungsmuster

Syndrom Genetik
DiGeorge-Syndrom 90–95% De-novo-Deletion, d. h. nicht vererbt

Pfeiffer-Syndrom Mutation der Gene FGFR-1 und FGFR-2 (»fibroblast growth


factor receptor 1 und 2«)

Goldenhar- nur in geringem Maße erblich, Folge teratogener Effekte wird


Syndrom vermutet

Moebius-Syndrom reziproke Chromosomentranslokation wird als Ursache vermutet

Alport-Syndrom 10% der Fälle Neumutationen

CHARGE-Syndrom C = Kolobom des Auges, H = Herzfehler, A = Atresie der


Choanen, R = retardiertes Längenwachstum, G = Geschlechts-
organanomalien, E = Ohrfehlbildungen
Neumutationen im CHD7-Gen auf dem 8q12

4 nicht-syndromale Ursachen
5 in 70% der Fälle prälingualer Taubheit, davon wiederum 80% auto-
somal-rezessiv, 20% autosomal-dominant
5 <2% mitochondriale oder X-chromosomale Defekte
5 50% der Fälle autosomal-rezessiver Schwerhörigkeit durch Mutation
des GJB2-Gens (Connexin 26) im Chromosomenbereich 13q11-12
verursacht
5 seltener auch Mutationen des Connexin 30 und 31; bei Connexin 31
extrem selten auch dominanter Erbgang

Klinik
32 4 Gesamtaspekt bei syndromalen Bildern
4 positiver Befund bei Neugeborenen-Hörscreening
4 Sprachentwicklungsverzögerung
4 Fehlbildung des äußeren Ohrs als potenzieller Hinweis

Diagnostik
4 Impedanzaudiometrie, OAE, BERA, ASSR (objektive Audiometrie zum
Nachweis des tieffrequenten Hörvermögens als Ergänzung zur BERA)
4 hochauflösendes Felsenbein-CT
4 pädiatrische Untersuchung bei Verdacht auf syndromale Erkrankung

Therapie
4 > Memo Die Therapie der Hörstörung ist einzubetten in das Gesamt-
konzept der Habilitation des Kindes unter Berücksichtigung aller Ent-
wicklungsdefizite und Fehlbildungen.
4 Behandlung der Schwerhörigkeit frühestmöglich, d. h. möglichst bis
zum 6. Lebensmonat
4 in Abhängigkeit vom CT-Befund Cochlea-Implantation, auch möglich
bei Mondini-Deformität (nur 1,5 Windungen der Cochlea) oder
»Common-cavity-Anomalie« (Cavität statt Cochlea mit den normalen
2 1/2 Windungen) möglich
32.4 · Erkrankungen des Innenohrs
353 32

4 Cochlea-Implantat Eigene Notizen


5 elektronische Innenohrprothese zur Behandlung der kochleären
Taubheit und Gehörlosigkeit (= konnatale Taubheit) und hcohgradi-
gen Schwerhörigkeit mit Elektrodenarray aus Silikonträger und Elekt-
roden entlang des Trägers zur artifiziellen elektrischen Stimulation des
Ganglion spirale. Dadurch Reizung der Hörbahn mit ipsilateralem
Höreindruck und Sprachverstehen möglich (. Abb. 43, Farbteil)
5 Elektroden sind verbunden mit einem Elektronikimplantat, das eine
Empfangsantenne, HF-Demodulator, frequenzgestuften Elektro-
dentreiber mit Stimulusimpulsformer enthält
5 durch kurzfristiges Umschalten von Stimulationsmodus in den Re-
gistriermodus werden durch Aktivieren von Biosignalverstärkern
zum Aufzeichnen der neuralen Hörbahnantwort nach Stimulation
die reizabhängigen Antworten der Hörbahn durch Elektrostimula-
tion aufgezeichnet und objektiviert (Neuromonitoring). Das Ver-
fahren wird bereits intraoperativ zur Funktionskontrolle eingesetzt
und ist unabhängig von der Vigilanz des Patienten
5 Sprachprozessor
J außen getragenes Head-Set ähnlich einem HdO (hinter-dem-
Ohr)-Hörgerät mit Mikrofon und Signalprozessor, der die Kodie-
rung des elektroakustischen Signals in die einzelnen Stimulati-
onskanäle des Cochlea-Implantats vornimmt
J HF-Modulation zur transkutanen (geschlossene Haut) Übertra-
gung der Signale und der Energieversorgung des Implantats über
eine magnetzentrierte Antennenstrecke (induktiv)
5 Platzierung des Elektrodenarrays transmastoidal über eine posteri-
ore Tympanotomie (Zugang zum Mittelohr im chordafazialen Win-
kel) via Kochleostomie (mikrochirurgische Bohröffnung der Coch-
lea) am runden Fenster. Insertion der Elektrode in die Scala tympa-
ni. Kontrolle der Platzierung über neurale Antworten, die teleme-
trisch intraoperativ registriert werden. Postoperativ Grundeinstellung
der Stimulationselektronik (Erstellen einer Map)
5 Verfahren für Kinder >6 Monaten <8–9 Jahre ohne auditive Sprach-
kompetenz (prälingual) (d. h. ohne jemals Sprache gehört zu haben)
und für Kinder und Erwachsene mit Sprachkompetenz (postlingu-
al) geeignet
5 für Implantationskandidaten präoperative Immunisierung gegen
Pneumokokkeninfektion obligat (erhöhtes Meningitisrisiko!)
5 Therapieergebnisse
J bei erwachsenen postlingual implantierten Patienten wird Spra-
che in Ruhe im Mittel zu 78% verstanden, Sprachverstehen im
Störgeräusch mit Implantat im Mittel zu 64%. Das entspricht dem
Ergebnis, das Patienten mit geringeren Graden an Schwerhörig-
keit im Mittel mit konventionellen Hörgeräten erreichen
J bei Kindern sind Hörergebnis und Sprachverstehen von einer Rei-
he von Faktoren abhängig. Die Varianz der Ergebnisse ist beträcht-
lich. Sehr bedeutsam ist die frühe Implantation innerhalb des ers-
ten Lebensjahrs. Damit erreicht mehr als ein Drittel dieser Kinder
354 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen ein offenes Sprachverstehen. Nach ca. 6 Jahren wird ein Niveau mit
im Mittel 60% Sprachverstehen im Störgeräusch erreicht
4 bei bilateral fehlender Anlage der Cochlea taktile Hörhilfen oder elek-
tronisches Hirnstammimplantat
4 > Memo In jedem Fall institutionelle pädagogische Frühförderung
gehörloser (= kongenital tauber) Kinder!

32.4.2 Verletzungen des Innenohrs

4 durch Druckwellen (Lärm, Knall, Explosion, Schlag auf das Ohr) hoher
Intensität transiente oder permanente Funktionseinschränkung der
Cochlea, vor allem der äußeren Haarzellen (. Tabelle)
4 Felsenbeinfraktur mit Ruptur der Labyrinthkapsel oder Contusio laby-
rinthi
4 Symptomatik tritt posttraumatisch ohne zeitliche Latenz auf

Dauer und Intensität der Schalleinwirkung

Typ Dauer der Intensität (Pegel) der


Schalleinwirkung Schalleinwirkung

Lärmtrauma 8h 85 dB (A)
1h 94 dB
45 s 113 dB

Knalltrauma <1,5 ms Lpeak >150 dB

Explosionstrauma (kann mit >1,5 ms Lpeak >150 dB


32 traumatischer Trommelfellperfo-
ration oder Gehörknöchelchen-
luxation einhergehen)

Klinik
4 Hörminderung, diese kann abhängig vom Ausmaß der Exposition tem-
porär oder permanent auftreten (TTS = temporary threshold shift;
PTS = permanent threshold shift). 16 Std. nach Exposition ist mit dem
Abklingen des TTS zu rechnen (Arbeitsplatzexposition)
4 Tinnitus
4 ggf. Beteiligung des Labyrinths mit Schwindelbeschwerden

Diagnostik
4 adäquate Exposition in der Anamnese
4 Tonschwellenaudiometrie mit typischer Schädigung der Cochlea um
4000 Hz (C5-Senke), Sprachaudiometrie zu Beginn der Erkrankung
noch erhaltenes Sprachverstehen, bei Progredienz zunehmende Beein-
trächtigung des Sprachverstehens zunächst nur im Störlärm, dann auch
in Ruhe
4 OAE (TEOAE + DPOAE), Schwellen-BERA, Labyrinthfunktionsprü-
fung (kalorische Prüfung nur bei geschlossenem Trommelfell, VEMP)
32.4 · Erkrankungen des Innenohrs
355 32

4 ggf. hochauflösendes Felsenbein-CT zum Ausschluss einer Felsenbein- Eigene Notizen


fraktur

Therapie
4 Prednisolon (250 mg) für 2 Tage, dann mit abfallender Dosierung
4 Expositionsprophylaxe
4 Rheologika tragen nicht zum Erfolg bei
4 bei Felsenbeinfraktur (7 Abschn. 32.3.2) mit Frakturspalten der Laby-
rinthkapsel Tympanotomie und Abdecken mit Bindegewebs-Patches

32.4.3 Toxischer Schaden des Innenohrs

4 meist akzidentelle Überdosierung kochleo- oder vestibulotoxischer


Medikamente
4 Verabreichung von Aminoglykosidantibiotika
4 Chemotherapie mit Cisplatin
4 transiente und permanente Funktionsausfälle sind möglich

Klinik
4 akute Hörminderung beidseits
4 Tinnitus
4 Beginn der Symptome oft im Hochtonbereich, daher selten Früh-
symptome bemerkt

Diagnostik
4 Tonschwellenaudiometrie, Hochtonaudiometrie, Sprachaudiometrie
4 OAE, Labyrinthfunktionsprüfung (kalorische Prüfung, VEMP)

Therapie
4 Sofortiges Absetzen der Medikamente, falls vital vertretbar
4 Kortikoidtherapie nicht mit sicherem Therapieeffekt im Schrifttum
belegt

32.4.4 Entzündungen des Innenohrs

4 fortgeleitete bakterielle Entzündung nach/während akuter Otitis media,


akuter Mastoiditis, bakterieller Meningitis oder hämatogen (vor allem
bei viraler Infektion)

Klinik
4 wegen der vorausgehenden Mittelohrerkrankung wird die zusätzliche
kochleäre Funktionsstörung meist im Akutstadium nicht registriert
4 akutes Auftreten von ipsilateraler Hörminderung, Tinnitus, Schwindel-
beschwerden, ggf. Spontannystagmus
356 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen Diagnostik


4 Tonschwellenaudiometrie, Impedanzaudiometrie, falls bei Mittelohrer-
krankung möglich
4 OAE, Labyrinthfunktionsprüfung, falls bei pathologischer Mittelohr-
oder Trommelfellsituation möglich (wegen der akuten Otitis media
Kopf-Impuls-Test statt kalorischer Prüfung, VEMP)

Therapie
4 hochdosierte Antibiotikatherapie i.v.
4 nasale Abschwellung mit Xylometazolin (nicht evidenzbasiert)
4 ggf. Parazentese und Paukenröhrchen
4 bei akuter Mastoiditis sofortige Mastoidektomie

32.4.5 Hörsturz

Ätiologie
4 idiopathische, akute kochleäre Funktionsstörung fakultativ mit
Labyrinthbeteiligung weitgehend ungeklärter Ätiologie
4 neben Ischämie werden Autoimmunreaktionen, postinfektiöse Immun-
reaktionen, genetisch programmierte Haarzellapoptosen und hydrosta-
tische Druckfehlregulationen ätiologisch diskutiert
4 Insbesondere für Fälle mit rezidivierenden Hörstürzen werden Gen-
mutationen angenommen (in 10–37% der Fälle). Häufigste Genmuta-
tion im Zusammenhang mit erworbenen und angeborenen Hörstö-
rungen betrifft das Connexin 26 und 30. Bei 2% der Patienten mit
sensorineuraler Hörstörung bestehen heterozygoten Mutationen im
32 GJB2-Gen (Connexin 26) und heterozygote 342 kb-Deletion im für das
Connexin 30-Protein kodierenden GJB6-Gen.
4 pathophysiologisches Konzept der spontanen Perilymphfistel nicht
belegt
4 bei Kindern und Jugendlichen psychogene Hörstörung (ggf. durch
Wiederholung der Audiometrie ausschließen)

Klinik
4 akute Hörminderung
4 Tinnitus
4 Ohrdruck, meist einseitig

Diagnostik
4 Tonschwellenaudiometrie, OAE
4 ! Cave Keine überschwellige Diagnostik im Akutstadium wegen
Gefahr der Traumatisierung des Innenohrs (Sprachaudiometrie Stape-
diusreflex, BERA)!
4 bei Verlängerung der interauralen Laufzeitdifferenz (Potenzial JI–JV)
>0,25 Indikation zur MRT des Kleinhirnbrückenwinkels zum Aus-
schluss des Akustikusneurinoms (Vestibularisschwannom)
32.4 · Erkrankungen des Innenohrs
357 32
Therapie Eigene Notizen
4 Spontanremission >60%
4 Kortikoidtherapie ohne sichere Evidenzbelege
4 Rheologika und hyperbare Sauerstofftherapie ohne nachweisbaren Ein-
fluss
4 kaum belastbare Studienergebnisse
4 bei Schwellenabfall ≥50 dB in mindestens 3 Frequenzen Indikation für
Tympanotomie und Nischenabdeckung mit Bindegewebe (Erfolgsrate
50% der Fälle)

32.4.6 Tinnitus

4 Wahrnehmung eines Ohrgeräuschs uni- oder bilateral ohne externe


Schallquelle
4 bisweilen wechselnder tonaler Charakter und wechselnde Intensität
4 quälender Charakter der Beschwerden bis zur Suizidalität der Patienten
4 Beschwerdeintensität unabhängig vom Grad der Hörminderung
4 Beschwerden abhängig von der gesamten Wahrnehmung und phy-
sischen wie psychischen Belastung der Patienten
4 pulssynchrones Ohrgeräusch kann hinweisen auf:
5 arterielle Hypertension
5 Glomustumor der Otobasis Paragangliom (Glomus jugulare/tym-
panicum Tumor)
5 Sinus-Dura-Fistel (arteriovenöse Fistel zwischen A. occipitalis und
Sinus sigmoideus)
Klinik
4 subjektive Wahrnehmung von Ohrgeräuschen
Diagnostik
4 Tonschwellenaudiogramm
4 Tinnitusskalierung (Frequenz und Intensität über kontralaterales Ohr)
4 Tinnitusverdeckungskurve (nach Feldmann mit Schmalbandrauschen)
4 Prüfen der Zahnokklusion wegen myofazialer Dysfunktion als poten-
zieller Ursache
4 bei Verdacht auf Paragangliom, Sinus-Dura-Fistel oder vaskuläre
Malformation bildgebende Diagnostik mit Gefäßdarstellung (je nach
Lokalisation Doppler-/Duplexsonographie der Kopf-/Halsgefäße und
(Angio-)MRT
Therapie
4 keine Evidenz für medikamentöse Therapieverfahren
4 Korrektur der dentalen Okklusion bei Lateralbewegung oder Fehlokklu-
sion (Aufbissschiene, Esmarch-Schiene, ggf. kieferorthopädische Maß-
nahmen, Dysgnathieoperation)
4 ggf. Tinnitusretraining oder Psychotherapieverfahren
4 Korrektur der häufig vorliegenden Hochtonschwerhörigkeit durch Hör-
geräteanpassung abhängig vom Ergebnis der Tinnitusverdeckungskur-
ve Anpassen eines Tinnitusmaskers oder Tinnitusinstruments (=Hör-
gerät + Tinnitusmasker)
358 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 32.4.7 Morbus Menière und Menière-Syndrom

4 Rezidivierende cochleovestibuläre Störung mit Attacken von ≥20 min


Dauer
4 in 30% der Fälle bilaterales Auftreten innerhalb von 4 Jahren nach Be-
ginn der Erkrankung
4 meist unregelmäßige Intervalle
4 progrediente Funktionsminderung in Cochlea und Labyrinth
4 idiopathische Erkrankung = Morbus Menière idiopathischer endolym-
pathischer Hydrops
4 bekannte Ätiologie = Menière Syndrom (z. B. narbige Strikturen im
Endolymphschlauch des Labyrinths, mittelohrvermittelte Druckerhö-
hung im Labyrinth)
Klinik
4 Attacken von Drehschwindel
4 Hörminderung und Tinnitus sowie fakultativ Druckgefühl im Ohr für
die Dauer von minimal 20 min in zwei wiederholten Fällen
4 zu Beginn der Erkrankung werden monosymptomatische Bilder
beobachtet
4 Attacken bisweilen von Übelkeit und Erbrechen begleitet, Patienten da-
bei im Stehen und Gehen beeinträchtigt, niemals mit Bewusstlosigkeit
einhergehend
Diagnostik
4 Akutphase
5 Tonschwellenaudiometrie ohne typisches pathognomisches Fre-
32 quenzmuster
5 Beobachtung eines Spontannystagmus mittels Lupenbrille nach
Frenzel
5 Kopf-Impuls-Test
5 thermische Prüfung
5 Tympanometrie zum Ausschluss mittelohrbedingter Ursache
(Menière-Syndrom)
5 Ausschluss zentralnervöser Ursachen für akuten Schwindel durch
orientierende neurologische Untersuchung
4 in der Postakutphase weitergehende Differenzialdiagnostik und Ver-
laufskontrollen
5 hochauflösendes CT der Ohrschädelbasis
5 VEMP
5 vor therapeutischer Labyrinthausschaltung: Sprachaudiometrie,
klinische Prüfung der vestibulären Kompensation
Therapie
4 Morbus Menière (idiopathischer endolymphatischer Hydrops)
5 Akutphase
J Prednisolon 250 mg in den Folgetagen ausschleichende Dosis
J Dimenhydrinat als Antivertiginosum
J bei vegetativer Begleitsymptomatik stationäre Aufnahme
32.4 · Erkrankungen des Innenohrs
359 32

5 Postakutphase Eigene Notizen


J Betahistin-Hydrochlorid (3×12 mg) in 70% der Fälle erfolgreich
J für Therapieversager: endolymphatische Shuntoperation (Sakko-
tomie) als funktionserhaltende operative Therapie in ca. 66% der
Fälle erfolgreich
J bei Ausbleiben des Therapieerfolgs der Sakkotomie: operative
Labyrinthausschaltung durch Vestibularis-Neurektomie (Gehör
erhaltend), Kochleo-Sakkulotomie (schaltet kochleäre und vesti-
buläre Labyrinthfunktion aus) oder lokale Gentamicin-Therapie
(oft mit sekundärer Hörverschlechterung verbunden)
4 Menière-Syndrom
5 Therapie entsprechend der Ätiologie, z. B. Paukenröhrcheneinlage
bei mittelohrvermittelter Druckerhöhung

32.4.8 Vestibularisneuropathie

4 akuter einseitiger Ausfall der Labyrinthfunktion ohne begleitende Hör-


minderung
4 Ätiologie bislang ungeklärt, diskutiert werden Virusinfektion (Neuri-
tis), Borrelien-Infektion, Ischämie, Autoantikörper (Cogan-Syndrom),
genetisch disponierter akut einsetzender Haarzellverlust
4 Auftreten bei 3,5/100.000 Einwohnern
4 Spontanverlauf der Beschwerden günstig, da postakut die vestibuläre
Kompensation die vestibulären Reflexe neu organisiert
4 Rezidive selten
Klinik
4 akut auftretende Gleichgewichtsstörungen mit meist horizontalem
Spontannystagmus
4 begleitend Übelkeit, Erbrechen
4 Fallneigung, Einschränkung von Gehen und Stehen
4 keine begleitende neurologische Symptomatik oder Kopfschmerzen
Diagnostik
4 Kopf-Impuls-Test pathologisch bei Rotation nach ipsilateral
4 Tonschwellenaudiometrie: Normakusis; regelrechter Trommelfellbe-
fund
Therapie
4 Akutphase
5 Prednisolon 250 mg mit ausschleichender Dosierung und Magen-
schutz (Omeprazol)
5 Antivertiginosa (Dimenhydrinat) nur innerhalb der ersten 3 Tage,
um die vestibuläre Kompensation nicht zu beeinträchtigen
5 Aciclovir und rheologische Therapie ohne nachweisbaren Therapie-
effekt
5 innerhalb der ersten 3–4 Tage Beginn des vestibulären Kompen-
sationstrainings
360 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 32.4.9 Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel

4 idiopathisch auftretende Dislokation von Otokonien in dem Bereich


von Bogengängen (primäre Form) überwiegend einseitig auftretend
4 posttraumatisch (Kopf-Anpralltrauma, Vibrationen oder im Rahmen
akuter Labyrintherkrankungen
4 horizontaler Bogengang in ca. 10% der Fälle, posteriorer Bogengang in
80–90% und superiorer Bogengang in <10% betroffen (sekundärer be-
nigner paroxysmaler Lagerungsschwindel)
4 Rezidive treten in 1/3 der Fälle innerhalb eines Jahres, in der Hälfte der
Fälle innerhalb von 5 Jahren selbst nach konservativer Therapie auf

Klinik
4 bei raschen Drehungen oder schrägen Kopfneigungen plötzlich einset-
zender Drehschwindel, zum Teil mit Übelkeit und Erbrechen
4 Auftreten oft beim Umdrehen im Bett
4 Beschwerden mit Crescendo-/Decrescendo-Verlauf über ca. 20–30 s
anhaltend

Diagnostik
4 Lagerungsmanöver nach Dix-Hallpike mit Nachweis torsionaler ageo-
troper Nystagmen unter der Frenzel-Brille zur Untersuchung der pos-
terioren und superioren Bogengänge seitengetrennt. Posteriorer BG
ipsilateral und superiorer BG kontralateral stehen in jeweils gleicher
Ebene und werden daher gemeinsam untersucht!
4 Lagerungsmanöver nach Bárány mit Nachweis horizontaler geotroper
Nystagmen unter der Frenzel-Brille zur Untersuchung des lateralen Bo-
32 gengangs seitengetrennt

Therapie
4 benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel des posterioren Bogen-
gangs
5 Lagewechselmanöver nach Brandt-Daroff
5 Repositionsmanöver nach Sémont oder nach Epley; durch die
korrekte Geschwindigkeit der Bewegung und Bewegungsrichtung
entlang der Kontur der Bogengänge werden so die Otolithen aus den
Bogengängen in den Utriculus transportiert
5 bei Rezidiven kann die Behandlung wiederholt werden
5 bei Rezidiven 1× täglich Brandt-Daroff-Manöver durch den
Patienten selbst
4 benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel des lateralen Bogengangs
5 Manöver nach Lempert durch 270°-Drehung in liegender Position
um eine horizontale Achse oder nach Gufoni oder Vannucchi durch
12-stündiges Liegen auf dem gesunden Ohr
4 bei therapieresistenten Fällen mikrochirurgische Okklusion des Bogen-
gangs
32.5 · Erkrankungen des Felsenbeins
361 32
32.4.10 Superiore Bogengangsdehiszenz Eigene Notizen

4 durch Provokation bei Heben schwerer Lasten, bei Pressen oder tiefem
Bücken verursachte Drehschwindelbeschwerden
4 Schwindelbeschwerden bei lauten Geräuschen (Tullio-Phänomen)
4 Schwerhörigkeit meist geringen bis mittleren Ausmaßes
4 fehlende knöcherne Bedeckung des superioren Bogengangs zur mittle-
ren Schädelgrube hin
4 Entstehen der Beschwerden bisweilen im Alter durch osteoporotische
Ausdünnung der Schädelbasis
4 > Memo Die superiore Bogengangsdehiszenz ist die einzig bislang
bekannte Innenohrerkrankung, die zu einer Schallleitungsschwerhörig-
keit führt.
Klinik
4 dauerhafte Schwerhörigkeit
4 Schwindelbeschwerden bei einigen Patienten durch Provokations-
manöver unmittelbar auszulösen
Diagnostik
4 Tonschwellenaudiogramm mit Nachweis einer Schallleitungsschwer-
hörigkeit
4 cVEMP und oVEMP mit erniedrigter Schwelle ipsilateral
4 fehlende knöcherne Bedeckung des superioren Bogengangs im rekon-
struierten Felsenbein-Dünnschicht-CT
Therapie
4 transtemporale Operation des Felsenbeins mit Okklusion des superi-
oren Bogengangs oder mit Abdeckung des superioren Bogengangs im
Bereich der Dehiszenz mittels Keramikimplantat (»resurfacing«)

32.5 Erkrankungen des Felsenbeins

32.5.1 Frakturen des Felsenbeins

4 bei Kopfanpralltrauma Berstung oder Trümmerung des Os temporale,


bisweilen im Rahmen weiterer Schädel- und Schädelbasisfrakturen
4 traumatische Bruchspalten des Felsenbeins in Längs- (80%), Quer- (20%)
oder kombinierte (prozentual schwer klassifizierbar) Richtungen
4 potenziell Beteiligung von Trommelfell, Kiefergelenk, Fazialiskanal, In-
nenohr und Labyrinth sowie des inneren Gehörgangs
4 ! Cave: Innenohrtrauma und Fazialisparese werden bei bewusstlosen
Patienten in der Initialphase oft nicht erkannt.

Klinik
4 Auftreten bisweilen ohne äußere Prellmarke
4 Längs-, Quer- und komplexe Frakturen möglich
4 Verschwellung/Stufenbildung des äußeren Gehörgangs
4 blutige oder seröse Otorrhoe
362 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 4 klare Otoliquorrhoe möglich bei Verletzung der Dura zu mittlerer oder
hinterer Schädelgrube
4 Einriss des Sinus sigmoideus mit starker Blutung nach mastoidal oder
intrakraniell
4 Trommelfellperforation (Trommelfellberstungsfraktur)
4 Hörminderung
4 akuter Drehschwindel
4 bei Längsfraktur in 20%, bei Querfraktur in 50% der Fälle periphere
Fazialisparese akut oder als Spätparese
4 Hörminderung, Schwindelbeschwerden akut oder zweizeitig jeweils als
Zeichen der Innenohrbeteiligung, unspezifisch bei frischem Schädel-
Hirn-Trauma
Diagnostik
4 Mikrootoskopie meist mit Nachweis eines Hämatotympanons, Ver-
letzung der Gehörgangshaut, bei Fraktur im Limbusbereich des Trom-
melfells Trommelrandbruch (s. oben)
4 Verifizieren einer Otoliquorrhoe oft schwierig bei blutiger Otorrhoe
4 bei Notfällen Stimmgabelprüfung
4 später Tonschwellenaudiometrie
4 Prüfen der Fazialisfunktion
4 Prüfen auf Spontannystagmus, Labyrinthfunktionsdiagnostik (wenn
möglich Kopf-Impuls-Test, VEMP)
4 subjektive Gustometrie zur Prüfung der Chorda tympani
4 hochauflösende Computertomographie des Felsenbeins mit Darstel-
lung im Knochenfenster (0,7 mm Schichtdicke, Knochenfenster)
( ! Cave Kleine Frakturspalten und Fragmente oft nicht erkennbar!)
(Übersichtsröntgenaufnahmen des Mastoids nach Schüller oder des
32 Felsenbeins nach Stenvers nicht mehr adäquat)

Therapie
4 Therapieindikationen abhängig von Befunden und der vorliegenden
Funktionsstörung
4 bei Otoliquorrhoe initial steriles Abdecken des Ohrs
4 otobasale Liquorfisteln verschließen in der Regel spontan
4 periphere Fazialisparese
5 bei geringgradigen Paresen i.v. Prednisolon 250 mg für 2 Tage, dann
ausschleichende Dosierung
5 bei fehlendem Ansprechen oder mittel- bis hochgradigen Paresen
operative Fazialisdekompression transmastoidal mit Schlitzen des
Perineuriums
4 geringgradige sensorineurale Schwerhörigkeit: i.v. Prednisolon
4 mittel-, hochgradige Schwerhörigkeit oder Ertaubung: Tympanotomie
und Abdecken der Frakturspalten mit Bindegewebe
4 Labyrinthausfall: nach Ausschluss zentralnervöser Ursachen des akuten
posttraumatischen Schwindels Tympanotomie und Abdecken der Frak-
turspalten mit Bindegewebe
4 Verschluss von Trommelfellperforationen mitttels Tympanoplastik
32.5 · Erkrankungen des Felsenbeins
363 32
32.5.2 Idiopathische und entzündlich verursachte Eigene Notizen
Fazialisparesen

4 meist einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur; einzelne oder sämt-


liche Äste des Nervus fazialis betroffen
4 i. d. R. auch Ausfall von Chorda tympani und Nervus stapedius
4 Inzidenz der idiopathischen Parese beträgt 20 pro 100.000 Einwohner/
Jahr
4 ohne Therapie bei 71% aller Patienten nach einem Jahr Wiederherstel-
lung der Funktion, in 12% der Fälle nur mäßige Wiederherstellung, in
4% keine nennenswerte Besserung
Ätiologie
4 akute Durchblutungsstörungen perineuraler Gefäße
4 spontan auftretende Entzündungen (Mononeuritis)
4 in 18% der Fälle Herpes-simplex-Virus-Infektionen, in 26% Herpes-
Zoster-Infektionen
Klinik
4 einseitige motorische Schwäche der Gesichtsmuskulatur mit peripheren
Ausfallsmuster (auch Stirnmuskulatur betroffen)
4 bisweilen wird ipsilateral die Geschmackstörung vor allem für süß
(Chorda tympani) angegeben
Diagnostik
4 Prüfen der Gesichtshaut durch Stirnrunzeln, Lidschluss, Mundspitzen,
Wangen aufblasen, Zähne zeigen, Mundwinkel nach unten ziehen
4 subjektive Gustometrie
4 impedanzaudiometrische Untersuchung des Stapediusreflexes
4 Schirmer-Test zur Überprüfung der Tränensekretion
4 hochauflösende CT des Felsenbeins zum Ausschluss von Entzündungen
oder Raumforderungen am Canalis facialis oder im Kleinhirnbrücken-
winkel
Therapie
4 Prednisolon 250 mg p.o. oder i.v. für 2 Tage Dauer beginnend, in zwei-
tägigen Intervallen abfallend und ausschleichend
4 bei frischer Herpes-Zoster-Infektion zusätzlich Gabe von Aciclovir i.v.

32.5.3 Entzündungen des Felsenbeins


und der Felsenbeinspitze

7 Abschn. 32.3.3

32.5.4 Otitits externa maligna (necroticans)

4 nekrotisierende Ostitis und Osteomyelitis des Felsenbeins bei Patienten


mit eingeschränkter Immunfunktion
4 meist als Spätkomplikationen bei schlecht eingestelltem Diabetes
mellitus
364 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis

Eigene Notizen 4 Infektion mit Pseudomonas aeruginosa


4 frühe Formen werden meist unterschätzt, im Verlauf kommt es zurAus-
breitung im Felsenbein mit Fazialisparese und weiteren Hirnnervenpa-
resen
4 unbehandelt letaler Ausgang (in 10–20% der Fälle)
4 Rezidive in 9–27% der Fälle
4 Bei Vorliegen intrakranieller Komplikationen 100% Letalität

Klinik
4 Otalgie
4 fötide Otorrhoe
4 Schwellung der Gehörgangshaut
4 Granulationsgewebe im äußeren Gehörgang
4 bisweilen freiliegende Knochensequester
4 in fortgeschrittenen Fällen periphere Fazialisparese (prognostisch
extrem ungünstig)

Diagnostik
4 Blutzucker-Tagesprofil
4 Hba1c im Serum
4 lokaler mikrobiologischer Abstrich aus dem äußeren Gehörgang
4 hochauflösendes Dünnschicht-CT des Felsenbeins
4 ggf. Knochenszintigraphie

Therapie
4 stabile Einstellung des Diabetes mellitus
4 Antibiotikatherapie i.v. zunächst ohne Vorliegen eines Erregernach-
32 weises breitbandig, z. B. mit Ciprofloxacin i.v. (Pseudomonas-wirksam),
ggf. nach Rücksprache mit Mikrobiologen. Falls erforderlich, Anpas-
sung nach Vorliegen des Antibiogramms
4 bei fehlendem Ansprechen frühzeitige Indikation zu operativer Sanie-
rung mit Resektion des ostitischen Knochens, meist im Rahmen einer
Felsenbeinteilresektion
4 bei Fazialisparese unmittelbare operative Indikation unter gleichzeitiger
Antibiotikatherapie
4 deutliche Verbesserung der Therapieeffekte durch hyperbare Sauer-
stofftherapie

32.5.5 Tumoren des Felsenbeins

4 7 Abschn. 32.3.5
4 weit überwiegend gutartige Tumoren
4 neben den Paragangliomen (s. oben) auch Meningiome und Schwan-
nome, meist des Nervus vestibularis, seltener auch des Nervus facialis
oder des Nervus acusticus
4 29–54% dieser Tumoren wachsen ohne Therapie, so dass weitere thera-
peutische Maßnahmen notwendig werden
32.5 · Erkrankungen des Felsenbeins
365 32

4 Begriff »Akustikusneurinom« ist sachlich nicht zutreffend, da es sich Eigene Notizen


um Schwannome handelt, die vom Nervus vestibularis ausgehen und
durch Druck unmittelbar benachbart im Meatus acusticus internus den
Nervus acusticus sekundär schädigen
4 Vestibularisschwannome i. d. R. einseitig
4 bei Neurofibromatose Typ II oft bilaterale Vestibularisschwannome im
zeitlichen Verlauf

Klinik
4 Leitsymptom: die einseitige, langsam zunehmende Hörminderung,
bisweilen mit Tinnitus
5 wenn durch Tumorwachstum Gefäße lokal komprimiert werden,
plötzlicher kochleärer Hörverlust möglich
5 Paresen und Funktionsausfälle der Labyrinthfunktion in diesem
Zusammenhang weitaus seltener

Diagnostik
4 Tonschwellenaudiometrie und Kopf-Impuls-Tests für alle drei Bogen-
gänge jeder Seite zur Klärung der peripheren Lage der Läsion
4 Auswertung überschwellig akustisch evozierter Frühpotenziale (BERA)
im Seitenvergleich. Dazu wird beidseits jeweils die Laufzeitdifferenz der
Potenziale JI–JV berechnet. Die Seitendifferenz beider Laufzeitdiffe-
renzen muss im normalen Fall <0,25 ms sein (interaurale Laufzeitdiffe-
renz)
4 sensitivstes, jedoch kostspieligstes Diagnostikverfahren zum Ausschluss
des Vestibularisschwannoms ist die MRT des Hirnstamms
4 Prüfung der Gehörgangssensibilität nach Hitselberger hat wegen der
ungenauen Befundlage keine Bedeutung mehr

Therapie
4 Strategie abhängig von der Größe, der Größenentwicklung über die Zeit
und der Lage des Tumors, von radiologisch beobachtendem Abwarten
(watch and wait-Strategie) bis zur invasiven Behandlung
4 stereotaktische Bestrahlung, fraktionierte Strahlentherapie und Mikro-
chirurgie möglich
4 fraktionierte Strahlentherapie (Linearbeschleuniger) liefert gegenüber
der stereotaktischen Bestrahlung (Gamma-Knife) in Studien für Tumo-
ren mit Durchmesser <25 mm besseren Hörerhalt (59–94% gegenüber
44–66%)
4 primäre Mikrochirurgie für größere Tumoren, bilaterale Schwannome
und Rezidivtumoren indiziert, da in nur 40,8–57,5% der Fälle selbst bei
kleinen Tumoren der Hörerhalt mittels retrosigmoidalem Zugang mög-
lich ist
4 kombiniertes mikrochirurgisches und strahlentherapeutisches Vorge-
hen möglich
4 posttherapeutische Fazialisparesen nach einem Jahr in <10% der Fälle,
bei Radiotherapie seltener als bei Mikrochirurgie
33

Tag 4 – HNO

33 Nase, Gesicht, Mittelgesicht,


Rhinobasis
J. Ilgner

33.1 Erkrankungen der äußeren Nase und des Gesichts – 368


33.1.1 Mediane Nasenfistel und Nasenzyste – 368
33.1.2 Deformitäten der äußeren Nase – 369
33.1.3 Verletzungen der äußeren Nase – 370
33.1.4 Rosacea der Nase und Rhinophym – 371
33.1.5 Entzündungen des Gesichts und der äußeren Nase – 371
33.1.6 Tumoren der äußeren Nase – 373

33.2 Erkrankungen der inneren Nase – 375


33.2.1 Naseneingangsstenose/-atresie – 375
33.2.2 Choanalatresie – 376
33.2.3 Septumdeviation – 377
33.2.4 Nasenmuschelhyperplasie – 378
33.2.5 Nasale Fremdkörper und Rhinolithen – 379
33.2.6 Nasenseptumperforation – 379
33.2.7 Epistaxis – 380
33.2.8 Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie
(Morbus Osler-Rendu-Weber) – 382
33.2.9 Akute Rhinitis – 382
33.2.10 Allergische Rhinitis – 383
33.2.11 Chronische Rhinitis und chronische Rhinopathie – 385
33.2.12 Wegener-Granulomatose – 390
33.2.13 Granuloma gangraenescens (»midline granuloma«) – 390
33.3 Erkrankungen der Nasennebenhöhlen – 391
33.3.1 Akute Entzündung der Nasennebenhöhlen – 391
33.3.2 Barosinusitis – 393
33.3.3 Chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen – 394
33.3.4 Dentogene Rhinosinusitis – 400
33.3.5 Orbitale Komplikation der Rhinosinusitis – 401
33.3.6 Tränenwegsobstruktion – 402
33.3.7 Endokranielle Komplikationen der Rhinosinusitis – 403
33.3.8 Tumoren der inneren Nase, der Nasennebenhöhlen
und der Rhinobasis – 404

33.4 Erkrankungen der Rhinobasis und des Mittelgesichts – 409


33.4.1 Fehlbildungen des Mittelgesichts – 409
33.4.2 Frakturen des Mittelgesichts – 410
33.4.3 Frakturen der Rhinobasis – 412
33.4.4 Osteomyelitis des Hirn- und Gesichtsschädels – 414
33.4.5 Rhinobasale Liquorfistel – 416

33.5 Erkrankungen der Orbita und periorbitalen Rhinobasis – 417


33.5.1 Orbitabodenfraktur (Blow-out-Fraktur) – 417
33.5.2 Endokrine orbitale Ophthalmopathie – 418
33.5.3 Pseudotumor orbitae – 418
33.5.4 Orbitale Tumoren und Metastasen – 419

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_33, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
368 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 33.1 Erkrankungen der äußeren Nase


und des Gesichts
33.1.1 Mediane Nasenfistel und Nasenzyste

4 Nasenfistel
5 Entstehung in der 3. Embryonalwoche als unvollständiger Ver-
schluss des Neuroporus bzw. in der weiteren Entwicklung als unvoll-
ständiges Verwachsen der lateralen und des medianen Nasen-
wulstes
5 Fisteln können Kontakt zur Dura besitzen, u. U. mit Liquor gefüllt
sein und Hirngewebe enthalten
4 Nasenzysten
5 Vorkommen als Dermoide (mit Hautanhangsgebilden, Haaren,
Talgdrüsen) oder als Epidermoide (Auskleidung mit Plattenepithel)
5 sind bei der Geburt angelegt, machen sich jedoch oft erst im Er-
wachsenenalter bemerkbar

Klinik
4 Nasenfistel
5 Fistelmündung in der Mittelinie an der Glabella, aber auch am
Nasenrücken, an der Nasenspitze oder am Philtrum möglich
5 inkonstanter Austritt von trübem Sekret
4 Nasenzysten
5 Vorkommen in gleicher Lokalisation wie Fisteln
5 bei Superinfektion Schwellung, Rötung, Durchbruch nach außen

Diagnostik
4 Inspektion, Palpation, 30°-Endoskopie des Naseninneren, hierbei kön-
33 nen u. U. weitere Anteile einer Meningozele oder Meningoenzephalo-
zele gesehen werden, die zu Verwechslung mit Nasenpolypen Anlass
geben können
4 Duplexsonographie zur Darstellung des Fistelgangs bzw. des Zystenin-
halts
4 CT der Rhinobasis in koronarer/sagittaler Schichtführung oder -rekon-
struktion zur Darstellung der knöchernen Rhinobasis
4 MRT der Rhinobasis zur Darstellung einer etwaigen Meningozele oder
Meningoenzephalozele

Therapie
4 mikroskopisch-endoskopische Exzision der Zyste bzw. Fistel von außen
und endonasal mit allen Ganganteilen, unter Darstellung mit Toluidin-
blau-Gel
4 Schnittführung an der äußeren Nase orientiert sich an den Hautspan-
nungslinien
4 bei Vorliegen einer Meningozele oder Meningoenzephalozele gemein-
sames HNO-ärztliches/neurochirurgisches Vorgehen über transfronta-
len Zugang mit Deckung der Rhinobasis durch Duraplastik
33.1 · Erkrankungen der äußeren Nase und des Gesichts
369 33

4 bei Zysten in der Regel unkomplizierte Exzision und primärer Wund- Eigene Notizen
verschluss von außen

33.1.2 Deformitäten der äußeren Nase

Ätiologie
4 angeboren, z. B. im Rahmen von Missbildungen (Lippen-Kiefer-
Gaumenspalte; Spaltnase) oder erworben (Unfall, Rohheitsdelikte,
stattgehabte Operationen)
4 weitere mögliche Ursachen: chronisch-entzündliche Erkrankungen
(Lues, Lupus erythematodes, Wegener-Granulomatose, Lepra), die häu-
fig zu einem Stützverlust des knorpeligen Nasengerüsts und damit zu
einer Sattelnase führen

Klinik
4 Höckernase als »echter« Nasenhöcker im knöchernen oder knorpeligen
Bereich (Papageienschnabeldeformität, »polly beak«)
4 davon zu unterscheiden: Pseudohöcker bei normal konfiguriertem
knöchernen Nasengerüst, aber abgesunkener knorpeliger Nasen-
spitze
4 Breitnase: abschnittsweise überbreite Basis der knöchernen Abhänge
oder eine Abflachung des Nasenrückens
4 Langnase: verlängerte Distanz des Nasenrückens von der Nasenwurzel
bis zur Nasenspitze mit verringertem Nasolabialwinkel
4 Schiefnase: Nasenpyramide weicht aus der Medianlinie zur Seite ab.
Beteiligt sind der knöcherne Anteil, der knorpelige Anteil oder beide
4 Sattelnase: Absinken des Nasengerüsts im Bereich der Dreiecksknorpel
relativ zum knöchernen Nasenrücken und zu den Flügelknorpeln, be-
dingt durch eine unzureichende Stützfunktion des knorpeligen Nasen-
septums

Diagnostik
4 Inspektion und Palpation der äußeren Nase und des Stützgerüsts
4 anteriore Rhinoskopie
4 Endoskopie des Naseninneren mit 0°- und 30°-Winkeloptik
4 Beurteilung der inneren Querschnitte der Nase mit akustischer Rhino-
metrie, der Nasenatmung mittels Rhinomanometrie, der Riechfunktion
mittels subjektiver Olfaktometrie
4 Röntgenübersichtsaufnahme der NNH in 2 Ebenen zum Ausschluss
einer Rhinosinusitis sinnvoll
4 > Memo Zentrale Bedeutung hat die Photodokumentation in mehre-
ren Ebenen.

Therapie
4 operative Korrektur der äußeren Nase in den formveränderten Anteilen
aus funktioneller (Atmungsbehinderung, Riechfunktion, Entzün-
dungen) oder ästhetischer Indikation
370 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 Korrektur z. B. eines deviierten Nasenseptums evtl. erforderlich


4 bei fehlenden Stützstrukturen (z. B. Knorpel) kann auf körpereigene
Ersatzmaterialien (Ohr- oder Rippenknorpel) zurückgegriffen
werden

33.1.3 Verletzungen der äußeren Nase

4 Verletzungen der äußeren Nase bei 40% aller Gesichtsverletzungen


4 häufigste Ursachen sind Berufs- und Verkehrs- sowie Sportunfälle,
Stürze gebrechlicher Personen und Gewalttaten, oft mit Frakturen des
Mittelgesichts vergesellschaftet (s. dort)
4 Weichteilverletzungen durch Bissverletzungen z. B. durch Hunde
4 Risiko bakterieller Superinfektion, z. B. mit Anaerobiern oder
Staphylococcus aureus mit lokaler oder systemischer Ausbreitung
(Sepsis)

Klinik
4 Weichteilverletzungen können sich je nach Ursache als Schürf-, Riss-,
Schnitt- oder Quetschwunden manifestieren. Die Wundränder sind je
nach Ursache glatt begrenzt oder lazeriert, ggf. kontaminiert

Diagnostik
4 Inspektion und Palpation der Nase
4 beurteilende Adaptation der Wundränder
4 bei Palpation des Nasenbeins u. U. Mobilität unter Krepitation als Hin-
weis auf Nasenbeinfraktur
4 anteriore Rhinoskopie und 30°-Endoskopie des Naseninneren zum
Ausschluss innerer Verletzungen
33 4 Prüfung von Mobilität des Nasenbeins, Bissokklusion, Sensibilität der
Austrittspunkte des N. trigeminus, Visus und Motilität der Bulbi zur
Früherkennung von weiteren Frakturen
4 Photodokumentation (auch unter medikolegalen Gesichtspunkten) ob-
ligat!

Therapie
4 Wundversorgung mit Wundreinigung, Adaptation der Wundränder
durch Subkutan- und Hautnaht, evtl. Replantation abgetrennter Haut-
anteile
4 Tetanusschutz sowie bei bestehendem Tollwutverdacht nach Tierangrif-
fen eine Tollwutimmunisierung obligat
4 Gabe von Antibiotika mit Wirkspektrum gegen Staphylokokken und
Anaerobier
4 bei sekundärer Nekrose von replantierten Hautanteilen folgen plastisch-
rekonstruktive Maßnahmen im entzündungsfreien Intervall
33.1 · Erkrankungen der äußeren Nase und des Gesichts
371 33
33.1.4 Rosacea der Nase und Rhinophym Eigene Notizen

4 Rosacea = entzündliche Dermatose der Gesichtshaut


4 Auftreten im 4. Lebensjahrzehnt
4 betrifft gleichermaßen Männer wie Frauen
4 Ursache weiterhin ungeklärt, diskutiert wird eine Assoziation mit hei-
ßen Getränken, scharfen Gewürzen, Alkoholgenuss und UV-Einstrah-
lung
4 Übergang in ein Rhinophym (bei Männern) manifestiert sich an der
Nasenspitze und ist gekennzeichnet durch eine massive Talgdrüsenhy-
perplasie mit Bindegewebsvermehrung

Klinik
4 die Rosacea kann sich im Gesichtsbereich als erythematöse Form mit
Teleangiektasien und bläulich-livider Hautverfärbung manifestieren
4 in der papulo-pustulösen Form zusätzlich akneähnliche Papeln
4 Das Rhinophym zeigt sich als unregelmäßige, knollige Wucherung der
Haut der äußeren Nase, beginnend im Bereich des knorpeligen Anteils

Diagnostik
4 Blickdiagnose im Rahmen der HNO-ärztlichen Untersuchung

Therapie
4 Abtragen der Talgdrüsenhyperplasie unter Schonung des darunter lie-
genden Nasengerüsts konventionell-chirurgisch
4 Re-Epithelisierung von selbst unter Salbengazeverbänden
4 Verwendung eines CO2-Lasers bringt keinen entscheidenden Vorteil

33.1.5 Entzündungen des Gesichts und der äußeren Nase

Zu den häufigsten Entzündungen des Gesichts und der äußeren Nase zäh-
len:
4 Herpes simplex
5 lokalisierte Infektion an Haut und Schleimhäuten Mit HSV-Virus
Typ 1, durch direkten Kontakt übertragen
5 weltweit hoher Durchseuchungsgrad bei Erwachsenen
4 Zoster
5 Reaktivierung einer stattgehabten Infektion mit Varizella-Zoster-
Viren aus den Spinalganglien
5 segmentale Manifestation im Ausbreitungsgebiet z. B. der Hirnner-
ven
4 Naseneingangsekzem
5 akute oder chronische Dermatitis der Haut unter Nasensekretion,
begünstigt durch Diabetes mellitus bzw. bei generalisiertem Ekzem
4 Erysipel
5 akut auftretende Dermatitis durch Ausbreitung von Streptokokken
im Subkutangewebe (. Abb. 50, Farbteil)
372 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 Furunkel


5 bakterielle Infektion der Haarfollikel durch Staphylococcus aureus,
am Naseneingang bzw. der äußeren Nase (. Abb. 49, Farbteil)
5 beim Konfluieren mehrerer Herde bilden diese ein Karbunkel oder
eine Phlegmone des Gesichts

Klinik
4 Herpes simplex
5 lokalisierte Bläschen an Lippe, Naseneingang, Stirn, Wange, Augen-
lidern, die nicht streng dermatombezogen auftreten
5 Auftreten der Bläschen beginnend mit Juckreiz, krustige Abheilung
nach 7–10 Tagen
4 Zoster
5 beginnend mit neuralgischen Schmerzen im Bereich des Aus-
breitungsgebiets treten Bläschen und Rötung im Bereich des Ver-
sorgungsgebiets betroffener Hirnnerven halbseitig auf (z. B. in den
Regionen der Trigeminusäste)
5 nach hämorrhagischer Phase heilen die Bläschen unter Bildung
goldgelber Krusten ab
5 Komplikationen: Fortbestehen neuralgischer Schmerzen
5 vor allem bei immungeschwächten Patienten Gefahr der Nekrosen-
bildung, sekundären Generalisierung des Zoster, Beteiligung inne-
rer Organe
4 Naseneingangsekzem
5 rhagadenartige Hautläsion mit Rötung und Schwellung des Nasen-
vorhofs
4 Erysipel
5 klassisches Bild der scharf begrenzten Entzündung eines Haut-
bezirks mit Rötung und Schwellung
33 5 ggf. flächiger Krustenbildung, die nicht segmental auf ein sensibles
Nervenareal begrenzt ist
4 Nasenfurunkel
5 solitärer, unscharf begrenzter, geschwollener und geröteter Bezirk
im Bereich der Haarfollikel des Naseneingangs bzw. des äußeren
Nasenabhangs
5 nach Demarkation Spontanentleerung von Pus

Diagnostik
4 klinische Diagnostik in den meisten Fällen richtungsweisend
4 HNO-ärztliche Spiegeluntersuchung
4 Gesamtlabor, ggf. Serologie auf H.-simplex- bzw. Varizella-Zoster-
Viren; Serologie jedoch nicht entscheidend für den Therapiebeginn
4 augenärztliches Konsil bei Verdacht auf Zoster ophthalmicus
4 bei Verdacht auf Thrombose der V. angularis bzw. des Sinus cavernosus
neurologisches und augenärztliches Konsil und Angio-MRT zur Dar-
stellung des Gefäßlumens
33.1 · Erkrankungen der äußeren Nase und des Gesichts
373 33
Therapie Eigene Notizen
4 Herpes simplex
5 bei geringem Ausmaß lokale Behandlung mit adstringierenden
Lösungen/Aciclovir-Salbe ausreichend
5 in fortgeschrittenen Stadien Virustatika, z. B. Aciclovir i.v.
5 bei bakterieller Superinfektion ggf. Antibiose
4 Zoster
5 Virustatika, z. B. Aciclovir i.v. möglichst frühzeitig
5 bei bakterieller Superinfektion ggf. Antibiose
5 analgetische Mitbehandlung der neuralgischen Schmerzsympto-
matik
4 Naseneingangsekzem
5 lokale Behandlung mit Gentamicin/Betametason-Salbenpräparat,
ggf. Einstellung des Diabetes
4 Erysipel
5 Lokalbehandlung mit Gentamicin-Salbe
5 zusätzlich i.v. Antibiose mit Penicillin oder Cephalosporinen
4 Furunkel
5 stationär Behandlung mit i.v. Antibiose (Cephalosporine, Flucloxa-
cillin oder Clindamycin bei Penicillinallergie), lokal Gentamicin-
Salbe
5 Ruhigstellung der Oberlippe, d. h. Sprechverbot, Flüssigkost, Mani-
pulationsverbot
5 bei Thrombose der V. angularis bzw. Sinus-cavernosus-Thrombose
Vollheparinisierung, höchstdosierte Antibiotikagabe, intensivmedi-
zinische Überwachung, gemeinsam mit neurologischem und oph-
thalmologischem Konsil

33.1.6 Tumoren der äußeren Nase

4 häufigste Tumoren der äußeren Nase: Basaliom, malignes Melanom


und Plattenepithelkarzinom mit seinen prämalignen Vorstufen
4 Basaliom
5 in 22% aller Fälle Manifestation an der äußeren Nase, daher häufigs-
ter Tumor der äußeren Nase
5 lokal destruierender, nicht metastasierender Tumor, ausgehend von
den Basalzellen der äußeren Haut, häufig unterminierend unter die
intakte Hautoberfläche wachsend (»Ulcus rodens«)
5 sonnenxponierte Haut von Personen im 6.–7. Lebensjahrzehnt häu-
fig betroffen
4 Plattenepithelkarzinom
5 zweithäufigster Tumor der äußeren Nase
5 entsteht aus den Epidermisschichten der äußeren Haut und der
Hautanhangsgebilde
5 Vorstufen sind u. a. die aktinische Keratose und der Morbus Bowen
5 Abhängigkeit von Sonneneinstrahlung (UV-Schädigung), bevor-
zugtes Wachstum in der unteren Gesichtshälfte
5 eher lymphogene Metastasierung
374 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 malignes Melanom


5 maligner Tumor ausgehend von dem melaninbildenden Zellen der
Haut
5 deutliche Abhängigkeit von lichtexponierten Stellen
5 frühzeitige Metastasierung in Halslymphknoten bzw. Fernmetasta-
sierung
5 Frauen häufiger als Männer betroffen
5 Inzidenz 13–15/100.000 Einwohner, Tendenz steigend
Klinik
4 Diagnose oder Unterscheidung anhand klinischer Kriterien allein nicht
zu treffen
4 Plattenepithelkarzinome sowie Basaliome fallen durch ein noduläres
oder flaches Wachstum, häufig mit Krustenbildung und/oder einem
zentralen Ulkus (rezidivierende Blutung, »schlecht heilende Wunde«)
auf
4 maligne Melanome imponieren durch eine pigmentierte Oberfläche,
diese ist jedoch nicht obligat vorhanden (amelanotische Melanome)
4 Stadieneinteilung 7 Abschn. 32.1.5
Diagnostik
4 Probeexzision in toto, bei mittelgroßen und großen Läsionen mit tem-
porärer Deckung
4 bei Malignitätsverdacht Randschnitte aus allen vier Quadranten zur
histographisch kontrollierten Resektion
4 bei melanotischen Läsionen (Verdacht auf malignes Melanom) primäre
Resektion mit großzügigem Sicherheitsabstand
4 bei invasiv malignen Läsionen übliches Tumorstaging (Duplexsonogra-
phie der Halsweichteile, CT der Gesichts- und Halsweichteile und des
Thorax, B-Scan-Sonographie des Oberbauchs)
33
Therapie
4 7 Abschn. 32.1.5
4 Basaliom
5 lokale Exzision im Gesunden
5 primärer Wundverschluss oder plastisch-rekonstruktive Maß-
nahmen
4 Plattenepithelkarzinom
5 lokale Exzision im Gesunden mit 5–8 mm Sicherheitsabstand,
Resektion angrenzender Knorpelstrukturen; ggf. Ablatio nasi
5 regelhaft plastisch-rekonstruktive Maßnahmen oder Epithesenver-
sorgung (bei Ablatio nasi) erforderlich
5 bei Läsionen >2 cm (>T1) bzw. sono- und CT-morphologisch ver-
größerten Halslymphknoten Indikation zur Neck dissection
5 bei positivem N-Status Indikation zur postoperativen Radiatio
4 malignes Melanom
5 großzügige Resektion mit weitem Sicherheitsabstand
5 bei Manifestation an der äußeren Nase meist Ablatio nasi erforder-
lich
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
375 33

5 Versorgung mittels plastisch-rekonstruktiver Maßnahmen oder Eigene Notizen


Epithese
5 adjuvante Behandlung mittels α-Interferon oder Chemotherapie
5 Radiatio in palliativer Situation möglich

33.2 Erkrankungen der inneren Nase

33.2.1 Naseneingangsstenose/-atresie

4 Naseneingangsstenosen und -atresien können angeboren, z. B. im Rah-


men einer Missbildung (Spaltnase) auftreten
4 Atresie: membranöser Verschluss des Naseneingangs ein- oder beidsei-
tig
4 häufiger sind erworbene Naseneingangsstenosen durch Traumen mit
Verletzung der inneren Nasenklappe, nach Verlust der Stützfunktion
des knorpeligen Septums im Bereich der Columella bzw. Resektionen
im Bereich des Naseneingangs mit folgender narbiger Stenosierung

Klinik
4 Kolumella: bei fehlender knorpeliger Septumvorderkante in der Kolu-
mella tritt diese in der Frontalansicht hinter das Profil der Nasenspitze
zurück (»hidden columella«)
4 Naseneingang: im Fall instabiler Flügelknorpel kommt es bei der na-
salen Inspiration zum Kollaps der Nasenflügel (»Ansaugphänomen«).
Bei traumatisch bedingten Synechien des Naseneingangs wird diese
narbig verengt
4 innere Nasenklappe: Stelle des engsten Querschnitts im Verlauf der Na-
senluftpassage. Stenosen wirken sich hier besonders gravierend aus.
Verletzungen im Bereich des Nasendoms durch Traumen oder Form-
veränderungen nach Eingriffen an der Nasenspitze kommen ursächlich
in Frage

Diagnostik
4 HNO-ärztliche Untersuchung mit anteriorer Rhinoskopie und Endos-
kopie der Nase (zum Ausschluss anderer Ursachen der Nasenatmungs-
behinderung)
4 daneben Photodokumentation und Beobachtung der Nasenatmung in
Ruhe und unter forcierter nasaler In- und Exspiration entscheidend
4 akustische Rhinometrie kann weitere Engstellen identifizieren, ist je-
doch ebenso wie die Rhinomanometrie zur Diagnostik der Nasenein-
gangsstenose nicht geeignet, da bei diesen Verfahren der Naseneingang
mittels eines Platzhalters offengehalten wird

Therapie
4 plastisch-chirurgischen Erweiterung der Stenose (. Tabelle)
376 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Chirurgische Therapie der Naseneingangsstenose

Ursache der Stenose Chirurgisches Rekonstruktionsprinzip

»hidden columella« Einstellen von Knorpelmaterial in die Columella, ent-


weder als Septumaustauschplastik durch 90°-Drehung
des noch vorhandenen knorpeligen Septums oder
durch Stützkonstruktion zweier verschränkter Streben
aus Rippenknorpel (»columella strut«)

Nasenflügelkollaps Verstärkung durch Insertion eines rautenförmigen


Knorpeltransplantats vom Ohr zwischen Dreiecks und
Flügelknorpel (»butterfly graft«)

Synechie des Nasenein- Lateralisieren des Nasenflügels durch lokale Lappen-


gangbodens plastik

Synechie der inneren Z-Plastik nach Walter, ggf. Rekonstruktion der knor-
Nasenklappe am Nasendom peligen Anteile

33.2.2 Choanalatresie

4 einseitiger oder beidseitiger Verschluss des Übergangs der Nasenhöhle


in den Nasopharynx durch Persistieren der Membrana buccopharyngea
bzw. Membrana bucconasalis
4 Häufigkeit 1:5.000–1:10:000
4 in 90% der Fälle knöcherner Verschluss, in 10% membranös
4 80% einseitig, 20% doppelseitig

Klinik
4 ! Cave Die doppelseitige Atresie ist ein lebensbedrohlicher Notfall, da
33 unmittelbar nach der Geburt Luftnot mit Stridor und Zyanose auftreten,
vor allem bei Nahrungsaufnahme.
4 Aspirationsgefahr beim Trinken
4 bei einseitiger Atresie wenig symptomatisch: einseitige Nasenatmungs-
behinderung, u. U. mit muköser Sekretion und Hyposmie der betrof-
fenen Seite

Diagnostik
4 Feuchtigkeitsniederschlag auf einem kalten Spiegel unter der Nasen-
öffnung (Czermak-Platte) fehlt bei behinderter Nasenatmung
4 Einblasen von Luft mit dem Politzer-Ballon
4 0°- bzw. 30°-Endoskopie (beim Neugeborenen in Lokalanästhesie
möglich)
4 Sondieren der Nase und des Nasenrachens mit flexiblem Absaug-
katheter
4 CT-Darstellung in sagittaler Schnittführung/Rekonstruktion zeigt den
knöchernen/membranösen Verschluss
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
377 33
Therapie Eigene Notizen
4 bei bilateraler Choanalatresie zunächst Sicherung der Atemwege und
Aspirationsschutz
5 notfallmäßiges Einlegen eines Guedel-Tubus, Intubation oder Tra-
cheotomie und Legen einer Ernährungssonde
5 Durchstoßen der Atresie mit einem Trokar ist möglich, jedoch keine
endgültige Behandlung
5 ab 3 Wochen post partum endgültige Operation möglich: transna-
sale Eröffnung der Stenose, unter Navigations-CT, mittels Laser
(Membran) bzw. Mikrofräse (Knochen)
5 alternativ Abtragen des hinteren Septumanteils (Rethi) oder trans-
palatinale Eröffnung (deutlich invasiver)
5 Einlage eines Platzhalters zur Re-Stenoseprophylaxe obligat
4 bei einseitiger Atresie elektive Operation

33.2.3 Septumdeviation

4 Abweichung des knorpeligen und/oder des knöchernen Nasenseptums


nach lateral, angeboren oder erworben
4 während des Wachstums bis in das Erwachsenenalter unterliegen die
knorpeligen und knöchernen Zonen des Nasenseptums ständigen Um-
bauvorgängen, daher Nasenseptumdeviationen auch ohne Trauma
möglich

Klinik
4 es können basale Septumleisten und -sporne, in der Kontaktzone
zwischen knorpeligem Septum und Prämaxilla sowie aufsteigende
Leisten im Bereich des Vomers entstehen
4 hohe Deviation im Bereich der knorpeligen Lamina quadrangularis
bzw. der knöchernen Lamina perpendicularis ossis ethmoidalis
4 i. d. R. asymptomatische Septumdeviationen, daher steht die funktio-
nelle Behinderung durch eine Septumdeviation im Vordergrund bei der
Indikationsstellung zur Therapie
4 Beschwerden durch
5 ein- oder beidseitige Nasenatmungsbehinderung
5 Mundatmung
5 protrahierte Abheilung akuter Rhinitiden
5 Riechstörung
5 Kopfschmerzen zentral über der Glabella (Spannungsseptum)

Diagnostik
4 anteriore Rhinoskopie
4 30°-Endoskopie der Nasenhöhlen
4 Rhinomanometrie vor und nach Abschwellung der Nasenmuscheln mit
Oxymetazolin 0,1%
4 subjektive Olfaktometrie
4 Röntgenaufnahme der NNH in 2 Ebenen zum Ausschluss einer Rhino-
sinusitis
4 Photodokumentation vor Operation
378 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Therapie


4 Therapie zielt auf die operative Begradigung der Nasenscheidewand
4 Prinzip: Anlage eines submukösen Zugangs in der Nähe der Kolumella,
Freilegung der knorpeligen und knöchernen Septumanteile subperi-
chondral bzw. subperiostal und möglichst sparsame, gezielte Resektion
deviierter knöcherner Anteile
4 knorpelig deviierte Anteile werden durch gezieltes nicht durchgreifen-
des Einritzen von ihrer Spannung befreit
4 resezierte knorpelige Leisten werden nach Crashen zwischen die Mu-
kosablätter wieder eingestellt (Cottle)

33.2.4 Nasenmuschelhyperplasie

4 Hyperplasie des Schwellkörpers und der Schleimhautoberfläche der


Nasenmuscheln bei entzündlichen Reizen, z. B. allergischer Rhinitis,
und reaktiv bei ungleichem Querschnitt der Nasenhöhlen (Nasensep-
tumdeviation)

Klinik
4 Volumenvermehrung bis zur Verlegung einer Nasenhaupthöhle bzw.
direkter Kontakt zum Nasenseptum wirken sich vor allem an der un-
teren Nasenmuschel behindernd auf die Nasenatmung aus
4 bei allergischer Genese gerötet-livide, zum Teil porige Oberfläche in
Verbindung mit mukös-klarer Sekretion

Diagnostik
4 anteriore Rhinoskopie
4 30°-Endoskopie der Nasenhöhlen
33 4 Rhinomanometrie vor und nach Abschwellung der Nasenmuscheln mit
Oxymetazolin 0,1%
4 subjektive Olfaktometrie
4 ggf. Allergiediagnostik
4 bei vorherrschender Nasenatmungsbehinderung durch die Muschelhy-
perplasie nach der Abschwellung deutliche Verbesserung des Nasenluft-
stroms
4 tritt keine Besserung ein, sind strukturelle Formveränderungen maß-
geblich für die Nasenatmungsbehinderung

Therapie
4 konventionelle Abtragung der Muschelschleimhaut an der Unterkante
der unteren Nasenmuschel (»Streifenkonchotomie«)
4 alternativ submuköse Ablation bzw. Obliteration des Schwellkörperge-
webes unter Erhalt der Schleimhautoberfläche mittels Radiofrequenz,
fasergeführtem Laser oder mechanisch (Shaver)
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
379 33
33.2.5 Nasale Fremdkörper und Rhinolithen Eigene Notizen

4 Einführen von Fremdkörpern aller Art in die Nasenhöhle, vor allem bei
Kleinkindern, im Vorschul- und frühen Schulalter, seltener bei geistig
behinderten Personen
4 bei langer Liegedauer Kalkabscheidungen um den Fremdkörper (Kalzi-
umkarbonat oder-phosphat)
4 Rhinolithen treten selten spontan auf

Klinik
4 Das Einbringen des Fremdkörpers durch Kinder wird gelegentlich von
Erwachsenen beobachtet, seltener von Kindern selbst berichtet
4 in vielen Fällen ergibt sich die Verdachtsdiagnose erst aus wochenlanger
einseitiger Nasenatmungsbehinderung mit muköser bzw. fötide-puru-
lenter Sekretion
4 die meisten Fremdkörper liegen im unteren Nasengang
4 bei langer Liegedauer können granulierende Entzündung der Schleim-
haut und frische Narben den Fremdkörper umscheiden

Diagnostik
4 anteriore Rhinoskopie; frisch eingebrachte Fremdkörper im unteren
Nasengang oft noch zu erkennen
4 > Memo Eine 30°- oder 0°-Endoskopie der Nase in örtlicher Betäu-
bung wird von Kindern nicht toleriert und ist wegen der Gefahr der
akzidentellen Dislokation des Fremdkörpers nicht indiziert.

Therapie
4 Entfernung in toto
4 bei kooperativen Patienten, guter Übersicht, solider Konsistenz und
sicherer Anamnese (Ausschluss weiterer Fremdkörper) Bergung im Un-
tersuchungsraum mit einem Häkchen nach anterior möglich
4 in allen anderen Fällen endoskopische Entfernung unter Intubations-
narkose (Schutz vor Aspiration)
4 falls kein Fremdkörper gefunden wird, flexible Tracheobronchoskopie
zum Ausschluss einer unbemerkten Aspiration

33.2.6 Nasenseptumperforation

4 Perforation des Nasenseptums in variabler Größe und Lage


4 Ursachen
5 traumatisch (bei Nasenbeinfraktur, stumpfem Nasentrauma im
knorpeligen Bereich, als Folgezustand nach Septumhämatom oder
-abszess)
5 entzündlich (bei Wegener-Granulomatose, Lues, Mykobakteriose,
Mittelliniengranulom, Rhinosklerom, selten bei unkomplizierter
Rhinitis sicca)
380 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 5 toxisch (bei Exposition gegenüber Chromaten, Kokain)


5 iatrogen (nach Kilian-Septumplastik (4–15%), nasaler Langzeitin-
tubation

Klinik
4 rezidivierende Epistaxis aus den Perforationsrändern
4 Nasenatmungsbehinderung durch Turbulenzbildung am Lochrand
4 Bildung trockener Borken
4 pfeifendes Atemgeräusch (eher bei kleinen Perforationen)
4 bei ausgedehnten Perforationen Verlust der Stützfunktion des Septums
mit Sattelnasenbildung

Diagnostik
4 anteriore Rhinoskopie und 0°-Endoskopie der Nase
4 Rhinomanometrie
4 subjektive Olfaktometrie
4 Photodokumentation
4 zur Ursachenabkärung ggf. Biopsie bei granulomatöser Entzündung
(Rhinosklerom: Erregernachweis), ANCA-Serologie (M. Wegener),
Lues-Serologie, Tuberkulin-Hauttest bzw. b-Interferontest, Drogen-
screening (Kokain)

Therapie
4 Verschluss der Septumperforation mit Brückenlappenplastik der
Septummukosa bei kleinen bis maximal mittelgroßen Perforationen
4 alternativ und bei großen Perforationen Verschluss mittels Silikon-
Obturator
4 ggf. Rhinoplastik mit Rippenknorpelimplantation zur operativen Kor-
33 rektur der Sattelnase

33.2.7 Epistaxis

4 Blutung aus den Gefäßen des Naseninneren


4 die Gefäßversorgung besteht aus
5 A. ethmoidalis anterior
5 A. ethmoidalis posterior
5 A. sphenopalatina
5 A. labialis superior und ihrer jeweiligen Endäste
4 die Endäste der genannten Gefäße bilden hier ein dichtes und verletz-
liches Gefäßnetz (Locus Kiesselbachi)

Ätiologie
4 entzündlich: akute Rhinitis; chronische Rhinitis atrophicans/sicca
4 traumatisch: Frakturen des Nasenbeins, des Mittelgesichts (Le Fort), der
Frontobasis (Escher), vorangegangene Operationen an den Nasen-
muscheln/Septum/Nebenhöhlen. Septumperforation
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
381 33

4 neoplastisch: benigne und maligne Neubildungen der Nasenhöhle und Eigene Notizen
der Nasennebenhöhlen
4 generalisiert: erworbene/angeborene Blutgerinnungsstörung, medika-
mentöse Antikoagulation, Bluthochdruck
4 hereditär: Teleangiektasie (Morbus Rendu-Osler)

Klinik
4 Blutung aus der Nasenhaupthöhle wechselnder Stärke, nach anterior
oder posterior
4 im Bereich der vorderen Abschnitte Blutungsquelle häufig sichtbar

Diagnostik
4 RR-Kontrolle
4 anteriore Rhinoskopie
4 0°- oder 30°-Endoskopie der Nase unter Absaugen von Blut und Koa-
geln
4 Gesamtlabor (Gerinnungswerte, Blutbild, Leberenzyme)

Therapie
4 Sofortmaßnahmen: Eiskrawatte, Oberkörper hochlagern, Vornüberbeu-
gen des Kopfes, Nierenschale, Temporäre Einlage von Oxymetazolin 0,1%
+ Lidocain 2% gemischt, i.v. Volumensubstitution, falls erforderlich
4 Vorgehen zur Blutstillung im Untersuchungsraum . Tabelle

Blutstillung bei Epistaxis

Blutungsquelle sichtbar Blutungsquelle nicht sichtbar

Zusammendrücken der Nasenflügel für 10 min vordere Nasentamponade mit latex-


(falls Blutung diffus am vorderen Septum) freien Gummifingerlingen

Ätzen mit AgNO3 (nicht bilateral an korre- falls schwere Blutung aus den hin-
spondierenden Stellen) teren Abschnitten: ggf. vordere und
hintere (Bellocq-)Nasentamponade

Elektrokoagulation bipolar ( ! Cave Herz- falls nicht erfolgreich: operative/in-


schrittmacher, elektrische Implantate!) terventionelle Blutstillung (s. unten)

4 Sekretstase hinter der Tamponade begünstigt eine bakterielle Superin-


fektion – ab 48 h ist eine systemische Antibiotikagabe obligat
4 operative/interventionelle Blutstillung (Optionen)
5 Tamponadenentfernung im Operationssaal unter Intubationsnar-
kose (zur Sicherung der Atemwege gegen Aspiration)
5 flächige Behandlung mittels Argon-Plasma-Elektrokoagulation
5 Aufsuchen und Elektrokoagulation der A. ethmoidalis anterior/pos-
terior am Siebbeindach über eine endonasale Siebbeinoperation
bzw. der A. sphenopalatina nahe der Choane (koronares NNH-CT
erforderlich)
5 interventionell: angiographische Darstellung der A. sphenopalatina
über die A. carotis externa/A. maxillaris und gezielte Embolisation
382 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 flankierende Maßnahmen


5 medikamentöse RR-Kontrolle, Einstellung der Blutgerinnung
5 3 Wochen nach Entlassung Röntgenübersichtsaufnahme der Nasen-
nebenhöhlen in 2 Ebenen zum Ausschluss einer Neoplasie

33.2.8 Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie


(Morbus Osler-Rendu-Weber)

4 autosomal-dominant vererbte Erkrankung, assoziiert mit Blutgruppe 0

Klinik
4 multiple Teleangiektasien der äußeren Haut, der Schleimhäute und der
inneren Organe mit spontanen oder auf geringe mechanische Belastung
auftretenden Blutungen
4 die teleangiektatischen Herde imponieren als kleine knopfförmige Pa-
peln mit spiderähnlichen Gefäßausläufern
4 anämisches Hautkolorit

Diagnostik
4 Blickdiagnostik der äußeren Haut, bestätigt durch den Inspektionsbe-
fund der Mundhöhle bzw. die anteriore Rhinoskopie und die Endosko-
pie der Nasenhöhle und der Pharynxetagen mit 30°-bzw. 70°-Winkel-
optiken
4 im Blutbild erniedrigter Hb-Wert, an den die Patienten infolge des lan-
gen Krankheitsverlaufs gewöhnt sind

Therapie
4 keine kausale Therapie bekannt
33 4 Dauertherapie der Nasenschleimhäute mit fettender Nasensalbe zur
Minderung des spontanen Blutungsrisikos
4 berührungslose Obliteration der ektatischen Gefäße mittels Neodym:
YAG-Laser führt wegen der Angioneogenese nur zur passageren Besse-
rung
4 alternativ Abtragung der oberflächlichen Schichten der Septummukosa
und Ersatz durch Spalthaut (Dermatoplastik nach Saunders)

33.2.9 Akute Rhinitis

4 akute Infektion des Naseninneren mit einer großen Bandbreite viraler


Erreger (Rhino-, Adeno-, Picorna-, Myxo- [Influenza Typ A/B/C],
Orthomyxo-, Paramyxo- [Parainfluenza Typ 1–4)], Respiratory-Syn-
cytial-, Coronaviren etc.)
4 Übertragung durch Tröpfcheninfektion oder durch Schmierinfektion
mit kontaminiertem Material
4 gehäuftes Vorkommen bei Temperaturwechseln in Herbst und Früh-
jahr, Plateauphase im Winter
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
383 33
Klinik Eigene Notizen
4 Inkubationszeit 1–4 Tage
4 Verlauf
5 Prodromalstadium mit trockener Schleimhautreizung in der Nase
und im Nasenrachen (Juckreiz, Brennen, Wundgefühl) von wenigen
Stunden
5 katarrhalisches Stadium mit profuser wässriger Schleimsekretion,
Krankheitsgefühl, Niesreiz, nasale Obstruktion, Hyp- oder Anos-
mie, gelegentlich Fieber (vor allem bei Kindern)
5 nach ca. 4 Tagen Übergang in ein Stadium zäher Sekretion mit
Rückgang der Sekretmenge, des Niesreizes und des Krankheits-
gefühls
5 Abklingen der Symptomatik nach insgesamt 8–14 Tagen

Diagnostik
4 Nasenendoskopie
5 ausgeprägte Rötung und Schwellung der Nasenschleimhäute mit
Verlegung der Nasenhöhle
5 klare, wässrige bzw. muköse Sekretion in der Nasenendoskopie
5 ekzematöse Läsion des Naseneingangs durch Feuchteexposition
und Manipulation
4 bei unkomplizierten Verlauf weitergehende Diagnostik obsolet

Therapie
4 keine kausale Therapie
4 Gabe von systemischen Antihistaminika im Erkrankungsbeginn
gelegentlich erfolgreich
4 Prophylaxe durch Händehygiene gegen Schmierinfektion
4 im Rahmen der Entzündung symptomatische Behandlung mit ab-
schwellenden Nasentropfen, weicher Nasensalbe
4 Antibiotikagabe nur bei bakterieller Superinfektion

33.2.10 Allergische Rhinitis

4 eine der häufigsten allergischen Erkrankungen (20% der Allgemeinbe-


völkerung bezogen auf die Gesamtlebensdauer)
4 Beginn meist in der frühen Kindheit, Dauer über mehrere Lebensjahr-
zehnte
4 allergenspezifische, IgE-vermittelte Entzündungsreaktion, die zweipha-
sig in einer Sofort- (<2 h) und Spätphase (2–48 h) abläuft
4 durch Allergenkontakt kommt es zur initialen Ausschüttung von Hista-
min, Leukotrienen und Kininen
4 auf zellulärer Ebene sind neben eosinophilen Granulozyten auch T- und
B-Lymphozyten, Mastzellen und basophile Granulozyten beteiligt
4 im Rahmen der allergischen Erkrankung verlängert sich auch die Über-
lebensdauer bestehender Entzündungszellen
384 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 vermehrte Expression der IgE-Rezeptoren an der Zelloberfläche


4 minimal persistierende Entzündungsreaktion bleibt auch im symptom-
freien Zustand bestehen

Klinik
4 bisherige Unterteilung in saisonale und perenniale Erkrankung wegen
mangelnder Trennschärfe nicht mehr bedeutend
4 nach WHO Unterscheidung in:
5 intermittierender Verlauf (Symptomatik <4 Tage/Woche oder
<4 Wochen)
5 persistierender Verlauf (>4 Tage/Woche oder >4 Wochen)
4 Kardinalsymptome: Niesen, Juckreiz, Sekretion und Obstruktion der
Nase
4 weitere mögliche Symptome: Husten, Halskratzen, geschlossenes
Näseln, Lidödeme, Mundatmung, Schlafstörungen, Konzentrations-
störungen und nasale Hyperreaktivität
4 hohe Komorbidität mit allergischem Asthma (32% bei Kindern; 16% bei
Erwachsenen), sekretorischer Otitis media und Rhinosinusitis ohne
Polyposis

Diagnostik
4 ausführliche Anamnese (Exposition, Fremdanamnese, familiäre Häu-
fung, Nahrungsmittel, Medikamente)
4 klinische Untersuchung der Haut (Ekzem?)
4 Endoskopie der Nase mit 30°- und 70°-Winkeloptik
4 ggf. dermatologisches, pädiatrisches, pulmologisches Konsil
4 Hauttestungen mit Prick- oder (falls nicht eindeutig) Intrakutantest
5 systemische Antihistaminika müssen 3 Tage vorher abgesetzt sein,
ebenso kortisonhaltige Dermatologika
33 5 falls Hauttestung nicht möglich, Bestimmung von spezifischem IgE
(z. B. durch Radio-Allergo-Sorbent-Test; RAST) in Relation zum
Gesamt-IgE im Serum
5 falls nasale Symptomatik (Anamnese) den Testergebnissen wider-
spricht, ist ein nasaler Provokationstest (mit Leerprobe zum Aus-
schluss der Reizeffekte mechanischer Belastung) indiziert; Ergeb-
nisermittlung durch Symptomscore und Rhinomanometrie
5 ! Cave Anaphylaktischer Schock bei allen Expositionstests mög-
lich!

Therapie
4 Allergenkarenz, sofern diese praktikabel ist (z. B. Urlaubsziele, Meidung
bestimmter Nahrungsmittel, allergendichtes Umschließen (»encasing«)
von Matratze und Bettwäsche (Milbenkot), Abgabe von Haustieren
4 abgestufte medikamentöse Therapie nach aktuellen Leitlinien (ARIA)
4 wirksame Medikamente
5 Cromone (zur Allergenabschirmung der Schleimhäute am Effektor-
organ)
5 Antihistaminika der 2. und 3. Generation (nicht sedierend)
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
385 33

5 topische Kortikosteroide mit geringer systemischer Bioverfügbar- Eigene Notizen


keit (z. B. Mometason, Fluticason)
5 orale Kortikosteroide in schweren Fällen
5 Leukotrienrezeptorantagonisten und Anti-IgE-Antikörper sind
noch Gegenstand weiterer Studien
5 abschwellende Nasentropfen/-sprays (α-Sympatomimetika) nur
kurzzeitig zur Besserung der Obstruktion
5 Ipratropiumbromid adjuvant zur Besserung der Hypersekretion
4 spezifische Immuntherapie (SIT)
5 subkutane oder sublinguale Applikation (SLIT) von patientenspezi-
fisch zusammengestellten Allergenextrakten zum Zweck der Hypo-
sensibilisierung
5 frühzeitiger Therapiebeginn (auch im Kindesalter möglich) hat
präventiven Effekt bezüglich Ausweitung des Allergenspektrums
und Entstehung eines allergischen Asthmas
5 ! Cave Ein anaphylaktischer Schock ist grundsätzlich bei jeder
Therapiesitzung möglich – bei sublingualer Applikation aber sel-
tener als bei subkutaner.
4 chirurgische Maßnahmen adjuvant zur Besserung der Obstruktion
möglich (Radiofrequenzablation der unteren Nasenmuscheln; Septum-
korrektur)

33.2.11 Chronische Rhinitis und chronische Rhinopathie

Chronische Rhinitis
4 chronisch infektiöse Erkrankung der Nase durch unspezifische Erre-
ger, Dauer >3 Monate und Ausschluss anderer Ursachen (spezifische
Erreger, Tropenkrankheiten, Acetylsalicylsäure-Intoleranz, Allergien,
chemische Noxen, mechanische Schädigungen, Neoplasien und
Fremdkörper [!])
4 Erreger meist Staphylokokken, Streptockokken (u. a. Streptococcus
pneumoniae), Haemophilus influenzae und Anaerobier

Klinik
4 chronische, zäh-schleimige und eitrige Rhinorrhö, gelegentlich mit
Blutspuren, über eine Dauer von mindestens 3 Monaten mit nur kurz-
zeitiger oder unvollständiger Besserung
4 bei Endoskopie gereizte Schleimhäute, bei Berührung leicht blutend,
mukös-eitrige Sekretion

Diagnostik
4 30°/70°-Endoskopie der Nase (auch zum Ausschluss einer chronischen
Rhinosinusitis mit Polyposis, Neoplasien, Fremdkörper etc.)
4 Rhinomanometrie
4 subjektive Riechprüfung
4 Abstrichentnahme
4 Röntgen NNH in 2 Ebenen zum Neoplasie-/Sinusitisausschluss
386 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Therapie


4 Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache, falls eruierbar
4 konservativ Einsatz von Antibiotika (Cephalosporine ab 2. Generation,
Aminopenicilline, ggf. Clindamycin bei Allergie gegen Penicilline, je
nach Antibiogramm) und Sekretolytika
4 Nasenspülung mit NaCl
4 Antihistaminika der 2. und 3. Generation adjuvant oft erfolgreich
4 chirurgische Maßnahmen nach eventueller Grunderkrankung (z. B.
Adenotomie bei Kindern) und zur Verbesserung der Obstruktion (Sep-
tumplastik, Muschelablation mit interstitieller Radiofrequenzablation)

Rhinitis atrophicans
4 progrediente Atrophie der Nasenschleimhäute in allen Abschnitten un-
ter Beteiligung von Epithel, Gefäßen, Drüsen und knöcherner Stütz-
strukturen
4 Ursache unbekannt
4 endemische Häufungen (z. B. Osteuropa)
4 Erkrankungsgipfel zwischen 15. und 30. Lebensjahr
4 diskutiert werden genetische, ernährungsbedingte, entwicklungsge-
schichtliche Faktoren sowie bakterielle Entzündungen

Klinik
4 blasse, dünne, trockene Schleimhaut in allen Abschnitten der Nasen-
höhle, ubiquitär mit Borken belegt
4 im Extremfall massive stinkende Verborkung des Naseninneren (Ozäna)
4 Anosmie wegen Atrophie des Riechepithels
4 irreführendes Gefühl der Nasenatmungsbehinderung für die Betrof-
fenen wegen Verlust der Schleimhautsensibilität

33 Diagnostik
4 eingehende Anamnese mit Berücksichtigung möglicher Ursachen/en-
demischer Faktoren
4 30°- und 70°-Endoskopie aller Nasenabschnitte
4 Rhinomanometrie
4 subjektive Olfaktometrie
4 ggf. Biopsie

Therapie
4 konservativ: konsequente und langjährige Lokalpflege mit Nasenöl oder
fettenden Nasensalben, Lösen der Borken mittels Nasenspülung mit
NaCl-Lösung 0,9%, ggf. mechanisches Lösen der Borken unter endo-
skopischer Sicht durch den Arzt
4 operative Behandlungsprinzipien richten sich an die Normalisierung
der abnormen Weite des Nasenlumens durch Medialisieren der unteren
Nasenmuschel oder submuköses Auffüttern des Septums mit Knorpel-
chips (unsicher, da ebenfalls atrophiegefährdet)
4 Kontraindikation gegen Dekongestiva (von Patienten wegen subjektiver
Nasenatmungsbehinderung angewendet)
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
387 33
Rhinitis sicca anterior Eigene Notizen
4 Austrocknung der Schleimhäute in den vorderen Septumabschnitten
4 Ursachen
5 Manipulation (Nasenbohren)
5 chemische Noxen (Stäube, Dämpfe, Schnupftabak, Kokain)
5 iatrogen nach zu ausgedehnter Septumknorpelresektion oder Mu-
schelresektion)
5 extreme Temperaturexposition

Klinik
4 Trockenheitsgefühl und Juckreiz in den vorderen Nasenabschnitten
4 endoskopisch trockene, zum Teil atrophe, leicht blutende und borkig
belegte Schleimhäute
4 Nasenatmung und Riechvermögen meist nicht beeinträchtigt
4 in einigen Fällen Septumperforation (7 Abschn. 33.2.6)

Diagnostik
4 eingehende Anamnese mit Berücksichtigung möglicher Noxen
(s. oben)
4 Endoskopie der vorderen Nasenabschnitte
4 Rhinomanometrie
4 subjektive Olfaktometrie

Therapie
4 Ausschaltung der Noxe (Manipulationsverbot, Einstellen des Substanz-
abusus, Atemschutz etc.)
4 Verbesserung der Trophik durch Nasenöl/fettende Nasensalben
4 ggf. Krustenabtragung durch Spülen mit NaCl-Lösung 0,9%
4 bei kleinen Septumperforationen ggf. Versuch des operativen Ver-
schlusses, bei größeren Perforationen Obturatoreinsatz

Nasale Hyperreaktivität
4 Synonyme: idiopathische Rhinitis, hyperreflektorische Rhinitis, vaso-
motorische Rhinitis
4 nasale Symptomatik analog zur allergischen Rhinitis, jedoch ohne all-
ergische Begleitsymptomatik (Konjunktivitis, Ekzem) und ohne Aller-
gennachweis
4 Ursache unklar (neuroendokriner Mechanismus?)
4 Auslöser: rasche Temperaturwechsel (z. B. Kühlhausarbeiter), che-
mische Reizung, heiße Speisen, scharfe Gewürze

Klinik
4 Niesen, Juckreiz, nasale Obstruktion, Hypersekretion

Diagnostik
4 ausführliche Anamnese
4 Endoskopie der Nase mit 30°- und 70°-Winkeloptik (blass-livide, ge-
schwollene und sezernierende Muschelschleimhaut)
388 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 Allergiediagnostik (7 Abschn. 33.2.10) zum Ausschluss einer aller-


gischen Genese
4 Rhinomanometrie vor und nach Abschwellung der Nasenmuscheln

Therapie
4 Dekongestiva (α-Sympatomimetika) nur kurzfristig
4 Ipratropiumbromid zur medikamentösen Hemmung der nasalen Se-
kretion
4 Capsaicin-Therapie lokal unter Oberflächenanästhesie zur Desaktivie-
rung der Schleimhautsekretion
4 chirurgische Maßnahmen
5 Radiofrequenzablation der unteren Nasenmuscheln
5 Septumkorrektur zur Besserung der Obstruktion und Reduktion
der Drüsenanteile im Epithel

Weitere chronische Rhinopathien


4 Rhinopathia gravidarum
5 hormonell bedingte ödematöse Schwellung der Nasen- und Nasen-
muschelschleimhaut bei bis zu 30% der Schwangeren mit Hyperse-
kretion und nasaler Obstruktion
5 symptomatische Therapie nach Rücksprache mit gynäkologischen
Kollegen (keine α-Sympatomimetika)
4 nicht-allergische Rhinopathie mit Eosinophilie (NARES)
5 Symptomatik ähnlich der allergischen Rhinitis mit persistierendem
Verlauf
5 positiver Nachweis von eosinophilen Granulozyten im Nasensekret,
u. U. Erhöhung der eosinophilen Granulozyten im Blut, jedoch mit
negativem Allergietest, RAST und Provokationstest
5 Auftreten im 2.–5. Lebensjahrzehnt
33 5 gutes Ansprechen auf topische Kortikosteroide

Spezifische chronische Rhinitis (. Tabelle)

Übersicht über die spezifischen chronischen Rhinitiden

Bezeich- Erreger Klinik Diagnostik Therapie


nung

Tbc der Mycobac- epitheloidzellige Endoskopie, Ab- Tuberkulo-


Nase/Lu- terium tu- Granulome (Lu- strich, Biopsie statika nach
pus berculosis pus), schmierige (Granulome), Rönt- aktuellen
Beläge gen-Thorax, inter- Therapie-
nistisches Konsil schemata

Lues Treponema eitrige Rhinorrhö, Endoskopie, Ab- Antibiotika


pallidum Gummen der Nas- strich, serologische
enwand und des Diagnostik (nicht
Septums, Septum- für Primärstadium)
nekrose, Sattelnase

6
33.2 · Erkrankungen der inneren Nase
389 33

Übersicht über die spezifischen chronischen Rhinitiden (Fortsetzung) Eigene Notizen

Bezeich- Erreger Klinik Diagnostik Therapie


nung

Sarkoidose (keine Granulombildung, Endoskopie, Biop- operative


infektiöse nicht verkäsend. sie, CT NNH koro- Sanierung,
Genese, Nasenatmungs- nar (NNH-Manifes- ggf. NNH-
Ursache behinderung, tation), Röntgen- Operation;
unbekannt) Kopfschmerz, ver- Thorax, nach Rück-
mehrte Sekretion, internistisches sprache mit
pulmonale Mani- Konsil Internisten
festation, ggf. Uve- Kortiko-
itis, Sialadenitis steroide
systemisch,
Immunsup-
pressiva

Weitere infektiöse chronische Rhinitiden/


Tropenerkrankungen (. Tabelle)

Übersicht über infektiöse chronische Rhinitiden und Tropenerkrankungen

Bezeich- Erreger Klinik Diagnostik Therapie


nung

Malleus Burkholde- blutig-eitrige Rhinor- Endoskopie, Antibiotika


(Rotz) ria mallei rhö Abstrich, (z. B. Doxy-
ggf. Biopsie cyclin)

Blasto- Blastomy- Pneumonie, Haut- und Endoskopie, Antimyko-


mykose ces, Crypto- laryngeale Beteiligung Abstrich tika (z. B.
coccus , Nase: verruköse Amphoter-
Paracoccidi- Schleimhautverände- icin B)
oides rungen, Narben (oft
asymptomatisch)

Leishmani- Leishmania Hautmanifestation, Endoskopie, Glucantim,


ose brasiliensis granulierende Rhinitis, Biopsie Miltefosin,
Zerstörung des Sep- Amphoter-
tumknorpels, Sattel- icin B
nase

Rhinos- Klebsiella eitrige Rhinorrhö, Endoskopie, Antibiotika


klerom rhinosclero- Granulombildung, Biopsie (Strepto-
matis narbige Strikturen (la- mycin, Cip-
ryngeale Manifesta- rofloxacin),
tion) Abtragung
von Strik-
turen

Lepra Mycobacte- Rhinitis sicca anterior, Endoskopie, Dapson


rium leprae Granulombildung Abstrich
(Leprom), Einschmel-
zung, Zerstörung des
Nasengerüsts
390 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 33.2.12 Wegener-Granulomatose

4 granulomatöse Vaskulitis mit multiplen Organmanifestationen: Nase,


Nasennebenhöhlen, Larynx, Lunge, Nieren, Mittelohr (chronisch gra-
nulierende Otitis media, granulierende Mastoiditis) und Innenohr
(kochleäre Vaskulitis), Muskulatur (Myositis), ZNS, periphere Nerven
(Polyneuropathie, u. a. Fazialisparese)
4 autoimmunologische Erkrankung (Nachweis von antineutrophilen zy-
toplasmatischen Antikörpern; ANCA) unklarer Genese
4 (multipel) lokalisiertes Stadium mit mehrmonatigem bis zu mehrjäh-
rigem Verlauf bei guter Kontrolle der Erkrankung
4 generalisiertes Stadium mit sog. pulmorenalem Syndrom mit akzele-
riertem Verlauf bis zum Tod

Klinik
4 Granulationen in oberen Atemwegen
4 nasale Obstruktion
4 blutig tingierte, schmierige Sekretion, bakterielle Superinfektion, borkig
belegte nekrotisierende Entzündung der Schleimhäute mit granulie-
render Schleimhautoberfläche
4 nekrotischer Zerfall des knorpeligen Nasengerüsts mit Sattelnasenbil-
dung
4 zur Ohrmanifestation
4 laryngeale Manifestation ebenfalls mit granulierender Schleimhaut und
Borkenbildung

Diagnostik
4 Endoskopie der Nase (30°- und 70°-Endoskopie) und des Larynx (70°-
Endoskopie und 90°-Lupenlaryngoskopie) mit Biopsie (Granulom-
33 nachweis)
4 antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) im Serum
4 Röntgen Thorax (pulmonale Manifestation)
4 renale Funktionsdiagnostik
4 internistisches Konsil

Therapie
4 Immunsuppression mit Kortikosteroiden, Azathioprin, Cyclophospha-
mid
4 bei Vollremission Defektheilungen des Nasengerüsts mit Ausgleich der
Sattelnase durch Einsatz von Rippenknorpel oder Einsatz eines Sep-
tumobturators zum Perforationsverschluss

33.2.13 Granuloma gangraenescens


(»midline granuloma«)

4 progredient destruierende Erkrankung des Mittelgesichts als lokale


Manifestation eines T-Zell-Lymphoms mit EBV-Assoziation
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
391 33
Klinik Eigene Notizen
4 initial nasale Obstruktion, mukös-eitrige Sekretion, Rötung und Schwel-
lung der Gesichtshaut, Kopfschmerzen, Epiphora
4 später Ulzeration von Haut und Schleimhaut, bakterielle Superinfektion
häufig, Nekrose von Weichteilen, Knorpel und Knochen des gesamten
Mittelgesichts mit erheblichen Substanzdefekten
4 keine Schmerzen

Diagnostik
4 30°-/70°-Endoskopie der Nase, CT der Nase in koronarer Schichtfüh-
rung, MRT der Gesichts- und angrenzenden Hirnanteile
4 Visus- und Motilitätsprüfung
4 Biopsie des Naseninneren bzw. aus den Randbereichen des Defekts

Therapie
4 primäre Radiochemotherapie (Immunsuppressiva)
4 antibiotische Mitbehandlung der bakteriellen Superinfektion
4 plastische Defektdeckung im Stadium der Vollremission

33.3 Erkrankungen der Nasennebenhöhlen

33.3.1 Akute Entzündung der Nasennebenhöhlen

4 akute Sinusitis definiert als Entzündung der Nasennebenhöhlen-


schleimhaut durch eine bakterielle oder bakterielle Infektion
4 regelmäßig Auftreten in Verbindung mit einer akuten Rhinitis (daher
als Rhinosinusitis bezeichnet)
4 Prävalenz in der BRD ca. 8%

Ätiologie
4 zu den häufigsten pathogenen Erregern zählen Rhino-, Influenza- und
Parainfluenza-Viren sowie Chlamydia pneumoniae und Mykoplas-
men
4 in 10–40% unklare Ätiologie der akuten Rhinosinusitis
4 Kofaktoren u. a. anatomische Varianten der Nasennebenhöhlen und der
Nasenhöhle sowie Allergien (assoziiert mit der akuten Rhinitis zu 25–
50%) möglich
4 bei bakteriellen Superinfektion besteht das übliche Keimspektrum aus
Streptococcus pneumoniae (36–40%), Haemophilus influenzae (22–
50%), Staphylococcus aureus (3–5%), Streptococcus pyogenes (3%) und
Moraxella catarrhalis (2%, bei Kindern häufiger)
4 bei immunsupprimierten Patienten zusätzlich Pseudomonas aerugino-
sa als bakterieller Erreger relevant

Klinik
4 Auftreten von mindestens zwei Hauptsymptomen oder eines Haupt-
und zwei Nebensymptomen (. Tabelle)
392 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Haupt- und Nebensymptome der akuten Sinusitis

Hauptsymptome Nebensymptome

Gesichtsschmerz Kopfschmerzen

Stauungsgefühl im Gesicht Fötor

Verstopfte Nase Abgeschlagenheit

eitriger Schnupfen Zahnschmerzen

Riechstörung Husten

Fieber Ohrenschmerzen

4 in 0,5–2,5% der Fälle kommt es nach einer akuten Infektion der oberen
Luftwege zu einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis. Hierbei entsteht
infolge der entzündlichen Schleimhautreizung eine Schwellung der
Nebenhöhlenostien mit resultierender Belüftungsstörung der NNH,
Sekretstase und bakterieller Besiedlung des Sekrets
4 nasale Obstruktion, Abgeschlagenheit, Fieber, anteriorer oder posteri-
orer Rhinorrhö und Kopfschmerzen in typischer Projektion (. Tabelle)

Schmerzprojektion nach betroffener Nasennebenhöhle

Entzündlicher Fokus Projektion auf

Sinus maxillaris Wange

Cellulae ethmoidales Glabella bzw. Stirn median

Sinus frontalis Stirn lateral

Sinus sphenoidalis parietal median bzw. bitemporal


33
4 weitere klinische Zeichen: Klopfschmerzhaftigkeit der Region über den
betroffenen Nebenhöhlen, Verstärkung des Gesichtsschmerzes/-drucks
beim Vornüberbeugen, Nachweis von purulenter Sekretion an der Ra-
chenhinterwand (»postnasal drip«) und im mittleren Nasengang (30°-
Endoskopie der Nasenhöhle)

Diagnostik
4 zentrale Bedeutung besitzt die Endoskopie der Nasenhöhle mit 30°-
oder 70°-Winkeloptik zur Beurteilung des mittleren Nasengangs und
des ostiomeatalen Komplexes
4 CT der Nasennebenhöhlen in koronarer Schnittführung oder Rekon-
struktion aus axialen Schichten derzeit das beste bildgebendes Verfahren
zur Darstellung der Nasenebenhöhlen, da die Abbildung der knöcher-
nen Strukturen eine detaillierte Übersicht z. B. über den ostiomeatalen
Komplex erlaubt
4 ähnlich hohe Bildqualität bei u. U. niedrigerer Strahlenbelastung liefert
die digitale Volumentomographie (DVT)
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
393 33

4 MRT-Aufnahmen wegen der schlechten Knochendarstellung zur Dia- Eigene Notizen


gnostik der Rhinosinusitis weniger sinnvoll
4 weniger wertvoll sind die A-Sonographie der Nasennebenhöhlen bzw.
konventionelle Röntgenaufnahmen der Nasennebenhöhlen in 2 Ebe-
nen, da sich mit beiden Verfahren nur Sekretspiegel in den Kieferhöhlen
zuverlässig diagnostizieren lassen, bei fehlenden Sekretspiegeln bzw. zur
Diagnostik der übrigen NNH sind beide Verfahren nicht zielführend
4 ein direkter Erregernachweis, z. B. durch eine scharfe Kieferhöhlen-
punktion, ist bei der akuten unkomplizierten Rhinosinusitis obsolet

Therapie
4 Antibiotika nur indiziert bei bakterieller Superinfektion einer akuten
viralen Rhinosinusitis, gekennzeichnet durch:
5 Erkrankungsdauer über 10–14 Tage
5 purulente Sekretion in der Endoskopie
5 u. U. verstärkte Beschwerden nach zwischenzeitlicher Besserung
4 Indikation zur antibiotischen Behandlung besteht darüber hinaus bei:
5 Fieber >38,5°C
5 drohender Komplikation (orbital, endokraniell)
5 chronisch-entzündlicher Lungenerkrankung
5 immunsupprimierten und immundefizienten Zuständen
5 schwerer begleitender Grunderkrankung oder besonderen Risiko-
faktoren
4 Mittel der ersten Wahl Amoxicillin, bei schweren Verlaufsformen und
Risikofaktoren Aminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor, Cephalospo-
rine der 2. Generation
4 alternativ Gabe u. a. von Makroliden, Clindamycin, Doxycyclin und bei
schweren Verlaufsformen Cephalosporine der 3. Generation oder
Gyrasehemmern möglich
4 lokale Dekongestiva (z. B. Oxymetazolin) zur symptomatischen Thera-
pie für die Dauer von maximal 10 Tage empfohlen
4 Gabe topischer Kortikosteroidsprays kann zusätzlich die nasale Ob-
struktion und die Schwellung der endonasalen Schleimhäute mindern
4 Gabe von Antihistaminika nur bei einer gleichzeitig vorliegenden aller-
gischen Rhinitis sinnvoll
4 weitere therapeutische Ansätze, wie z. B. pflanzliche Sekretolytika oder
physikalische Maßnahmen (Kopfdampfbäder, Rotlichtbestrahlung), zei-
gen uneinheitliche Ergebnisse oder keine therapeutische Wirksamkeit
4 chirurgische Behandlungsverfahren bei der akuten Rhinosinusitis nur
im Fall etwaiger Komplikationen an der Orbita, dem Endokranium oder
bei septischen Zuständen

33.3.2 Barosinusitis

4 Verschluss der Nasennebenhöhlenostien bei raschen äußeren Druckän-


derungen, bevorzugt bei Berufs- und Hobbytauchern, in der Luftfahrt,
bei Druckkammerinsassen
394 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 Erhöhtes Risiko bei akuter Schleimhautschwellung in Folge einer aku-
ten Rhinitis oder Rhinosinusitis

Klinik
4 plötzlich auftretende Schmerzen in Projektion auf Stirn oder Wange bei
Druckänderungen, d. h. Auf- oder Abtauchen, Start oder Landung im
Luftverkehr
4 Verstärkte Rhinorrhö, evtl. blutig durchsetzt

Diagnostik
4 Endoskopie der Nase und der NNH mit 30°- und 70°-Winkeloptiken,
dabei Reizung und Schwellung der NNH mit Rhinorrhö, u. U. blutig,
erkennbar
4 falls protrahierter oder rezidivierender Verlauf, CT-NNH in koronarer
Schichtführung zur Beurteilung einer zugrunde liegenden chronischen
Rhinosinusitis und zum Ausschluss einer Neoplasie

Therapie
4 abschwellende Nasentropfen (z. B. Oxymetazolin 0,1%), ggf. Spülung
mit NaCl 0,9% mittels Nasendusche, Antihistaminika (z. B. Deslorata-
din 5 mg) und topische Kortikosteroide (Budesonid- oder Mometason-
Spray 2×2 Hübe täglich)
4 bei persistierender Schleimhautschwellung in der CT der NNH, die auf
vorgenannte Medikation nicht reagiert oder bei Neoplasieverdacht:
Operationsindikation

33.3.3 Chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen

33 4 chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen werden in Verbin-


dung mit einer Entzündung der Nasenhöhle (»Rhinosinusitis«) defi-
niert als das Vorhandensein von mindestens zwei Symptomen (s. unten)
für die Dauer von mehr als 12 Wochen oder mehr als 4 Episoden pro
Jahr ohne vollständige zwischenzeitliche Erholung
4 bei der chronischen Rhinosinusitis werden Formen mit und ohne Na-
senpolypen unterschieden
5 Nasenpolypen imponieren als gestielte, glasig-graue Schleimhauthy-
perplasien mit wässrigem, lockerem fibrösen Stroma und becher-
zellreichen Schleimhautüberzug
5 durch Gewebeneubildung oder Polypenwachstum im ostiomeatalen
Komplex – dem Raum zwischen den vorderen Siebbeinzellen, dem
Stirnhöhleninfundibulum und dem Kieferhöhlenostium – kommt
es zur Drainagestörung und Minderbelüftung in den nachgeschal-
teten Sinus und damit zur Manifestation der Erkrankung
4 Prävalenz der chronischen Rhinosinusitis wird uneinheitlich bewertet:
während 15,5% aller Individuen anamnestisch über »sinusitische Be-
schwerden« berichten, wird die Diagnose nach ICD-10 nur bei 2% aller
Individuen gestellt (USA: 4,78%)
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
395 33

4 zentrale Bedeutung besitzt nach gegenwärtigem Kenntnisstand eine ge- Eigene Notizen
störte Regulation der Entzündungsmediatoren im Schleimhautniveau
der Nasennebenhöhlen. Unter anderem kommt es zur Aufwärtsregula-
tion von Interleukinen, Cys-Leukotrienen und Eotaxin im Rahmen der
Eosinophilen-assoziierten chronischen Rhinosinusitis
4 als Auslöser wird u. a. das Staphylococcus-aureus-Enterotoxin disku-
tiert, das als Superantigen 20–25% der nativen T-Zell-Population stimu-
lieren kann
4 andere mögliche Auslöser sind Pilze (vor allem Alternaria spp.), die für
das Entstehen einer Eosinophilen-assoziierten Pilzsinusitis verantwort-
lich sein sollen (. Tabelle)
4 gehäuftes Vorkommen einer mit neutrophilen Granulozyten assoziierte
chronische Rhinosinusitis bei zystischer Fibrose und bei asiatischen Pa-
tienten
4 Assoziation der chronischen Rhinosinusitis mit einer Reihe von Krank-
heitsbildern, mit denen der ursächliche Zusammenhang größtenteils
noch nicht geklärt ist:
5 Allergien
J positive Prick-Tests bei 50–84% der Patienten mit chronischer
Rhinosinusitis
J manifeste Allergie bei 10–64% aller Patienten mit chronischer
Rhinosinusitis mit Polyposis
J umgekehrt Ausbildung nasaler Polypen bei 0,5–4,5% aller Aller-
giker – das entspricht der Prävalenz in der Normalbevölkerung
5 Asthma bronchiale
J 100% der Patienten mit schwerem Asthma bronchiale und 88%
der Patienten mit mäßig schwerem Asthma zeigen im CT-NNH
Veränderungen einer chronischen Rhinosinusitis
J umgekehrt findet sich bei 26% aller Patienten mit chronischer
Rhinosinusitis mit Polyposis ein Asthma bronchiale (Prävalenz in
der Allgemeinbevölkerung ca. 6%), doppelt so häufig ein nicht-
atopisches wie ein atopischen Asthma bronchiale
J ausschlaggebend für die Assoziation mit einem nicht-allergischen
Asthma bronchiale ist eine Unverträglichkeit für nicht-steroidale
Antiphlogistika (NSAID), insbesondere Acetylsalicylsäure, was
auf eine Variante in der Verstoffwechselung durch die Leuko-
trien-C4-Synthetase zurückgeführt wird
J Samter-Trias = nicht-allergisches Asthma, Acetylsalicylsäure-Un-
verträglichkeit und chronische Rhinosinusitis mit Polyposis; bei
4,3–11% aller Asthmatiker (Allgemeinbevölkerung 0,6–2%)
5 bei HIV-positiven Patienten findet sich eine chronische Rhinosinu-
sitis in ca. 34%
5 Patienten mit zystischer Fibrose entwickeln in 25–40% eine chro-
nische Rhinosinusitis mit Polyposis
5 > Memo Bei Kindern mit chronischer Rhinosinusitis und Polypo-
sis ist an die Differenzialdiagnose »zystische Fibrose« zu denken.
5 weitere, seltenere Erkrankungen: u. a. primäre ziliäre Dyskinesie,
Kartagener-Syndrom und Wegener-Granulomatose
396 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 Rolle der bakteriellen Infektion der Nasennebenhöhlen ist noch unklar.
Sie kommt am ehesten als Superinfektion im Rahmen des chronischen
Entzündungsprozesses vor. Keimspektrum: Staphylococcus epidermi-
dis, Staphylococcus aureus, Streptococcus viridans, Moraxella catarrha-
lis, Haemophilus spp. Anaerobier, Pseudomonas aeruginosa und gram-
negative Enterobakterien
4 Sonderstellung: chronische Rhinosinusitis durch Pilzinfektionen; Ein-
teilung in nicht-schleimhautinvasive und schleimhautinvasive Formen
(. Tabelle)

Übersicht über die pilzbedingte chronische Rhinosinusitis

Invasivität Typ Charakteristika

invasiv akut bei schwerer Immunsuppression (z. B. Leukämie,


AIDS); Manifestation <4 Wochen, nekrotisieren-
der oder septischer Verlauf möglich

chronisch bei mäßiger Immunsuppression (z. B. Diabetes,


Steroidtherapie, AIDS); Manifestation >12
Wochen, häufig Asp. fumigatus

granulomatös endemisch in Sudan, Pakistan, Indien, Saudi-Ara-


bien; histologischer Granulomnachweis, Erreger
Asp. flavus

nicht-invasiv saprophytische keine Infektion bzw. Schleimhautreaktion


Besiedlung

Pilzkugel umschriebene Pilzansammlung, häufig in der


(»Fungus-Ball«) Kieferhöhle, mit oberflächlicher Schleimhaut-
reaktion

eosinophile Vorhandensein von eosinophilen Granulozyten


33 Pilz-Rhinosi-
nusitis (EFRS)
in der Schleimhaut, IgE-positiv auf Pilze, Pilzhy-
phen im Muzin nachweisbar, analog Typ-III-Aller-
giereaktion (meist Alternaria spp.)

allergische Pilz- wie EFRS, analog Typ-I-Allergiereaktion


Rhinosinusitis
(AFRS)

Klinik
4 Symptome sind weniger ausgeprägt als bei der akuten Rhinosinusitis
und häufig uncharakteristisch
4 vorherrschend Nasenatmungsbehinderung, nasales Völlegefühl, Kopf-
oder Gesichtsdruck; Riechstörungen, nasale Sekretion
4 analog zur akuten Rhinosinusitis Auftreten von mindestens zwei
Hauptsymptomen oder eines Haupt- und zwei Nebensymptomen
(. Tabelle)
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
397 33

Haupt- und Nebensymptome der chronischen Sinusitis Eigene Notizen

Hauptsymptome Nebensymptome

Gesichtsschmerz Kopfschmerzen

Stauungsgefühl im Gesicht Fötor

Verstopfte Nase Abgeschlagenheit

eitriger Schnupfen Zahnschmerzen

Riechstörung Husten

Fieber Ohrenschmerzen

Diagnostik
4 Endoskopie der Nasenhöhlen mittels 30°- bzw. 70°-Winkeloptiken: Be-
urteilung der Schleimhaut auf Rötung, Schwellung, Sekretion aus dem
mittleren Nasengang, Polypenwachstum im mittleren Nasengang
(. Abb. 51, Farbteil) und darüber hinaus, Sekretstraße an der Nasenra-
chenhinterwand (posteriore Rhinoskopie)
4 Computertomographie der Nasennebenhöhlen in Knochenfenstertech-
nik Standard in der bildgebenden Diagnostik
5 in koronarer Schichtung Beurteilung der knöchernen Grenzen zur
Orbita und des Canalis nervi optici sowie des Karotiskanals mög-
lich
5 Vor Operation der Nasennebenhöhlen obligat
4 konventionelle Röntgenaufnahmen zur Beurteilung der chronischen
Rhinosinusitis ungeeignet
4 MRT wegen mangelnder Darstellung der knöchernen Grenzen nicht
erste Wahl (Ausnahme Differenzialdiagnose Neubildungen, Schädelba-
sisneoplasien)
4 mikrobiologische Untersuchungen bei chronischer Rhinosinusitis nur
bei vermuteter Immunschwäche indiziert
4 zusätzlich können indiziert sein:
5 Allergiediagnostik bei zugrundeliegender allergischer Rhinitis
5 Acetylsalicylsäure-Provokationstest (oral, inhalativ, nasal) bei ver-
muteter Intoleranz
5 Biopsie zur Zilienaktivitätsbestimmung (ziliäre Dyskinesie, Karta-
gener-Syndrom)
5 antineutrophile zytoplasmatische Antikörper im Serum (ANCA)
und Biopsie bei Wegener-Granulomatose
5 Angiotensin-konvertierendes Enzym (ACE)-Bestimmung im Se-
rum und Interleukin-2-Rezeptorstatus bei Sarkoidose
5 Immunglobulinstatus bei Verdacht auf Immundefizienz
5 Biopsie bei Neoplasieverdacht
398 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Differenzialdiagnose (. Tabelle)

Differenzialdiagnosen der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung

Kopfschmerzen ohne Migräne


Zeichen einer Rhinosi- Kiefergelenksschmerz
nusitis (Endoskopie, CT) Trigeminusneuralgie
dentogene Schmerzen ohne Sinusitis

Granulomatöse Sarkoidose
Entzündung, lokalisiert Wegener-Granulomatose
Granuloma pyogenicum
Midline Granuloma

Rhinitis ohne Sinusitis allergische Rhinitis


virale Rhinitis
hyperreflektorische Rhinitis
eosinophile (nichtallergische) Rhinitis
Schwangerschaftsrhinitis

Medikamentöse/ Dekongestiva-Abusus (»Privinismus«)


substanzbedingte Kokainabusus
Rhinopathie β-Blocker
Antihypertensiva
Hormonpräparate

mechanische Ursachen Muschelhyperplasie


und Fehlbildungen Hyperplasie der Nasenrachen- oder Gaumentonsillen
Concha bullosa
Septumdeviation
Fremdkörper
Pyozelen/Mukozelen
Meningo-/enzephalo-/zele
Rhinoliquorrhö (durch Rhinobasisfraktur oder spontan)

gut- und bösartige invertiertes Papillom


33 Neubildungen juveniles Nasenrachenfibrom
Meningeom der Rhinobasis
Plattenepithelkarzinom
nicht verhornendes Karzinom des Nasenrachens
Adenokarzinom
adenoidzystisches Karzinom
Ästhesioneuroblastom
malignes Lymphom
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
399 33
Therapie Eigene Notizen
4 medikamentöse Therapie der chronischen Rhinosinusitis (. Tabelle)

Medikamentöse Therapie der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung

Klasse Chronische Rhinosinusitis Chronische Rhinosinusitis


ohne Polyposis mit Polyposis

topische Kor- reduzierte Sekretion, Ob- Reduktion der Polypengröße,


tikosteroide struktion, Gesichtsschmerz Sekretion, Obstruktion, Niesreiz,
Riechvermögen unverändert

postoperativ Reduktion der Rezidivrate, der Symptome wie


oben

systemische Kor- nicht ausreichend geklärt effektiv als 2-wöchige Behand-


tikosteroide lung zur Polypenreduktion, z. B.
vor Operation

Antibiotika nur bei bakterieller Superinfektion sinnvoll


Mittel der ersten Wahl: Aminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor
bzw. Cephalosporin sind (alternativ z. B. Clindamycin, Cotrimox-
azol, Piperacillin + Tazobactam; Behandlungsdauer mindestens
6 Tage über Beschwerdedauer hinaus)
neuer Ansatz: Makrolide als Langzeittherapie in reduzierter Do-
sis zur Immunmodulation (bei neutrophiler Rhinosinusitis)

Antihistaminika nicht ausreichend geklärt Reduktion von Niesreiz, Sekret-


fluss, Völlegefühl (kein Einfluss
auf Polypengröße)

Antimykotika bei invasiver Pilzsinusitis systemisch


topische Gabe nicht ausreichend geklärt

Spülung mit Symptomreduktion, redu- nicht ausreichend geklärt


Salzlösung zierte Schleimhautdicke
bei hyperosmolarer Lösung

Leukotrien- Symptomreduktion, reduzierte Schleimhautdicke


antagonisten

adaptive Desak- nicht ausreichend geklärt signifikant reduzierter Steroid-


tivierung mittels verbrauch, Reduktion der
Acetylsalicylsäure Asthmasymptome, der Polypen-
(bei Intoleranz- Rezidivrate; Riechvermögen
reaktion) gebessert

4 operative Behandlungsverfahren bei chronischer Rhinosinusitis


5 zur Verbesserung der mukoziliaren Clearance, zur Beseitigung von
Schleimhautobstruktion und zur Verbesserung der Ventilation der
Nasennebenhöhlen
5 indiziert, wenn o. g. medikamentöse Behandlungsverfahren ohne
ausreichende Wirkung
5 gezielte Abtragung erkrankter Schleimhautabschnitte auf endosko-
pischem oder mikroskopischem Weg unter Schonung der angren-
zenden, nicht erkrankten Bezirke (funktionelle Nasennebenhöhlen-
chirurgie)
400 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 5 obstruierte Nebenhöhlenostien werden eröffnet und erweitert,


Polypen und geschwollene Schleimhaut begrenzt abgetragen
5 neben schneidenden und stanzenden Instrumenten auch Ver-
wendung von motorischen Instrumenten (»Shaver«) und Laser
5 navigationsgeführte Eingriffe kommen bei veränderter Anatomie
nach Voreingriffen bzw. Normvarianten z. B. eines durch die Sieb-
beinzellen frei verlaufenden Nervus opticus (»Onodi-Zellen«) in
Frage

33.3.4 Dentogene Rhinosinusitis

4 Entzündung der Kieferhöhlen, bedingt durch entzündlichen bakteriel-


len Fokus im Bereich der Oberkieferzähne (am häufigsten 2. Prämolar
bis 1. Molar)
4 30–40% der Sinusitis maxillaris auf dentogenen Fokus zurückzuführen
4 Ursachen: apikale Parodontitis, Wurzelspitzengranulome, Wurzelreste,
nach Zahnextraktion; seltener radikuläre oder follikuläre Zysten
4 Erreger: häufig Anaerobier

Klinik
4 zusätzlich zu den klinischen Symptomen und endoskopischen Zeichen
eines purulenten Sekretflusses aus dem mittleren Nasengang (7 Abschn.
33.3.1 und 7 Abschn. 33.3.2) Wangenschwellung und Unterlidödem
4 die dentogene Rhinosinusitis geht seltener mit Polyposis einher als die
nicht-dentogene

Diagnostik
4 Inspektion des Zahnstatus und Klopfschmerzhaftigkeit der oberen
33 Zahnreihe zeigt oft die Eintrittspforte
4 30°-/70°-Endoskopie der Nasenhöhlen
4 CT-NNH in Knochenfenstertechnik und koronarer Schichtführung:
Schleimhautschwellung bzw. rundliche Schleimhautvermehrung in
Projektion auf den Kieferhöhlenboden
4 Orthopantomogramm zur Beurteilung des Zahnstatus und zahnärzt-
liches Konsil
4 alternativ: digitale Volumentomographie des Oberkiefers und der
Nasennebenhöhlen

Therapie
4 im Vordergrund steht die zahnärztliche/kieferchirurgische Sanierung
des entzündlichen Fokus
4 Verschluss einer oro-antralen Fistel durch Lappenplastik (Rehrmann-
Plastik)
4 begleitend zur Zahnsanierung konservative Therapie der Rhinosinusitis
(. Tabelle)
4 falls hierdurch keine Besserung der Rhinosinusitis → Indikation einer
funktionellen endonasalen Operation der Kieferhöhlen
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
401 33
33.3.5 Orbitale Komplikation der Rhinosinusitis Eigene Notizen

4 Übergreifen einer bakteriellen Infektion (seltener: Pilzinfektion) auf


den Orbitainhalt, ausgehend von den Nasennebenhöhlen
4 Eintrittspforte am häufigsten das Siebbeinzellsystem wegen der dünnen
knöchernen Trennwand (»Lamina papyracea«) bzw. kleiner knöcherner
Dehiszenzen
4 vor allem bei Kindern begünstigt durch das Verhältnis von Siebbeinzell-
volumen (hoch) zur Knochendicke (niedrig)
4 andere Eintrittspforten: Kieferhöhle, die Stirnhöhle und die Keilbein-
höhle (Apex-orbitae-Syndrom)
4 häufige bakterielle Erreger: Staphylococcus aureus, hämolysierende
Streptokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae (bei Kin-
dern), Klebsiellen, Pseudomonas aeruginosa

Klinik
4 Orbitaödem: Lidödem ohne Bewegungseinschränkung des Auges, ohne
Visusverlust
4 Periostitis der Lamina papyracea: beginnende Infiltration des orbitasei-
tigen Periosts, noch ohne Bulbusmotilitätsstörung und Visusverlust,
aber stärkere Schmerzen
4 subperiostaler Abszess: Abszess nach Durchbrechen der Lamina papy-
racea bzw. des Stirnhöhlenbodens mit Protrusio bulbi und Lateral-/
Kaudalverlagerung des Bulbus. Es besteht Motilitätsstörung, aber i. d. R.
noch keine Visusminderung
4 Apex-orbitae-Syndrom: entzündliche Infiltration des Orbitatrichters
ausgehend von der Keilbeinhöhlenseitenwand (Protrusio bulbi,
Chemosis, drohender Funktionsverlust der Hirnnerven II (Visus) und
V (Sensibilität), Motilitätsstörung durch Ausfall der Hirnnerven
VI>III>IV)
4 Orbitaphlegmone: schwerste phlegmonöse Entzündung im gesamten
Orbitainhalt mit Protrusio bulbi, schwerer Chemosis, Bulbusstarre
( ! Cave Gefahr der Visusverschlechterung bis zur Blindheit! )

Diagnostik
4 30°-/70°-Endoskopie der Nase zur Verifizierung der Rhinosinusitis
4 CT-NNH in axialer und koronarer Schichtführung, hier auch in Kno-
chen- und Weichteilfenstertechnik mit Kontrastmittel zur Darstellung
der knöchernen Verhältnisse, Lage und Ausdehnung der intraorbitalen
Komplikation und der knöchernen Eintrittspforten
4 MRT bei begleitender Neuritis nervi optici ggf. sinnvoll; eine MRT-Un-
tersuchung allein wegen der fehlenden Knochendarstellung unge-
eignet
4 augenärztliches Konsil zur Visus- und Motilitätsprüfung des Bulbus,
auch im Verlauf
4 Sensibilitätsprüfung des Gesichts supra- und infraorbital
402 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Therapie


4 bei Orbitaödem und Periostitis ohne Abszess, unauffälligem Visus und
regelrechter Bulbusmotilität
5 konservative Behandlung mit hochdosierter Antibiotikatherapie
5 endonasale Abschwellung mit Dekongestiva und topischen Stero-
iden (Spray)
5 Analgesie nach Bedarf
5 regelmäßige Kontrollen von Visus und Bulbusmotilität
4 bei subperiostalem Abszess mit/ohne Visusminderung dringliche Indi-
kation zur operativen Therapie
5 ! Cave Bei Apex-orbitae-Syndrom und Orbitaphlegmone mit Vi-
susminderung Notfallindikation!
5 operative Entlastung der Nasennebenhöhlen von entzündlichem
Sekret auf endonasal-endoskopischem oder -mikroskopischem
Weg
5 zusätzlich Eröffnung der Lamina papyracea zur Abszessentlastung
und bei Penetration durch die bindegewebige Periorbita Schlitzung
derselben
5 bei entzündlich bedingter Neuritis nervi optici Freilegung des Ner-
ven in der Keilbeinhöhlenseitenwand und Schlitzung des Perineu-
riums zur Druckentlastung indiziert

33.3.6 Tränenwegsobstruktion

4 Verschluss der ableitenden Tränenwege im Bereich der Canaliculi (prä-


sakkal) oder des Ductus nasolacrimalis (postsakkal)
4 Ursachen: kongenital, nach Trauma mit Mittelgesichtsfraktur, in Folge
einer Dakryozystitis, bei Tumoren der Orbita oder der Nasenhöhle,
33 Ostitis/Osteomyelitis der Maxilla, iatrogen z. B. nach ausgedehnten
operativen Eingriffen ohne Rekonstruktion der ableitenden Tränen-
wege

Klinik
4 Epiphora, Schwellung im medialen Lidwinkel, ggf. Rötung und Druck-
schmerz (Dakryozystitis) bzw. schmerzlose derbe Schwellung (Tumo-
ren)

Diagnostik
4 30°-/70°-Endoskopie der Nase
4 Tränenwegsspülung
5 bei der präsakkalen Stenose kein Rückfluss von Spülflüssigkeit über
das obere bzw. untere Tränenpünktchen
5 bei der postsakkalen Stenose Rückfluss über das obere/untere Trä-
nenpünktchen, ggf. Aufblähen des Tränensacks sichtbar
4 Dakryozystographie unter Anspülen der Tränenwege mit Kontrastmit-
tel unter Durchleuchtung
4 ggf. augenärztliches Konsil
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
403 33
Therapie Eigene Notizen
4 ggf. Behandlung der Grunderkrankung (Neoplasie; Dakryozystitis)
4 in einfachen Fällen kann bereits eine Tränenwegsspülung erfolgreich
sein
4 operative Beseitigung einer postsakkalen Stenose
5 Indikation zur endonasal-mikroskopischen bzw. -endoskopischen
Dakryozystorhinostomie
5 mikrochirurgische Abtragung der Knochen im Bereich des Agger
nasi von endonasal und Freilegung und longitudinale Schlitzung des
Saccus lacrimalis
5 Schienung der Öffnung durch einen über die Canaliculi vorge-
führten Silikonkatheter für 6 Wochen
5 Operation von außen (nach Toti) mittlerweile obsolet

33.3.7 Endokranielle Komplikationen der Rhinosinusitis

4 direktes oder indirektes Übergreifen einer Rhinosinusitis auf das Neu-


rokranium
4 Ursachen: bakterielle Infektionen, hauptsächliche Erreger sind Strepto-
kokken (β-hämolysierende und Pneumokokken), Staphylokokken, an-
aerobe grampositive Kokken und gramnegative Keime
4 Vorkommen von Thrombophlebitis, Meningitis und Abszessen (. Ta-
belle)

Endokranielle Komplikationen der Rhinosinusitis


Kompli- Beschreibung Klinik
kation
Thrombo- Thrombophlebitis des Sinus sa- Hirndruckzeichen, Stauungspapille
phlebitis gittalis superior (ausgehend von (Entwicklung langsam, daher kein
der Orbita oder der Stirnhöhle) Frühzeichen), Kopfschmerzen

Thrombophlebitis des Sinus Ca- Hirndruckzeichen, hohes Fieber,


vernosus (fortgeleitet von den Stauungspapille (Entwicklung
äußeren Gesichtsweichteilen, langsam, daher kein Frühzeichen),
der Orbita, den Siebbeinzellen Kopfschmerzen (N. V), Ophthalmo-
oder der Keilbeinhöhle) plegie (N. III, IV, VI), Visusminde-
rung (N. II)

Meningi- ausgehend von einer Ostitis der Meningismus (Nackensteife, Licht-


tis entzündlich infiltrierten Nasen- scheu, positive klinische menin-
nebenhöhlenwände fortgeleitete geale Dehnungstests), Eintrübung,
Entzündung der Hirnhäute Übelkeit, Erbrechen, Fieber

Abszesse Epiduralabszess (Abszesshöhle dumpfer Kopfschmerz, Fieber, ggf.


zwischen Knochen und Dura) Eintrübung, Meningismus

Subduralabszess (Abszesshöhle dumpfer Kopfschmerz, Fieber, ggf.


zwischen Dura und Hirngewebe) Eintrübung, Meningismus

rhinogener Hirnabszess (Stirn- Herdsymptome (gering), Enthem-


lappenabszess) (Abszesshöhle mung, plötzliches Erbrechen, Hirn-
im Hirngewebe durch venöse druckzeichen
Fortleitung; hier: Stirnlappen)
404 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Klinik


4 unterschiedlich je nach Lokalisation und Ausprägung (. Tabelle)

Diagnostik
4 30°-/70°-Endoskopie der Nase zur Diagnose der Rhinosinusitis
4 CT der Nasennebenhöhlen und des Neurokraniums in axialer und ko-
ronarer Schichtführung, hier auch in Knochen- und Weichteilfenster-
technik mit Kontrastmittel zur Darstellung der knöchernen Verhält-
nisse, Lage und Ausdehnung der intrakraniellen Komplikation und der
knöchernen Eintrittspforten
4 MRT des endokraniellen Raums
4 neurologisches Konsil zur Ausdehnungsbestimmung und Ausmaß der
funktionellen Einschränkung, auch im Verlauf
4 bei Meningitiszeichen Liquorpunktion und -diagnostik, auch im Ver-
lauf
4 augenärztliches Konsil zur Visus- und Motilitätsprüfung des Bulbus,
auch im Verlauf
4 Sensibilitätsprüfung des Gesichts supra- und infraorbital

Therapie
4 Entlastung des entzündlichen Fokus der Nasennebenhöhlen auf endo-
nasal-operativem Weg, auch unter Einbeziehung angrenzender Herde
oder Durchbrüche epidural, orbital
4 falls erforderlich, Operation von außen
4 bei endokraniellen Abszessen gemeinsames Vorgehen mit dem Neuro-
chirurgen (Abszessentlastung, Durarekonstruktion)
4 höchstdosierte, breitbandige Antibiotikatherapie
4 Behandlung des Hirndrucks (falls erhöht)
4 intensivmedizinische Überwachung
33
33.3.8 Tumoren der inneren Nase, der Nasennebenhöhlen
und der Rhinobasis

4 Differenzierung in gutartige und bösartige Tumoren (. Tabellen)

Gutartige Tumoren der inneren Nase, der Nasennebenhöhlen


und der Rhinobasis

invertiertes Papil- gutartiger epithelialer Tumor der Nasenschleimhaut, papillär


lom und invertierend in das Epithel hineinwachsend, Überschreiten
der Basalmembran, maligne Entartung in 1–53% der Fälle, As-
soziation mit humanen Papillomviren 16 und 18

Osteom gutartiger Tumor des Knochens, häufig in Stirnhöhle und


deren Ausführungsgang, seltener in der Kieferhöhle wachsend

Ameloblastom ausgehend von den Alveolarfortsätzen der Oberkieferzähne in


die Fossa pterygopalatina, die Siebbeinzellen und in die Nasen-
höhle wachsender Tumor
6
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
405 33

Gutartige Tumoren der inneren Nase, der Nasennebenhöhlen Eigene Notizen


und der Rhinobasis (Fortsetzung)

fibröse Dysplasie fibröser Umbau des Knochens mit Ersatz von Hartsubstanz
Jaffé-Lichtenstein durch Fibroblasten und Kollagen

pleomorphes Mischtumor der kleinen Speicheldrüsen mit epithelialen und


Adenom mesenchymalen Anteilen, von den kleinen Speicheldrüsen
ausgehend

Meningeom gutartiger Tumor der Hirnhäute, bei Entstehen im Bereich der


Rhinobasis in die Nasenhöhle und in die Siebbeinzellen/Keil-
beinhöhlendach/Stirnhöhlenhinterwand vorwachsend.
Vorkommen von primär extrakraniellen und intrakraniellen
Meningeomen mit Durchbruch nach extrakraniell

Bösartige Tumoren der inneren Nase, der Nasennebenhöhlen und der Rhino-
basis

Plattenepithel- epitheliales Malignom der Nasenhaupt- und -nebenhöhlen.


karzinom Ursächliche Noxen z. B. Zigarettenrauch; HPV-Genese wird
untersucht

Adenokarzinom epitheliales Malignom ausgehend von den mukösen Drüsen.


Anerkannte Berufskrankheit bei Holzverarbeitern
(z. B. Schreiner) durch Exposition gegenüber Hartholzstäuben

adenoidzystisches Malignom ausgehend von kleinen Speichel- oder Schleim-


Karzinom drüsen. Langsames Wachstum, häufig entlang Nerven-
scheiden, hohe Rezidivrate

Ästhesioneuro- neuroendokriner Tumor der Rhinobasis, vom Epithel der


blastom Riechschleimhaut ausgehend

malignes Lymphom nasale Manifestation im Rahmen eines Hodgkin- oder Non-


Hodgkin-Lymphoms

Klinik
4 gutartige Tumoren
5 invertiertes Papillom: Epistaxis, Nasenatmungsbehinderung
bei Größenwachstum Einbruch in Orbita bzw. Endokranium,
Knochendestruktion
5 Osteom: kleine Osteome symptomlos, uncharakteristisches Druck-
gefühl bzw. Kopfschmerzen bei Größenzunahme, chronische Sinu-
sitis bzw. Mukozele bei Verlegung eines Ausführungsganges
5 Ameloblastom: lokales Druckgefühl, Auftreibung des Oberkiefers
am Alveolarkamm bzw. Wangenrelief, ggf. Exophthalmus
5 fibröse Dysplasie Jaffé-Lichtenstein: Auftreibung betroffener Kno-
chenanteile, diffuses Druckgefühl, sekundäre Symptomatik durch
Verdrängung z. B. des Orbitainhalts (Exophthalmus, Doppelbilder)
5 pleomorphes Adenom: Schwellung und Auftreibung von Nase und
Wange, Nasenatmungsbehinderung, gelegentlich Epistaxis
5 Meningeom: uncharakteristisches Druckgefühl, Riechstörung,
Nasenatmungsbehinderung
406 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 bösartige Tumoren


5 in kleineren Stadien kaum Beschwerden
5 in fortgeschrittenen Stadien Nasenatmungsbehinderung, fötide
Sekretion durch zerfallene Tumormassen, Epistaxis und Kopf-
schmerzen
5 Doppelbilder, Bulbusmotilitätsstörung, Epiphora, Exophthalmus
weisen auf einen Einbruch in die Orbita bzw. die Tränenwege hin
5 enoral zeigt sich ein Durchbruch durch den harten Gaumen
5 Infiltration des Oberkiefers macht sich in fortgeschrittenen Stadien
durch Wangenauftreibung, Zahnausfall bzw. schlechten Sitz der
Zahnprothese bemerkbar
5 prognostisch bedeutsam ist die Öhngren-Linie (gedachte schiefe
Ebene ausgehend von der Nasenwurzel zum Kieferwinkel): Tumo-
ren ventral-kaudal dieser Ebene prognostisch günstiger als solche
dorsal-kranial der Ebene (rhinobasisnah)

Diagnostik
4 gutartige Tumoren
5 invertiertes Papillom
J CT der Nasennebenhöhlen in Knochen- und Weichteilfenster-
technik koronar und axial geschichtet
J 30°- und 70°-Endoskopie der Nasenhöhlen
J augenärztliches Konsil bei Einbruch in die Orbita
J neurologisches Konsil bei Einbruch in die Rhinobasis
J Riechprüfung
J Rhinomanometrie
5 Osteom
J konventionelle Röntgenaufnahme der NNH und 30°- und 70°-
Endoskopie der Nasenhöhlen
33 J vor Resektion Durchführung einer CT-NNH in Knochenfenster-
technik zur Festlegung des Zugangswegs und der Lagebeziehung
J Photodokumentation
J Riechprüfung
5 Ameloblastom
J Orthopantomogramm
J CT-NNH in Knochenfenstertechnik zur Festlegung des Zugangs-
wegs und der Lagebeziehung
J 30°- und 70°-Endoskopie der Nasenhöhlen
J kieferchirurgisches und ggf. ophthalmologisches Konsil
J Photodokumentation
5 fibröse Dysplasie Jaffé-Lichtenstein
J CT-NNH in Knochenfenstertechnik zur Ausdehnungsbestim-
mung
J ggf. ophthalmologisches Konsil
J Riechprüfung
5 pleomorphes Adenom
J CT-NNH in Knochen- und Weichteilfenstertechnik zur Aus-
dehnungsbestimmung
33.3 · Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
407 33

J 30°- und 70°-Endoskopie der Nasenhöhlen Eigene Notizen


J Riechprüfung
J Rhinomanometrie
5 Meningeom
J CT-NNH in Knochen- und Weichteilfenstertechnik koronar und
axial geschichtet
J 30°- und 70°-Endoskopie der Nasenhöhlen
J neurologisches Konsil
J Photodokumentation
J Riechprüfung
J Rhinomanometrie
4 bösartige Tumoren
5 Endoskopie der Nasenhöhle mittels 30°- bzw. 70°-Winkeloptik
5 CT-NNH in koronarer und axialer Schichtung in Knochen- und
Weichteilfenstertechnik mit Kontrastmittel; CT auch der Halsweich-
teile und des Thorax zur Diagnostik von Lymphknotenmetastasen
bzw. intrathorakalen Fernmetastasen
5 MRT zur Ausdehnungsbestimmung der Weichteilinfiltration
5 Duplexsonographie der Halsweichteile und des Oberbauchs (Leber-
metastasen)
5 Biopsie der endonasalen Läsion
5 Photodokumentation
5 Rhinomanometrie
5 Riechprüfung
5 bei Einbruch in die Orbita ophthalmologisches Konsil
5 bei endokranieller Beteiligung neurologisches Konsil
5 bei Beteiligung des Oberkiefers inkl. Alveolarkamm kieferchirur-
gisches Konsil

Therapie
4 gutartige Tumoren
5 invertiertes Papillom: Resektion aller Schleimhautanteile und Glät-
ten des darunterliegenden Knochens mittels Diamantfräse über
osteoplastischen Zugang der Kieferhöhlenvorderwand inkl. Nasen-
haupthöhle (»midfacial degloving«; . Abb. 52, Farbteil); Rekonstruk-
tion der Tränenwege mittels Dakryozystorhinostomie
5 Osteom: bei Beschwerden Abtragen mittels Diamantfräse endona-
sal oder über osteoplastischen Zugang der Stirnhöhle
5 Ameloblastom: Abtragen betroffener Oberkieferanteile mittels Teil-
oder Totalresektion und -rekonstruktion/Anpassen einer Obtura-
torplatte
5 fibröse Dysplasie Jaffé-Lichtenstein: bei Beschwerdefreiheit keine The-
rapie; bei Beschwerden lokalisiertes Abtragen mittels Diamantfräse
5 pleomorphes Adenom: Abtragung endonasal oder via »midfacial
degloving« (s. oben) in toto bei intakter Tumorkapsel
5 Meningeom: Abtragung in toto in Zusammenarbeit mit Neurochi-
rurgen endonasal bzw. transfrontal ein- oder zweizeitig mit Durare-
konstruktion
408 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 bösartige Tumoren


5 Ausmaß der Behandlung richtet sich nach der Histologie bzw. der
Ausdehnung (TNM-Stadium für epitheliale Tumoren, . Tabelle)
5 für maligne Lymphome gelten die aktuellen radiochemotherapeu-
tischen Therapieschemata
5 grundsätzliches chirurgisches Vorgehen: radikale Resektion des
Malignoms je nach Ausdehnung, d. h. bei Infiltration der Rhinoba-
sis mit Duraresektion und -rekonstruktion, ggf. endokranielle Re-
sektion
5 bei Orbitabeteiligung ggf. Exenteratio orbitae und Epithesenanpas-
sung
5 bei Fernmetastasen primäre Radiochemotherapie, ggf. mit Tumor-
teilresektion zur Reduktion der Tumormasse

TNM-Klassifikation der malignen Tumoren der inneren Nase und der Nasen-
nebenhöhlen

T-Stadium Kieferhöhle Nasenhöhle und Siebbeinzellen

T1 begrenzt auf die antrale begrenzt auf einen Unterbezirk,


Schleimhaut ohne Knochen- mit oder ohne Knochenarrosion
arrosion

T2 Arrosion des Knochens; Tumor in zwei Unterbezirken der-


Ausdehnung auf den harten selben Region oder Ausbreitung
Gaumen und den mittleren auf einen Nachbarbezirk in der
Nasengang Nasenhöhle/Siebbeinregion, mit
oder ohne Knochenarrosion

T3 Tumorinfiltration in mindestens: Tumorinfiltration in mindestens:


– dorsale Kieferhöhlenwand – Orbitaboden
– Subkutangewebe – mediale Orbita
– Orbitaboden – Kieferhöhle
33 – mediale Orbitawand – harter Gaumen
– Fossa pterygopalatina – Lamina cribrosa
– Sinus ethmoidalis

T4a Tumorinfiltration in mindestens: Tumorinfiltration in mindestens:


– vordere Orbita – vordere Orbita
– Wangenhaut – Wangenhaut/Nasenhaut
– Processus pterygoideus – Vordere Schädelgrube (minimal)
– Fossa infratemporalis – Processus pterygoideus
– Lamina cribrosa – Keilbeinhöhle
– Keilbeinhöhle – Stirnhöhle
– Stirnhöhle

T4b Tumorinfiltration in mindestens:


– Orbitaspitze
– Dura
– Gehirn
– mittlere Schädelgrube
– Hirnnerven (ausgenommen N. V/2)
– Nasopharynx
– Clivus
33.4 · Erkrankungen der Rhinobasis und des Mittelgesichts
409 33
33.4 Erkrankungen der Rhinobasis Eigene Notizen
und des Mittelgesichts
33.4.1 Fehlbildungen des Mittelgesichts

4 Lippenspalte, Kieferspalte, Gaumenspalte und deren Kombinationen


(Lippen-Kiefer-Gaumenspalte)
4 zentrale (Gaumenspalte) bzw. paramediane Lage (Lippen- und Kiefer-
spalte)
4 in 15–33% der Fälle vererbt, unregelmäßig dominanter bzw. rezessiver
Erbgang
4 vergesellschaftet u. a. mit Trisomien
4 sporadisches Auftreten bei Virusinfektionen, Stoffwechselstörungen,
physikalischen und chemischen Noxen in der Schwangerschaft
4 Lippenspalten entstehen in der 5.–6. Embryonalwoche, Gaumenspalten
in der 10.–12. Woche
4 Häufigkeit von Lippenspalten mit oder ohne Gaumenspalte weltweit
von 1:850; bei männlichen Geburten 1,5-mal häufiger als bei weib-
lichen
4 Inzidenz von reinen Gaumenspalten von 1:2050; bei weiblichen Ge-
burten 1,33-mal häufiger als bei männlichen
4 Hemmungsmissbildung beim Zusammenwachsen von embryonalen
Spalten bzw. Wiedereinreißen von bereits gebildeten Schlussfugen
4 Varianten: submuköse Gaumenspalte (tastbare Gaumenspalte unter in-
takter Gaumenschleimhaut), Uvula bifida

Klinik
4 offenes Näseln bei der Lautbildung
4 Gesichtsdeformität
4 Trinkunfähigkeit, da bei Lippenspalten kein Sog aufgebaut werden
kann
4 Aspirationsgefahr von Flüssignahrung
4 chronische Tubenbelüftungsstörung wegen insuffizienter Tubenöff-
nung, da der Weichgaumenmuskulatur das Widerlager fehlt

Diagnostik
4 Inspektion
4 Endoskopie des Naseninneren mittels 0°-/30°-Winkeloptik
4 Palpation des weichen Gaumens
4 Ohrmikroskopie zur Beurteilung der Mittelohrbelüftung (Trommelfell-
retraktion, chronisch sekretorische Otitis media)
4 kieferchirurgisches/zahnärztliches Konsil
4 phoniatrische und logopädische Mitbeurteilung
4 ggf. Bildgebung durch konventionelle Röntgenaufnahme oder digitale
Volumentomographie
4 Photodokumentation
4 genetische Diagnostik
410 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Therapie


4 interdisziplinäre langjährige gemeinsame Betreuung durch Kiefer-
chirurgen, Logopäden, Hals-Nasen-Ohrenarzt (frühzeitige Anlage von
T-Tubes zur dauerhaften Paukenbelüftung bei Tubenbelüftungsstörung)
4 operative Versorgung der Spaltenanteile
5 Gaumenspaltenverschluss durch Oberkieferplatte/nasoalveoläres
Molding: unmittelbar nach Geburt
5 Lippenspaltverschluss, Nasenseptumreposition: 4.–6. Lebensmo-
nat
5 Weichgaumenspaltverschluss: bis 12. Lebensmonat
5 Hartgaumenverschluss: bis 30. Lebensmonat
5 Spaltosteoplastik: vor Durchbruch spaltbenachbarter Zähne

33.4.2 Frakturen des Mittelgesichts

4 Gewalteinwirkung von lateral bzw. fontolateral/frontal


4 Verkehrsunfälle, Sport-/Arbeits-/Verkehrsunfälle, Gewalttaten
4 zentrale/zentrolaterale Mittelgesichtsfrakturen
5 isolierte Nasenbeinfraktur in geschlossener Form (ohne Weichteil-
verletzung) oder offen (mit offener Hautwunde)
5 Frakturen des Os nasale in Verbindung mit dem Os maxillare, dem
Orbitaboden: Einteilung nach LeFort (. Tabelle)

LeFort-Einteilung der Mittelgesichtsfrakturen

Typ Frakturen Klinik Therapie

LeFort I Oberkiefersagit- Okklusionsstörung intermaxilläre Fixation,


(zentral) talfraktur mit Miniplattenosteosyn-
33 Absprengung these an den Fraktur-
von Maxilla und spalten
Os palatinum

LeFort II Absprengung Okklusionsstörung, ggf.


(zentral) der gesamten Doppelbilder, Hypästhe-
Maxilla vom Ge- sie N. V/2, Epiphora,
sichtsschädel Nasenschiefstand

LeFort III Absprengung wie Le Fort II, zusätzlich intermaxilläre Fixation,


(zentro- des gesamten ggf. Rhinoliquorrhö, Miniplattenosteosyn-
lateral) Gesichts- Eindellung des Mittel- these an den Fraktur-
schädels vom gesichts (»dish face«), spalten, zusätzlich kranio-
Hirnschädel Schubladenphänomen maxilläre Aufhängung,
Orbitabodenreposition,
ggf. Duraplastik

4 laterale Mittelgesichtsfrakturen
5 isolierte Jochbogenfraktur
J ca. 6% aller lateralen Mittelgesichtsfrakturen
J Impression des Jochbogens ohne Fraktur an den Suturen der an-
grenzenden Mittelgesichtsknochen
33.4 · Erkrankungen der Rhinobasis und des Mittelgesichts
411 33

5 Tripoidfraktur Eigene Notizen


Jochbeinfraktur mit Beteiligung angrenzender Strukturen (in 30%
vergesellschaftet mit zentrolateralen Frakturen): Sutura frontozygo-
matica, frontomaxillaris, Jochbogen, ggf. lateraler Orbitarand, Or-
bitaboden mit Canalis infraoorbitalis bis zum Foramen infraorbi-
tale, Crista zygomaticoalveolaris
4 Unterkieferfrakturen
5 Frakturen am Collum der Mandibula, der Basis und der Symphyse

Klinik
4 zentrale/zentrolaterale Frakturen . Tabelle
4 Nasenbeinfraktur
5 Krepitation, Schiefstand der Nase, Nasenbluten, Sensibilitäts-
störungen des Nasenrückens, Monokel- oder Brillenhämatom
5 Nasenatmungsbehinderung kann auf Septumhämatom hindeuten
4 isolierte Jochbogenfraktur
5 abgeflachtes Gesichtsprofil
5 Kieferklemme
4 Tripoidfraktur
5 abgeflachtes Gesichtsprofil
5 Kieferklemme
5 zusätzlich Sensibilitätsstörung des N. infraorbitalis
5 Enophthalmus, Bulbusmotilitätsstörung

Diagnostik
4 allgemeine körperliche Untersuchung auf Traumafolgen, Unter-
suchungsalgorithmus entsprechend Leitlinien der Notfallversorgung
bei polytraumatisierten Patienten
4 Inspektion auf Gesichtsdeformität, Palpation von Knochenstufen,
Mobilität von Fragmentenden, Krepitation, Schmerzhaftigkeit bei Bewe-
gung, Schubladenphänomen (LeFort III), Emphysem (Schneeballreiben)
der Weichteile, Sensibilitätsstörung im Gesichtsbereich (Trigeminusäste),
Motilitätsstörung des Auges in 8 Blickrichtungen, Visusminderung
4 30°-/70°-Endoskopie der Nasenhöhle bei Verdacht auf Rhinoliquorrhö
unter Abschwellen der Nasenhöhle und Kopftieflagerung, ggf. bei beat-
meten Patienten mit Erhöhung des endexspiratorischen Drucks (PEEP)
4 labordiagnostisch β2-Transferrintest aus Nasensekret und Serum
4 Röntgendiagnostik
5 bei Nasenbeinfraktur Röntgenaufnahme der Nase seitlich bzw.
NNH in 2 Ebenen
5 bei klinisch eindeutiger, isolierter Nasenbeinfraktur nicht zwingend
erforderlich
5 isolierte Jochbogenfraktur mit konventioneller Röntgenaufnahme
(Henkeltopfaufnahme) nachweisbar
5 für alle Mehrfachfrakturen CT des Mittelgesichts in koronarer/axialer
Schnittführung und Knochenfenstertechnik zwingend erforderlich
4 ophthalmologisches/neurochirurgisches Konsil je nach Beteiligung von
Orbita und Endokranium
412 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 4 subjektive Riechprüfung und Rhinomanometrie


4 ausführliche Photodokumentation der Verletzungen aus medikolegaler
Indikation (Unfälle mit Fremdeinwirkung, Gewalttaten)

Therapie
4 Akutversorgung bei polytraumatisierten Patienten entsprechend notfall-
ärztlichen Leitlinien. Kreislaufstabilisierung, Sicherung der Respiration,
Ausschluss innerer bzw. intrakranieller Blutungen
4 Frakturversorgung, falls keine Kontraindikation von neurochirur-
gischer Seite (Hirnblutung, Hirndruck), nach Abschwellung, aber vor
Einsetzen der bindegewebigen Frakturheilung (ca. 3–5 Tage nach Trau-
ma)
4 zentrale/zentrolaterale Frakturen . Tabelle
4 isolierte Nasenbeinfraktur: Nasenbeinreposition von außen/von endo-
nasal mit dem Elevatorium, Gipsanlage für 2 Wochen
4 isolierte Jochbogenfraktur
5 bimanuelle Reposition von enoral ohne Verplattung kann erfolg-
reich sein
5 Anlage eines Entlastungsverbandes für 2 Wochen
5 falls nicht erfolgreich und symptomatisch: Indikation zur Miniplat-
tenosteosynthese
4 Tripoidfraktur: je nach Symptomatik Freilegung des Orbitabodens
(Motilitätsstörung des Bulbus, Sensibilitätsstörung des N. Infraorbita-
lis), Schienung des Orbitabodens mit PDS-Folie oder Septumknorpel,
Miniplattenosteosynthese des Jochbeins

33.4.3 Frakturen der Rhinobasis

33 4 Gewalteinwirkung von frontal, Verkehrsunfälle (Zweiradunfälle mit


Sturz), Sport-/Arbeitsunfälle, Gewalttaten
4 6–13% aller Schädel-Hirn-Traumen mit einer Fraktur der Frontobasis
4 Altersgipfel zwischen 20 und 40 Jahren, Männer häufiger als Frauen
betroffen
4 Fraktureinteilung erfolgt nach Escher I–IV (. Tabelle)

Escher-Einteilung der Rhinobasisfrakturen

Typ Frakturen Klinik Therapie

Escher I hohe ausgedehnte Rhinoliquorrhö, Zugang über Unterberger-


(65%) Frontobasisfraktur Sensibilitätsstörung Schnittführung, osteo-
mit Schädelkalotte, N. V/1, Lidemphy- plastische Rekonstruktion
Vorder- und Hin- sem, -hämatom, mittels Mikroplattenosteo-
terwand des Sinus Visusminderung, synthese, Deckung mit
frontalis Bulbusmotilitäts- Galea-Periost-Lappen.
störung, spätere Plastische Rekonstruktion
Meningitis der Stirnkontur mittels
Bioverit-Keramikimplantat
6 im 2. Eingriff
33.4 · Erkrankungen der Rhinobasis und des Mittelgesichts
413 33

Escher-Einteilung der Rhinobasisfrakturen (Fortsetzung) Eigene Notizen

Typ Frakturen Klinik Therapie

Escher II isolierte Fraktur Rhinoliquorrhö, transnasale/transethmo-


(5%) der Rhinobasis im Riechstörung, idale Entlastung der Orbi-
Siebbeindach, Cris- spätere Meningitis, ta über Entfernung der
ta galli, Lamina Protrusio bulbi und Lamina papyracea Schlit-
cribrosa, ggf. aus- Motilitätsstörung, zung der Periorbita. Dura-
strahlend in das Visusminderung bei plastik transnasal mit Fas-
Orbitadach Orbita-Einblutung cia Lata/Fibrinkleber

Escher III Absprengung des Okklusionsstörung, intermaxilläre Fixation,


(10%) gesamten Gesichts- ggf. Doppelbilder, Miniplattenosteosynthese
schädels vom Hirn- Hypästhesie N. V/2, an den Frakturspalten,
schädel (analog Epiphora, Nasen- zusätzlich kraniomaxilläre
LeFort III) schiefstand, Rhino- Aufhängung, Orbita-
liquorrhö, Ein- bodenreposition, ggf. Du-
dellung des Mittel- raplastik endonasal mit
gesichts (»dish Fascia lata/Fibrinkleber,
face«), Schubladen- gemeinsames kiefer-
phänomen, spätere chirurgisches Vorgehen
Meningitis

Escher IV laterale (frontoor- Orbitaödem, Pro- frontoorbitaler Zugang zu


(10%) bitale) Frontobasis- trusio bulbi, Motili- Stirnhöhle, Siebbein, Or-
fraktur tätsstörung, späte bitadach über Unterber-
Infektion des Orbita- ger-Schnittführung Dura-
inhalts bzw. Menin- plastik mit Fascia lata/Fi-
gitis. Lidemphysem, brinkleber
-hämatom

Klinik
. Tabelle

Diagnostik
4 allgemeine körperliche Untersuchung auf Traumafolgen, Unter-
suchungsalgorithmus entsprechend Leitlinien der Notfallversorgung
bei polytraumatisierten Patienten
4 konsiliarische Mitbeurteilung durch Kieferchirurgen, Neurologen/
Neurochirurgen, Augenarzt
4 Inspektion auf Schädeldeformität, Palpation von Knochenstufen,
Krepitation, Schubladenphänomen (LeFort III), Emphysem (Schnee-
ballreiben) der Weichteile, Sensibilitätsstörung im Gesichtsbereich (Tri-
geminusäste), Motilitätsstörung des Auges in 8 Blickrichtungen, Visus-
minderung
4 30°-/70°-Endoskopie der Nasenhöhle bei Verdacht auf Rhinoliquorrhö
unter Abschwellen der Nasenhöhle und Kopftieflagerung, ggf. bei beat-
meten Patienten mit Erhöhung des endexspiratorischen Drucks
(PEEP)
4 labordiagnostisch β2-Transferrintest aus Nasensekret und Serum
414 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen Therapie


4 vitale Notfallindikation zur operativen Behandlung (gemeinsam mit
Neurochirurgen) bei intrakranieller Druckerhöhung, Blutung, Hirn-
abszess als Früh- oder Spätkomplikation
4 absolute operative Notfallindikation bei offenem Schädel-Hirn-Trau-
ma, Durafistel, Lufteinschlüssen endokraniell, Meningitis, orbitalen
Komplikationen (inkl. Visusminderung)
4 Zugänge und Vorgehen . Tabelle
4 Mukozelen und Pyozelen
5 häufige Komplikationen nach Verletzungen der Nasennebenhöhlen
(auch nach schweren Entzündungen sowie NNH-Operationen)
5 narbig abgeschottete Schleimhauteinschlüsse mit langsamer Größen-
progredienz durch endoluminale Sekretzunahme (Mukozele) bzw.
Superinfektion (Pyozele)
5 charakterisiert durch verdrängendes Wachstum mit Einbruch in um-
liegende Strukturen, z. B. im Sinus frontalis mit Einbruch in die Or-
bita und Bulbustiefstand, Wachstum im Stirnhöhleninfundibulum
mit Durchbruch in den inneren Lidwinkel oder in der Kieferhöhle
mit Durchbruch in die Wangenweichteile (Auftreibung der Wange)
5 Diagnostik entsprechend einer gutartigen Raumforderung der
NNH (7 Abschn. 33.3.8)
5 Therapie: operative Entlastung über einen endonasalen bzw. trans-
frontalen Zugang mit Einlage eines Platzhalters für mehrere Wochen
zur Vermeidung einer Re-Okklusion

33.4.4 Osteomyelitis des Hirn- und Gesichtsschädels

4 Stirnbeinosteomyelitis
33 5 häufig bei Jugendlichen
5 es kommt am ehesten bei einer bakteriellen Sinusitis bzw. syste-
mischen Infektion viraler oder bakterieller Genese zur Ausbreitung
von Erregern in den Diploevenen des Stirnbeins zwischen Tabula
interna und externa. Diese Breschet-Venen münden in den Sinus
transversus des Endokraniums
4 Oberkieferosteomyelitis
5 ausgehend von einer Peridontitis oder Pulpitis der Oberkieferzähne
bzw. Periostitis oder Ostitis des Alveolarkamms kommt es zur Aus-
breitung der Entzündung in der maxillären Spongiosa
5 akute bakterielle Sinusitis maxillaris dagegen selten Fokus einer
Oberkieferosteomyelitis
5 abzugrenzen sind Osteoradionekrose nach ionisierender Bestrah-
lung bzw. Osteomyelitis nach Zahnbehandlung unter gleichzeitiger
Therapie mit Bisphosphonaten
4 Keilbeinosteomyelitis
5 selten
5 Folge eines Keilbeinhöhlenempyems oder einer aufsteigenden In-
fektion des Parapharyngealraums
33.4 · Erkrankungen der Rhinobasis und des Mittelgesichts
415 33
Klinik Eigene Notizen
4 Stirnbeinosteomyelitis
5 Fieber, teigige Schwellung der Kopfhaut über dem Stirnbein, Ober-
lidödem, Rötung, starke Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit
5 Komplikationen
J subperiostale, epidurale und subdurale Abszesse des Stirnlappens,
u. U. auch Abszesse des Hirnparenchyms durch venöse Fort-
leitung
J ggf. Übelkeit, Erbrechen, Enthemmung (Stirnlappenabszess),
Hirndruckzeichen und neurologische Herdsymptome
4 Keilbeinosteomyelitis
5 uncharakteristische Beschwerden (retrobulbärer dumpfer
Schmerz)
5 Nackensteife, Lichtscheu, schmerzhafte Kopfbewegung sowohl
nach vorn als auch zur Seite
5 Hirnnervenausfälle (VI>V>III>IV)
5 hohes Fieber
4 Oberkieferosteomyelitis
5 hochrote, druckdolente Wangenschwellung, Fieber, deutlicher
Kopf- und Gesichtsschmerz
5 Komplikationen: orbitale Beteiligung (Orbitaphlegmone), Menin-
gitis und parapharyngeale Ausbreitung

Diagnostik
4 30°/70°-Endoskopie der Nase und der Nasennebenhöhlen sowie des
Nasenrachens (Keilbeinosteomyelitis)
4 Gesamtlaboruntersuchung
4 kraniales CT sowie CT-NNH in Knochen- und Weichteilfenster in
koronarer und axialer Schichtung inklusive des gesamten Stirnbeins
bzw. des Oberkiefers
4 bei Verdacht auf Sinusvenenthrombose Kernspintomographie mit Ge-
fäßdarstellung
4 szintigraphischer Nachweis der Osteomyelitis nur im Zweifelsfall (z. B.
bei der Keilbeinosteomyelitis) erforderlich, nicht aber bei eindeutiger
Klinik
4 Ausschluss Stoffwechselstörung (z. B. Diabetes mellitus), Immun-
schwäche

Therapie
4 operative Sanierung des Fokus (Zahnsanierung, endonasale Nasenne-
benhöhlenoperation bei akuter bakterieller Sinusitis frontalis, Empyem-
entlastung des Sinus sphenoidalis)
4 Stirnbeinosteomyelitis: Zugang zusätzlich über Unterberger-Schnitt,
Abtragung der Tabula externa des Stirnbeins, ggf. Unterbindung der
Breschet-Venen am Übergang zum Sinus transversus
4 Oberkieferosteomyelitis: zusätzlich Kieferhöhlenoperation, ggf. Abszess-
entlastung der Wange
4 Keilbeinosteomyelitis
416 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 5 nur bedingt einer operativen Sanierung zugänglich


5 zusätzlich breitbandige, höchstdosierte Antibiotikatherapie über
mehrere Wochen erforderlich
5 ggf. intensivmedizinische Überwachung mit regelmäßiger neurolo-
gischer Beurteilung wegen endokranieller Komplikationen erfor-
derlich

33.4.5 Rhinobasale Liquorfistel

4 Auftreten aufgrund einer Rhinobasisfraktur, infolge knöcherner Miss-


bildungen an der Rhinobasis, iatrogen nach Nasennebenhöhlen- und
Septumoperationen oder spontan

Klinik
4 wässrige Rhinorrhö, häufig schwallartig nach dem Aufstehen, ohne
Vorhandensein einer akuten Rhinitis oder Rhinosinusitis
4 Patienten ansonsten beschwerdefrei
4 Komplikation: aufsteigende bakterielle oder virale Meningitis mit Licht-
scheu, Nackensteife, klinischen Zeichen der Meningenreizung (posi-
tives Brudzinski-, Kernig-, Lasègue-Zeichen)

Diagnostik
4 Nachweis von Glukose im Nasensekret unspezifisch
4 Liquorfluss kann durch Vornüberbeugen des Kopfes oder durch Kom-
pression der V. jugularis int. (Queckenstedt-Versuch) bzw. positivem
endexspiratorischen Druck bei beatmeten Patienten provoziert wer-
den
4 β2-Transferinbestimmung im Nasensekret und im Serum
33 4 Szintigraphischer Liquornachweis in 1/6 aller Fälle falsch-positiv bzw.
falsch-negativ
4 intrathekale Gabe von Fluoreszein und Nachweis durch starre Endosko-
pie der Rhinobasis unter UV-Licht
4 bildgebende Diagnostik: am geeignetsten hochauflösende Computerto-
mographie der Rhinobasis in Knochenfenstertechnik in koronarer und
sagittaler (axialer) Schnittführung

Therapie
4 operative Darstellung der Fistel auf endonasal-mikroskopischem bzw.
-endoskopischem Weg und unmittelbarer Verschluss mittels Fascia lata,
Fibrinkleber und anschließender Schleimhautauflage (z. B. von der
mittleren Nasenmuschel)
4 Antamponade mittels Salbenstreifen für 7 Tage
4 Vorgehen von außen ist praktisch nur bei Fisteln an der Stirnhöhlenhin-
terwand (Unterberger-Schnitt, transfrontale Darstellung, osteoplas-
tischer Verschluss) erforderlich
33.5 · Erkrankungen der Orbita und periorbitalen Rhinobasis
417 33
33.5 Erkrankungen der Orbita Eigene Notizen
und periorbitalen Rhinobasis
33.5.1 Orbitabodenfraktur (Blow-out-Fraktur)

4 durch Gewalteinwirkung auf den Augenbulbus von vorn Durchbrechen


der knöchernen Orbitabegrenzung an deren Boden (»Sollbruchstelle«)
4 aufgrund des Mechanismus als »Blow-out-Fraktur« bezeichnet
4 isolierte Blow-out-Fraktur ist abzugrenzen von zentralen und zentrola-
teralen (Le Fort) sowie lateralen Mittelgesichtsfrakturen (Tripoidfraktur
des Jochbogens), bei denen ebenfalls der Orbitaboden beteiligt ist
(7 Abschn. 33.4.2)

Klinik
4 Lidhämatom (Monokelhämatom), Enophthalmus, Absinken des Augen-
bulbus nach kaudal, Doppelbilder beim Blick nach oben durch Ein-
klemmung des M. rectus inferior und M. obliquus inferior, Sensibilitäts-
störung im Bereich des N. infraorbitalis (N. V/2), u. U. Visusverschlech-
terung durch direkte Bulbusverletzung
4 wegen der Lidschwellung nicht alle klinischen Zeichen im Akutstadium
eindeutig beurteilbar

Diagnostik
4 Beurteilung auf Lidemphysem, Sensibilitätsprüfung der betroffenen
Seite (im Bereich der Wangenschwellung evtl. falsch-positiv, daher Prü-
fung an der Oberlippe)
4 Visus- und Motilitätsprüfung des Bulbus durch ophthalmologisches
Konsil, ggf. im Verlauf wiederholt
4 koronar geschichtetes CT der Orbita und der Nasennebenhöhlen in
Knochenfenstertechnik mit Nachweis des Fragments am Orbitaboden
und durchhängender Anteile von Orbitafett sowie ggf. der durchge-
sackten Muskulatur; Hämatosinus der betroffenen Kieferhöhle

Therapie
4 bei positiver Symptomatik Indikation zur Orbitabodenreposition
5 Zugang über Transkonjunktivalschnitt (keine sichtbaren Narben),
seltener über Subziliarschnitt oder Orbitarandschnitt
5 Entfernung von Knochensplittern, ggf. Dekompression des N. infra-
orbitalis
5 Reposition des Orbitabodens, falls dieser anschließend ohne Hilfs-
mittel stabil steht; andernfalls Schienung mit PDS-Folie (resorbier-
bar) oder Nasenseptumknorpel; Fascia lata ist bei klaffenden Frak-
turen zu instabil
4 falls keine Symptomatik in Bezug auf Sensibilität, Motilität oder Visus:
abwartendes Vorgehen unter symptomatischer Behandlung (abschwel-
lende Nasentropfen zur Resorption des Hämatosinus und Schneuzver-
bot zur Emphysemprophylaxe) gerechtfertigt
418 Kapitel 33 · Nase, Gesicht, Mittelgesicht, Rhinobasis

Eigene Notizen 33.5.2 Endokrine orbitale Ophthalmopathie

4 retrobulbäre Vermehrung von Fett, Bindegewebe und Muskulatur durch


TSH-Rezeptorantikörper im Rahmen einer Autoimmunerkrankung
4 in 90% der Fälle vergesellschaftet mit einem M. Basedow (Autoimmun-
erkrankung mit Hyperthyreose, Tachykardie, Ophthalmopathie)

Klinik
4 Exophthalmus mit Lidretraktion und Sichtbarkeit des oberen Irisrandes
(Dalrymple-Zeichen)
4 Zurückbleiben des Oberlids bei Blicksenkung (Graefe-Zeichen)
4 im fortgeschrittenen Stadium Motilitätseinschränkung des Bulbus und
Visusverschlechterung bei Kompression des N. opticus
4 sicht- oder tastbare Struma nicht obligat vorhanden

Diagnostik
4 Visus- und Motilitätsstatus durch ophthalmologisches Konsil
4 Bestimmung von fT3, fT4, TSH und TSH-Rezeptor-Antikörpern im
Serum
4 CT- bzw. MRT-Bildgebung in axialer Schichtführung zur Beurteilung
der retrobulbären Masse und des N. opticus

Therapie
4 Behandlung der Grunderkrankung (Autoimmunerkrankung) durch
Internisten
4 medikamentöse Behandlung der Ophthalmopathie durch systemische
Gaben von Glukokortikoiden in absteigender Dosierung, ggf. Immun-
suppressiva
4 Prophylaxe der Keratoconjunctivitis sicca durch Tränenersatzpräparate
33 oder Salben
4 falls keine Reduktion des Exophthalmus durch medikamentöse Be-
handlung über 6 Monate oder akute Exazerbation (Visusverschlechte-
rung)
5 Entlastungsoperation der Orbita möglich
5 prinzipiell endonasal-transethmoidal (Entlastung nach medial),
transfrontal (Entlastung nach kranial) oder nach lateral (laterale
Orbitotomie) möglich
5 falls operativer Eingriff kontraindiziert, Bestrahlung der Orbitaspit-
ze möglich

33.5.3 Pseudotumor orbitae

4 entzündlich bedingte Bindegewebsvermehrung an verschiedenen Lo-


kalisationen in der Orbita unklarer Genese
4 10–15% aller Raumforderungen in der Orbita
4 gelegentlich beidseitiges Auftreten
33.5 · Erkrankungen der Orbita und periorbitalen Rhinobasis
419 33
Klinik Eigene Notizen
4 Motilitätsstörung des Bulbus mit Doppelbildern und retrobulbäres
Druckgefühl
4 gelegentlich Exophthalmus, Konjunktivalschwellung, Hirnnervenläsi-
onen (N. III, IV, V und VI)

Diagnostik
4 Visus- und Motilitätsstatus durch ophthalmologisches Konsil. Bestim-
mung von fT3, fT4, TSH und TSH-Rezeptor-Antikörpern im Serum
zum Ausschluss einer endokrinen orbitalen Ophthalmopathie
4 CT- und MR-Diagnostik zur Ausdehnungs- und Lagebestimmung

Therapie
4 primär konservative Behandlung mit Glukokortikoiden in absteigender
Dosierung
4 keine operative Resektion
4 bei unzureichendem Ansprechen ggf. lokale Bestrahlung

33.5.4 Orbitale Tumoren und Metastasen

4 intraorbitale Manifestation von soliden Tumoren, die ortsständig ent-


stehen (Rhabdomyosarkom bei Kindern, Adenokarzinome bzw. adeno-
idzystische Karzinome der Tränendrüsen bei Erwachsenen) oder als
Metastasen auftreten (z. B. Mamma-, Bronchial-, Prostatakarzinom)
4 von den Tumoren des blutbildenden Systems sind Non-Hodgkin-Lym-
phome am häufigsten

Klinik
4 je nach Lage und Ausdehnung Exophthalmus, Doppelbilder durch Mo-
tilitätsstörung, Keratoconjunctivitis sicca durch Sistieren der Tränen-
produktion oder fehlenden Lidschluss, Ptosis des Oberlids, Schmerzen,
Visusminderung bis zur Erblindung

Diagnostik
4 Visus- und Motilitätsstatus durch ophthalmologisches Konsil
4 CT- und MR-Diagnostik zur Ausdehnungs- und Lagebestimmung
4 falls Diagnosesicherung durch Probeexzision erforderlich: Wahl des
Zugangswegs je nach Lage der Läsion endonasal-transethmoidal, trans-
maxillär-infraorbital oder über laterale Orbitotomie

Therapie
4 je nach histologischem Ergebnis durch primäre Radiochemotherapie
oder chirurgisches Vorgehen
4 bei ortsständigen soliden Tumoren ohne Fernmetastasierung Exzision
ggf. mit Exenteratio orbitae
4 bei Fernmetastasen mit intraorbitaler Manifestation in der Regel palli-
atives Vorgehen
34

Tag 5 – HNO

34 Mund, Mundhöhle, Pharynx


M. Westhofen

34.1 Fehlbildungen der Mundhöhle und des Gaumens – 422


34.1.1 Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (7 Kap. 33.4.1) – 422
34.1.2 Verkürzungen des Frenulum labialis und linguae (Ankyloglossie) – 423
34.1.3 Torus palatinus – 423
34.1.4 Bursa pharyngealis (Thornwaldt-Zyste) – 424

34.2 Verletzungen der Mundhöhle und des Rachens – 424

34.3 Entzündungen der Mundhöhle und Lippen – 425


34.3.1 Cheilitis – 425
34.3.2 Stomatitis, Glossitis – 426

34.4 Rhonchopathie und obstruktives Schlafapnoe


Syndrom (OSAS) – 428

34.5 Entzündungen des Pharynx – 430


34.5.1 Akute und chronische Pharyngitis – 430
34.5.2 Erkrankungen des lymphatischen Rachenrings und Formen
der Tonsillitis – 432
34.5.3 HIV-Infektion und Manifestation der HIV-Erkrankungen
an Mundhöhle und Pharynx – 434

34.6 Tumoren der Lippe (Lippenrot), der Mundhöhle


und der kleinen Speicheldrüsen – 435

34.7 Tumoren des Pharynx – 440


34.7.1 Gutartige Tumoren des Pharynx – 440
34.7.2 Leukoplakie und Dysplasie der Pharynxschleimhaut – 441
34.7.3 Karzinome des Pharynx – 442
34.7.4 Weitere maligne Tumoren des Pharynx – 444

34.8 Sonstige Erkrankungen des Pharynx – 445


34.8.1 Styalgie (Eagle-Syndrom, Stylohyoid-Syndrom) – 445
34.8.2 Funktionelle Dysphagie (Globus nervosus) – 445
34.8.3 Zenker-Divertikel (Hypopharynxdivertikel, Grenzdivertikel) – 446

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_34, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
422 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 34.1 Fehlbildungen der Mundhöhle


und des Gaumens
34.1.1 Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (7 Abschn. 33.4.1)

4 häufigste Fehlbildung in dieser Region ist die Spaltenbildung mit einer


Häufigkeit von ca. 2‰
4 Lippen-Kiefer-Gaumenspalten 46,1%, Lippenspalten 32,7%, isolierte
Gaumenspalten isoliert 21,2%
4 seltener sind Dystopien und Heterotopien (Fehlanlagen und/oder
Fehlposition von Organteilen) sowie Zystenbildungen
4 dysontogenetische Zysten liegen überwiegend in der Mittellinie
4 Häufigkeit der Fehlbildungen in den letzten Jahrzehnten n (verbesserte
operative Behandlung lassen die Benachteiligung bei der Partnerwahl
in den Hintergrund treten)
4 multifaktorielle Ursachen, insbesondere exogene Faktoren wie terato-
gene Nebenwirkungen von Medikamenten, Strahlenexposition u. ä.

Klinik
4 Spaltbildungen werden regelhaft zum Zeitpunkt der Geburt bereits be-
obachtet und können für Atemwegsnotfälle ursächlich sein
4 Eindringen der Zunge in den offenen Spalt → Verlegung des Atemweges
und Einschränkung der Schluckfunktion
4 bei kleinen Spalten Nahrungsaufnahme durch Saugen und Stillen be-
hindert
4 fehlender Ansatz der Muskulatur, die die Tuba Eustachii öffnet, führt
rasch zu Mittelohrergüssen mit Schallleitungsschwerhörigkeit beid-
seits

Diagnostik
4 Blickdiagnose
34 4 weitere Fehlbildungen sind pädiatrisch abzuklären
4 bei Dystopien und Dysmorphien CT des Schädels indiziert
4 Impedanzaudiometrie und Mikrootoskopie, bei ausgedehnten Fehlbil-
dungen objektive Audiometrie durch BERA

Therapie
4 unmittelbar postpartal Anpassen einer Gaumenplatte, um Schlucken
und Saugen zu gewährleisten
4 nach 4–6 Monaten operativ-plastischer Verschluss durch MKG-Chirur-
gie
4 bei mikrootoskopisch oder audiometrisch pathologischem Mittelohr-
befund Parazentese und Paukenröhrcheneinlage zur dauerhaften Siche-
rung der Mittelohrbelüftung (Dauerpaukenröhrchen als sog. T-Tube)
4 Beratung und Betreuung der Familie zur Rehabilitation des Kinds und
zum Wiederholungsrisiko
34.1 · Fehlbildungen der Mundhöhle und des Gaumens
423 34
34.1.2 Verkürzungen des Frenulum labialis und linguae Eigene Notizen
(Ankyloglossie)

4 Fehlbildung mit Häufigkeit 4,2–10,7% aller Geburten


4 Einschränkung der Funktionalität der Zunge beim Säugen und bei
starker Ausprägung beim Sprechen
4 verkürzte Zungenbändchen beeinträchtigen die Zahnstellung der Ober-
kiefer-Inzisivi (Diastema = Zahnlücke ohne Zahnverlust)

Klinik
4 bei ausgeprägtem Befund bereits beim Stillen des Säuglings bemerkbar
4 auffällige Symptomatik meist im Schulalter (zu dieser Zeit kein physio-
logischer Sigmatismus mehr!)
4 verkürztes Frenulum labialis der Oberlippe als Hindernis für Korrektur
der Zahnstellung

Diagnostik
4 Inspektion mit Prüfen der Zungenbeweglichkeit und der Oberlippen-
motilität

Therapie
4 Verlängerung des jeweiligen betroffenen Frenulums durch Z-Plastik
4 Verkürzungen in der Regel nicht kombiniert auftretend

34.1.3 Torus palatinus

4 knöcherne Protuberanz am harten Gaumen


4 mit zunehmendem Alter bisweilen Größenprogredienz
4 keine Neoplasie
4 kann durch Kontakt mit harter Nahrung ulzerieren
4 tritt als Hindernis bei der Zahnprothesenanpassung am Oberkiefer auf
4 vermutlich autosomal-dominanter Vererbungsgang

Klinik
4 oft als Zufallsbefund bei der Inspektion der Mundhöhle
4 Fremdkörpergefühl bei zunehmender Größe

Diagnostik
4 Inspektion der Mundhöhle und Palpation mit dem Mundspatel (nicht
schmerzhaft)

Therapie
4 bei Beschwerden operative Entfernung
424 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 34.1.4 Bursa pharyngealis (Thornwaldt-Zyste)

4 dysontogenetische Zystenbildung am Dach des Nasopharynx durch


persistierende Mittelfurche der Tonsilla pharyngea mit Bildung einer
Tasche oder Zyste

Klinik
4 Fremdkörpergefühl im Nasen-Rachen
4 Schleimlaufen im Rachen, übel riechendes Sekret im Rachen
4 bisweilen Fremdkörpergefühl

Diagnostik
4 posteriore Rhinoskopie
4 besser transnasale Endoskopie (70°-Optik)

Therapie
4 operative Entfernung unter endoskopischer Sicht (90°-Weitwinkelop-
tik) mittels Velotraktion, gleichzeitig zur differenzialdiagnostischen
Sicherung und zum Ausschluss eines Nasopharynxkarzinoms
4 > Memo In gleicher Lokalisation können das juvenile Nasenrachenfi-
broms und das Kraniopharyngeom entstehen. Beide gutartige Tumoren
können erhebliche Ausdehnung in die Schädelbasis haben und sind
stark vaskularisiert.

34.2 Verletzungen der Mundhöhle


und des Rachens

4 akzidentelle oder im Rahmen von Selbstverletzungen (Suizidversuch)


beigefügte Traumata der Mundhöhle und des Rachens
5 Schnittverletzungen
J durch Fremdkörperingestion oder Eindringen spitzer Fremdkör-
34 per (z. B. Fischgräte) in den Parapharyngealraum
J daraus können parapharyngeale Abszesse bis hin zur Mediastini-
tis entstehen
5 Pfählungsverletzung an Gaumen oder Rachen sowie Zunge beim
Sturz auf spitze oder stumpfe Gegenstände
5 ! Cave Bei starker Blutung aus der Verletzung droht die blutige
Aspiration.
5 Verbrühung, Verätzung
J zu heiße oder tiefgekühlte Speisen oder die Ingestion von Säuren
und Laugen führt zu schmerzhafter Schwellung und Irritation der
Speisewege
J Säuren → oberflächliche Koagulationsnekrosen
J Laugen dringen in der Regel tiefer ins Gewebe und in den Para-
pharyngealraum ein → schwerwiegendere Verletzungen bis hin zu
Perforationen und Beteiligung des Parapharyngealraums (Kolli-
quationsnekrosen)
5 Zungenbiss
34.3 · Entzündungen der Mundhöhle und Lippen
425 34
Klinik Eigene Notizen
4 Vorstellung im Rahmen der Notfallambulanz
4 starke Schmerzen, Schluckbeschwerden, Schluckunfähigkeit mit
Dyspnoe und Gefahr der Aspiration
4 Rötung und ödematöse Schleimhautschwellung, weißliche Fibrinauf-
lagerungen auf der Schleimhaut
4 ! Cave Ggf. psychische Situation des Patienten bei Verdacht eines
Suizidversuchs erfassen und unmittelbar psychiatrisch vorstellen!

Diagnostik
4 Inspektion, bei Kindern durch die Schmerzhaftigkeit meist kaum mög-
lich
4 bei älteren Patienten mit Verletzungen durch gebrochene Zahnprothe-
sen oder bei Zungenbiss mit Verlust von Zungengewebe Tracheobron-
choskopie obligat, ggf. Ösophagoskopie

Therapie
4 Entfernung der Fremdkörper, bei Pfählungsverletzungen ggf. Schleim-
hautnaht und Naht des weichen Gaumens
4 Zungenverletzungen mit Blutung: monopolare Koagulation und ggf.
Naht
4 Verätzung
5 sofortiger Versuch der Identifikation der fraglichen Substanz
5 abhängig vom Befund zusätzlich Pharyngoskopie oder Ösophago-
skopie ( ! Cave Gefahr der Perforation! Bei Ösophagusverätzung
keine Frühendoskopie!)
5 ggf. Röntgen-Breischluckuntersuchung mit wasserlöslichem Kon-
trastmittel vor der Endoskopie
5 in der Akutphase bei ausgeprägtem Befund systemisch Prednisolon
(bei Erwachsenen 250 mg)
5 Spülen mit Wasser

34.3 Entzündungen der Mundhöhle


und Lippen

34.3.1 Cheilitis

4 akute Entzündung der Ober- und/oder Unterlippe unterschiedlicher


Genese
4 fortgeleitete Entzündung bei ausgedehntem Nasenfurunkel
4 bisweilen als Komplikation einer lokalen Strahlentherapie

Klinik
4 schmerzhafte Schwellung und Rötung der Lippen
4 zum Teil mit Inkrustation oder Ulzeration
426 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen Diagnostik


4 Inspektion
4 bei fehlendem Ansprechen auf die Akuttherapie mikrobiologischer Ab-
strich
4 ggf. Biopsie zum Ausschluss spezifischer Entzündungen (Tuberkulose,
Lues)

Therapie
4 lokale Pflege mit neutraler Salbengrundlage (Dexpanthenol-Salbe)
4 bei ausgedehnten Befunden orale, ggf. intravenöse Antibiotikatherapie
4 während Strahlentherapie keine lokale Salbenapplikation, besser: lokal
alkoholische Fuchsin-Lösung

34.3.2 Stomatitis, Glossitis

4 Gruppe von Erkrankungen der Mundhöhle unterschiedlicher Ätiologie


und Akuität
4 klinisch-diagnostische Differenzierung wesentlich, da fachübergreifen-
de Entscheidungen oft notwendig
4 Klinik, Diagnostik und Therapie . Tabellen

Übersicht zur Stomatitis

Diagnose Ätiologie, Pathogenese Therapie

infektiös

Stomatitis Herpes-simplex (Typ I)-Infektion, Im- kausal nicht möglich,


herpetiformis munschwäche lokal desinfizierend zur
aphthosa Vermeidung von Super-
infektion

rekurrierende Herpes-simplex (Typ I)-Infektion, Im- an der Lippe Aciclovir


Herpes- munschwäche, häufigste Lokalisation lokal
34 Stomatitis Lippe

akut nekrotisie- Infektion der Gingiva mit Actinomy- Tetracyclin oral


rende ulzerier- ces actinomycetem concomitans
ende Gingivitis

Herpes Zoster schmerzhaft bläschenförmige Efflo- Aciclovir intravenös


reszenz der Zunge halbseitig

orale Candida-Infektion bei Kortikoidthera- Nystatin, Miconazol


Candidosis pie, reduzierter Immunität (AIDS), oder Amphotericin B
schlecht eingestellter Diabetes melli- lokal
tus, während Strahlentherapie, Che-
motherapie von Kopf-Hals-Tumoren

Lues lokale Infektion mit Primäraffekt der Penicillin 1,2 Mio. I.E.
Mundschleimhaut, Pharynxschleim- oder Erythromycin
haut Syphilis I, in Stadium II Plaques
opaques der Mundhöhle, Stadium III
mit tiefen Einziehungen lingual
6
34.3 · Entzündungen der Mundhöhle und Lippen
427 34

Übersicht zur Stomatitis (Fortsetzung) Eigene Notizen

Diagnose Ätiologie, Pathogenese Therapie

Gonorrhö lokale Infektion durch Neisseria gon- Ceftriaxon i.m. oder


orrhoeae Erythromycin i.m., Cip-
rofloxacin oral

Stomatitis Infektion durch hämolytische Strep- lokal Gentianaviolett,


ulcerosa tokokken Gruppe F, fusiforme Bak- nach Besserung Zahn-
terien und Spirillen sanierung, Analgetika

Angina Ludovici Phlegmone der Mundbodenweich- Breitbandantibiose


teile

autoimmun

oraler Lichen Ätiologie unklar, entzündliche immu- lokal und ggf. syste-
ruber planus nologische Genese, maligne Transfor- misch Kortikokoide
mation häufig möglich

Pemphigus Autoimmunerkrankung an Haut und Glukokortikoide, Ritux-


vulgaris Schleimhaut in ca. 50% der Fälle oral imab zur Immunthera-
beginnend mit spontan platzenden pie
Blasenbildungen

ungeklärte und sonstige Ätiologie

Melkersson- granulomatöse Arteriitis mit Cheilitis, Kortikoide i.v., Clofazi-


Rosenthal- Glossitis und Fazialisparese mine (Malaria-Thera-
Syndrom peutikum)

Aphten (solitär) unklare Ätiologie Touchieren mit AgNO3

Hunter-Glossitis Vitamin-B12- oder -B6-Mangel mit i.v. Vitamin B12


Furchenzunge, Knötchen und Zun-
genschwellung, Eisenmangelanämie

Erythema exsu- Immunologische T-Zell-vermittelte Glukokortikoide i.v., ggf.


dativum multi- Reaktion auf Medikamentengabe Immunglobulingabe
forme (Stevens- (z. B. NSAR, Montelucast) mit Nekrose
Johnson-Syn- der Keratinozyten bis hin zum Lyell-
drom Syndrom

Morbus Behçet Immunvaskulitis mit Beteiligung der Kortikoide, Immunsup-


Haut und Schleimhaut oral, pharyn- pressiva, ggf. Im-
geal und urogenital, Uveitis, Iritis muntherapie

Inspektionsbefunde der Zunge

Befund Klinik Therapie

Haarzunge Schwarzfärbung der Zunge mit Hypertro- Abtragen mit harter


phie und Verhornung der Papillae vallatae Zahnbürste

Himbeer- Hinweis auf Scharlach i.v. oder orale Antibi-


zunge ose, symptomatische
Begleittherapie
6
428 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen Inspektionsbefunde der Zunge (Fortsetzung)

Befund Klinik Therapie

Hunter- glatte, blassrote Oberfläche durch Atrophie Vitamin B12


Glossitis der Papillen bei perniziöser Anämie

Haarzell- graue, weißliche großfleckige Veränderung entsprechend der


Leukoplakie der Zungenoberfläche bei HIV-Infektion Grunderkrankung

Glossitis in Zungenmitte Rötung und Vergröberung –


rhombica des Zungenreliefs, ohne Krankheitswert
mediana

Lingua geo- unregelmäßig begrenzte graue oder rötli- –


graphica che Flecken der Zungenoberfläche durch
Epithelabstoßung im Bereich der Papillae fi-
liformes, Konstitutionsanomalie

Lingua starke Quer- oder Längsfurchung der –


plicata Zungenoberfläche, hereditär, ohne
Krankheitswert

34.4 Rhonchopathie und obstruktives


Schlafapnoe Syndrom (OSAS)

4 Rhonchopathie
5 Atemgeräusche während des Nachtschlafes, die den Schlafpartner
stören, ohne die Schlafarchitektur zu beeinträchtigen, sind ohne
Krankheitswert (primäres Schnarchen)
5 obstruktive Rhonchopathie (»upper airway resistance syndrome«
(UARS): durch eine Einengung der oberen Atemwege Entstehung
lauter Atemgeräusche und gleichzeitig milder Abfall der Sauerstoff-
sättigung
4 OSAS
34 5 Atemstörung während des Nachtschlafes durch Verlegung der obe-
ren Atemwege infolge fehlerhafter Muskelanspannung des Zungen-
grunds und/oder der Pharynxseitenwand oder zu hoch stehenden
Zungengrunds oder zu engen Pharynxlumens
5 bei behinderter Nasenatmung wird nachts Mundatmung erzwun-
gen und dadurch bei weiter Mundöffnung dem Zurückfallen der
Zunge Vorschub geleistet
5 vollständiges Sistieren des Atemstroms (Apnoe) oder Einschrän-
kung des Atemstroms auf <50% (Hypopnoe) möglich
5 Dauer dieser pathologischen Zustände jeweils >10 s
5 regelhaft Abfall der Sauerstoffsättigung um >5%
5 Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) Anzahl dieser Ereignisse pro Stun-
de Nachtschlaf
J <5: normal
J 5–14: leicht
J 15–29: mittelschwer
J ≥30: schwer
34.4 · Rhonchopathie und obstruktives Schlafapnoe Syndrom (OSAS)
429 34

5 bei >10 Ereignissen pro Stunde erhöhtes kardiovaskuläres Risiko Eigene Notizen
5 Apnoe führt zur Zerrüttung der Nachtschlafarchitektur, vor allem
zur Störung der Tiefschlafphasen

Klinik
4 plötzliches Aufwachen nachts (»arousal«), Unausgeschlafenheit mor-
gens, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und oft Kopfschmerz
4 Bluthochdruck und Insulinresistenz mögliche Folgen
4 Prädilektionsfaktor Adipositas

Diagnostik
4 Epworth Sleepiness Scale zur klinisch-anamnestischen Einschätzung
der Symptomenschwere und der Notwendigkeit therapeutischer Maß-
nahmen . Tabelle

Epworth Sleepiness Scale

beim Sitzen und Lesen 0 1 2 3

beim Fernsehen 0 1 2 3

im Theater/Kino 0 1 2 3

als Beifahrer im Auto 0 1 2 3

wenn Sie sich mittags hinlegen 0 1 2 3

im Sitzen nach dem Essen 0 1 2 3

im Auto an einem Rotlicht 0 1 2 3

0: unmöglich
1: kaum möglich
2: gut möglich
3: wahrscheinlich

4 Polygraphie (ambulantes Screening): Atemfluss, Schnarchgeräusche,


Sauerstoffsättigung des Blutes, Körperlage sowie Brust- und Bauchbe-
wegungen
4 bei pathologischem Befund Polysomnographie (Schlaflaboruntersu-
chung)
5 neben den oben genannten Parametern werden EKG, EEG und
EOG (Registrierung der Augenbewegungen) registriert
5 dadurch quantitative und qualitative Analyse der Nachtschlafarchi-
tektur möglich
5 dient der Indikation und Planung der Therapie
4 Indikation und Prognose von Therapiemaßnahmen werden nach einem
Staging (Friedman) in 4 Stufen entsprechend der Zungen- und Gau-
menposition, der Tonsillengröße und des BMI determiniert

Therapie
4 Normalisierung des BMI
4 Vermeidung sedierender Medikation
430 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 4 Normalisierung der Nasenatmung


4 Anpassung einer CPAP (»continuous positive airway pressure«)-Maske,
die einen kontinuierlichen Überdruck von 15–20 mbar im Rachen erhält,
ggf. BIPAP (»biphasic positive airway pressure«) Beatmung bei erhöhtem
Atemwegswiderstand, mit erhöhtem endexspiratorischem Druck
4 Schienenkonstrukte können zur Protrusion der Mandibula nachts vom
Patienten in der Mundhöhle eingesetzt werden, um eine Vergrößerung
des Durchmessers im oropharyngealen Lumen zu erreichen (Esmarch-
Schiene)
4 operative Therapie
5 UVPP (Uvulo-Velo-Pharyngo-Plastik; UPPP = Uvulo-Palato-Pha-
ryngo-Plastik)
J Resektion der Schleimhaut im Isthmus faucium, Tonsillektomie
und Uvulakürzung mit schleimhautplastischer Naht → erweiterter
Querschnitt des Racheneingangs
J der zumindest partielle Erhalt der Uvula reduziert die postopera-
tiv häufig auftretende Trockenheit im Rachen mit Fremdkörper-
gefühl
J Erfolge im Mittel bei 78% für die Normalisierung des AHI
J radiofrequenzassistierte-UVP nur für geringere Befunde geeig-
net, allerdings ambulant durchführbar und mit geringerer Mor-
bidität verbunden; 12-Monats-Ergebnisse sind gegenüber der
UVPP allerdings deutlich unterlegen
J laserasssistierte UVP ist wegen schlechterer funktioneller Resul-
tate wieder verlassen
5 bei starker Retrognathie Maxilla- und Mandibulaosteotomie und
Vorverlagerung indiziert (»maxillomandibular advancement«)
5 in Ausnahmefällen muss die dauerhafte Tracheotomie für Beat-
mung sorgen

34 34.5 Entzündungen des Pharynx

34.5.1 Akute und chronische Pharyngitis

4 akute Pharyngitis
5 meist im Verlauf akuter Infekte der oberen Luftwege
5 i. d. R. durch Viren verursacht (Influenza, Parainfluenza, Coxsackie,
Adenoviren, Myxoviren), seltener durch Streptokokken, Pneumo-
kokken oder Haemophilus influenzae
4 chronische Pharyngitis
5 bei behinderter Nasenatmung durch Abkühlung und zu trockener
Atemluft im Pharynx (fehlende Klimatisierfunktion der Nase)
5 bei Arbeitssituation mit extremen Temperaturen oder Temperatur-
wechseln (Kühlhaus, Stahlproduktion)
5 durch chronische Reizung bei Rauchen und Alkoholkonsum
5 vielfach im Rahmen saisonaler Allergien oder per initialer Intole-
ranzreaktionen (z. B. Aspirin-Intoleranz)
34.5 · Entzündungen des Pharynx
431 34

4 selten als spezifische Pharyngitis im Rahmen von Infektionserkran- Eigene Notizen


kungen (. Tabelle)

Formen der spezifische Pharyngitis

Diagnose Klinik Therapie

Diphtherie grau-schwarze festhaftende Antitoxin, Penicillin


Beläge

Gonorrhö unspezifisch, Tonsillenhyper- Trimethoprim-Sulfmethoxazol (nach


plasie, Vergrößerung der dermatologischem Konsil)
Halslymphknoten

Lues Primäraffekt :rötliches Procain-Benzylpenicillin 600.000 I.E.


Knötchen der Schleimhaut, i.m. über 10–14 Tage oder Benzathin-
danach Ulkus, Vergrößerung Benzylpenicillin 2,4 Mio. I.E. i.m. ein-
der Halslymphknoten, spon- malig, vorzugsweise für nicht thera-
tane Rückbildung pietreue Patienten

LII: dunkelrote Schleimhaut- Procain-Benzylpenicillin 1,2 Mio. I.E.


papeln, Enanthem, flächige i.m. über 14–21 Tage oder Benzathin-
rauchig-trübe Schleimhaut- Benzylpenicillin 2,4 Mio. I.E. i.m. Tag
oberfläche (Plaque muqueuse), 1, 8 und 15 ( ! Cave Eingeschränkte
derbe Vergrößerung der Hals- Liquorgängigkeit!) oder Doxycyclin
lymphknoten 2×200 mg p.o. über 21 Tage

LIII: derbe Knoten der Penicillin G 6×5 Mio. I.E. i.v. über 14–
Schleimhaut mit oder ohne 21 Tage oder Doxycyclin 2×200 mg
Ulzeration (Gummen) p.o. über 21–30 Tage

Pertussis purulente Sekretion, nekroti- kein Effekt durch Antibiotika


sierende Mukositis

Tuberkulose Granulome und Ulzeration Tuberkulostatika nach aktuellen


Therapieschemata

Lepra (ab- Unterteilung in lepromatöse Rifampicin: 600 mg einmal


steigend und tuberkuloide Formen monatlich unter ärztlicher Aufsicht
nach nasaler nicht mehr essenziell für Dapson: 100 mg täglich unkontrol-
Infektion) Therapie lierte Einnahme durch den Patienten
Ulzerationen, ausgedehnte selbst
Vernarbungen, Granulome, abhängig vom bakteriologischen Be-
nervale Ausfälle fund zusätzlich:
Clofazimin 300 mg einmal monatlich
unter ärztlicher Aufsicht
Clofazimin 50 mg täglich unkontrol-
lierte Einnahme durch den Patienten
selbst

Klinik
4 akute Pharyngitis: reduziertes Allgemeinbefinden, Fieber, Hals-
schmerzen, Schluckbeschwerden
4 chronische Pharyngitis: Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Fremd-
körpergefühl im Rachen, bisweilen Sekretlaufen im Rachen
432 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen Diagnostik


4 Inspektion
4 70°- oder 90°-Endoskopie
4 ggf. Abstrich und mikrobiologische Untersuchung
4 ggf. mikrobiologische serologische Diagnostik

Therapie
4 . Tabelle

34.5.2 Erkrankungen des lymphatischen Rachenrings


und Formen der Tonsillitis

4 entzündliche und selten neoplastische Erkrankungen, die von den Or-


ganen des Waldeyer-Rachenrings ausgehen
4 akute Entzündungen zu 30% bakteriell, meist durch Streptokokken Typ
A, zu 70% viral (Epstein-Barr- [Monozytenangina; dabei handelt es sich
allerdings nicht um vermehrte Monozyten, sondern um lymphatische
Reizformen, somit Lymphozyten), Pfeiffersches Drüsenfieber], Herpes-
simplex-, Zytomegalo-, HI-, Adeno-, Rhino-, Influenza-, Corona-, Re-
spiratory-syncytial-Virus) verursacht
4 bakterielle akute Infektionen können durch Abszedierungen retroton-
sillär oder paratonsillären zu Komplikationen führen
5 aufsteigende Abszesse in die Pterygoidloge → Kieferklemme
5 retrotonsilläre Abszesse → Einengung von Schluck- und Atemweg
sowie zum Senkungsabszess im Bereich des tiefen Halsspatiums bis
hin zur Mediastinitis
5 bei Scharlach tiefrote Färbung der Tonsillen, nach 24 h Exanthem
am Oberkörper beginnend, perioral ausgespart, Himbeerzunge,
kleinfleckiges Exanthem des weichen Gaumens, nach 1 Woche
Hautschuppung
34 4 bei viraler Tonsillitis (Monozytenangina) Hepato-Splenomegalie
( ! Cave Risiko der Milzruptur!)
4 Neoplasien des lymphatischen Rachenrings im Rahmen maligner Lym-
phome möglich

Klinik
4 akute Tonsillitis (. Abb. 53, Farbteil)
5 Vergrößerung und Rötung der Tonsillen sowie Ausbildung von Ei-
terstippchen
5 flächige Fibrinbeläge und fehlendes Ansprechen auf Antibiotika-
therapie bei Monozytenangina
5 begleitende zervikale Lymphknotenvergrößerung
4 infektiöse Mononukleose (Pfeiffer-Tonsillitis, sog. Monozytenangina;
. Abb. 54, Farbteil)
5 bei EBV-Infektion echographisch mit starker Vaskularisation in der
Duplex-Echographie
5 Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, Krankheitsgefühl
34.5 · Entzündungen des Pharynx
433 34

5 Laborchemisch >10% lymphatische Reizformen bei Monozyten- Eigene Notizen


angina, positiver EBV-Titer
4 Komplikationen der akuten Tonsillitis
5 Peritonsillarabzsess
5 Retrotonsillarabszess mit Rötung und Vorwölbung des Gaumen-
bogens
5 Kieferklemme
5 bei weiterer Ausbreitung Parapharyngeal-, Hals- oder Senkungs-
abszess mit Mediastinitis
5 selten tonsillogene Sepsis
4 stark asymmetrische Größe der Tonsilla palatina Hinweis auf malignes
Lymphom der Tonsille oder Oropharynxkarzinom
Diagnostik
4 Inspektion
4 Palpation der Halslymphknoten
4 abhängig von Klinik Differenzialblutbild
4 ggf. EBV-Serologie:
5 Latexagglutinationstest zum Nachweis heterophiler Antikörper
vom Typ IgM: bei 90% der frühen Infektionen nachweisbar, insge-
samt wenig spezifisch wegen vieler falsch-positiver Ergebnisse
durch andere Infektionen, Autoimmunerkrankungen etc.
5 EBV-(VCA)-IgM-ELISA: bei fast allen Primärinfektionen positiv,
bei Reaktivierung positiv, persistiert in der Regel 8–10 Wochen
5 EBV-(VCA)-IgG-ELISA: meist schon im Frühstadium von Infekti-
onen positiv (daher bedingt auch als Screening brauchbar) persis-
tiert meist lebenslang, bei Reaktivierung Titeranstieg, bei chro-
nischer Infektion persistierend hohe Titer
Therapie
4 akute bakterielle Tonsillitis und Peritonsillitis
5 Cefuroxim
5 bei Allergie gegenüber Penicillin oder Cefuroxim: Erythromycin,
Clindamycin
5 Analgesie und Antipyrese mit Paracetamol
4 Peritonsillarabszess
5 Antibiose i.v.
5 dringende Operationsindikation, bei Einnahme von Aspirin statt-
dessen nur Abszesspunktion oder Inzision
5 bei Halsabszess Inzision von außen und Entlastung mit Laschenein-
lage
5 Mediastinitis mit hochdosierter Antibiotikatherapie i.v., im Einzel-
fall: operativ durch kollare Mediastinotomie
5 Penicillin G, Penicillin V wegen zunehmender Betalaktamase-Bil-
dung der beteiligten Anaerobier weniger wirksam, besser Amino-
benzylpenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor, wie z. B. Sulbactam/
Ampicillin oder Amoxicillin plus Clavulansäure, ggf. Clindamycin
5 Dauer der Therapie 8–12 Tage
5 Tonsillektomie im entzündungsfreien Intervall ca. 4–6 Wochen später
434 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 4 Virustonsillitis


5 symptomatische Therapie mit Analgesie und weicher Kost
5 körperliche Schonung

34.5.3 HIV-Infektion und Manifestation


der HIV-Erkrankungen an Mundhöhle und Pharynx

4 HIV-Übertragung durch Intimkontakte, konnatal im Geburtskanal so-


wie durch Spritzen bei Drogenabhängigen
4 Inkubationszeit 3–6 Wochen
4 dann Fieber, Zeichen des akuten Infekts, Nachtschweiß, orale Ulzerati-
onen, Arthralgie
4 unbehandelt Abfall der CD4-T-Helfer Zellen auf <200/μl (. Tabelle) mit
Entwicklung der Immundefizienz AIDS, Dauer hierfür 6–9 Jahre
4 als Folge treten maligne Lymphome, Kaposi-Sarkom, opportunistische
Infektionen (meist als Pneumonie) und Wasting-Syndrom auf
4 unbehandelt letal

Klinik
4 . Tabellen

HIV-Stadien nach klinischer Symptomatik

Stadium Klinik

I asymptomatisch, persistierende Lymphadenopathie

II Gewichtsabnahme <10% des Körpergewichts, mukokutane Manifesta-


tionen mit oralen Ulzerationen, Herpes Zoster innerhalb der letzten 5
Jahre, rekurrierende Infekte der oberen Luftwege, z. B. bakterielle Sinusitis

III Gewichtsabnahme >10% des Körpergewichts, Fieber über >1 Monat,


Diarrhö >1 Monat, Soorstomatitis, Haar-Leukoplakie der Zunge,

34 schwere bakterielle Infektionen z. B. Pneumonie, Pyomyositis, Lungen-


Tbc innerhalb des zurückliegenden Jahres

IV HIV-Wasting-Syndrom, Pneumocystis-carinii-Pneumonie, Toxoplasmen-


Enzephalitis, Zytomegalie, Kryptokokkose, atypische Mykobakteriose,
extrapulmonale Tbc, mukokutane Herpes-simplex-Infektion <1 Monat,
multifokale Leukenzephalopathie, Soor des Ösophagus, Trachea, Bron-
chien, pulmonal, malignes Lymphom, Kaposi-Sarkom, HIV-Enzephalo-
pathie

HIV-Stadien nach Labordiagnostik (WHO)

Stadium Lymphozyten CD4-T-Helfer-Zellen

A >2000/μl >500/μl

B 1000–2000/μl 200–500/μl

C <1000/μl <200/μl
34.6 · Tumoren der Lippe (Lippenrot), der Mundhöhle und der kleinen Speicheldrüsen
435 34
Diagnostik Eigene Notizen
4 HIV-Suchtest als Basistest (Immunoassay; Erfassen sowohl der HIV-
Antikörper als auch der HIV-p24-Antigene)
4 Westernblot als Bestätigungstest bei wiederholt reaktivem Suchtest (bei
negativem Westernblot ggf. auch p24-Antigentest oder HIV-PCR)

Therapie
4 Initialtherapie mit Nukleosid-/Nukleotidanaloga (NRTI), nicht-nukle-
osidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) und Proteasein-
hibitoren (PI)
4 nahezu alle PI sind in Kombination mit niedrig dosiertem (meist
2×100 mg/Tag) Ritonavir (r) stärker wirksam (sog. »boosten«, PI/r) und
deshalb in dieser Kombination zu bevorzugen (AWMF-Leitlinie)

34.6 Tumoren der Lippe (Lippenrot), der


Mundhöhle und der kleinen Speicheldrüsen

4 Retentionszyste der Lippe


5 verursacht oft durch Bissverletzungen der Lippe mit Vernarbungen
der Ausführungsgänge kleiner Speicheldrüsen
4 Basalzellkarzinom der Lippe
5 v. a. im Alter auftretender Tumor
5 vorwiegend durch Sonnenbestrahlung induziert
5 lokale Destruktionen durch Invasion und Ulzeration
5 nur extrem selten lymphogene Metastasierung (0,03%)
4 Plattenepithelkarzinom der Lippe oder der Mundhöhle
5 häufigster maligner Tumor der Mundhöhle, Lippenkarzinome
überwiegend an der Unterlippe lokalisiert
5 Inzidenz/Prävalenz 7/100.000 Einwohner/Jahr, überwiegend Män-
ner, Altersmaximum 55–65 Jahre
5 Lokalisation: 50% lingual, 12% Mundboden
5 durch Rauchen (6-fach höheres Risiko), Alkoholkonsum (Rauchen
+ Alkohol mit 100-fachem Risiko für Frauen, 38-fachem Risiko für
Männer) und fehlende orale Hygiene geförderter Tumor
5 bei Pfeifenrauchern bevorzugte Lokalisation an der Lippe
5 beim Zungenkarzinom der Frau Plummer-Vinson-Syndrom als
mögliche Ursache
5 Lichen der Mundhöhle als Vorläufererkrankung
5 orale Erythroplakie (Morbus Bowen) als potenzielle Präkanzerose
5 p53-Mutationen werden als pathogenetischer Faktor diskutiert
4 verruköses Karzinom (Akkermann-Tumor)
5 2–20% aller Mundhöhlenkarzinome
5 Wachstum wird durch Rauchen und Alkoholkonsum begünstigt
4 malignes Melanom
5 1,3% aller Malignome der Mundhöhle
5 extrem aggressiver Tumor
5 Lokalisation meist harter Gaumen oder maxillärer Alveolarkamm
436 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 4 adenoidzystische-, Adeno- und Mukoepidermoidkarzinome


5 selten
5 von den kleinen Speicheldrüsen ausgehend

Klassifikation
4 . Tabellen

Tumorklassifikation (TNM-System) für maligne epitheliale Tumoren


(Karzinome)

Primärtumor

Tx Primärtumor kann nicht beurteilt werden

T0 kein Anhalt für Primärtumor

Tis Carcinoma in situ

T1 Tumor 2 cm oder weniger in größter Ausdehnung

T2 Tumor mehr als 2 cm, aber nicht mehr als 4 cm in größter Ausdehnung

T3 Tumor mehr als 4 cm in größter Ausdehnung

T4a Lippe: Tumor infiltriert durch kortikalen Knochen, den N. alveolaris inferior,
in Mundhöhlenboden oder in die Haut (Kinn oder Gesichtshaut)
Mundhöhle: Tumor infiltriert durch kortikalen Knochen in äußere Muskula-
tur der Zunge (M. genioglossus, M. hyoglossus, M. palatoglossus und M.
styloglossus), Kieferhöhle oder Gesichtshaut

T4b Lippe und Mundhöhle: Tumor infiltriert Spatium masticatorium, Processus


pterygoideus oder Schädelbasis oder umschließt die A. carotis interna

Lymphknoten

Nx regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden

N0 keine regionären Lymphknotenmetastasen

pN0 selektive Neck dissection und histologische Untersuchung üblicherweise


34 von 6 oder mehr Lymphknoten oder radikale oder modifiziert-radikale
Neck dissection und histologische Untersuchung üblicherweise von 10
oder mehr Lymphknoten

N1 Metastase(n) in solitärem ipsilateralem Lymphknoten, 3 cm oder weniger in


größter Ausdehnung

N2 Unterklassifizierung in N2a oder N2b oder N2c

N2a Metastase(n) in solitärem ipsilateralem Lymphknoten, mehr als 3 cm, aber


nicht mehr als 6 cm in größter Ausdehnung

N2b Metastasen in multiplen ipsilateralem Lymphknoten, keiner mehr als 6 cm


in größter Ausdehnung

N2c Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, keiner mehr


als 6 cm in größter Ausdehnung

N3 Metastase(n) in Lymphknoten, mehr als 6 cm in größter Ausdehnung


34.6 · Tumoren der Lippe (Lippenrot), der Mundhöhle und der kleinen Speicheldrüsen
437 34

Stadieneinteilung bei Kopf-Hals-Tumoren Eigene Notizen

I T1 N0 M0

II T2 N0 M0

III T3 N0 M0
T1 oder T2 oder T3, N1, M0

IV T4 N0 M0
jedes T, N2 oder N3, M0
jedes T, jedes N, M1

Stadieneinteilung Kopf-Hals-Karzinome außer Nasopharynx und Schilddrüse


(nach American Cancer Society 2011, American Joint Committee of Cancer
2002)

Stadium T N M

Gruppe Stadium Stadium Stadium

0 Tis N0 M0

I T1 N0 M0

II T2 N0 M0

III T3 N0 M0

T1 N1 M0

T2 N1 M0

T3 N1 M0

IVA T4a N0 M0

T4a N1 M0

T1 N2 M0

T2 N2 M0

T3 N2 M0

T4a N2 M0

IVB T4b jedes N M0

jedes T N3 M0

IVC jedes T jedes N M1


438 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen Stadieneinteilung Nasopharynxkarzinome (nach American Cancer Society


2011, American Joint Committee of Cancer 2002)

Stadium T N M

Gruppe Stadium Stadium Stadium


0 Tis N0 M0

I T1 N0 M0

IIA T2a N0 M0

IIB T1 N1 M0

T2a N1 M0

T2b N0 M0

T2b N1 M0

III T1 N2 M0

T2a N2 M0

T2b N2 M0

T3 N0 M0

T3 N1 M0

T3 N2 M0

IVA T4 N0 M0

T4 N1 M0

T4 N2 M0

IVB jedes T N3 M0

IVC jedes T jedes N M1

Klinik
34
4 Retentionszysten der Lippe
5 pralle, elastische Tumorbildung ohne Ulzeration
5 gut verschieblich
4 Basalzellkarzinome
5 meist Ulzeration mit derbem Randwall
5 ohne histologische Untersuchung nicht von Plattenepithelkarzinom
zu differenzieren
4 Plattenepithelkarzinome an der Lippe oder der Mundschleimhaut als
Leukoplakie
5 Ulzeration bisweilen mit derbem Randwall
5 oft bei desolatem Zahnstatus
5 Prädilektionsstelle Fossa glosso-alveolaris oder Zungenrand
(. Abb. 55, Farbteil)
4 malignes Melanom
5 melanotisch als schwarze Verfärbung der Schleimhaut zu Beginn
5 später exophytischer Tumor oder Ulzeration
34.6 · Tumoren der Lippe (Lippenrot), der Mundhöhle und der kleinen Speicheldrüsen
439 34

4 regionäre lymphogene Metastasen bei Eigene Notizen


5 >50% der Mundhöhlenkarzinome
5 15% der Lippenkarzinome (10% bei Tumoren der Unterlippe; 13%
bei Tumoren der Oberlippe)
5 20% bei Tumoren des Mundwinkels
4 hämatogene Fernmetastasen (Lunge, Leber, Knochen) in ca. 15% der
Fälle

Diagnostik
4 Inspektion
4 bei Verdacht unmittelbar Biopsie in Lokalanästhesie oder ITN
4 Photodokumentation von außen bzw. endoskopisch obligat
4 Histopathologie
4 vor Biopsie Erhebung des Halslymphknotenstatus durch Palpation und
Sonographie/Duplexechographie, ggf. Kontrastmittel-CT
4 bei positiver Histologie vor Therapie Thorax-CT zum Ausschluss pul-
monaler Metastasen
4 Nachsorge bei Leukoplakien der Mundschleimhaut
5 ohne Dysplasie: in 6-monatlichen Intervallen
5 mit Dysplasie in 3-monatlichen Intervallen
4 10% der Leukoplakien besitzen histologische Kriterien der Präkan-
zerose
4 ! Cave Patienten mit Lichen müssen in 4-monatlichen Intervallen
einer Tumorvorsorge unterzogen werden!

Therapie
4 Tumoren der Lippe
5 Tis: Exzision
5 T1-Karzinom: Exzision, meist primäre Adaptation möglich, T2–4-
Karzinom: Resektion des Tumors, plastische Rekonstruktion durch
lokale oder regionale Lappenplastik
5 N0: Vorgehen abhängig von T-Größe, N1–2: modifiziert radikale
Neck dissection, z. T. selektive Neck dissection möglich, N3: radika-
le Neck dissection, modifiziert radikale Neck dissection oder erwei-
terte radikale Neck dissection
5 Neck dissection Vorgehen und Einteilung der Neck dissection
7 Kap. 7
5 postoperative Radiotherapie bei Tumoren ≥T3, alle Stadien pN2–3,
ggf. bei pN1
4 Tumoren der Mundhöhle
5 T1-Tumoren der Zunge: transorale, partielle Glossektomie, ggf.
CO2-Laserresektion
5 T1-Tumoren des Mundboden: transorale Resektion des Mund-
boden mit Sicherheitszone zum Unterkiefer
5 T2/3 und T4-Tumoren des Zungenkörpers und Mundbodens:
Resektion bis zur Hemiglossektomie mit segmentaler Unterkiefer-
resektion, die meist eine Primär- oder Sekundärrekonstruktion mit
Osteosynthese und/oder gefäßgestielten myokutanen, und mikro-
440 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen chirurgisch revaskularisierten kutanen, osteokutanen und osteomy-


okutane Lappentechniken erfordern
5 primäre Strahlentherapie nur bei T1-Karzinomen mit vergleich-
barer Kontrollrate
5 bei ausgedehnten Tumoren postoperative Strahlentherapie: Primär-
tumor 60–66 Gy, Halsfelder 60–66 Gy bei positiver Histologie, 44–
64 Gy bei N0 Hals
5 Neck dissection bei Mundhöhlenkarzinom >T1 auch als elektive
Neck dissection (d. h. bei N0 Hals)
5 Neck dissection bei Lippenkarzinom nur bei N+ Hals oder ausge-
dehnter Infiltration der Nachbarschaft
5 5-Jahres-Überlebenszeit (alle Stadien)
Mundhöhlenkarzinom 40–60%
Lippenkarzinom: 90%

34.7 Tumoren des Pharynx

34.7.1 Gutartige Tumoren des Pharynx

4 Vaskuläre Malformationen
5 Raumforderungen, die konnatal bereits vorliegen und postnatal kei-
ne epitheliale Proliferation zeigen
5 zählen zu den häufigsten konnatalen Missbildungen
5 Low-flow- und High-flow-Varianten
5 Unterscheidung in kapilläre, venöse, arteriovenöse, lymphatische
und gemischte Formen
5 Größenzunahme möglich
5 Lokalisation oft im Bereich der Schädelbasis orbital, nasopharynge-
al, nasal oder im Bereich der Fossa pterygopalatina
4 Hämangiome
34 5 vaskuläre tumoröse Neubildungen mit Proliferationstendenz und
z. T. Regressionstendenz mit zunehmendem Alter (»rapidly involu-
ting congenital hemangioma« [RICH], »non-involuting congenital
hemangioma« [NICH])
5 gutartiges Wachstumsverhalten
4 juveniles Nasenrachenfibrom
5 Angiofibrom der Rhinobasis
5 unklare Ätiologie
4 Kraniopharyngeom
5 seltener Tumor der Hypophysenregion, der häufig nach nasopha-
ryngeal einwächst
5 gutartiger, sehr gefäßreicher Tumor
5 ausgehend von Neoplasie im Bereich des persistierenden Ductus
craniopharyngeus
5 bei Größenzunahme Hypophyseninsuffizienz
34.7 · Tumoren des Pharynx
441 34
Klinik Eigene Notizen
4 Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis, Hyposmie/Anosmie, nasale
Sekretion
4 bei Beteiligung der Orbita Doppelbilder, Sehstörung

Diagnostik
4 Nasenendoskopie
4 CT, Angio-CT, Angio-MRT
4 abhängig von der Lokalisation augenärztliches Konsil

Therapie
4 Hämangiome
5 Therapie nur bei Funktionsbehinderung
5 ansonsten Involution mit zunehmendem Alter abwarten
5 Kortikosteroide
5 β-Blocker
5 chirurgische Resektion
5 Laserablation
5 ggf. Embolisation (in Kombination vor chirurgischer und Laserre-
sektion)
4 vaskuläre Malformationen
5 abhängig von Klassifikation, Größe, Lage der Gefäßversorgung und
Lage der Malformation
5 operative Entfernung mittels sublabialer Zugänge zu Schädelbasis
und Nasopharynx ohne transfazialen Zugang möglich

34.7.2 Leukoplakie und Dysplasie


der Pharynxschleimhaut

4 weißliche Verfärbung der Schleimhaut, die nicht abwischbar ist und für
die keine andere Ursache erkennbar ist (WHO)
4 70–90% Raucher
4 in 58% der Fälle verschwinden Leukoplakien 12 Monate nach Beendi-
gung des Rauchens, in 78% der Fälle sind die Befunde regredient
4 die syphilitische Glossitis kann zu Leukoplakien führen
4 weitaus häufigste Lokalisation ist die Mundhöhle, zweithäufigste Loka-
lisation der Larynx
4 > Memo Die Haar-Leukoplakie der Zunge bei HIV-Patienten ist eine
Keratose (Veränderung nur des Stratum corneum), keine Leukoplakie!

Klinik
4 meist beschwerdefrei
4 Erkennung im Rahmen von Routineuntersuchungen aus anderen Be-
weggründen

Diagnostik
4 endoskopische Untersuchungen des Pharynx
442 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 4 bei Leukoplakien stets Biopsie


4 histopathologische Klassifizierung, 10% der Leukoplakien sind epithe-
liale Dysplasien

Therapie
4 Exzisionsbiopsie

34.7.3 Karzinome des Pharynx

Übersicht . Tabelle

Übersicht Pharynxkarzinome

Lokalisation Ätiologie/Pathoge- Klinik Prognose


nese

Nasopharynx kindliche Form (1/3) Epistaxis, Nasen- 5-Jahres-Überleben


(. Abb. 56, adulte Form (2/3) atmungsbehinder- gesamt: 60%
Farbteil) Plattenepithelkarzi- ung
nom bei Infiltration:
lymphoepitheliales Tubenfunktions-
Karzinom störung, sekreto-
rische Otitis media,
Abduzensparese,
47% der Fälle mit
N+ bei Diagnose-
stellung

Oropharnx Plattenepithelkarzi- Schluckbeschwer- Stadium I: 90%


(. Abb. 57 bis nom überwiegend, den, Globusgefühl Stadium II: 75%
59, Farbteil) Rauchen, Alkohol bei Infiltration des Stadium III: 45–75%
in 60% der Fälle HPV- Parapharyngeal- Stadium IV: <35%
16-Nachweis: dadurch raums oder der 5-Jahres-Überleben
Risiko auch ohne Submandibular- gesamt:
Alkohol und Rauchen loge:Hypoglossus- – 74% HPV-16+
34 erhöht parese – 25% HPV-16–
selten adenoid-zysti- – 15–30% N0 (ok-
sches Karzinom, Ade- kulte Metastasen)
nokarzinom der klei-
nen Speicheldrüsen

Hypopharynx fast ausschließlich Schluckbeschwer- Prognose sehr


Plattenepithelkarzi- den, Globusgefühl ernst
nom (seltene Tumor- bei Infiltration des Rezidiv in 37% der
entität) Larynx: Heiserkeit Fälle
Rauchen, Alkohol 5-Jahres-Überleben
in 31% der Fälle Mehr- gesamt: 47%
fachtumoren synchron Überleben von der
oder metachron lymphogenen Me-
tastasierung unmit-
telbar abhängig

Klinik
4 . Tabelle
34.7 · Tumoren des Pharynx
443 34
Diagnostik Eigene Notizen
4 Endoskopie des Rachens mit starren oder flexiblen Optiken
4 bei begründetem Verdacht starre Endoskopie in Kurznarkose am intu-
bierten Patienten oder in Jet-Ventilation (ohne Intubation)
4 Biopsie und histopathologische Untersuchung
4 digitale Palpation des Zungengrunds, Palpation der Halsweichteile
4 Echographie und Duplexechographie der Halslymphknoten und des
Mundbodens
4 CT der Halsweichteile mit Kontrastmittel als Standardverfahren, in aus-
gewählten Fällen MRT oder PET-CT
Therapie
4 Nasopharynxkarzinom
5 alle Stadien: primäre Radiochemotherapie, bei persistierenden Tu-
moren oder Rezidiven operatives Vorgehen (maxillary swing Ope-
ration oder kombinierter transnasaler transoraler Zugang) mit 56%
5-Jahres-Überleben
5 bei großen Metastasen (Plattenepithelkarzinom) ggf. modifiziert
radikale Neck dissection
4 Oropharynxkarzinom
5 Tis: Exzision
5 T1: transorale Resektion
5 T2: transoral CO2 laserchirugisch oder transzervikal durch laterale
Pharyngotomie, plastische Rekonstruktion
5 T3: transzervikal durch laterale Pharyngotomie, ggf. temporäre
Mandibulotomie, ggf. zusätzlich Larynxteilresektion
5 T4: transzervikal durch laterale Pharngotomie, ggf. temporäre
Mandibulotomie, bei tiefer oder bilateraler Infiltration des Zungen-
grunds ggf. Larynxtotalresektion
5 N0: selektive Neck dissection ab T2
5 N1: modifiziert radikale Neck dissection
5 N2: modifiziert radikale Neck dissection
5 N3: radikale oder erweiterte radikale Neck dissection
5 postoperative Radiotherapie: bei T2–T4 und/oder >pN1
4 Hypopharynxkarzinom
5 Tis: Exzision
5 T1: transorale CO2-Laserresektion, ggf. transzervikaler Zugang,
5 T2: laterale Pharyngektomie, ggf. mit Larynxteilresektion, ggf. Re-
sektion des ipsilateralen Schilddrüsenlappens, ggf. Rekonstruktion
durch mikrovaskularen Lappen
5 T3: laterale Pharyngektomie, ggf. mit Larynxteilresektion oder
Laryngektomie, ggf. Resektion des ipsilateralen Schilddrüsen-
lappens, ggf. Rekonstruktion durch mikrovaskularen Lappen
5 T4: Meist nicht unter Funktions- oder Organerhalt möglich, Resek-
tion der ipsilateralen Schilddrüse, Rekonstruktion ggf. mittels
Lappenplastik, Magenhochzug
5 N0: selektive Neck dissection ab T2
5 N1: modifiziert radikale Neck dissection
5 N2: modifiziert radikale Neck dissection
444 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen 5 N3: radikale oder erweiterte radikale Neck dissection


5 bei Indikation zu Laryngektomie ggf. primäre Radiotherapie mit
Option zu »Rettungs-Laryngektomie« bei Nicht-Ansprechen auf
Radiotherapie
5 postoperative Radiotherapie bei pT1–4 pN1–3 und bei pT3–4 pN0
5 5-Jahres-Überleben bei kurativer Radiotherapie des Hypypharynx-
karzinoms nur 18%
5 5-Jahres-Überlebensrate unter operativer Behandlung, ggf. mit
postoperativer Radio(-Chemo)therapie 55% für alle Lokalisationen
und Stadien bei Pharynxkarzinomen, Zunge 65%, 45% andere orale
Lokalisationen, Oropharynx 64%, Hypopharnyx 47%

34.7.4 Weitere maligne Tumoren des Pharynx

4 Kaposi-Sarkom
5 seltener maligner Tumor
5 oft mit AIDS assoziiert und somit Zeichen des fortgeschrittenen
Stadiums der Erkrankung (7 Abschn. 34.5.3, HIV-Staging)
4 Plasmozytom extramedullär
5 in 80% der Fälle im Bereich der oberen Luftwege
5 Inzidenz 4/100.000
5 aggressives B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom
5 in 5–32% der Fälle Entwicklung eines multiples Myeloms mit Labor-
zeichen (. Tabelle)

Internationales Staging-System des multiplen Myeloms (Plasmozytoms)

ISS I β2-Mikroglobulin <3,5 mg/l und Albumin ≥35 g/l

ISS II β2-Mikroglobulin <3,5 mg/l und Albumin <35 g/l oder β2-Mikroglobulin
3,5–5,5 mg/l

ISS III β2-Mikroglobulin >5,5 mg/l


34
4 Chordom
5 potenziell maligne
5 seltener Tumor
5 Lokalisation nasopharyngeal, retropharyngeal oder zervikal
5 ausgehend von der ehemaligen Chorda dorsalis (Mesoderm)
5 in 10% der Fälle metastasierend
Klinik
4 Globusgefühl, Dysphagie
4 ggf. Heiserkeit
4 Aspiration
Diagnostik
4 Endoskopie des wachen Patienten mit starren oder flexiblen Optiken
4 bei begründetem Verdacht starre Endoskopie in Kurznarkose am intu-
bierten Patienten oder in Jet-Ventilation
34.8 · Sonstige Erkrankungen des Pharynx
445 34

4 Biopsie und histopathologische Untersuchung Eigene Notizen


4 digitale Palpation des Zungengrunds, Palpation der Halsweichteile
4 Echographie und Duplexechographie der Halslymphknoten und des
Mundbodens
4 CT der Halsweichteile mit Kontrastmittel als Standardverfahren, in aus-
gewählten Fällen MRT oder PET-CT
4 bei Verdacht oder Hinweis auf Kaposi-Sarkom: nach Patienteneinver-
ständnis (schriftlich) HIV-Serologie

Therapie
4 Kaposi-Sarkom: wenn möglich, Chemotherapie, Radiotherapie, antire-
trovirale Therapie (ART)
4 Plasmozytom extramedullär: Radiotherapie, CO2-laserchirurgische Re-
sektion, solange kein multiples Myelom vorliegt
4 Chordom: operative Therapie, Radiotherapie

34.8 Sonstige Erkrankungen des Pharynx

34.8.1 Styalgie (Eagle-Syndrom, Stylohyoid-Syndrom)

4 Schmerz der Tonsillenregion, des seitlichen Halses, ins Ohr bzw. Gesicht
ausstrahlend
4 durch idiopathische Kalzifikation des Lig. stylohyoideum oder des ver-
längerten Processus styloideus verursacht

Klinik
4 Schmerz fortgeleitet durch Nn. glossoparyngeus, vagus, trigeminus
4 keine klare Trennung zur idiopathischen Neuralgie des N. glossopha-
ryngeus möglich, da die Verlängerung des Styloidfortsatzes nicht in
jedem Falle symptomatisch ist
4 Dysphagie, Odynophagie

Diagnostik
4 bimanuelle Palpation und Prüfen der Schmerzauslösung
4 Orthopantomogramm mit Nachweis der kalzifizierten Kontur des Liga-
mentum stylophyoideum und/oder des verlängerten Styloidfortsatzes
4 ggf. CT

Therapie
4 operative Kürzung des Processus und/oder Resektion des Ligaments
von außen (bevorzugt) oder peroral

34.8.2 Funktionelle Dysphagie (Globus nervosus)

4 Fremdkörpergefühl im Rachen ohne organisches Korrelat


4 meist unter starker seelischer oder körperlicher Belastung des Patienten
446 Kapitel 34 · Mund, Mundhöhle, Pharynx

Eigene Notizen Klinik


4 Dysphagie mit deutlicher Lokalisation durch den Patienten

Diagnostik
4 Palpation des Halses mit Größenbestimmung der Schilddrüse und Prü-
fen auf Schluckverschieblichkeit
4 Echographie und Duplex-Echographie des Halses und der Schilddrüse
4 endoskopische Untersuchung des Pharynx und Larynx
4 Röntgen-Breischluckdarstellung des Ösophagus, ggf. flexible Ösopha-
goskopie
4 Labor: Hb, Erythrozyten, Eisen im Serum

Therapie
4 nach Ausschluss aller somatischen Ursachen ggf. Versuch der psycho-
somatischen Therapie

34.8.3 Zenker-Divertikel (Hypopharynxdivertikel,


Grenzdivertikel)

4 Pulsationsdivertikel des Pharynx im Bereich der Pars cricopharyngea


des M. constrictor pharyngis (Killian’scher-Schleudermuskel)

Klinik
4 Globusgefühl, Dysphagie, typische Regurgitation, insbesondere beim
Liegen nach dem Essen mit Zurücklaufen nicht-saurer Nahrung
4 Hustenanfälle im Liegen
4 ggf. gluckerndes Geräusch beim Druck auf die Halsweichteile vor allem
links
4 bevorzugtes Auftreten im höheren Lebensalter (>60 Jahre)

Diagnostik
34
4 Röntgenbreischluckaufnahme
4 Pharyngoskopie, starre Ösophagoskopie

Therapie
4 endoskopisches Vorgehen
5 CO2-Laser-Divertikulotomie
5 scharfe Durchtrennung
4 Vorgehen von außen
5 Zugang transzervikal von links
5 Pharyngotomie und Myotomie des M. cricopharyngeus (Killian’-
scher-Schleudermuskel)
5 Fixieren des Divertikelsacks ohne Pharyngotomie auf das vordere
Längsband
5 ggf. begleitende Myotomie des M. cricopharyngeus
35

Tag 5 – HNO

35 Larynx, Stimme, Sprechen


M. Westhofen

35.1 Fehlbildungen des Larynx – 448


35.1.1 Zysten und Laryngozelen – 449

35.2 Verletzungen des Larynx – 450

35.3 Larynxödem – 450


35.3.1 Akutes Larynxödem – 450
35.3.2 Chronisches Larynxödem (Reinke-Ödem) – 452

35.4 Entzündungen des Larynx – 452

35.5 Sonstige Erkrankungen der Stimmlippen – 455

35.6 Tumoren des Larynx – 457


35.6.1 Larynxpapillomatose – 457
35.6.2 Leukoplakien und Dysplasien – 457
35.6.3 Plattenepithelkarzinom des Larynx – 459
35.6.4 Verruköses Karzinom des Larynx – 465
35.6.5 Sarkom des Larynx – 466

35.7 Lähmungen des Kehlkopfs und Stimmstörungen – 467

35.8 Sonstige Erkrankungen des Larynx – 468


35.8.1 Krikoidstenose – 468
35.8.2 Sarkoidose – 469
35.8.3 Amyloidose – 469

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_35, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
448 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen 35.1 Fehlbildungen des Larynx

4 unmittelbar postpartal oder im Säuglingsalter auftretende Einengung


des Larynxlumens
4 Laryngomalazie (ca. 60%)
5 Leitsymptom ist meist die übergroße und überhängende Epiglottis
aus dem 3. Kiemenbogenanteil (Larynx aus dem 3. und 4. Kiemen-
bogen gebildet)
5 histomorphologisch Normalbefunde, syndromale Fehlbildungen
bestehen i. d. R. nicht
5 Unreife des noch zu weichen Knorpels, unterentwickelte neuromus-
kuläre Kontrolle und gastroösophagealer Reflux als weitere Ursa-
chen diskutiert
4 subglottische Stenose (20%)
5 Einengung des Luftwegs in Höhe des Krikoids
5 ursächlich Verdickungen der Subglottisschleimhaut und Einlage-
rung von Bindegewebe submukös sowie Fehlanlage des Krikoids
5 mit zunehmendem Alter (meist 3. bis 4. Lebensjahr) bisweilen spon-
tane Ausheilung
5 bei hochgradigen Befunden akute Dyspnoe mit Intubationshinder-
nis durch die Krikoidstenose
4 Stimmlippenparese (15–20%)
5 ursächlich Geburtstraumata wie Hypoxien oder Einblutung, Ar-
nold-Chiari-Malformation, Hydrozephalus, Meningozelen, Spina
bifida
5 bei bilateraler Ausprägung akuter Notfall unmittelbar postpartal mit
Intubationshindernis

Klinik
4 Dyspnoe
4 heiseres Brüllen
4 ggf. Dysphagie
4 Zyanose
4 obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom
35
Diagnostik
4 bei akutem Atemwegsnotfall notfallmäßiges Einstellen des Larynx mit
dem Laryngoskop und Versuch der Intubation
4 bei Fehlschlagen Notfalltracheotomie bei Neugeborenen unter mikro-
skopischer Sicht
4 ohne Notfallindikation flexible Laryngoskopie ( ! Cave Bei minimaler
reaktiver Schwellung Dyspnoe!)

Therapie
4 nicht in allen Fällen operatives Eingreifen notwendig, da mit zu-
nehmendem Lebensalter häufig spontane Verbesserung
4 H2-Rezeptorantagonisten (Ranitidin) 3 mg/kg KG 3× täglich oder Pro-
tonenpumpenhemmer 1 mg/kg KG 1× täglich
35.1 · Fehlbildungen des Larynx
449 35

4 mit zunehmendem Lebensalter und ggf. wegen der durch die Erkran- Eigene Notizen
kung eingeschränkten Sprachentwicklung individuelle Therapiepläne
notwendig
Laryngomalazie: Supraglottoplastik, Epiglottoplastik mittels endosko-
pischer CO2-Lasertechnik
4 bei persistierender Zyanose, Dyspnoe, Aspiration, Gewichtsabnahme
durch Schluckstörung Indikation zu operativem Vorgehen zur Therapie
der Laryngomalazie: Supraglottoplastik, Epiglottoplastik mittels endo-
skopischer CO2-Lasertechnik
4 Krikoidstenose: Operation nach Rethi durch vertikale Ringknorpel-
fissur, Implantation eines Knorpelspans und Schaffen eines weiten
Tracheostomas (offene Rinne) im ersten Schritt, Verschluss der Rinne
nach 2–3 Monaten oder alternativ einzeitig Thyrokrikotracheoplastik
durch vertikale Ringknorpelfissur und mediane Thyrotomie mit Hoch-
ziehen der Trachea, die zungenförmig in die Fissur eingezogen wird und
so den Querschnitt erweitert

35.1.1 Zysten und Laryngozelen

4 Retentionszysten entstehen vorwiegend subglottisch, im Bereich der


Taschenfalten oder der Vallecula epiglottica (. Abb. 60, Farbteil)
4 entzündliche Vergrößerung der suprahyoidalen Bursa
4 durch Vorwölbung des Ventriculus laryngis (Sinus Morgagnii), z. B. bei
extremem Druckaufbau im Larynxlumen (Hornbläser)
4 i. d. R. erworbene Erkrankung
4 bei Durchdringen der Membrana thyrohyoidea Vorwölbungen nach
außen: äußere Laryngozele
4 bei Vorwölbung der Zyste nach endolaryngeal: innere Laryngozele

Klinik
4 Stimmstörung mit Heiserkeit oder gestopfter Stimme
4 Globusgefühl
4 beim Pressen Vorwölbung von außen erkennbar und palpierbar

Diagnostik
4 indirekte Laryngoskopie mittels 70°- oder 90°-Optik
4 ggf. flexible Endoskopie transnasal
4 ggf. Mikrolaryngoskopie (starre Endoskopie) mit Möglichkeit zur
Resektion durch CO2-Laserchirurgie oder mittels Mikroscherchen

Therapie
4 mikrolaryngoskopisch-endoskopische Entfernung durch CO2-Laser
oder mikroinstrumentell
4 nur im Ausnahmefall Resektion von außen
450 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen 35.2 Verletzungen des Larynx

4 Schnitt-, Schlag-, Schussverletzungen des Larynxgerüsts, der prälaryn-


gealen Weichteile, ggf. Eröffnung des Larynxlumens
4 ! Cave Es kann eine Notfallsituation auftreten: durch Blutung Aspira-
tionsgefahr, durch endolaryngeale Schwellung Dyspnoe.
4 nach Inhalationen toxischer Substanzen oder heißer Dämpfe akute
ödematöse Schwellung des Larynx im Bereich der Stimmlippen und der
Larynxschleimhaut mit Heiserkeit und Dyspnoe
4 Verlegung des Larynxlumens durch aspirierte Fremdkörper wie Zahn-
prothesen, Spielzeug bei Kindern, Fleischbolus

Klinik
4 i. d. R. Notfallvorstellung mit Atemwegsverlegung

Diagnostik
4 Wundinspektion von außen
4 endoskopische Inspektion mit 70°- oder 90°-Winkeloptik, unter Not-
fallbedingungen ggf. mittels Laryngoskop in Intubationsbereitschaft

Therapie
4 Absaugen der oberen Atemwege als erste Maßnahme
4 ggf. unmittelbare Intubation
4 endoskopisch-instrumentelle Sicherung der oberen Luftwege mittels
starrer Endoskopie und Hechtmaul-Fasszange zur Extraktion von
Fremdkörpern
4 Prednisolon 1000 mg i.v.
4 abhängig von der Beeinträchtigung der oberen Luftwege Koniotomie
(Notfallmaßnahme) oder Tracheotomie

35.3 Larynxödem
35.3.1 Akutes Larynxödem
35
4 Angioödeme (oder auch Quincke-Ödeme) sind 1–7 Tage andauernde
Ödeme, die in unregelmäßigen Abständen rezidivieren
4 Einteilung
5 erworbene Larynxödeme
J allergisch
J medikamentös induziert (meist ACE-Hemmer, ASS, NSAR)
J Komplikation der Strahlentherapie
5 hereditäre Larynxödeme: autosomal-dominante Mutationen mit
abnormer Aktivierung des Komplementsystems
J Typ I: verminderte Aktivität und Konzentration des C1-Inhibi-
tors im Plasma durch Mutation des SERPING1-Gens
J Typ II: verminderte Aktivität bei normaler oder erhöhter Konzen-
tration des atypisch konfigurierten C1-Inhibitors im Plasma
durch Mutation des SERPING1-Gens
35.3 · Larynxödem
451 35

J Typ III: bei Mutation des F12-Gens, das den Gerinnungsfaktor Eigene Notizen
XII kodiert
4 akute Angioödeme können im Rahmen einer Urtikaria auftreten
4 63% der Angioödeme induziert durch ACE-Inhibitor-Einnahme oder
infolge einer Stahlentherapie; ACE-Hemmer und andere Medikamente
führen bei 0,1–2,2% der Behandelten zu rezidivierenden Angio-
ödemen
4 22% allergische Genese
4 <1% als hereditäres Angioödem (HAE). Das Gen, das den C1-Esterase-
Inhibitor (C1-INH) kodiert, liegt auf dem langen Arm des Chromosoms
11 in der Subregion q12–q13.1

Klinik
4 bei hereditärem Angioödem des Larynx: bei 70% der Patienten 12 oder
weniger Attacken jährlich, bei 30% mehr als 12 Attacken
4 Schwellung an Zunge, Rachen- und/oder Larynxschleimhaut, Lippen,
Gesichtshaut und Augenlidern
4 Dysphagie, Dyspnoe
4 Präsentation meist in der Notfallambulanz

Diagnostik
4 Anamnese (familiäre Häufung, rezidivierendes Auftreten, bekannte
Nahrungsmittelallergie, ACE-Inhibitor-Behandlung; bei hereditärem
Angioödem: Schwellung an anderen Körperstellen; auch abdominelle
Beschwerden möglich)
4 70°- bzw. 90°-Lupenendoskopie des Larynx
4 C1r- und C1s-Esterase-Spiegel im Serum bzw. -Aktivitätsbestimmung
(pathologisch bei <25% der Norm)
4 C1-, C3- und C4-Komplementspiegel im Serum: Durch die Fehlfunk-
tion des C1-Esterase-Inhibitors, der im »klassischen« Pfad der Kom-
plementkaskade liegt, ist der Spiegel des dahinter liegenden C4-Fak-
tors erniedrigt, weil verbraucht. Der C3-Spiegel liegt dagegen im »al-
ternativen« Pfad der Kaskade und ist normal hoch. Bei Fehlfunktion
des C1-Esterase-Inhibitors wird vermehrt Bradikinin freigesetzt, das
über die Erhöhung der Gefäßpermeabilität die Schwellungszustände
verursacht

Therapie
4 bei erworbenem Angioödem: 1000 mg Prednisolon i.v. (bei hereditärem
Angioödem nicht effektiv!)
4 bei hereditärem Angioödem: C1-Esterase-Inhibitor Konzentrat (C1-
INH-Konzentrat, 8500–1000 IE) oder Icatibant (Bradykinin-B2-Rezep-
torantagonist) mit Wirkungseintritt nach 2 h
4 Epinephrin, Antihistaminikum i.v. als Sofortmaßnahme
4 sofortiges Absetzen des ACE-Hemmers
452 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen 35.3.2 Chronisches Larynxödem (Reinke-Ödem)

4 über mehr als 3 Wochen anhaltende ödematöse Schwellung der Glottis


durch Lymphansammlung im subepithelialen Raum (Reinke-Raum)
4 überwiegend bilaterales Auftreten
4 Ursachen:
5 durch unphysiologische Stimmführung (unausgebildete Sänger),
Stimmüberlastung
5 Rauchen
5 Arbeiten in wechselnden Temperaturen (Kühlhausarbeiter)
5 Residualzustand nach Radiotherapie des Halses
5 anhaltende oder wiederkehrende Exposition gegenüber Allergenen
5 Intoleranzerkrankung der oberen Atemwege
5 gastroösophageale oder laryngopharyngeale Refluxerkrankung

Klinik
4 Stimmstörungen und Heiserkeit, eingeschränkte Stimmbelastbarkeit
4 Globusgefühl
4 Dysphagie
4 bei großen Befunden Stimme mit Tremoloeffekt
4 Dyspnoe
4 ggf. Sodbrennen

Diagnostik
4 Endoskopie des Larynx und Pharynx, Nasenendoskopie, bei gering aus-
geprägten Befunden ggf. Prüfen der Tonhaltedauer und Stimmfeld-Un-
tersuchung

Therapie
4 Nikotin- und Alkoholkarenz
4 Stimmruhe, ggf. mehrwöchig mit Einschränkungen der Stimmbelas-
tung vor allem im Beruf und unter Belastung
4 Lokaltherapie mit kortisonhaltigen Sprays/Dosieraerosolen
4 ggf. Therapie allergischer Erkrankungen oder Intoleranzerkrankungen
35 lokal und systemisch
4 individuelle logopädische Übungstherapie individuell
4 bei fehlendem Ansprechen Mikrolaryngoskopie und CO2-Laserchirurgie
4 ggf. Inzision der Ödempolster an der lateralen und kranialen Fläche der
Stimmlippe fernab der vorderen Kommissur, Eingriff i. d. R. nicht si-
multan bilateral zur Vermeidung von Stimmlippensynechien
4 bei Larynxödemen nach Radiotherapie oft deutlich längerer Verlauf

35.4 Entzündungen des Larynx

4 Unterscheidung in akute (Dauer <3 Wochen) und chronische Entzün-


dungen
4 akute Laryngitis (. Tabelle)
35.4 · Entzündungen des Larynx
453 35

5 meist virale Infekte des oberen Atemtrakts, bakterielle Infektionen Eigene Notizen
oder Superinfektionen sowie Irritation durch Rauchen, Überlastung
oder Fehlbelastung der Stimme oder Inhalativa (Rauch, Stäube) ver-
ursacht
4 chronische Laryngitis (. Tabelle)
5 kann bei anhaltender Exposition oder Stimmfehlbelastung aus aku-
ten Bildern entstehen
5 Laryngitis posterior bei Refluxerkrankung und GERD
5 immunologische Ursachen: Pemphigoid und Pemphigus vulgaris
5 systemische Erkrankungen (M. Wegener, Sarkoidose, systemischer
Lupus erythematodes, Amyloidose) führen zu Beschwerden und
Befunden, die einer chronischen Entzündung ähneln können
4 > Memo Wesentlich ist die diagnostisch zuverlässige Differenzierung
der chronischen Entzündung und des Carcinoma in-situ (7 Abschn.
35.5.1.2). Oft gehen der Entwicklung des Carcinoma in-situ und des
invasiven Karzinoms langjährige Phasen chronischer Entzündung to-
xischer und irritativer Ätiologie voraus.

Klinik
4 Heiserkeit, Versagen der Stimme bei geringer Belastung
4 Schmerzen oder Druckgefühl über dem Thyroid

Diagnostik
4 70°- oder 90°-Endoskopie, ggf. unter Lokal-Sprühanästhesie, transna-
sale flexible Rhino-Pharyngo-Laryngoskopie
4 bei therapieresistentem oder neoplasieverdächtigem Befund insbeson-
dere bei Risikogruppen (Rauchen, Alkohol) frühzeitig Mikrolaryngo-
skopie in Narkose ambulant

Therapie
4 . Tabelle

Entzündliche Kehlkopferkrankungen – Übersicht

Diagnose Ätiologie und Klinik Therapie

akute viral, bakteriell (. Tabelle), meist im Rah- Stimmschonung,


Laryngitis men akuter Infekte der oberen Luftwege, Soledampfinhalation,
selten traumatisch durch inhalative Noxen Kortikoide als Aerosol
Heiserkeit, Hustenreiz

akute meist bakteriell infizierte Valleculazyste, i.v. Antibiose, Predniso-


Epiglottitis Trauma durch scharfkantige Speisen, lon (Erwachsene
akute Infekte der oberen Luftwege (vor al- 1000 mg Einzeldosis,
lem bei Kindern) Kinder 6 mg/kg KG, bei
Fieber, Dysphagie, kloßige Sprache, bei Progredienz Endoskopie
fortgeschrittenem Bild auch Stridor, Dys- in Narkose ggf. mit Abs-
pnoe zessinzision, bei Atem-
wegsnotfall Tracheoto-
6 mie
454 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen Entzündliche Kehlkopferkrankungen – Übersicht (Fortsetzung)

Diagnose Ätiologie und Klinik Therapie

chro- unspezifische Entzündung mit Hyperämie, Stimmruhe, -schonung,


nische Rötung, Schwellung, Fibrinausschwitzung, logopädische Therapie,
Laryngitis bisweilen Übergang zu Leukoplakie, Karenz von Rauchen und
Ödembildung, Heiserkeit, rasche Stimm- Alkohol, Antazida (z. B.
ermüdung, Hustenreiz für >3 Wochen Omeprazol), Bettposition
(> Memo Bis zum sicheren Ausschluss kopfwärts anheben, Kor-
Verdacht auf Larynxkarzinom, da klinisch tikoide als Aerosol
nicht immer sicher zu differenzieren!)
Laryngitis posterior bei (gastroösopha-
gealer oder laryngopharyngealer Re-
fluxerkrankung (7 Abschn. 35.3.2)

spezi- . Tabelle . Tabelle


fische
Laryngitis

subglot- viral, im Kindesalter (1.–5. Lebensjahr), Budenosid-Vernebelung


tische Jungen häufiger als Mädchen, hoch-akut, Prednisolon i.v. oder
Laryngitis stenosierend mit Stridor und Dyspnoe, Prednison 100 mg Supp.
(Pseudo- bellender Husten, Entzündung (Rectodelt 100)
krupp) Kortikoide als Aerosol

Diphthe- Infektion durch Corynebacterium diph- bei begründetem Ver-


rie (Krupp) theriae (extrem selten), 2–5 Tage Inkuba- dacht ohne diagnosti-
tionszeit schen Nachweis unmit-
gefährliche, meldepflichtige Infektionser- telbar Antitoxin 200–
krankung mit pseudomembranöser Ton- 500 IE/kg KG i.m.
sillitis (Beläge abwischbar, blutend, kon- (zeitkritisch)
fluierend, die Tonsillengrenzen überschrei- Penicillin, Erythromycin
tend), Laryngo-Tracheitis, oder Clindamycin i.v.
Atemwegsobstruktion, Polyneuritis, Gau-
mensegelparese, Nephritis, Herz-Kreislauf-
Versagen
weltweit höchste Inzidenz in Lettland

Kehlkopf- meist bakterielle Entzündung des Peri- hochdosierte Antibiotika-


perichon- chondriums und Knorpels des Thyroids therapie (Clindamycin
dritis fortgeleitet bei Halsabszess, Halstrauma i.v.)
35 mit Larynxbeteiligung, abakterielle
Entzündung als Komplikation der Radio-
therapie des Halses entzündliche Begleit-
schwellung des Endolarynx ( ! Cave Ge-
fahr der Knorpelnekrose mit Ausbildung
von Strikturen und Aryfixation!)
Schwellung äußerlich und endolaryngeal,
Schmerz, Dysphagie, Odynophagie, Dys-
pnoe, Stridor
selten Folge der spezifischen Laryngitis
35.5 · Sonstige Erkrankungen der Stimmlippen
455 35

Erreger der akuten Laryngitis Eigene Notizen

Virusinfekte Bakterielle Infekte

Adenoviren Bramhella catarrhalis


Coxsackieviren Haemophilus influenzae
Coronaviren Staphylococcus aureus
EBV Staphylococcus pneumoniae
Influenza
Myxoviren
Parainfluenzaviren
Paramyxoviren
Rhinoviren

Spezifische Infektionen und Entzündungen des Larynx

Infektions- Erreger Klinik Therapie


krankheit

Tuberkulose Mycobacte- Schleimhautödem Tuberkulostatika für 2


rium tuber- Granulome Monate: Isoniazid (INH),
culosis Ulzerationen Rifampicin (RMP), Etham-
Monochorditis butol (EMB), Pyrazinamid
Diagnose durch THT (PZA), danach für 4 Monate
(Tuberkulin-Haut- INH und RMP ( ! Cave
Test), bei positivem Kein Streptomycin, da
Befund Interferon-γ- massiv ototoxisch!)
Release Assays (IGRA),
ggf. PCR

Lues Treponema Granulome Penicillin


pallidum Ulzerationen
Fibrose

Aktino- Actinomy- Erythem operative Ausräumung


mykose ces israelii exophytischer Tumor durch endolaryngeales mi-
Perichondritis kroskopisches Vorgehen

Soor Candida al- weiße Beläge lokale Antimykotika


bicans Ulzerationen Clotrimazol (Canesten)
10 mg 5× täglich p.o.
Fluconazol 100–400 mg/
Tag für 3–4 Wochen

Aspergillose Aspergillus Ulzerationen Itraconazol (Sempera)


fumigatus schmierig gelbliche 2×100 mg oral über
Beläge 2–5 Monate
Amphotericin B i.v.

35.5 Sonstige Erkrankungen der Stimmlippen

4 durch unprofessionelle Stimmbenutzung oder chronisch entzündlichen


Reiz bedingte Veränderung am Epithel, der Lamina propria oder dem
subepithelialen Lymphspalt (Reinke-Raum; 7 Abschn. 35.3.2) ohne Hin-
weis auf Neoplasie
456 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen Klinik


4 Heiserkeit, Räusperzwang, fehlende Belastbarkeit der Stimme (. Tabelle)

Diagnostik
4 Laryngoskopie
4 Larynxendoskopie . Tabelle

Nicht-neoplastisch chronische Stimmlippenveränderungen – Übersicht

Diagnose Ätiologie Klinik Histologie Therapie

Stimm- Trauma, bisweilen gefäßreiches Mikrolaryngos-


lippen- z. B. Intu- gelappt, gelb- Granulations- kopie, Abtra-
granulom bation rötlich am freien gewebe gung, Rezidive
Stimmlippenrand nicht selten
auf Höhe des
Processus vocalis,
oft bilateral

Stimm- Stimm- an der Grenze Ödem mit Mikrolaryngos-


lippen- überlas- zwischen vorde- weiten sinu- kopie, Abtragung,
polyp tung rem und mit- soiden Ge- Stimmtherapie
tleren Stimmlip- fäßen, fibri-
pendrittel meist noide Ver-
einseitig gele- quellungen,
gen, gelb-rötli- fibrinöse
che Farbe Umwand-
lung

Sänger- Stimm- symmetrische Ödem des bei kleinem Be-


knötchen überlas- weißliche Coriums mit fund: Stimm-
tung Knötchen am geringer therapie
vorderen und entzündli- bei größeren
mittleren Stimm- cher Reak- Befunden: ML,
lippendrittel tion Abtragung,
Stimmtherapie

Kontakt- Stimm- Epithelverdickung Plattenepi- Stimmkarenz


pachyder- überlas- und oberflächli- thelhyper- Mikrolaryngos-
mie tung che Ulzeration der plasie, Ulze- kopie, möglichst
35 Stimmlippen am ration keine Abtragung
Processus vocalis der Verdickung
starke Rezidiv-
neigung

Reinke- Stimm- ödematöse Ver- Auftreibung bei diskreten


Ödem überlas- dickung beider des subepi- Befunden:
(7 Abschn. tung, Stimmlippen thelialen Re- Stimmtherapie
35.3.2) chronischer inke-Raums bei ausgedehn-
Reiz ten Befunden:
streifenförmige
Epithelabtragung
zweizeitig
kontralateral
(Stripping)
35.6 · Tumoren des Larynx
457 35
Therapie Eigene Notizen
4 . Tabelle

35.6 Tumoren des Larynx

35.6.1 Larynxpapillomatose

4 durch HPV 6 und HPV 11 (humanes Papilloma-Virus) induzierter gut-


artiger Tumor
4 Vorkommen bei Kindern (juvenile Papillome: Inzidenz 4,3 pro 100.000)
und Erwachsenen (adulte Form: Inzidenz 1,8 pro 100.000)
4 das adulte Papillom des Larynx hat im Vergleich zur juvenilen Form
histopathologisch eine stärkere entzündliche Komponente, eine gerin-
gere Tendenz zu Rezidiven, jedoch ein höheres Risiko der malignen
Transformation, die mit dem Nachweis von Virus (HPV 11) in maligne
transformierten Zellen assoziiert zu sein scheint
4 während der Geburt ist für Kinder ein Risiko der Infektion bei Papillo-
matose im Geburtskanal der Mutter (Condylomata acuminata) gegeben

Klinik
4 zunehmende Heiserkeit
4 bei Ausbreitung auf die Epiglottis Dysphagie möglich

Diagnostik
4 endoskopische Diagnostik, Mikrolaryngoskopie, Tracheoskopie zum
Ausschluss der trachealen Papillomatose
4 Biopsie, histopathologische Untersuchung und histopathologischer
Nachweis von HPV

Therapie
4 Mikrolaryngoskopie und CO2-laserchirurgische Abtragung
4 bei juveniler Papillomatose und häufigen mikrolaryngoskopischen Ab-
tragungen ist nach dem 12.–14. Lebensjahr oft die mikrochirurgische
Rekonstruktion der Glottis zur Stimmrehabilitation notwendig
4 keine überzeugenden Evidenzen für den Wert der Interferontherapie

35.6.2 Leukoplakien und Dysplasien

4 Leukoplakien des Larynx


5 endoskopisch erkennbare, weißliche Epithelveränderungen, die
nicht einem histopathologischen Befund fest zuzuordnen sind
5 in gleicher Weise werden Erythroplakie oder Kombinationen beider
Veränderungen (Erythroleukoplakie) beobachtet. Sie bedürfen da-
her der histopathologischen Untersuchung, um maligne Tumoren
oder Vorläuferstadien auszuschließen
5 bei 3–7% der biopsierten Leukoplakien invasive Karzinome
458 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen 4 Carcinoma in-situ


5 trägt bereits alle Zeichen des Karzinoms, ohne allerdings eine De-
struktion der Basalmembran erkennen zu lassen
5 ca. 50% der Carcinomata in-situ entwickeln sich zu invasiven Kar-
zinomen
4 Dysplasien des Epithels
5 unterschiedliche Schweregrade (Grad I–III)
5 Dysplasien des Stimmlippenepithels werden bei Patienten mit Heiser-
keit in aller Regel endoskopisch, bioptisch und histopathologisch ab-
geklärt. Oft kommt es zu wiederholten Endoskopien und Biopsien
5 mit zunehmendem Grad der Epitheldysplasie steigt das Risiko für
die Entstehung des malignen Tumors (aus geringgradiger Dysplasie
entstehen in 25,9% der Fälle invasive Karzinome, bei mittelgradiger
Dysplasie in 54,2%)
5 die Begriffe Dysplasie und laryngeale intraepitheliale Neoplasie
(LIN) werden analog verwendet, jedoch schließt das Stadium LIN
III das Carcinoma in-situ ein
4 Störungen der Keratinschicht des Epithels gehen mit den Dysplasien
einher bzw. diesen voraus
5 Dyskeratose: pathologische Verhornung einzelner Plattenepithel-
zellen, die über die gesamte Dicke der Plattenepithelschicht verteilt
sind, dadurch erhöhtes Potenzial der malignen Transformation
5 > Memo Keratosen ohne begleitende Dysplasie haben kein Poten-
zial der malignen Transformation.
5 Orthokeratose: Verhornung ohne Zellkerne im Bereich der verhor-
nenden Epithelschicht
5 Parakeratose: Verhornung der an sich nicht verhornenden Platten-
epithelschicht mit Zellkernen im Bereich der verhornenden Epithel-
schicht

Klinik
4 zunehmende Heiserkeit
4 Hustenreiz
4 Fremdkörpergefühl im Kehlkopf
35
Diagnostik
4 flexible oder starre Untersuchung des Larynx
4 bei endoskopisch erkennbarem Verdacht oder nicht einsehbarem
Pharynx und Larynx Indikation zur Mikrolaryngoskopie mit endosko-
pischer und/oder mikroskopischer Untersuchung des Larynx und
Pharynx
4 mikrolaryngoskopische Biopsie, histopathologische Untersuchung

Therapie
4 lokale Exzision (Mikroscherchen oder CO2-Laser)
4 regelmäßige Nachbeobachtung wegen bekannter Rezidivneigung
4 histopathologische Befundung
35.6 · Tumoren des Larynx
459 35
35.6.3 Plattenepithelkarzinom des Larynx Eigene Notizen

4 invasiver maligner Tumor des Kehlkopfs


4 Rauchen und Alkohol als wesentliche Ursachen (Alkohol + Rauchen →
100-fach erhöhtes Risiko)
4 klinisch nachgewiesene Asbestose als Promotorerkrankung (Berufs-
krankheit Nr. 4104)
4 erhöhtes Risiko durch berufliche Exposition gegenüber Ruß, Teer, Ni-
ckel, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, Ledergerbe-
reien, Uranbergbau
4 Einfluss von HPV-Infektion wird diskutiert, bislang kein eindeutiger
Nachweis
4 häufigste Lokalisation Stimmlippe (60%), zweithäufigste Supraglottis
(<40%, . Abb. 61, Farbteil), subglottische Tumoren sehr selten (ca. 1%)
4 transglottisches Karzinom: Tumor mit Ausbreitung in alle 3 Etagen, also
in Glottis, Supraglottis und Subglottis (. Abb. 62, Farbteil)
4 Metastasierung überwiegend lymphogen, prognostisch günstigster ma-
ligner Tumor des Halses
4 bei Feldkanzerisierung des gesamten Luft-Speisewegs prognostisch sehr
ungünstig
4 neben Plattenepithelkarzinomen kommen selten maligne Lymphome,
Spindelzellkarzinome, neuroendokrine Karzinome, Karzinome der
kleinen Speicheldrüsen, maligne Melanome der Schleimhaut und
Sarkome vor

Klinik
4 Heiserkeit mit einer Dauer von >3 Wochen
4 Fremdkörpergefühl im Hals
4 abhängig von der Lokalisation Dysphagie

Diagnostik
4 flexible oder starre endoskopische Untersuchung des Pharynx und
Larynx: Ulzeration oder exophytisch wachsender Tumor (. Abb. 63,
Farbteil)
4 Palpation der Halsweichteile mit derber Resistenz als Zeichen für loka-
le lymphogene Metastasierung
4 Echographie und Duplex-Echographie der Halsweichteile zur Beurtei-
lung des Lymphknotenstatus
4 Mikrolaryngoskopie mit mikroinstrumenteller Biopsie, histopatholo-
gische Untersuchung
4 Pharyngoskopie und Ösophagoskopie zum Ausschluss eines Zweittu-
mors (30% der Fälle als synchrones oder metachrones Ereignis)
4 CT des Halses mit Kontrastmittel
4 bei histopathologischer Diagnose Oberbauchechographie, Thorax-CT
4 vor Therapie exakte Ausdehnungsbestimmung durch Endoskopie mit
Photodokumentation und Bildgebung, daraus Staging des Tumors, der
Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen (TNM) sowie Stadien-
einteilung nach UICC (. Tabellen)
460 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen TNM-Staging des Larynxkarzinoms nach UICC 2002

Supraglottis Glottis Subglottis

T1 Tumor auf einen Unter- Tumor auf Stimmlippe(n) be- Tumor auf die
bezirk der Supraglottis grenzt (kann auch vordere Subglottis be-
begrenzt, mit normaler und hintere Kommissur be- grenzt
Stimmlippenbeweglich- fallen), normale Stimmlip-
keit penbeweglichkeit

T1a unilaterale Manifestation

T1b beide Stimmlippen betroffen

T2 Tumor infiltriert Schleim- Tumor breitet sich auf Supra- Tumor breitet
haut von mehr als einem glottis und/oder Subglottis sich auf eine
benachbarten Unter- aus und/oder Tumor mit oder beide
bezirk der Supraglottis eingeschränkter Stimmlip- Stimmlippen
oder Glottis oder eines penbeweglichkeit aus, diese mit
Areals außerhalb der Su- normaler oder
praglottis (z. B. Schleim- eingeschränk-
haut von Zungengrund, ter Beweglich-
Vallecula, mediale Wand keit
des Sinus piriformis),
ohne Fixation des Larynx

T3 Tumor auf den Larynx be- Tumor auf den Larynx be- Tumor auf den
grenzt, mit Stimmlippen- grenzt, mit Stimmlippen- Larynx begren-
fixation, und/oder Tumor fixation, und/oder Invasion zt, mit Stim-
mit Infiltration des Post- der Postkrikoidregion (. Abb. mlippenfix-
krikoidbezirks, des 64, Farbteil) und/oder des ation
präepiglottischen präepiglottischen Gewebes
Gewebes und/oder ge- und/oder des paraglottischen
ringgradiger Fixation des Raums mit geringgradiger
Larynx Invasion des Schildknorpels
(innerer Kortex)

T4a Tumor infiltriert durch Tumor infiltriert durch den wie Glottis
den Schildknorpel und/ Schildknorpel und/oder brei-
oder breitet sich außer- tet sich außerhalb des Kehl-
halb des Kehlkopfs aus, kopfs aus, z. B. Trachea,
z. B. Trachea, Weichteile Weichteile des Halses einge-
35 des Halses eingeschlos-
sen, äußere Muskulatur
schlossen äußere Muskulatur
der Zunge (M. genioglossus,
der Zunge (M. genioglos- M. thyreoglossus, M. palato-
sus, M. thyreoglossus, glossus, M. styloglossus),
M. palatoglossus, M. sty- gerade Halsmuskulatur,
loglossus), gerade Hals- Schilddrüse, Ösophagus
muskulatur, Schilddrüse,
Ösophagus

T4b Tumor infiltriert Präverte- Tumor infiltriert den Präver- wie Glottis
bralraum, mediastinale tebralraum, mediastinale
Strukturen oder um- Strukturen oder umschließt
schließt die A. carotis die A. carotis interna
interna
35.6 · Tumoren des Larynx
461 35

Stadiengruppierung des Larynx-und Hypopharynxkarzinoms nach UICC 2002 Eigene Notizen

Stadium 0 Tis N0 M0

Stadium I T1 N0 M0

Stadium II T2 N0 M0

Stadium III T1, T2 N1 M0

T3 N0, N1 M0

Stadium IVA T1, T2, T3 N2 M0


(fortgeschritten, resektabel)
T4a N0, N1, N2 M0

Stadium IVB T4b jedes N M0


(fortgeschritten, nicht resektabel)
Jedes T N3 M0

Stadium IVC jedes T jedes N M1


(fortgeschritten, fernmetastasiert)

Staging des supraglottischen Larynxkarzinoms

Stadium Tumorausdehnung Lymphknoten- Fernmetastasen


beteiligung

Stadium 0 Tis N0 M0

Stadium I T1 N0 M0

Stadium II T2 N0 M0

Stadium III T3 N0 M0

T1 N1 M0

T2 N1 M0

T3 N1 M0

Stadium IVA T4a N0 M0

T4a N1 M0

T1 N2 M0

T2 N2 M0

T3 N2 M0

T4a N2 M0

Stadium IVB T4b Jedes N M0

Jedes T N3 M0

Stadium IVC Jedes T Jedes N M1


462 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen N-Staging des Larynxkarzinoms


N0 keine tumorösen Lymphknoten

N1 Metastase eines einzelnen ipsilateralen Knotens, ≤3 cm

N2a Metastase eines einzelnen ipsilateralen Knotens >3 cm aber nicht mehr als
3–6 cm im größten Durchmesser

N2b Metastasen in multiplen ipsilateralen Knoten nicht größer als 6 cm im


größten Durchmesser

N2c Metastasen bilateral oder in kontralateralen Knoten, nicht größer als 6 cm im


größten Durchmesser

N3 Metastase eines Lymphknotens >6 cm im größten Durchmesser

Therapie
4 abhängig vom Tumorstaging, von der Lokalisation und Ausdehnung
lokal sowie der Komorbidität des Patienten stehen zur Verfügung:
5 primäre Strahlentherapie
5 endoskopische Laserchirurgieverfahren
5 offene Teilresektionsverfahren
5 offene Resektionsverfahren mit postoperativer Radiotherapie oder
Radio-Chemotherapie
5 Laryngektomie (Totalresektion) mit postoperativer Radiotherapie
oder Radio-Chemotherapie
5 während bei kleinen (T1–2) glottischen und supraglottischen Kar-
zinomen weitgehende Übereinstimmung über das therapeutische
Vorgehen besteht, ist die Indikation zur den operativen Verfahren
bei T3–4-Tumoren der Glottis und Supraglottis weiter Gegenstand
wissenschaftlicher Analysen
5 > Memo Wegen der vorwiegend lymphogenen Metastasierung der
Kopf-Hals-Karzinome ist die Behandlung der Lymphabflusswege
wesentlich für das rezidivfreie Überleben und die Rezidivrate.
5 selektive Neck dissection ersetzt wegen ihrer geringeren Morbidität
und kürzeren Operationszeit stadienangepasst zunehmend die mo-
difiziert radikale Neck dissection aller Level I–VI
35 5 bei Tumorstadien III–IV (UICC) verbessert die adjuvante Radio-
Chemotherapie mit Carboplatin oder Cisplatin das Überleben und
die Rezidivneigung
5 Für T1-Stadien bei primärer Radiotherapie sind die onkologischen
Ergebnisse vergleichbar mit denen nach endoskopischer CO2-Laser-
chirurgie, nach 5 Jahren findet sich jedoch ein deutlich verbesserter
Erhalt der Organfunktion bei operierten Patienten (95% zu 77%)
4 bei fehlender endoskopischer Übersicht (z. B. keine Überstreckung des
Kopfes möglich) müssen offene Verfahren statt endoskopischer Laser-
chirurgie oder die Laserchirurgie nach Thyreotomie durchgeführt
werden
4 bei Laserchirurgie kann der Tumor grundsätzlich ohne Nachteil für das
Therapieergebnis endoskopisch in Lamellen reseziert werden, wenn
eine en-bloc-Resektion wegen der Größe nicht möglich ist
35.6 · Tumoren des Larynx
463 35

4 während die operative Behandlung der Lymphabflusswege (Neck dis- Eigene Notizen
section) bei offen resezierenden Verfahren simultan vorgenommen
wird, erfolgt diese zweizeitig nach endoskopischer Laserchirurgie
4 adjuvante Radiotherapie 3 Wochen postoperativ
4 Vorgehen angepasst und definiert nach Lokalisation und Stadien
5 Glottis . Tabelle

Stadienangepasstes therapeutisches Vorgehen bei glottischen


Larynxkarzinomen

Stadium Therapie Ergebnisse

Tis, T1a, kleine, CO2-endoskopische Laserchirurgie oder


endoskopisch mikroinstrumentelle Resektion (Chordek-
gut zugängliche tomie)
T2-Tumoren T1a-Tumoren können primär durch Radio-
therapie behandelt werden; für nachfol-
gende Rezidive dann allerdings keine Be-
strahlung mehr möglich. Morbidität an-
gesichts der kleinen T-Größe beträchtlich,
daher nur bei operativer Kontraindikation
ratsam

T1b mit Infiltra- frontolaterale Kehlkopfteilresektion 5-Jahres- Überleben


tion der vor- 97–100%
deren Kommis-
sur

T2 CO2-endoskopische Laserchirurgie 12–15,4% lokale


(Lamellierung zur besseren Übersicht in- Rezidive
traoperativ, nicht der En-bloc-Resektion
im Gesamtüberleben oder der Rezidiv-
rate unterlegen)

offene Teilresektion: Hemilaryngektomie 5-Jahres-Überleben


(ggf. mikrovaskulärer Radialislappen zur 79%
Rekonstruktion)

suprakrikoidale subtotale Laryngektomie


(Krikohyoidopexie zur Rekonstruktion)

T3 subtotale Resektion (2/3 oder ¾ Laryn- 5-Jahres-Überleben


gektomie mit Belassen der Interaryte- 81,7%
noidregion, unilateral Ary und Krikoid mit
permanentem Tracheostoma und Sprech-
funktionserhalt) oder ggf. suprakrikoidale
Laryngektomie mit Belassen des Krikoids
und zweizeitigem Verschluss des
Tracheostomas, dadurch normalisierte
Atem- und Speisewege und Sprech-
funktion
lage- und größenabhängig Hemilaryn-
gektomie, partielle frontolaterale Laryn-
gektomie mit Epiglottisrekonstruktion,
subtotale Laryngektomie
postoperative Radiotherapie
6
464 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen Stadienangepasstes therapeutisches Vorgehen bei glottischen


Larynxkarzinomen (Fortsetzung)

Stadium Therapie Ergebnisse

T4 Laryngektomie mit/ohne partieller nach Studienlage


Pharyngektomie und bilateraler Neck dis- signifikant besseres
section, postoperative Radiotherapie 5-Jahres-Überleben
nach operativer
Therapie (55%) im
Vergleich zu
Strahlen-Chemo-
therapie (25%) und
Radiotherapie (0%)

J Patienten mit Stadium I–III weisen keine signifikant unterschied-


lichen 5-Jahres-Überlebensraten nach operativer und nicht ope-
rativer Therapie auf. Bei Stadium III ist alleinige Radiotherapie
der Radio-Chemotherapie deutlich unterlegen. Evidenz bei
Studienvergleich ist durch unterschiedliche Indikationsgrenzen,
z. T. unterschiedliche Klassifikationskriterien eingeschränkt
J transglottische und subglottische Karzinome sind eine Indikation
zu totaler Laryngektomie. R0-Resektion ist prognoseentschei-
dend und R1/R2-Resektion durch postoperative Radiotherapie
nicht zu kompensieren, daher Nachresektion indiziert
J Stadium I, II: 5-Jahres-Überleben 95,2%
J Stadium III, IV: 82,4%
5 Supraglottis

Stadienangepasstes therapeutisches Vorgehen bei supraglottischen Larynx-


karzinomen

Stadium Therapie

T1–2 endoskopische CO2 Laserchirurgie

T3 horizontale Teilresektion supraglottisch nach Alonso, ggf.


suprakrikoidale Laryngektomie mit Krikohyoidopexie
35
T4 und transglottische suprakrikoidale Laryngektomie mit Krikohyoidopexie
Karzinome

J Stadium I, II: 5-Jahres-Überleben 90,6%


J Stadium III: supraglottische Karzinome mit endoskopischer CO2-
Laserchirurgie und postoperativer Radio-Chemotherapie weisen
5-Jahres-Überleben zwischen 89% und 69% auf
J Stadium IV: 5-Jahres-Überleben 32%
J Bei N0-Hals: 5-Jahres-Überleben mit elektiver Neck dissection
und »Wait-and-see«-Strategie jeweils ohne Unterschied für alle
Stadien
4 Subglottis . Tabelle
35.6 · Tumoren des Larynx
465 35

Stadienangepasstes therapeutisches Vorgehen bei subglottischen Larynxkar- Eigene Notizen


zinomen

Stadium Therapie Ergebnisse

T1–2 bei limitierter Ausdehnung ggf. 5-Jahres-Überleben T1:


modifizierte Hemilaryngektomie, 83%, T2: 55%
postoperative Radiotherapie

T3–4 Laryngektomie, postoperative 5-Jahres-Überleben T3:


Radiochemotherapie 17%, T4: 0%

T4 und transglot- suprakrikoidale Laryngektomie


tische Karzinome mit Krikohyoidopexie

J > Memo Subglottische Karzinome weisen die schlechteste


Prognose aller Larynxkarzinome auf (5-Jahres-Überleben 44%)
5 Indikation für Neck dissection
J selektive Neck dissection bei glottischen und supraglottischen
Karzinomen mit N0-Situation (= Neck dissection ohne klinischen,
bildgebenden oder histologischen Nachweis metastatischer
Lymphknoten) onkologisch notwendig nur in Level IIA und Level
III (s. oben)
J bilaterale elektive Neck dissection (d. h. bei N0-Hals) nur bei
supraglottischen Karzinomen mit Ausdehnung in der Mittellinie
oder bilateral. Dadurch Reduzieren der Morbidität der Neck
dissection (s. oben). Bei T1–2-Karzinomen mit N0-Situation ab-
wartendes Verhalten hinsichtlich der Neck dissection vertretbar,
bei T3–4-Tumoren selektive Neck dissection überlegen. Selektive
Neck dissection der lateralen Neck dissection (Level I–V) bei N0
Hals im Gesamtüberleben nicht unterlegen
5 Stimmrehabilitation nach totaler Larynxresektion möglich durch
J Ruktusstimme, Schlucken und dosiertes Hochrülpsen von Luft
zur Stimmbildung
J Stimmprothese, Anbringen einer ösophagotrachealen Fistel in
Höhe des blind endenden Tracheostomas und Einbringen einer
Kunststoff-Ventilkonstruktion, die der Patient während der Ex-
spiration mit zugehaltenem Tracheostoma anbläst, um dadurch
Luft retrograd in den Ösophagus und den Pharynxbereich einzu-
bringen. Mit dieser Luft ist Sprechen möglich
J Servox-Sprechhilfe: batteriebetriebenes Vibrationsgerät, das die
Patienten von außen an die Halsweichteile halten und dadurch die
Pharynxwand in Schwingung versetzen. Die mitschwingende Luft
kann zum Sprechen benutzt werden, der Sprachklang ist monoton

35.6.4 Verruköses Karzinom des Larynx

4 langsam wachsender, lokal destruierender Tumor ohne Potenz zu Me-


tastasierung
4 2,7% aller Larynxmalignome
466 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen Klinik


4 Heiserkeit
4 Stimmstörung
4 Globusgefühl
4 keine typische Noxenexposition

Diagnostik
4 Laryngoskopie
4 Larynxendoskopie mit höckrigem weißlichen Tumor, meist exophy-
tisch, nicht ulzerierend
4 Mikrolaryngoskopie
4 histologische Diagnostik (meist mehrfache Biopsien notwendig, da die
histopathologische Differenzierung bisweilen schwierig ist, bis die end-
gültige, nicht häufige Diagnose gesichert ist)

Therapie
4 endolaryngeale CO2-Laserresektion
4 bei größerer Ausdehnung ggf. Kehlkopfteilresektion
4 Rezidivrate <10%, Rezidive mit Notwendigkeit zu totaler Laryngekto-
mie in 25% der Fälle

35.6.5 Sarkom des Larynx

4 Chondrosarkome des Larynx sind seltene Tumoren (ca. 1–2% aller La-
rynxmalignome)
4 Ätiologie und Pathogenese ungeklärt
4 in 10% der Fälle Tumorrezidive, Lymphknotenmetastasen
4 Kaposi-Sarkome des Larynx im Rahmen der AIDS-Erkrankung, dann
meist kombiniertes Auftreten mit Kaposi-Sarkomen der Mundhöhle
oder des Oropharynx

Klinik
4 Stimmstörungen, Heiserkeit
35 4 Fremdkörpergefühl
4 Hustenreiz und Expektoration von Tumorpartikeln

Diagnostik
4 Laryngoskopie und Larynxendoskopie mit rötlichem oder bläulich-
livide exophytischem Tumor, ulzerierend, bisweilen blutend

Therapie
4 Chondrosarkome
5 Teilresektion mit ausreichendem Resektatrand im Gesunden
5 bei ausgedehntem Wachstum Larynxtotalresektion unumgänglich
5 postoperative Strahlentherapie obligat
4 Kaposi-Sarkome: angesichts der eingeschränkten Immunantwort sollte
eine Radiotherapie erfolgen
35.7 · Lähmungen des Kehlkopfs und Stimmstörungen
467 35
35.7 Lähmungen des Kehlkopfs Eigene Notizen
und Stimmstörungen

4 Funktionsstörungen durch zentralnervöse oder neurale Einschrän-


kungen der Sensibilität und/oder Motorik des Larynx sowie durch pri-
mär muskuläre Funktionsstörung der intrinsischen Kehlkopfmuskula-
tur
4 zentralnervöse Ursachen meist durch zerebralen Insult oder Schädel-
Hirn-Trauma bedingt
4 neurale Funktionsstörungen parainfektiös, durch Tumorinfiltration,
durch operative Komplikationen (z. B. Rezidivoperation der Schild-
drüse) oder durch Teilresektion des Larynx zur Behandlung von Tumor-
erkrankungen

Neurogene Stimmstörungen – Übersicht

Parese Laryngoskopie Beschwerden

N. laryngeus unvollständiger kraftlose Stimme


superior Stimmlippen- Unfähigkeit zur Erzeugung hoher Töne
schluss bei unilateraler Parese Dysphagie
bei bilateraler Parese Überschlucken

N. laryngeus Paramedian- Heiserkeit


inferior stellung bei bilateraler Parese Stridor, Atemnot

N. laryngeus Intermediär- Heiserkeit


superior + N. stellung hauchender Stimmeinsatz
laryngeus in- bei beidseitiger Parese Belastungsdyspnoe
ferior Dys-, Aphonie
starke Dysphagie mit Überschlucken

4 nicht-neurogene Stimmstörungen . Tabelle

Nicht-neurogene Stimmstörungen – Übersicht

Ursachen Laryngoskopie Beschwerden

Arthrogene Polyarthritis Asymmetrie der Arybewegung, Heiserkeit


Radiogene Aryankylose inkompletter Stimmlippenschluss
Aryluxation durch Intuba- durch Stroboskopie Differenzie-
tion rung von neurogener Ursache

Muskuläre Internusschwäche mit ovalärem Stimmstörung,


Substanzreduktion Stimmlippenspalt hauchende
Myasthenia gravis Transversusschwäche: »klaffendes Stimme,
Myopathie des M. vocalis hinteres Dreieck« Heiserkeit
nach Überlastung
Alter (Greisendiskant)

Klinik
4 Stimmstörungen, Heiserkeit, Nachlassen der Belastbarkeit der Stimme
4 ggf. Dyspnoe oder Dysphagie
468 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen Diagnostik


4 Laryngoskopie, Larynxendoskopie
4 Larynxstroboskopie
4 Prüfen der Tonhaltedauer (mindestens 15 s) durch Sprechen eines Vo-
kals (a) durch den Patienten nach aktiver Inspiration mit dem Ziel, den
Ton möglichst lange anzuhalten
4 ggf. bildgebende Diagnostik und neurologische Untersuchung

Therapie
4 endoskopische mikrolaryngoskopische Verfahren der Stimmlippenver-
lagerung zur Stimmverbesserung nach Stimmlippenparesen
5 bei bilateraler Vagus- und/oder Rekurrensparese steht Dyspnoe im
Vordergrund. In diesen Fällen kann durch operative mikrolaryngo-
skopische Lateroposition oder Kraniolateroposition der Stimmlippe
eine Verbesserung der Dyspnoe erreicht werden. Damit geht meist
eine geringe Verschlechterung der Stimmqualität einher. Bei der
Kraniolateroposition wird die Stimmlippe unilateral mobilisiert
und der Aryknorpel reseziert. Eine minimale Resektion erfolgt im
Bereich der ipsilateralen Taschenfalte. Die Stimmlippe wird nach-
folgend auf die Taschenfaltenkontur aufgenäht. Die Öffnung und
das Schließen für Phonation und Respiration erfolgen dann durch
die vom Nervus laryngeus superior innervierte Taschenfalte. Das
Verfahren ist daher nicht für eine Vagus-Paralyse geeignet
5 Teilparesen der Stimmlippe(n) können durch rehabilitative Stimm-
therapie so weit gebessert werden, dass eine meist akzeptable
Stimmleistung resultiert

35.8 Sonstige Erkrankungen des Larynx

35.8.1 Krikoidstenose

4 Lumeneinengung in Höhe des Ringknorpels


4 meist konnatal bei Neugeborenen in der physiologisch engsten Stelle
35 der oberen Luftwege
4 bei Erwachsenen posttraumatisch, nach Tumorresektionen oder als
Folge einer Langzeitintubation mit subglottischen Granulationen und
anschließender Vernarbung

Klinik
4 Dyspnoe
4 abhängig vom Ausmaß Atemwegsnotfall, Heiserkeit

Diagnostik
4 Laryngoskopie, Larynxendoskopie vorzugsweise mit flexiblem Instru-
ment
4 Mikrolaryngoskopie und endoskopische Untersuchung
35.8 · Sonstige Erkrankungen des Larynx
469 35
Therapie Eigene Notizen
4 Rethi-Operation
5 vertikale Durchtrennung des Ringknorpels ventral und als Lamino-
tomie (Durchtrennen der Ringknorpelplatte median)
5 Implantation eines stabilen Knorpel-Chips (z. B. Rippenknorpel) in
die Lamina des Krikoids
5 nach 8–12 Wochen Verschluss des Tracheostomas (offene Rinne)
durch Composite-Graft aus gestieltem Hautlappen und Knorpelin-
terponat
5 alternativ einzeitig die Thyrokrikotracheoplastik durch vertikale
Ringknorpelfissur und mediane Thyrotomie mit Hochziehen der
Trachea, die zungenförmig in die Fissur eingezogen wird und so den
Querschnitt erweitert (7 Abschn. 35.1)

35.8.2 Sarkoidose

4 seltene auf den Larynx beschränkte oder häufiger im Rahmen des gene-
ralisierten Auftretens (in 5% der Fälle) idiopathische granulomatöse
Erkrankung

Klinik
4 Globusgefühl
4 Heiserkeit
4 Dysphagie

Diagnostik
4 Laryngoskopie, Larynxendoskopie mit ödematöser Schwellung der La-
rynxschleimhaut vor allem im Bereich der Supraglottis umschrieben
auftretende Granulome, zu Beginn herdförmig auftretend
4 Mikrolaryngoskopie mit Biopsie und histologischer Untersuchung
4 Röntgenaufnahme des Thorax und internistisch-pulmonologisches
Konsil

Therapie
4 unter endoskopisch mikrolaryngoskopischer Sicht laserchirurgische
Resektion der stenosierenden Granulome und aufgetriebener Schleim-
hautanteile
4 Kortikosteroide nur in Absprache mit dem Pulmonologen
4 wegen potenziell spontaner Rückbildungstendenz der Herde zurückhal-
tende Operationsindikation

35.8.3 Amyloidose

4 ätiologisch nicht vollständig geklärte Erkrankung mit Einlagerung von


Amyloid im Rahmen der generalisierten Erkrankung oder umschrieben
lokalisiert im Larynx
470 Kapitel 35 · Larynx, Stimme, Sprechen

Eigene Notizen 4 Lumeneinengung durch Schwellung der ortsständigen Strukturen


4 ätiologisch Zusammenhang mit rheumatischen und entzündlichen Er-
krankungen

Klinik
4 Heiserkeit, Dyspnoe
4 Globusgefühl
4 Hustenreiz

Diagnostik
4 Laryngoskopie, Larynxendoskopie mit diskreten endolaryngealen
Knötchen meist am Larynxeingang und im Bereich der Taschenfalten
– Larynxstroboskopie
4 endoskopische Mikrolaryngoskopie mit Biopsie und histopatholo-
gischer Untersuchung

Therapie
4 CO2-laserchirurgische Abtragung der Herde
4 ggf. lumenerweiternder Eingriff durch Resektion

35
36

Tag 5 – HNO

36 Trachea, Ösophagus
M. Westhofen

36.1 Fehlbildungen – 472


36.1.1 Konnatale Trachealstenose – 472
36.1.2 Ösophagusatresie und ösophagotracheale Fistel – 472

36.2 Verletzungen der Trachea, des Bronchialbaums


und des Ösophagus – 473
36.2.1 Tracheale und bronchiale Fremdkörper – 473
36.2.2 Ösophagusfremdkörper – 474
36.2.3 Ösophagusverätzung – 475

36.3 Entzündungen der Trachea und des Ösophagus – 476


36.3.1 Tracheitis – 476
36.3.2 Ösophagitis und gastroösophageale Refluxerkrankung – 477

36.4 Tumoren der Trachea und des Ösophagus – 477


36.4.1 Tracheale Papillomatose – 477
36.4.2 Intratracheale Struma – 478
36.4.3 Bösartige Tumoren der Trachea – 479
36.4.4 Ösophaguskarzinom – 479

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_36, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
472 Kapitel 36 · Trachea, Ösophagus

Eigene Notizen 36.1 Fehlbildungen


36.1.1 Konnatale Trachealstenose

4 durch konnatale Fehlbildung bereits bei Geburt als Atemwegsnotfall


manifeste oder postnatal progrediente Einengung des Tracheal-
lumens
4 ätiologisch instabile Knorpelstruktur der Trachea mit inspiratorischem
Trachealkollaps, durch Thymushyperplasie mit Kompression des
Lumens oder durch Segelbildung im Tracheallumen

Klinik
4 akuter Atemwegsnotfall mit Stridor und Hypoxie oder langsam zuneh-
mende Dyspnoe mit in- und exspiratorischem Stridor
4 bei geringgradiger Stenosierung rekurrierende tracheobronchiale In-
fekte

Diagnostik
4 Röntgen-Thoraxaufnahme, ggf. CT des Mediastinums und der Lunge
4 starre und flexible Tracheobronchoskopie in Narkose

Therapie
4 in der Notfallsituation Intubation mit starrem Bronchoskop, ggf. dann
positiv-endexspiratorischer Druck (PEEP) zur Beatmung
4 kurzstreckige Stenosen können durch endoskopische Laserchirurgie
(Nd:YAG-Laser) eröffnet werden
4 langstreckige Stenosen erfordern die Tracheaquerresektion und End-
zu-End-Anastomose
4 ggf. kann die Anastomose durch Tracheopexie mit Verwendung
extratrachealer Keramikspangen unterstützt werden

36.1.2 Ösophagusatresie und ösophagotracheale Fistel

4 Ösophagusatresien entstehen durch (konnatale) Fehlbildungen, dann


meist mit ösophagotrachealen Fisteln kombiniert (. Tabelle)
36 4 beim Erwachsenen können Ösophagusatresien durch Verätzungen mit
Laugen oder Säuren entstehen
4 tumoröse Prozesse im Ösophagus oder Kompression sowie Infiltration
von außen können ebenfalls das Ösophaguslumen vollständig verschlie-
ßen
4 ösophagotracheale Fisteln beim Erwachsenen traumatisch nach Punk-
tionstracheotomie mit Via-falsa-Komplikationen, nach Thoraxtrauma,
durch Tumorarrosion oder nach intrathorakalen operativen Ein-
griffen
36.2 · Verletzungen der Trachea, des Bronchialbaums und des Ösophagus
473 36

Kombination von Ösophagusatresie und ösophagotrachealer Fistel Eigene Notizen

Topographie der Atresie Häufigkeit (%)

Ösophagusatresie mit distaler ösophagotrachealer Fistel 86

isolierte Ösophagusatresie ohne ösophagotracheale Fistel 8

isolierte ösophagotracheale Fistel 4

Ösophagusatresie mit proximaler ösophagotrachealer Fistel 1

Ösophaguatresie mit proximaler und distaler ösophago- 1


trachealer Fistel

Klinik
4 Dysphagie oder Unfähigkeit zu schlucken
4 dauerhafte Aspiration, Pneumonie durch Aspiration
4 kontinuierlicher Hustenreiz und Erstickungsgefühl
4 geblähtes Abdomen bei Beatmung über Tubus oder Maske
4 Mediastinitis

Diagnostik
4 CT der Lunge und des Thorax
4 flexible und/oder starre Bronchoskopie und Endoskopie
4 bei Verdacht der ösophagotrachealen Fistel Einfüllen von Patentblau
unter ösophagoskopischer Sicht (starre Ösophagoskopie) in Höhe des
Fistelmauls und unmittelbar anschließende Bronchoskopie zur Suche
des Farbübertritts in die Trachea

Therapie
4 operatives Vorgehen gemeinsam mit Thoraxchirurgie
4 plastische Rekonstruktion ggf. unter Einsatz mikrovaskulärer oder
myokutaner Lappentechniken
4 ggf. Magenhochzug
4 bei kleinen Fisteln und abhängig von der Ursache der Fistel ggf. endo-
skopische Stenteinlage (gecoateter Stent)

36.2 Verletzungen der Trachea,


des Bronchialbaums und des Ösophagus
36.2.1 Tracheale und bronchiale Fremdkörper

4 unvollständiger oder vollständiger Verschluss der Trachea oder eines


Hauptbronchus (i. d. R. des rechten wegen seines steileren Abgangs)
durch Aspiration eines Fremdkörpers
4 meist bei Kleinkindern

Klinik
4 nur vorübergehend Hustenreiz und Erstickungsgefühl
4 zum Zeitpunkt der Vorstellung oft beschwerdefrei
474 Kapitel 36 · Trachea, Ösophagus

Eigene Notizen 4 selten Stridor (meist bei trachealer Lage)


4 oft können Bronchialfremdkörper über viele Wochen unbemerkt liegen
→ Schwellung der Bronchialschleimhaut in Nachbarschaft des Fremd-
körpers. Wenn der Fremdkörper dann akzidentell disloziert wird (Ab-
husten) und nur bis zur Trachea gelangt, wird er wegen des dann parti-
ell verschlossenen rechten Hauptbronchus linksseitig aspiriert und
blockiert den noch verbliebenen Gasaustausch über die nicht atelekta-
tische linke Lunge. Dies kann dann zum Exitus letalis führen

Diagnostik
4 Auskultation der Lunge
4 bei unklarer Situation Röntgenübersicht der Lunge zur Suche nach
Atelektasen, Überblähung oder Mediastinalverlagerung
4 ! Cave Der Verdacht eines bronchialen Fremdkörpers zwingt zur
sofortigen starren Bronchoskopie in Narkose!

Therapie
4 unmittelbare endoskopischer Entfernung des Fremdkörpers durch
starre Tracheobronchoskopie

36.2.2 Ösophagusfremdkörper

4 Obstruktion des Ösophagus durch Ingestition eines Fremdkörpers bei


Kindern wie auch Erwachsenen
4 Erwachsene mit Oberkiefervollprothese bemerken den Fremdkörper
oft erst nach Abschluss der willkürlich kontrollierten oralen Schluck-
phase, so dass bei Beginn der unwillkürlich ablaufenden pharyngealen
Schluckphase der Fremdkörper unkontrolliert passiert
4 im Erwachsenenalter kann ein Speisebolus im Ösophagus auf ein
Ösophaguskarzinom hinweisen
4 im Kindesalter ist eine Ösophagusstenose/-atresie auszuschließen

Klinik
4 Schluckschmerz und Globusgefühl, Unfähigkeit zu schlucken und
Regurgitation von Speichel
4 bei Perforation von Fremdkörpern durch die Ösophaguswand Haut-
36 emphysem der oberen Thoraxapertur und des Halses (Knistern bei
Palpation)
4 bei Perforation des Ösophagus durch einen scharfen oder spitzen
Fremdkörper sind die klinischen Zeichen der Mediastinitis zu prüfen:
5 Schmerz zwischen den Schulterblättern
5 Fieberanstieg
5 Anstieg der Leukozyten
5 Verschlechterung des Allgemeinzustands

Diagnostik
4 Röntgenaufnahme des Thorax (a. p. und seitlich) und des Abdomens,
Nachweis des Fremdkörpers oder von Luftextravasat
36.2 · Verletzungen der Trachea, des Bronchialbaums und des Ösophagus
475 36

4 ggf. Ösophagus-Röntgen-Breischluckaufnahme mit wasserlöslichem Eigene Notizen


Kontrastmittel
4 ggf. Halsweichteil-Röntgenaufnahme seitlich zur Beurteilung des Spa-
tium retropharyngeum
4 unmittelbare Ösophagoskopie in starrer und/oder flexibler Technik
4 Labor: Leukozytenzählung

Therapie
4 endoskopische Extraktion des Fremdkörpers

36.2.3 Ösophagusverätzung

4 Schädigung oder Perforation der Ösophaguswand durch Einwirkung


verschluckter Säuren oder Laugen (Sanitärreiniger), meist mit späterer
Narbenstriktur
4 bei Einnahme von Säure Koagulationsnekrosen, bei Laugen Kolliquati-
onsnekrose (tiefgreifender und gefährlicher)
4 in 80% der Fälle sind Kinder betroffen

Klinik
4 Akutsymptomatik
5 starke Schmerzen im Bereich des Schluckweges
5 Würge- und Brechreiz
5 Sialorrhö
5 Dyspnoe
5 Entwicklung einer Schocksymptomatik
4 subakute Phase (24–48 h nach Einnahme)
5 beginnende Mediastinitis mit Schmerz zwischen den Schulter-
blättern
5 Fieberanstieg
5 Leukozytose
5 Verschlechterung des Allgemeinzustands
4 Spätkomplikationen (nach 3–4 Wochen)
5 Stenosierung des Ösophagus mit zunehmender Dysphagie und Glo-
busgefühl bei 30–40% aller Patienten
4 sehr späte Komplikationen (nach 10–15 Jahren)
5 Ösophaguskarzinom durch Kanzerisierung im Narbengebiet

Diagnostik
4 Evaluierung der inkorporierten Substanz
4 Inspektion und Endoskopie von Mundhöhle und Pharynx (dort Spuren,
Fibrinbeläge und Schleimhautödem)
4 Beurteilung des Larynx und Klärung der Schwellung im Bereich der
Supraglottis und Glottis
4 keine Ösophagoskopie in der Frühphase wegen der Gefahr der Perfora-
tion
4 Ösophaguskopie frühestens nach Ablauf von 6 Tagen
476 Kapitel 36 · Trachea, Ösophagus

Eigene Notizen Therapie


4 frühester Zeitpunkt der Bougierung unter endoskopischer Sicht nach
8–14 Tagen mit Bougies bis zu 40 Ch. bei Erwachsenen und bis zu
20 Ch. bei Kindern
4 endoskopische Verlaufskontrollen nach 1, 3, 6, 12 Monaten
4 > Memo Wegen des erhöhten Risikos zur Entwicklung eines Ösopha-
guskarzinoms sollte einmal jährlich eine flexible Ösophagoskopie
durchgeführt werden.

36.3 Entzündungen der Trachea


und des Ösophagus

36.3.1 Tracheitis

4 Entzündungen der Trachealschleimhaut meist im Rahmen viraler In-


fekte der oberen Luftwege
4 nach Tracheotomie wegen des Fehlens der Klimatisierfunktion der Nase
(Anfeuchtung, Erwärmung)
4 fortgeleitete Entzündung aus der Nachbarschaft bei Laryngitis oder
Rhino-Pharyngitis, bei Sicca-Syndrom, im Rahmen einer Exsikkose
4 Differenzialdiagnose: subglottische Laryngitis (Pseudo-Krupp) und
Diphtherie (Krupp)

Klinik
4 Hustenreiz, Dyspnoe, Expektoration zähen Schleims und Abhusten
bzw. Absaugen von Krusten
4 retrosternale Schmerzen beim Abhusten

Diagnostik
4 Tracheoskopie mit flexiblem Tracheoskop
4 bei tracheotomierten Patienten kann mit starrem Bronchoskop, Hecht-
maul-Zängelchen und starrem Sauger selbst extrem trockenes und
hartes Material endoskopisch entfernt werden

Therapie
36 4 bei akuter Dyspnoe sofortiges Absaugen und ggf. endoskopische Kon-
trolle der Trachea und Bronchien
4 nach Tracheotomie ist die Tracheoskopie am wachen Patienten möglich,
ohne Tracheotomie ist die starre Bronchoskopie unmittelbar erforderlich
4 bei akut entzündlicher Tracheitis
5 Atemluft mit Vernebelung und zusätzlich systemische Gabe von
Mukolytika
5 Ausgleich des Wasser- und Elektrolythaushalts
5 ggf. systemische Antibiotikatherapie
4 bei Tracheitis sicca
5 analoges Vorgehen wie bei akut entzündlicher Tracheitis
5 Antibiotikagabe meist verzichtbar
36.4 · Tumoren der Trachea und des Ösophagus
477 36
36.3.2 Ösophagitis und gastroösophageale Eigene Notizen
Refluxerkrankung

4 entzündliche Schleimhaut des Ösophagus


4 abhängig von den Ursachen kann die Erkrankung den gesamten Öso-
phagus, vorwiegend aber den distalen oder vorwiegend den proximalen
Abschnitt betreffen
4 selten lokale Infektion durch Candida bei reduziertem Immunstatus
(malignes Lymphom, zytostatische Therapie, HIV-Erkrankung)
4 der Rückfluss säurehaltigen Mageninhalts infolge Insuffizienz der
Kardia oder des distalen Ösophagussphinkters verursacht chronische
Irritation der Schleimhaut mit chronischer Entzündung (gastroösopha-
geale Refluxerkrankung, GERD); daraus kann sich der Barrett-Ösopha-
gus (gilt als erhöhtes Risiko für das Ösophaguskarzinom) entwickeln
4 Besiedlung der Ösophagusschleimhaut mit Helicobacter pylori durch
aufsteigende Infektion aus dem Magen hat bei der Karzinogenese ver-
mutlich größere Bedeutung
4 höheres Risiko des Ösophaguskarzinoms für Männer
4 Rauchen und Alkohol erhöhen das Risiko eines Plattenepithelkarzi-
noms, der Barrett-Ösophagus das Risiko eines Adenokarzinoms
4 > Memo Bei entsprechender Risikolage sollte ab dem 60. Lebensjahr
jährlich eine flexible Ösophaguskopie durchgeführt werden.

Klinik
4 Dysphagie
4 Odynophagie
4 Sodbrennen

Diagnostik
4 flexible Ösophagoskopie
4 pH-Messung im Ösophagus
4 ggf. Druckmessung im distalen Ösophagus

Therapie
4 Alkoholkarenz, Einstellen des Rauchens
4 bei Refluxerkrankung Protonenpumpenhemmer und Erhöhen der
Oberkörperposition im Schlaf
4 Vermeiden ausgedehnter Mahlzeiten vor dem Schlafen bzw. liegender
Position postprandial

36.4 Tumoren der Trachea und des Ösophagus


36.4.1 Tracheale Papillomatose

4 meist im Rahmen einer adulten oder juvenilen Larynxpapillomatose


auftretende Manifestation in der Trachea
4 HPV-assoziierte Erkrankung
478 Kapitel 36 · Trachea, Ösophagus

Eigene Notizen Klinik


4 progrediente Dyspnoe
4 Hämoptoe
4 Hustenreiz

Diagnostik
4 flexible Endoskopie des Kehlkopfs und der Trachea
4 ! Cave Grundsätzlich besteht die Gefahr der Verschleppung von Pa-
pillomen nach distal im Rahmen der Endoskopie.

Therapie
4 bei proximaler Ausdehnung ggf. laserchirurgische Abtragung mit dem
CO2-Laser möglich
4 bei distaler Lokalisation Nd:YAG-laserchirurgische Abtragung endo-
skopisch über die flexible Glasfaser
4 ggf. Tracheotomie bei schwer zu beherrschendem Atemwegsnotfall und
ausgedehntem Befund
4 zur leichteren Epithelisierung der Trachea und Subglottis ist die Einlage
einer Montgomery-T-Kanüle geeignet, die im T-Schenkel der Kanüle
verschlossen werden kann und so dem Patienten Sprechen und physio-
logische Atmung zulässt

36.4.2 Intratracheale Struma

4 intraluminäres ektopes Schilddrüsengewebe meist in Höhe des Kriko-


ids
4 leicht mit einer Tumorinfiltration eines Schilddrüsenkarzinoms zu ver-
wechseln
4 kann gemeinsam mit Struma oder Struma nodosa auftreten
4 als Fehlbildungen zu werten

Klinik
4 Hämoptoe
4 bisweilen Zufallsbefund im Rahmen einer Tracheoskopie aus anderem
Grund
36 4 nur bei erheblicher Größe und im Rahmen einer Schilddrüsenerkran-
kung Dyspnoe und Stridor

Diagnostik
4 Echographie der Schilddrüse
4 ggf. Schilddrüsenszintigramm

Therapie
4 bei Einengung der Atemwege ist die Strumektomie indiziert
4 bei ausgedehnten Befunden in gleicher Sitzung erfolgt die Tracheotomie
und das Einlegen einer Montgomery-T-Kanüle
36.4 · Tumoren der Trachea und des Ösophagus
479 36
36.4.3 Bösartige Tumoren der Trachea Eigene Notizen

4 maligne Tumoren im Tracheallumen können von der Schleimhaut der


Trachea ausgehen oder – häufiger – durch die Trachealwand von außen
infiltrieren
4 adenoidzystisches Karzinom: sehr langsam wachsender Tumor, der von
der Trachealschleimhaut ausgeht und sowohl lymphogen als auch hä-
matogen metastasiert
4 lokal infiltrativ wachsende maligne Tumoren gehen am häufigsten von
der Schilddrüse aus, fast ausschließlich bei anaplastischen oder medul-
lären Schilddrüsenkarzinomen
4 die Befunde können bei der Primärmanifestation des Tumors oder im
Rahmen des Rezidivs auftreten
4 paratracheale Lymphknotenmetastasen diverser maligner Tumoren
oder Bronchialkarzinome mit ähnlichen Bildern

Klinik
4 Hustenreiz
4 Hämoptoe
4 Dyspnoe
4 Stridor

Diagnostik
4 flexible Tracheobronchoskopie
4 Halsechographie und Duplex-Echographie zur Untersuchung der
Schilddrüse und Halsweichteile
4 ggf. Schilddrüsenszintigraphie
4 zur weiteren Abklärung im Rahmen des Stagings CT des Halses und des
Mediastinums sowie der Lunge
4 flexible, ggf. starre Ösophagoskopie zur Klärung einer Ösophagusinfil-
tration
4 endoskopische Biopsie und histopathologische Untersuchung

Therapie
4 Tracheaquerresektion und End-zu-End-Anastomose
4 bei ausgedehnten Befunden und langstreckiger Resektion ggf. zweizeiti-
ges Vorgehen mit Anlage einer offenen Trachealrinne und nachfolgender
plastischer Deckung nach Abschluss einer ggf. adjuvanten Radiotherapie
4 ggf. endoskopische Abtragung von Tumorgewebe im Bereich des Lu-
mens der Trachea und/oder Hauptbronchien
4 bei fortgeschrittenen oder palliativ zu behandelnden Fällen ggf. Einlage
eines Trachealstents

36.4.4 Ösophaguskarzinom

4 Plattenepithelkarzinom oder Adenokarzinom


4 Barrett-Ösophagus: Risiko für ein Adenokarzinom
480 Kapitel 36 · Trachea, Ösophagus

Eigene Notizen 4 Plummer-Vinson-Syndrom: Risiko für ein postkrikoidales und zervi-


kales Ösophaguskarzinom
4 Rauchen und Alkoholkonsum Risikofaktoren für das Plattenepithelkar-
zinom
4 10–15 Jahre nach Ösophagusverätzungen erhöhtes Risiko für maligne
Tumoren des Ösophagus

Klinik
4 Dysphagie
4 Odynophagie
4 retrosternaler Druckschmerz
4 bei weiterer Tumorinfiltration Anämie durch Blutung aus dem ulze-
rierten Tumor
4 Aspiration, ggf. mit Aspirationspneumonie bei Vorliegen einer Tumor-
infiltration mit ösophagotrachealer Fistel
4 Heiserkeit bei Infiltration des Nervus laryngeus inferior
4 > Memo Da Ösophaguskarzinome nur selten in sehr frühen Stadien
diagnostiziert werden, finden sich überwiegend bereits mediastinale
Lymphknotenmetastasen.

Diagnostik
4 flexible Ösophagoskopie und Biopsie
4 Endosonographie des Ösophagus und paraösophagealen Raums
4 Tracheobronchoskopie ggf. ebenfalls mit Biopsie
4 CT des Halses und Mediastinums mit Kontrastmittel
4 fachübergreifende Absprache mit Allgemeinchirurgie und Strahlen-
therapie

Therapie
4 Resektion des Ösophagus über Thorakotomie und/oder kollar mit Ma-
genhochzug
4 abhängig von der Ausdehnung und Tumorgröße ist die Laryngektomie
und partielle Pharyngektomie notwendig
4 bei Magenhochzug und Anastomose zum Pharynx hohes Risiko einer
Anastomosenfistel zervikal
4 nicht-operable Karzinome des proximalen Ösophagusdrittels: primäre
Radiotherapie und adjuvante Chemotherapie
36 4 bei palliativem Vorgehen kann das Lumen für den Schluckakt durch
endoskopisches Laser-Debulking wieder eröffnet und durch Stenteinla-
ge die Notwendigkeit zur Anlage einer perkutanen endoskopischen
Gastrostomie (PEG) zunächst herausgezögert werden. Da für die Einla-
ge der PEG die flexible Ösophagoskopie notwendig ist, sollte diese
rechtzeitig geplant werden
4 kurative oder palliative Radiotherapie
4 Prognose
5 T1- und T2-Tumoren des distalen Ösophagus ohne lymphogene
Metastasierung: bis zu 50% 5-Jahres-Überleben
5 T1- und T2-Tumoren des proximalen Ösophagus: deutlich schlech-
tere Prognose
37

Tag 5 – HNO

37 Speicheldrüsen
M. Westhofen

37.1 Verletzungen der großen Kopfspeicheldrüsen – 482

37.2 Sekretionsstörungen und Entzündungen


der Speicheldrüsen – 482
37.2.1 Sialolithiasis – 483
37.2.2 Sialadenose – 484
37.2.3 Akute Sialadenitis – 485
37.2.4 Parotitis epidemica – 485
37.2.5 Zytomegalie – 486
37.2.6 Radiogene Sialadenitis – 486
37.2.7 Chronische Sialadenitis – 487

37.3 Tumoren der Speicheldrüsen – 488


37.3.1 Gutartige Speicheldrüsentumoren – 488
37.3.2 Bösartige Speicheldrüsentumoren – 490

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_37, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
482 Kapitel 37 · Speicheldrüsen

Eigene Notizen 37.1 Verletzungen der großen Kopfspeicheldrüsen

4 durch Schussverletzung, Schnittverletzung oder tief reichende Platz-


wunden verursachte Verletzung der Kapsel, des Parenchyms und Gang-
systems sowie bisweilen des Nervus facialis

Klinik
4 klaffende Wunde der Parotis- und/oder Submandibularisregion, ggf.
mit Speichelsekretion in die Wunde
4 periphere Fazialisparese
4 Hypoglossusparese

Diagnostik
4 Wundinspektion unter dem Operationsmikroskop zur Prüfung von
Gangrupturen und ggf. des Fazialisverlaufs (insbesondere, wenn der
Patient intubiert ist und die Fazialisfunktion nicht zu beurteilen ist)
4 Mikrootoskopie zur Klärung der Gehörgangsbeteiligung
4 ggf. Sialographie mit wasserlöslichem Kontrastmittel zur bildgebenden
Darstellung von Gangrupturen
4 CT ggf. kombiniert mit der Sialographie

Therapie
4 bei Gangdurchtrennung oder Gangrupturen der Ausführungsgänge der
Gl. parotis mikrochirurgische Naht (9X0) über Silikonkatheter, der über
die Papille hinaus geführt wird
4 bei vollständiger Durchtrennung der Gl. submandibularis Drüsenex-
stirpation
4 bei traumatischer Fazialisparese: Darstellen des Fazialishauptasts und
der peripheren Äste, mikroskopische faszikuläre Nervennaht
4 bei Schussverletzung ggf. totale Parotidektomie und vollständige Ent-
fernung der Projektile

37.2 Sekretionsstörungen und Entzündungen


der Speicheldrüsen (. Tabelle)

Erkrankungen der Speicheldrüsen – Übersicht

37 Entzündliche Ursachen Tumorerkrankungen Sonstige Ursachen

akute Entzündungen gutartige Tumoren

Parotitis epidemica pleomorphes Adenom Sialadenose

Zytomegalievirusinfektion monomorphes Adenom Ranula der Gl.


(Speichelgangadenom) sublingualis

radiogene Sialadenitis Zystadenolymphom (War- Retentionszysten der


thin-Tumoren) kleinen Speichel-
6 drüsen
37.2 · Sekretionsstörungen und Entzündungen der Speicheldrüsen
483 37

Erkrankungen der Speicheldrüsen – Übersicht (Fortsetzung) Eigene Notizen

Entzündliche Ursachen Tumorerkrankungen Sonstige Ursachen

marantische Sialadenitis Extravasations-


bei Patienten mit reduzier- mukozelen der kleinen
tem Allgemeinzustand, Speicheldrüsen
Exsikkose, Nahrungskarenz
mit Sistieren des
Speichelflusses, auf-
steigende Superinfektion

akute obstruktive Sialolithiasis, medika-


Sialadenitis mentös induziert,
Folge der Elektrolyt-
sialadenitis oder
idiopathisch

lymphomepitheliale
Zysten (Zystenparotis
bei HIV-Infektion)

chronische Entzündungen bösartige Tumoren

chronisch-rezidivierende Karzinom im pleomorphen


Parotitis Adenom, Plattenepi-
thelkarzinom

chronisch-sklerosierende adenoid-zystisches
Sialadenitis der Gl. sub- Karzinom
mandibularis (im Endstadi-
um der Sklerosierung sog.
Küttner-Tumor)

Immunsialadenitis Adenokarzinom
allergische Sialadenitis
myoepitheliale Sialadenitis
(Sjögren-Syndrom)
epitheloidzellige Sialadeni-
tis (Sarkoidose der
Speicheldrüsen, Heerfordt-
Syndrom)

Mukoepidermoid-Karzi-
nom (ca. 30% aller maligner
Tumoren der Gl. parotis)

Azinuszellkarzinom

undifferenziertes Karzinom

37.2.1 Sialolithiasis

4 meist im Bereich der großen Ausführungsgänge liegende Steinbildungen


infolge langfristiger Sekretionsstörung
4 Vorkommen in der Gl. submandibularis 83%, Gl. parotis 10%, Gl.
sublingualis 7%
484 Kapitel 37 · Speicheldrüsen

Eigene Notizen Klinik


4 akute Schwellung der gesamten Drüse oft in Zusammenhang mit der
Nahrungsaufnahme wegen der dann stimulierten Speichelsekretion
4 im weiteren Verlauf oft obstruktive Sialadenitis
4 bei rekurrierendem Verlauf chronisch sklerosierende Sialadenitis
Diagnostik
4 Palpation, vorzugsweise bimanuell
4 Inspektion der Ausführungsgangpapillen, in denen bisweilen das
Konkrement erkennbar ist
4 Echographie der Steine ab 1,5 mm Durchmesser erfolgreich, Röntgen-
Leeraufnahmen daher nicht mehr indiziert
Therapie
4 bei solitärem Befund papillennah Gangschlitzung in Lokalanästhesie
indiziert
4 bei weiter proximal liegenden Konkrementen kann durch Sialo-Endos-
kopie über den Ausführungsgang das Konkrement entfernt werden
4 bei solitären Konkrementen in der Gl. parotis extrakorporale Lithotrip-
sie oder intraluminale Laserlithotripsie möglich
4 bei zentral intraglandulärer Lage der Konkremente und bei multiplem
Auftreten Exstirpation der Drüse indiziert

37.2.2 Sialadenose

4 nicht-entzündliche, parenchymatöse Speicheldrüsenerkrankung, die


auf Stoffwechsel- und Sekretionsstörungen des Drüsenparenchyms
durch sympathische Denervierung der Drüse beruht
4 gehäuft mit Diabetes mellitus auftretend, im Rahmen von Polyneuropa-
thien oder medikamentös (langfristige Einnahme von Isoproterenol)
induziert
Klinik
4 rezidivierende, diffuse, doppelseitige, meist schmerzlose Parotis-
schwellung
Diagnostik
4 durch Inspektion und manuelle Palpation Ausschluss tumoröser Neu-
bildungen
37 4 durch Echographie Ausschluss von Gangektasien und Tumoren
4 ggf. Stanzbiopsie oder offene Biopsie mit histopathologischer Unter-
suchung
4 zum Nachweis der Sialadenose Elektronenmikroskopie
Therapie
4 da oft nur kosmetische Beeinträchtigung, nur selten operatives Vor-
gehen berechtigt
4 Einstellung des Diabetes mellitus
4 ggf. Korrektur der Medikation (nicht selektive β-Blocker vermeiden)
37.2 · Sekretionsstörungen und Entzündungen der Speicheldrüsen
485 37
37.2.3 Akute Sialadenitis Eigene Notizen

4 Hämatogen oder durch aufsteigende Infektion verursachte bakterielle


Entzündung
4 virale Sialadenitis der Glandula parotis bei Mumps oder Zytomegalie
4 durch Schwellung und Obstruktion der Ausführungsgänge im Verlauf
einer Radiotherapie
4 häufig bei älteren Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand und re-
duziertem Pflegezustand durch Exsikkose, generalisierte Dehydratati-
on, Verweigerung oraler Nahrungsaufnahme und schlechter Mundhy-
giene mit Begünstigung der aufsteigenden Infektion

Klinik
4 ein- oder beidseitige schmerzhafte Schwellung vor allem der Gl. parotis
mit erheblicher Kapselspannung der Drüse
4 trüber oder purulenter Speichel aus dem Ausführungsgang
4 regionäre Lymphknotenvergrößerung, auch intraglandulär
4 ! Cave Zunahme der Schwellung und Hautrötung können Zeichen
einer beginnenden Einschmelzung und Abszedierung sein.

Diagnostik
4 wenn möglich, manuelle digitale Palpation
4 Exprimieren von Speichel aus der Drüse zur Beurteilung der Speichel-
retention und Superinfektion
4 Echographie zum Ausschluss einer Abszedierung und zur Verlaufsbe-
urteilung der Lymphknotenreaktion, Ausschluss eines Tumors als Ur-
sache einer obstruktiven superinfizierten Sialadenitis

Therapie
4 Hospitalisierung und intravenöse Antibiotikatherapie, Cephalosporin
i.v.
4 Normalisieren des Wasser-und Elektrolythaushalts
4 wenn möglich Sialagoga (Kaugummi und saure Drops)
4 bei Abszedierung Abszessinzision und Lascheneinlage unter Berück-
sichtigung des N.-facialis-Verlaufs

37.2.4 Parotitis epidemica

4 virale Infektion und Entzündung der Gl. parotis nach Tröpfcheninfek-


tion durch Mumpsvirus

Klinik
4 nach Inkubationszeit von 18 Tagen Prodromalstadium mit Schwellung
der Drüsen beidseits
4 bisweilen Gehörgangsschwellung, Kieferklemme, Lidschwellung durch
entzündliches Ödem
4 leichte Temperaturerhöhung
486 Kapitel 37 · Speicheldrüsen

Eigene Notizen Diagnostik


4 Inspektion und Palpation
4 Labordiagnostik mit Erhöhung der Serum-Amylase
4 ggf. begleitende Pankreatitis und Orchitis ( ! Cave Gefahr der Sterili-
tät!) ausschließen
4 Komplikation: Labyrinthitis

Therapie
4 symptomatisch mit Analgetika

37.2.5 Zytomegalie

4 Virusinfektion bei immunkompetenten Neugeborenen im Geburts-


kanal oder durch die Muttermilch
4 pränatale Infektion diaplazentar möglich
4 im erwachsenen Alter Zytomegalie-Infekte im Rahmen einer Immun-
inkompetenz (z. B. HIV)

Klinik
4 nur geringe Schwellung und vergleichsweise geringe Beschwerden im
Bereich aller großer Kopfspeicheldrüsen

Diagnostik
4 bimanuelle Palpation
4 Echographie
4 Labordiagnostik mit Differenzialblutbild und HIV-Serologie

Therapie
4 symptomatisch mit Analgetika

37.2.6 Radiogene Sialadenitis

4 bei Radiojodtherapie der Schilddrüse (7,4 GBq [200mCi] in 70% der


Fälle) auftretende, akut beginnende Schwellung, die in eine chronische
sklerosierende Sialadenitis und Sialopathie übergehen kann
4 nicht selten auch bei perkutaner Radiotherapie
37 4 i. d. R. vor allem seröse Drüsenazini beeinträchtigt

Klinik
4 akut auftretende Schwellung der großen und kleinen Kopfspeicheldrü-
sen mit begleitender Schmerzhaftigkeit vor allem der Gl. parotis
4 Nachlassen der Speichelsekretion mit Mundtrockenheit im Verlauf der
darauf folgenden Wochen und später anhaltend
4 Induration der Drüse
4 langfristig Xerostomie
37.2 · Sekretionsstörungen und Entzündungen der Speicheldrüsen
487 37
Diagnostik Eigene Notizen
4 Palpation der Drüse mit Zeichen wie bei akuter Sialadenitis, später
derbe Induration
4 Echographie: zu Beginn Rückgang der Echogenität und Schwellung der
Drüse, Gangektasien und intraglanduläre Lymphknotenvergrößerung.
Im weiteren Verlauf Zunahme der Echogenität infolge der zuneh-
menden Fibrosierung der Drüse
4 Labordiagnostik: Erhöhung der Serum-Amylase bereits um den 5. Tag
der Radiotherapie

Therapie
4 Therapieversuch mit Pilocarpingel (hydrophiles Gel mit 0,1% Pilocar-
pingehalt)
4 Verabreichung von künstlichem Speichel (Saliva natura, Glandosane),
Dexpanthenol Lutschtabletten

37.2.7 Chronische Sialadenitis

Chronisch sklerosierende Sialadenitis


der Glandula submandibularis
4 rezidivierende, schubweise verlaufende Erkrankung
4 Autoimmungenese

Klinik
4 progressive Fibrosierung der Drüse (Küttner-Tumor)

Diagnostik
4 Palpation
4 Echographie
4 ggf. Stanzbiopsie

Therapie
4 beschwerdeabhängig Exstirpation der Glandula submandibularis

Myoepitheliale Sialadenitis (Sjögren-Syndrom)


4 Autoimmun-Sialadenitis in Verbindung mit Xerostomie durch progre-
diente Parenchymatrophie der großen Kopfspeicheldrüsen
4 führt zum Sicca Syndrom durch Befall der großen und kleinen Kopf-
speicheldrüsen und der Tränendrüsen

Klinik
4 Auftreten isoliert (primäres Sjögren-Syndrom) oder im Zusammen-
hang mit autoimmunologischen Systemerkrankungen (sekundäres
Sjögren-Syndrom)
4 in ca. 6% der Fälle Koinzidenz mit malignem Lymphom
4 rheumatoide Arthritis
4 disseminierter Lupus erythematodes
4 progressive Sklerodermie
488 Kapitel 37 · Speicheldrüsen

Eigene Notizen 4 Polymyositis


4 Panarteriitis nodosa
4 M. Bechterew
4 Raynaud-Syndrom

Diagnostik
4 Palpation
4 Echographie
4 ggf. Stanzbiopsie oder offene Biopsie
4 laborchemischer Nachweis antizytoplasmatischer oder/und antinukle-
ärer Antikörper (in 50% der Fälle positiv). Korrelation mit HLA-B8 und
HLA-DW3
4 ! Cave Risiko der Entwicklung eines MALT-Lymphoms (6% der Fälle
mit Sjögren-Syndrom)!

Therapie
4 Glukokortikoide, Immunsuppressiva, nicht-steroidale Antirheumatika
4 künstlicher Speichel
4 operative Therapie nur bei erheblicher Schmerzbelastung durch Schwel-
lung und Sklerosierung

Epitheloidzellige Sialadenitis (Heerfordt-Syndrom)


4 Sarkoidose der Speicheldrüsen

Klinik
4 knotig-derbe Parotitis mit Hautinfiltrat
4 Fieber
4 Uveiitis anterior
4 periphere Fazialisparese

Diagnostik
4 typischer Aspekt von außen mit Wangenschwellung
4 höckrig derbe Konsistenz bei Palpation
4 echographisch multiple intraglanduläre Lymphknotenvergrößerungen
4 ggf. positiver Röntgen-Thoraxbefund

Therapie
4 Kortikoide nach Absprache mit dem internistischen Konsiliarius
37
37.3 Tumoren der Speicheldrüsen
37.3.1 Gutartige Speicheldrüsentumoren
(. Tabelle, 7 Abschn. 37.2)

4 pleomorphes Adenom
5 47% der gutartigen Speicheldrüsentumoren
5 Mischtumor aus mesenchymalen und epidermalen Anteilen
37.3 · Tumoren der Speicheldrüsen
489 37

5 5 Jahre Dauer:1,9% maligne Transformation Eigene Notizen


5 >15 Jahre Dauer: 9,6% maligne Transformation
4 Zystadenolymphom (Warthin-Tumor)
5 14% der gutartigen Speicheldrüsentumoren
5 in 10% der Fälle bilaterale Manifestation
4 Speichelgangadenom
5 4% der gutartigen Speicheldrüsentumoren
5 in 70% der Fälle monomorphe Adenome

Klinik
4 langsam zunehmende Größe
4 Tumoren überwiegend in der Parotisregion
4 gefäßreiche, bläulich durch die Haut schimmernde Tumoren bei
Kindern oder weiche Schwellungen der Parotisregion bei Kindern
entsprechen meist vaskulären Malformationen oder Lymphangiomen
bzw. Hämangiomen. Sie gehen nicht primär vom Speicheldrüsengewe-
be aus, können aber in die Glandula parotis und/oder submandibularis
hineinreichen
4 ! Cave Auch maligne Tumoren können langsame Wachstumsge-
schwindigkeit aufweisen! Bei akuter Größenzunahme nach lange
vorbestehendem Befund besteht der Verdacht auf maligne Transforma-
tion eines pleomorphen Adenoms (Karzinom im pleomorphen
Adenom).

Diagnostik
4 Palpation mit Prüfen der Größe und der Verschieblichkeit, bimanuelle
Palpation zur besseren Einschätzung
4 Echographie und Duplex-Echographie zur Klärung der Lagebeziehung
zur Drüsenkapsel, zur Erkennung von Sekretstau mit Gangektasie und
zur Prüfung des kontralateralen Drüsenbefunds
4 Feinnadelpunktion oder Stanzbiopsie führen nur bei sehr erfahrenen
Pathologen zu verlässlichem Ergebnis. Nur der positive Tumornachweis
ist verwertbar
4 bei Nachweis unspezifischer Entzündungen oder regelrechten Drüsen-
gewebes ist daher ggf. die offene Biopsie vor der therapeutischen Ent-
fernung notwendig
4 meist intraoperative histologische Klärung durch Schnellschnittdia-
gnostik möglich

Therapie
4 Parotidektomie
5 als mikroskopischer Eingriff
5 unter binokularmikroskopischer Kontrolle werden der Fazialis-
hauptstamm und seine 4 peripheren Äste aufgedeckt und der Tumor
ohne Kapseleröffnung desselben exstirpiert (. Tabelle)
5 Revisionseingriffe an der Gl. parotis stets mit intraoperativem Fazi-
alis-Monitoring mittels 4-kanaligem-EMG getrennt für die einzel-
nen peripheren Äste
490 Kapitel 37 · Speicheldrüsen

Eigene Notizen Typen der Parotidektomie

laterofaziale Entfernen des Parotisgewebes, das sich lateral der Ebene befindet,
Parotidektomie die durch die Fazialisäste gebildet wird, anatomisch und topogra-
phisch jedoch keine eigene Einheit bildet

totale Paroti- Entfernen des gesamten Parotisparenchyms, ohne den Nervus fa-
dektomie cialis und seine Äste zu schädigen

radikale Paroti- extrem seltener Eingriff, bei dem das gesamte Parotisparenchym
dektomie und einzelne Äste oder ggf. der gesamte Fazialishauptstamm re-
seziert werden (bei Infiltration durch maligne Tumoren, wenn hier-
durch eine vollständige Tumorsanierung möglich ist) (s. unten)

37.3.2 Bösartige Speicheldrüsentumoren


(. Tabelle, 7 Abschn. 37.2)

4 maligne Tumoren der großen Kopfspeicheldrüsen mit einer Inzidenz


von 11,95/1.000.000 Einwohner/Jahr
4 Inzidenz und Prognose . Tabelle
4 weit überwiegend treten maligne Speicheldrüsentumore in der Gl.
parotis, weitaus seltener in der Gl. submandibularis und den kleinen
Speicheldrüsen des Aero-Digestivtrakts auf
4 Adenokarzinome und Karzinome im pleomorphen Adenom sind die
häufigsten histopathologischen Befunde bei malignen Tumoren in der
Gl. submandibularis

Maligne Parotistumoren – Übersicht

Diagnose Indizenz Prognose


(pro 1.000.000
Einwohner/Jahr)

Plattenepi- 3,44 21–55% 5-Jahres-Überleben bei Primär-


thelkarzinom bei mehr als tumoren der Gl. parotis
(. Abb. 65, 15 Jahren beste-
Farbteil) hendem pleomor-
phem Adenom in
bis zu 10% der Fälle

Mukoepider- Männer 3,23 low grade: 70–95% 5-Jahres-Überleben


moidkarzinom Frauen 2,67 high grade 5% 5-Jahres-Überleben
37 50% 10-Jahres-Überleben insgesamt

Azinuszell- 1,57 82% 5-Jahres-Überleben


karzinom 68% 10-Jahres-Überleben
selten metastasierend
6
37.3 · Tumoren der Speicheldrüsen
491 37

Maligne Parotistumoren – Übersicht (Fortsetzung) Eigene Notizen

Diagnose Indizenz Prognose


(pro 1.000.000
Einwohner/Jahr)

Adenoid- 1,4 in 30–50% Fernmetastasen


zystisches 35% 5-Jahres-Überleben
Karzinom 20% 10-Jahres-Überleben
gleich häufig kribriforme (beste Prognose), solide
parotideal/ (schlechteste Prognose) und tubuläre Formen
submandibulär sehr langsames Wachstum, charakteristisch
entlang des Perineuriums des N. facialis,
plötzliche Infiltration nach >10 Jahren nicht
ungewöhnlich, primär extensive Resektion
notwendig

Adeno- 19–75% 5-Jahres-Überleben


karzinom Sehr aggressiver Tumor mit 33% lympho-
gener oder Fernmetastasierung zum Zeit-
punkt der Erstdiagnose

Speichelgang- extrem selten und extrem aggressiv


karzinom

Klinik
4 ca. 20% der Patienten weisen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung be-
reits eine periphere Fazialisparese auf
4 nahezu alle Patienten mit lymphogenen Metastasen

Diagnostik
4 Inspektion mit asymmetrischer Wangenschwellung
4 palpatorisch solitäre oder multiple derbe oder pralle Knoten der Parotisre-
gion, die nicht in allen Fällen mit der Umgebung fixiert zu palpieren sind
4 Halspalpation und Sonographie
4 Duplex-Echographie der Halsweichteile zur Klärung des Lymphkno-
tenstatus und der Tumorinfiltration in der Drüse und in die Nachbar-
schaftsstrukturen
4 CT mit Kontrastmittelgabe einschließlich CT der Lunge zum sicheren
Metastasenausschluss
4 Oberbauchechographie zur Suche nach Leberfiliae

Therapie
4 Therapie erster Wahl: totale Parotidektomie (7 Abschn. 37.3.1) und ipsi-
laterale Neck dissection
5 radikale Parotidektomie onkologisch nur bei histologisch zwei-
felsfreiem Befund (Schnellschnittdiagnosen bei Parotismaligno-
men mit 93% Zuverlässigkeit in Studien!) der breiten Tumorin-
filtration und positivem Tumornachweis im Perineurium des
N. facialis
5 totale Parotidektomie stets bei Tumoren >4 cm, bei kleineren Tumo-
ren des tiefen Blattes oder bei Tumoren mit hoher Aggressivität
492 Kapitel 37 · Speicheldrüsen

Eigene Notizen 4 adjuvante Radiotherapie bei allen Tumoren mit Durchmesser >4 cm,
lokaler Infiltration der Nachbarschaft (z. B. M. masseter, Mandibula,
äußerer Gehörgang, Haut) und bei histopathologisch nachgewiesenem
aggressivem Verhalten (z. B. Infiltration in Blut- oder Lymphgefäße,
hohe Zellteilungsrate)
4 Mukoepidermoidkarzinome weisen hohe Aktivität von »epidermoid
growth factor receptor« (EGFR) auf und werden daher aktuell durch
EGFR-Antagonisten adjuvant therapiert
4 62% 5-Jahres-Überleben und 14–26% 10-Jahres-Überleben für alle ma-
lignen Parotistumoren
4 Therapie bei malignen Tumoren der Gl. submandibularis
5 lokale Exzision und bilaterale Neck dissection
5 abhängig von der lokalen Tumorausdehnung Teilresektion der
Mandibula
5 Mandibularekonstruktion durch osteomyokutane Lappenplastik
aus der Fibula oder durch Osteosynthese-Rekonstruktionsplatten
5 adjuvante Radiotherapie (s. oben)

37
38

Tag 5 – HNO

38 Hals
J. Ilgner

38.1 Fehlbildungen des äußeren Halses und der Halsweichteile – 494


38.1.1 Halsfisteln und Halszysten – 494
38.1.2 Costa cervicalis – 495

38.2 Verletzungen der Halsweichteile, der Halsnerven


und der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße – 496

38.3 Entzündungen der Halsweichteile und Halslymphknoten – 497


38.3.1 Unspezifische Lymphadenitis colli – 497
38.3.2 Spezifische Lymphadenitis colli – 498
38.3.3 Infektiöse Mononukleose – 501
38.3.4 HIV-assoziierte Lymphadenopathie – 501

38.4 Tumoren des Halses – 502


38.4.1 Gutartige Halstumoren – 502
38.4.2 Bösartige Halstumoren – 505
38.4.3 Halslymphknotenmetastasen – 507
38.4.4 Schilddrüsenkarzinome – 509

38.5 Knöcherne und muskuläre Fehlstellungen des Halses – 510

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8_38, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
494 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen 38.1 Fehlbildungen des äußeren Halses


und der Halsweichteile
38.1.1 Halsfisteln und Halszysten

4 laterale Halszyste
5 prallelastische, zystische Raumforderung des lateralen Halses
5 entsteht aus einer persistierenden Aussackung der 2. (seltener auch
der 3. und 4.) Schlundtasche während der Embryonalentwicklung
4 laterale Halsfisteln
5 münden im Hautniveau am Vorderrand des M. sternocleidomasto-
ideus in variabler Höhe, meist im mittleren oder unteren Hals-
drittel
5 Ursprung liegt in der Fossa tonsillaris (2. Schlundtasche)
4 mediane Halszyste (. Abb. 66, Farbteil)
5 Residuum des Ductus thyreoglossus, der in der Embryonalent-
wicklung bei der Genese der Schilddrüse aus dem Foramen caecum
des Zungengrundes persistieren kann
5 zuweilen wird ektopes Schilddrüsengewebe angetroffen
4 mediane Halsfisteln
5 münden variabel zwischen suprahyoidaler Region und Schilddrüse
im Hautniveau

Klinik
4 Halszysten
5 wechselnde Füllungszustände
5 Erstmanifestation meist im Kindesalter, aber auch im Erwachsenen-
alter
5 gelegentlich Superinfektion mit Durchbruch nach außen
4 Halsfisteln
5 trocken oder schleimig-sezernierend
5 gelegentlich Superinfektion
4 laterale Halszyste
5 prall-elastische, glatt begrenzte, homogene, verschiebliche Raum-
forderung des lateralen Halses
5 bei Superinfektion druckdolent
4 laterale Halsfistel
5 singuläres Punktum im Hautniveau
5 bei Superinfektion gerötet, geschwollen
4 mediane Halszyste
5 wie laterale Halszyste, jedoch in der Medianlinie
38 5 zusätzlich Verschiebung nach kranial beim Herausstrecken der
Zunge
4 mediane Halsfistel
5 Punktum in der Medianlinie
5 bei Superinfektion gerötet, geschwollen
38.1 · Fehlbildungen des äußeren Halses und der Halsweichteile
495 38
Diagnostik Eigene Notizen
4 Duplexsonographie des Halses
4 bei Fisteln ggf. Sondierung (stumpfe Knopfsonde) möglich
4 Photodokumentation
4 mediane Halszyste
5 bei Nachweis soliden, perfundierten Gewebes in der Duplexsono-
graphie Schilddrüsenszintigraphie anschließen (ektopes Schild-
drüsengewebe)
5 weitere Differenzialdiagnosen: Lymphadenitis colli, Halslymph-
knotenmetastase, Lipom, malignes Lymphom, Glomus-caroticum-
Tumor = Paragangliom; 7 Abschn. 38.4.1)

Therapie
4 Exzision der Zyste bzw. Fistel mit allen Ganganteilen
5 bei medianer Halszyste/-fistel Resektion des mittleren Zungenbein-
drittels obligat (Rezidivgefahr)
5 Resektion ektopen Schilddrüsengewebes nur bei Vorhandensein
orthotoper Schilddrüsenanteile
4 mediane/laterale Halsfistel
5 zu Beginn der Resektion Anfärben der Halsfistel mit Toluidinblau-
Gel-Gemisch
5 laterale Halsfisteln lassen sich häufig durch die Karotisgabel bis in
die Tonsillenloge verfolgen; dann Tonsillektomie erforderlich

38.1.2 Costa cervicalis

4 embryonal angelegte, akzessorische Halsrippe, meist vom 7. Halswirbel-


körper ausgehend
4 bei ca. 1% der Allgemeinbevölkerung vorhanden

Klinik
4 Tastbare harte Raumforderung supraklavikulär
4 meist asymptomatisch
4 in 10% aller Fälle neurologische Symptome durch Kompression des
Plexus brachialis und/oder der A./V. subclavia (»thoracic outlet com-
pression syndrome«)
4 Durchblutungsstörungen des Unterarms und der Hand (Schmerzen,
Sensibilitätsstörungen, Kraftminderung) sowie des vertebrobasilären
Stromgebiets (Hinterkopfschmerz, Schwindel, Doppelbilder)

Diagnostik
4 Duplex-/Dopplersonographie zum Nachweis der Flussminderung
4 Röntgenübersichtsaufnahme
4 Adson-Test: Kopfdrehung zur betroffenen Seite, Luftanhalten bei maxi-
maler Inspiration, Palpation der A. radialis des betroffenen Arms (Puls-
minderung, Unterarmschmerz)
496 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen Therapie


4 wenn asymptomatisch: keine
4 bei neurologischen Ausfällen oder Perfusionsstörungen: Resektion der
Halsrippe sowie des M. scalenus anterior

38.2 Verletzungen der Halsweichteile,


der Halsnerven und der extrakraniellen
hirnversorgenden Gefäße

4 von außen einwirkende Traumen im Rahmen von Unfällen, Suizid-


versuchen oder Rohheitsdelikten mit scharfen oder stumpfen Gegen-
ständen
4 iatrogene Verletzungen z. B. durch Fehlpunktion zervikaler Gefäße,
Intubationstraumen, fehlgeschlagene Punktionstracheotomien (zu
Fremdkörpern der Luft- und Speisewege 7 Abschn. 35.2)
4 zu unterscheiden sind scharfe, penetrierende Verletzungen (Schnitt-,
Schuss-, Stichverletzungen) und stumpfe Verletzungen (Erwürgen,
Strangulation, Anprall)

Klinik
4 stumpfe Traumen
5 Heiserkeit
5 Luftnot z. B. durch Fraktur des Larynxskeletts, der Trachea (Einriss
oder Abriss)
5 Schluckbeschwerden
5 neurologische Symptomatik durch Gefäßkompression
5 Luftembolie bei Verletzung der V. jugularis interna
5 Einblutung in die Halsweichteile
5 Querschnittsymptomatik bei HWS-Verletzung
4 scharfe Traumen
5 Luftnot bei Penetration der oberen Atemwege und Aspiration bei
Einblutung in die oberen Atemwege
5 Heiserkeit
5 Hirnnervenausfälle
5 Blutung, u. U. lebensbedrohlich, bei Gefäßverletzungen
5 bei Intubationstraumen häufig Weichteilemphysem (»Schneeball-
reiben«)
5 bei Fehlpunktionen von außen Einblutung in die Halsweichteile mit
zunehmender Schwellung und ggf. Luftnot
38
Diagnostik
4 nach Sicherung der Vitalfunktionen (s. unten) HNO-ärztliche Unter-
suchung äußerlich (Tiefe der Verletzung, Schusskanal), endoskopisch
mit 30°- und 70°-Winkeloptik, Stimmprüfung, Hirnnervenprüfung
4 flexible/starre Endoskopie der Luft- und Speisewege (Pharynxetagen,
Ösophagus, Larynx, Trachea, Bronchialtrakt)
38.3 · Entzündungen der Halsweichteile und Halslymphknoten
497 38

4 Röntgenaufnahmen zur Lagekontrolle röntgendichter Fremdkörper Eigene Notizen


(Projektile, Messer etc.) und Hals-Weichteilaufnahme seitlich (Bei Me-
diastinitis: Abstand Ösophagus/HWS >5 mm)
4 Röntgen-Thoraxaufnahme (Bei Mediastinitis: Mediastinalverbreite-
rung)
4 CT des Halses und der oberen Thoraxapertur mit Kontrastmittel
4 Duplex-/Dopplersonographie der Halsgefäße bei Gefäßverletzungen
4 > Memo Photodokumentation aller Verletzungen ist obligat.

Therapie
4 zunächst Sicherung der Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf)
4 ggf. Blutstillung durch Gefäßunterbindung oder -rekonstruktion (bei
hirnversorgenden Gefäßen)
4 ggf. Nottracheotomie bei Verlegung der oberen Atemwege
4 Tetanusprophylaxe
4 Antikoagulation bei Fremdkörpern in Gefäßen oder verletzungsbe-
dingten Thromben
4 bei stumpfen Halstraumen (Erwürgen, Strangulieren) mit Einblutung
der Halsweichteile ohne Frakturen abschwellende Maßnahmen (Korti-
kosteroide systemisch, β-Sympatomimetika als Inhalat); stationäre
Überwachung
4 bei Verletzungen der HWS unfallchirurgisches/neurochirurgisches
Procedere
4 bei penetrierenden Verletzungen schichtweises Freilegen des Ver-
letzungswegs
4 Fremdkörper erst unter vollständiger Übersicht entfernen
4 mikrochirurgische Rekonstruktion von Gefäßen bzw. Nerven
4 Rekonstruktion des Larynx durch Verplattung, der Trachea durch
Readaptation und End-zu-End-Anastomose mittels Aufnaht von
Keramikspangen
4 Deckung äußerlicher Hautdefekte durch plastische Maßnahmen
4 Intubationstraumen werden in unkomplizierten Fällen durch tiefe
Intubation bzw. Tracheotomie überbrückt. In komplizierten Fällen
HNO-thoraxchirurgisches Vorgehen mit Rekonstruktion. Bei fehl-
gegangener Punktionstracheotomie Überführen in eine epithelisierte
Tracheostomaanlage, ggf. unter Rekonstruktion kollateraler Ver-
letzungen

38.3 Entzündungen der Halsweichteile


und Halslymphknoten
38.3.1 Unspezifische Lymphadenitis colli

4 infektiös bedingte Vergrößerung (bakteriell, viral) der Halslymph-


knoten systemischer oder lokaler Ursache (Infektion mit Eintrittspforte,
z. B. nach Zahnbehandlung, durch akute Tonsillitis, Hautver-
letzungen)
498 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen Klinik


4 Schwellung des äußeren Halses
4 palpatorisch vergrößerte Halslymphknoten tastbar, verschieblich,
regionär multipel, z. T. druckdolent, Oberfläche nicht derb, homogen

Diagnostik
4 Suche nach Eintrittspforte: HNO-ärztliche und allgemeine körperliche
Untersuchung
4 Duplex-sonographische Untersuchung der Halslymphknoten (Lage,
Form, Infiltration, Perfusionsmuster, Einschmelzung)
4 Gesamtlabor inklusive Differenzialblutbild
4 ggf. Serologie auf adenotrope Viren und Bakterien
4 differenzialdiagnostisch Lues-, Toxoplasma-Antikörper, Angiotensin-
konvertierendes Enzym (ACE) im Serum (Sarkoidose), Tuberkulin-
Hauttest, γ-Interferontest zum Nachweis einer Tbc

Therapie
4 Breitbandantibiotikum oral
4 Behandlung der Grunderkrankung
4 Verlaufskontrolle unter Duplexsonographie, da Einschmelzung der
Lymphknoten mit erforderlicher Abszessdrainage möglich
4 > Memo Bei Persistenz der Lymphknotenschwellung über 3 Wochen
trotz Antibiotikatherapie ist eine Lymphknoten-Probeexzision zum
Malignomausschluss obligat.

38.3.2 Spezifische Lymphadenitis colli

Hierzu zählen Infektionen der Halslymphknoten mit spezifischem Erreger-


nachweis bzw. nicht-infektiöse Erkrankungen (Sarkoidose):
4 Lymphknotentuberkulose: Infektion mit Mycobacterium tuberculosis.
Entstehung eines Primärkomplexes (selten) bzw. postprimär/sekundär
4 atypische Mykobakteriosen: Infektion z. B. mit Mycobacterium avium-
intracellulare
4 Lues: Infektion mit Treponema pallidum. Sexuell übertragbar, melde-
pflichtige Erkrankung
4 Toxoplasmose: Infektion mit Toxoplasma gondii, z. B. durch Kontakt
mit Katzen
4 Diphtherie: Infektion mit Corynebacterium diphtheriae, meldepflichti-
ge Erkrankung
4 Katzenkratzkrankheit (Lymphoreticulosis benigna): Infektion mit Bar-
38 tonella henselae bzw. Afipia felis durch direkten oder indirekten Katzen-
kontakt
4 Tularämie: Infektion mit Francisella tularensis durch Kontakt mit
Nagetieren bzw. infizierten Arthropoden (Zecken), meldepflichtige
Erkrankung
4 Sarkoidose (M. Boeck): epitheloidzellige granulomatöse Erkrankung
bedingt durch Antigen-Präsentation durch Makrophagen gegenüber
38.3 · Entzündungen der Halsweichteile und Halslymphknoten
499 38

T-Lymphozyten, dadurch pathologisch ausgelöste T-Zellantwort mit Eigene Notizen


Freisetzung von Zytokinen, welche die Granulombildung anstoßen.
Wechselnde, z. T. multiple Manifestationsorte (u. a. Mittelohr, Nase,
Pharynxetagen, Larynx, Lunge, große Speicheldrüsen, Lymphknoten)

Klinik
4 Mykobakteriose
5 ähnlich der unspezifischen Lymphadenitis colli, jedoch mit geringer
ausgeprägter Symptomatik (weniger Druckdolenz, Rötung, ödema-
töse Schwellung des Subkutangewebes)
5 anamnestisch häufig Auslandsaufenthalt, Ingestion von erregerhal-
tigem Material (z. B. nicht-pasteurisierte Milch, sog. »Vorzugs-
milch«)
5 häufig Durchbruch der einschmelzenden Lymphadenitis mit Fistel-
bildung
4 Lues
5 generalisierte Lymphadenopathie im Rahmen des Sekundärstadi-
ums ca. 8 Wochen nach Infektion
4 Toxoplasmose
5 Lymphadenitis colli, vor allem nuchal
5 ! Cave Bei Infektion in der Schwangerschaft schwere Fetalschädi-
gung möglich (Hydrozephalus, Chorioretinitis, intrazerebrale Ver-
kalkung)!
4 Diphtherie
5 Lymphknotenschwellung hochjugulär zusätzlich zu den oropharyn-
gealen Zeichen (gräuliche Beläge auf den Tonsillen, auf den weichen
Gaumen übergreifend, Azetongeruch, schneller Puls)
4 Katzenkratzkrankheit
5 Ausbildung einer rot-braunen Papel an der Inokulationsstelle nach
2–10 Tagen
5 in der Folge regionäre Lymphknotenschwellung mit Druckdolenz
4 Tularämie
5 ggf. entzündlich geschwollene Eintrittspforte an der Haut, sonst
akute Lymphadenitis
5 systemische Verlaufsformen möglich
4 Sarkoidose
5 systemische Erkrankung mit wechselnden, z. T. multiplen Manifes-
tationsorten (u. a. Mittelohr, Nase, Pharynxetagen, Larynx, Lunge,
große Speicheldrüsen, Lymphknotenschwellung, Haut [Lupus per-
nio])

Diagnostik
4 analog zur unspezifischen Lymphadenitis
4 Mykobakteriose
5 Tuberkulin-Hauttest
5 γ-Interferontest
5 ggf. Lymphknoten-Probeexzision mit Erregernachweis aus Polyme-
rase-Kettenreaktion (PCR)
500 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen 5 Röntgen-Thorax in 2 Ebenen zum Ausschluss einer pulmonalen


Manifestation
4 Lues
5 serologischer Nachweis mittels TPHA-Test (Screening)
5 FTA-Abs-Test (Bestätigung) bzw. VDRL-Test (Aktivitätsbe-
stimmung)
4 Toxoplasmose
5 serologischer Nachweis über Sabin-Feldman-Test
5 Immunfluoreszenztest bzw. Komplementbindungsreaktion (KBR)
5 ggf. charakteristische Histologie aus Lymphknotenprobeexzision
(Piringer-Kuchinka-Zeichen)
4 Diphtherie
5 Abstrich und Gramfärbung
5 Bakterienkultur
5 Abstrichkontrollen im Verlauf
4 Katzenkratzkrankheit
5 Antikörpernachweis im Blut gegen Bartonella henselae
5 ggf. PCR aus Lymphknotenmaterial
4 Tularämie
5 Erregernachweis aus Lymphknotenmaterial bzw. Agglutinati-
onstest
4 Sarkoidose
5 histologischer Nachweis anhand exzidierter Lymphknoten
5 Ausschluss einer Mykobakteriose
5 ACE-Spiegel im Serum zur Verlaufskontrolle

Therapie
4 Lymphknotentuberkulose (Mycobacterium tuberculosis): Kombinati-
onsbehandlung mit Tuberkulostatika
4 atypische Mykobakteriose: schlechtes Ansprechen auf medikamentöse
Behandlung, deswegen primär chirurgische Therapie durch regionale
Exstirpation befallener Lymphknoten
4 Lues: Antibiose mit z. B. Penicillinen, Cephalosporinen, Tetrazyklinen,
Makroliden
4 Diphtherie: Isolation und Antitoxingabe bei Verdacht; Antibiose mit
Penicillin bzw. Makroliden (Erythromycin)
4 Katzenkratzkrankheit: bei asymptomatischem Verlauf nicht erforder-
lich, ggf. Antibiose mit Makroliden (z. B. Azithromycin)
4 Toxoplasmose: bei symptomarmem Verlauf keine; ggf. Chemotherapie
mit Sulfadiazin, Pyrimethamin und Folinsäure
4 Tularämie: Antibiose mit Tetrazyklin, Makroliden wie Erythromycin
38 oder Azithromycin und Chloramphenicol; Streptomycin wird empfoh-
len, ist allerdings stark ototoxisch und daher nur im Ausnahmefall in-
diziert
4 Sarkoidose: ggf. systemische Gabe von Kortikosteroiden; regionale Ex-
stirpation befallener Lymphknoten
38.3 · Entzündungen der Halsweichteile und Halslymphknoten
501 38
38.3.3 Infektiöse Mononukleose Eigene Notizen

4 Halslymphknotenmanifestation der infektiösen Mononukleose


4 Infektion mit Epstein-Barr-Viren
4 geht einher mit systemischer entzündlicher Schwellung aller lympha-
tischen Organe (andere Lymphknotenregionen, Milz, Leber, Tonsillen
des Waldeyer-Rachenrings)

Klinik
4 Abgeschlagenheit
4 Fieber bis 39°C
4 Halsschmerzen und Schluckbeschwerden (können nach Adenotomie
und Tonsillektomie fehlen)
4 multiple, oft eindrucksvolle Halslymphknotenschwellung, mäßig druck-
dolent, verschieblich, nicht induriert, glatt konturiert
4 fehlendes Ansprechen auf Antibiose; bei stattgehabter Gabe von Ami-
nopenicillinen nach 3 Tagen juckendes papulöses Exanthem

Diagnostik
4 HNO-ärztlicher Spiegelbefund (schmierig-nekrotische Beläge auf den
Tonsillen des Waldeyer-Rachenrings)
4 Palpation des Halses
4 Duplexsonographie des Halses zeigt vergrößerte, regelrecht konturierte
Lymphknoten mit deutlicher Perfusionssteigerung bis in die Randsinus
4 Oberbauchsonographie zur Größenbestimmung von Leber und Milz
4 Gesamtlabor mit Differenzialblutbild mit deutlicher Leukozytose und
erhöhtem relativen Monozytenanteil (d. h. gereizte Lymphozyten, so-
fern auf dem Befund ausgewiesen)
4 Monozytose-Schnelltest positiv (jedoch eingeschränkter positiver Vor-
hersagewert)
4 EBV-Antikörperbestimmung mit erhöhtem IgM

Therapie
4 symptomatisch (Analgesie, i.v. Flüssigkeitssubstitution bei passagerer
Schluckbehinderung)
4 keine Antibiose, da wirkungslos ( ! Cave Exanthem nach Aminopeni-
cillingabe!)
4 Tonsillektomie im Ausnahmefall bei massiver Einengung des Oropha-
rynx mit Luftnot
4 körperliche Schonung für die Dauer der Milzschwellung ( ! Cave
Gefahr der Ruptur mit innerer Blutung!)

38.3.4 HIV-assoziierte Lymphadenopathie

4 Infektion mit HI-(humane Immundefizienz-)Viren


4 führt nach erster Akutreaktion 3–6 Wochen nach Infektion über ein
mehrjähriges Stadium der asymptomatischen Latenz zu einem Lymph-
502 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen adenopathiesyndrom und ersten immundefizienzbedingten Sym-


ptomen, schließlich zum Vollbild der Erkrankung mit Infektion durch
opportunistische Erreger, bösartige Neubildungen

Klinik
4 bei akuter Infektion zervikale Manifestation mit Lymphknotenschwel-
lung, allgemein mit Nachtschweiß, Fieber, Exanthemen, Diarrhö
4 dann Abklingen der klinischen Zeichen in der asymptomatischen
mehrjährigen Latenzphase
4 anschließend persistierendes Wiederauftreten der klinischen Zeichen
aus der Akutphase als Aids Related Complex (ARC)
4 im Vollbild der Erkrankung Auftreten opportunistischer Infektionen
(z. B. Pneumonie mit Pneumocystis carinii; Soor) und maligner
Neoplasien (z. B. Kaposi-Sarkome, maligne Lymphome, Plattenepithel-
karzinome)

Diagnostik
4 Inspektion, Palpation des Halses mit multiplen Lymphknotenschwel-
lungen, in der Akutphase druckdolent, glatt begrenzt, nicht induriert
4 Duplexsonographie mit Zeichen wie bei akuter Lymphadenitis
4 im Krankheitsverlauf Nachweis eines zystischen Umbaus der Speichel-
drüsen (Parotiszysten, zystische lymphoepitheliale Hyperplasie)
4 im Labor Nachweis von Antikörpern im ELISA bzw. Western-Blot
4 kontinuierlich fallende Zahl von T-Helfer(CD4)-Zellen gegenüber
T-Suppressor (CD8)-Zellen

Therapie
4 gegenwärtig keine kurative Behandlungsmöglichkeit
4 Behandlungsstrategien richten sich auf die kombinierte Anwendung
antiretroviraler Medikamente in Kombination (»highly active antiretro-
viral therapy«, HAART). Hierzu zählen u. a. nukleosidische Reverse-
Transkriptase-Inhibitoren (NRTI), nicht-nukleosidische Reverse-Tran-
skriptase-Inhibitoren (nNRTI), HIV-Proteaseinhibitoren, Entry-Inhi-
bitoren, Fusionsinhibitoren und Integrase-Inhibitoren
4 Indikation zur Therapie bei einer CD4-Zellzahl von 200–350/μl Blut,
bei hoher Viruslast auch darüber (<500/μl)
4 zusätzliche Behandlung der opportunistischen Infektionen bzw. malig-
nen Neubildungen auf medikamentösem bzw. chirurgischem Weg
(7 AWMF-Leitlinie »Antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion«)

38 38.4 Tumoren des Halses


38.4.1 Gutartige Halstumoren

4 Lipom
5 Fettgewebsgeschwulst des Halses
5 umschrieben oder generalisiert (Madelung’scher Fetthals)
38.4 · Tumoren des Halses
503 38

4 vaskuläre Malformation (Hämangiom) Eigene Notizen


5 kutane oder subkutane Gefäßmalformation
5 kapillär oder kavernös, kongenital
5 in Gesicht und Nacken
5 gelegentlich im Rahmen von Missbildungssyndromen (z. B. Phako-
matosen)
4 Lymphangiom
5 zystischer bzw. kapillärer oder kavernöser Tumor der Lymphgefäße
5 meist laterozervikal gelegen
5 kongenital
4 Paragangliom (Glomus-caroticum-Tumor)
5 nicht-chromaffines Paragangliom des Glomus caroticum
5 stark vaskularisiert
5 in der Karotisgabel gelegen
5 unklarer Genese
4 Neurofibrom/Neurilemmom des N. vagus
5 benigner Tumor der Schwann-Zellen, durch den Nervenfasern hin-
durch ziehen
5 tritt u. a. bei Neurofibromatose Typ 1 multipel auf
5 beim Neurilemmom lassen sich die Nervenfasern vom Tumor
trennen

Klinik
4 Lipom
5 weiche, nicht druckdolente, gut verschiebliche Raumforderung
5 sehr langsam wachsend
4 vaskuläre Malformation
5 oberflächliche oder tiefergehende Raumforderung
5 palpatorisch weich
5 hauptsächlich kosmetisch störend, gelegentlich funktionsbehin-
dernd durch Befall des M. masseter
4 Lymphangiom
5 unterschiedlich voluminöse Raumforderung des lateralen Halses
5 weich, elastisch, verschieblich
5 kann die oberen Speise- und Atemwege von lateral her einengen
4 Paragangliom (Glomus-caroticum-Tumor)
5 langsam wachsende, schmerzlose Schwellung im Karotisdreieck
5 gelegentlich Globusgefühl mit Dysphagie
5 Strömungsgeräusch bei Auskultation
5 selten Herzrasen, Schwindel, Schweißausbrüche
4 Neurofibrom/Neurilemmom des N. vagus
5 derber, langsam wachsender Tumor des lateralen Halses
5 transversal gut und longitudinal schlecht verschieblich
5 gelegentlich Dysphagie, Globusgefühl, Heiserkeit

Diagnostik
4 Lipom
5 Palpation
5 Duplexsonographie (echoarme, homogene, schlecht durchblutete
Raumforderung)
504 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen 4 vaskuläre Malformation


5 Duplexsonographie mit Nachweis der Perfusion und Eindringtiefe
5 ggf. MRT/Angio-MRT der Hals-/Gesichtsweichteile
5 Angiographie vor Embolisation
4 Lymphangiom
5 Duplexsonographie mit Nachweis der Struktur, der Lagebeziehung
zu den Pharynxweichteilen und der Eindringtiefe
5 ggf. MRT der Hals-/Gesichtsweichteile
4 Paragangliom (Glomus-caroticum-Tumor)
5 Auskultation
5 Duplexsonographie mit Nachweis der Perfusion und Ausdehnung
5 MRT/Angio-MRT der Halsweichteile
5 Angiographie vor Embolisation
4 Neurofibrom/Neurilemmom des N. vagus
5 Duplexsonographie
5 ggf. CT bzw. MRT zur Klärung der Lagebeziehung an der Schädel-
basis
5 70°-Endoskopie des Larynx
5 Stimmlippenstroboskopie zur Dokumentation der Stimmlippen-
funktion

Therapie
4 Lipom
5 Exzision, falls kosmetisch störend oder funktionsbehindernd
4 vaskuläre Malformation
5 zunächst spontane Rückbildungstendenz abwarten
5 bei Persistenz oder Progredienz bestehen Behandlungsoptionen in
der Gabe von β-Blockern (Propanolol), interstitieller Laserbehand-
lung (gepulster Farbstofflaser), photodynamischer Therapie
5 in Einzelfällen chirurgisches Vorgehen
4 Lymphangiom
5 spontane Rückbildung sehr selten
5 bei Funktionsbehinderung ein- oder mehrzeitige chirurgische Re-
sektion
5 ggf. Laserbehandlung, photodynamische Therapie
4 Paragangliom (Glomus-caroticum-Tumor)
5 Interventionelle angiographische Embolisation, falls ohne Gefahr
der Paraembolisation der A. carotis interna möglich
5 anschließend innerhalb von 48 h Exzision des Tumors, ggf. unter
Gefäßersatzplastik der A. carotis interna (ausreichende Bereitstel-
lung von Blutkonserven obligat!)
38 4 Neurofibrom/Neurilemmom des N. vagus
5 Exzision über zervikalen Zugang
5 bei schädelbasisnaher Lage Zugang über die Submandibularloge
5 bei großer Ausdehnung ggf. totale Parotidektomie und retromandi-
bulärer Zugang
5 u. U. temporäre mediane Unterkieferspaltung mit späterer Mikro-
plattenosteosynthese erforderlich
38.4 · Tumoren des Halses
505 38
38.4.2 Bösartige Halstumoren Eigene Notizen

4 Hodgkin- Lymphom
5 maligner Tumor des lymphatischen Gewebes unklarer Ätiologie
5 histologische durch Sternberg-Reed- bzw. Hodgkin-Zellen gekenn-
zeichnet
5 folgende histologische Subtypen:
J lymphozytenreicher Typ (LR, LRCHL)
J nodulär-sklerosierender Typ (NS, NSHL)
J Mischtyp (MC)
J lymphozytenarmer Typ (LD, LDHL)
4 Non-Hodgkin-Lymphom
5 Sammelbegriff für alle malignen Lymphome, die sich nicht den
Hodgkin-Lymphomen zuordnen lassen
5 für einige NHL konnte eine Genmutation als pathogenetischer Faktor
identifiziert werden (z. B. das Burkitt-Lymphom, das diffus-großzel-
lige NHL, das Mantelzelllymphom oder das follikuläre Lymphom)
5 ebenfalls kommen virale Infektionen (EBV, HTLV-1, HHV-8) oder
die Assoziation mit einer langjährigen Infektion mit Helicobacter
pylori (MALT-Lymphom des Magens) als pathogenetische Faktoren
in Betracht
5 Die Klassifikation der NHL wird ständig überarbeitet. Die ältere, in
Deutschland gültige Kiel-Klassifikation ist mittlerweile von der ak-
tuell gültigen WHO-Klassifikation abgelöst (. Tabelle)

WHO-Klassifikation der Non-Hodgkin-Lymphome

Vorläufer-B-Zell-Lymphome Vorläufer-B-lymphoblastisches Lymphom/Leukämie

Reife-B-Zell-Lymphome B-CLL/kleinzelliges lymphozytisches Lymphom

Haarzell-Leukämie

Plasmozytom

extranodales MALT-Lymphom

follikuläres Lymphom

Mantelzell-Lymphom

diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom

Burkitt Lymphom/Leukämie

Vorläufer-T-Zell-Lymphome Vorläufer-T-lymphoblastisches Lymphom/Leukämie

Reife-T-Zell-Lymphome Mycosis fungoides/Sézary-Syndrom

peripheres T-Zell Lymphom

NK-Zell Leukämie

angioimmunoblastisches T-Zell Lymphom

anaplastisches großzelliges Lymphom, T-/Null-Zell-Typ


506 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen Klinik


4 i. d. R. schmerzlose Halslymphknotenschwellung, häufig zervikal und
mediastinal, in Paketen auftretend, verdrängend wachsend
4 ggf. B-Symptomatik: Gewichtsverlust von >10% in 6 Monaten, Tempe-
raturerhöhung >38°C, Nachtschweiß

Diagnostik
4 Exzision eines Lymphknotens zur histologischen Diagnostik
4 Feinnadelpunktion nicht ausreichend
4 histologische und immunhistologische Sicherung der Diagnose, ggf.
durch pathologisches Referenzlabor
4 Staging
5 Inspektion, Palpation, HNO-ärztliche Untersuchung
5 Duplexsonographische Untersuchung aller peripheren Lymphkno-
tenregionen
5 Röntgenuntersuchung des Thorax in 2 Ebenen
5 CT des Thorax in Lungen- und Weichteilfenstertechnik
5 MRT des Halses, (Thorax), Abdomen und Becken
5 Ganzkörperskelettszintigraphie bei Verdacht auf Knochenbefall, im
Nachweisfall gezielte weitergehende Bildgebung
5 PET mit 2-[F-18]Fluoro-2-Desoxy-D-Glukose (FDG-PET)
5 EKG, Echokardiographie, Gesamtlabor, Endokrinologie, Serologie
auf Viren und Toxoplasmose
4 aus der Diagnostik ergibt sich die Stadieneinteilung (. Tabelle)

Ann-Arbor-Klassifikation der Lymphome (1971)

I Befall einer einzelnen Lymphknotenregion (I) oder eines einzelnen extralym-


phatischen Organs (IE)

II Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des
Zwerchfells (II) oder lokalisierter Befall eines einzelnen extralymphatischen
Organs und seiner lokoregionären Lymphknoten mit oder ohne Befall anderer
Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells (IIE)

III Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (III), ggf.
zusätzlich lokoregionärer Befall eines extralymphatischen Organs oder Bezirks
(IIIE) oder gleichzeitiger Befall der Milz (IIIS) oder beidem (IIIE+S)

IV disseminierter multifokaler Befall eines oder mehrerer extralymphatischer


Organe mit oder ohne gleichzeitigen Befall von Lymphknoten oder Befall
eines einzelnen extralymphatischen Organs mit Befall nichtregionärer
Lymphknoten

38 Therapie
4 Chemotherapie kombiniert mit lokoregionärer Radiotherapie nach in-
ternational standardisierten Therapieschemata (7 aktuell gültige Leitli-
nien, z. B. »Hodgkin-Lymphom« der AWMF)
38.4 · Tumoren des Halses
507 38
38.4.3 Halslymphknotenmetastasen Eigene Notizen

4 Absiedlungen bösartiger Neubildungen in zervikalen Halslymphknoten


kommen vor bei:
5 Malignomen im Kopf-Hals-Bereich
5 Malignomen außerhalb des Kopf-Hals-Bereichs
5 unbekanntem Primärtumor (»carcinoma of unknown primary«,
CUP)
4 die Lymphknotenmetastasierungswahrscheinlichkeit von Kopf-Hals-
Malignomen schwankt je nach Literaturangaben (. Tabelle)

Globale Metastasierungswahrscheinlichkeit in die Halslymphknoten bezogen


auf die Lage des Primärtumors

Lokalisation des Primärtumors Globale Wahrscheinlichkeit für Befall


der Halslymphknoten

Mittelohr 30%

Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen 10–20%

Nasopharynx 60%

Mundhöhle 40–45%

Oropharynx 60–70%

Hypopharynx 65–70%

Larynx 0–7% (T1a,b,c Glottis) –60% (T4)

Speicheldrüsen 25–50%

Äußere Haut des Kopfes und Gesichts 15%


außer Lippe

Klinik
4 inspektorisch und palpatorisch singulär oder multiple Raumforde-
rungen des Halses, nicht druckdolent, derb, meist schlecht oder nicht
verschieblich, polyzyklisch unregelmäßig begrenzt (. Abb. 67, Farbteil)
4 u. U. mit Infiltration der äußeren Haut, Blutung oder Entleerung von
nekrotischem Tumorgewebe

Diagnostik
4 HNO-ärztliche Untersuchung
4 30°- und 70°-Endoskopie der oberen Luft- und Speisewege
4 Duplexsonographie der Kopf-Halsregion
4 CT der Kopf-Halsregion und des Thorax
4 B-Sonographie des Oberbauchs
4 bei unbekanntem Primärtumor Durchführung einer FDG-PET
4 nach Abschluss der bildgebenden Diagnostik Panendoskopie (Spiege-
lung sämtlicher oberen Luft- und Speisewege einschließlich Ösophagus
und ggf. Tracheobronchialsystem) mit flexiblen und starren Instru-
menten in Intubationsnarkose
508 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen 4 bei unbekanntem Primärtumor zusätzlich Tonsillektomie der Gaumen-


mandeln und repräsentative Biopsie der Tonsilla lingualis und der
Tonsilla pharyngea
4 am Ende der präoperativen Diagnostik Festlegung des N-Status (. Ta-
belle)

Stadieneinteilung der Halslymphknoten-Metastasierung (TNM-Klassifikation


der UICC, 7. Auflage)

N-Stadium Kriterien

N0 Keine Halslymphknotenmetastasen

N1 Metastase in solitärem ipsilateralem Halslymphknoten, ≤3 cm in


größter Ausdehnung

N2a Metastase in solitärem ipsilateralem Halslymphknoten, >3 cm und


≤6 cm in größter Ausdehnung

N2b Metastasen in multiplen ipsilateralen Halslymphknoten, keiner >6 cm


in größter Ausdehnung

N2c Metastasen in kontralateralen oder bilateralen Halslymphknoten,


keiner >6 cm in größter Ausdehnung

N3 Metastasen in Lymphknoten von >6 cm in größter Ausdehnung

Therapie
4 stadiengerecht und lokalisationsgetrennt (. Tabellen)
4 Ausräumung der Halslymphknoten (Neck dissection), ggf. in Verbin-
dung mit operativer Behandlung des Primärtumors
4 nach Abheilung des Operationssitus je nach Tumorausdehnung und
Resektionssicherheit Durchführung einer postoperativen Radiothera-
pie bzw. Radiochemotherapie
4 bei unbekanntem Primärtumor obligate Bestrahlung der tributären Re-
gion (Waldeyer-Rachenring)

Klassifizierung der Neck-dissection-Typen nach Ausmaß der Resektion

Typ der Neck Resektion von


Dissection
Lymphknoten M. sternocleido- V. jugularis N. acces-
und Fettgewebe mastoideus interna sorius

radikal alle Regionen ja ja ja

modifiziert- alle Regionen ja ja nein


38 radikal,Typ I

modifiziert- alle Regionen ja nein nein


radikal, Typ II

modifiziert- alle Regionen nein nein nein


radikal, Typ IIII
6
38.4 · Tumoren des Halses
509 38

Klassifizierung der Neck-dissection-Typen nach Ausmaß der Resektion Eigene Notizen


(Fortsetzung)

Typ der Neck Resektion von


Dissection
Lymphknoten M. sternocleido- V. jugularis N. acces-
und Fettgewebe mastoideus interna sorius

selektiv supra- Region I, II, III nein nein nein


omohyoidal

selektiv Region II, III, IV, V nein nein nein


posterolateral

selektiv lateral Region II, III, IV nein nein nein

Chirurgische Klassifizierung der Halsregionen bei der Neck dissection

Chirurgische Lage
Region

Ia submental

Ib submandibulär

II oberes Jugularisdrittel/jugulofazialer Venenwinkel

III mittleres Jugularisdrittel

IV unteres Jugularisdrittel

V nuchal (gesamter Bereich dorsal des M. sternocleidomastoideus)

VI prälaryngeal

38.4.4 Schilddrüsenkarzinome

4 Schilddrüsenkarzinome können durch lokoregionäre Halslymphkno-


tenmetastasen oder durch Infiltration der Trachea das hals-nasen-oh-
renärztliche Fachgebiet betreffen. Die häufigsten Karzinome sind:
5 papilläres Schilddrüsenkarzinom (60%), lymphogen metastasie-
rend
5 follikuläres Schilddrüsenkarzinom (30%), hämatogen metastasie-
rend
5 anaplastisches Schilddrüsenkarzinom (5%), entdifferenziert, nicht
stoffwechselaktiv
5 medulläres Schilddrüsenkarzinom (5–10%), ausgehend von den
Kalzitonin-produzierenden C-Zellen
4 ursächlich kommen u. a. ionisierende Bestrahlung und Strahlenunfälle
mit Aufnahme von radioaktivem Jod in Frage
510 Kapitel 38 · Hals

Eigene Notizen Klinik


4 Schluckbeschwerden
4 Globusgefühl
4 derb palpable, u. U. wenig verschiebliche, nicht druckdolente, unregel-
mäßig begrenzte Schwellung in Projektion auf die Schilddrüsenloge
4 Heiserkeit durch Rekurrensparese
4 Infiltration der Trachea bei anaplastischen und medullären Schilddrü-
senkarzinomen möglich, dabei möglicherweise Luftnot durch Trache-
alstenose/tumorösen Einbruch in die Trachea

Diagnostik
4 Inspektion
4 Palpation, 70°-Endoskopie des Larynx mit Stimmlippenstroboskopie
(Funktion des N. laryngeus recurrens)
4 flexible Tracheoskopie zum Ausschluss eines Trachealeinbruch
4 Duplexsonographie der Schilddrüse und der Halsweichteile
4 Schilddrüsenszintigraphie
4 CT-/MR-Untersuchung der Halsweichteile und des Thorax/Mediasti-
nums
4 ! Cave Jod-Kontrastmittelgabe bei CT (verzögert die Ablationsbe-
handlung mit Jod-131)!
4 Gesamtlabor mit fT3, fT4, TSH, Kalzitonin-Spiegel (als Tumormarker/
Verlaufsmarker bei C-Zell-Karzinom)

Therapie
4 operative Entfernung der Schilddrüse unter EMG-Monitoring der
Funktion des N. laryngeus recurrens, falls präoperativ noch funktions-
fähig
4 zusätzlich Halslymphknotenentfernung (modifiziert-radikale Neck dis-
section)
4 Radiojodtherapie bzw. perkutane Bestrahlung
4 bei Einbruch in die Trachea Mobilisierung der Trachea aus dem Medi-
astinum, ggf. unter Sternotomie, Tracheaquerresektion und End-zu-
Endanastomose

38.5 Knöcherne und muskuläre Fehlstellungen


des Halses

4 Schiefhaltung des Kopfes und des Halses unterschiedlichere Genese


(kongenital, ggf. progredient, oder erworben)
38 4 Ursachen: muskulär, ossär, neurogen, sekundär bei entzündlichen bzw.
neurogenen Ursachen (. Tabelle)
38.5 · Knöcherne und muskuläre Fehlstellungen des Halses
511 38

Ursachen und Entstehung der Fehlstellungen des Halses Eigene Notizen

Ursache Muskulär Ossär Neurogen Sekundär

kongeni- muskuläre WS-Fehlbil- Fehlbildung


tal Fehlbildung dung extrapyra-
midaler
Bahnen

erwor- Geburtstrauma Osteomy- Lues Lymphadenitis colli


ben (Hämatom, elitis
Einriss)

Zustand nach trauma- Chorea Bezold-Mastoiditis


Resektion des tische HWS- Huntington
M. sternocleido- Luxation
mastoideus

Myogelosen entzündlich Parapharyngeal-


(Grisell- abszess
Syndrom)
Myositis muskuläre Tumor-
ossificans infiltration
progressiva
nach Labyrinthausfall

muskuläre Fehlstel-
lung des Augenbulbus

Klinik
4 Schiefhaltung des Kopfes und des Halses zur erkrankten, mit Kinndre-
hung zur gesunden Seite
4 Schmerzen im Halsbereich und Schultergürtel möglich

Diagnostik
4 Palpation des Halses (Muskellänge, -konsistenz, Fluktuation, Raumfor-
derungen, Schmerzhaftigkeit)
4 Beweglichkeit des Kopfes/Halses aktiv und passiv
4 Duplexsonographie der Halsweichteile (Muskelaufbau, -konsistenz,
Raumforderungen, Abszesse)
4 neurologische Diagnostik (u. a. EMG)
4 Röntgen der HWS
4 orthopädische Diagnostik
4 Untersuchung der Labyrinthfunktion und der Okulomotorik

Therapie
4 bei kongenitalem Schiefhals zunächst konservative Maßnahmen (pas-
sive Rotations- und Streckübungen), ggf. mit Gabe von Muskelrelaxan-
zien (neurologische Mitbehandlung) zur Vermeidung einer perma-
nenten Muskelfibrosierung indiziert
4 bei ausbleibendem Erfolg spätestens im 2. Lebensjahr plastisch-opera-
tive Maßnahmen zur Verlängerung des Muskels/Verringerung der
Hautspannung
4 bei sekundären Formen Therapie der Grunderkrankung
513

Abbildungen zum Kapitel Augenheilkunde

a b

. Abb. 1 a Ektropium. b Entropium

. Abb. 2 Basaliom am Unterlid . Abb. 3 Schwere eitrige Konjunktivitis. Am linken Auge Beteiligung der Orbita

a b

. Abb. 4 Bindehautmelanom mit . Abb. 5 a Nummuläre Hornhautnarben nach Adenovirusinfektion der Hornhaut
Abtropfmetastase am Unterlid (Keratoconjunctivitis epidemica). b Tiefe stromale Keratitis nach Herpesinfektion

a b

. Abb. 6 a Endophthalmitis mit erheblicher gemischter Injektion, gelblich-weiß-


lichem Augeninhalt und Hypopion (Leukozytenspiegel in der Vorderkammer
unten). b Schwere Endophthalmitis mit nahezu vollständiger Ausfüllung der Vor-
derkammer mit Leukozyten sowie Randinfiltraten am Limbus oben

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
514 Abbildungen zum Kapitel Augenheilkunde

a b

. Abb. 7 a Linsentrübung, Cataracta senilis. b Katarakt mit brauner Kerntrübung


im Spaltbild

. Abb. 8 Angeborenes Glaukom mit deutlich vergrößertem Hornhautdurch-


messer

a b

. Abb. 9 Papille mit glaukomatöser . Abb. 10 Automatische Schwellenperimetrie. a Glaukomatöser Gesichtsfeld-


Exkavation und Ausdünnung des schaden mit bogenförmigem Ausfall ausgehend vom blinden Fleck. b Fortge-
Randsaums oben schrittener glaukomatöser Gesichtsfeldschaden mit röhrenförmigem Restge-
sichtsfeld

a b c

. Abb. 11 a Hufeisenloch mit Ablatio retinae. b Zentrale Amotio mit Loch in der Makula bei hoher Myopie. c Traktive Amotio
bei proliferativer Vitreaoretinopathie (PVR)
515
Abbildungen zum Kapitel Augenheilkunde

a b

. Abb. 12 a Trockene Form der altersbedingten Makuladegeneration (AMD)


mit kreisförmigen Atrophien des retinalen Pigmentepithels. b Feuchte Form der
altersbedingten Makuladegeneration (AMD) mit schmutzig-grauer Neovasku-
larisationsmembran unter der Netzhaut und Blutungen

a b

. Abb. 13 a Zentralvenenthrombose mit streifenartigen Blutungen in der


Nervenfaserschicht der Netzhaut. b Zentralarterienverschluss mit »kirschrotem«
Fleck der Makula bedingt durch ein ischämisches Ödem

a b c

. Abb. 14 a Nicht-proliferative diabetische Retinopathie mit Blutungen und Exsudaten. b Proliferative diabetische Retino-
pathie mit präretinaler Blutung. c Proliferative diabetische Retinopathie mit Gefäßneubildungen an der Papille. Am Rand er-
kannt man Laserherde

a b

. Abb. 15 a Kleines papillennahes Aderhautmelanom aus einem Nävus heraus-


wachsend. b Großes Aderhautmelanom vom Ziliarkörper ausgehend
516 Abbildungen zum Kapitel Augenheilkunde

a b

. Abb. 16 Totale Optikusatrophie mit . Abb. 17 a Unscharfe Papille, im Niveau liegend mit Blutung oben bei anteriorer
weißlicher Papillenfarbe ischämischer Optikoneuropathie, einer arteriellen Perfusionsstörung des Seh-
nerven. b Unscharfe Begrenzung der Papille mit Halo und leichter Prominenz als
Zeichen der Stauungspapille

a b

. Abb. 18 Bitemporaler Gesichtsfeldausfall bei Läsion der Sehbahn im Chiasma

a b

. Abb. 19 a Einseitiger Exophthalmus bei malignem Orbitaprozess. b Orbitaprozess mit Exophthalmus, Exotropie, Chemose,
Gefäßreaktion und entzündlicher Infiltration der Orbita und Periorbita. Differenzialdiagnostisch müssen entzündliche und
maligne Prozesse ausgeschlossen werden
517
Abbildungen zum Kapitel Augenheilkunde

. Abb. 20 Abduzensparese links. Das linke Auge kann nicht . Abb. 21 a Symblepharon bei Trachom.
nach außen abduziert werden. In Primärposition besteht b Trachomläsionen im Tarsus des Oberlides
eine kleine Abweichung des linken Auges nach innen (Eso-
tropie)
518 Abbildungen zum Kapitel Dermatologie

Abbildungen zum Kapitel Dermatologie

. Abb. 22 Köbner-Phänomen bei Lichen ruber planus:


linear angeordnete lividrote Papeln nach mechanischer
Reizung (Kratzen)

. Abb. 23 Urtikaria mit Quaddeln in . Abb. 24 Atopisches Ekzem mit Lichenifika-


der Kniekehle tionen in den Ellenbeugen

. Abb. 25 Allergisches Kontaktekzem auf nickelhaltige Gür-


telschnalle
519
Abbildungen zum Kapitel Dermatologie

. Abb. 26 Arzneimittelexanthem . Abb. 27 Gesichtserysipel mit Bla-


nach Einnahme eines Antibiotikums senbildung am rechten Nasenflügel

. Abb. 28 Tinea capitis . Abb. 29 Herpes zoster im Gebiet des Dermatoms L5/S1
links

. Abb. 30 Lues im Stadium I mit Ulcus . Abb. 31 Psoriasis vulgaris mit (häufig anzutreffendem) Befall
durum am Penis der Rima ani
520 Abbildungen zum Kapitel Dermatologie

. Abb. 32 Erythema exsudativum multiforme mit zonal . Abb. 33 Bullöses Pemphigoid mit charakteristischem Ne-
aufgebauten Plaques am Daumenballen beneinander von Blasen, Erosionen, Erythemen und urtikari-
ell anmutenden Läsionen

. Abb. 34 Basalzellkarzinom an der . Abb. 35 Spinozelluläres Karzinom der Unterlippe


Schläfe

. Abb. 36 Malignes Melanom am . Abb. 37 Mycosis fungoides mit Tumoren auf »patches« an der
Rücken oberen Thoraxapertur
521
Abbildungen zum Kapitel Dermatologie

. Abb. 38 Vitiligo . Abb. 39 Alopecia areata

. Abb. 40 Acne vulgaris . Abb. 41 Vasculitis allergica mit charakteristischem Befall


der unteren Extremitäten (Ventral- und Dorsalansicht des
linken Unterschenkels)
522 Abbildungen zum Kapitel HNO

Abbildungen zum Kapitel HNO

© Cochlear Ltd.
b

. Abb. 42 Technische Implantate zur Hörverbesserung. Im Vergleich Normalzustand, Cochleaimplantat, Mittelohrimplantat


und Hirnstammimplantat. a Prinzipieller Aufbau der Hörbahn von Trommelfell, Gehörknöchelchenkette (beides mechani-
sche Schwingung in Luft) bis zur Grenze des ovalen/runden Fensters, der Cochlea (Ort der Transduktion von mechanischer
Schwingung in Flüssigkeit zu neuralen Effekten an Haarzellen, Hörnerv und zentraler Hörbahn bis zum auditiven Kortex.
Angriffspunkte gehörverbessernder mikrochirurgisch platzierter Implantate im Falle des Mittelohrimplantats (MOI), des
Cochlea-Implantats (CI) und des Hirnstammimplantats (BSI = »brain stem implant«). b Platzierung des Mittelohrimplantats
an den Inkus (links) oder die runde Nische (rechts) (mit freundlicher Genehmigung der Fa. Cochlear, Basel, Schweiz)

. Abb. 43 Cochlea-Implantat (CI), Implantat mit gerader mehrka-


naliger Elektrode und Antennenspule rechts oben. Implantat, retro-
© MED-EL

aurikulär getragener Sprachprozessor mit Antenne und Fernbedie-


nungseinheit links unten (mit freundlicher Genehmigung der Fa.
MED-EL, Innsbruck, Österreich)
523
Abbildungen zum Kapitel HNO

. Abb. 45 Typisches Narbenkeloid bei


ghanesischem Patienten mit konstitu-
tionell erhöhter Fibroblastenaktivität
. Abb. 44 Othämatom links

a b . Abb. 46a–d Typen der Trommel-


fellretraktion, a Normalzustand mit
regelrechter Position des Trommelfells
und der Gehörknöchelchenkette
(Tf = Trommelfell, P = Pauke (Mittel-
ohr), H = Hammer, A = Amboss, St =
Steigbügel, An = Antrum mastoideum,
To Tubenostium), b Retraktion bei
Tubenokklusion oder -Fehlfunktion,
c Retraktion epitympanal im Pars flac-
cida Anteil des Trommelfells, begin-
c d
nendes Cholesteatom, d fortgeschrit-
tene Retraktionscholesteatome, epi-
tympanales und Attikcholesteatom (e),
Pars tensa Retraktion des Trommelfells
mit Retraktionscholesteatom (t), je-
weils mit Destruktion der Gehörknö-
chelchen

. Abb. 46e–i Typen hörverbessernder Mittelohr-Operationen. e Normalzustand des Mittel-


ohrs (T = Trommelfell, H = Hammer, A = Amboss, S = Steigbügel), f Tympanoplastik nach Wull-
stein Typ IIIb mit Partialprothese (PORP), g dto. mit Totalprothese (TORP), h Stapedotomie mit
Pistonprothese (z. B. aus Titan), i Mittelohrimplantat (MOI) mit floating mass tranducer am Am-
boss, der über ein Kabel von einer implantierten Elektronik schallabhängig in Schwingung ver-
setzt wird (Signal- und Energieübertragung durch die geschlossene Haut)

f g h i
524 Abbildungen zum Kapitel HNO

. Abb. 47a Chronisch mesotympa- . Abb. 47b Cholesteatom links, Trom-


nale Otitis media mit zentraler Trom- melfell tief retrahiert, Cholesteatom
melfellperforation, gerötete und ge- weißlich schimmernd von der Pars flac-
schwollene Paukenschleimhaut über cida des Trommelfells ausgehend auf
dem Promontorium. Umbo bei das Gehörgangsdach reichend, keine
12 Uhr des Defekts randbildend Granulationspolypen, keine Otorrhö

. Abb. 48 Glomus-jugulare-Tumor . Abb. 49 Großer kindlicher Nasen-


des rechten Ohrs. Der rötlich durch- furunkel links
schimmernder Tumor liegt retrotympa-
nal im hinteren unteren Trommelfell-
quadranten

. Abb. 50 Gesichtserysipel ausge- . Abb. 52 Sublabialer Zugang zur


hend von einem Nasenfurunkel links. Rhinobasis („midfacial degloving“) hier
Metastatischer subkutaner Abszess am nach Resektion eines invertierten Pa-
Unterlid links pilloms der Rhinobasis nach abge-
schlossener Osteosynthese der Kiefer-
. Abb. 51 Chronische Rhinosinusitis höhlenvorderwand. Links neben dem
mit Polyposis im mittleren Nasengang verplatteten Mittelgesicht Blick auf die
links. Endoskopisches Bild Apertura piriformis mit Einblick in die
Nasenhaupthöhle
525
Abbildungen zum Kapitel HNO

. Abb. 53 Stark vergrößerte Tonsillen . Abb. 54 Karzinom des Nasopha-


mit membranösen Belägen bei Mono- rynx. Bild durch Endoskopie des Naso-
zytenangina pharynx mittels Velotraktion. Tumor
am Dach des Nasopharynx (blaue Pfei-
le), oben im Bild Choane mit hinterem
Muschelende (roter Pfeil)

. Abb. 55 Karzinom der Mundhöhle . Abb. 56 Akute Angina tonsillaris,


links am Zungenrand mit benachbarter rechts stärker als links ausgeprägt mit
Leukoplakie und kleinem exophy- weißlichen Stippchen
tischem Tumor am dorsalen Rand
(rechts)

. Abb. 57 Oropharynxkarzinom links. . Abb. 58 Oropharynxkarzinom links am Zungen-


Linksseitige unilaterale Tonsillenver- grund mit Ausdehnung bis zum oberen Rand der
größerung. Bei Betastung derbe Kon- Epiglottis
sistenz
526 Abbildungen zum Kapitel HNO

. Abb. 61 Supraglottisches Larynx-


. Abb. 59 Computertomogramm in . Abb. 60 Zyste der Vallecula epiglot- karzinom, Mikrolaryngoskopie mit
Höhe des Oropharynx mit Nachweis tica links (Patient in Rückenlage bei optischer Vergrößerung des Epiglottis-
des ausgedehnten Oropharynxkarzi- mikrolaryngoskopischer Endoskopie in rands. Dort leukoplakisch-exophy-
noms aus Abb. 58, heranreichend an Intubationsnarkose) tischer Tumor. In der Tiefe des Larynx
die Gefäß-Nervenscheide nach dorsal unscharf die regelrechte linke Glottis
und in die Mundbodenmuskulatur
nach ventral

. Abb. 62 Ausgedehntes Karzinom des Larynx . Abb. 63 Karzinom des vorderen


am Operationspräparat nach totaler Laryngek- Stimmlippendrittels links bis in die vor-
tomie mit ausgedehntem exophytischen Tumor dere Kommissur reichend
des subglottischen Abhangs links (unterer Pfeil),
unruhiger Schleimhautoberfläche über dem
submukösen Tumorinfiltrat der Taschenfalte
links (oberer Pfeil), Glottis links und Recessus
Morgagni von Tumor infiltriert, Tumor wächst
an der vorderen Kommissur in die Gegenseite
ein (Pfeil rechts)
527
Abbildungen zum Kapitel HNO

. Abb. 64 Karzinom des Larynx mit Infiltration der Interarytenoidregion und


Aryregion links (blaue Pfeile) mit Schwellung der aryepiglottischen Falte.
Links Phonationsstellung des Larynx, rechts Respirationsstellung

. Abb. 65 Ausgedehntes Karzinom . Abb. 66 Mediane Halszyste in Höhe . Abb. 67 Zervikale Metastase rechts
der Glandula parotis in lange vorbeste- des Hyoids bei Oropharynxkarzinom rechts mit
hendem pleomorphem Adenom mit derber Halsschwellung
ipsilateraler zervikaler lymphogener
Metastasierung rechts
529 A–B

Stichwortverzeichnis

Aktinomykose, Laryngitis 455 Apnoe-Hypopnoe-Index 427


A Akustikusneurinom 364 Applanationstonometrie 5
Akzessoriusparese 349, 350 Argyll-Robertson-Pupille 74
ABCDE-Regel 262 Allergietest 130, 131 Arteriitis temporalis 108, 310
Abdecktest 87 Alopecia areata 289, 290 Aryankylose, radiogene 467
Abduzensparese 90, 91 Alopezie Arzneimittelexanthem
Abszess – androgenetische 288, 289 – makulopapulöses 148, 149
– epiduraler 403 – Definition 288 – urtikarielles 149, 150
– parapharyngealer 511 – frontal fibrosierende 292 Arzneimittelreaktion 148
– subduraler 403 – syphilitische 163 – toxische 150, 280
– subperiostaler 401, 402 – vernarbende 292–293 Aspergillose 455
Acanthosis nigricans 275 – – gemischtzellige 293 Aspermie 328
Ackermann-Tumor 435 – – lymphozytäre 292, 293 Asthenozoospermie 328
Acne – – neutrophile 293 Ästhesioneuroblastom 405
– comedonica 299 Alport-Syndrom 351 Asthma bronchiale 395
– excoriée des jeunes filles 301 Alterssichtigkeit 7 Presbyopie Atherom 245, 335
– fulminans 301 Alterswarze 248 Atopie-Stigmata 139, 140
– infantum 301 Ameloblastom 404–407 Atrichie 288
– inversa 301, 302 Amotio 7 Netzhautablösung Atrophie blanche 308, 318
– medicamentosa 301 Amsler-Test 61 Atrophie, Definition 117
– neonatorum 300 Amyloidose 469, 470 Aufdecktest 87
– tarda 301 Analfissur 324 Augapfelverletzungen 93, 94
– venenata 301 Analvenenthrombose 325 Auge
– vulgaris 299–301 Anamnese, ophthalmologische 2 – rotes 109
ACR-Kriterien, Lupus erythema- Angina Ludovici 427 – trockenes 23, 107
todes 226, 227 Angiom Augenbrennen 107
Acrodermatitis – eruptives 265 Augeninnendruck 5
– chronica atrophicans 161 – seniles 265 Augenverätzungen 95, 96
– continua suppurativa 200 Angioödem 450 Aurikularfistel 334
Aderhaut – hereditäres 137 aurikulotemporales Syndrom 304
– Anatomie 67 Angiosarkom 267 Auspitz-Phänomen 199
– Entzündung 7 Uveitis Anhidrose 305 Autoimmundermatosen 215–231
– Fehlbildungen 67 Aniridie 38 – blasenbildende 216–223
– Lymphom 68 Anisokorie 74 Autoimmunsialadenitis 487
– Melanom 68, 69, 262 Ankyloglossie 423 Azinuszellkarzinom 490
– Nävus 69 Anomaloskop 4 Azoospermie 328
AGEP 151 Anorektalfistel 324, 325
AIDS 190, 191 Anotie 333
Akanthamöben-Keratitis 30 Antiphospholipid-Syndrom 308
Akantholyse 113 Apert-Syndrom 351
B
Akanthose 113 Apex-orbitae-Syndrom 401
Akne 7a. Acne Aphthe 118, 426 Bannwarth-Meningopolyradikulo-
Akne-Tetrade 246 – chronisch-rezidivierende 295 neuritis 160
Akrokeratosis Basex 275 – Definition 295 Barosinusitis 393, 394

M. Goebeler et al, Augenheilkunde, Dermatologie, HNO IN 5 TAGEN,


DOI 10.1007/978-3-642-20412-8, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011
530 Stichwortverzeichnis

Barrett-Ösophagus 479 Credé-Prophylaxe 21


Basaliom 249, 249
C CREST-Syndrom 229
Basalzellkarzinom 249, 250, 339, Crouzon-Syndrom 350
340 Café-au-lait-Fleck 237 Crusta 116
Beau-Furche 294 Calcinosis cutis 228, 229
Becker-Nävus 248 Candidabalanitis 180
Begleitschielen 85, 86 Candidafollikulitis 178
Beinvenenthrombose, tiefe 317 Candidaintertrigo 177
D
Bell-Phänomen 34 Candidaonychomykose 178
Berlin-Ödem 78 Candidaparonychie 178 Dakryolithiasis 16
Besenreiservarizen 316 Candidosis, orale 426 Dakryozystitis 15, 402
Bettwanze 195 CASPAR-Score 201 Dakryozystographie 402
Bezold-Mastoiditis 511 Chalazion 9 Daktylitis 201
Bienengiftallergie 133, 134 Chalkose 95 Darier-Zeichen 273
Bindegewebserkrankungen Chapel-Hill-Klassifikation 309 Degeneration, pelluzide marginale
281–286 CHARGE-Syndrom 351 27
Bindehaut Cheilitis 425, 426 Dekubitus 126
– Anatomie 18 – actinica 251, 252 Dellwarze 189
– Degeneration 24 – granulomatosa 212 Dermatitis herpetiformis Duhring
– Diagnostik 19 Chemodektom 357 223, 224
– Pathologie 18 Chiasma opticum 74 Dermatitis
– Tumoren 24, 25 Chilblain-Lupus 225 – atopische 8
Bindehautentzündung 7 Konjunk- Chlamydia trachomatis 20, 101, – periorale 303, 304
tivitis 169, 319 – seborrhoische 190
Blaschko-Linie 246 Chloasma 279 – solaris 121, 122
Blase 116 Chlorakne 301 Dermatochalasis 12
Blastomykose 389 Choanalatresie 376, 377 Dermatofibrosarcoma protuberans
Blepharitis chronica 9 Cholesteatom 343–345, 347 268
Blepharochalasis 12 Chondrodermatitis chronica helicis Dermatomykose 170–181
Blow-out-Fraktur 417 339, 340 – Hefepilze 176–180
Bogengangsdehiszenz 360 Chondrosarkom 466 Dermatomyositis 227–229, 276
Borkenkrätze 197 Chordom 444 Dermatophyten 171–176
Borrelia burgdorferi 160 Churg-Strauss-Syndrom 312 – Diagnostik 171
Borreliose 160–162 Cicatrix 117 – Einteilung 171
Bowen-Karzinom 255 Cimikose 195, 196 – Therapie 172
branchio-oto-renales Syndrom CNV-Retinitis 98 Dermatose, akute febrile neutro-
350 Cochlea-Implantat 352 phile 276
Breitnase 369 Cogan-Syndrom 358 Dermatoskopie 262
Brudzinski-Zeichen 416 Compound-Nävus 259 Dermis 113, 114
Bulbusverletzung 78, 79, 93, 94 Condylomata Dermographismus 118, 139
Bulla 116 – acuminata 187, 188 Desmosomen 113
Bursa pharyngealis 424 – lata 163 Diaskopie 118
B-Zell-Lymphom, primär kutanes Contusio bulbi 78, 79 DiGeorge-Syndrom 351
272 Corona phlebectatica paraplantaris Diphtherie 431, 454, 499, 500
317, 318 Doppelbilder 107, 417
Coryza 164 Dornwarze 186, 187
Costa cervicalis 495, 496 DRESS 151
Covertest 86 Ductus nasolacrimalis, Stenose 15
Stichwortverzeichnis
531 B–F

Durafistel 414 – acquisita 223


Dyskeratose 113, 458 – dystrophicans 241
F
Dyskeratosis follicularis 236 – hereditaria 239, 240
Dysostosis mandibulofacialis – junctionalis 241 Farbensehen 4
350 – simplex 240 Farbtafeltest nach Ishihara 4
Dysphagie 349, 480 Epidermomykose 172 Farnsworth-Farblegetest 4
– funktionelle 445, 446 Epiduralabszess 403 Favus 175
Dysplasie Epiglottitis, akute 453 Fazialisparese
– fibröse Jaffé-Lichtenstein Epikutantest 130, 131 – entzündlich verursachte 362
405 Epiphora 14, 107 – idiopathische 362
– Pharynxschleimhaut 441, Episkleritis 37 – traumatische 482
442 Epistaxis 380, 381 Feigwarze 187, 188
Epworth Sleepiness Scale 429 Felsenbeinfraktur 353, 361, 362
Erblindung 104 Felsenbeinspitzencholesteatom
– einseitige 109 345, 346
E – plötzliche 109 Felsenbeintumoren 349, 350,
Erfrierung 125 364, 365
Eagle-Syndrom 445 Erosion 116 Fibroma molle 268
Ectopia lentis 45 Erysipel 156, 337 Filzlaus 195
Eczema – Gesicht 371–373 Fissur 117
– herpeticatum 182 Erysipeloid 156, 157 Fistel
– molluscatum 189 Erythema – anorektale 324, 325
Effloreszenz 115–117 – chronicum migrans 161 – ösophagotracheale 472, 473
Effluvium 288 – exsudativum multiforme 183, Flügelfell 24
Ektropium 10 427 Fluoreszeinangiographie 6
Ekzem – gyratum repens 275 Fogo selvagem 217
– atopisches 137–140 – induratum Bazin 309 Folliculitis
– Definition 118 – infectiosum 189, 190 – decalvans 293
– Diagnostik 140 – multiforme 183, 207, 208, 427 – et perifolliculitis capitis abscedens
– dyshidrosiformes 146 – necrolyticum migrans 276 et suffodiens 293
– nummuläres 144 – nodosum 209, 286 – scleroticans muchae 293
– Provokationsfaktoren 139 Erythrasma 160 Franceschetti-Syndrom 333, 350
– seborrhoisches 144 Erythrodermie 118 Fremdkörper
– Therapie 140 Erythroplakie, orale 435 – bronchialer 473, 474
Elastose, solare 122 Erythroplasie Queyrat 254, 255 – nasale 379
Elektrookulogramm 4 Erythrosis interfollicularis colli – ösophagealer 474, 475
Elektroretinogramm 4 123 – trachealer 473, 474
Enanthem 184 Esotropie 87 Fremdkörpergranulom 213
Endophthalmitis 41 Esotropie, akkomodative 88 Frenulum
Endothelmikroskopie 6 Exanthem, Definition 118 – labialis, Verkürzung 422
Engwinkelglaukom 51 Exkoriation 116 – linguae, Verkürzung 422
Enophthalmus 107 Exophthalmometrie nach Hertel Frenzel-Brille 359
Enthesitis 201 80 Frey-Syndrom 304
Entropium 11 Exophthalmus 107 Frontobasisfraktur 413
Epheliden 257 Exotropie 87 Frühgeborenenretinopathie
Epidermis 112 Expositionskeratopathie 34 64, 65
Epidermoidzyste 245 Exsikkationsekzem 145 Fundus hypertonicus 98
Epidermolysis bullosa Exzyklorotation 89 Fungus-Ball 396
532 Stichwortverzeichnis

Furunkel 158, 372–373 Gonorrhö 167, 168, 427 Hämospermie 328


Fuß, diabetischer 320 Gorlin-Goltz-Syndrom 249 Harlekin-Ichthyose 235
Fußinfekt, gramnegativer 159 Gradenigo-Syndrom 344, 346 Haut
Granuloma – Aufbau 112
– anulare 210, 211 – Autoimmunerkrankungen
– gangraenescens 390, 391 215–231
G – pyogenicum 265, 266 – Funktion 114
– teleangiectaticum 265 – Infektionskrankheiten 154–196
Gamaschenulkus 318 grauer Star 7 Katarakt Hautalterung, UV-induzierte 122
Gaumenspalte 409, 422 Greisenbogen 27 Hautanhangsgebilde 114, 115
Gefäßerkrankungen 307–320 Greisendiskant 467 Hauttumoren, UV-induzierte 123
Gefäßtumoren 264–267 Grenzdivertikel 446 Heerfordt-Syndrom 209, 482, 487
Gehörgang, Tumoren 341, 342 Grippeotitis 344, 346 Herpes zoster 184, 185
Gerontoxon 27 Grisell-Syndrom 511 – ophthalmicus 10, 31, 32, 185
Gerstenkorn 9 Grützbeutel 245 – oticus 185, 337
Gesichtsfelddefekte 74 Gummen 164 Herpes-Retinitis 98
Gesichtsfeldeinschränkung 109 Gürtelrose 184, 185 Herpes-simplex-Infektion 181–183
Gesichtsfelduntersuchung gustatorisches Schwitzen 304 – genitale 182, 183
7 Perimetrie – Gesicht 371–373
Gingivitis, akut nekrotisierende – orofaziale 182
ulzerierende 426 – periunguale 182
Gingiovostomatitis herpetica 182
H Herpes-simplex-Keratitis 31
Glanznägel 139 Herpes-Stomatitis 426
Glaskörperabhebung 56, 57 Haare 114 Heubner-Sternkarte 184
Glaskörperblutung 57 – Wachstumszyklus 114, 115 Hidradenitis, suppurative 301, 302
Glaskörperentwicklungsstörungen Haarfollikel 114 Himbeerzunge 427
56 HAART 502 Hirnabszess, rhinogener 403
Glaskörpertrübung 56 Haarzell-Leukoplakie 191, 428 Hirsekorn 245
Glaukom 51–54 Haarzunge 427 Hirsutismus 293, 294
– Diagnostik 52 Hagelkorn 9 Histiozytom 268
Glaukom, Klassifikation 51 Halo-Nävus 259 HIV-Infektion 190, 191, 434, 435
– primäres 51 Halsfehlstellungen 510, 511 – Therapie 502
– sekundäres 51 Halsfistel 494, 495 HIV-Retinopathie 98
– Therapie 52–54 Halslymphknotenmetastasen Höckernase 369
Glaukomanfall 53 507–509 Hodgkin-Lymphom 505
Globus nervosus 445 Halsrippe, akzessorische 495, 496 Holmes-Adie-Pupille 74
Glockenschwengelpenis 163 Halstumoren Hordeolum 9
Glomus-caroticum-Tumor 503, – bösartige 505, 506 Horner-Syndrom 75
504 – gutartige 502–504 Hornhaut
Glomus-jugulare-Tumor 349, 356 Halsverletzungen 496, 497 – Anatomie 25
Glomus-tympanicum-Tumor 349, Halszyste 494, 495 – Diagnostik 26
356 Hämangiom Hornhautchirurgie, refraktive 34,
Glossitis 426, 427 – Hals 503, 504 35
– rhombica mediana 428 – infantiles 264 Hornhautdegeneration 27
Goldenhar-Syndrom 351 – Pharynx 440 Hornhautdystrophie 28
Gonioskopie 52 Hammerkopffixation, idiopathische Hornhauterkrankungen, ulzerie-
Gonoblennorrhö 167 348, 349 rende 32, 33
Gonokokkensepsis 167 Hämorrhoidalleiden 323 Hornhauttopographie 6
Stichwortverzeichnis
533 F–K

Hornhauttransplantation 35 Impetigo contagiosa 157, 158 – chronische mukokutane 179


Hornhautveränderungen, kongeni- Infekturtikaria 135 – oropharyngeale 191
tale 26 Infertilität 327, 328 – vulvovaginale 179
Hörsturz 355, 356 Innenohrentzündung 355 Kaposi-Sarkom 191, 266, 267, 443,
Hunter-Glossitis 426, 427 Innenohrerkrankungen 350–360 466
Hutchinson-Zeichen 261 Innenohrfehlbildungen 350–353 Karbunkel 158
Hyperhidrose 304, 305 Innenohrschaden, toxischer 354, Kartagener-Syndrom 395
Hyperkeratose 113 355 Karzinom
Hyperkeratosis plamoplantaris Innenohrschwerhörigkeit 350 – spinozelluläres 252, 253
diffusa 235, 236 Innenohrverletzungen 353, 354 – verruköses 435
Hyperpigmentierung, postin- Insuffizienz, chronisch-venöse 317, Katarakt 46–49
flammatorische 280 318 – erworbener 46, 47
Hyperreaktivität, nasale 387, 388 Intoleranzurtikaria 135 – Operation 47, 48
Hypersensitivitätskonjunktivitis 21 Intrakutantest 130 – sekundärer 47
Hypersensitivitätssyndrom 149, Inzyklorotation 89 – Tropen 102
151, 152 Iridozyklitis 38, 39 Katzenkratzkrankheit 498
Hypertonie, arterielle 98 Iris 38–43 Kehlkopflähmung 467
Hypertrichose 288 Iris Kehlkopfperichondritis 454
Hypertrichosis lanuginose 275 – Anatomie 38 Keilbeinosteomyelitis 414, 415
Hypertropie 87 – Entwicklungsstörungen 46 Keining-Zeichen 228
Hypohidrose 305 – Gefäßneubildungen 43 Keloid 284
Hypopharynxdivertikel 446 – Tumoren 42 Keratektasie 26, 27
Hypopharynxkarzinom 442, 443 Irisnävus 42 Keratektomie, phototherapeu-
Hypopion 108 Iriszyste 42 tische 35
Hyposensibilisierung 132 Iritis 38, 39 Keratinozyten 112
Hyposphagma 18 Keratitis
Hypotrichose 288 – Akanthamöben 30
Hypotropie 87 – bakterielle 28, 29
J – fungale 29
– infektiöse 29, 30
Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom – neurotrophische 33
I 351 – periphere ulzerative 33
Jochbeinfraktur 411 – Therapie 29, 30
Ichthyosis 233–235 Jochbogenfraktur 410 – virale 31, 32
– epidermolytische 235 Jod-Stärke-Test 305 Keratoakanthom 254
– lamelläre 234 Jones-Test 23 Keratoconjunctivitis
– vulgaris 233, 234 Juckreiz 7 Pruritus – epidemica 19
– X-chromosomal-rezessive 234 – sicca 23
IgA-Dermatose, lineare 221 Keratokonjunktivitis, atopische 21
ILVEN 247 Keratokonus 26
Immunität
K Keratopathie, metabolische 28
– erworbene 129 Keratoplastik 35
– natürliche 129 Kallmann-Syndrom 327, 329 Keratose 116
Immunkomplexreaktion 129 Kalzinosis 228, 229 Keratose
Immunkomplexvaskulitis 313 Kalziphylaxie 308 – aktinische 186, 251
Immunreaktionen 129, 130 Kandidose 176–180 – seborrhoische 248
Immunsialadenitis 483 – 7 a. Candida Keratosis follicularis 139
Impedanzaudiometrie 345 – akute pseudomembranöse 178 Kerion 175
534 Stichwortverzeichnis

Kernig-Zeichen 416 Lentigo


Kerzenwachsphänomen 199
L – senilis 257
Keuchhusten 431 – simplex 256, 257
Kiebitzeinävus 258 Labyrinthfunktionsprüfung Lentigo-maligna-Melanom
Kieferspalte 409 354 261
Kleiderlaus 194 Lagerungsmanöver LEOPARD-Syndrom 257
Klinefelter-Syndrom 327 – nach Bárány 359 Lepra 101, 389, 431
Klingelknopf-Phänomen 237 – nach Dix-Hallpike 359 Leukokorie 109
Knalltrauma 354 Lagerungsschwindel, benigner Leukonychie 294
Knötchen 116 paroxysmaler 359 Leukoplakie 119, 297, 440
Koagulationsnekrose 95, 424 Lagewechselmanöver nach – Larynx 457
Köbner-Phänomen 118, 201 Brandt-Daroff 360 – Schleimhaut 252
Kohärenztomographie, optische 6 Langnase 369 Lichen
Koilonychie 294 Lanugohaar 114 – ruber 204–206
Kokzygealfistel 246 Lärmtrauma 354 – – follicularis 292
Kolliquationsnekrose 95, 424 Laryngeusparese 467 – – planus 426
Kolobom 38 Laryngitis – – Hyperpigmentierung 280
Komedo 299 – akute 452, 453 – sclerosus et atrophicus 283,
Kompressionstherapie 316, 318 – chronische 453, 454 284
Konchotomie 378 – spezifische 454 Lichenifikation 117
Konjunktivitis 19–22 – subglottische 454, 476 Lichtblitz 108
– allergische 21 Laryngomalazie 448 Lichtdermatose, polymorphe
– bakterielle 19 Laryngozele 449 123, 124
– durch Chlamydien 20 Larynxentzündungen 452–455 Lichtscheu 107
– herpetische 19 Larynxfehlbildungen 448, 449 Lid
– virale 19 Larynxkarzinom 459–465 – Anatomie 8
Kontaktdermatitis 8 – Diagnostik 459 – Fehlstellungen 10–12
Kontaktekzem 140, 141 – Klinik 459 – Pathologie 8–13
– allergisches 142, 143 – Stadieneinteilung 41 – Phlegmone 9
– irritatives 141, 142 – supraglottisches 461 – Tumoren 12–14
– Therapie 143 – Therapie 462–465 – Verletzungen 93
Kontaktpachydermie 456 – TNM-Staging 460 Lidhämatom 417
Kopf-Hals-Tumoren – verruköses 465, 466 Lidödem, allergisches 8
– Stadieneinteilung 437 Larynxödem 450, 451 Lidschwellung 108
– TNM-Klassifikation 436 – chronisches 452 Lingua
Kopf-Impuls-Test 345, 355, 361 Larynxpapillomatose 457, 477 – geographica 428
Kopflaus 193 Larynxsarkom 466 – plicata 428
Korneozyten 112 Larynxtumoren 457–466 Linse, Anatomie 45
Kraniopharyngeom 440 Larynxverletzungen 450 Linsentrübung 46–49
Krätze 196 Lasègue-Zeichen 416 Lipodermatosklerose 317
Krikoidstenose 449, 468, 469 Lasseur-Graham-Little-Syndrom Lipom 269
Krupp 454 205 Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
Kruste 116 Latexallergie 134 409, 421
Kryoglobulinämie 231 Lederhaut 7 Sklera Lippenspalte 409, 422
Kryptozoospermie 328 LeFort-Einteilung 410 Lippentumoren 434, 435,
Küttner-Tumor 483 Leimohr 343 438
Leishmaniose 192, 193 Liquorfistel, rhinobasale 416
Lempert-Manöver 360 Lischknötchen 237
Stichwortverzeichnis
535 K–M

Livedo 307, 308 Merkel-Zellen 112


– Definition 307
M Merkel-Zellkarzinom 255, 256
– racemosa 308 Meyenburg-Altherr-Uehlinger-
Livedoid-Vaskulopathie 308 Madelungscher Fetthals 502 Syndrom 337
Löffelnagel 294 Magenhochzug 480 Mikroangiopathie, diabetische 320
Lues 7 Syphilis Makroangiopathie, diabetische Mikrosporie 175
Luftröhre 7 Trachea 320 Mikrostomie 230
Lupus erythematodes 224–227 Makrotie 334, 335 Mikrostrabismus 88
– ACR-Kriterien 226, 227 Makula 115 Mikrotie 333, 335
– chronisch diskoider 224, 225, Makuladegeneration, alters- Milie 245
292 bedingte 61 Miosis 74, 108
– Diagnostik 226 Makuladystrophie 60, 61 Mitesser 299
– medikamentös induzierter 226 Malleus 389 Mittelgesichtsfehlbildungen 409,
– neonataler 226 Marfan-Syndrom 239 410
– profundus 226 Mariske 325 Mittelgesichtsfrakturen 410–412
– Prognose 227 Marjolin-Ulkus 318 Mittelohrentzündung 7 Otitis
– subakut-kutaner 225 Masern-Keratitis 32 media
– systemischer 225–227 Mastozytom 274 Mittelohrtuberkulose 343
– Therapie 227 Mastozytose 273 Mittelohrtumoren 349, 350
Lupus erythematodes, tumidus Mastzellleukämie 273 Moebius-Syndrom 351
225 Meibom-Drüse 22 Molluscum contagiosum 10, 189
Lupuspannikulitis 226 Melanom, malignes 260–263 Monokelhämatom 417
Lyell-Syndrom 22 – akrolentiginöses 261 Mononukleose, infektiöse 432, 501
Lymphadenitis colli – amelanotisches 262 Monozytenangina 432
– spezifische 498, 499 – – Ätiologie 260, 261 Morbus
– unspezifische 497, 498 – – Diagnostik 262, 263 – Behçet 286, 295–297, 427
Lymphadenopathie – – Klinik 261, 262 – Boeck 498
– generalisierte 499 – – Mundhöhle 435, 438 – Bourneville-Pringle 238
– HIV-assoziierte 501, 502 – – Nase 374 – Bowen 254, 255, 435
Lymphadenosis cutis benigna 160, – – Ohr 339, 340 – Darier 236
161, 272 – – Therapie 263, 341 – Favre-Racouchot 123
Lymphangiom 503, 504 – noduläres 261 – Kawasaki 309, 311
Lymphgefäßerkrankungen 318, – okkultes 262 – Menière 357, 358
319 – okuläres 262 – Osler-Rendu-Weber 381
Lymphknotensyndrom, muko- – superfiziell spreitendes 261 – Raynaud 307
kutanes 311 Melanonychie 295 – von Recklinghausen 237, 238
Lymphknotentuberkulose 498, 499 Melanose, neurokutane 257 – Wegener 311
Lymphödem, kongenitales 318 Melanosis naeviformis Becker Morphaea 282
Lymphödem 248 mouches volantes 109
– primäres 318 Melanozyten 112 Mukoepidermoidkarzinom 490
– sekundäres 319 Melasma 279 Mundhöhlenentzündungen 425,
Lymphogranuloma Melkersson-Rosenthal-Syndrom 426
– inguinale 319 427 Mundhöhlentumoren 435, 436,
– venereum 169, 170 Melotie 334 439
Lymphom Menière-Syndrom 357, 358 Mundhöhlenverletzungen 424,
– Ann-Arbor-Klassifikation 506 Meningeom 364, 405–407 425
– primär kutanes 269, 270 Meningitis 403 Myasthenia gravis 467
Lymphoreticulosis benigna 498 – lymphozytäre 160 Mycosis fungoides 270
536 Stichwortverzeichnis

Mydriasis 74, 109 Nävus, epidermaler 247 Okulomotoriusparese 90


Myelom, multiples 444 – inflammatorischer linearer Oligozoospermie 328
Mykide 176 verruköser epidermaler 247 Onchozerkose 101, 102
Mykosen, superfizielle 170–181 – melanozytärer 257, 258 Onycholyse 294
Myringoplastik 343 – nicht-melanozytärer 246, 247 Onychomadese 294
– sebaceus 247, 248 Onychomykose
– spilus 258 – distolaterale subunguale
Nävuszellnävus 174
N – melanozytärer 258, 259 – proximale subunguale 174
– papillomatöser 259 – total dystrophische 174
Nachtblindheit 102, 109 Neck dissection 508, 509 – weiße superfizielle 174
Nagel 115 Necrobiosis lipoidica 211, 212 Onychorrhexis 294
– Aufbau 294 Nekrolyse, toxische epidermale Onychoschisis 294
Nagelerkrankungen 294, 295 149 Ophthalmia neonatorum 20, 21
Nagelpsoriasis 200 Nervus 7 unter den einzelnen Ophthalmie, sympathische 42
Nagelveränderungen 294 Nerven Ophthalmopathie, endokrine
Nahrungsmittelallergie 132, 133 Netzhaut orbitale 418
Narbe 117 – Anatomie 57 Ophthalmoskopie 5
– Definition 284 – Venenthrombose 62 Optikusatrophie 71
– hypertrophe 284 – Zentralarterienverschluss 63 Optikusneuropathie
NARES 388 Netzhautablösung 59 – anteriore ischämische 71
Nasenbluten 380, 381 – exsudative 59 – hereditäre 71
Nasendeformitäten 369 – rhegmatogene 59 – ischämische 71, 108
Naseneingangsatresie 375 – traktive 59 – toxische 71, 72
Naseneingangsekzem 371–373 Netzhautdegeneration, periphere Orbita
Naseneingangsstenose 375, 376 58, 59 – Anatomie 78
Nasenfistel, mediane 368 Neurilemmom 502, 503 – Trauma 78, 79
Nasenfurunkel 372–373 Neuritis nervi optici 75, 76 – Tumoren 79–81
Nasenmuschelhyperplasie 378 Neurodermitis 7 Ekzem, atopi- Orbitabodenfraktur 79, 94,
Nasennebenhöhlenentzündung sches 417
7 Sinusitis Neurofibromatose, Typ I 237, 238 Orbitadachfraktur 79
Nasennebenhöhlentumoren Neuropathie, diabetische 320 Orbitaödem 401
404–408 Nikolski-Zeichen 119, 152 Orbitaphlegmone 401
Nasenpolyp 394, 395 Nodus 116 Orbitatumoren 419
Nasenrachenfibrom, juveniles 440 Non-Hodgkin-Lymphom 269, 505 Orbitopathie, endokrine 81–83
Nasenseptumdeviation 377, 378 Normozoospermie 328 Orientbeule 192
Nasenseptumperforation 379, 380 Oropharynxkarzinom 442, 443
Nasentumoren 373, 374, 404–408 Orthokeratose 458
Nasenverletzungen 370 Ösophagitis 477
Nasenzyste 368
O Ösophagus
Nasopharnyxkarzinom 438, 442, – Fremdkörper 474, 475
443 Oberkieferosteomyelitis 414, 415 – Verätzung 475, 476
Nävus (Naevus) Offenwinkelglaukom 51 Ösophagusatresie 472, 473
– atypischer 259 Ohr, äußeres Ösophaguskarzinom 479, 480
– blauer 260 – Dysplasie 333–335 Osteogenesis imperfecta 351
– Definition 246 – Entzündungen 337–339 Osteom 404–407
– dermaler 259 – Tumoren 339–341 Osteomyelitis 414, 415
– dysplastischer 259 – Verletzungen 336 Ostiofollikulitis 158
Stichwortverzeichnis
537 M–P

Ostitis Parotidektomie 489–491 Photopsie 108


– multiplex cystoides Jüngling Parotitis Phototherapie 204
209 – epidemica 482, 483, 486 Phthiriasis palpebrarum 10
– nekrotisierende 363 – chronisch-rezidivierende 483 Pilonidalsinus 246
Otabtosis 335 PASI-Score 202 Pilz-Rhinosinusitis 396
Othämatom 336 Pathergie-Zeichen 296, 315 Pingueculum 24
Otitis Pediculosis Pityriasis
– externa 338, 339 – capitis 193, 194 – rosea 207
– – maligna 363 – vestimentorum 194, 195 – versicolor 180, 181
– interna 355 – pubis 195 Plantarwarze 186, 187
– media 343–347 Pedikulose 193 Plaque 116
– – bakterielle 344, 346 Pemphigoid Plasmozytom, extramedulläres
– – chronische 343–345, 347 – bullöses 218–220 444
– – Diagnostik 345 – gestationis 220 Plummer-Vinson-Syndrom 479
– – Klinik 344, 345 – okuläres 22 Poikilodermie 119, 228
– – mesotympanale 345, 347 – vesikulöses 219 Polyangiitis, mikroskopische 313
– – sekretorische 343, 344, 346 Pemphigus Polyarteriitis nodosa 309, 311
– – Therapie 346 – Diagnostik 217 Polyarthritis, arthrogene 467
Otorrhö, fötide 363 – foliaceus 216–218 Polysomnographie 429
Otosklerose 348, 349 – neonataler 217 PORP 347
Otserom 336 – paraneoplastischer 217, 276 Potenziale, visuell evozierte 4
– Therapie 218 Presbyopie 45
– vegetans 217 Prick-Test 130
– vulgaris 216–218, 427 Primäreffloreszenz 115, 116
P Pendred-Syndrom 351 Prismencovertest 87
Perforansvarizen 316 Prurigo 147
Pachyonychie 294 Perichondritis 337 – nodularis Hyde 147
Palmoplantarkeratose 235, 236 Perimetrie 2 – simplex subactua 147
Panarteriitis nodosa 311 Peritonsillarabszess 433 Pruritus 146–148
Pannikulitis 285, 286 Pertussis 431 Pseudokrupp 454, 476
Panuveitis 41 Peutz-Jeghers-Syndrom 257 Pseudolymphom 272, 273
Papel, Gottronsche 228 Pfeiffer-Syndrom 351 Pseudopelade Brocq 292
Papillenschwellung 73 Pfeiffer-Tonsillitis 432, 501 Pseudoptosis 108
Papillitis 72, 75, 76 Phakomatose 237–239 Pseudostrabismus 87
Papillom Pharyngitis Pseudotumor orbitae 418
– adultes 457 – akute 430, 431 Psoriasis 199–204
– invertiertes 404–407 – chronische 430, 431 – Diagnostik 201, 202
Papillomatose, tracheale 477, 478 Pharynxkarzinom 442–444 – erythrodermatische 200
Papillomviren, humane 186–188, Pharynxschleimhaut, Dysplasie – guttata 200
457 441, 442 – inversa 200
Papula 116 Pharynxtumoren 440, 441 – Klinik 199, 200
Papular-purpuric-gloves-and- Phlebitis 317 – palmoplantaris 200
socks-Syndrom 190 Phlebothrombose 317 – pustulosa 200
Papulose, bowenoide 188 Phlegmone 159, 401 – Therapie 202–204
Paragangliom 349, 364, 503, 504 Phorie 86, 87 – vulgaris 200
Parakeratose 113, 458 Photochemotherapie 204 Psoriasisarthritis 201
Parapharyngealabszess 510 Photopherese, extrakorporale Pterygium 24
Parinaud-Syndrom 74 271 Ptosis 11, 108
538 Stichwortverzeichnis

Pulsationsdivertikel 446 – chronische 385, 386 – chronische Rhinitis 389


Punctumstenose 15 – hyperreflektorische 387 – Larynx 468
Pupillenreflex, weißlicher 109 – idiopathische 387 – Lymphknotenschwellung
Pupillenstörungen 74, 75 – sicca anterior 387 498–500
Pupillotonie 74 – vasomotorische 387 – Speicheldrüsen 483, 488
Purpura 119 Rhinobasis Sattelnase 369
Pustula 116 – Erkrankungen 409–416 Säuglingshämangiom 264
Pustulose, akute generalisierte – Frakturen 412–414 Schallleitungsschwerhörigkeit
exanthematische 151 – Tumoren 404, 405–408 348
PUVA 204, 271 Rhinoconjuncitivis allergica 131, Scharlach 426
Pyoderma gangraenosum 276, 132 Schiefhals 510
313, 314 Rhinolith 379 Schiefnase 369
Pyramidenspitzensyndrom 344, Rhinomanometrie 378 Schielen 7 Strabismus
346 Rhinopathia gravidarum 388 Schielsyndrom, frühkindliches 88
Rhinopathie Schilddrüsenkarzinom 509, 510
– chronische 385, 386 – anaplastisches 509
– nicht-allergische mit Eosino- – follikuläres 509
Q philie 388 – papilläres 509
Rhinophym 371 Schirmer-Test 23, 363
Quaddel 116 Rhinosinusitis 391, 395, 396 Schlafapnoe-Syndrom, obstruktives
Quincke-Ödem 450 – chronische 395, 396 428, 429
– dentogene 400 Schleimhautpemphigoid 221,
– endokranielle Komplikationen 222
403, 404 Schmerz, retrosternaler 480
R – fungale 396 Schulterheberschwäche 349
– orbitale Komplikationen 401, Schuppe 116
Rachenverletzungen 424, 425 402 Schuppenflechte 7 Psoriasis
Ramsay-Hunt-Syndrom 337 Rhinosklerom 380, 389 Schwannom 364
Ranula 482 Rhonchopathie 428, 429 Schweißdrüsen 115
Rattenbissnekrose 230 Riesenzellarteriitis 309, 310 Schweißdrüsenerkrankungen
Raynaud-Phänomen 229, 307 Ringelröteln 189, 190 304, 205
Refluxerkrankung, gastroöso- Röhrennagel 294 Schwellen-BERA 354
phageale 477 Rosacea 302, 303, 371 Schwiegervaterhandgriff 163
Refraktionsuntersuchung 2 Rosacea-Keratitis 32 Schwimmbadkonjunktivits 20
Reibetest 130 Rotlauf 156 Scratch-Test 130
Reinke-Ödem 452, 456 Rotz 389 Seborrhiasis 200
Retina 7 Netzhaut Rubella-Keratitis 32 Seborrhö 299
Retinitis pigmentosa 60 Sebostase 139
Retinoblastom 65 Sehbahn
Retinopathie, diabetische 63, 64, – Anatomie 73, 74
98
S – Läsionen 74
Retrobulbärneuritis 75, 76 Sehbehinderung 104
Rhagade 117 Salz-und-Pfeffer-Zeichen 229 – Entschädigung 104
Rheumaknoten 213 Samter-Trias 395 – Frühförderung 105
Rhinitis Sandpapiernagel 290 – Rehabilitation 105
– akute 382, 383 Sängerknötchen 456 Sehnerv
– allergische 383–385 SAPHO-Syndrom 200 – 7 a. Optikus
– atrophicans 386 Sarkoidose 209, 210, 348, 349 – Entwicklungsanomalien 72
Stichwortverzeichnis
539 P–T

Seitenastvarizen 316 – Ranula 482 Sturge-Weber-Syndrom 239


Sekundäreffloreszenz 116, 117 – Retentionszyste 482 Styalgie 444
Septumdeviation 377, 378 – Sekretionsstörungen 482–485 Stylohyoid-Syndrom 444
Septumperforation 379, 380 – Verletzungen 482 Subduralabszess 403
Sézary-Syndrom 271 Speicheldrüsentumoren 436, Subglottisstenose 448
Sialadenitis 488–491 Subkutis 114
– akute 485 Speichelgangkarzinom 491 Sutton-Nävus 259
– – obstruktive 483 Speiseröhre 7 Ösophagus Sweet-Syndrom 276, 286
– allergische 483 Spermiogramm 327, 328 Swinging-flashlight-Test 74, 79
– chronische 487, 488 Spinaliom 252, 339, 340 Syphilid
– – sklerosierende 483, 487 Spindelzellnävus 259 – makulöses 163
– epitheloidzellige 488 Spitznävus 259 – papulöses 163
– marantische 483 Spongiose 113 – tuberonodöses 164
– myoepitheliale 483, 487 Sprachprozessor 352, 353 Syphilis 162–167
– radiogene 482, 486 Squama 116 – Diagnostik 165, 166
Sialadenose 482, 484 Stachelzellkarzinom 252 – Einteilung 162
Sialolithiasis 483, 484 Stammvarizen 316 – kongenitale 162, 164
Sialorrhö 475 Stauungsdermatitis 318 – Laryngitis 454
Sicca-Syndrom 83 Stauungsekzem 145 – Lymphadenitis 498–500
Siegle-Trichter 345 Stauungspapille 72 – Pharyngitis 430
Sinus-Dura-Fistel 356 Steißbeinfistel 246 – primäre 162, 163
Sinusitis Stenose – quartäre 164
– akute 391–393 – Ductus nasolacrimalis 15 – Rhinorrhö 388
– chronische 394–400 – kanalikuläre 15 – Schleimhautentzündung
– – Diagnostik 397 Stevens-Johnson-Syndrom 22, 425
– – Differenzialdiagnostik 398 149, 152, 153, 426 – sekundäre 162, 163
– – Klinik 396, 397 Stewart-Treves-Syndrom 267 – seropositive latente 162
– – Therapie 399, 400 Stimmlippengranulom 456 – tertiäre 162, 164
Sjögren-Syndrom 482, 486 Stimmlippenparese 448 – Therapie 166, 167
Skabies 196, 197 Stimmlippenpolyp 456
Sklera 37, 38 Stimmstörungen
– Farbveränderungen 37 – neurogene 467
Skleritis 37 – nicht-neurogene 467
T
Sklerodermie Stirnbeinosteomyelitis 414,
– progressive systemische 229, 415 Tabaksbeutelmund 230
230 Stirnlappenabszess 403 Takayasu-Arteriitis 309–311
– zirkumskripte 282, 283 Stomatitis 426, 427 Talgdrüsen 115
Sklerose – herpetiformis aphthosa 426 Talgdrüsenerkrankungen
– Definition 119 – ulcerosa 427 299–303
– tuberöse 238 Strabismus 85–90 Tapeziernagelphänomen 224
Sneddon-Syndrom 308 – Diagnostik 86, 87 Teleangiektasie, hereditäre
Sommersprossen 257 – divergens intermittens 89 hämorrhagische 382
Sonnenbrand 121, 122 – paretisches 89–91 Teratozoospermie 328
Soor 454 – Therapie 88 Thornwaldt-Zyste 424
Spaltlampenuntersuchung 5 Stratum papillare 113 Thrombophlebitis migrans
Spaltnase 369 Streifenkonchotomie 378 276
Speicheldrüsen Striae distensae 285 Thrombophlebitis 317, 403
– Entzündungen 485–487 Struma, intratracheale 477 Thyreoidektomie 510
540 Stichwortverzeichnis

Tinea Tuberkulose 388


– barbae 175 – Laryngitis 455
V
– capitis 175, 293 – Pharyngitis 431
– der freien Haut 172 Tularämie 498–500 Valsalva-Manöver 345
– favosa 174 Tüpfelnagel 290 Varikose 316
– manus 172 Tympanometrie 345 Varizella-Zoster-Virusinfektion
– pedis 173 Tympanoplastik 343, 347 183–185, 337, 371–373
– unguis 174 Tympanotomie 356 Varizen 316
– versicolor 180 Tyndall-Effekt 260 – retikuläre 316
Tinnitus 356, 357 Tzanck-Test 119 Vaskulitis 309–314
Tinnitus, pulssynchroner 350, 356 T-Zell-Lymphom, kutanes 271 – ANCA-positive 312, 313
Tinnitusverdeckungskurve 357 – Diagnostik 310
Tonsillektomie 433 – granulomatöse 390
Tonsillitis 432, 433 – Klassifikation 309
TORP 347
U – kochleäre 390
Torus palatinus 422 – nekrotisierende 313
Toxoplasmose 498–500 Überdruckbeatmung 430 – noduläre 309
Toynbee-Manöver 345 Ulcus – Therapie 310
Trachea – cruris venosum 317, 317 VATERL-Assoziation 351
– Entzündungen 476, 477 – molle 168, 169 Venenerkrankungen 316–318
– Fehlbildungen 472, 473 – rodens 250, 373 Verätzung
– Tumoren 477–479 – terebrans 250 – Auge 95, 96
– Verletzungen 473–475 Ulkus – Haut 125, 126
Trachealstenose, konnatale 472 – Definition 117 – Mundhöhle 424
Tracheitis 476 – diabetisches 320, 321 – Ösophagus 475, 476
Tracheotomie 476 – Gradeinteilung 126 Verbrennung 124, 125
Trachom 101 – Mooren 32 Verbrühung 124, 125, 423
Trachyonychie 294 Uncovertest 87 Verkehrsmedizin, Sehschärfe
Tränenfilm 22, 23 Unfruchtbarkeit 327, 328 104
Tränenträufeln 107 Unterberger-Schnitt 416 Verruca
Tränenwege, Erkrankungen Urticaria pigmentosa 274, 275 – plana 187
14–16 Urtika 116 – seborrhoica 248, 249
Tränenwegsobstruktion 402, 403 Urtikaria 134, 135 – vulgaris 186
Tränenwegsspülung 402 – akute 135 Vesikula 116
Treacher-Collins-Syndrom 333, – Ätiologie 134 Vestibularisneuropathie 358,
350 – autoreaktive 135 359
Trichiasis 11 – Diagnostik 135 Visusbestimmung 2
Trichilemmalzyste 245, 246 – Klinik 134 Visusprüfung 87
Trichogramm 288 – medikamentös bedingte 135 Vitamin-A-Mangel 102
Trichomoniasis 191, 192 – Therapie 136 Vitiligo 278, 279
Trichomykose 174, 175 Usher-Syndrom 351 von-Mikulicz-Syndrom 209
Trichotillomanie 291, 292 Uveitis 39, 40 Vulvovaginitis 182
Tripoidfraktur 411 – Ätiologie 40
Trochlearisparese 90 – intermedia 39
Trommelfellperforation, traumati- – posterior 40, 67
sche 342, 343, 361 Uvulo-Palato-Pharyngo-Plastik 430
Tropenophthalmologie 100–102 Uvulo-Velo-Pharyngo-Plastik 430
Tropie 87
Stichwortverzeichnis
541 T–Z

W
Waardenburg-Syndrom 350
Waldeyer-Rachenring, Entzündung
432
Wegener-Granulomatose 390
weicher Schanker 7 Ulcus molle
Wespengiftallergie 133, 134
Wickham-Zeichen 119
Windpocken 183, 184
Winkelblockglaukom 53
Wundrose 156
Wurstfinger 201

X
Xeroderma pigmentosum 241, 242
Xerophthalmie 23

Z
Zeis-Drüse 22
Zenker-Divertikel 446
Zoster
– generalisatus 185
– ophthalmicus 10, 31, 32, 185
– oticus 185, 337
Zoster-Neuralgie 337
Zoster-Retinitis 98
Zungenbiss 423
Zyste, epidermale 245
Zytomegalie-Virusinfektion 482,
486
Printing and Binding: Stürtz GmbH, Würzburg

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