Sie sind auf Seite 1von 244

HYPOMNEMATA

Untersuchungen
zur Antike und zu ihrem Nachleben

NOV 1
Karla Pollmann

Das Carmen
adversus Marcionitas
Einleitung, Text,
Übersetzung und Kommentar

VANDENHOECK&RUPRECHT GÖTTINGEN
Digitized by the Internet Archive
in 2019 with funding from
Kahle/Austin Foundation

https://archive.org/details/dascarmenadversuOOOOpoll
rs ^72. i/#

HYPOMNEMATA 96

V&R
HYPOMNEMATA
UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTIKE
UND ZU IHREM NACHLEBEN

Herausgegeben von
Albrecht Dihle/Siegmar Döpp/Christian Habicht
Hugh Lloyd-Jones/Günther Patzig

HEFT 96

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GOTTINGEN


KARLA POLLMANN

Das Carmen
adversus Marcionitas
Einleitung, Text,
Übersetzung und Kommentar

Thomas J. ßaia Library


TRENT UNIVERS1TY
PETERBOROUGH, ONTARKA

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GOTTINGEN


I

Verantwortlicher Herausgeber:
Siegmar Döpp

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufiiahme

Pollmann, Karla:
Das Carmen adversus Marcionitas : Einleitung, Text,
Übersetzung, Kommentar / Karla Pollmann. -
Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1991
(Hypomnemata ; 96)
Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 1990
ISBN 3-525-25195-5
NE: Carmen adversus Marcionitas; GT

D 294

© Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1991


Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile
ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb
der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne
Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung
in elektronischen Systemen.
Herstellung: Hubert & Co., Göttingen
Inhaltsverzeichnis

I. Bibliographie . 1

II. Bemerkungen zur Textgrundlage und zum Titel .... 12

III. Der Autor. 15

IV. Metrik, Prosodie, Stil . .. 22

V. Bericht zur Forschungslage/Eingrenzende


Datierung des CM . 28

VI. Theologischer Gehalt .. 33

VII. Inhaltliche Übersicht ..38

VIII. Beobachtungen zur Struktur und zur anti —


häretischen Argumentationstechnik. . 43

IX. Vorbemerkungen zu Text, Übersetzung und


Kommentar .. 51

X. Text und Übersetzung .. , 55


Siglenliste. . 55
Buch 1 56
Buch 2 70
Buch 3 86
Buch 4 104
Buch 5.. 118

XI. Kommentar • 134


Buch 1.. 134
Buch 2. .145
Buch 3 160
Buch 4.. 175
Buch 5.. 186

XII. Indices . ....... 197


Vorwort

Aus der christlichen Spätantike ist ein fünf Bücher (mit insgesamt 1302
Hexametern) umfassendes, in Sprache und Inhalt sehr anspruchsvolles
Gedicht eines unbekannten Verfassers überliefert, das sich gegen die
häretische Sekte der Marcioniten wendet. Nachdem das Carmen 1564
durch Georgius Fabricius ediert worden war, hat es in der Neuzeit
immer wieder Aufmerksamkeit gefunden und ist vor allem in den Jahr¬
zehnten von 1870 bis 1940 vielfach behandelt worden. In den letzten
fünfzig Jahren hat die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Carmen
jedoch stark nachgelassen. Die Gründe dafür liegen im Fehlen einer
zuverlässigen, dem heutigen Stand der Editionsphilologie entsprechen¬
den Ausgabe (auch die letzte, von R. Willems im CCL 2 verantwortete
Ausgabe aus dem Jahre 1954 bleibt ganz unbefriedigend) und in der
Schwierigkeit, das Werk zeitlich zu Fixieren: Die Datierungen bewegten
sich in dem Zeitraum vom 3. bis zum 6. Jahrhundert.
Die hier vorgelegte Arbeit unternimmt es, die Frage der Datierung zu
klären und eine verläßlichere (der einschränkende Komparativ hat
seinen Grund im Fehlen jeglicher Handschriften) Textgestaltung zu
bieten, verbunden mit einer (in der deutschen Sprache erstmaligen)
Übersetzung. Der vornehmlich philologisch — exegetische Kommentar
berücksichtigt neben Interpretationsfragen die Erörterung der Datierung
sowie das theologische und geistesgeschichtliche Umfeld. Der Entste¬
hungszeitraum des Gedichts läßt sich auf 420 — 450 eingrenzen (s. vor
allem Kapitel V).
Diese Arbeit ist im Sommersemester 1990 von der Ruhr — Universität
Bochum als Dissertation angenommen und mit einem Preis ausgezeich¬
net worden. Sie ist auf dem Boden dessen entstanden, was ich von
meinen akademischen Lehrern lernen durfte. Dafür danke ich den
Professoren K. Gaiser (f), E. Heck, R. Kannicht, E.A. Schmidt
(Tübingen); P.E. Easterling (London); E.J. Kenney, M. Reeve
(Cambridge/GB); G. Binder, S. Döpp, B. Effe, W. Geerlings, A.
Kleinlogel (Bochum) und R. Herzog (Bielefeld). Der Studienstiftung
des Deutschen Volkes gilt mein Dank für die ideelle und materielle
Förderung während meiner Studienzeit.
Bei Prof. W. Ott (Rechenzentrum Tübingen) bedanke ich mich für die
Erstellung einer kwic — Konkordanz zu dem Gedicht, die mir unzählige
Dienste geleistet hat; für die Arbeitserlaubnis im Vetus —Latina —
Institut in Beuron und im Münchener Archiv des Thesaurus Linguae
Latinae danke ich Prof. H.J. Frede und Dr. P. Flury. Prof. E. Heck
hatte die Freundlichkeit, das gesamte, für den Druck überarbeitete
Manuskript zu lesen. Zuverlässige Hilfe beim Korrekturlesen leisteten
mir C. Danier, E. Kirschfeld und K. —H. Schulz.
I. Bibliographie

Rezensionen sind hinter den jeweiligen Werken aufgeführt; Lexikon¬


artikel sind nach ihren Autoren alphabetisch eingegliedert; Ausgaben
von Kirchenschriftstellern sind, soweit nicht eigens angegeben, nach
Frede, Kirchenschriftsteller, benutzt. Die zitierten Werke werden bei
lateinischen Autoren nach dem Indexband des Thesaurus Linguae
Latinae (TLL) abgekürzt, wobei ich z.T. etwas vereinfache; bei grie¬
chischen christlichen Autoren folge ich G.W.H.Lampe, A Patristic
Greek Lexicon, Oxford 1961, bei paganen Liddell/Scott/Jones,
Greek —English Lexicon. Zeitschriften sind abgekürzt nach der Annee
Philologique und S.Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis
für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/New York 1974.
Bibelstellen werden nach der Vulgata zitiert, die einzelnen Schriften
werden nach der Ausgabe von Weber, Bd 1, p. XXXI abgekürzt.

I. Editionen des Carmen (chronologisch)

Fabricius G.: Poetarum Veterum Ecclesiasticorum Opera Christia-


na, Basel 1564, 257 — 286 (Editio princeps)

Pamelius J.: Tertulliani opera, Paris 1583 (Ndr. 1584 in Paris


sowie in Antwerpen, u. ö.; Waszink 1 Anm. 2 gibt an, daß er der
Ausgabe von 1579 nicht habhaft werden konnte; diese bei PL 1 [1844],
40f angeführte Ausgabe existiert nicht, es findet sich lediglich in der
Ausgabe von 1583, 10, am Ende der Einleitung das Datum der tatsäch¬
lichen Fertigstellung von 1579), 1050 — 1082 (die Anmerkungen von
Pamelius sind in PL 2 [1844], 1049 — 1090 abgedruckt, wonach ich
zitiere)

Junius F.: Tertulliani opera, Franeker 1597, 515 — 542 (Text von
J. Pamelius). 277 — 281 (Im ersten Anhang mit neuer Seitenzählung:
Anm. von Junius)

Rigaltius N.: Tertulliani opera, Paris 1634, 797 — 807

Rivinus A.: Tertulliani opera, Gotha 1651, 57 — 106 (Text).


121-201 (Anm.)
2 Bibliographie

Priorius Ph.: Tertulliani opera, Paris 21675, 650 — 659 (Ndr.


Venedig 1744 = PL 2, 1844, 1049-1090)

Maittarius M.: Opera et fragmenta veterum poetarum latinorum ...


2, London 1713, 1525-1533

Amati P.: Collectio Pisaurensis 5, Pisauri 1766, 1 — 11

Oehler F.: Tertulliani opera 2, Leipzig 1854, 781 —798

Müller M.: Untersuchungen zum Carmen adversus Marcionitas,


Ochsenfurt a.M. 1936 (Zugl.: Diss. Würzburg 1935)
(Rez.: Reynders BTh 3, 1938, 280)

Willems R.: Carmen adversus Marcionem, cura et Studio R.W.,


CCL 2, Turnhout 1954, 1417-1454
(Rez.: C. Becker ThRev 53, 1957, 172-174; Botte RecTh 23, 1956,
139; Campos Helmantica 7, 1956, 322; Greenslade JThS N.S. 7,
1956, 125 — 129; Herrmann Latomus 14, 1955, 563 — 565; van den
Hout MPh 60, 1955, 224 — 226; Orbe Gregorianum 37, 1956,
691 -693; Preaux RBPh 36, 1958, 951 -953; Scarpat Paideia 12,
1957, 41-45)

2. Weitere Textausgaben, Kommentare, Übersetzungen

Bailey C.: Titi Lucreti Cari De rerum natura libri sex..., 3 Bde,
Oxford 1947 (u. ö.)
Beckby H.: Anthologia Graeca, Buch I —VI. Griechisch —Deutsch
ed. H.B., München 1957
Becker G.: Catalogi bibliothecarum antiqui, Bonn 1885 (korrigiert
bei Bischoff 17f)
Buecheler F./Riese A.: Anthologia Latina I 1. 2 (rec. A. Riese),
Leipzig 1894. 1906 (Ndr. Amsterdam 1964)
Dibelius M.: An die Kolosser..., HNT 12, Tübingen 31953
Dombart B.: Commodiani carmina, CSEL 15, Wien 1887
Duchesne L./Vogel C.: Le Liber Pontificalis. Texte, introduction et
commentaire, t. 1. 2, Paris 1886. 1892 (Ndr. 1955), t. 3, Paris 1957
(Ergänzungen und Korrekturen von C.V.)
Evans E.: Tertullian. Adversus Marcionem, edited and translated
by E.E., 2 Bde, Oxford 1972
Frede H. J.: Epistula ad Ephesios, Hg. H. J. F., Vetus Latina
24/1, Freiburg 1962
Gnilka J.: Der Epheserbrief, Herders Theologische Kommentare
zum Neuen Testament X 2, Freiburg u.a. 1971
Bibliographie 3

Mai A.: Victorini de nativitate, vita, passione et resurrectione


Domini carmen, Auctores Classici V, Rom 1833, 382 —386
Nisbet R.G.M./Hubbard M.: A eommentary on Horace, Ödes.
Book I, Oxford 1970
Oehler F.: Q. S. Fl. Tertulliani quae supersunt omnia ed. F. Oe.,
t. III, Leipzig 1851
Oxe A.: Versus Victorini (de lege domini nostri Iesu Christi). Ein
unedierter Cento aus dem Carmen adversus Marcionitas, Gymn.—
Progr. Krefeld 1894
(Rez.: C. Weyman HJ 16, 1895, 675)
Salvatore A.: Commodiano. Carme apologetico. Introduzione, testo
critico, traduzione, commento, glossario e indici a cura di A. S., Tori¬
no 1977
Schlier H.: Der Brief an die Galater, Krit.—exeget. Komm, über
das Neue Testament VII (begr. von H. A. W. Meyer), Göttingen
121962
Schneemelcher W. (Hg.): Neutestamentliche Apokryphen in deut¬
scher Übersetzung, 2 Bde, Tübingen 51987 —1989
Schwind J.: Das pseudocyprianische Carmen de Pascha seu de
Ligno Crucis, Festschrift für F. J. Ronig, Hgg. H. —W. Stork u. a.,
Trier 1989, 379-402
Skutsch O.: The Annals of Quintus Ennius, ed. with introduction
and eommentary, Oxford 21986
Smolak K.: Das Gedicht des Bischofs Agrestius. Eine theologische
Lehrepistel aus der Spätantike (Einleitung, Text, Übersetzung und
Kommentar), SAWW 284, 2, Wien 1973
Smolak K.: Exegetischer Kommentar zu Prudentius, Apotheosis
(Hymnus, Praefatio, Apotheosis 1—216), Diss. Wien 1968 (masch.)
Thelwall S.: The writings of Tertullianus. In: Ante —Nicene
Christian library: translations of the writings of the fathers down to AD
325, Hgg.: A. Roberts/J. Donaldson, Bd. 18, Edinburgh 1870,
318-383
Turner C.H.: Documents. Latin lists of the canonical books. I. The
Roman Council under Damasus, A. D. 382, JThS 1, 1900, 554 — 560
Waszink J.H.: Carmen ad Flavium Felicem de resurrectione
mortuorum et de iudicio Domini recensuit, prolegomenis commentario
indicibus instruxit J.H.W., Florilegium Patristicum Supplementum 1,
Bonn 1937
Waszink J.H.: Tertulliani de anima edited with introduction and
eommentary by J.H.W., Amsterdam 1947
Weber P.: Biblia Sacra iuxta vulgatam versionem, 2 Bde, Stuttgart
1969
4 Bibliographie

3. Nachschlagewerke, Lexika
(Gängige Wörterbücher und Lexika werden nicht aufgeführt)
g
Altaner B./Stuiber A.: Patrologie, Freiburg 1978
Bähr J.C.: Geschichte der römischen Literatur 4, Karlsruhe 21872
Bardenhewer O.: Geschichte der altkirchlichen Literatur 2, Freiburg
21914 (Ndr. Darmstadt 1962)
Bardenhewer O.: Patrologie, Freiburg 1894
Blaise A.: Dictionnaire Latin — Frangais des Auteurs Chretiens,
Turnhout 1954
Ebert A.: Geschichte der christlich — lateinischen Literatur von ihren
Anfängen bis zum Zeitalter Karls des Grossen, Leipzig 1874
Ehrhard A.: Die altchristliche Litteratur und ihre Erforschung von
1884 — 1900. Erste Abteilung: Die vornicänische Litteratur, Straßburger
theologische Studien Suppl. 1, Freiburg/Br. 1900
Frede H.J.: Kirchenschriftsteller. Verzeichnis und Sigel, Freiburg
31981
Harnack A.: Geschichte der altchristlichen Literatur bis Eusebius 1.
2, Leipzig 1893-1904 (21958)
(Rez.: G. Krüger GGA 167, 1, Berlin 1905, 1—56)
Heussi K.: Kompendium der Kirchengeschichte, Tübingen lö1981
Hofmann J.B./Szantyr A.: Lateinische Syntax und Stilistik, Hand¬
buch der Altertumswissenschaft II 2, 2, München 21972 (zit. HSz)
Jordan H.: Geschichte der altchristlichen Literatur, Leipzig 1911
Kittel G.: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament Iff,
Hgg. G. K./G.Friedrich, Stuttgart 1933ff.
Krebs J.Ph./Schmalz J.H.: Antibarbarus der lateinischen Sprache I.
II, Basel 71905 —1907
Krüger G.: Geschichte der altchristlichen Literatur in den ersten
drei Jahrhunderten, Grundriß der Theologischen Wissenschaften II 3,
Freiburg/Leipzig 1895
Labriolle P. de: Histoire de la litterature latine chretienne, Paris
1947
Leumann M.: Lateinische Laut— und Formenlehre, Handbuch der
Altertumswissenschaft II 2, 1, München 1977
Manitius M.: Geschichte der christlich— lateinischen Poesie, Stutt¬
gart 1891
Monceaux P.: Histoire Litteraire de l’Afrique Chretienne, t. 3,
Paris 1905 (Ndr. Brüssel 1966)
Moricca U.: Storia della Letteratura Latina Cristiana, 2 Bde, Tori¬
no 1924f
Quasten J.: Patrology, 3 Bde, Utrecht u. a. 1950—1960
Schanz M./Hosius C./Krüger G.: Geschichte der römischen Litera¬
tur, Handbuch der Altertumswissenschaft VIII, München 21959 (zit.
SH)
Bibliographie 5

Souter A.: A Glossary of Later Latin, Oxford 1949


Teuffel W. S./Kroll W./Skutsch F.: Geschichte der römischen
Literatur 3, Berlin 61913
Vollmer F.: Römische Metrik, Einleitung in die Altertumswissen¬
schaft I 8, Hgg. A. Gercke/E. Norden, Leipzig/Berlin 1923

4. Sekundärliteratur

Aland B.: Marcion. Versuch einer neuen Interpretation, ZThK 70,


1973, 420-447
Allix P.: Dissertatio de Tertulliani vita et scriptis, Paris 1680 (zit.
Oehler III)
Andre J.: Etüde sur les termes de couleur dans la langue latine,
Paris 1949
Auerbach E.: Typologische Motive in der mittelalterlichen Litera¬
tur, Schriften und Vorträge des Petrarca — Instituts Köln 2, 1953

Bardy G.: Introduction generale ä la Cite de Dieu (Hg.


G.Combes), BA 33, Paris 1959, 9-144
Bauer W.: Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum,
Beiträge zur Historischen Theologie 10, Zweite, durchgesehene Auflage
mit einem Nachtrag herausgegeben von G.Strecker, Tübingen 1964
Becker C.: Fides, RAC 7, 1969, 801-839
Becker C.: Tertullians Apologeticum — Werden und Leistung,
München 1954
Bischoff B.: Lorsch im Spiegel seiner Handschriften, MBM. Bei¬
heft, München 1974
Brandes W.: Studien zur christlich — lateinischen Poesie, WS 12,
1890, 280-316
Braun R.: Deus Christianorum. Recherches sur le vocabulaire
doctrinal de Tertullien, Paris 21977
Brox N.: Häresie, RAC 13, 1986, 248-297

Caspar E.: Die älteste römische Bischofsliste, SKGG 4, Berlin


1926
Cave G.: Scriptorum Ecclesiasticorum Historia Literaria, Genf 1694
Congar Y.: Ecclesia ab Abel..., in: FS K.Adam (Hg. M.Reding),
Düsseldorf 1952, 79 — 108
Corssen P.: Bericht über die lat. Bibelübersetzungen, Jahresbericht
über die Fortschritte d. klass. Altertumswissenschaft 101, 1899, 1—83
Cranz F.E.: De Civitate Dei, XV, 2, and Augustine’s idea of the
Christian society, Speculum 25, 1950, 215 — 225
6 Bibliographie

Curtius E. R.: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter,


Bern/München 61967

Dahlmann H.: Vates, Philologus 97, 1948, 337 —353


Danielou J.: Sacramentum Futuri. Etudes sur les origines de la
typologie biblique, Paris 1950
Dattrino L.: Carmen adv. marcionitas, DPAC 1, Rom 1983, 592f
Dölger F.J.: Die Sonne der Gerechtigkeit und der Schwarze,
Münster/W. 21971
Dörrie H.: Pietas, AU 4,2, 1959, 5 — 27
Duchrow U.: Christenheit und Weltverantwortung. Traditions¬
geschichte und systematische Struktur der Zweireichelehre, Stuttgart
1970
Dürig W.: Imago. Ein Beitrag zur Terminologie und Theologie der
römischen Liturgie, München 1952
Dürig W.: Pietas Liturgica, Regensburg 1958

Fellermayr J.: Tradition und Sukzession im Lichte des römisch —


antiken Erbdenkens..., München 1979
Fischer J.A.: Carmen adversus Marcionem (Marcionitas), LThK 2,
1958, 952
Fontaine J.: Naissance de la poesie dans l’occident chretien, Paris
1981

Geerlings W.: Fliob und Paulus. Theodizee und Paulinismus in der


lateinischen Theologie am Ausgang des vierten Jahrhunderts, JbAC 24,
1981, 56-66
Greer R.A.: The captain of our salvation. A study in the patristic
exegesis of Hebrews, Tübingen 1973
Gross J.: Entstehungsgeschichte des Erbsündedogmas 1, Mün¬
chen/Basel 1960
Guldan E.: Eva und Maria. Eine Antithese als Bildmotiv,
Graz/Köln 1966

Harnack A.: Die ältesten christlichen Datirungen (sic) und die


Anfänge einer bischöflichen Chronographie in Rom, SPAW, Berlin
1892, 617-658
Harnack A.: Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott, Leipzig
21924 (Ndr. Darmstadt 1985)
Harnack A.: Militia Christi. Die christliche Religion und der Solda¬
tenstand in den ersten drei Jahrhunderten, Tübingen 1905 (Ndr. Darm¬
stadt 1963 mit Anhang: H. Emonds, Geistlicher Kriegsdienst. Der
Topos in der Militia spiritualis in der antiken Philosophie [zuerst
1938])
Bibliographie 7

Hauri —Karrer A.: Lateinische Gebäcksbezeichnungen, Zürich,


Diss., 1972
Haußleiter J.: Die Commentare des Victorinus, Tiehonius und
Hieronymus zur Apokalypse, ZKWL 7, 1886, 239 — 257
Herzog R.: Die Bibelepik der lateinischen Spätantike. Form¬
geschichte einer erbaulichen Gattung 1, München 1975
Herzog R.: Exegese —Erbauung —Delectatio. Beiträge zu einer
christlichen Poetik der Spätantike. In: Formen und Funktionen der
Allegorie, Hg. W.Haug, Stuttgart 1978, 52 — 69
Hilgenfeld A.: Die Ketzergeschichte des Urchristentums (urkundlich
dargestellt), Leipzig 1884 (Ndr. Darmstadt 1966)
Holl K.: Über Zeit und Heimat des pseudotertullianischen Gedichts
adv. Marcionem, SPAW, Berlin 1918, 514 — 559 (wieder in: K.H.,
Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte. Bd III: Der Westen,
Tübingen 1928, 13—53, wonach in dieser Arbeit zitiert wird)
Hommel H.: Schöpfer und Erhalter. Studien zum Problem Chri¬
stentum und Antike, Berlin 1956
Hoppe H.: Syntax und Stil des Tertullian, Leipzig 1903
Hiickstädt E.: Über das pseudotertullianische Gedicht Adversus
Marcionem, Diss. Leipzig 1875
(Rez.: A. Harnack ThLZ 1, 1876, 265f; A. Hilgenfeld ZWTh 19,
1876, 154-159)

Kabell A.: Metrische Studien II: Antiker Form sich nähernd, Acta
Universitatis Upsaliensis 6, Uppsala 1960
Kartschoke D.: Bibeldichtung. Studien zur Geschichte der epischen
Bi bei paraphrase von Juvencus bis Otfrid von Weißenburg, München
1975
Kirsch W.: Altes und Neues im lateinischen Epos des 4.-6. Jahr¬
hunderts, Klio 60, 1978, 389 —396
Kirsch W.: Strukturwandel im lateinischen Epos des 4.-6. Jahr¬
hunderts, Philologus 123, 1979, 38 —53
Klinck R.: Die lateinische Etymologie des Mittelalters, Medium
Aevum. Philologische Studien 17, München 1970
Königsdorfer L: De carmine adversus Marcionem quod in Ter-
tulliani libris traditur Commodiano abrogando, Diss. Würzburg 1905
Koep L.: Bischofsliste, RAC 2, 1954, 407 — 415
Koffmane G.: Entstehung und Entwicklung des Kirchenlateins,
Breslau 1879
Koffmane G.: De Mario Victorino Philosopho Christiano, Diss.
Breslau 1880
Kretschmar G.: Basilides, RGG 1, 'l957, 909f.
Kretschmar G.: Cerdo, RGG 1, 31957, 1631 f.
Kroll W.: Das afrikanische Latein, RhM N. F. 52, 1897,
569-590
8 Bibliographie

Kroll W.: Studien zum Verständnis der römischen Literatur, Stutt¬


gart 1924
Krüger G.: Gedichte, altkirchliche. In: J.J.Herzog (Begr.), Real-
encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Hg. A. Hauck,
Bd. 6, Leipzig J1899, 406 — 410

Lavarenne M.: Etüde sur la langue du poete Prudence, Paris 1933


Lawlor H.J.: Early citations from the book of Enoch, JPh 25,
1897, 164-225
Leonhardt J.: Dimensio syllabarum..., Hyp. 92, Göttingen 1989
Leppermann H.: De correptione vocabulorum iambicorum, quae
apud Plautum in Senariis atque Septenariis iambicis et trochaicis
invenitur, Diss. München 1890
Lightfoot J.B.: The Apostolic Fathers I 1, London 21890
Lipsius J.H.: Chronologie der römischen Bischöfe, Kiel 1869
Liron J.: Singularites historiques et litteraires, Paris 1734 — 1740
Löfstedt B.: Studien über die Sprache der langobardischen Gesetze,
Stockholm u. a. 1961
Löfstedt E.: Late Latin, Oslo 1959
Löfstedt E.: Philologischer Kommentar zur Peregrinatio Aetheriae.
Untersuchungen zur Geschichte der lateinischen Sprache, Uppsala 1911
(Ndr. Darmstadt 1962)
Löfstedt E.: Syntactica..., Acta Reg. Societatis Humaniorum
Litterarum Lundensis, 2 Bde, Malmö 1956
Löfstedt E.: Vermischte Studien zur lateinischen Sprachkunde und
Syntax, Lund 1936
Lumpe A.: Elementum, RAC 4, 1959, 1073 — 1100
Lumper G.: De Sancto Victorino episcopo Petavionensi et martyre
prolegomena, in: Historia theologico — critica ... VIII, Augsburg 1783ff
( = PL 5 [1844], 281-302)

Manitius M.: Beiträge zur Geschichte frühchristlicher Dichter im


Mittelalter, SAWW 117, 12, Wien 1889
Maier G.: Die Johannesoffenbarung und die Kirche, Wiss. Unters,
z. Neuen Testament 25, Tübingen 1981
Martin J.: Commodianea, SAWW 181, 6, Wien 1917
Martin J.: Christliche lateinische Dichter (1900 — 1927), JAW 221,
1929, 65-140
Maxsein A.: Philosophia cordis. Das Wesen der Persönlichkeit bei
Augustinus, Neues Forum, Salzburg 1966
May G.: Marcion in Contemporary views: results and open
questions, SCent 6, 3, 1987/1988, 129 — 151
Mayer C.: "Pietas” und ”vera pietas quae caritas est”, in: Augu-
stiniana Traiectina, Hgg. J. den Boeft/J. van Oort, Paris 1987,
119-136
Bibliographie 9

Meyer W.: Gesammelte Abhandlungen zur mittelalterlichen


Rythmik (sic), Berlin 1905 (Bd 1. 2), 1936 (Bd 3) (Ndr. Hildesheim/
New York 1970)
Miraeus A.: Bibliotheca Ecclesiastica sive de scriptoribus ecclesia-
sticis, Antwerpen 1649
Mohrmann C.: Etudes sur le latin des Chretiens I. III, Rom 21961.
1965
Mohrmann C.: Les innovations semantiques..., Humanitas 13/14,
1960/1961, 322-335
Morenz S.: Entstehung und Wesen der Buchreligion, ThLZ 75,
1950, 709-716
Müller L.: De re metrica..., Leipzig 1894 (Ndr. Hildesheim 1967)

Norberg D.: Introduction ä l’etude de la versification latine


medievale, Acta Universitatis Stockholmiensis 5, Uppsala 1958
Norberg D.: La versification de Commodien, in: Munera philologi-
ca et historica Mariano Plezia oblata, Warschau u.a. 1988, 141 — 146
Norden E.: Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis
in die Zeit der Renaissance, 2 Bde, Leipzig 1898 (Ndr. Darmstadt
Q1983)
Norden E.: Ennius und Vergil, Leipzig 1915
Normann F.: Christos Didaskalos. Die Vorstellung von Christus als
Lehrer in der christlichen Literatur des ersten und zweiten Jahrhun¬
derts, Münster/W. 1967

Ohly F.: Synagoge und Ecclesia. Typologisches im mittelalterlicher


Dichtung, in: F. O., Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsfor¬
schung, Darmstadt '1977, 312 —337
Opelt I.: Polemik in der christlichen lateinischen Literatur von
Tertullian bis Augustin, Heidelberg 1980
Otto A.: Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der
Römer, Leipzig 1890 (Ndr. Hildesheim 1988)
Oxe A.: Prolegomena de Carmine Ad versus Marcionitas, Leipzig
1888 (zit. Oxe)
(Rez.: A. Harnack, ThLZ 13, 1888, 5200

Rahner H.: Symbole der Kirche. Die Ekklesiologie der Väter,


Salzburg 1964
Rambaux C.: Un locus non desperatus: Carmen adv. Marcionem 4,
105, REA 18, 1972, 43-45
Ratkowitsch C.: Maximianus amat. Zu Datierung und Interpretation
des Elegikers Maximian, SAWW 463, Wien 1986
Raveaux Th.: Augustinus, contra adversarium legis et propheta-
rum..., Cassiciacum 37, Würzburg 1987
Reuss J.: Ebioniten, LThK 3, 1959, 633f
10 Bibliographie

Reuter E.: De Avieni Hexametrorum Re Metrica, Diss. Bonn 1909


Riggenbach E.: Historische Studien zum Hebräerbrief. I. Teil: Die
ältesten lateinischen Kommentare zum Hebräerbrief, Leipzig 1907
Rönsch H.: Itala und Vulgata. Das Sprachidiom der urchristlichen
Itala und der katholischen Vulgata, Marburg ‘1875
Rottenwöhrer G.: Unde malum ? Herkunft und Gestalt des Bösen
nach heterodoxer Lehre von Markion bis zu den Katharern, Bad
Honnef 1986
Rudolph K.: Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken
Religion, Göttingen 21980

Schreckenberg H.: Die christlichen Adversus —Iudaeos — Texte und


ihr literarisches und historisches Umfeld (1. —11. Jh.), Frankfurt
a.M./Bern 1982
Solignac A.: Piete. II. Moyen äge, DSp XIII 2, Paris 1986, 1714ff
Speyer W.: Gigant, RAG 10, 1978, 1247-1276
Stutzenberger A.: Der Heptateuch des gallischen Dichters Cypria-
nus, Progr. Zweibrücken 1903
Svennung J.: Compositiones Lucenses, Lund 1941
Svennung J.: Untersuchungen zu Palladius und zur lateinischen
Fach— und Volkssprache, Uppsala 1935

Thörnell G.: Studia Tertullianea II, Uppsala 1920


Thraede K.: Arator, JbAC 4, 1961, 187 — 196
Thraede K.: Beiträge zur Datierung Commodians, JbAC 2, 1959,
90-114
Thraede K.: Epos, RAC 5, 1962, 983-1042
Thraede K.: Untersuchungen zum Ursprung und zur Geschichte der
christlichen Poesie 1, JbAC 4, 1961, 108 — 127; 2, JbAC 5, 1962,
125-157; 3, JbAC 6, 1963, 101 -111
Thraede K.: Rez. "Salvatore, Studi Prudenziani”, JbAC 5, 1962,
186-188
Thraede K.: Studien zu Sprache und Stil des Prudentius, Hyp. 13,
Göttingen 1965
Tillemont M.L.de: Memoires pour servir l’histoire ecclesiastique
des six premiers siecles 5, Venedig 1732

Vollmer F.: Zur Geschichte des lateinischen Hexameters. Kurze


Endsilben in arsi, SBAW 3, München 1917

Wackernagel J.: Sprachliche Untersuchungen zu Homer, Göttingen


1916
Bibliographie 11

Waitz H.: Das pseudotertullianische Gedicht Adversus Marcionem,


Darmstadt 1901
(Rez.: Funk ThQ 84, 1902, 137f; Grützmacher ThLZ 26, 1901,
498-500; Jülicher GGA 1901, 628-634; Pfeilschifter WKPh 47,
1901, 1287-1291)
Wegenast K.: Valentinus Nr. 5, Der Kleine Pauly 5, 1975, 109f
Wilpert P.: Begierde, RAC 2, 1954, 62-78
Wutz F.: Onomastica Sacra I. II, TU 41, Leipzig 1914/1915

Zahn Th.: Geschichte des neutestamentlichen Kanons, Bd. II 1,


Erlangen/Leipzig 1890
Zingerle A.: Zu späteren lateinischen Dichtern, Heft I, Innsbruck
1873
II. Bemerkungen zur Textgrundlage und zum Titel

Als Textgrundlage für das Carmen ad versus Marcionitas (CM) besitzen


wir lediglich die Editio princeps von Georgius Fabricius, Basel 1564
als codicis instar, da die von ihm benutzte Handschrift verloren gegan¬
gen ist und auch sonst keine Handschriften des Gedichts erhalten bzw.
bekannt sind1. In demselben Band ediert Fabricius unter anderem
Gedichte des Prudenz (Psychomachia, Peristephanon), unter der
Autorschaft Cyprians von Karthago das Gedicht De Sodoma und,
direkt hinter dem CM angeordnet und ebenfalls Tertullian zugeschrie¬
ben, De iudicio Domini (von Waszink unter den Titel De resurrectione
mortuorum herausgegeben).
Da er den Text des CM metrisch wie stilistisch als "fehlerhaft”, d.h.
nicht klassisch — antiken Maßstäben entsprechend, empfand, griff er
immer wieder ”zur Verbesserung” in den Text ein2 3, jedoch ohne die
Bezeugung der Handschrift für den Leser in einem apparatus criticus
zu bieten. Daß Fabricius in seinen Editionen dabei generell willkürlich
verfahren sein muß, bekräftigen Urteile im Jahr 1740 bei J. Liron, Bd.
3, 143 wie ”trop grande liberte”, ”infidehte criminelle et scandaleuse”
und in neuerer Zeit Waszink 18f, der wegen der für das Carmen de
resurrectione mortuorum vorhandenen Codices die Möglichkeit hat, die
Zuverlässigkeit von Fabricius in bezug auf dieses Gedicht im einzelnen
besser zu beurteilen und zu einem weniger harten Urteil zu gelangen,
ihm in manchen Fällen sogar den besseren Text zuzugestehen2. Fabri¬
cius griff bei der Edition des CM höchstwahrscheinlich auf denselben
Codex zurück wie für die Edition von De resurrectione mortuorum,
das bei ihm De iudicio Domini genannt wird. Da bei CM die Hand-

1) Wie Fabricius zu der HS gelangte, vgl. s. Ausführungen 133; in Paraphrase


auch Hückstädt 1 und Waitz 1. Schon Pamelius (PL 2, 1054) bedauert das Fehlen
der bzw. einer Handschrift. Prospers Carmen de ingratis (s. Huegelmeyer 2 — 6) und
Galens Protrepticus ad medicinam (s. ed. Kühn 1, S. LXXII) sind z.B. ebenfalls
nur codicis instar überliefert.
2) S. sein Commentarium, 133 s. v. Tertullianus: "quamvis autem plurimos
errores sustulimus e vestigiis antiquae scriptionis, tarnen lector in reliquiis videbit,
quantum adhuc supersit, quod emendatione egeat”. In G. Fabricius, Poematum
sacrorum libri XV, Basel 1560, hat er selbstverfaßte Gedichte religiösen Inhalts
verfertigt. Fabricius bedient sich verschiedenster antiker Versmaße, wobei er sich nur
Lizenzen gestattet, die klassische Vorbilder haben; der Hexameter taucht relativ
selten auf. Die gründliche Kenntnis der klassischen Norm verursacht das im Huma¬
nismus häufige Unverständnis für metrische wie auch grammaüsche Abweichungen.
3) Vgl. auch S. 39f.
Textgrundlage/Titel 13

Schrift fehlt, ist die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Textes bei
Fabricius an konkreten Einzelstellen reine Spekulation und hat daher zu
unterbleiben.
Nur geringe Möglichkeiten der Rektifizierung werden durch zwei
zusammengehörige Centonen geboten, die erst im letzten Jahrhundert
herausgegeben worden sind und beide Abhängigkeit vom CM verraten:
Den ersten Teil veröffentlichte A. Oxe, Versus Victorini (de lege
domini nostri Iesu Christi). Ein unedierter Cento aus dem Carmen
adversus Marcionitas, Gymn.— Progr. Krefeld 1894; in den 216
Hexametern sind rund 150 Verse, Verstehe und Junkturen hauptsäch¬
lich aus dem dritten Buch des CM entnommen. Den zweiten Teil
entdeckte und publizierte A. Mai, Victorini de nativitate, vita, passione
et resurrectione Domini carmen, Auctores Classici V, Rom 1833,
382 — 386, wo etwa 80 der 106 Hexameter vom CM abhängig sind.
Beide Gedichtteile stammen aus dem Vatic. Regin. 582 (9. —10. Jh.).
Brandes hatte bereits in den Wiener Studien 1890 auf diese "unabhän¬
gige Nebenquelle” verwiesen und einige Emendationsvorschläge für das
CM gemacht4 5 6 7, was dann von Oxe, Cento, 15 — 20 weiter fortgeführt
wurde .
Aber schon Jülicher in seiner Rezension zu Waitz von 1901, 631 und
Müller, 1936, 3—5 relativierten die textkritische Bedeutung dieser
Centonen: Da darin neben "freieren” grammatischen Konstruktionen
auch solche Vorkommen, die sich eng an der klassischen Regelgramma¬
tik orientieren, bieten Abweichungen gegenüber dem CM, das selber
grammatische Phänomene uneinheitlich handhabt, nicht immer ein
sicheres Indiz für die korrigierende Hand des Fabricius. Auch tauchen
dort manchmal offensichtliche Mängel auf, die das CM nicht bietet .
Besonders hervorzuheben ist, daß gerade wegen der kontaminierenden
Centonentechnik die Gedichte keine sichere textkritische Gewähr lei¬
sten. Zur Illustration folgendes Beispiel:
CM 1,133 sideribus caelum totumque illuminat orbem
de lege 2 sideribus caeli totum qui luminat orbem.
Dadurch, daß der Vers im Cento an den Eingang des Gedichts gerückt
ist, bot es sich für den Centonendichter an, nach dem Hauptsatz in
Vers 1 (Beschreibung der Tätigkeit Gottes) in der Art des Hymnenstils
einen Relativsatz folgen zu lassen, in asyndetischer Reihung mit einem
zweiten in Vers 3.
Im CM dagegen ist der Vers Teil einer umfangreichen Aufreihung (1,

4) 310 — 312 erörtert Brandes die wahrscheinliche Zusammengehörigkeit der


Centonen (gegen die Edition der Centonen in PLS 3, 1139).
5) 314-316.
6) C. Weyman, HJ 16, 1895, 675 bekräftigt in einer kurzen Notiz zu Oxe,
Cento die seiner Meinung nach große textkritische Relevanz dieses Centos.
7) Vgl. die Müller 5 angeführten Beispiele.
14 Textgrundlage/Titel

126 — 135) der wunderbaren Schöpfungstaten Gottes: Nach Pflanzenwelt


(1, 1300 und Wasserläufen (1, 132) folgt als weiterer Bereich des
geschaffenen Kosmos der gestirnte Himmel (1, 133), wobei in der für
den Dichter charakteristischen Weise — que erst später im Vers gesetzt
wird8 9. Gegen Brandes 314 ist also der Text des CM nach Fabricius
zu halten.

In der Editio princeps trägt das Gedicht den Titel Q. Septimii Florentis
Tertulliani presbyteri Carthaginiensis adversus Marcionem. Da Fabrici¬
us keine Rechenschaft darüber ablegt, ob oder was für einen Titel er in
seiner Handschrift vorgefunden hat, zweifelten bereits Hückstädt 35
und daraufhin Manitius, Poesie, 154 dessen Echtheit an. Haupteinwän¬
de gegen den Singular Marcionem basieren etwa auf CM 1, 141 — 144
(Apostrophe an die 2.P.P1.) und 3, 300 — 302 (wo Marcion als abiec-
tus, also als exkommuniziert, bezeichnet wird), so daß Hückstädt 36
für den Plural Marcionitas plädiert.
Im folgenden schließen sich dieser Benennung Hilgenfeld 155, Brandes,
Oxe, Müller, Thraede, Epos, 1016 und Dattrino an. Ausdrücklich
gegen Hückstädt spricht sich Waitz 136 Anm. 5 aus; wiewohl auch er
in 4 Anm. 1 zugibt, daß die eigentlichen Adressaten des Gedichts die
Anhänger Marcions sind, befürwortet er im Titel den Singular. Denn
er geht von einer bewußten Nachahmung von Tertullians Prosaschrift
Adversus Marcionem aus, weil auch die Einteilung in fünf Bücher
dieselbe ist. Einer solchen Annahme widersprechen schon die Grob¬
struktur und das Argumentationsziel beider Werke. So fehlt im CM
gänzlich die in Tert. adv. Marc. 4 und 5 vorgenommene kritische
Auseinandersetzung mit den Schriften Marcions, die zu dem Ergebnis
gelangt, Marcions Gott sei, seinen häretischen Anstrengungen zum
Trotz, derselbe wie der der orthodoxen Kirche (4, 43, 8 frustra labora-
sti. Christus enim Iesus in evangelio tuo meus est). Dieses Argumenta¬
tionsziel wird im CM nicht angestrebt. S. dazu noch ausführlicher u.
S. 46f.
Die grobe thematische Ähnlichkeit dieser beiden Werke verursachte
aber auch die (falsche10) Zuschreibung des CM an Tertullian, so daß
dadurch nichts für die Authentizität des Singulars im Titel sowie des
Titels überhaupt bewiesen ist.
Allgemein wenden sich Kirchenschriftsteller des öfteren gegen einen
oder mehrere Vertreter einer kirchenkritischen Haltung, z.B. Ter-

8) S. dazu allgemein u. S. 21 und 39.


9) Und das Possessivpronomen vester in CM 1, 140. 151; 3, 286; 5, 53. 86. 89,
während Marcion nur in der 3. Person erwähnt wird. Als aktiv dargestellt werden
die Anhänger der Sekte in 1, 175 (nunc); 4, 228f; 5, 19ff. Anders dagegen die
affektische Apostrophe zu Marcion in Prud. ham. 56.
10) S. u. S. 16 mit Anm. 19.
Autor 15

tullian, Adversus Praxean, Origenes, Contra Celsum, Augustin, Contra


duas epistulas Pelagianorum, auch sein Psalmus contra partem Donatr,
hierbei handelt es sich um Schriften mit aktuellem Zeitbezug. Da Texte
in poetischer Form oft auch andere Absichten verfolgen, finden wir
hier teilweise andere Titulierungen : Z.B. Prospers Carmen de ingra¬
tis (gegen die Semipelagianer) oder die Hamartigenia des Prudenz, wo
der Titel die Auseinandersetzung mit marcionitischem Gedankengut
nicht mehr erkennen läßt.
Gegen Harnack, Geschichte 2, 2, 442 Anm. 3 halte ich es für sehr
wahrscheinlich, daß Fabricius die Bezeichnung der Schrift so, wie er
sie bietet, in der Handschrift vorlag und auch er bereits nur noch
Kenntnis vom Endresultat des Verdrängungsprozesses der vom Kanon
ignorierten christlichen Dichtung in die Pseudepigraphie hatte12. Sonst
hätte Fabricius 133 nicht die "Fehler Tertullians” entschuldigt. Der
wahre Titel ist also als verloren zu betrachten.
Meine Entscheidung für den Plural geschieht aus pragmatischen Er¬
wägungen .

III. Der Autor

Es ist m. E. sehr wahrscheinlich, daß Tertullian dem Fabricius bereits


in der Handschrift als Autor vorgegeben war14. So erklären sich am
besten die Entschuldigungen, die er für die "Fehler” Tertullians gibt',

11) Vgl. die grundlegende Feststellung bei Thraede, Epos, 1041 der ”notorische(n)
Unaktualität der dogmatischen Polemik im christlichen Lehr —Epos”, was er bereits
1016 speziell zum CM unter Berufung auf Holl betont. Ergänzt wird dies durch
Brox, der 284 — 286 hervorhebt, daß die antihäretische kirchliche Argumentation über
Jahre hinweg stereotyp blieb. Beide Tatsachen erschweren die zeitliche Einordnung
beträchtlich.
12) Vgl. Herzog, Bibelepik, S. XXVIf. Man glaubt, das Werk auch in einem
Lorscher Bibliothekskatalog wiederzufinden, der von Bischoff 13 — 15. 118 in die 2.
Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert wird, nämlich bei G. Becker 111 Nr. 37 metrum
tertulliani de resurrectione. eiusdem lib. V adversus marcionem. Daß es sich bei dem
letzteren ebenfalls um ein "metrum” handelt, legt der Zusammenhang der Auflistung
in Nr. 37 nahe sowie die Tatsache, daß davor bzw. danach weitere Gedichte genannt
werden (metrum avieni, epigrammata prosperi, metrum fortunati episcopi). M. Rist,
Pseudepigraphie refutations of Marcionism, JR 22, 1942, 39 — 62 geht auf das CM
nicht ein.
13) S. S. 20f zu Isidors Erwähnung eines Gedichtes Adversus Marcionistas (sic!)
von einem Bischof Victorinus.
14) Rigaltius im Vorwort seiner Ausgabe (zit. Oehler II 782); danach Waitz 76f,
Harnack, Geschichte 2, 2, 447 und Willems 1419; anders Krüger, Gedichte, 407,
der die Autorschaft Tertullians für eine Hypothese des ersten Herausgebers hält.
15) Commentarium, 133 s.v. Tertullianus.
16 Autor

wobei er diese fälschlicherweise16 mit der Prosaschrift Tert. adv.


Marc. 1, 1 in Verbindung bringt, wo Tertullian beklagt, daß ihm das
Manuskript einer früheren Fassung dieses Werkes entwendet und feh¬
lerhaft exzerpiert worden sei.
Auch Pamelius, Paris 1583 (PL 2, 1053), akzeptiert Tertullian als
Verfasser17.
Zum ersten Mal vehement gegen eine Autorschaft Tertullians hat sich
Rigaltius, Paris 1634, gewandt. Er berücksichtigt bereits alle dagegen¬
sprechenden Gesichtspunkte, die auch von späteren Gelehrten für ihre
Argumentation aufgegriffen wurden :
— Prosodisch — stilistische Anstöße, die nicht mehr (wie bei Fabricius)
entschuldigt werden, sowie Kritik an der mangelnden Stichhaltigkeit
bzw. Schlagkräftigkeit der antihäretischen Argumentation, die für
Tertullian untypisch sei.
— Tert. adv. Marc. 1, 1 nimmt Bezug auf eine Prosafassung (s. o.
Anm. 16).
— In der antiken Überlieferung wird Tertullian nirgends als Dichter
erwähnt .
— Inhaltliche Widersprüche zwischen dem CM und dem Oeuvre Ter¬
tullians20.
Hinzu kommt noch, daß eine dichterische Produktivität von Christen z.
Zt. Tertullians keinerlei überlieferten literarhistorischen Kontext hätte.
Rigaltius selbst beläßt es dabei, den Autor als Incertus zu bezeichnen.
Während die nachfolgende Forschung die Ablehnung Tertullians als

16) Vgl. Bähr 21 f. 25. Die Prosaschrift Tertullians stellt keine Neubearbeitung
eines früher von ihm verfertigten Gedichts dar. So bereits Rigaltius (zit. Oe hier II
781): disputatio fuit, non poema.
17) S. zit. Oehler III 14.
18) Für die ersten drei Kriterien s. zit. Oehler II 781 f, für das letzte Kriterium vgl.
z. B. den Hinweis bei Oehler II 792 zu CM 3, 277, s. auch Komm, ad 1. (zu dem
Problem der Bischofslisten).
19) So auch Cave 43: nullo tarnen Antiquorum testimonio, nulla ratione suffultus.
Maniüus, Poesie, 148 macht auf die fehlende Erwähnung Tertullians als Dichter bei
Hier. vir. ill. 53 aufmerksam.
20) Im Anschluß an Rigaltius ausführlicher Allix (zit. Oehler III 77); zusammenfas¬
send PL 2, 1049—1051. Allerdings ist dieses Kriterium nicht in allen Fällen stichhal¬
tig: Solche Divergenzen (z. B. Tert. anim. 57 gegen CM 3, 126—129, s. u. Komm,
ad 1.) sind bei jeweils verschiedener Autorintenüon durchaus denkbar. Man ver¬
gleiche etwa die unterschiedlich strengen Stellungnahmen Tertullians in seinen apolo¬
getischen und seinen innerkirchlichen Schriften zur Frage des christlichen Militär¬
dienstes für den Kaiser, oder Hieronymus, der sich in wissenschaftlichen Werken
gegen die Legende von Abrahams Grab auf Golgotha wendet (in Eph. 5, 14 PL 26,
559 AB; in Matth. 27, 33 PL 26, 2171), während er sie in einer privaten Korrespon¬
denz selber zum besten gibt (epist. 46, 3 CSEL 54, 332). Damit soll nicht eine
Autorschaft Tertullians als These neu gesetzt werden, sondern die relative Unsi¬
cherheit dieses Kriteriums deutlich werden.
Autor 17

Schöpfer des Gedichts akzeptiert hat, gab es doch immer wieder Ver¬
suche, das CM einer mehr oder weniger bekannten historischen Per¬
sönlichkeit zuzuordnen.
Bereits Oxe 40ff hatte eine "Affinität” zwischen Commodians Werken
und dem CM festgestellt, aufgrund ähnlicher prosodischer Besonderhei¬
ten sowie lexikalischer, stilistischer und inhaltlicher Gemeinsamkeiten.
Ihm schloß sich Holl 47f an, der (weitergehend) das CM als den ab¬
hängigen Teil bezeichnet, da "der einfache und klare Ausdruck Com¬
modians von ihm ins Dunkle und Geschraubte übertragen ist” (47).
Thraede, Epos, 1016 setzt das CM später als Commodian an, da dort
"die Position bereits antihäretisch” ist.
Umgekehrt folgert Müller 92f, sich insbesondere auf sprachliche Über¬
einstimmungen stützend, daß Commodian direkt vom CM abhängig ist.
Wie sie zu diesem Prioritätsverhältnis gelangt, führt sie nicht näher
aus.
Solche entgegengesetzten Resultate werden erzielt, wenn methodisch
fragwürdig bzw. gar nicht reflektiert wird.
Imitationen von sprachlichen Wendungen oder Gedanken bei verschie¬
denen Autoren lassen nur selten eine Schlußfolgerung bezüglich des
Prioritätsverhältnisses zu, da die entgegengesetzten Verfahren der
Diminutio und der Augmentatio möglich sind. Oft existiert auch noch
eine dritte (frühere) Fassung (im Sprachlichen z. B. Vergil), die ein
eindeutiges Abhängigkeitsverhältnis verschleiern kann, s. dazu neben
anderen Kroll, Studien, 150 — 155, Waszink S. V, Thraede, Untersu¬
chungen 2, 136. Analog zu sprachlichen Imitationen verhält es sich mit
dem Grad der Ausdifferenziertheit bei der Entfaltung eines Gedankens:
Eine knappe, andeutende Form kann sowohl eine rudimentäre gedank¬
liche Vorstufe als auch die Anspielung auf einen bekannten Zusam¬
menhang bedeuten, die der weiteren Ausbreitung — je nach Zusam¬
menhang und aktueller Aussageintention — nicht mehr bedarf. Auch
das zeitlich spätere Ansetzen einer Schrift aufgrund ihrer antihäreti¬
schen Haltung ist nicht zur Gänze zwingend, da bereits Tertullian
innerkirchliche, apologetische und antihäretische Schriften nebeneinan¬
der verfaßt hat.
Waitz 112ff endlich hat, hauptsächlich anhand sprachlicher und inhaltli¬
cher Übereinstimmungen, den Verfasser des CM mit Commodian
gleichgesetzt. Ihm gefolgt sind Harnack, Geschichte 2, 2, 443, der
auch einen Schüler Commodians als möglichen Dichter erwägt, und
Krüger, Rez. Harnack, 53.
Diese kühne These rief eine Flut von Einsprüchen hervor: Seitens der
Rezensenten Grützmacher 499, Funk 137f, Jülicher 632 und Pfeilschif-

21) S. zum Prioritätsproblem grundsätzlich C. Becker, Apologeticum, besonders


31 lf. 346f.
18 Autor

ter 1290, in den Handbüchern von SH VIII 3, 397 und Monceaux 502;
504 und, mit einer eigenen Abhandlung, Kömgsdorfer passim, dem
Martin, Dichter, 83 beipflichtet.
Die gewichtigsten Gründe gegen Waitz sind: Zum einen divergiert die
Metrik22. Während das CM in Hexametern abgefaßt ist, die, wenn
auch mit Lizenzen, nach klassischen Prinzipien gebaut sind, läßt sich
die quasihexametrische Dichtung Commodians nicht befriedigend nach
den Regeln einer quantitierenden Metrik analysieren"3.
Des weiteren sind die von Waitz aufgeführten sprachlich —stilistischen
Kriterien viel zu allgemein. Sie sind typisch für die generelle Weiter¬
entwicklung der lateinischen Sprache in der Spätantike und stellen keine
spezifischen Besonderheiten ausschließlich des CM und der Werke
Commodians dar . Waitz führt sich also teilweise selbst ad absurdum,
indem er zu Commodian bzw. dem CM auch Parallelen aus weiteren
spätantiken Werken nennt (z.B. 106 Anm. 7 und 8; 107 Anm. 4; 111
Anm. 1).
Besonders schlagend läßt sich die Fruchtlosigkeit seines Ansatzes an¬
hand der 119f angeführten Gottesprädikationen zeigen: Zu deren weiter
Verbreitung seit dem Beginn christlich —lateinischen Schrifttums ver¬
gleiche man Braun passim sowie zu summus und omnipotens auch den
Testimonienapparat zu Mar. Victor aleth. praef. lf und Waitz selbst
106 Anm. 8. Auch aus einigen identischen Gottesprädikationen läßt
sich keine Abhängigkeit oder Identität der Autoren ableiten.
Die Kritik der zu großen Allgemeinheit und zu geringen Konzentration
der Parallelen“^ trifft auch für die Stellen des CM zu, die die Ausgabe

22) S. u. IV ausführlicher.
23) Kabell 83 mit Verweisen; zu einer einleuchtenden Beschreibung des commodi-
anischen Hexameters jüngst Norberg, Versification, 145f: Commodian las die Hexa¬
meter mit Betonung der (damals bereits beginnenden) Wortakzente, als ob er ein
Stück Prosa vor sich habe. In der eigenen Versifikation strebte er danach, den gehör¬
ten Akzente — Rhythmus umzusetzen. Das erklärt auch die häufige quantitative
Korrektheit des zweiten Hemistichs, da dort bereits in der klassischen Antike Wort¬
akzent und Versiktus Zusammenfällen.
24) Vgl. denselben Einwand gegen diese sogenannten Abhängigkeiten bei Waszink
35. Bereits Jülicher 632f konstatiert allgemein Mängel an Waitzens Methode der
Materialgegenüberstellung; treffend in seiner Kritik auch Pfeilschifter 1290. Einzige
Ausnahme bilden die thematische wie verbale Ähnlichkeiten aufweisenden Versionen
des ”tema delle seduzioni diaboliche” (Salvatore zu Comm. carm. 174) in CM 1,
9 — 28 und Comm. carm. 172—184, die ich aber nicht für beweiskräftig genug halte.
25) Ebenfalls unbefriedigend in ihrer Aussagekraft in bezug auf Abhängigkeiten
sind die Parallelen zum CM bei Manitius, Beiträge, 22 — 24. Ihre Brauchbarkeit zur
Illustration von Gedankenparallelen auch ohne direkte Abhängigkeit (etwa im Sinne
Smolaks, Apoth., S. XIII) wird damit nicht geschmälert. Auch die Parallelen zwi¬
schen dem CM und Iuvencus bei Oxe 33 sind für ein Abhängigkeitsverhältnis wenig
beweiskräftig, da Junkturen wie scelerata insania und rex inclitus viel zu allgemein
sind. Auch begeht er denselben methodischen Fehler wie nach ihm Waitz, die klassi-
Autor 19

von Dombart im Testimonienapparat zu Comm. instr., Martin, Com-


modianea, llOf und Salvatore 253 in seiner Ausgabe von Comm.
carm. (in teilweiser Überschneidung) bieten.
Einige exemplarische Fälle zur Verdeutlichung:
Comm. carm. 3 spe captus inani | und CM 1, 2 spe postquam cepit
inani | haben als gemeinsame Vorlage Verg. Aen. 11, 49 spe multum
captus inani | (so bereits Oxe 32 Anm. 2) .
Viele Wendungen haben biblischen Ursprung: Z. B. vgl. zur gerne
zitierten Analogie von Comm. instr. 2, 12, 1—3 und CM 4, 3 den
Komm, ad 1. Die Typologie der beiden ligna Kreuz und Paradieses¬
baum in Comm. carm. 327 und CM 2, 142f. 160ff stammen aus Apc
2, 7; 22, 2. 14. 19. Auch die von Oxe 29 gezeigte Berührung in
Bibelzitaten an drei Stellen bei Commodian und dem CM lassen weder
einen Schluß auf die Benutzung der gleichen Bibel noch auf dieselbe
Heimat der beiden zu. Corssen 33 in seiner Rezension zu Oxe betont,
daß Commodian seine Zitate zumeist aus Cyprian entlehnt, während die
dem Carmen — Dichter vorliegende Bibel jünger gewesen sein muß,
wegen der Reihenfolge der 12 Kleinen Propheten nach der LXX in 3,
196 und der vier Evangelisten in 2, 61. In diesem Zusammenhang ist
auch die völlig andere Art der Bibelparaphrase hervorzuheben: Im
Gegensatz zum CM nehmen Typologien bei Commodian einen viel
geringeren Raum ein, die ”Bibelzitate” sind knapper, unvermittelt an-
einandergereiht und enger an die Vorlage angeschlossen, s. etwa
Comm. carm. 369ff. 399ff. 415ff.
Trotz lexikalischer oder morphologischer Homonymie macht einige
Male der Kontext die verschiedene semantische Intention des Verfassers
deutlich:
Comm. instr. 1, 27, 8 oblivitos esse mortuos de gesto priore | (vom
stultus, der glaubt, es gebe kein Endgericht und daß somit die ”frühe-
ren Sünden” vergessen würden) im Unterschied zu CM 2, 16
culpareque gesta priora J
27 (die Marcioniten schmähen die "früheren
Taten” Christi, d.h. die im Alten Testament verzeichneten, da sie sie
nicht als Zeugnisse des einen Christengottes akzeptieren.

sehe Vorlage, die er z. T. selbst in 32 Anm. 2 angibt, außer acht zu lassen, z. B.:
CM 4, 56 ~ Iuvenc. 1, 217 c Verg. Aen. 11, 166f; CM 2, 158 ~ Iuvenc. 2, 396<
Verg. Georg. 3, 460. Besonders unbefriedigend ist CM 2, 151 nuntiä (n. PL!) famä
(abl.) |, das nicht mit Verg. Aen. 9, 474 | nuntiä (f. Sg.) Famä und Iuvenc. 2, 342
I nuntiä (f. Sg.) famä zusammenstimmt. Wie S. 26 ausgeführt, sind hier Abhän¬
gigkeiten kaum aufzuzeigen.
26) Siehe wieder S. 26 mit Anm. 42 und Smolak, Agrest., 18 mit neuerer Li¬
teratur.
27) Gesta priora als ”im AT verzeichnete Taten” auch im Cento De nativitate in
Vers 1, also in ungebrochener Übernahme.
20 Autor

Im jeweiligen Kontext findet sich auch kein Hinweis auf eine bewußt
kontrastierende Imitation.
Bei inhaltlichen Ähnlichkeiten handelt es sich häufig um Topisches, z.
B. um den Topos pauca e multis, der variiert in Comm. instr. 1, 37,
35f u. ö. sowie im CM 1, 171 — 173; 3, 79 auftaucht. Zu Commodian
s. ausführlich Thraede, Untersuchungen 1, 11 — 127 und seine methodi¬
schen Reflexionen in Untersuchungen 2, 136f, wo er betont, daß mit
diesem Ansatz Abhängigkeiten nicht nachzuweisen sind.
Diese Untersuchung führt zu dem Ergebnis, daß die Anzahl der Paral¬
lelen stark eingeschränkt und ihre Bedeutung relativiert werden muß.
M. E. läßt sich aufgrund des bisher dargebotenen Materials keine posi¬
tive Aussage über ein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhält¬
nis zwischen dem CM und Commodian machen28.

Anlaß für anders gerichtete Spekulationen hinsichtlich eines möglichen


Autors hat eine Notiz bei Isid. vir. ill. 8 (entstanden 615/18)2 gege-
ben (PL 83, 1088 A):
Victorinus Episcopus composuit et ipse versibus duo opuscula
admodum brevia; unum adversus Manichaeos reprobantes veteris
testamenti Deum veramque Christi incarnationem contradicentes; alium
autem adversus Marcionistas, qui duo principia, id est, duos Deos
fingunt; unum malum, iustum creaturarum conditorem et retributorem
factorum; alterum bonum, animarum susceptorem et indultorem crimi¬
num.
Ohne nähere Begründung setzt das Scholion ebd. diesen Victorinus mit
Victorinus Afer Rhetor gleich, obwohl es zugesteht, daß dieser von
Hieronymus nirgends als episcopus bezeichnet wird. Ihm folgt Hück-
städt 53ff, der 55 fälschlicherweise behauptet (ohne Stellenangabe!),
daß sich bei Cassiodor ein Beleg für die Bezeichnung des Victorinus
Afer als episcopus fände; die Aussage in Cassiod. inst. div. 1, 5, 3,
auf die Hückstädt hier wohl anspielt, ist jedoch auf Victorinus von
Pettau zu beziehen . Bei Hückstädt machen in der Hauptsache die

28) Nur mit starken Einschränkungen gilt deshalb Thraede, Epos, 1016 (was
ähnlich von ihm in Untersuchungen 1, 115 wiederholt wird): "In die Stiltradition
Commodians gehört auch das Carmen adversus Marcionitas”. Die dort aufgeführten
Stilmittel (zu deren Relativierung s. S. 26) sind auch keineswegs ausschließliche
Spezifika von Commodian und dem CM.
29) Bei Miraeus 103 ziüert unter Appendix sive libellus incerü auctoris de XII
scriptoribus ecclesisticis, qui Isidoro et Ildefonso subiici solet cap. 7; PL 83, 1083f
wird die Verfasserschaft Isidors gerechtfertigt. Vgl. Frede 407: "Eine längere (spani¬
sche) Rezension fügt Teile ein (sc. in Isid. vir. ill.), die von einem Afrikaner Mitte
des 6. Jahrhunderts stammen”.
30) Das ist C. Marius Victorinus (4. Jh.), s. Harnack, ThLZ 1, 1876, 266 und
Krüger, Geschichte, 218.
31) Korrigiert bei Harnack, ZWTh 19, 1876, 114 Anm. 4; s. auch HLL 5 (1989),
Autor 21

biographischen Verhältnisse jenes Victorinus ihn zu einem plausiblen


Dichter des CM. Gegen dieses ungenügende Kriterium kam Einspruch
von Harnack, ZWTh 1876, 114 — 116, und Geschichte 2, 2, 448 Anm.
2, Hilgenfeld 155f, Koffmane, Mar. Victor., 35f (inhaltlich —
theologische Aspekte), Oxe 6f und Willems 1420.
Dagegen identifizierte Tillemont 5, 313 diesen Victorinus mit dem
gleichnamigen Bischof zu Pettau (1304). Dieser Hypothese schlossen
sich Haußleiter, 256 und, mit Vorbehalten, Krüger, Gedichte, 407 an.
Widersprochen haben aus theologischer Sicht Lumper (zit. PL 5
[1844], 294), Harnack, Chronologie 2, 2, 448, Zahn 338 Anm. 1,
Bardenhewer, Geschichte 2, 432, Moricca 1, 668 und ohne Begrün¬
dung Willems 1420, der als "Ersatz” einen bei Sidon. epist. 5, 21, 1
als Dichter gepriesenen Victorius (sic; die beiden Namensformen
Victori(n)us wurden oft verwechselt) vorschlägt.
Schließlich stützt sich ein weiterer Vorschlag auf Mai 382, der den
Cento de nativitate, als dessen Verfasser im Titel ein Victorinus ange¬
geben wird, dem Victorinus Massiliensis saeculi quinti zuschreibt.
Dieser entspricht Claudius Marius Victorius, dem Rhetor in Massilia
um 440, der das drei Bücher umfassende hexametrische Gedicht
Alethia verfaßt hat.
Oehler II 782 folgert daraus, daß derselbe der eigentliche Verfasser des
CM ist, was sich in dem Centonentitel ”widerspiegelt”; im Anschluß
daran auch Bähr 22. Einwände finden sich schon bei Hückstädt 57
Anm. 1 und, besonders ausführlich, zu allen drei Vorschlägen Waitz
80-90.
Im Vergleich zum CM finden sich in dem Gedicht Alethia weder so
langgereihte, in ihrer syntaktischen Struktur z.T. schwer durchschauba¬
re Perioden noch in solchem Maße prosodische Lizenzen . In metri¬
scher, prosodischer und stilistischer Hinsicht ist CI. Marius Victorius
wesentlich stärker an klassischen Vorbildern orientiert (vgl. den Quel¬
lenapparat bei Hovingh, CCL 128, passim). Er verwendet Ausdrücke,
die für die heidnische Mythologie und Dichtung charakteristisch sind,
im CM jedoch gänzlich fehlen: aleth. 2, 431 Tartara. 437 Olympo.
449 Hyperboreas u. v. a. (was sich aber schlecht als Datierungskrite¬
rium verwenden läßt, da Tartarus auch bereits bei Comm. carm. 435
und in den Hymnen des Hilarius vorkommt). Sprachlich steht das CM
in dieser Hinsicht dem Sedulius am nächsten.
Theologisch ausdifferenzierte Aussagen zur Trinität wie z. B. aleth.
praef. 5; 1, 4 — 6 (vgl. Prud. apoth. praef. 1 [ = Hymnus de Trinita-
te] passim, Sedul. c. pasch. 1, 292f; hymn. 1, 1090 fehlen im CM,

§ 564 Lit. 2.
32) Vgl. CSEL 16, 497f (Index Rei Metricae).
22 Metrik, Prosodie, Stil

ähnlich wie in Prospers Carmen de ingratis. Aufgrund der genannten


Unterschiede ist eine gemeinsame Verfasserschaft für beide Werke von
der Hand zu weisen.
Es ist fraglich, ob Isidors Notiz überhaupt in Zusammenhang mit dem
CM zu sehen ist:
Zum einen ist die Bezeichnung opusculum admodum breve sehr vage,
da wir den Vergleichsmaßstab des Schreibers nicht kennen. Auch ist
die Authentizität des Titels des CM nicht garantiert (s. o. S.14f), so
daß eine Identifikation nur im Bereich des Vermutbaren liegen kann.
Durch die Häufigkeit des Namens Victorinus hätte dieser Hinweis
keine entlastende Funktion im Hinblick auf die Datierungsproblematik
(s. u. V).

IV. Metrik, Prosodie, Stil

Mit dem Aussprachewandel des Lateinischen ging im 3./4. Jh. ein


zunehmender Verlust der ursprünglichen Silbenquantitäten einher. Die
Metren der klassischen Dichter waren nicht mehr aus sich allein heraus
verstehbar, sondern die Vers— und Prosodielehre wurde mit Hilfe der
Grammatiker erlernt. Aus diesen theoretischen Quellen schöpften alle
späteren Dichter, wenn sie die klassische Form übernehmen wollten .
Generell ist zu betonen, daß in der Spätantike je nach Bildungsstand
und Kunstfertigkeit des Dichters verschieden strenge Realisierungen der
klassischen Metrik nebeneinander vorkamen, so daß man nicht von
einer linearen (Auf— und Ab — ) Entwicklung sprechen kann. Exem¬
plarisch hat Vollmer dies für die kurzen Endsilben ”in arsi” gezeigt .
Die metrische Gestaltung des CM kann somit — abgesehen von der
unsicheren Textgrundlage — nicht als Kriterium für eine Datierung
dienen. M. E. kommt einer Untersuchung wie der bei Ratkowitsch
19 — 21 nur geringe Aussagekraft bezüglich des Datierungsansatzes zu,
nicht zuletzt wegen der von ihr zu schmal gehaltenen Materialbasis (je
300 Verse verschiedener Dichter werden in bezug auf die prozentuale
Häufigkeit von Zäsuren u.a. verglichen). Auch stilistische Merkmale
eignen sich nicht als Anhaltspunkt für eine Datierung, besonders wegen

33) Vollmer, Römische Metrik, 17 und zuletzt Leonhardt 14 — 17.


34) Vollmer, Geschichte, besonders 53f für die Dichter des 3. bis 6. Jahrhunderts,
wo er beachtenswerterweise dafür plädiert, Abweichungen von der klassischen Norm
nicht verächtlich und damit ahistorisch zu verurteilen. Die kurzen Endsilben ”in arsi”
für das CM bietet er 41 f, wobei er aber den korrupten Zustand des Textes einräumt.
Allgemein zum Nebeneinander der verschiedenen Niveaus im Versbau im 5. Jh. s.
Huegelmeyer 24.
Metrik, Prosodie, Stil 23

der für die Spätantike insgesamt charakteristischen Kontamination, s. u.


S. 26f.
Ich beschränke mich hier bei Metrik und Prosodie des CM auf eine
knappe Charakterisierung dessen, was von der Forschung bisher nicht
zutreffend eingeschätzt oder übersehen wurde; vollständig aufgezählt
Finden sich die Phänomene bei Oxe 17 — 20 und Waitz 150 — 153.
Grundsätzlich folgt der Dichter dem Vorbild des klassischen Hexa¬
meters, läßt aber "vulgäre” Lizenzen zu. Da diese aber nicht durch¬
gängig erscheinen, sind sie kein sicherer Anhaltspunkt bei textkritischen
Entscheidungen. Besonders Müller gerät hierbei des öfteren sehr ins
Spekulative; z. B. liegt in 1, 27 kein zwingender Grund vor, mit Mül¬
ler und Willems culpa carent statt culparent bei Fabricius zu lesen.
Versiktus und Wortakzent müssen nicht notwendigerweise zusammen¬
fallen, tun dies jedoch zumeist im 5. und 6. Fuß, wie es auch in der
Klassik häufig der Fall ist.
Monosyllabon am Ende des Verses kommt nicht vor, außer in Wort¬
bildern mit est (1, 239; 3, 150. 160^ 4^_ 16. _27’ 5, 192. 253). Der
einzige Versus spondiacus ist 3, 197 Aggaeusque | (Eigenname!). Kein
Vers außer dem eben genannten endet auf mehr als drei Silben.
Hauptzäsur ist die Penthemimeres, oft ergänzt durch die Trithemimeres
oder die Hephthemimeres oder beide. Aber der Dichter zeigt auch eine
Vorliebe für das "anspruchsvollere” xcltcl tqltov tqoxoxov. Trotz
des unsicheren Textbestandes lassen sich diese Tendenzen aus dem pro¬
zentualen Verhältnis der einzelnen Zäsuren zu den insgesamt 1302
Hexametern erkennen:
Trithemimeres 56,8 %
Penthemimeres 78,2 %
xcltü tqltov tqoxoxov 9,2 %
Hephthemimeres 60,4 %
Bukolische Dihärese 4,2 %
Das Verhältnis zwischen Satzstruktur und Versbau ist nicht als aus¬
gewogen zu bezeichnen, oft Fällt die Hauptsatz —/Nebensatz — Grenze
mit der Versgrenze zusammen.

35) Zu deren Problematik s. S. 21 und 39.


24 Metrik, Prosodie, Stil

Die prosodischen Lizenzen des CM kommen auch, obgleich in der


Regel in geringerem Umfang, bei den anderen christlichen Dichtern
vor 6. Sie finden sich bereits in der archaischen lateinischen Dichtung.
So behandeln Ennius und Plautus teilweise vor Vokalen 1 wie i und
o . 38 A
u wie u .
Für manche Erscheinungen lassen sich auch klassische Vorbilder finden
(daß sie im CM wesentlich häufiger erscheinen als in diesen Vorbil¬
dern, mag seine Ursache in der Aneignung aus den Grammatikern
haben, wo naturgemäß den Ausnahmen oder besonderen Erscheinungen
größerer Raum zugestanden wird):
In 2, 42 und 3, 46 wird defuerunt gemessen; eine solche alte Perfekt¬
form findet sich analog bei Lucr. 3, 86. 134, Verg. Aen. 2, 774; 8,
677 und wird bei den Grammatikern behandelt, s. Sacerd. gramm. 6,
451, 4ff K., weitere Stellen bei Leonhardt 45. connubium wird metri
causa in obliquen Kasus bereits bei Vergil und Ovid dreisilbig gemes¬
sen, wie auch im CM 5, 57. 84.
Besonders häufig werden Vokale vor einfachem Konsonanten oder am
Wortende in den Quantitäten (nach klassischem Maßstab) falsch behan¬
delt, was sich in vielen Fällen mit "Scheinprosodie” erklären läßt .
Erscheinungen wie ergo finden sich ab Ovid. Gefördert wurde der
Verlust der Quantitäten gerade in den syllabae finales durch die lateini¬
sche Akzentregel, daß Schlußsilben stets unbetont sind, s. Leonhardt
30.
Keine Scheinprosodie stellt die Messung coperio dar (CM 1, 136; 2,
11. 91; 3, 116; 4, 13; 5, 174. 213), wegen Consent, gramm. V 387,
36 K. (5. Jh ?): (de prothesi) si dicat ”coperit” pro ”operit” faciet
barbarismum, was 392, 1 ähnlich formuliert ist, mit Beispielen wie
”gruit” statt ”ruit” und "tottum” statt ”totum”. Es ist hier also nicht an
eine Kontraktion aus co —operire zu denken, sondern an stilistische
Prothesis ( = adiectio litterae), ausgehend von dem eigentlichen operio.
Bereits Gellius kannte die Herkunft von co —operio nicht mehr, s.
L.Müller 295 und 453. - V-
Der Hiat kommt sehr selten vor: 3, 195 | spiritu implicitus (in 3, 174

36) Vgl. Reuter passim, der auch das CM miteinbezieht.


37) Stellen bei Norden, Ennius und Vergil, 77 Anm. 2; 135 Anm. 1 und Lepper¬
mann passim.
38) Was sich prosodisch auch als eine Kurzmessung der beiden aufeinanderfolgen¬
den Vokale beschreiben läßt, z. B. abl. sapientji oder sapientia. Zu solchen Fällen
im CM s. die Auflistungen bei Oxe 17 — 20 und Waitz 150—153. Der Befund im
CM ergibt, daß verschiedene Analogien gebildet wurden: Die Vokalkürzung kann
auch bei nicht vorangehendem i eintreten, z. B. in 2, 51 | umbrae futürörum (vgl.
Norberg, Introduction, 9); Iotazismus liegt vor in 3, 174 _zur^ Vermeidung des Hiats;
ein Iotazismus z. B. auch bei Prud. cath. 12, 162 errSris imperio gravi |.
39) S. Kabell 85 mit Literatur; geprägt hat diesen Begriff Wilhelm Meyer (Ges.
Abh. 2, 13. 122).
Metrik, Prosodie, Stil 25

dei ore profudit | wird das i von dei wohl konsonantisch gefaßt; zur
Dehnung des ”e” vgl. das Folgende unter Dichrona).
Dichrona:
— säbbata 2, 204. 209 gegen sabbata 2, 207
— fämes 3, 153 gegen famis 3, 40. 185
— cuius 2, 58 (wie Lucr. 1, 149, s. Bailey ad 1.) gegen die zweisilbige
Messung in 2, 60 u. ö. Dagegen folgt das CM mit der Messung cüi
(statt iarabischer oder pyrrhichischer Messung) stets dem vorseneca-
nischen Gebrauch der Synizese, wie z. B. auch Claudian und
Coripp.
-prophetica 3, 129 gegen propheta 1, 46 u. ö. Zur häufig freien
Behandlung von prü- s. Wackernagel 238-240 mit Belegen von
Ennius bis Ovid.
-deum 5, 135 gegen die einsilbige Messung in den obliquen Kasus in
2, 240 u. ö., die schon bei Plautus vorkommt. Die Längung der
ersten Silbe ist ein barbarismus per transmutationem temporis, er¬
wähnt bei Don. gramm. 4, 392, 21 K.
—ecclesia 3, 236. 291 gegen ecclesia 2, 42. 190. 194, was in der
Spätantike besonders bei Dichtern der ersten Hälfte des 5. Jh. vor¬
kommt, s. TLL, s. v. ecclesia, V 2, 32, 83ff.
Bei plaga, das je nach Quantität der ersten Silbe eine andere Bedeutung
hat, weiß der Dichter jedoch streng zu scheiden (2, 4; 3, 55 gegen 4,
13. 154), was in der karolingischen Zeit selten wurde, s. Ratkowitsch
22f.
Eine Erklärung für manche prosodischen Erscheinungen im CM ist die
gewandelte Aussprache des Lateinischen:
-Teilweise wird ae kurzgemessen (2, 51. 198; 3, 35. 108; 4, 85.
201), was sich häufiger besonders bei Cyprianus poeta findet und
sich bis ins Mittelalter fortsetzt, s. L. Müller 445 und Norberg,
Introd., 8.
-h wird, allerdings sehr selten, als Konsonant aufgefaßt in 5, 107.
142 (positionsbildend), was in der spätantiken Dichtung häufiger
vorkommt, in der quantitativen Dichtung der karolingischen Renais¬
sance jedoch wieder streng verpönt war, s. W. Meyer 1, 121. 189.
275f und Norberg, Introd., 33.
Muta cum liquida kann Position bilden40.
Die Prosodie des CM weist große Ähnlichkeiten mit der von Carm. de
resurr. auf, vgl. Waszinks Index metricus 173 — 178, was aber nicht
für Versbau und Syntax gilt. Ebenso bemerkt Waszink 36 Anm. 1
richtig, daß dem CM der für Carm. de resurr. auffallende Gebrauch
von Homoioteleuta fehlt. Der "Reim” ist also, trotz des gelegentlichen
Auftauchens, gemessen an der Verszahl für den Stil des CM nicht

40) S. Reuter 39.


26 Metrik, Prosodie, Stil

konstitutiv (gegen Oxe 23f und Manitius, Poesie, 155 Anm. 2; Hexa¬
meterpaare mit reimendem Ausgang finden sich häufiger z.B. auch bei
Ovid), ebensowenig wie die Alliteration (gegen Koffmane, Kirchenla¬
tein, 159 — 163). In dieser Hinsicht ist ebenfalls problematisch Stutzen¬
berger 26 — 29, der das Auftauchen der Alliteration mit ihrem didakti¬
schen Wert gerade bei gallischen Dichtern zur Zeit des Cyprianus
poeta festzustellen glaubt.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die prosodischen Lizenzen des
CM in das historische Umfeld der Spätantike gehören, für die damalige
Praxis in der quantitierenden Metrik nicht außergewöhnlich sind, und
daß das Carmen, wenn es auch nicht als streng klassizistisch zu be¬
zeichnen ist, kaum unerklärliche Lizenzen bietet, weswegen von Ein¬
griffen in den Text, die sich allein dadurch rechtfertigen wollen, abzu¬
sehen ist, gegen Oxe 19, Müller und Willems passim.

Einige stilistische Besonderheiten des CM:


Allgemein ist hierbei der Begriff der Kontamination treffend, den be¬
sonders Thraede zur Charakterisierung der christlichen Dichtung ge¬
braucht4 .
So finden sich neben teilweise sehr kühnen, auch gräzisierenden Kon¬
struktionen klassische Wendungen und — besonders hervorstechend —
Wörter aus dem altrömischen Bereich:
2, 6 lolium; 5, 166 praetextatus; 5, 169 scriblita; 4, 120 sagmen; 5,
53 prosapia; 1, 183 u.ö. vates (aber auch propheta wird verwendet).
Die Übernahme von vates im Sinne von propheta war möglich, weil
der Begriff ”im öffentlichen römischen Kult niemals eine Rolle gespielt
hat”, wie Dahlmann 344 ausführt. Hier wurde die sekundäre Bedeu¬
tung eines Wortes von den Christen aufgegriffen und in den Vorder¬
grund gerückt, s. Mohrmann 1, 156 und Innovations, 324f; vates
erscheint z. B. auch bei Iuvencus und Prudenz. Zur Antinomie
"archaisch oder vulgär” s. HSz 768f. 771 mit Literatur. Nach Norden,
Kunstprosa 1, 366f war Fronto bis ins 6. Jh. hinein populär, und in 2,
578 — 580 konstatiert Norden besonders für das 4./5. Jh. eine Vorliebe
für das Archaisieren. Die Doppelung von Aussagen, wobei am Ende
der zweiten Wiederholung ein gedanklicher Fortschritt stattfindet, wie
z. B. CM 5, 48 — 51, erinnert an dasselbe Verfahren bei Lucrez, z. B.
1, 62 — 79; archaisierend wirkt auch die teilweise semantische Über¬
determinierung der Aussage, z.B. CM 3, 30 tarn manifesta patens ex
omni parte retecta est (sc. natura) analog zu Lucr. 3, 4 ficta pedum
pono pressis vestigia signis.
Im CM häufiger auftretende asyndetische Reihen (wie 1, 65bf) können

41) Thraede, Rez., 187 auf Prudenz bezogen, und als grundsätzliches Phänomen
spätantiker Dichtung bereits bei Kroll, Studien, 154f.
Metrik, Prosodie, Stil 27

nicht als Datierungsanhalt herangezogen werden, da sie von Lucrez (s.


Bailey zu 1, 1590 über Juvenal bis zu christlichen Versinschriften,
Prudenz (etwa apoth. 646 — 648; ham. 7600 und Sedulius (z.B.
c.pasch. 5, 59 — 62) zu finden sind und auch noch der schulmäßig
gelehrten Rhetorik des Mittelalters angehörten, s. Curtius 289.
Zu den aus dem Griechischen übernommenen Fremdwörtern s. zuletzt
die Aufstellung bei Müller 83. In 2, 65 gebraucht der Dichter das
hebräische Wort phase statt pascha (s. Komm, ad 1.). Dieses Wort
wird im lateinischen Westen erst durch die alttestamentliche Vulgata
des hebräischkundigen Hieronymus eingebürgert. Die Entstehungszeit
des Gedichtes liegt damit nach 400.
Bei aus der Antike (besonders aus Vergil und Ovid) stammenden
Wortverbindungen, die oftmals im poetischen Sprachgebrauch so ver¬
breitet waren, daß sie bei den Späteren auf keine konkrete Quelle zu¬
rückzuführen sind , ist bezeichnend, daß sie im CM größtenteils nicht
bewußt kontrastierend auf die klassische Entsprechung anspielen (vgl.
u. Komm, zu 2, 206). Thraede benutzt dies als Kriterium für die
Periodisierung der christlichen Dichtung: Nach Thraede, Arator, 194
ist das Stadium der Kontrastimitation (spätestens) ab Mitte des 5. Jh.
überwunden. Hierbei muß jedoch mit gegenläufigen Tendenzen gerech¬
net werden, da z. B. Avitus und Dracontius sich bewußt auf klassi¬
sche Vorbilder beziehen.
Die große Zurückhaltung bei der Verwendung von pagan — epischem
Wortornat sowie die fehlenden Anspielungen auf die heidnische Mytho¬
logie (s. o. S. 21) entsprechen einem Programm, wie es
auch Sedulius in c. pasch. 1, 17 — 59 und in op. pasch. 1, 1 äußert,
wo er die antike Dichtung inhaltlich ablehnt, ihrer Form jedoch nach¬
eifert. Sedul. c.pasch. 5, 72 läßt allerdings das aus der heidnischen
Mythologie stammende Tonans zur Umschreibung Gottes zu (im
o.pasch. 5, 4 durch das prosaische deus ersetzt), was im CM nicht
vorkommt. Gottesprädikationen, die auch der paganen Philosophie
vertraut waren, wie CM 5, 202 omnitenens und 5, 228 omnipotens,
sind der christlichen Systematik kompatibel und bedeuten in antihäreti¬
schem Kontext zusätzlich eine Affirmation der Allmacht des Christen¬
gottes (vgl. dazu auch Smolak, Agrest., 11).
Eine Weiterentwicklung ist bei den Verifikationen von Bibelstellen zu
beobachten:
Während Iuvencus sich noch in viel stärkerem Maße an das biblische
Wort gebunden fühlte, ist bei Sedulius und seinen Zeitgenossen die

42) Zu dieser Wucherung des epischen Formelwesens im Lateinischen s. Zingerle


84. 98.
28 Forschungslage/Datierung

43
Lösung vom Wortlaut "schon kein ungewöhnliches Verfahren mehr” .
Dies gilt in einem viele christliche Dichter überbietenden Maße für das
CM, bei den AT —wie den NT — Paraphrasen .
Die genannten Gesichtspunkte machen eine Datierung des CM in die
erste Hälfte des 5. Jh. sehr wahrscheinlich (s. dazu ausführlicher das
folgende Kapitel).

V. Bericht zur Forschungslage45/


Eingrenzende Datierung des CM

In jüngerer Zeit wurde dem CM in den Jahren 1875 (Hückstädt) bis


1936 (Müller) wissenschaftliche Aufmerksamkeit gewidmet.

1. Datierungsansätze

In der Bestimmung der Entstehungszeit divergieren die Forschungsmei¬


nungen vom 3. bis zum 6. Jahrhundert.
Hauptsächlich mit dem Hinweis auf die "rudimentäre und widersprüch¬
liche” Theologie erfolgt eine Datierung in das 3. Jahrhundert; so zum
ersten Mal Hilgenfeld 156 (gegen Hückstädt), der besonders den Um¬
stand für entscheidend hält, daß "der Marcionismus als die einzige
nennenswerte Haeresie” bekämpft wird, und dies nicht so "abstract”
wie später in der Hamartigenia des Prudenz.
Ausführlich aufgegriffen wurde dies von Waitz 8 — 32, der weitere
inhaltliche Gründe aufzählt:
Aus CM 1, 136 —138 u. a. folgert er, daß zur Abfassungszeit des
Werkes noch das Heidentum herrschte (vgl. meine Argumentation
dagegen im Komm, zu 1, 136 —138). Ebenso ist für ihn die Aktualität
der Polemik gegen die Marcioniten von Relevanz. Auch glaubt er einen
Anhaltspunkt für die Entstehungszeit darin zu finden, wie die kirchli¬
chen Zustände und religiös — theologische Anschauungen im CM reflek¬
tiert werden (d. h. auf jeden Fall vor Nicaea).
Mit ähnlichen Argumenten oder ohne Begründung schließen sich an:
Jülicher 632, Pfeilschifter 1289, Krüger, Rez. Harnack, 53f, Barden-

43) Kartschoke 87.


44) Ungenau deshalb Kartschoke 97, der für die AT — Paraphrasen eine größere
Wortgetreue behauptet als für die NT —Paraphrasen.
45) Zum Autor des CM s. o. III; zu den meisten Stellen, auf die im folgenden
verwiesen wird, s. Näheres im Komm, ad 1.
Forschungslage/Datierung 29

hewer, Geschichte, 432, Teuffel 130, SH VIII 4, 1, 224. 508, zuletzt


Müller 100 und Quasten 1, 319.
In den Zeitraum nach Nicaea bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts wird das
CM gesetzt von Harnack ThLit 1876, 266; ZwTh 1876, 114f und
Geschichte 2, 2, 446 — 449, der ebenfalls stark auf der nicht lediglich
akademischen Auseinandersetzung mit den Marcioniten insistiert (vgl.
ThLit 1888, 521), Krüger, Geschichte, 173, Monceaux 503, Jordan 48
Anm. 1, Moricca 1, 349 (während er in 2, 2, 796 zu keiner Entschei¬
dung gelangt) sowie Altaner/Stuiber 410.
In den Grundzügen ist die Argumentation dieselbe wie für den früheren
Ansatz, nur daß die Wendung de lumine lumen in CM 4, 29 und 5,
199 als Nachhall der christologischen Formulierung von Nicaea gedeutet
wird (s. dazu u. S. 31).
In die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts verweisen das CM Hückstädt
39 — 52 und Oxe 37 (hauptsächlich wegen Wortwahl und Stil). Hück¬
städt zieht theologische Detailinformationen (z.B. 43: Zahl der Bücher
des AT in CM 4, 198f; 44: Stellung zum Hebräerbrief in CM 4, 66ff)
und "dogmatische” Aussagen heran, die seines Erachtens bestimmte
Konzile als termini post bzw. ante bedingen.
Diesen beiden schloß sich Bardenhewer, Patrologie, 190 an, ähnlich
auch Koffmane, Mar. Victor., 35f und Kirchenlatein, 154f sowie
Souter S. XII und HSz II S. LVI.
Noch später datiert wurde zum ersten Male von Allix (zit. Oehler III
77; aufgrund der Anordnung und Anzahl der Bischöfe in CM 3, 275ff)
und Cave 43, die eine Entstehung nach dem Zeitalter des Hieronymus
vermuten; eine ähnliche Argumentation auch bei Duchesne I S. XI
Anm. 2; III 47, Lightfoot I 176; 275 und Bähr 22.
Ebenfalls ins 5. oder gar 6. Jahrhundert datieren Ebert 312 Anm. 1,
Duchesne III 47 (Das CM ist später als der Catalogus Liberianus),
Manitius, Beiträge, 22 — 24 (aufgrund von Parallelen eine Festlegung
nach Dracontius, vor Fortunatus; Widerspruch bei Waitz 75), Brandes
313 (wegen der metrisch — prosodischen "Verlotterung”), Holl 53 u.ö.
aus theologischen Gründen, die Martin, Dichter, 83f teilweise bestrei¬
tet, und Fischer; jüngst ohne Begründung Willems 1420 und Frede
556.

2. Lokalisierung

Ähnlich vielfältig präsentiert sich das Meinungsspektrum bezüglich der


Lokalisierung der eventuellen Heimat des Verfassers des CM:
Hauptsächlich aufgrund sprachlicher Charakteristika schließt Oxe 38 auf
Afrika, worin ihm Waitz 5 — 8, Monceaux 501 und Moricca 2, 2, 797
folgen. Harnack in seiner Rezension Oxes (ThLZ 1888, 521) wendet
sich mit dem Hinweis dagegen, daß ab der zweiten Hälfte des 4. Jahr¬
hunderts keine Marcioniten mehr in Afrika anzutreffen gewesen seien,
30 Forschungslage/Datierung

und plädiert deshalb für Rom; Vorbehalte dagegen auch bei Pfeilschif¬
ter 1288 und SH VIII 4, 1, 224; 508. Zuvor wies bereits Allix 85 — 87
(zit. Oehler III 77) auf die für Afrika atypische Form der Bischofsliste
in CM 3, 275ff hin.
Für Rom als Ort der Abfassung haben sich ausgesprochen Hückstädt
36 — 39, sein Rezensent Hilgenfeld 155, Koffmane, Kirchenlatein, 154,
Erhard 444 und Harnack, Geschichte 2, 2, 449 (wie schon in früheren
Äußerungen), wogegen jedoch Krüger, Rez. Harnack, 54 Zweifel an¬
meldet46.
Aus der Tatsache, daß die Handschrift, in der die beiden Centonen des
Victorinus überliefert sind, "sonst nur Stücke gallischer Herkunft ent¬
hält”, schließt Holl 52 auf die ebenfalls gallische Herkunft des
Carmen — Dichters (genauer Südfrankreich); dieselbe Lokalisierung
nehmen auch Quasten 319, Fischer, Willems 1420 (der auch die Alter¬
native Afrika offenläßt) und Frede 556 vor.

3. Beurteilung

Die Mannigfaltigkeit der Vorschläge erklärt sich aus der Unsachge¬


mäß heit der meisten Ansätze:
So überzeugend die sprachlichen Analysen Oxes größtenteils im einzel¬
nen auch sind, die ”Äfricitas” hat mit. ihren Stileigentümlichkeiten auch
über die Grenzen Afrikas hinaus Verbreitung gefunden .
Eine klare lokale Abgrenzung literarischer Erscheinungsformen wird oft
auch durch die große horizontale Mobilität spätantiker Persönlichkeiten
erschwert8.
Eventuell plausibel, jedoch nicht zwingend, scheint mir der Vorschlag
Holls zu sein. Hingegen bieten die das CM umgebenden Werke in der
Edition des Fabricius bzw. in dem Lorscher Bibliothekskatalog keine
sicheren Anhaltspunkte, da diese Einordnung (z. T. unter weitere

46) Auch Harnack, Marcion, 394*f wird wieder, wegen Holls Argumenten, daran
irre und faßt spekulativ Spanien (und Rom) ins Auge.
47) S. Pfeilschifter 1288; unter der Bezeichnung Africismus s. Norden, Kunstprosa
2, 588ff (Kroll, Das afrikanische Latein, 590 äußert die veraltete These, daß es
durchaus afrikanische Dialektizismen gegeben habe, Konkreteres wegen der geringen
Materialbasis jedoch nicht feststellbar sei). So auch Ehrhard 444, der den Dichter des
CM in Rom ansiedelt: "Dem steht Oxes Beweis, daß der Verfasser von Geburt und
Bildung ein Afrikaner gewesen sei, nicht entgegen.”
48) Vgl. etwa den Fall des Agrestius (Gallier auf spanischem Bischofssitz, wodurch
in seinem Gedicht eine ungewöhnliche Kombination von Form und Inhalt zustande¬
kommt, s. Smolak, Agrest., 22). Zur Schwierigkeit, aufgrund stilistischer Erschei¬
nungen lokale Unterschiede feststellen zu wollen, s. Thraede, Studien, 7ff und Löf-
stedt, Langobard. Gesetze, 207ff, der auch die Unsicherheit von sogenannten Pro¬
vinzialismen nachweist. Im Falle des CM kommt wieder die Tatsache der Stilkonta¬
mination erschwerend hinzu; s. o. S. 18 — 21 und 26 Anm. 41.
Forschungslage/Datierung 31

Pseudepigrapha) erst nach der pseudepigraphischen Absorption des CM


stattfand.
Ebenfalls methodisch verfehlt ist das Herausgreifen einzelner Verse
oder Junkturen unter Vernachlässigung des Kontextes bzw. der dichte¬
rischen Intention:
So stützt sich beispielsweise die vorgeschlagene Lokalisierung in Rom
in der Hauptsache auf den Umstand, daß CM 3, 297 u. ö. Rom mit
dem oft auf das Nächstliegende verweisenden hic umschrieben wird.
Bereits Oxe 38f hat dies mit sprachlichen Argumenten überzeugend
widerlegt, in der Nachfolge ergänzt durch Waitz 4f und Holl 50f.
Zudem gehört dies auch in den Zusammenhang der poetisch —
rhetorischen Stilisierung.
Ähnlich verhält es sich mit den Kriterien für die Datierung. Aus der
Nichtbeachtung der werkimmanenten gedanklichen Struktur ergibt sich
teilweise die groteske Konsequenz, daß ein und dieselbe Stelle zur
Untermauerung divergierender zeitlicher Ansetzungen dienen kann:
Während etwa CM 4, 49 — 56 (Reflexionen über die Erbsünde) von
Hückstädt 46 — 48 als Aussage beurteilt wird, die in ihrer theologischen
"Unreife” nur (kurz) vor Augustin entstanden sein kann, und Hilgen¬
feld 158 sie sogar bereits für das 3. Jahrhundert für angemessen hält,
wertet Holl 49 diese Verse als einen Versuch, in Reaktion auf die
augustinische Erbsündelehre deren Härte zu mildern. Diese Argumenta¬
tion wird von Martin, Dichter, 84 wieder relativiert mit der Behaup¬
tung, es liege "ein bei derartigen Schilderungen eines Strafgerichtes
üblicher Topos” (zeitlos!) vor.
Weiter vergleiche man zu CM 2, 186 — 188 (oft unkorrekt als Anspie¬
lung auf die Reaktion unter Julianus Apostata verstanden) die klärende
Erläuterung Hilgenfelds 158f, daß diese Verse auf die typologischen
Entsprechungen von AT und NT zu beziehen sind (s. Komm, ad 1.).
Daraus folgt aber andererseits nichts Positives für eine alternative Da¬
tierung.
Die Formel de lumine lumen in 5, 199 wird immer wieder als Beweis
für Nicaea als terminus post angesehen, obgleich schon Hilgenfeld 156
dies mit dem Hinweis relativiert hat, daß diese Wendung bereits bei
Tert. apol. 21, 12 steht: (Über das Verhältnis von Gottvater und Sohn,
das dem Verhältnis von Sonne und Strahl entspricht) nec separatur
substantia, sed extenditur ut lumen de lumine accensum. Hinzu kom¬
men die allgemeine Vorliebe im CM für Polyptota, wie z. B. 1, 72
pravi pravos; 2, 73 pro sanguine sanguis, und der Umstand, daß auch
die dogmatischen Formulierungen von Nicaea auf bereits geprägte,
bildhaft — verständliche Vorstellungen zurückgegriffen haben. Natürlich
fand diese Wendung im Anschluß an Nicaea weite Verbreitung, auch in
der christlichen Dichtung, s. TLL, s. v. lumen, VII 2, 1823, 1—7
(von den Hymnen des Hilarius bis Dracontius).
Als ahistorisch muß auch eine Betrachtungsweise gelten, die für die
32 Forschungslage/Datierung

Entstehungszeit des Gedichts wegen theologischer Aussagen, die be¬


stimmten Konzilen widersprechen, das jeweilige Konzil als terminus
ante setzt4 . Konzile bilden immer nur eine "Fahrrinne” in einer Viel¬
zahl bestehender Meinungen, unter denen der Dichter aus künstleri¬
scher oder persönlicher Vorliebe heraus wählen konnte. Auf die gene¬
relle Unaktualität dogmatischer Polemik in christlicher Lehrdichtung
wurde bereits oben S. 15 Anm. 11 hingewiesen.

Angesichts der Umstrittenheit und Komplexität der literarhistorischen


Problematik erscheint es verständlich, daß manche Gelehrte ihren
Standpunkt verändern, wie Bardenhewer, Krüger und Moricca, oder,
ohne sich festzulegen, lediglich die allgemeine Unsicherheit konstatie¬
ren: Manitius, Christliche Poesie, 148, Ebert 301 Anm.l, Labriolle
476f und erst jüngst Dattrino 592f.

Es ist auf die undankbare Überlieferungslage und die unbefriedigenden


methodischen Ansätze der Jahrhundertwende zurückzuführen, daß die
Feststellungen von Waitz 4: ”So erscheint es (sc. das CM) in der
christlichen Litteraturgeschichte wie ein Irrlicht...” und Waszink 36
Anm. 2: "Accedit quod de aetate istius opusculi adhuc sub iudice lis
est” bis heute Gültigkeit besaßen50. Der bereits am Ende des vorigen
Kapitels ermittelte Ansatz des CM in die erste Hälfte des 5. Jh. läßt
sich noch etwas eingrenzen: Die in 3, lff vorgenommene Kombination
von Gal 4, 21—31 und der ecclesia ab Abel findet sich außerdem nur
in Augustins Civitas Dei, Buch 15 (s. dazu Komm, zu 3, 14ff). Die
ecclesia ab Abel ist ebenfalls ein augustinischer Gedanke, der bei ihm
ab 410 auftaucht, s. Congar 84. Die enge Kombination mit der
Galater — Stelle legt jedoch eine Kenntnis der Civitas nahe, die in
Teilen publiziert wurde. Der t. p. für das CM ist dann zumindest der
Zeitpunkt der Fertigstellung von civ. 15, also nach 419, vgl. Bardy 29.
Für den t. a. ist es schwieriger, einen eindeutigen Hinweis aus dem
Text des Gedichts, der einziges Kriterium bleiben muß, zu finden.
Augustin wandte sich im Jahr 420 (Datierung nach Raveaux 7) in
seiner Schrift Contra adversarium legis et prophetarum gegen einen
anonymen Marcioniten, den Raveaux 28—30. 140 der römischen Sekte
der Patricianer zuordnet, s. schon Harnack, Marcion, 424*f (”Neo —
Marcionitismus”), vgl. May 133 Anm. 18; Aug. retr. 2, 58 (CCL 57,
136) spricht von einer anonymen Schrift, die bei Karthago vor großem
Publikum verlesen worden und auf großes Interesse gestoßen sei; er ist

49) Z. B. Hückstädt 41f.


50) Konkrete Folgen hat dies noch bei Raveaux, der zwiespältig für das CM zuerst
das 3. Jh./Nordafrika im Anschluß an Waitz vermutet (21), dann jedoch im Anschluß
an Hückstädt das 4. Jh./Rom (25).
Theologischer Gehalt 33

sich nicht sicher, ob er den Verfasser den Marcioniten oder einer


anderen dem Alten Testament feindlichen Richtung zuordnen soll.
Danach sind für den Westen keine Erwähnungen mehr über die histori¬
sche Existenz von Marcioniten bezeugt, sie werden lediglich in theolo¬
gisch — systematischen Erörterungen mit den Sabellianern oder dem
Doketismus der Priszillianer in gedanklichen Zusammenhang gebracht,
s. Hamack, Marcion, 157 Anm. 2 und 34* Anm. 3. Im CM läßt es
sich aber nicht ausmachen, daß über die vordergründige Adresse der
Marcioniten hinaus ein weiterer, eigentlich gemeinter Gegner im Spiel
ist; die Bezeichnung "Marcioniten” ist hier als Gattungsbegriff zu
verstehen, d.h. unser Dichter sah theologische Anliegen Marcions in
bestimmten Kreisen Wiederaufleben. Ich halte es jodoch aufgrund man¬
gelnder historischer Bezeugungen für eine Existenz von "Marcioniten”
nach der ersten Hälfte des 5. Jh. für nicht gerechtfertigt, das CM
wesentlich später als die Schrift Augustins anzusetzen. Die Entste¬
hungszeit grenzt sich somit etwa auf den Zeitraum von 420 bis 450
ein.

VI. Theologischer Gehalt

Generell ist hierbei zu betonen, daß, bedingt durch spezifische


Autoreigentümlichkeiten und — interessen, weder für die häretische
noch für die orthodoxe Position aus dem Gedicht heraus ein vollstän¬
diges Bild rekonstruiert werden kann. Es soll und kann in diesem
Zusammenhang nur darum gehen, Tendenzen und Schwerpunkte aufzu¬
zeigen.
Der Carmen — Dichter unternimmt es, die gegnerische Häresie in fol¬
genden Punkten zu widerlegen:
(1) Widersprüche zwischen AT und NT, die einen verschiedenen
Gott darstellen
(2) Reduzierung des biblischen Kanons
(3) Doketismus.
Die in unserem Gedicht gegebenen Informationen decken sich nicht
immer mit denen in den (uns erhaltenen) Handbüchern über die Lehre
des Marcionitismus: So stimmt der Ketzerkatalog in Act. Archel. app.
(CCL 9, 327) nicht genau mit dem von CM 1, 152 — 170 überein.
Aug. haer. 22 (CCL 46, 2990 gibt an, daß Marcion von drei Prinzi¬
pien ausgeht, was sich im CM nicht niederschlägt. In Filastr. 45, 1—6
(CCL 9, 236) finden sich die Punkte (1) —(3), jedoch ohne die in
unserer Dichtung zentrale Konfrontation von AT und NT. Auch ist für
die Marcioniten neben der Verachtung des Schöpfergottes die daraus
abgeleitete Verachtung seiner Erzeugnisse überliefert (z.B. Thdt. haer.
1, 24 [PG 83, 376]), der die Polemik in CM 1, 123f entgegensteht,
34 Theologischer Gehalt

wo den Gegnern gerade der Genuß des Geschaffenen vorgehalten wird.


Zu den Unterschieden zwischen dem CM und Tert. adv. Marc. s.
Kapitel VIII.
Es liegt die Vermutung nahe, daß einige Vorstellungen des marcioniti-
schen Lehrgebäudes zur Zeit des Dichters eine ''Renaissance” erlebten
und somit von der Orthodoxie bekämpft werden mußten.
Zur weiteren Einordnung sei das Gedicht bezüglich der von ihm be¬
kämpften marcionitischen Positionen mit der Prosaschrift Augustins
Contra adversarium legis et prophetarum verglichen:
Aus Augustins Argumentation kann rekonstruiert werden, daß sein
anonymes häretisches Gegenüber radikal den Schöpfergott und dessen
Schöpfung ablehnt. Während im Manichäismus eine soteriologische
Funktion der Schöpfung denkbar ist, entspricht dieser kompromißlose
Dualismus marcionitischen Vorstellungen. Das Faktum einer Erlösung
durch den Unbekannten Gott kann dann nicht aus der vorhandenen
Schöpfung abgeleitet werden, sondern muß postuliert werden. Die
methodische Ausführung einer Kritik am AT als Ganzem und die
Aufzählung von Widersprüchen zwischen AT und NT sind einer allge¬
meinen, manichäisch — marcionitischen Tradition zuzuordnen. Die Her¬
meneutik des adversarius, nämlich die esoterische Bibelauslegung zur
Relativierung anstößiger Stellen, hat gnostischen Ursprung und ent¬
spricht nicht der marcionitischen Lösung mittels der Kanonreduktion.
Insgesamt ist der adversarius Augustins also ein Mischtyp, der marcio-
nitisch — manichäische Vorstellungen aufgenommen hat (auch Augustin
war sich in der häretischen Einordnung nicht sicher, vgl. Aug. retract.
2, 58, 1 (CCL 57, 136) und Raveaux 19 — 21).
Harnack, Marcion, 162 hat fünf Kennzeichen für die marcionitische
Lehre zusammengetragen: 1) die Anerkennung der marcionitischen
Bibel, 2) die Verwerfung des Schöpfergottes, 3) der Fremde Gott, der
in Christus zur Erlösung erschienen ist, 4) strenge Askese, 5) Hoch¬
schätzung des Meisters. Für den adversarius lassen sich nach Raveaux
139 nur die Punkte 2 und 3 als erfüllt bezeichnen, für das CM jedoch
alle Punkte außer 4 (Einschränkung der Askese, vgl. den Genuß der
geschaffenen Produkte in 1, 123f im Gegensatz zum Eheverbot in 5,
82ff).
Im Gegensatz zum adversarius kommt der Kanonreduzierung in den
Augen des Carmendichters bei den von ihm bekämpften Marcioniten
große Bedeutung zu, die er deshalb ausführlich widerlegt. Auch der
gedankliche Schwachpunkt des marcionitischen Systems, die mangelnde
Plausibilität der Erlösung durch den Fremden Gott, wird eingehend
behandelt, vor allem im Zusammenhang mit dem Doketismus einerseits
und der Herkunft des Bösen andererseits, dessen Erzeuger der Schöp¬
fergott ist (s. CM 1, 74. 77f und dazu knapp Rottenwöhrer 31.
75 — 77, wo dieser Dualismus als genuin von Marcion stammend her-
Theologischer Gehalt 35

vorgehoben wird, im Gegensatz z.B. zu Ansichten seines Nachfolgers


Apelles).
Nach häretischer Position erweist der Schöpfergott seine Inferiorität
auch dadurch, daß er eine zum Untergang verdammte Welt erschafft.
Diese ursprünglich aus der paganen Philosophie stammende Kritik
findet sich auch bei dem adversarius, vgl. Raveaux 14 — 19. Im CM 4,
21 dagegen wird das Argumentationsziel genau umgekehrt: Dort soll
die endliche, geschaffene Materie durch ihre ontologische Inferiorität
gerade die einzigartige Allmacht und Wesenheit des Schöpfers hervor¬
heben (vgl. die umgebenden Verse 4, 16 — 25). Zusammenfassend läßt
sich feststellen, daß das häretische Gedankengut im CM und beim
adversarius nicht in allen Punkten übereinstimmt und daß im CM mehr
genuin Marcionitisches behandelt wird. Eine Zuordnung zu einer
bestimmten Sekte wäre Spekulation, es handelt sich um eine Erschei¬
nung des Neo —Marcionitismus.

Zur Widerlegung seiner Gegner bzw. zur Ausrüstung der Christen mit
Material zur Verteidigung des wahren Glaubens verfügt der Dichter
über reiche Kenntnis der christlichen Literatur, in der Prosa besonders
Tertullian, Irenäus, C. Marius Victorinus, Ambrosius, Hieronymus,
Augustin; dichterisch steht er der Tradition von Iuvencus, Prudenz,
Prosper näher als der Commodians. Die trümmerhafte Klassikerrezep¬
tion ist nur schwer einem eindeutigen Vorbild zuzuschreiben. Inhaltli¬
chen Anliegen wird vor formalen Bestrebungen der Vorrang einge¬
räumt.
Besonders zentral sind die Beziehungen zum Werk Augustins: Neben
der für die Datierung relevanten Rezeption der Civitas Dei (s. Komm,
zu 3, 14ff) sind das die Betonung des freien Willens bei der Wahl und
Ausführung des Bösen (1, 28), die Ausdeutung der Iephta —Erzählung
(s. Komm, zu 3, 117. 118) und die Gottesprädikation omnitenens (5,
202 mit Komm.), die in der christlichen Spätantike selten ist, gerade
bie Augustin jedoch einige Male vorkommt. Weniger signifikant auf¬
grund ihrer Knappheit sind 2, 144 (Rolle Adams beim Sündenfall, s.
Komm, ad 1.), 2, 146 massa ( = massa damnata ?) und 3, 8 peregre
(= peregrinatio des civis caelestis in der civitas terrena ?). Nicht an
den (späteren) Augustin schließt sich der Dichter mit seiner "gemilder¬
ten” Auffassung von der Erbsünde in 4, 43—56 an. Überhaupt ist
insgesamt die überaus eigenständige argumentative Darstellung des
Dichters hervorzuheben, was sich besonders in der reichen Typologie
und der Verknüpfung theologischer Argumente im Sinne der Widerle¬
gung des Gegners niederschlägt.
Auffallend ist ferner die häufiger auftretende Akzentuierung der beiden
Naturen Jesu Christi (4, 72; 5, 131. 196f. 2500, der die relativ vage
Terminologie bezüglich der Vermischung dieser beiden Naturen gegen¬
übersteht (1, 44 miscetur in unum; 5, 93 sociatus in uno; 5, 97
36 Theologischer Gehalt

commixtus), was auch bei Augustin noch der Fall ist, epist. 137, 2f; c.
Faust. 22, 40; serm. 291, 6; vgl. auch Ps. Prosp. carm. de prov. 464
(entstanden um 416).
Am ehesten paßt dies in die Zeit vor den Konzilen von Ephesus bzw.
Chalcedon. In 5, 172 haucht Jesus seinen Geist aus, wobei er als deus
bezeichnet wird; hierbei handelt es sich um Idiomenkommunikation.
Die Bezeichnung Christi als factor mundi in 5, 196 ist preisender
Ornat (vgl. Ps. Prosp. carm. de prov. 465f re rum creator); auch die
Formulierung in 3, 225 ecce deus Christus (vgl. Ps. Prosp. carm. de
prov. 463) darf nicht zu einer Festlegung des Carmendichters als
Modalisten verführen (schon Holl 21 Anm. 5 wendet sich dagegen);
der Ausdruck deus wird gewählt, um Christus als den Höhepunkt und
das eigentliche Ziel der vorausgehenden typologischen Kette herauszu¬
stellen und abzusetzen; neben dem engeren Kontext widerspricht dieser
Festlegung aber auch die bereits erwähnte Hervorhebung der zwei
Naturen Christi im CM. Es fehlt der Begriff persona zur Definierung
des dreifältigen Gottes; die Dreifaltigkeit insgesamt taucht nicht auf.
Orthodoxe Verhältnisbestimmung ist die Gleichewigkeit von Vater und
Sohn in 5, 201; Spiritus in 3, 68 hat die "moderne” perpetuierende
Funktion.
Die Bibelkenntnisse des Carmendichters beschränken sich nicht le¬
diglich auf die häufig gelesenen Bücher der Genesis und der Psalmen,
sondern umfassen auch den übrigen alttestamentlichen Kanon. Aus dem
NT werden ebenfalls alle Schriften berücksichtigt, besonders der sonst
im Westen eher zurückhaltend behandelte Hebräer — Brief. Kennzeich¬
nend ist eine Vorliebe für verklausulierte Anspielungen auf teilweise
entlegene Bibelstellen, was einen poeta doctus christianus ausmacht.
Die Bibelvorlage des Dichters war eine mit vertrauten altlateinischen
Lesarten vermischte Vulgata —Fassung: So steht dem hieronymiani-
schen phase in 2, 65 (s. Komm.) die altlateinische Namensform Iesus
Nave in 3, 67 (s. Komm.) gegenüber. Im Einzelfall kommt allerdings
oft die poetische Überformung hinzu, so daß die wörtliche Formulie¬
rung der Vorlage häufig nicht mehr erschlossen werden kann.

Die theologischen "Spekulationen” der Carmen — Untersuchungen von


Hückstädt bis Holl sind durch die Rezensionen und die nachfolgenden
Untersuchungen, besonders von Harnack, in der Hauptsache widerlegt
worden. Weitere Argumente werden unten im Kommentar behandelt,
nämlich zu den Versen 1, 9ff. 44. 109. 136 — 138. 157 — 170. 187; 2,
38-41. 65. 168-188; 3, 275-297; 4, 49-56; 5, 196. 201. 207ff.
An dieser Stelle seien noch Müllers Quellenuntersuchungen besprochen,
auf die in der Forschung noch nicht eingegangen wurde. Im Anschluß
an F. Loofs, Theophilus v. Antiochien, Adv. Marcionem, u. d. ande¬
ren theologischen Quellen bei Irenäus, TU 46, 2, Leipzig 1930 unter¬
nimmt Müller 70 — 92 den Versuch, eine verlorene Schrift Justins des
Theologischer Gehalt 37

Märtyrers, die gegen Marcion gerichtet gewesen sei, als Quelle für die
Bücher 1 bis 3 des CM nachzuweisen, da der Carmen — Dichter
vollständiger daraus entnehme als Irenäus. Schon bei Loofs wurde sein
Verfahren von der Forschung kritisiert: Da viele antihäretische Schrif¬
ten gegen Marcion verlorengegangen sind, lassen sich keine eindeutigen
Quellenzuschreibungen vornehmen, zudem ist der Ansatz von Loofs
fragwürdig, aus teilweise erbaulichen Textgattungen ein geschlossenes
theologisches System entwickeln zu wollen (wobei er den fragwürdigen
Begriff ”Geistchristologie” prägt, den auch Müller verwendet, s. dazu
insgesamt ablehnend die Rezensionen von J. Lebon, RHE 26, 1930,
675 — 679 und J. Lebreton, RSR 21, 1931, 596 — 601, sowie Schnee¬
melcher 2, 212f bzw. ausführlicher die 3. Auflage, Tübingen 1964 von
Hennecke/Schneemelcher 2, 240). Dieselben Einwände lassen sich auch
gegen Müller geltend machen: Schon Bardenhewer 2, 433 wandte
gegen Waitz ein, daß Theophilus v. Antiochien als Hauptquelle des
Carmen zweifelhaft sei, da wir die Quellenschrift nicht kennen. Ebenso
machen es die bei Müller gegebenen Stellen nicht zwingend, Justin als
die Quelle des Carmen anzunehmen: Die Textbasis ist viel zu schmal,
vieles gehört zu christlichem Allgemeingut. Auch machen es das im
CM fehlende Streben, eine geschlossene Dogmatik zu entwickeln, und
die uneinheitliche Terminologie etwa für die Gottesbezeichnung unmög¬
lich, einen Begriff wie Geistchristologie zur theologischen Einordnung
des Gedichts zu verwenden.
Plausibel ist es allerdings, wegen einiger sprachlicher Anklänge den
Irenaeus Latinus als Quelle des CM anzunehmen (aufgezählt bei Müller
77 — 80; nicht zwingend sind jedoch dort ihre Folgerungen bezüglich
einer für Irenaeus und das CM gemeinsamen Justin —Quelle), wenn¬
gleich er nicht die einzige Quelle des CM gewesen sein kann, da dort
auch Elemente der Häresie angesprochen werden, die bei Irenäus nicht
Vorkommen: der christologische Doketismus und die asketischen
Grundsätze Marcions. Dagegen fehlt im CM die Vorstellung von der
"bösen Hyle", mit der der Demiurg die Welt erschaffen hat, was
Clem. str. 3, 3, 12f als marcionitisch überliefert.
Ebenso ist Victorinus von Pettaus Apokalypsekommentar (wahrschein¬
lich in der Überarbeitung des Hieronymus, jedenfalls ist keinerlei chi-
liastische Tendenz im CM festzustellen, die in der Überarbeitung von
Hieronymus ebenfalls beseitigt wurde) zwar für wenige Details ein
Anhaltspunkt, nicht jedoch für die typologischen Verflechtungen im
CM. Zu Tertullian, Ad versus Marcionem und Prudenz, Hamartigenia
s. u. S. 46f.
VII. Inhaltliche Übersicht

Buch 1

Ursprung der marcionitischen Häresie sowie ihre Widerlegung in ein¬


zelnen Punkten

1-72 Weltgeschichtlicher Zusammenhang


1-28 Mannigfaltige Arten der Menschenverführung durch
den Bösen seit Anbeginn
29-36 Da der Teufel sein Verführungswerk im Verborgenen
vollbringt, glaubt er sich sicher vor Strafe
37-57 Gott kommt in Fleischesgestalt in die Welt und über¬
windet den Teufel
58-72 Mit der Erkenntnis seiner Niederlage entschließt sich
der Teufel zu einer neuen, gefährlichen Strategie, die
Menschheit zu verderben: Er läßt die häretische
Sekte der Marcioniten entstehen

73-242 Einige Punkte der marcionitischen Irrlehre und deren


Widerlegung
73-95 Entfaltung einiger Elemente der marcionitischen Häresie:
73—86 Existenz zweier Götter
87 — 91 Leugnung der Auferstehung des Fleisches
92 — 95 Doketismus
96-118 Mit Polemik versetzte Widerlegung der Behauptung, daß
Christus zwar als Heilsbringer, jedoch mit einem
Scheinleib in die Welt kam (92 — 95)
119-188 Direkt an die Marcioniten gewendeter Einschub:
119 — 151 Aufdecken eines Widerspruchs im Verhal¬
ten der Marcioniten: Sie schmähen den Schöpfergott,
obgleich sie sich an seinen Werken erfreuen und selbst
seine Geschöpfe sind
152 — 176 Katalog gnostischer Häretiker, die der
Teufel zur Schmähung des Schöpfergottes einsetzte
177 — 188 Aufruf an die Häretiker zu Besinnung und
Umkehr
Inhaltliche Übersicht 39

189 — 242 Fortsetzung der bei 118 unterbrochenen Gegenargumen¬


tation, die sich jetzt gegen die Leugnung der Aufer¬
stehung des Fleisches richtet (87 — 91):
189 — 224 Die Erlösung betrifft die Seele und
auch den Leib des Menschen
225 — 242 Da Gott den Leib geschaffen hat, ist er
auch dazu fähig, ihn wieder auferstehen zu lassen,
da nichts seiner Macht widerstehen kann

Buch 2

Die Verteidigung des vollständigen Kanons der Heiligen Schrift mündet


in die Darlegung des Erlösungswerkes Christi

1 — 12 Methodische Reflexion: Durch das Vermischen von


Wahrem und Falschem kann der Teufel Unvorsichtige
zum Irrglauben verführen

13-85 Darstellung und Widerlegung der für die Marcioniten


charakteristischen Elemente der Irrlehre:
13-25 Negation des Alten Testamentes
26-35 Negation der Vierzahl der Evangelien
36-63 Nachweis der Vierzahl der Evangelien, wofür gerade
Paulus ein Zeuge ist
64-85 Nachweis der Einheit von Altem und Neuem Testament
durch den typologischen Zusammenhang zwischen dem
Paschafest und dem Opfertod Christi

86-269 Das Erlösungswerk Christi, dargestellt in dem typologi¬


schen Dreischritt Adam — Christus/Ecclesia — Endzeit
86-126 Scharnierstelle: Jesus Christus ist das eine vorherverkün¬
digte Opferlamm für die Vielen
127-188 "Einst”: Jesus Christus muß für sein Erlösungswerk
denselben Weg wie der einst gefallene Mensch gehen,
ohne aber mit der Todesschuld behaftet zu sein; in
vielen typologischen Entsprechungen wird er als
der zweite Adam erwiesen, wofür wiederum Paulus
ein Zeuge ist
189-195 "Heute”: Ekklesiologische Deutung des Kreuzesgesche¬
hens
40 Inhaltliche Übersicht

196-269 "Endzeit”:
196 — 214 Eschatologische Deutung der Heilstaten
Christi am Sabbat
215 — 225 Da Christus diese Taten am Körper voll¬
brachte, ist auch dies ein Beweis für die Auferste¬
hung des Leibes
226 — 239 Analogien aus der Natur für das Prinzip,
daß Vergehen die Voraussetzung für neues Werden ist
240 — 269 Zu diesem Prinzip befindet sich Paulus
nicht im Widerspruch, da caro bei ihm allegorisch zu
verstehen ist

Buch 3

Nachweis der Kontinuität des populus novus von seinen Anfängen im


Alten Testament bis zur Zeit Marcions

1 —13 Methodische Reflexion: Voraussetzung dieses Nachweises


ist die allegorische Auslegung von Gen 16.21 nach
dem Vorbild von Gal 4,21—31 (Sara als Mutter des
verheißenen Volkes)

14-241 Biblische Gestalten


14-224 Von Abel bis Johannes (dem Vollender des Alten Testa¬
ments und Vorläufer Christi) werden Typoi aufgereiht,
die durch ihren Glauben und ihre Standhaftigkeit das
Leiden und die Herrlichkeit Christi andeuten
225-241 Jesus Christus selbst war Vorbild für seine Apostel und
andere, die für den Glauben Leid auf sich nahmen

242 — 271 Summierung und 14 — 241 einrahmender Rückbezug


auf 1 — 13: Auch das Schicksal von Sara war in den
Mechanismus "erst Leid, dann Ruhm” eingebunden;
sie und ihre Nachfahren legen das wahre Zeugnis für
Gott ab (Gelenkfunktion für 272 — 302)

272 — 302 Liste der Bischöfe Roms von Petrus bis Anicet (der
Lehrer und Hüter der christlichen Herde, die sich er¬
folgreich gegen die Irrlehrer Cerdo und Marcion be -
haupten konnten)

Buch 4

Nachweis der Identität des in den beiden Testamenten dargestellten


Gottes: Er ist gerecht und barmherzig
Inhaltliche Übersicht 41

1-15 Methodische Reflexion: Sein Zutun zur Erfüllung des


Auftrages, gegen die Feinde des Gottesvolkes anzukämp¬
fen, sieht der Dichter darin, aus den von Marcion selbst
hervorgebrachten Einwänden (vgl. 57 — 64) heraus mit
einer gegenläufigen Argumentation die Marcioniten zu
widerlegen

16-56 Preis der Allmacht und Liebe des Vaters, der eins ist
mit dem Sohn
16-42 Nochmalige Darlegung der orthodoxen Lehre bezüglich
des einen Gottes
43-56 Dessen Liebe erweist sich auch im "Gnadenakt” der
Sintflut

57-64 Scharnierstelle: Fingierter Einwand seitens der Marcio-


niten (sie meinen, in bezug auf die Opfervcrschriften
Widersprüche zwischen dem Gott des Alten und des
Neuen Testaments zu entdecken)

65-201 Unter Aufgreifen dieses Einwandes erfolgt die eigentli¬


che Beweisführung für die Einheit von Altem und Neu¬
em Testament und damit des in ihnen dargestellten Gottes
durch die typologische Auslegung
65-108 der Opferhandlungen mit
65-83 Kalb
84-99 Kuh
100 — 108 den beiden Böcken
109-201 des Jerusalemer Tempels (Ort der Opferhandlungen)
109 — 120 Beschreibung des Allerheiligsten
121 — 125 Beschreibung des Heiligen
126 — 155 Auslegung des Heiligen
156 — 201 Auslegung des Allerheiligsten

202-214 Rahmender Rückbezug auf 16 — 56: Schilderung der


Herrlichkeit Gottes und Preis seiner barmherzigen
Liebe nun in bezug auf das Endgericht

215-236 Fazit der Beweisführung


215-229 Warnung vor der Ansteckung durch die in ihrem Irrtum
befangenen Häretiker
230-236 Die wahren Gläubigen loben den einen Gott in der Hoff¬
nung auf ewiges Leben
42 Inhaltliche Übersicht

Buch 5

Das Wesen des wahren Gottes ist mit dem Eriösungswerk am Men¬
schen verknüpft

1-18 Binnen — Prooimion: Inhaltsangabe der vier vorausgegan¬


genen Bücher und des letzten, das noch ausstehende
Widerlegungen der Marcioniten anführen soll

19-30 Methodische Reflexion: Aufgrund der häretischen Ver¬


mischung von Wahrem und Falschem durch den Teu¬
fel besteht das Risiko von Doppeldeutigkeiten

31-229 Widerlegungen der Marcioniten unter neuen Gesichts¬


punkten
31-45 Der Gott des Neuen Testaments kann nicht "unbe¬
kannt” sein, da sonst seine Heilstat für die der Sünde
und dem Tod unterworfene Menschheit nicht einsichtig
motiviert wäre
46-87 Nachweis der Unwahrscheinlichkeit der alleinigen Erlö¬
sung der Seelen, verbunden mit Polemik gegen das
sinnlose und verlogene Eheverbot Marcions
88-111 Es wird auch eine Erlösung des Leibes geben, da
Christus sich mit seinem Leib dem Leiden um dieser
Erlösung willen unterzog
112-130 Dieses Heilsgeschehen ereignete sich bei den Juden, dem
Volk des Alten Testaments, und war lange vorher dort
prophezeit worden
131-197 Nachweis, daß Jesus Christus Gott und Mensch war
131 — 150 durch den Hinweis auf Dokumente der Hei¬
ligen Schrift (Lukas), die seine Geburt belegen
151 — 162 Juden und Marcioniten befinden sich bezüg¬
lich seines Wesens im Irrtum
163 — 197 Jesus Christus selbst hat der Welt in seiner
Passion Zeichen für seine Göttlichkeit wie für seine
Leiblichkeit gegeben
198-229 Die Einheit des Gottes des Alten und Neuen Testaments:
Erneute Ausführung der Koexistenz des Erlösers
Christus mit dem Schöpfergott seit Anbeginn

230-253 Bündelung der im Gedicht verwendeten Motive und


Ausblick auf die Endzeit (in der Christus vom Vater
zum Endgericht wieder auf die Erde gesandt wird)
VIII. Beobachtungen zur Struktur und zur
antihäretischen Argumentationstechnik

Im ersten Buch des Carmen werden die wesentlichen Elemente der


marcionitischen Häresie dargestellt:
(1) in 73 — 86 die Behauptung der Existenz zweier Götter (Schöp¬
fergott des AT im Gegensatz zum Unbekannten Gott des NT),
(2) in 87 — 91 die Leugnung der Auferstehung des Fleisches,
(3) in 92 — 95 der Doketismus.
In umgekehrter Reihenfolge, also in chiastischer Stellung, werden sie
widerlegt, und zwar zunächst (3) in 1, 96 — 118, (2) in 1, 189-242;
der Widerlegung von (1) ist größerer Raum gewidmet: In Buch 2
wird (1) durch das spezifische Vergehen der Marcioniten erweitert,
nämlich das Wort des Herrn zu beschneiden (s. Iren. 1, 27, 4 u.ö.).
Dieses Vergehen gehört gedanklich deshalb zu (1), da die Abtrennung
des Alten Testaments und der judaisierenden Bücher des Neuen
Testaments von Marcion aufgrund seiner Kritik an der als unter¬
schiedlich empfundenen Gottesdarstellung unternommen wurde, die er
radikal zu einer Zwei — Götter — Lehre ausbaute. Buch 2 setzt dann die
Widerlegung von (1) fort, der auch, mit anderem Material, das ganze
Buch 4 gewidmet ist. Buch 5 führt noch zusätzliche Argumente gegen
(2) in 46 — 111 und gegen (3) in 131 — 197 an, die durch Widerlegun¬
gen von (1) jeweils gerahmt werden (31—45. 112 — 130. 198-229).
Die Argumente in Buch 5 sind durch die Erlösungsthematik miteinan¬
der verbunden, die auch, zusammen mit dem Ausblick auf die End¬
zeit, in den Schlußteilen der Bücher 1. 2. 4 auftaucht; die Argumenta¬
tion mündet immer in diese Thematik ein, sei es von der Seite des
Menschen her (Buch 1. 5) oder von der Gottes bzw. Christi (Buch 2.
4. 5). Der Autor ist also von einem starken soteriologischen Interesse
geleitet, was auch in dem großen Versumfang dieser Passagen zum
Ausdruck kommt.
Den Büchern 2 — 5 ist gemeinsam, daß im Eingangsteil jeweils eine
methodische Reflexion steht, in den Büchern 3 und 4 bezogen auf die
eigene Vorgehens weise, sowie auf die der Häresie in den Büchern 2
und 5; auch hier findet sich also eine chiastische Anordnung, wobei
in der betreffenden Passage in Buch 5 der Dichter aus der häretischen
Vorgehens weise persönliche Konsequenzen zieht, wodurch über eine
bloße Symmetrie hinaus ein gedanklicher Fortschritt und die Verknüp¬
fung der beiden Vorgehensweisen stattfindet. Zu Beginn von Buch 1
fehlt eine solche Reflexion, was mit dem hohen poetischen Anspruch
des Dichters zusammenhängt, der implizit gleich zu Beginn des Ge¬
dichts deutlich werden soll: Der stark affektische Einsatz, der an eine
Beschwörung erinnert und anfangs auch relativ abstrakt und vage
bleibt, wird "rational” durch die weit ausgespannten Perioden in 1,
44 Struktur/Argumentationstechnik

1—24 ausgewogen, die auf die antike Prooimientradition (z. B. Cice¬


ro, Sallust) zurückgehen.
Dieser Verwandtschaft in der Grobstruktur der einzelnen Bücher
entspricht das korrespondierende Verhältnis der Bücher untereinander:
Dem Buch 3 in seiner zentralen Mittelstellung fehlt am Ende der
Gedanke der Erlösung, es hat in krassem Gegensatz dazu das Aus¬
sageziel, den Ketzer Marcion als historisch von der orthodoxen Kir¬
che überwunden zu erweisen, ihn in den Sinnzusammenhang des or¬
thodoxen Weltbildes einzuordnen (Marcion als Ausgeburt Satans) und
damit in seiner Wirkung zu eliminieren.
Die um Buch 3 angeordneten Bücher lassen zwar, wiederum in
chiastischer Stellung, eine Bezogenheit aufeinander erkennen (in den
Büchern 2 und 4 die Widerlegung von (1), in den Büchern 1 und 5
die Widerlegung von (2) und (3), wegen der Resümierung die Wider¬
legung von (1) auch in Buch 5), entscheidend ist dabei aber die un¬
gleichmäßige, nicht ausgewogene Verteilung des Versumfanges auf die
häretischen Elemente bzw. ihre Widerlegungen: (1), dem Nachweis
der Einheit des alt— und neutestamentlichen Gottes in Verbindung mit
der Verteidigung des vollständigen Kanons der Heiligen Schrift,
kommt mehr als doppelt soviel Raum zu wie (2) und (3) zusammen.
Generell kristallisieren sich also zwei miteinander verflochtene
Schwerpunkte der Argumentationsführung heraus: Die speziell gegen
die Marcioniten zu verteidigende Einheit von Altem und Neuem
Testament (und die damit zusammenhängende Identität des in beiden
Testamenten dargestellten Gottes) sowie die Erlösung der Menschheit
durch den Menschen und Gott Jesus Christus. Das Argumentationsziel
ist somit der Erweis der untrennbaren Verbindung der Komplexe
Altes Testament/Schöpfung und Neues Testament/Erlösung. Daß der
Gedankengang in den Büchern 1. 2. 4. 5 immer auf die Tatsache der
Erlösung abzielt, bedeutet umgekehrt, daß der Dichter, über theore¬
tisch-spekulative Divergenzen hinaus, durch die marcionitische Häre¬
sie in all ihren Einzellehrsätzen grundsätzlich und wesentlich die
christliche Heils— und Erlösungsbotschaft in Frage gestellt sieht. Daß
es dem Dichter letztlich um diese seiner Ansicht nach entscheidende
negative Konsequenz der Häresie geht, macht auch der zu den Schlu߬
teilen der restlichen Bücher in Kontrast stehende Abschluß des dritten
Buches deutlich: Marcion, verworfen und aufgrund seiner Lehre vom
Heil ausgeschlossen, ist ein warnendes Gegenbild (mirabile monstrum)
zur Heilsgewißheit der Gläubigen.
Das bereits mehrfach erwähnte Anordnungsprinzip des Chiasmus
findet sich auch innerhalb der einzelnen Bücher, besonders in 2,
13 — 85 (13 — 25 und 64 — 85 rahmen 26 — 35 und 36 — 63), 4,
109 — 201 (109 — 120 und 156 — 201 rahmen 121 — 125 und 126 — 155)
und 5, 31 — 130 (31—45 und 112 — 130 rahmen 88 — 111 und
112 — 130), wobei das äußere Paar in betonter Rahmenstellung (das in
Struktur/Argumentationstechnik 45

den Bücher 2 und 4 auch den größeren Versumfang hat) jeweils die
Einheit von Altem und Neuem Testament bzw. des einen Gottes
behandelt.
Darüberhinaus verbinden weitere strukturierende Verfahren das Ge¬
dicht zu einer festen Einheit. Im jeweils vorhergehenden Buch er¬
scheint ein Begriff oder Gedanke, der im nachfolgenden Buch (wört¬
lich oder paraphrasierend) aufgegriffen und weiter entfaltet wird:
1, 233f Kampf des Bösen gegen Gott durch die häretische Annahme
einer Gott überlegenen Macht / 2, 12ff Kampf des Bösen gegen Gott
durch die häretische Teilung Gottes;
2, 186 — 188. 254 enthalten das Programm für das gesamte dritte
Buch;
3 passim, besonders 250 / 4, 1 iuvenis populus liber et haeres;
4, 223 alium (sc. deum) quaerunt sub nomine ficto / 5, 31 f deus
ignotus.
Ferner wird manchmal in einer Folientechnik auf bereits benutzte
Wendungen angespielt, die nun in einem kontrastierenden Zusammen¬
hang verwendet werden: 1, 45 nova ianua vitae ( — Jesus Christus)
gegen 1, 139 nova porta gehennae ( = Marcioniten); 1, 226 vitam
non invidet ulli (sc. deus) gegen 1, 1 mens invida vitae bzw. 1, 219
causa invida vitae; 3, 102 florentes fide gentes gegen 1, 137 florentes
opibus gentes (vgl. 3, 49 florentes divitias).
Einheitsstiftend sind des weiteren Metaphern und Vorstellungen, die
sich leitmotivartig durch das gesamte Gedicht ziehen: Die Beklei¬
dungsmetapher (s. Komm, zu 1, 3), die Prophezeiung des Kommens
Christi im Alten Testament (s. Komm, zu 1, 330, das verborgene
Wirken des Teufels bzw. der Sekte (s. Komm, zu 1, 136), die Rase¬
rei und Unvernunft des Teufels bzw. der Sekte (1, 6. 111. 157; 2,
13; 3, 18; 4, 220. 224; 5, 134. 161).
Ebenso finden sich motivische "Klammern” oder Korresponsionen,
die einzelne Bücher übergreifend verketten:
Buch 1/3
— Charakterisierung des Teufels bzw. Marcions:
1, 5 tanti sceleris temerarius auctor, 1, 155 distribuit...inemendabile
crimen / 3, 301 tarn saevi criminis auctor;
1, 6 accepit maledicta merens / 3, 301 abiectus merito;
1, 26. 36 / 3, 288f;
— Kompositorische Korresponsion von 1, lff und 3, 272 ff:
Die Einreihung der Bischöfe Roms in die Kette der alttestamentli-
chen homines iusti, die ihren Glauben gegen die Irrlehrer Cerdo
und Marcion behaupten können, entspricht der Einreihung Marcions
und seiner Anhänger in den Gesamtzusammenhang der Verführung
des Menschen durch den Teufel seit Anbeginn ihrer Existenz. Da¬
durch wird Marcion vom Dichter in eben jenen Sinnzusammenhang
eingeordnet und in ihm als unterlegen erwiesen, dessen Relevanz
46 Struktur/Argumentationstechnik

der Häretiker in seiner Lehre geleugnet hatte (s. zu diesem tradi¬


tionsgeschichtlichen Argument auch Komm, zu 3, 275 — 297).
Buch 2/3
— 2, 189 — 195 / 3, 272—302 Christus als die Präfiguration der
Ecclesia
Buch 2/5
— Christus als der Hirte (2, 127. 205 / 5, 45. 232) und als das
Opferlamm (2, 65 — 122 passim / 5, 64, auch 4, 65 — 83)
— Der Weg des Verderbens und des Heils: 2, 133 —183 / 5,
230 — 245 (Stationen), 2, 196 — 214 / 5, 252f (Eschatologie)
— Die Menschengestalt Christi verknüpft mit der Auferstehung des
Leibes 2, 25f / 5, 88-111
Buch 3/4
— Kompositorische Korresponsion in der Rahmentechnik 3, 1 — 13.
241-271 / 4, 16-56. 202-214
Buch 3/5
— Buch 3 passim leistet den expliziten Beweisgang des präfigurativen
Wirkens Christi in alttestamentlichen Geschehnissen; in 5,
198 — 229 wird das Beweisziel als erreicht vorausgesetzt: Überbie¬
tend werden die Taten Gottes im Alten Testament unvermittelt als
diejenigen Christi hingestellt (wie bereits 3, 59).
Durch die Verklammerung wird im wesentlichen der konzentrische
Aufbau des Gedichts mit Buch 3 als dem kompositorisch —
motivischen Mittelpunkt noch manifester. Durch das Einsetzen mit
dem Sündenfall zu Beginn der Schöpfung in 1, lff und dem Ausblick
auf das Endgericht am Ende von Buch 5 erhält das Gedicht einen
universalhistorischen Rahmen. Dieser findet sich z.B. auch in
Prospers Carmen de ingratis: Nach praefatio und inductio hebt das
Gedicht mit dem Sündenfall an und endet mit dem Hinweis auf den
Ewigen Sabbat in Vers 1002.

Daß die Struktur des Gedichts, wie immer wieder behauptet wird
(zuletzt bei Fontaine 271 Anm. 578), vornehmlich von Tertullians
Prosaschrift Adversus Marcionem bestimmt wäre, trifft nicht zu. Die
fünf Bücher des Carmen stellen nicht eine versifizierte Epitome der
entsprechenden fünf Bücher von Tert. adv. Marc. dar. Dessen Bücher
1 und 2 leisten den Nachweis der Identität des in AT und NT ver¬
kündeten Gottes, während Buch 3 Christus als den Sohn des Schöp¬
fergottes darlegt, der als Logos die Welt erschuf. Im Carmen werden
die Themen nicht getrennt auf einzelne Bücher verteilt, sondern in
ihrer Verflochtenheit bücherübergreifend erörtert; die in adv. Marc. 4
und 5 von Tertullian geleistete kritische Analyse von Mängeln und
Widersprüchlichkeiten der marcionitischen Bibelfassung fehlt im Car¬
men gänzlich, ebenso wie die für Tertullian typischen logischen De¬
duktionen nach dem Vorbild der antiken Philosophie, z. B. zum
Struktur/Argumentationstechnik 47

Nachweis der zwingenden Annahme eines einzigen höchsten Wesens,


Gottes, in Tert. adv. Marc. 1, 2 (der im Carmen vorkommende
knappe Antithesenstil ist dichterischer Konvention zuzuschreiben).
Dafür spielt das im Carmen strukturbestimmende Beweisverfahren der
typologischen Auslegung bei Tert. adv. Marc, nur eine untergeordnete
Rolle, z.B. in 2, 26, 4 Moses als Typus Christi, da er Gott für die
Sünden seines Volkes um Verzeihung bittet (Ex 32, 30ff). Dieser
Aspekt ist an der entsprechenden Stelle in CM 3, 48 — 66 jedoch nicht
aufgenommen; adv. Marc. 4, 12, 15 Elischa als Präfiguration Christi,
da er den toten Sohn der Witwe wieder auferweckt (4 Rg 4, 32 — 37),
was in CM 3, 161—172 ebenfalls nicht erwähnt wird. Dagegen lassen
sich manche Typologien des CM in diesem oder anderen Werken
Tertullians wiederfinden, s. Komm, zu 2, 169; 3, 58. 64. 166.
Im Carmen sind Reihenfolge, Gewichtung und Ansatz zur Widerle¬
gung der häretischen Lehrsätze völlig verschieden von denen Ter¬
tullians: manches wird exemplarisch herausgegriffen (z. B. werden die
Opfervorschriften, die das alleinige Thema von Buch 4 des Carmen
bilden, in Tert. adv. Marc. 2, 22 unter anderen Antithesen widerlegt);
die Behandlung weiterreichender theologischer Fragestellungen, wie z.
B. die Lehre vom freien Willen in Tert. adv. Marc. 2, 6 — 8, wird im
Carmen 1, 28 nur knapp angedeutet und als bekannt vorausgesetzt.
Etwas ähnliches ist bei dem oben erwähnten Leitmotiv der alttesta-
mentlichen Verkündigung Christi der Fall: Die Typologien im Carmen
entfalten und belegen dieses Leitmotiv, es fehlt jedoch eine eigene
theoretische Reflexion der inneren Notwendigkeit dieser Aussage, wie
sie Tert. adv. Marc. 3, 1—5 enthält.
In einzelnen Einwendungen oder polemischen Anwürfen weist das
Carmen jedoch manchmal Übereinstimmungen mit Tertullian auf: z.
B. in der Polemik gegen das Eheverbot Tert. adv. Marc. 1, 29, 8
und CM 5, 86f oder in der Hervorhebung der polaren Position von
Juden und Marcioniten Tert. adv. Marc. 3, 6 und CM 5, 151—162
(insgesamt dazu auch Stellen bei Müller 38 — 56 passim).
Ferner vermißt man deutliche Anklänge an die Hamartigenia des
Prudenz. Bei ihm findet die direkte Auseinandersetzung mit der Sekte
nicht in dem Maße statt wie im Carmen, vielmehr wird auf Marcion
die Initiierung der Lehre des Dualismus von Gut und Böse zurückge¬
führt. Marcion dient bei Prudenz als Mittel zu dem Zweck, das ei¬
gentliche Thema vom Ursprung des Bösen auf verschiedenen Ebenen
zu erörtern. Es finden sich in den beiden Gedichten kaum stilistische
oder inhaltliche Berührungen; auch eine Strukturanalogie ist nicht
feststellbar; hinzu kommt noch, daß die Hamartigenia zusammen mit
Apotheosis und Psychomachia eine Trilogie mit übergeordneten Aus¬
sageintentionen bildet, während das Carmen für sich abgeschlossen
dasteht.
48 Struktur/Argumentationstechnik

Wenn man das Carmen anhand der drei Kommunikationsebenen


Erbauung für die Orthodoxen, Aufgreifen und polemische Destruktion
der häretischen Positionen sowie dogmatisch —typologische, also kon¬
struktive Gegenargumentation untersucht, so gilt, was für die apologe¬
tische und antihäretische Literatur der christlichen Spätantike generell
kennzeichnend ist: die Bilateralität des Adressenbezuges (obgleich der
christliche Adressat dominiert, s. das Ende dieses Kapitels). So, wie
z. B. Tertullians Apologeticum oder Augustins Civitas Dei von Chri¬
sten wie Heiden gelesen werden konnte und Augustins Psalmus contra
partem Donati an Orthodoxe wie an die Häretiker gerichtet ist, enthält
das Carmen ambigue Elemente, die von den beiden Adressatengrup¬
pen unterschiedlich gelesen werden können:
Die polemischen Passagen (vor allem 1, 96 — 118. 139 — 151 und 5,
46 — 87) dienen der Decouvrierung der Häresie, der Verletzung und
Überwindung des Gegners, für einen orthodoxen Leser jedoch bedeu¬
ten sie satirisches Vergnügen.
Dagegen haben die hymnischen Abschnitte (1, 225 — 242; 2,
262-269; 4, 16-42. 202-214. 230-236; 5, 198-229) zwar in
erster Linie die Funktion der Erbauung der Gläubigen, bedeuten
neben dieser ornativ — liturgischen Anreicherung aber auch eine zu¬
sätzliche dogmatische Affirmation des orthodoxen Standpunktes. Somit
sind diese Passagen keineswegs als entbehrliche Exkurse anzusehen,
ihre Länge bleibt moderat und ihre inhaltliche Entfaltung wird immer
von der Blickrichtung auf die Bekämpfung häretischer Aussagen
bestimmt. Besonders instruktiv ist in dieser Hinsicht auch die relativ
detaillierte Schilderung der Einsetzung des Abendmahles durch Jesus
in 5, 189 — 193, wodurch im folgenden die Gott— und Menschennatur
Christi untermauert wird.
Der Dichter bedient sich noch weiterer typisch antihäretischer Argu¬
mentationsstrategien :
Die Häresie wird als dem Bereich der Hölle bzw. des Teufels zuge¬
hörig beschrieben, so in 1, 139f. 174; 3, 290, und als der Verdamm¬
nis anheimgegeben in 5, 112. Ferner dienen zur Stigmatisierung des
Gegners die Verbrechermetapher (3, 286. 297. 301; 5, llf. 54), die
Wahnsinnsmetapher (4, 224; 5, 134) und die Blindheitsmetapher (1,
115. 148; 2, 34), die in 1, 70 — 72 kombiniert sind. Dies alles läßt
sich auch aus der Prosa belegen, s. Opelt passim, besonders
195-197.
Der Gewährsmann der Marcioniten, Paulus, wird des öfteren gegen
sie ausgespielt, wodurch implizit ihre einseitige und überspitzte Pau¬
lusrezeption entlarvt wird. So, wie Marcion und seine Anhänger den
Vorwurf der Widersprüchlichkeit von AT und NT zum Angelpunkt
ihrer Kritik an der Orthodoxie machten, bezichtigt umgekehrt der
Carmen — Dichter die Marcioniten in ihrem Verhalten der Wider¬
sprüchlichkeit (1, 119 — 151; 5, 77 — 87). Er formuliert in 1,
Struktur/Argumentationstechnik 49

212 — 216 Antithesen mit einem der marcionitischen Lehre entgegen¬


gesetzten Beweisziel, nämlich dem Nachweis der Einheit von Leib
und Seele. In 1, 96 — 118 weist er polemisierend nach, daß nicht
Jesus Christus mit einem Scheinleib auf die Erde kam, sondern die
Marcioniten einer Scheinlehre anhängen (vgl. Tert. adv. Marc. 3,
24). Er wendet in diesen Fällen das auch in der Apologetik des
lateinischen Westens beliebte Verfahren der retorsio criminis an,
indem er die von den Marcioniten gegen die Orthodoxie erhobenen
Einwände umbiegt und gegen die Häretiker selbst wendet.
Bereits weiter oben erwähnt wurde die Einordnung und damit Über¬
windung der Häresie innerhalb eines biblisch —theologischen Sinnzu¬
sammenhangs (Anfang von Buch 1; Buch 3 passim), wozu auch der
Ketzerkatalog in 1, 152 — 170 dient, der den Marcionitismus als einen
Ausfluß des fortwährenden teuflischen Wirkens kennzeichnet. Müller
85f geht also fehl, wenn sie (allzusehr von der Konvention der frü¬
hen, griechischen Apologetik beeinflußt) behauptet, daß es das Argu¬
mentationsziel des Carmen sei, die Kurzlebigkeit des Marcionitismus
bzw. der Häresien generell nachzuweisen. Auch wenn zu Beginn von
Buch 1 einzelne Motive aus dieser Apologetentradition stammen (vgl.
Müller 70 — 87 passim, aber ohne die Schlußfolgerungen), verfolgt der
Verfasser im übergeordneten Zusammenhang doch ein eigenständiges
Ziel: den (der These von Müller entgegengesetzten) Nachweis, daß
der Marcionitismus in das seit Beginn der Menschheit wirkende Zer¬
störungsstreben Satans eingebettet ist, vgl. z. B. in 1, 176 semper.
Die bereits angesprochene scharfe Trennung zwischen der Heilsge¬
wißheit der Gläubigen und der Verdammnis der Häretiker kommt
auch in "beiläufig” eingeflochtenen Hinweisen auf das drohende End¬
gericht und das dann folgende Strafurteil für die Marcioniten zum
Ausdruck (2, 36f. 224f; 5, 88 — 90. 252f), die jedoch durch die Aus¬
sicht auf Vergebung bei rechtzeitiger Einsicht und Umkehr gemildert
werden (1, 177 — 188; 4, 211—214; 5, 1490- Die für das Gedicht
charakteristische psychagogische Taktik intendiert ihre spezifische
Wirkung durch den Wechsel von streng sachlich argumentierenden
und stark affektischen (polemischen, drohenden oder hymnisch —
preisenden) Abschnitten (was bereits im Gedichteingang der Fall war),
wobei der überlegene Autoritätsanspruch aus der offenbarten Heilsge¬
wißheit resultiert.
Hervorzuheben ist, daß der eigentlich intendierte Adressat des Gedich¬
tes der christliche Leser ist, der in seiner Glaubenshaltung durch
verschiedene Vorgehensweisen des Dichters gestärkt werden soll (De¬
struktion der gegnerischen, meditative und argumentative Affirmation
der eigenen Position). Deutlich ausgeführt ist dies in 4, 1 — 15: Der
Dichter sieht sich als Bekämpfer von Irrlehren, womit er sich an die
Erben der Verheißung wenden will. Seine Dichtung versteht er als
kämpferische Prophylaxe, die die Verführung Rechtgläubiger verhin-
50 Struktur/Argumentationstechni k

dern soll. Die vordergründig antihäretische Ausrichtung bildet also


den kommunikativen Rahmen für binnenchristliche Didache.
Die poetische Dimension besteht in der formalen Gestaltung (Hexa¬
meter, hymnische Versatzstücke) und in inhaltlichen Lizenzen, d.h.
Beschränkung auf wenige exemplarische Fälle (z.B. nur die Behänd
lung der Antithese bezüglich der Opfervorschriften in Buch 4), feh¬
lende Entwicklung eines dogmatisch — terminologischen Systems.
Ferner kann es zur extremen Ausnutzung des poetisch —Fiktionalen
Spielraums kommen, um theologische Anliegen umzusetzen, wie die
Allegorie in Buch 3 (s. Komm, zu 3, 14 — 224) und die Verschmel¬
zung von Typos und Antitypos (s. Komm, zu 2, 74 und 3, 57).
Durch die Exemplarität wird eine besondere Verdeutlichung und Ein¬
prägsamkeit erzielt, während die anspielungsreiche Assoziationstechnik
Reflexion und den Rekurs auf Hintergrundswissen erfordert, was
durch der delectatio dienende, meditativ — ornamentale Ruhepausen
aufgelockert wird. Mehr noch als Sprache und Form war die Art der
thematischen Behandlung nur gebildeten Christen verständlich.
IX. Vorbemerkungen zu Text, Übersetzung
und Kommentar

Insgesamt heben die Urteile bezüglich des CM seine inhaltliche Be¬


deutsamkeit (theologisch und kirchengeschichtlich) im Gegensatz zu
seiner formalen Minderwertigkeit hervor. Diese Zweigleisigkeit nimmt
ihren Anfang bereits bei Fabricius 133: Imitandi itaque gratia non
proponuntur haec carmina (sc. wegen der "Fehler” im CM), sed
agnoscendi propter pietatem (...) et Studium quod in res sacras ad
doctrinam universae posteritatis collocavit; sie läßt sich weiter verfolgen
bei Krüger, Gedichte, 406 und SH 4, 1, 224.
Auf die der Kritik am Formal — Künstlerischen implizite Ästhetik und
deren nur begrenzte Berechtigung müßte in einer eigenen, größeren
Abhandlung eingegangen werden.
Trotz des von allen zugestandenen, zumindest historischen Zeugniswer¬
tes ist die Forderung Hilgenfelds 159, nämlich eine "berichtigte Ausga¬
be des gar nicht unwichtigen Gedichts”, bis heute nicht befriedigend
eingelöst.
Aus mehreren Gründen ist auch die jüngste Ausgabe von Willems
(1954) als ungenügend zu bezeichnen (in den Rezensionen zu den
ersten beiden CCL —Bänden wird das CM mit keiner Bemerkung
gestreift):
Abgesehen von einem Druckfehler und zwei ungenauen Titelangaben
im Monitum 1419 und zwei Druckfehlern im Text (3, 110 Ieptha statt
Iephta oder Jephtha [Fabricius] und 5, 206 fluiuus statt fluuius) und
einigen ungenauen Bibelangaben (unkorrekt z. B. zu 2, 164, s. Komm,
ad 1.; zu 2, 169 muß es statt Io 1, 14 Io 3, 14 heißen) sind im textkri¬
tischen Apparat die Angaben dessen, was von Früheren (die in der
Siglenliste größtenteils gar nicht verzeichnet sind) vorgeschlagen wurde,
völlig unzuverlässig.
Ich greife wahllos einige Beispiele heraus:
In 1, 232 hat Müller nicht cupit, sondern capit, in 4, 188 nicht
abominatis, sondern abominatus, in 5, 160 bietet Oehler nicht illi homi-
nem, vos falso deum, sondern illi deum, vos falso hominem, und in 3,
28 schreibt Fabricius nicht servatus, sondern servatur. Oft wird (ohne
ersichtlichen Grund) nicht derjenige genannt, bei dem eine Konjektur
das erste Mal auftaucht. So erwähnt Oehler selbst in seinem Apparat,
daß in 2, 94 sit und in 4, 131 perlucent bereits bei Rivinus stand. 2,
100 aris hat vor Müller schon Hückstädt 6 erwogen und 5, 178 aper-
tum vor Müller bereits Oxe 15. Auch ist in Buch 2 nicht die Reihen¬
folge der Verse 161 und 162 vertauscht, sondern die von 160 und 161
(außerdem macht Willems die Versumstellung in der Numerierung der
52 Vorbemerkungen zu Text, Kommentar, Übersetzung

Verse oben im Text nicht deutlich, was unpraktisch ist, da man nicht
bei jeder Versangabe in den textkritischen Apparat sehen möchte, ob
die Numerierung eventuell nicht die ursprüngliche ist). In 3, 161 ist
fortis (Fabricius) zu sortis bei Willems verlesen, er unterstellt jedoch
Müller, die fortis bietet, im textkritischen Apparat einen Irrtum. In 3,
163 hat Fabricius ad, nicht at wie Willems (ohne Erklärung im textkri¬
tischen Apparat). In 3, 262 hat nicht Müller subisset und Fabricius
subisse, sondern umgekehrt. In 4, 22 und 23 sind keine Angaben im
textkritischen Apparat gemacht, obgleich Willems Konjekturen späterer
Editionen übernimmt. Er übernimmt auch unkritisch prosodisch_unhalt-
bare Eingriffe seiner ^Vorgänger: 2, 78 caro töstä comedüur esca |_und
4, 158 non ümbra signäntur | von Müller, in 5, 31 | qüisnam ergo
deus nach Rigaltius, das nach nam den sonst sehr seltenen Hiat in
Kauf nimmt (zum Hiat im CM s. o. S. 25), s. auch im Komm, zu 5,
89. 211. Auch hat Willems zu großzügig und oberflächlich Änderungen
früherer Ausgaben übernommen, die z. T. unnötig bzw. spekulative
Verbesserungen sind.
In der hier vorgelegten Edition sind alle Abweichungen gegenüber
Fabricius (als der chronologisch ältesten Textfassung) im textkritischen
Apparat aufgeführt. Einheitliche, als Methode immer anwendbare Re¬
geln für falsches Abschreiben bzw. Textveränderungen durch Fabricius,
die eine Hilfe bei der Wiedergewinnung des ursprünglichen Textes
darstellen könnten, lassen sich nicht aufstellen, gegen den Versuch bei
Oxe 15. Um den Apparat zu entlasten, habe ich auf eine vollständige
Anführung aller Konjekturen sowie der in den Centonen gebotenen
Abweichungen verzichtet. Methodisch gerechtfertigt ist dies bei den
Centonen dadurch, daß diese, bedingt durch ihren intendiert konta¬
minierenden Rezeptionscharakter, keine in jedem Falle auf das CM be¬
ziehbaren Überlieferungsträger sind.

In den mir bisher zugänglichen Textausgaben bestehen gewaltige Unter¬


schiede in der Interpunktion, die darauf zurückzuführen sind, daß der
Dichter seine Sätze teilweise syntaktisch nur undeutlich strukturiert.
Besonders durch lange Reihungen von Partizipialkonstruktionen, Appo¬
sitionen o. ä. wird das Erkennen von Sinneinschnitten bzw. von
(Haupt/Neben — )Satzgrenzen erschwert.
Verstärkt wird dies durch eine weitere charakteristische Vorliebe des
Autors, nämlich komplizierte Perioden über mehr als vier Hexameter
(was eigentlich die Norm ist) ”auszuspannen” und syntaktische Signale
nachzustellen (wie Konjunktionen, Relativpronomina oder den Aus¬
druck, der jeweils den Acl regiert). Als ein illustratives Beispiel ver¬
gleiche man etwa CM 1, 9 — 24 in den Ausgaben von PL, Oehler,
Müller, Willems und hier in dieser Edition sowie die allgemeine Be¬
merkung von Thelwall 330 Anm. 1 zur Interpunktion.
Es erscheint mir schon wegen dieser Unklarheiten nötig, den Text neu
Vorbemerkungen zu Text, Kommentar, Übersetzung 53

zu erstellen. Meine Interpunktion soll in erster Linie dazu dienen,


beim Lesen Zusammengehöriges bzw. Neuanfänge leichter kenntlich zu
machen, was weder durch die relative Sparsamkeit Müllers in der Zei¬
chengebung noch durch die abundante und damit nichtssagende Hand¬
habung bei Oehler und Willems erreicht wird.
Der schillernde Charakter des uns nur in der Editio princeps vorlie¬
genden Textes (metrisch "Falsches” oder inhaltlich schwer Verständ¬
liches kann "original” sein, korrupte HSS— Abschrift oder "Verbesse¬
rung” des Fabricius; entsprechend kann es sich mit glatten und "kor¬
rekten” Stellen verhalten) macht es über weite Strecken unmöglich,
zum Text der HSS —Vorlage des Fabricius zurückzugelangen, ge¬
schweige denn, wie Krüger, Gedichte, 407 unrealistisch verlangt,
wiederherzustellen, "was und wie denn der Dichter eigentlich geschrie¬
ben hat”.
Die relativ willkürliche Vorgehensweise des Fabricius bei der Text¬
erstellung — auch im Vergleich zu anderen Humanisten — kann man,
da dort noch Handschriften erhalten sind, verfolgen in den Apparaten
von dem Carmen de pascha seu de ligno crucis (ed. W. Härtel, CSEL
3,3, 1871, 305—308 bzw. in der Neu —Edition Schwinds 1989,
386 —390, sowie dessen Bemerkung 381 Anm. 19) und vom Carm. de
resurr. (ed. Waszink).
Einen ähnlichen Mangel an textkritischem Bewußtsein, wenn es um die
Edition von spätantiken, unklassischen Texten geht, zeigt noch Mai in
seiner Cento —Ausgabe, von dessen in seiner Ausgabe nicht kenntlich
gemachten Veränderungen Brandes 312 einige zusammenträgt. Oxe,
Cento hingegen genügt diesem Anspruch.

Bei dem Versuch einer Texterstellung des CM muß neben äußerster


Behutsamkeit die Schlüssigkeit des Textes (eventuell mit Bezug auf eine
Bibelvorlage) das einzige Kriterium bleiben. Zudem ist eine zu große
Konjekturfreudigkeit zu vermeiden und der Text von Fabricius zu
halten, wenn dies grammatisch, prosodisch und vom Sinn her akzep¬
tabel ist (auch wenn teilweise der Verdacht einer Glättung besteht).
Etwaige Eingriffe zur Vereinheitlichung des Stils oder zur Erstellung
einer "authentischeren” Textfassung, wie besonders Müller es immer
wieder unternimmt, müssen schon deswegen unterlassen werden, da
der Dichter sich uns in der Anwendung grammatischer Regeln nicht
einheitlich präsentiert (s. o. S. 13). Eingriffe wie 1, 142 tribuit (Mül¬
ler) statt attribuit (Fabricius) sind als willkürliche Spekulationen, denen
keine Grenzen gesetzt sind, zu betrachten. Die Schreibweise wurde von
mir vereinheitlicht.
Zudem ist um das Verständnis des Aussagegehalts sowohl in der
Makrostruktur wie in der Detailerklärung noch nicht ausreichend ge¬
rungen worden, so daß Festlegungen bezüglich des Ortes und der
Abfassungszeit des Gedichtes, die sich auf Inhaltliches stützen (s. o. S.
54 Vorbemerkungen zu Text, Kommentar, Übersetzung

310, größtenteils fragwürdig erscheinen. Bisher von der Forschung


nicht berücksichtigt wurde die einzige mir bekannte Übersetzung von
S. Thelwall (in das Englische) aus dem Jahre 1870 mit Anmerkungen.

Meine Prosaübersetzung bemüht sich um eine möglichst enge Orien¬


tierung am Original; wenn Wendungen aufgrund des elitären Anspruchs
der Dichtung bei "wörtlicher” Wiedergabe zu schwer verständlich
blieben, wurde (in so geringem Umfang wie möglich) sinninterpretie¬
rend und —verdeutlichend ergänzt, in der Regel ohne Klammersetzung
(Ausnahmen bilden lediglich die Zusätze in der Wiedergabe von 1,
109. 161; 3, 67. 127). Die Übersetzung erhebt keinen Anspruch auf
Kongenialität, manche Stilerscheinungen (wie Wortspiele, Alliteratio¬
nen) sind nicht übertragbar, auch mußte die Reihenfolge der Informa¬
tion bei besonders komplizierter Syntax des Lateinischen im Deutschen
geändert werden, um die Grenzen des Verstehbaren nicht zu sprengen.
Zusätze in Klammern stehen so auch in der Vorlage.
X. Text und Übersetzung

Siglenliste

Barthius = Barthius C.: Adversariorum commentariorum libri


LX..., Frankfurt 1648
F = Fabricius G.: Poetarum Veterum Ecclesiasticorum
Opera Christiana, Basel 1564, 257 — 286 (Editio prin-
ceps)
Hi = Hilgenfeld A.: Hermae Pastor. Graece ... instruxit ...
A.H., Leipzig 1866
Hü = Hückstädt E.: Über das pseudotertullianische Gedicht
Adversus Marcionem, Diss. Leipzig 1875
lege = Oxe A.: Versus Victorini (de lege domini nostri Iesu
Christi). Ein unedierter Cento aus dem Carmen adver¬
sus Marcionitas, Gymn.— Progr. Krefeld 1894
Mü = Müller M.: Untersuchungen zum Carmen adversus
Marcionitas, Ochsenfurt a.M. 1936 (Zugl.: Diss.
Würzburg 1935)
Oe = Oehler F.: Tertulliani Opera 2, Leipzig 1854,
781-798
Oxe = Oxe A.: Prolegomena de Carmine Adversus Marcio¬
nitas, Leipzig 1888
Pam = Pamelius J.: Tertulliani opera, Paris 1583, 1050 —
1082
Rig = Rigaltius N.: Tertulliani opera, Paris 1634, 797 — 807
Riv = Rivinus A.: Tertulliani opera, Gotha 1651, 57 — 106
(Text). 121—201 (Anm.)
Th = Thelwall S.: The writings of Tertullianus. In:
Ante —Nicene Christian library: translations of the
writings of the fathers down to AD 325, Hgg.: A.
Roberts/J. Donaldson, Bd. 18, Edinburgh 1870,
318-383
Wi = Willems R.: Carmen adversus Marcionem, cura et
Studio R.W., CCL 2, Turnhout 1954, 1417-1454

Zahlen hinter Siglen im Apparat bedeuten Seitenangaben, die das Auf¬


finden erleichtern sollen, wenn die textkritischen Vorschläge innerhalb
einer Monographie gemacht wurden. Rivinus druckt manchmal im Text
(im textkritischen Apparat nur mit Riv gekennzeichnet) etwas anderes,
als er in seinen beigefügten Anmerkungen vorschlägt (Riv mit Seiten¬
zahl).
56 I 1-31

CARMINIS ADVERSUS MARCIONITAS


LIBER PRIMUS

Impietas profunda Mali, mens invida vitae,


2 seductos homines spe postquam cepit inani,
3 nudavit suadendo nefas sibi credere falsum.
4 non impune quidem; facti nam protinus ille —
5 ut reus et tanti sceleris temerarius auctor —
6 accepit maledicta merens. sic postea demens
7 amplius aggressus, desperatissimus hostis,
8 infudit mentes hominum caligine mersas.
9 oblitos dominum docuit spem linquere certam,
10 idola vana sequi, turbam sibi fingere divum,
11 sortes, auguria, stellarum nomina falsa,
12 nascentum geneses constringere posse videri
13 extorum inspiciis resque exspectare futuras.
14 terribilis magicae refugarum audacia ductos,
15 confictam molem mirantes spernere vitam
16 impuniti in praeceps scelerata insania mersos,
17 sanguine gaudentes homicidia saeva minari,
18 corpore in alterius tune carnis vulnus amare.
19 ardentes etiam, calida dulcedine captos
20 foedera naturae transcendere, Corpora munda
21 complexu infando sexum maculare virilem,
22 femineos usus vulgi contamine mixtos
23 illicitos castosque sinus generique dicatos
24 in coitum obscenum pro luxu suasit habere.
25 talia praeterito grassatus tempore gessit
26 per latebras animae sepis manante veneno.
27 non quia culparent homines, nam sponte secuti:
28 ille dolo suasit, homo libertate peregit.
29 haec dum continuo per saecula perfidus halat
30 consiliumque suum seductis cordibus infert —
31 sperans (heu!) sceleris veniam se stultus habere,

6a: Gn 3, 14sq 21-24: Sap 14, 24-28

6 sic] F, sed Hü 3 22 mixtos] F, mixto Mü


24 habere] Mü, haberi F
27 culparent] F, culpa carent Oxe 44 Mü
31 sceleris veniam] Banhius 884 Oe, scelerisque viam F
Buch 1 57

Gedicht gegen die Marcioniten


Buch 1

Die bodenlose Ruchlosigkeit dessen, der Böses wirkt, sein dem Leben
mißgünstiger Sinn, hat die Menschen, nachdem er sie verführt und mit
nichtiger Hoffnung eingefangen hatte, ihrer Sündenlosigkeit entkleidet,
indem er sie dazu überredete, ihm den falschen Frevel zu glauben. (3)
Nicht ungestraft freilich; für die Tat nämlich empfing jener sogleich —
als Schuldiger und unbesonnener Urheber eines solch großen
Verbrechens — verdientermaßen Bannflüche. So rückte er später, des
Verstandes beraubt, weiter vor, ein äußerst verzweifelter Feind, über¬
flutete die Sinne der Menschen und tauchte sie in Dunkelheit. (9) Er
lehrte sie, den Herrn zu vergessen und von der sicheren Hoffnung
abzulassen, nichtigen Götzenbildern anzuhängen, sich eine Schar von
Gottheiten auszudenken sowie Losorakel, Deutungen von Wahrzeichen,
falsche Bezeichnungen für die Gestirne; und er lehrte sie zu glauben,
daß sie die Konstellationen von Neugeborenen sicher durch die Unter¬
suchung von Eingeweiden vorherbestimmen und zukünftige Dinge
vorhersehen könnten. (14) Diejenigen, die durch die Unverfrorenheit
der schrecklichen Zauberkunst der Abtrünnigen verführt worden waren,
trieb er dazu an, in Bewunderung des erdichteten Lehrstoffs das Leben
ungestraft für nichts zu achten und, kopfüber in verbrecherischen
Wahnsinn eingetaucht und an Blut ihre Freude habend, grausame Men¬
schenmorde anzudrohen und dann an der Verwundung am Körper eines
Mitmenschen Gefallen zu haben. (19) Auch überredete er sie dazu,
brennend und in hitziger Leidenschaft befangen die Gesetze der Natur
zu übertreten, reine Körper männlichen Geschlechts durch abscheuliche
Umarmung zu beflecken, Verkehr mit Frauen aus dem Volk zu haben,
der doch mit Befleckung verbunden und unerlaubt ist, und für ihre
Geilheit den keuschen Schoß einer Frau, der dem Familiengeschlecht
geweiht ist, zu unzüchtiger Kopulation zu gebrauchen. (25) In der
vergangenen Zeit ging er heftig zu Werke und vollbrachte solcherlei
Dinge, wobei er das Fäulnis erregende Echsengift in die dunklen Win¬
kel der Seele rinnen ließ. Nicht als ob die Menschen ihm die Schuld
daran geben könnten, denn sie folgten ihm ja aus eigenem Antrieb:
Jener überzeugte sie mit List, der Mensch führte es in freier Entschei¬
dung aus.
(29) Während er dies in einem fort durch die Jahrhunderte hindurch
hinterhältig von sich gibt und seine Intrigen verführten Herzen einflößt
— (ach!) dumm in seiner Hoffnung, er werde Gnade für sein Verbre¬
chen erlangen, da er nicht weiß, was für ein Strafurteil wegen seiner
58 I 32-67

32 ignarus qualis maneat sententia facti —,


33 turba prophetarum tectis sapientia verbis
34 spiritu deque dei praesaga voce loquuntur.
35 publice non audet dominum maledicere nude
36 secreto ingenio sperans se posse latere.
37 tandem lux animae carnis captiva tenetur,
38 desperatorum certat spes fortior hoste:
39 ipse figurator, renovator corporis ipse,
40 gloria vera patris, dei filius, unicus auctor,
41 iudex et dominus venit, rex inclytus orbis,
42 oppressis veniam dare promptus, solvere vinctos,
43 cuius amicitiae auxilio, patientia poenae
44 et deus et renovatus homo miscetur in unum.
45 virgo sancta parit, patefit nova ianua vitae,
46 dicta prophetarum factis impleta probantur,
47 templa sacerdotes linquunt, stellae quoque ductu
48 mirantur dominum tantum se cernere partum.
49 in vinum vertuntur aquae — memorabile visu —,
50 lumina redduntur caecis iussuque trementes
51 daemones expulsi clamant Christumque fatentur.
52 omnia sanantur verbo iam tabida membra,
53 iam graditur claudus, surdus spem protinus audit,
54 dat dextram mancus, loquitur magnalia mutus,
55 fit mare tranquillum iussu ventique quiescunt.
56 omnia cognoscunt dominum, confunditur hostis
57 iamque triumphatus ferus armis paret iniquis.
58 omnia cum revocata videt, quae ceperat ipse,
59 cladis in interitum mersam iam surgere carnem,
60 in caelos hominem devicta morte levari,
61 signari populos effuso pignore sancto
62 (mirandae virtutis opus invisaque facta),
63 audit et extremas flammarum in gurgite poenas
64 a domino sibi perpetuas tenebrasque paratas
65 irrevocata dei sententia — nudus, inermis,
66 damnatus, victus, periturus morte perenni,
67 iam reus et nullam veniam se certus habere.

38: Lc 11, 22 42: Mt 18, 11 43b: 1 Cor 11, 32 47: Mt 2, 9


61: 2 Cor 1, 22

34 loquuntur] Oe, loquentum F, locuti lege 185, locuta est Oxe, Cento,
correxit lege 185 35 audet] Oe, audens F
48 se cernere] Hü 4 Oxe 15, secernere F
Buch 1 59

Taten besteht —, spricht die Schar der Propheten mit verdeckten


Worten in Weisheit mit aus dem Geist Gottes weissagender Stimme. In
der Öffentlichkeit wagt er es nicht, den Herrn unverhüllt zu schmähen,
in der Hoffnung, mit geheimer geistiger Tätigkeit verborgen bleiben zu
können. Endlich läßt sich das Licht der Seele als ein Gefangener des
Fleisches halten, die Hoffnung der Hoffnungslosen tritt in den Streit
ein und ist stärker als der Feind: (39) Der Bildner selbst, der Erneue¬
rer des Körpers selbst, die wahre Herrlichkeit des Vaters, der Sohn
Gottes, der einzigartige Schöpfer, der Richter und Herr ist gekommen,
der ruhmreiche König des Erdkreises, bereit, den Bedrängten Gnade zu
gewähren und die Gefesselten loszubinden, aufgrund von dessen lie¬
bender Hinwendung und seiner Bereitschaft, die Strafe zu erdulden,
sich Gott und der erneuerte Mensch in eins vermischen. (45) Die heili¬
ge Jungfrau gebiert ihn, es öffnet sich eine neue Pforte des Lebens, die
Worte der Propheten werden durch die Geschehnisse als erfüllt erwie¬
sen, die Priester verlassen die Tempel, auch wundern sich die Sterne
in ihrem Lauf bei dem Anblick, daß der Herr so niedrig geboren ist.
(49) Wasser wird in Wein verwandelt — ein erinnerungswürdiger
Anblick —, Blinden wird das Augenlicht zurückgegeben, und auf
Geheiß zittern die Dämonen und schreien, wenn sie ausgetrieben wer¬
den, und bekennen Christus. (52) Alle schon faulig — eitrigen Glieder
werden durch das Wort geheilt, schon geht der Lahme, der Taube hört
sogleich die Botschaft der Hoffnung, der Verkrüppelte reicht die rechte
Hand, der Stumme spricht Zeichenhaftes, das Meer wird auf Geheiß
still, und die Winde kommen zur Ruhe. Alles erkennt den Herrn, der
Feind wird zuschanden, und schon wird über ihn, den Wilden, trium¬
phiert, und er gehorcht den gegnerischen Waffen.
(58) Während der Feind sieht, wie alles zurückgerufen worden ist,
was er selbst in seinen Besitz genommen hatte, und wie das bereits im
Untergang der Niederlage versunkene Fleisch sich schon wieder erhebt,
daß der Mensch nach dem vollständigen Sieg über den Tod in den
Himmel erhoben wird, daß die Völker getauft werden, wobei das heili¬
ge Pfand verströmt wird (ein Werk von bewundernswerter Kraft und
Taten, die zuvor nicht gesehen wurden), (63) hört er auch, daß ihm
für die Endzeit Strafen in einem Abgrund von Flammen und Finsternis
auf ewig vom Herrn bereitet sind, gemäß dem unwiderruflichen Rat¬
schluß des Herrn — er, der Feind, nun entblößt, waffenlos, verdammt,
besiegt, dazu bestimmt, in einem ewigen Tod zu vergehen, schon
angeklagt und dessen gewiß, daß er keine Gnade erhält. (68) Weiterhin
60 I 68-103

68 protinus extremum nefas ausus spargere passim


69 auribus horrendum verbum neque voce loquendum;
70 abiectos a plebe dei, sine luce vagantes,
71 inventos sine mente viros, terrena sequentes
72 aggressus pravi pravos docet esse magistros.
73 praedicat his duos esse patres divisaque regna:
74 esse mali causam dominum qui condidit orbem
75 quique figuravit carnem spiramine vivam
76 quique dedit legem et vatum qui voce locutus.
77 hunc negat esse bonum, iustum tarnen esse fatetur,
78 crudelem, durum, belli cui saeva voluptas,
79 iudicio horrendum, precibus mansuescere nullis;
80 esse alium suadens, nulli qui cognitus umquam
81 (qui non est usquam, falsum sine nomine numen!)
82 constituens nihil et nulla praecepta locutus.
83 hunc ait esse bonum, nullum qui iudicat, aeque
84 sed parcit cunctis, vitam non invidet ulli.
85 iudicium negat esse reis dulcique cruentum
86 circumfert miseris mixtum cum melle venenum.
87 surgere posse negat carnem, cui causa ruinae
88 ipse fuit, quam contemptam spoliavit inique.
89 propterea maledictus habet sine fine dolorem,
90 hostis huic semper, vario quia vulnere vitam
91 nititur excutere et, de qua ruit ipse, salutem.
92 inque hoc ait Christum terris venisse repente,
93 sed nulla socium carnis compagine factum:
94 spiritus est forma et fictum sub imagine corpus;
95 fallere vult homines, quod non est, esse videri.
96 hoc decet ergo deum caligine ludere suasos,
97 mentiri nefas aut hominem se dicere falso?
98 portatur, graditur, vestitur, rite quiescit,
99 tractatur, patitur, suspenditur et sepelitur:
100 omnia sunt hominis qui sancto in corpore versus,
101 a patre deo vero missus, qui cuncta creavit,
102 perfecit proprie, sua, non aliena requirens;
103 cognitus ipso opere populis sperantibus olim

72 aggressus] F Mü, agressus Oe Wi docet] Pam Oe, decet F


81 numen] Pam Rig, nomen F
92 ait] Mü, et F 94 est] Mü, at F
100 qui] Mü, quae F versus] Oxe 15 Mü, versis F,
versans Pam Rig Oe
Buch 1 61

wagt er das äußerste Unrecht, nämlich eine Lehre allenthalben zu ver¬


breiten, die für die Ohren schrecklich und mit der Stimme nicht aus¬
sprechbar ist; und Leute, die vom Volk Gottes ausgestoßen sind, ohne
Erhellung umherschweifen, Männer, die erwiesenermaßen ohne Ver¬
stand sind und den irdischen Dingen anhangen, lehrt er, verworfene
Lehrer eines verworfenen Übergriffs zu sein.
(73) Er verkündet diesen, daß es zwei Gottväter gebe und zwischen
diesen aufgeteilte Reiche: Die Ursache des Übels sei der Herr, der den
Erdkreis erschaffen hat und der das Fleisch, das durch den Odem
lebendig ist, bildete und der das Gesetz gab und der durch die Stimme
der Propheten sprach. (77) Von diesem sagt er, daß er nicht gut sei,
gesteht jedoch ein, daß er gerecht sei, grausam, unerbittlich, der grau¬
sige Lust am Krieg habe, schrecklich in seinem Urteilsspruch und
somit durch keine Gebete milde zu stimmmen; er legt überredend dar,
daß es einen anderen, zweiten Gott gebe, den keiner jemals gekannt
habe (dieser existiert nirgendwo, sondern ist eine fingierte Gottheit
ohne Namen!), der nichts anordne und keine Gebote ausspreche. (83)
Von diesem sagt er, daß er gütig sei, der über keinen als Richter urtei¬
le, sondern in gleicher Weise alle verschone, keinem sein Leben neide.
Er sagt, daß es keine Verurteilung für die Angeklagten gebe, und er
trägt bei den Elenden blutiges Gift umher, das mit süßem Honig ver¬
mischt ist. (87) Er sagt, daß das Fleisch nicht auferstehen könne, für
das er selbst die Ursache des Falls war, das er verachtete und in Sünde
beraubte. Daher ist er verflucht und hat Schmerz ohne Ende, diesem
Fleisch ständig ein Feind, da er sich ja anstrengt, mit mannigfaltiger
Verwundung aus dem Menschen das Leben und das Heil auszutreiben,
von dem er selbst abgefallen ist. (92) Dazu, sagt er, sei Christus so¬
gleich auf die Erde gekommen, der aber durch keine Zusammenfügung
zu einem Gefährten des Fleisches gemacht wurde: Seine Beschaffenheit
ist geistiger Art und sein Körper durch ein Abbild fingiert; er will die
Menschen täuschen, daß er etwas zu sein scheint, was er nicht ist.
(96) Dies also schickt sich für Gott, die Überredeten in Dunkelheit zu
narren, frevlerisch zu lügen und sich fälschlicherweise Mensch zu
nennen ? Er wird getragen, er schreitet einher, er kleidet sich, er geht,
wie es üblich ist, zur Ruhe, es wird ihm der Prozeß gemacht, er lei¬
det, er wird am Kreuz aufgehängt und begraben: Dies alles sind
Merkmale eines Menschen, der in einen heiligen Körper verwandelt
worden ist, der vom Vater, dem wahren Gott, gesandt wurde, der alles
geschaffen hat, und der es eigenständig vollbracht hat, wobei er das
Seinige, nicht Fremdes aufsuchte; (103) aufgrund seines Werkes selbst
ist er von den Völkern erkannt worden, die seit langer Zeit auf ihn
62 I 104-139

104 perque prophetarum vocem notissimus orbi:


105 et nunc errantes manifesto in limine mortis
106 ignotum dominum quaerunt notumque relinquunt.
107 quorum falsa fides, falsus deus, irrita merces,
108 falsa resurrectio, mortis devictio falsa,
109 martyria et vacua et Christi quoque nomen inane.
110 quem magicae nebulae similem venisse docentes
111 mendacem facti dementes esse fatentur
112 nec quidquam passum, populum sine crimine factum.
113 sic verax deus? hi domino referuntur honores?
114 heu miseri gratis ingrata morte perempti!
115 qui caeco duce praecipites in fossa ruistis,
116 et velut in somnis thesauri munere dives
117 exsultat manibusque tenet spe lusus inani,
118 decepti vacuam speratis muneris umbram.
119 ah! tumidi rictus funesta{ve} praeda draconis,
120 speratis pro pace truces homicidia blanda?
121 audetis culpare deum, qui tanta creavit?
122 in cuius terris nimia pietate profusa
123 immemores large laudatis dona fruentes,
124 ipsum factorem reprobatis facta probantes,
125 artificem mundi? cuiusne opus estis et ipsi?
126 qui vobis magnos parvis donavit honores,
127 prosevit fruges, animalia cuncta subegit,
128 tempora qui certis fecundat mensibus anni,
129 dulcores, potus varios, pingues et odores,
130 iucundos flores nemorumque umbracula grata,
131 mirificos tribuit succos pubentibus herbis,
132 fontes et fluvios diffundit dulcibus undis,
133 sideribus caelum totumque illuminat orbem,
134 immensus solus dominus iustusque bonusque,
135 cognitus ex opere, aspectu non cognitus ulli.
136 quem stultae quam vis gentes errore copertae,
137 florentes opibus alieno nomine laudent,
138 factoremque tarnen gnari culpare verentur.
139 nec quisquam tantum, nisi vos, nova porta gehennae,

107sq: 1 Cor 15, 13-19

105 errantes] Hü 4 Oxe 15, errantem F


112 nec quidquam] Mü, nequidquam F factum] Mü, fictum F
119 tumidi] Mü, tacidi F, taciti Riv (134: - in fern!, qui summa quasi
silentio mortuos devorat) { } Mü
123 fruentes] Mü, ruentes F
Buch 1 63

hofften, und durch die Stimme der Propheten war er dem Weltkreis
wohlbekannt: Und jetzt irren diese an der offensichtlichen Schwelle
zum Tode umher und suchen den unbekannten Herrn und fallen vom
bekannten ab. (107) Deren Glaube ist falsch, falsch ihr Gott, der Lohn
nichtig, falsch seine Auferstehung, sein vollständiger Sieg über den
Tod ist falsch und seine Passion nichtig, und auch der Name Christi
("gesalbter Erlöser”) ist dann wertlos. (110) Indem sie lehren, daß
dieser einer Zauberwolke gleich gekommen ist, bekennen sie gleichzei¬
tig in ihrem Wahnsinn, daß er der Vortäuscher einer Tat ist und nicht
irgend etwas erlitten hat, daß auch das Volk der Juden ohne Verbre¬
chen ist. So soll der wahrhaftige, zu seinem Wort stehende Gott sein ?
Solche Ehren werden dem Herrn dargebracht ? Ach, ihr Elenden, die
ihr umsonst in einem unwillkommenen Tod zugrunde geht! (115) Die
ihr unter einem blinden Führer kopfüber in Gräben stürzt, ihr erhofft
— so wie im Schlaf der Reiche über das Geschenk eines Schatzes
jubelt und es mit seinen Händen festhält, da er durch eitle Hoffnung
genarrt wird — betrogen den leeren Schatten eines Geschenkes.
(119) Ah! Erhofft ihr, die todgeweihte Beute für den Rachen der
aufgeblähten Schlange, in eurem Trotz etwa anstelle des Friedens den
hinter lügnerischen Verlockungen verborgenen Tod ? Ihr wagt es, Gott
zu schmähen, der solch große Dinge erschaffen hat ? Auf dessen Erde
ihr, ohne dessen gewärtig zu sein, die Güter preist und genießt, die er
in übergroßer Vaterliebe großzügig ausgestreut hat, den Schöpfer selbst
lehnt ihr ab, während ihr seine Werke begrüßt, den Erbauer der Welt,
dessen Werke auch ihr selbst seid ? (126) Der euch Geringen große
Ehren geschenkt hat, Früchte hingesät hat, euch alle anderen Lebewe¬
sen untertan gemacht hat, der die Jahreszeiten durch die sichere Abfol¬
ge der Monate fruchtbar macht, der süße Spezereien, mannigfaltige Ge¬
tränke, üppige Düfte, liebliche Blumen und willkommene Schatten der
Haine verteilte sowie den heranwachsenden Kräutern wunderwirkende
Säfte, der die Quellen und Flüsse mit süßen Wogen verströmen läßt,
mit Sternen den Himmel und den gesamten Erdkreis erleuchtet, er, der
unermeßliche, alleinige Herr, der gerecht wie auch gut ist, aus seinem
Werk erkannt wird, vom Anblick her jedoch niemandem bekannt ist.
(136) Obgleich die Heidenvölker diesen, da sie ungebildet und mit
Irrtum überhäuft sind, aber in Reichtum blühen, mit einem anderen,
fremden Namen preisen, scheuen sie sich dennoch, wissend, den
Schöpfer zu schmähen. Keiner außer euch tut es so sehr, ihr neue
Pforte zur Hölle, die ihr in Undankbarkeit euch dafür entscheidet,
64 I 140-175

140 ingrati eligitis dominum maledicere vestrum.


141 haec vobis per Marcionem, Cerdone magistro,
142 terribilis refuga attribuit fera munera mortis;
143 nec venit in mentem, quod vos a nomine Christi
144 seductos ad Marcionis tulit (infima!) nomen.
145 dicite, de multis quid vobis displicet unum?
146 quidve deus fecit quod non sit laude vehendum?
147 aut illud, quod vos nimium patientia larga
148 indignos dulcem permittit cernere lucem?
149 quae legitis vera et concisa, ea falsa docetis,
150 quae sunt postque futura, prius haec facta probatis.
151 aut incredibilem quid differt credere vestrum?
152 nec mirum si vos versutus cepit inermes
153 persuadens duos esse patres (damnatus ab uno!),
154 esse deos, qui principio seduxerat omnes,
155 postea multiplici manantem vulnere pestem
156 distribuit multis et — inemendabile crimen! —
157 infandos omni magicae dementia plenos
158 persuasit sese virtutem dicere summam,
159 fingere cum meretrice nefas, peragrare, volare.
160 namque Valentino deus est insanus et aevo
161 triginta tribuit caelos patremque Profundum;
162 bis docuit tingi transducto corpore flamma.
163 tantos esse deos Basiliden credere iussit,
164 quantos et dies annus habet, tot denique mundos.
165 Marco per numeros argumentatus acute
166 tradidit in magicae formam violare pudicam,
167 offerri calicem precibusque in sanguine verti.
168 Hebioni Christum suasit de semine natum
169 et circumcidi docuit legique vacare,
170 fontibus amissis elementa resumere legis.
171 extremum facinus verbis extendere nolo
172 aut omnes causas aut nomina dicere cuncta.
173 est per pauca satis crudelia multa notare
174 infandosque homines atque organa saeva draconis,
175 per quos nunc tantum sceleris infeste locutus

150: 2 Tim 2, 18 152: 2 Cor 11, 14 157-159: Act 8, 9-13

149 quae] Mü, qui F 151 incredibilem] Oe, incredibile F, incredibili Mü


152 nec mirum] Pam, nimirum F 158 persuasit] Rig, pervasit F
164 mundos] Pam Rig Hü 4, mundo F
165 Marco] Hü 4, Marcio F, Marcus Pam
175 infeste] Oe, sine teste F locutus] Oe, locuti F
Buch 1 65

euren Herrn zu schmähen. (141) Diese grausigen Gaben des Todes hat
euch der schreckliche, abgefallene Engel durch Marcion, dessen Lehrer
Cerdo war, zukommen lassen. Und es kommt euch nicht in den Sinn,
daß der Gefallene euch verführt hat und (das ist das Letzte!) vom
Namen Christi weg hin zum Namen Marcions brachte. Sagt an, welche
einzige von den vielen Taten Gottes erregt euer Mißfallen ? Oder was
hat Gott getan, was nicht mit Lobpreis angeführt werden müßte ? (147)
Etwa jenes, daß er es zuläßt, daß ihr, seiner allzu großmütigen Geduld
unwürdig, das liebliche Tageslicht erschaut ? Was ihr Wahres und
Kurzgefaßtes lest, das beurteilt ihr falsch, was ist und was später sein
wird, das ist nach eurer Meinung früher geschehen. Was macht es da
für einen Unterschied zu glauben, daß es euren Unglaublichen gibt ?
(152) Und es ist nicht verwunderlich, wenn der Böse in seinem Li¬
stenreichtum euch Waffenlose einfing, indem er euch davon überzeug¬
te, daß es zwei Gottväter gebe (wobei doch er selbst von dem einen
einzigen verdammt ist!), daß es also Götter gebe, er, der am Anfang
alle verführte, später aber unter vielen eine verderbliche Pestseuche
verbreitete, die sich mit mannigfacher Sünde verströmte, und (unsühn-
bares Vergehen!) abscheuliche Leute, die angefüllt sind mit jedem
Wahnsinn der Zauberei, dazu überredete, daß sie sich die "Höchste
Tugend” nennen ließen, daß sie mit einer Hure Frevlerisches erdichte¬
ten, durch die Lande zogen, Flugversuche unternahmen. (160) Und bei
Valentin gibt es einen wahnsinnigen Gott, und er teilte dem Pieroma
dreißig Äonen zu und den vollkommenen Äon Bythos ("Tiefe”) als
Gottvater; er lehrte, zweimal zu taufen, wobei der Körper durch die
Flamme hindurchgeführt wird. (163) Er befahl dem Basilides zu glau¬
ben, daß es so viele Götter gebe, wie das Jahr Tage hat, und daß es
ferner auch soviele Welten gebe. Mit Marcus stritt der Teufel scharf¬
sinnig in Zahlenspekulationen und überantwortete es ihm, keusche
Jungfrauen gewaltsam zu Magierinnen zu machen, Wein in der Schale
anzubieten und ihn durch Gebete in Blut zu verwandeln. Den Hebion
überzeugte er davon, daß Christus aus menschlichem Samen geboren
ist, und er lehrte, sich zu beschneiden und sein Leben nach dem Ge¬
setz des Alten Testaments einzurichten, also unter Vernachlässigung
der neutestamentlichen Quellen die Elemente dieses Gesetzes wieder
aufzugreifen. (171) Ich will nicht die äußerste Schandtat mit Worten
ausbreiten noch alle Fälle oder alle Namen nennen. Es ist genug, mit
wenigen Andeutungen viele Grausigkeiten zu kennzeichnen und die
unaussprechlichen Menschen und die scheußlichen Werkzeuge der
Schlange, durch die er jetzt so viel Verbrecherisches feindselig spricht
66 I 176-211

176 semper factorem mundi culpare laborat.


177 sed revocate pedem saevi latronis ab antro,
178 dum spatium datur et patiens pietate perennis
179 facta per errorem miseris deus omnia donat.
180 credite vero patri, vere qui condidit orbem,
181 verum qui dominum misit renovare ruinam,
182 imparibus legi, peccati in gurgite mersis,
183 per vates olim promissam afferre salutem.
184 qui mandata dedit, hic et peccata remittit.
185 exigit hic aliquid merito, quia credidit ante,
186 aut donat large dominus quasi debita servis.
187 denique confusos populos poenamque merentes
188 deleto elogio cunctos iubet ipse lavari.
189 ergo totus homo credit totusque lavatur.
190 abstinet aut patitur pro nomine vulnera vere,
191 verus surgit homo, vere mors victa silebit;
192 sed non pars hominis anima, sua parte relicta,
193 percipiet palmam, socia quam carne laborans
194 in stadio luctata simul coniuncta meretur.
195 grande nefas portare duos per vincula pondus,
196 quorum sit locuples unus atque alter egenus,
197 et miserum sperni, felici praemia reddi.
198 non facit hoc iustus, mercedis redditor aequus,
199 et bonus et dives, quem credimus omnia posse,
200 suavis in ingratos, miserendi plena voluntas.
201 quin potius, cui maior inest mortalis egestas,
202 possit ut aequari socio praelatus, id ultro,
203 quidquid eget, tribuet locuples; sic credere iussum
204 nec veile illicite dominum culpare docendo,
205 suscitet ut qui animam, tamquam sit passa ruinam,
206 liberet a morte et vivendi facta maneret
207 copia de solo merito, quia fortiter egit,
208 et caro communem semper sortita laborem
209 linquatur terrae, mortis sit praeda perennis.
210 ergo hominis anima placuit deo fortibus actis?
211 nullo sola modo potuit sine carne placere.

176 laborat] Oe, laborant F 177 revocate] Pam, revocare F


178 datur] Pam Rig, detur F 180 vere] Mü, vero F 181 ruinam] F,
salutem lege 3 187 confusos] Mü, conlusos F, conclusos Pam Oe
merentes] Pam, merentem F 188 deleto] Pam (cf. Col 2,14), delecto F
191 verus] F, versus Oe victa] Pam, vita F
205 ut qui] Oe Hü 5 Oxe 21, aut quem F, ut quam Mü, aut quam Riv
206 et] F, ut Th 328 n.l Hü 5 vivendi] Th 328 n.l Mü, viventi F
Buch 1 67

und dadurch ständig bemüht ist, den Schöpfer der Welt zu schmähen.
(177) Jedoch: Zieht euren Fuß zurück aus der Höhle des grausamen
Räubers, solange noch Zeit dazu gegeben ist und der geduldige, in
seiner Vaterliebe unvergängliche Gott den Elenden alle aus Irrtum
begangenen Taten vergibt. (180) Glaubt an den wahren Gottvater, der
in Wahrheit den Erdkreis geschaffen hat, der den wahren Herrn ge¬
sandt hat, um die gefallene Menschheit zu erneuern und denjenigen,
die dem Gesetz nicht gemäß und im Strudel der Sünde versunken sind,
das durch die Propheten schon lange versprochene Heil zu bringen.
(184) Der die Gebote gegeben hat, der erläßt auch die Sünden. Der
Herr fordert hier verdientermaßen etwas ein, da er es ja zuvor als
Kredit gegeben hat, oder er verschenkt es großzügig an seine Diener,
als ob er es ihnen schuldete. Schließlich befiehlt er selbst, die in die
Irre gegangenen Völker, die die Strafe eigentlich verdienen, alle zu
taufen, nachdem er den Schuldschein durchgestrichen hat.
(189) Ferner glaubt der Mensch als Ganzes und wird als Ganzes ge¬
tauft. Er enthält sich der Nahrung oder erleidet um des Namen Christi
willen in Wahrheit Wunden, als wahrer Mensch ersteht er auf, in
Wahrheit wird der Tod besiegt verstummen; aber es wird nicht nur ein
Teil des Menschen, nämlich die Seele, unter Zurücklassung des ande¬
ren Teils von sich, die Siegespalme empfangen, die die Seele zugleich
in Verbindung mit dem Leib verdient, da sie mit dem Gefährten
Fleisch Strapazen erleidet und im Stadion kämpft. (195) Es wäre ein
großes Unrecht, daß zwei durch Fesseln vereint eine große Last tragen,
von denen der eine reich ist und der andere arm, und daß dann der
Elende verachtet wird und der Wohlhabende den Lohn bekommt. Dies
tut der Gerechte nicht, der ausgleichende Vergelter des Lohnes, sowohl
gut als auch reich, der, wie wir glauben, alles vermag, der leutselig ist
gegenüber den Undankbaren, ein Wille voll von Erbarmen. (201) Ja
vielmehr wird der Reiche alles, was der Arme entbehrt, aus eigenem
Antrieb dem Armen abgeben, dem ja die größere Bedürftigkeit an
Vergänglichem inne ist, so daß er, da ihm der Vorzug gegeben wurde,
sich seinem Mitmenschen gleichstellen kann; so ist es befohlen, zu
glauben und nicht in unerlaubter Weise den Herrn dadurch schmähen
zu wollen, daß man lehrt, daß der, weil er die Seele erweckt, als ob
sie allein den Fall erlitten hätte, sie vom Tode befreit und daß das
Vermögen zu leben für sie bestehen bleibt, erworben allein durch ihren
Verdienst, da sie sich ja tapfer bewährt hat, und daß das Fleisch, ob¬
gleich es immer am Los der für beide gemeinsamen Mühe teilhatte,
auf der Erde zurückgelassen wird und auf ewig eine Beute des Todes
ist. (210) Also hat die Seele des Menschen Gott mit ihren tapferen
Taten gefallen ? Keinesfalls vermochte sie allein ohne das Fleisch
68 I 212-242

212 vincta tulit poenas — caro membris vincula gessit.


213 contempsit mortem — sed carnem morte reliquit.
214 illa dolens gemuit — haec victa a vulnere caesa est.
215 illa petit requiem — haec ferro in pulvere fusa
216 piscibus, alitibus, tabo cinerique relicta est.
217 frangitur infelix laniata, sparsa liquescit:
218 surgere non meruit? quid enim committere sola
219 exanimis potuit? quae sic causa invida vitae
220 impedit aut prohibet dei dona capessere carnem
221 cumque sua socia coniunctam vivere semper,
222 cernere quid fuerit conversa in pulvere quondam?
223 post meritos renovata ferat deo laudis honores,
224 non ignara sui, fragilis, mortalis et aegra.
225 certatis, Magni possit quid vivida virtus,
226 qui bonus atque potens vitam non invidet ulli?
227 haec captiva fuit mortis, haec vincta peribit,
228 quam dominus mira sapientia fecit et arte?
229 hanc virtute sua miranda suscitat ipse,
230 hanc revocat dux fortis et hanc sua gloria vestit.
231 ergo dei aptavit ars et sapientia corpus,
232 quod cupit his fieri; deest hoc virtute reduci?
233 causa potest pietati nulla resistere sanctae,
234 ne maior sit causa mali quam summa potestas,
235 ut cognoscat homo iam tune dei munere salvus,
236 mortalis quondam, nunc inviolabile et ingens
237 vestitus lumen, vivus cum corpore totus,
238 immensum virtute deum pietate perennem
239 per Christum regem, per quem via lucis aperta est.
240 et iam luce nova, iam dono plenus utroque,
241 fructibus et vitae paradisi laetus amoenis
242 laudet in aeternum caelesti dives in aula.

212 vincta] Mü, vincla F 214 victa] Oe, vita F


235 tune] Mü, nunc F 241 vitae] Mü, vivae F
Buch 1 69

dieses Gefallen zu bewirken. Gefesselt ertrug sie die Strafen — das


Fleisch bewirkte in den Gliedern die Fesseln. Sie verachtete den Tod
— aber sie ließ das Fleisch im Tode zurück. Jene seufzte im Schmerz
— dieses ist, besiegt von der Verwundung, vernichtet worden. Jene
strebt nach Ruhe — dieses ist, durch das Schwert im Staub hinge¬
streckt, für die Fische, die Vögel, die eitrige Verwesung und die
Asche zurückgelassen worden. (217) Das unglückliche Fleisch wird
zerstückelt und zerteilt, und zerstreut verwest es: Und es hätte es da
nicht verdient aufzuerstehen ? Was hat es denn allein, ohne Seele, zu
verschulden vermocht ? Welche dem Leben mißgünstige Ursache
unterbindet oder verhindert es, daß das Fleisch in den Genuß der
Gaben Gottes gelangt und mit seiner Gefährtin, der Seele, vereint
immerwährendes Leben hat und betrachtet, was es einst gewesen ist, in
Staub verwandelt ? Später möge es erneuert Gott die ihm zustehenden
Ehrungen des Lobpreises darbringen, im vollen Bewußtsein seiner
früheren Eigenschaften, nämlich Zerbrechlichkeit, Sterblichkeit und
Krankheitsanfälligkeit.
(225) Ihr liegt darüber im Streit, was die lebendige Kraft des großen
Gottes vermag, der, gütig und mächtig, niemandem das Leben mi߬
gönnt ? Das Fleisch ist ein Gefangener des Todes gewesen, soll dies
gefesselt zugrunde gehen, was der Herr in wunderbarer Weisheit und
Kunstfertigkeit geschaffen hat ? (229) Dieses erweckt er aufgrund
seiner eigenen bewundernswerten Kraft selber auf, dies ruft der tapfere
Anführer zurück zu sich, und dieses kleidet er mit seiner Herrlichkeit.
Also fügten die Kunstfertigkeit und Weisheit Gottes den Körper zu¬
sammen, der nach seinem Wunsch durch diese entsteht: Und da soll es
nicht möglich sein, diesen durch die Macht Gottes wiederherzustellen ?
(233) Keine Wirkursache vermag der heiligen Liebe entgegenzustehen,
auf daß nicht die Wirkursache des Bösen größer sei als die höchste
Macht, damit der Mensch, schon damals durch das Geschenk Gottes
gerettet, einst sterblich, jetzt unverletzlich und mit dem unermeßlichen
Licht bekleidet, lebendig in seiner Gänze mit seinem Körper, Gott
erkenne, der unermeßlich ist in seiner Macht und ewig in seiner Liebe
durch den König Christus, durch den der Weg des Lichts zugänglich
gemacht wurde. (240) Und schon von neuem Licht, schon von der
doppelten Gabe erfüllt, erfreut sich der Mensch an den Früchten und
lieblichen Gegenden des Paradieses des Lebens und stimmt den Lob¬
preis auf ewig an, wohlhabend im himmlischen Königshof.
70 II 1-32

CARMINIS ADVERSUS MARCIONITAS


LIBER SECUNDUS

Postquam fracta fides refugis spirantibus hostis


2 et glomerata dolis emersit pestis operta,
3 sponte sua mendax contempto numine sensus
4 confixit plagas fallaci tramite callens:
5 sanctorum dictis sua miscuit impia verba
6 inque bonum semen lolium miserabile sevit
7 inde volens omnem causam constare ruinae,
8 scilicet ut sua facta deo subsignet iniqua
9 ocius et possit suasos infigere poenis,
10 veris falsa tegens et lenibus aspera vertens
11 et roseis sertis hastae mucrone coperto
12 improvisa necans incautos morte supremum.
13 suppressit nefas in tantum dementia mersos
14 abruptos homines numen sine fine tremendum
15 dividere in partes, Christi sublimia facta
16 falsa laude sequi culpareque gesta priora,
17 innumerata dei miracula, visa nec umquam
19 ante nec audita contemptaque corde nec ullo,
18 tarn temere scelus illicitum componere verbis,
20 adversum sese duo testamenta sonare,
22 dissimili longe sententia veile probare,
21 contra prophetarum domini committere verba,
23 omnem legis ut infamem deducere causam
24 sanctorumque patrum vitam reprobare priorem,
25 quos in amicitiam adlexit deus ad sua dona.
26 accipitur sine principio pro parte minori,
27 quattuor ex uno cum sint, ex quattuor unum.
28 his tarnen una placet, reprobant tres denique partes
29 auctoremque sui Paulum per multa capessunt.
30 ”necnon ex ipso furiebat in extima verba.”
31 omnia quae veteri de foedere cumque locutus,
32 dura videntur eis merito, quia corde gravati.

2 pestis] Pam, pectis F 3 sensus] F, prensus Mü


4 callens] Oe, pallens F, palans Oxe 15 Mü
12 necans] Pam, negans F supremum] Mü, suprema F
13 suppressit] Mü, suppremum (sic) F
19/18 versuum ordinem mutavit Pam, 22/21 ego
23 ut] Mü, et F 28 reprobant] Oe, reprobat F
Buch 2 71

Gedicht gegen die Marcioniten


Buch 2

Nachdem der Glaube zerbrochen war, als die Überläufer des Feindes
lebten und die Pestseuche auftauchte, aus Listen zusammengeballt und
verhüllt, da ersann der lügnerische Sinn des Teufels aus eigenem An¬
trieb, unter Verachtung der Gottheit, Angriffe gegen die Rechtgläubi¬
gen und war auf diesem ränkevollen Pfad verschlagen: (5) Er ver¬
mischte seine ruchlosen Worte mit den Aussprüchen der Heiligen und
säte unter den guten Samen elendes Unkraut, in der Absicht, daß da¬
durch der Grund für das Verderben völlig feststehe, indem er nämlich
seine sündigen Taten durch Gott unterschreiben lasse und so schneller
den Überredeten die Strafen anheften könne; dabei deckt er Falsches
mit Wahrem zu und verkehrt das Rauhe zu Weichem und läßt mit
einer Lanzenspitze, die durch Rosenkränze unsichtbar gemacht wurde,
schließlich die Arglosen in unvorhergesehenem Tode zugrunde gehen.
(13) Er zwang die in Wahnsinn befangenen Menschen zu solch
großem Frevel, daß sie, vom wahren Glauben losgerissen, die ewig zu
fürchtende Gottheit in Teile trennten, die erhabenen Taten Christi mit
falschem Lob umgaben und die Taten des Alten Testaments schmähten,
die ungezählten Wunder Gottes, die niemals zuvor gesehen noch gehört
noch von irgendeinem Herzen verachtet worden waren, (18) und daß
sie so blindlings ein frevlerisches Verbrechen mit Worten formulierten,
nämlich daß die beiden Testamente im Widerspruch gegeneinander
klingen, und daß sie beweisen wollten, daß die beiden Testamente von
stark unterschiedlicher inhaltlicher Bedeutung sind, daß sie die Worte
des Herrn gegen die der Propheten ausspielten, daß sie den gesamten
Stoff des Gesetzes, wie wenn er ruchlos wäre, wegstrichen und das
Leben der heiligen Väter in der Frühzeit verwarfen, die sich Gott doch
zur Freundschaft auserkoren hat für seine Gaben. (26) Von den Mar¬
cioniten wird nur ein kleinerer Teil der Schrift ohne den Anfang ange¬
nommen, nämlich von vier Evangelien ein einziges, wo es doch vier
aus einer einzigen Quelle sind. Diesen ist dennoch nur ein einziger Teil
willkommen, sie verschmähen kurzum die drei restlichen Teile und
nehmen in vielen Dingen Paulus als Gewährsmann für sich in An¬
spruch. (30) "Und gewiß doch hat sich Paulus von sich aus zu den
bedenklichsten Formulierungen verstiegen.” Denn alles, was auch
immer er über den Alten Bund gesprochen hat, erscheint ihnen mit
gutem Grund anstößig, da sie ja in ihrem Innern verstockt sind. (33)
72 II 33-68

33 pondus apostolicum, fulgentis gratia verbi.


34 lumina praeducit menti neque cernere possunt:
35 spiritu lata putant hebetes animalia dicta.
36 sed vos, qui nondum penitus duce numine falso
37 mente ipsa reprobi penetrastis ad intima mortis,
38 discite de fonte fluvium manare perennem,
39 qui nutrit lignum (bis senos gratia fructus),
40 exit et in terram ventosque in quattuor orbis:
41 tot fluit in partes fontis color et sapor unus.
42 sic et apostolico decurrit ecclesia verbo
43 ex utero Christi, patris omni gloria plena,
44 sordida diluere et sata mortua vivificare.
45 quattuor in numero diffusum in gentibus unum
46 electaque fide susceptum doctor opimus
47 tradit evangelium Paulus sine crimine mundum
48 abque hoc et Galatas vetuit discedere sanctos,
49 quos falsi fratres se circumcidere suasos
50 atque elementa sequi nova libertate relicta
51 umbrae futurorum veteri servire docebant.
52 has habuit Galatis causas conscribere Paulus,
53 non ut evangelii partem pro corpore toto
54 exciperent modicam maiori parte relicta.
55 atque adeo non verba libri, sed missus in orbem
56 ipse Christus evangelium est, si cernere vultis,
57 a patre qui venit solus bona nuntia portans,
58 testificata prius cuius ingens gloria complet,
59 ostendens opere quantus sit conditor orbis.
60 cuius facta simul dictis coniuncta fideles
61 ilii, Matthaeus, Marcus Lucasque, Ioannes,
62 conscripsere mera non extera verba locuti
63 spiritu sancto dei tanto praesente magistro.
64 hic agnus paschae suspenditur hostia ligno;
65 hunc Paulus phase conscribens decreta Corintho
66 occisum tradit vitamque deumque futurum,
67 promissum patribus, quos illectaverat ante.
68 cernite quid virtus, quid paschae possit imago.

39: Apc 22, 2 40sq: Gn 2, 10 48: Gal 2, 16 49: Gal 2, 4


50b: Gal 4, 31; 5, 1 51: Cd 2, 16sq; Hbr 8, 5; 10, 1 65: 1 Cor 5, 7sq

35 dicta] Mü, digna F 36 numine] Pam, nomine F 43 omni] Mü, omnis F


44 sordida] Oe, sordide F sata] Oxe 7 (cf. 1 Cor 15,36), Fata F
46 electaque] Pam, electoque F 51 umbrae] Mü (cf. Col 2,17), umbra F
63 sanctoj Mü (cf. lege 185), sancta F
Buch 2 73

Die Gewichtigkeit des Apostels und die Gnade des strahlenden Wortes
blendet ihren Sinn, und sie können nicht deutlich wahrnehmen: Was
durch den Geist emporgehoben wurde, halten sie in ihrer Verblendung
für fleischliche Worte. (36) Aber ihr, die ihr noch nicht unter der
Führung einer falschen Gottheit in eurem Sinn selbst verworfen und
tief bis in das Innerste des Todes vorgedrungen seid, lernt, daß von
der Quelle ein ewiger Strom entspringt, der das Holz des Lebensbau¬
mes nährt (aus Gnade zweimal je sechs Früchte) und sich auf die Erde
verströmt und in die vier Himmelsrichtungen des Erdkreises: In so
viele Richtungen fließt die eine einzige Farbe und der eine einzige
Geschmack der Quelle. (42) So hat auch die Kirche nach dem aposto¬
lischen Wort ihren Anfang genommen aus dem Leib Christi, sie, voll
der gesamten Herrlichkeit des Vaters, um das Schmutzige aufzulösen
und um das, was gesät worden und gestorben ist, wieder lebendig zu
machen. (45) Der umfassende Lehrer Paulus übergibt den Völkern das
einzige Evangelium, das sich vierfach ergießt und das er durch seinen
auserwählten Glauben empfangen hat und das ohne den Makel der
Verfälschung rein ist, und er verbot sogar den frommen Galatern, von
diesem abzuweichen, als diese durch falsche Brüder belehrt wurden,
dem alten Schatten der zukünftigen Welt zu dienen, und sie dazu über¬
redet wurden, sich zu beschneiden und den alttestamentlichen Glau¬
bensgrundlagen allein Folge zu leisten unter Aufgabe der neugewonne¬
nen Freiheit. (52) Diese Argumente wußte Paulus für die Galater
zusammenzutragen, damit sie nicht einen bescheidenen Teil des Evan¬
geliums anstelle des gesamten Schriftkörpers annähmen unter Aufgabe
des größeren Teils. (55) Und tatsächlich besteht das Evangelium nicht
aus den Worten des Buches, sondern aus Christus selbst, der auf die
Welt gesandt worden ist — wenn ihr euer Augenmerk darauf richten
wollt —, er allein, der vom Vater gekommen ist, die frohe Botschaft
mit sich tragend, dessen unermeßliche Herrlichkeit das bereits zuvor
Bezeugte erfüllt, indem er durch sein Werk klar anzeigt, wie groß der
Schöpfer des Erdkreises ist. (60) Dessen Taten, die zugleich mit Ge¬
sprochenem verbunden sind, zeichneten jene Getreuen, nämlich Mat¬
thäus, Marcus, Lucas und Johannes, unverfälscht auf, ohne etwas zu
sagen, was außerhalb der Wahrheit steht, da doch der Heilige Geist
Gottes ihnen gegenwärtig ist, ein so erhabener Lehrmeister.
(64) Dieses Paschalamm wird als Opfertier am Kreuz aufgehängt; in
seinen Weisungen für Korinth überliefert Paulus, daß dieses Pascha¬
lamm geschlachtet worden ist und daß es Leben und Gott sein wird,
was den Vätern verheißen worden war, die es zuvor für sich gewonnen
hatte. Betrachtet, was die Tapferkeit, was die Erscheinung des Pascha¬
lamms vermag. So werdet ihr sehen können, was das wahre Pascha-
74 II 69-104

69 sic verum quid sit poteritis pascha videre.


70 ne fidus pater et vates, cui pignus et haeres
71 carus erat, quem forte deus donaverat illi,
72 hunc deo mactaret merito temptatus amore
73 (supplicium magnum!), sanctus pro sanguine sanguis:
74 connexus capite spinis ostenditur agnus
75 hostia sancta deo, cuius de morte piatus
76 esset, ut in signum et vastatae pignora gentis
77 sanguine signantur postes et limina fulta
78 (immane auxilium!); caro testis creditur esca.
79 Iesus transgressus Iordan terraque potitus
80 lege dedit pascham gaudens atque immolat agnum.
81 et reliqui magni reges sanctique prophetae
82 non ignorantes certae promissa salutis
83 ingentemque metu pleni transcendere legem
84 — venturam summae virtutis imagine molem —
85 inspectam e speculo celebrarunt ordine pascham.
86 denique, si celeri primordia mente recurras,
87 invenies funesta nimis post impia verba.
88 credulus, (heu!) facile nudatus tegmine vitae,
89 pellibus ut tegeretur homo, suspenditur agnus
90 aut peccata necat aut sanguine funera delet
91 aut coperit nudos, fovet aut suo vellere vulnus.
92 num pecoris sanguis humano sanguine pluris,
93 ut pro peccatis oblatus dirimat iram?
94 aut multae plebis, veluti si carior agnus,
95 auxilium immane, tantae tutela salutis,
96 oblatus potuit pretium satis esse redemptis?
97 at deus omnipotens, caeli terraeque creator,
98 immensus, vivus, perfectus, luce perennis,
99 his non placatur, pecudum neque sanguine gaudet.
100 omnia mactentur pecora, grex omnis in aras
101 decremet, ut veniam vel peccati expiet unus.
102 nequaquam domini sapiens maculata figura
103 tarn vili pretio caro foeda paravit honores;
104 sed spes et promissa fides mortalibus olim

76: Ex 12, 13; Hbr 11, 28 77sq: Ex 12, 7-14. 21-27 79: los 3, 7-17
80: los 5, 10 92-96: Hbr 9, 13sq; 10, 4 99: Is 1, 11; Hbr 10, 5sq

15 piatus] Hü 5, piati F 77 fulta] 0x6 7 (cf. Ex 12,7), multa F


90 delet] Pam Rig Riv, dolet F
92 num] Riv 149, non F
93 ut] Pam, aut F
Buch 2 75

lamm ist. Damit der gläubige Vater und Prophet, dem das Pfand und
der Erbe, den Gott jenem wider die Natur geschenkt hatte, teuer war,
diesen nicht für Gott schlachtete, als er in seiner Liebe zu Gott auf die
Probe gestellt wurde, ob sie sich bewähren würde (eine große Qual!),
wurde heiliges Blut für dieses Blut gegeben: (74) Ein mit dem Haupt
in den Dornen verfangenes Lamm wird Abraham gezeigt als ein Gott
heiliges Opfertier, durch dessen Tod er gesühnt werden sollte, so wie
zum Zeichen und Pfand für das von der ägyptischen Gefangenschaft
ausgezehrte Volk die Türpfosten und der Türsturz mit Blut gekenn¬
zeichnet werden (unermeßliche Hilfe!); das Fleisch ist, wie man glaubt,
eine das Heil bezeugende Speise. (79) Josua richtete, nachdem er den
Jordan durchquert und sich des Landes bemächtigt hatte, nach dem
Gesetz freudig die Paschafeier ein und opferte das Lamm. Auch die
übrigen großen Könige und heiligen Propheten wußten genau um die
Verheißungen des sicheren Heils, und da sie voll Furcht waren, das
gewichtige Gesetz zu übertreten, feierten sie — während die eigent¬
liche Herrlichkeit erst mit dem Erscheinen der höchsten Tugend kom¬
men wird — gemäß der Ordnung das Paschafest, aber nur als ein
Abbild, das man durch einen Spiegel betrachtet.
(86) Schließlich wirst du, wenn du mit flinkem Verstand zu den
Anfängen zurückgehst, Todesschicksale als Folge von allzu frevleri-
schen Worten finden. In seiner Arglosigkeit — (ach!) bereitwillig der
Hülle des Lebens entkleidet, damit der Mensch mit den Fellen des
Lebens bedeckt werde — wird das Lamm aufgehängt und tötet die
Sünden ab und vernichtet mit seinem Blut den Tod und hüllt die Nack¬
ten ein und hegt mit seinem Vlies die Wunde. (92) Ist denn das Blut
eines Tieres mehr wert als das Blut eines Menschen, so daß es, darge¬
bracht für die Sünden, den Zorn Gottes vertilgt ? Oder vermochte denn
das Lamm, wie wenn ein Lamm wertvoller wäre, als gewaltige Hilfe
eines zahlreichen Volkes und als Schirmherr eines so großen Heils,
indem es dargeboten wurde, ein ausreichender Preis für die Erlösten zu
sein ? (97) Jedoch der allgewaltige Gott, der Schöpfer des Himmels
und der Erde, unermeßlich, lebendig, vollkommen, unvergänglich in
seinem Lichte, wird dadurch nicht besänftigt, und er freut sich auch
nicht über das Blut von Tieren. Es müßte alles Vieh geschlachtet
werden, jede Herde müßte an den Altären verbrennen, damit durch
Sühnung auch nur ein einziger wohl Gnade für seine Sünde erwirken
würde. (102) Umsonst hätte das befleckte Abbild des weisen Herrn als
schändliches Fleisch für einen so geringen Preis Ehren bereitet; son¬
dern die Hoffnung und der den Sterblichen einst verheißene Glaube,
76 II 105-140

105 haec operata tulit, magnae rationis imago,


106 praemeditata patris, nimia pietate parata:
107 venturum Christum terris hominemque futurum
108 quem visum Ioannes, baptismi primus apertor
109 et vatum socius necnon et apostolus ingens,
110 praecursor missus certus testisque fidelis,
111 angustus vita, sublimi laude notatus,
112 olim pascha dei verum quaerentibus agnum
113 ostendit tandem venisse piacula facti,
114 qui delicta suo multorum sanguine solvat,
115 pro reprobis probus et carus, pro vilibus unus,
116 corpore homo vitaque deus, mactatus ut agnus
117 acciperet nos et nobis se effunderet ipsum:
118 sic placuit domino mortem spoliare superbam.
119 sic poterit miserandus homo sperare salutem.
120 hunc pascham Paulus mactatum praedicat agnum.
121 non species domini pecoris sublimis inertis
122 consimilis patitur, quapropter dicitur agnus,
123 sed quia lanitie renovata haec corpora vestit,
124 dat tegimen multis, umquam nec deficit ipse.
125 sic dominus virtute patris, quos morte redemit,
126 exutos sua luce tegit, quae semper in illo est.
127 ergo pastor ovem qui perdidit, ipse requirit.
128 is robur spinasque viae calcare paratus
129 aut rabiem superare lupi pecudumque potiri,
130 eripere et fortis contemptis dentibus ultro
131 obiectat sese leo pelle obtectus ovili
132 decipiens habitu raptoris sanguine fauces.
133 Adam vi captum sic quaerit Christus ubique
134 ipse viam gradiens qua mors operata ruinam est,
135 omnia perlustrans veterum monumenta virorum,
136 singula perspiciens, exemplis omnibus unus,
137 ex utero incipiens inimicam expellere mortem
138 conceptam simul in gremio cum semine carnis,
139 aetates omnes tacita sapientia lustrans,
140 debita suscipiens, cunctos mundare paratus,

114 — 117: Rm 5, 15sq; 2 Cor 5, 15; Hbr 9, 28 120: 1 Cor 5, 7


130: Gal 1, 4 134: 1 Cor 15, 21 136: Rm 5, 12-21

123 lanitie] Mii, lanities F 128 viae] Mü, uvae F


130 eripere et] Oe, eriperet F
138 conceptam] Hü 6 (cf. lege 22), conceptae F
Buch 2 77

das Abbild der erhabenen Vernunft, vollbrachte diese Werke, die vom
Vater zuvor ersonnen und in übergroßer Liebe bereitet worden waren:
(107) Daß nämlich Christus auf die Erde kommen und Mensch sein
werde. Als Johannes ihn erblickte, der erste Wegbereiter der Taufe
und zum Kreis der Propheten gehörend und gewiß auch ein gewaltiger
Gesandter des Herrn, geschickt als sicherer Vorbote und getreuer
Zeuge, kärglich in seinem Lebensunterhalt, jedoch mit erhabenem Lobe
ausgezeichnet, (112) da zeigte er denen, die schon lange das wahre
Paschalamm Gottes suchten, daß es endlich gekommen sei als Sühne
für die sündigen Taten der Menschheit, das die Vergehen von vielen
durch sein Blut sühnen soll, gegenüber den Verworfenen aufrecht und
voll Liebe, für die Eitlen der einzige Retter, mit seinem Leib ein
Mensch und seiner Lebenskraft ein Gott, damit er als geschlachtetes
Lamm uns annehme und sich selbst für uns verströme: (118) So hat es
dem Herrn gefallen, den hoffärtigen Tod seiner Rüstung zu berauben.
So wird der erbärmliche Mensch auf das Heil hoffen können. Diesen
preist Paulus als das geschlachtete Paschalamm. Es leidet nicht die
äußere Gestalt des erhabenen Herrn, einem einfältigen Vieh ähnlich,
weswegen er Lamm genannt wird, (123) sondern weil er diese Körper
mit erneuerter Wolle kleidet, gibt er vielen eine Bedeckung, aber
niemals erleidet er selbst eine Einbuße. So bedeckt der Herr durch die
Kraft des Vaters die Entblößten, die er vom Tode freikaufte, mit
seinem Lichte, das immer in jenem ist.
(127) Ferner sucht der Hirte selbst das Schaf, das er verlor. Seine
Stärke ist bereit, auf die Dornen des Weges zu treten und die rasende
Tollheit des Wolfs zu überwinden und sich der Tiere wieder zu be¬
mächtigen und sie ihm tapfer, unter Verachtung seiner Fangzähne, aus
eigenem Antrieb zu entreißen, und deshalb wirft er sich ihm als Löwe
entgegen, verhüllt mit der Haut eines Schafes und täuscht mit seiner
äußeren Erscheinung den blutigen Rachen des Räubers. (133) So sucht
Christus überall den mit Gewalt gefangengehaltenen Adam, indem er
selbst den Weg beschreitet, auf dem der Tod das Verderben bewerk¬
stelligte, und indem er alle Erinnerungsmale der Menschen der Vorzeit
durchgeht und sie einzeln durchmustert, als das eine Vorbild für alle
Vorbilder, (137) und indem er von seiner Menschwerdung im Mutter¬
leib an den feindlichen Tod zu vertreiben begann, der im Schoß zu¬
gleich mit dem Samen des Fleisches empfangen wird, und indem er in
verschwiegener Weisheit alle Lebensalter durchschritt, die Schulden der
Menschheit auf sich nahm und bereit war, alle reinzuwaschen und dem
78 II 141-175

141 reddere factori multos, quos sparserat unus.


142 et quia terribilis puteo demersus iniquo
143 vir cecidit, suasit virgo subducta dracone,
144 consilio placuit, tegmen caeleste reliquit.
145 arguit hos lignum nudos, mors atra coegit;
146 ex eadem massa simili ratione refecta
147 iam renovata redit, flos carnis et hospita pacis,
148 virgine desponsa caro non ex semine nata
149 artifici coniuncta suo sine debito mortis.
150 angelus haec mandata patris per sidera defert
151 lueida, ut angelica credantur nuntia fama,
152 virginis ut virgo, carnis caro debita solvat.
153 talibus ingressus sequitur vestigia mortis
154 parvulus immanis, senior puer et iuvenis vir.
155 post, ubi iusta viri completa est roboris aetas,
156 (paulatim solitus socia deperdere vita,
157 in foedas etiam rugas et inertia membra
158 mutari specie vacuatis sanguine venis)
159 constitit haud habitum passus veterascere carnis.
161 qua die quove loco cecidit clarissimus Adam
160 quave manum extendit temere contingere lignum,
162 hac eadem redeunte die volventibus annis
163 in stadio ligni fortis congressus athleta
164 extenditque manus, poenam et pro laude secutus
165 devicit mortem, quia vitam sponte reliquit.
166 exuit exuvias carnis et debita mortis;
167 serpentis spoliurn devicto principe mundi
168 adfixit ligno, refugarum immane tropaeum.
169 in cuius signum Moses suspenderat anguem,
170 ut, quotquot fuerant multis serpentibus icti,
171 adspicerent ipsum victum fixumque draconem.
172 post, ubi secretas inferni venit ad undas
173 atque suum victor captivum luce retexit
174 adstanti iussumque patris virtute peregit,
175 sponte suum corpus quod liquerat ipse recepit.

141: Rm 5, 12-21 169-171: Nm 21, 6-9; Io 3, 14

144 reliquit] Pam, relinquit F 148 nata] Hü 6, nato F 149 debito] Pam Rig
debita F 153 mortis] Pam, mortem F 156 socia ... vita] F Rig, sociam ... vitam
Hü 6 Oxe 10 n.3;15; al. al. 161/160 ordinem versuum recte mutavit Oe
161 clarissimus] Pam, carissimus F 165 vitam] Mü (cf. 2,166.175), mortem F
reliquit] Pam, relinquit F 171 victum] Oe, fictum F
Buch 2 79

Schöpfer viele zurückzuführen, die der eine Adam zersprengt hatte.


(142) Und da ja der schreckliche Mann, der Teufel, fiel und in die
sündige Grube hinabsank, überredete die Jungfrau Eva den Adam, da
sie dazu von der Schlange verleitet wurde, und Adam stimmte in plan¬
vollem Bewußtsein zu und ließ die himmlische Bedeckung fahren. Das
Holz des Paradiesesbaumes machte sie dessen bewußt, daß sie nackt
waren, und der finstere Tod brachte sie unter seine Herrschaft; (146)
aus derselben Masse auf ähnliche Weise von neuem hergestellt, aber
bereits erneuert, kehrt er zurück, die Blüte der Menschheit und Her¬
berge des Friedens, geboren von einer verlobten Jungfrau, nicht aus
menschlichem Samen, verbunden mit seinem Schöpfer ohne die Hypo¬
thek des Todes. (150) Ein Engel brachte diese Aufträge des Vaters
durch die leuchtenden Sterne herab zur Erde, damit die Verkündigun¬
gen aufgrund der Herrlichkeit des Engels Glauben fänden, daß eine
Jungfrau die Schuld einer Jungfrau, das Fleisch die des Fleisches süh¬
ne. Gemäß solchen Bestimmungen einherschreitend, folgte Jesus Chri¬
stus den Spuren des Todes, als winziger Säugling bereits unermeßlich
groß, als Knabe älter und reifer, als man es von seinem Alter her hätte
erwarten können, und als Jüngling ein Mann. (155) Später, als das
rechte Alter der Manneskraft vollendet worden war (wobei er sich
allmählich daran gewöhnen mußte zu altern, obgleich ihm die göttliche
Lebenskraft zugesellt war, und sich in seiner äußeren Erscheinung in
scheußliche Runzeln und schwerfällige Glieder zu verwandeln, wobei
das Blut aus den Adern wich), da hielt er auf seinem Lebensweg inne
und ließ nicht zu, daß seine leibliche Erscheinung altere. An dem Tag
und an dem Ort, an welchem der überaus berühmte erste Adam fiel
und an dem er verblendet die Hand ausstreckte, um das Holz zu be¬
rühren, (162) als dieser selbe Tag im Lauf der vergehenden Jahre
wiederkehrte, trat der tapfere Athlet auf der Kampfbahn des Holzes an
und streckte die Hände aus, erlangte die Strafe zu seinem Ruhm und
besiegte den Tod vollständig, da er ja das Leben freiwillig verließ.
(166) Er streifte die Hüllen des Fleisches und die Hypotheken des
Todes ab; und nachdem er den bösen Fürsten dieser Welt besiegt hatte,
heftete er die abgezogene Haut der besiegten Schlange an das Holz des
Kreuzes, das gewaltige Siegeszeichen über die Abtrünnigen. Um dies
zu bezeichnen, hatte Moses die Schlange aufgehängt, damit alle, die
durch zahlreiche Schlangen gebissen worden waren, die Schlange Satan
selbst besiegt und festgeheftet erblickten. (172) Später, sobald er zu
den entlegenen Wogen der Unterwelt gelangte und als Sieger seinen
Gefangenen, den Tod, mit dem ihn umgebenden Licht sichtbar machte
und das Geheiß seines Vaters in Tapferkeit ausführte, empfing er
seinen Körper zurück, den er selbst aus eigenem Antrieb verlassen
80 II 176-212

176 causa haec mortis erat, eadem via facta salutis;


177 nuntius ille doli, sed pacis nuntius iste;
178 sponsa virum necuit, genuit sed sponsa leonem;
179 virgo viro nocuit, sed vir de virgine vicit.
180 cuius in exemplum sopito corpore somno
181 sumitur ex latere mulier, quae costa mariti;
182 quam carnem de carne sua deque ossibus ossa
183 evigilans dixit praesaga mente locutus.
184 mira fides! — merito Paulus certissimus auctor
185 Christum de caelis Adam docet esse secundum.
186 veritas ipsa suis exemplis usa refulget.
187 nec cupit ex alieno acres ostendere gressus;
188 pauperis hoc opus est, propriae virtutis egeni.
189 haec Paulus docuit magnus mysteria docta
190 scilicet in Christo esse decus tuum, ecclesia, cernens.
191 huius de latere ligno pendentis in alto
192 corporis exanimi sanguis manavit et humor.
193 femina sanguis erat, aquae erant nova dona lavacri,
194 haec populi vera est viventis ecclesia mater,
195 de Christi nova carne caro deque ossibus ossum.
196 Golgotha locus est, capitis calvaria quondam;
197 lingua paterna prior sic illum nomine dixit;
198 nie medium terrae est, hic est victoriae signum.
199 os magnum hic veteres nostri docuere repertum,
200 hic hominem primum suscepimus esse sepultum,
201 hic patitur Christus, pio sanguine terra madescit,
202 pulvis Adae ut possit veteris cum sanguine Christi
203 commixtus stillantis aquae virtute levari.
204 haec ovis est una, quam se per sabbata vivam
205 inferni e puteo statuit subducere pastor.
206 propterea cunctae carnis praemortua membra
207 curabat sabbatis aut caeci a germine nati
208 lumina, quae nondum dederat, cernendo peregit
209 aut hominem totum exanimem per sabbata vivum
210 deque sepultura praesenti plebe vocavit,
211 ipse novi factor, veteris bonus ipse refector,
212 aut quae defuerunt supplens aut perdita reddens.

176: 1 Cor 15, 21sq 180-183: Gn 2, 21-23


185: Rm 5, 14; 1 Cor 15, 45 196: Mt 27, 33parr
206-208: Mt 12, 9-14parr; Lc 13, 10-17; 14, 1-6; Io 9, 1-17

198 victoriae] Mü (cf. Th 339,261), victoria F


203 levari] Pam, levare F
Buch 2 81

hatte. (176) Dieser Weg war die Ursache des Todes, derselbe Weg
wurde zur Ursache des Heils gemacht; jener war der Sendbote der
Hinterlist, dieser aber ist der Sendbote des Friedens; eine Verlobte
brachte dem Mann das Schicksal der Sterblichkeit, aber eine Verlobte
gebar dann auch den Löwen; eine Jungfrau fügte dem Mann Schaden
zu, aber es siegte auch ein Mann, aus einer Jungfrau geboren. (180)
Als eine Vorprägung dafür wurde aus der Seite Adams, nachdem der
Körper in den Schlaf gewiegt worden war, die Gattin genommen, die
eine Rippe des Gatten gewesen war; erwachend nannte er sie Fleisch
von seinem Fleisch und Gebein von seinem Gebein, mit weissagendem
Sinn sprechend.
(184) Wunderbarer Glaube! Paulus, verdientermaßen der zuverlässig¬
ste Gewährsmann, lehrt, daß Christus vom Himmel herab der zweite
Adam ist. Die Wahrheit selbst erstrahlt, sich ihre eigenen Vorbilder
zunutze machend. Und sie wünscht nicht, aus dem Unbekannten heraus
ihre kühnen Schritte darzutun; dies ist das Werk eines Armen, der der
eigenen Wirkkraft entbehrt. (189) Der große Paulus lehrte diese Ge¬
heimnisse, die man ihn selbst gelehrt hatte, wobei ihm natürlich deut¬
lich vor Augen stand, daß deine Zier, Kirche, in Christus besteht. Aus
der Seite seines entseelten Körpers, der hoch oben am Holze hing,
strömten Blut und Wasser. Das Blut war die Frau, das Wasser war das
neue Geschenk der Taufe, dies ist die Kirche, die wahre Mutter des
lebendigen Volkes, neues Fleisch vom Fleisch Christi und Gebein von
seinem Gebein.
(196) Der Ort ist Golgatha, einst der Schädel eines Hauptes; die
! Sprache der Väter bezeichnete früher so jenen Ort mit dem Namen;
hier ist der Mittelpunkt der Erde, hier ist das Zeichen des Sieges.
(199) Unsere Vorfahren lehrten, daß hier ein großer Knochen gefunden
wurde, wir haben erfahren, daß hier der erste Mensch begraben ist,
hier leidet Christus, von heiligem Blut wird die Erde feucht, damit der
Staub des alten Adam, vermischt mit dem Blut Christi, durch die Kraft
des rinnenden Wassers erweckt werden kann. Dies ist das eine Schaf,
das der Hirte gemäß seinem Beschluß am Sabbat lebendig aus der
Höhle der Unterwelt emporführte. (206) Daher heilte Jesus die abge¬
storbenen Glieder von allem Fleisch an Sabbaten, und er brachte das
Augenlicht eines von Geburt an Blinden, das er noch nicht verliehen
hatte, zur Vollendung, so daß er sehend wurde, und er rief einen gänz¬
lich entseelten Menschen an einem Sabbat lebendig aus seinem Grab
unter der Anwesenheit des Volkes, er selbst der Schöpfer von Neuem,
er selbst auch der gütige Wiederhersteller des Alten und somit ergän¬
zend, was fehlte, und zurückgebend, was verlorenging. Er lehrte, daß
82 II 213-248

213 haec ineunte die sancto sperantibus in se


214 facturum plene pro pacto posse docebat.
215 quid ? caro si moritur nec spes datur ulla salutis,
216 quas habuit causas hominem se fingere Christus
217 et medicare homines aut curam carnis habere ?
218 si revocat paucos, cur non revocabit et omnes ?
219 corruptela potens liquefactum solvere corpus,
220 non poterit virtus domini revocare solutum ?
221 credunt interitu qui non sua Corpora solvi,
222 non credunt domino, sua qui vult mersa levare;
223 aut nolle praestare bonum neque posse potentem
224 dicunt ignari, quanto se crimine iactent
225 infirmas ausi causas praeponere mortis.
226 in grano latet arbor et hoc, nisi terra sepultum
227 putrescat, non dat decoratos arbore fructus.
228 iam liquidae stringuntur aquae; stridente rigore
229 saxa fiunt et semper erunt, nisi magna potestas
230 solverit inducto molli spirante tepore.
231 viticulae in gracili latet ingens corpore botrus;
232 si quaeras, non est; cum vult deus, esse videtur.
233 arboribus folia, spinis rosa, germina campis
234 mortua deficiunt et rursus viva resurgunt.
235 haec homini deus ante oculos revocata reformat,
236 propter quem locuples primus large omnia fecit.
237 omnia nuda cadunt, suo corpore singula vestit:
238 cur hominem solum, cui tantos fudit honores,
239 non tantum revocet sibi, quem super omnia fecit ?
240 ergo caro et sanguis dei regno digna negatur,
241 tamquam sit Paulus proprie de carne locutus.
242 ille quidem magna docuit, sed inania corda
243 carnali sermone putant; nam pristina facta
244 sanguinis et carnis voluit sub nomine dicta
245 caelestis magni memoratus verba magistri,
246 qui per aquam de se genitis sui nomen honoris
247 donavit pignusque suo de spiritu fudit,
248 ut, cuius fuerant homines virtute redempti.

226sq: Io 12, 24; 1 Cor 15, 36 240: 1 Cor 15, 50


247: 2 Cor 1, 22; Rm 8, 23; Eph 1, 13sq

214 facturum] Mü, facturus F 215 quid] Pam, quod F salutis] Pam, saluti F
218 revocabit] Oe, revocavit F 224 se crimine iactent] Mü, de crimine Iactent F
225 mortis] Mü, morti F 228 stringuntur] Mü, stringentur F
234 deficiunt] Pam, deijciunt (sic) F
Buch 2 83

er imstande sei, dies bei Anbruch des Heiligen Tages für diejenigen,
die hofften, er werde es tun, vollständig gemäß der getroffenen Abma¬
chung zu tun.
(215) Wie ? Wenn das Fleisch stirbt und ihm gar keine Hoffnung auf
Heil gegeben wird, was für Gründe hatte Christus dann, sich die
scheinbare Gestalt eines Menschen zu geben und Menschen zu heilen
und Sorge um das Fleisch zu haben ? Wenn er die wenigen mit ihren
Leibern erweckt, warum sollte er nicht auch alle so erwecken ? Die
Verderbnis ist fähig, einen Körper zu verflüssigen und aufzulösen, und
da wird die Kraft des Herrn nicht imstande sein, den aufgelösten
Körper wieder zu erwecken ? (221) Diejenigen, die glauben, daß ihre
Körper mit dem Tod nicht aufgelöst werden, vertrauen dem Herrn
nicht, der ihre untergetauchten Körper wieder erheben will; und sie
behaupten, daß Gott nicht das Gute leisten wolle und nicht dazu fähig
sein kann, und sie wissen nicht, mit was für einem großen Verbrechen
sie sich brüsten, indem sie es wagen, bedeutungslose Begleitumstände
des Todes der göttlichen Macht voranzustellen.
(226) Im Keim ist der Baum verborgen, und dieser spendet keine am
Baum prangenden Früchte, wenn er nicht, in Erde eingegraben, ver¬
modert. Schon ziehen sich die flüssigen Wasser zusammen; in brausen¬
der Unbiegsamkeit entstehen Felsen und werden immer bestehen, wenn
nicht eine große Kraft sie auflöst, da eine weich atmende Wärme ein¬
dringt. (231) Im zierlichen Körper eines Weinstöckchens ist eine ge¬
waltige Rebe verborgen; wenn du sie suchst, ist sie nicht da; wenn
Gott es will, sieht man, daß sie da ist. An den Bäumen verwelken
abgestorben die Blätter, an den Dornbüschen die Rose, auf den Feldern
die Keime, und kommen doch wieder lebendig hervor. (235) Diese ruft
Gott für den Menschen vor seinen Augen hervor und gibt den Dingen
eine neue Gestalt, die er doch in seiner Fülle am Anfang alle um des
Menschen willen im Überfluß geschaffen hat. Alles Nackte kommt zu
Fall, er kleidet jedes einzelne mit seinem Körper: Warum sollte er
allein den Menschen, dem er solch große Ehren reichlich austeilte,
nicht in solch umfassender Beschaffenheit zu sich rufen, den Men¬
schen, den er als Herrn über alles geschaffen hat ?
(240) Also wird dem Fleisch und dem Blut die Würdigkeit des Rei¬
ches Gottes abgesprochen, als ob Paulus im eigentlichen Sinn über das
Fleisch gesprochen hätte. Jener lehrte freilich Großes, aber die selbst¬
gefälligen Herzen glauben, daß er mit einer wörtlich gemeinten Predigt
lehre; aber er wollte, daß über die alten Taten mit der Bezeichnung
"Fleisch” und "Blut” gesprochen wird, denn er erinnerte sich seines
großen himmlischen Lehrers, der denen, die durch das Wasser der
Taufe von ihm hervorgebracht wurden, den Namen seiner Ehre
schenkte und ein Pfand von seinem Geist herabströmen ließ, so daß
die, die durch dessen Kraft erlöst worden waren, mit ihrer Erneuerung
84 II 249-269

249 huius et acciperent renovati nomen honoris.


250 ergo, quia populis nondum suo fonte renatis,
251 sordibus antiquis tectis (ea debita mortis),
252 ex veteri causa regnum caeleste negavit
253 dicens humanum rursus debere renasci:
254 quod natum est de carne, caro est, de spiritu, vita
255 radicis veteris nova germina gloria mutans,
256 ablutum corpus iam non de carne vocari;
257 hoc sequitur Paulus, sic est de carne locutus.
258 denique dixit oportere superindui vestem,
259 hunc habitum fragilem, mortalem contegi formam,
260 non aliud corpus dari, sed prius illud inerme
261 undique regno dei lato circumdari totum:
262 "momento aspectus oculi mutabitur,” inquit.
263 ut rufae cerae facies dispanditur herba
264 et mutat proprium candenti sole colorem,
265 sic eadem caro fulgenti de gloria sumens
266 gaudebit semper gaudens et morte carebit
267 devictum clamans crudelem corporis hostem,
268 glutitam mortem fortis victoria Christi,
269 ingentes deo summa ferens ad sidera laudes.

254: Io 3, 6; 1 Cor 15, 42-46


258-261: 1 Cor 15, 53; 2 Cor 5, 2-5
262: 1 Cor 15, 52 268: 1 Cor 15, 54 269: 1 Cor 15, 57

251 ea] Oe, et F 253 humanum] Pani Rjg, humano F


260 inerme] Hü 6, inermem F 268 Christi] Oe Oxe 27, Christus F
Buch 2 85

auch den Namen von dessen Ehre erhielten. (250) Also, da ja die
Völker noch nicht durch seinen Quell wiedergeboren waren, sondern
noch mit alten Schmutzschichten bedeckt waren (dies ist die Schuld des
Todes), versagte er aufgrund der alten Angelegenheit das himmlische
Königreich und sagte, daß das Menschengeschlecht wiedergeboren
werden müsse: (254) Was vom Fleisch geboren worden ist, ist Fleisch,
was vom Geist geboren worden ist, ist Leben, das die neuen Abkömm¬
linge der alten Wurzel in Herrlichkeit verwandelt, damit nicht mehr
gesagt wird, daß der von der alten Wurzel abgelöste Körper vom
Fleisch abstamme; (257) diesen Gedankengang verfolgt Paulus, so hat
er über das Fleisch gesprochen. Schließlich sagte er, man müsse ein
Gewand überziehen, diese vergängliche Ausstattung, das sterbliche
Äußere müsse bedeckt werden, es werde kein anderer Körper verlie¬
hen, sondern zuerst werde jener waffenlose Körper von allen Seiten
gänzlich mit dem weiten Reich Gottes umgeben: (262) ”In einem Au¬
genblick wird die äußere Erscheinung verwandelt werden”, sagt er.
Wie sich die äußere Erscheinung von rotem Wachs ausdehnt und das
Gras seine eigentliche Farbe unter der gleißenden Sonne verändert, so
wird sich dasselbe Fleisch, von der strahlenden Herrlichkeit empfan¬
gend, immer in Jubel freuen und vom Tode frei sein und dabei laut
ausrufen, daß der grausame Feind des Leibes gänzlich besiegt ist,
(268) daß der Tod vom Siege des tapferen Christus verschlungen
worden ist, und es wird dabei unendliche Lobpreisungen für Gott zu
den höchsten Sternen tragen.
86 III 1-32

CARMINIS ADVERSUS M ARCION IT AS


LIBER TERTIUS

Iam genuit, quondam sterilis cognomine, mater


2 iamque novus gaudet populus de libera natus
3 expulsa famula merito cum prole superba;
4 viventis quoque fontis aquas ingrata reliquit
5 et tepidis errans ardenti sidere potat.
6 iam possunt gentes et Abram clamare parentem,
7 quae vocem domini simili ratione secutae
8 omnia liquerunt peregre se sistere vitae.
9 laetare, o sterilis, promissam concipe plebem!
10 erumpe et clama, quae nulla prole beata,
11 de qua dicebat per vates Spiritus olim!
12 haec genuit gentem multis ex gentibus unam,
13 cuius principio semper pia membra laborant:
14 huius ABEL iustus, pastor pecudumque magister,
15 fraternae occidit quem olim violentia dextrae.
16 huius ENOCH (insigne decus, de corpore membrum)
17 a deo digressos populos facinusque sequentes,
18 dum furit in terris refugarum turba latronum,
19 sacrilegum genus ut fugeret crudele gigantum,
20 consilio revocabat in omnibus ipse fidelis.
21 ingenti gemitu placuit meritoque labore
22 translatus magno pignus servatur honore.
23 perfectus laude et sine culpa NOE repertus
24 testificante deo iustus in adultera plebe,
25 bis quinquagenis arcam qui texuit annis,
26 venturum excidium factis et voce ferebat;
27 promeruit tantis ereptus mortis ab undis
28 et cum prole sua servatur gente sequente.
29 est ABRAHAM, cuius gnatos vos esse negatis,
30 qui primus genere et patria et genitore relicto
31 voce dei suasus secessit in extera regna,
32 tantos dei meruit sublimis dignus honores,

I —13: Gn 16sq. 21 1: Hbr 11, 11 6: Gn 17, 5


7: Gn 12, 1-5; Hbr 11, 8-40 9sq: Is 54, 1; Gal 4, 27
II — 13: Is 57, 1 14-47: Gn 4-49; Sir 44; Hbr 11 14: Mt 23, 35

6 Abram] Oxe 25, Abraham F


22 translatus] lege 33 Th 344 n.3, translatum F
Buch 3 87

Gedicht gegen die Marcioniten


Buch 3

Schon hat sie geboren, die Mutter, die einst mit Beinamen ”die Un¬
fruchtbare” hieß, und schon freut sich das neue Volk, das von einer
Freien geboren wurde, nachdem die Sklavin verdientermaßen mit ihrem
Nachwuchs vertrieben worden war aufgrund ihres Stolzes; (4) nicht
mehr willkommen verließ sie auch die Wasser der lebendigen Quelle,
und unter glühendem Gestirn umherirrend trank sie von lauem Wasser.
Und schon können die Völker sogar Abram "Vater” rufen, die der
Stimme des Herrn auf ähnliche Weise wie dieser Folge geleistet haben
und alles zurückgelassen haben, um sich in der Fremde dem widrigen
Leben zu stellen. (9) Freue dich, o Unfruchtbare, empfange das ver¬
heißene Volk! Brich in Jubel aus und jauchze, die du zuvor mit keiner
Nachkommenschaft gesegnet warst, und über die durch die Propheten
einst der Geist gesprochen hat! Diese hat ein einziges Volk geboren,
das aus vielen Völkern besteht, seit dessen Anbeginn seine frommen
Mitglieder immer Leid erduldeten:
(14) Aus diesem stammt der gerechte ABEL, der Hirte und Aufseher
über das Vieh, den einst die Gewalttätigkeit der brüderlichen Rechten
tötete. Der aus diesem stammende ENOCH (ein in seiner äußeren
Würde ausgezeichnetes Mitglied aus der Gesamtheit) rief die von Gott
abgewichenen Völker, die dem Verbrechen anhingen, planvoll zurück,
während auf Erden die Schar der abtrünnigen Räuber wütete, damit das
frevlerische und grausame Geschlecht der Giganten die Flucht ergreife,
wobei er selbst in allem gläubig blieb. (21) Mit seinem unendlichen
Seufzen fand er bei Gott geneigtes Gehör, und verdientermaßen wurde
er aufgrund seiner Mühe entrückt und als Pfand für die Völker in
großer Ehre bewahrt. Der in seinem Ruhm vollkommene und ohne
Schuld befundene NOAH, der — wie Gott es bezeugt — in einem
abtrünnigen Volk ein Gerechter blieb, der in zweimal je fünfzig Jahren
die Arche baute, verkündete mit seinen Taten und mit seiner Stimme
den kommenden Untergang; (27) er hat sich Verdienste erworben und
wurde deshalb aus den so gewaltigen Fluten des Todes gerissen, und
mit seiner Nachkommenschaft wurde er gerettet, und es folgte ein
neues Geschlecht. Dazu gehört auch ABRAHAM, dessen Nachkommen
zu sein ihr abstreitet, der als erster unter Zurücklassung von Stamm
und Vaterland und Vater, durch die Stimme Gottes überzeugt, auszog
in fremde Königreiche, und würdig verdiente er sich so große Eh¬
renbezeigungen seitens des erhabenen Gottes, Vater zu sein den Hei-
88 III 33-68

33 gentibus ut pater et populis credentibus esset.


34 cum patribus IACOB, quorum pater ipse, per omne
35 vitae suae spatium laetissima tempora Christi
36 praececinit verbis, actu, virtute, labore.
37 hunc sequitur IOSEPH foedae sine sorde iuventae,
38 carceris et durae conficta calumnia poenae,
39 gloria post gemitus regnique secunda corona
40 inque fame panis tribuendi larga potestas.
41 tarn propria Christi, tarn lucida lucis imago
42 omnibus est manifesta, quibus sunt lumina menti,
43 ut speculo vultus firmam spem cernere possint.
44 IUDAS ipse pater, regalis sortis origo.
45 unde duces geniti, cuius de semine reges
46 numquam defuerunt, donec Ventura potestas
47 gentibus exspectata diu promissa veniret.
48 dux populi MOSES, qui limina regia liquit
49 spernens divitias florentes tempore parvo,
50 maluit adflictus populi portare labores
51 subnixa cervice, minis non territus ullis,
52 quam sibi delicias multasque remittere poenas,
53 pro magnaque fide, pro tanto mirus amore,
54 armatus virtute dei magnalia gessit:
55 percussit gentem plagis terramque reliquit,
56 confundit regem durum populumque reducit,
57 calcavit fluctus, hostes demersit in undis,
58 fecit aquam dulcem per lignum, semper amaram,
59 cum Christo (populo manifeste) multa locutus,
60 cuius de facie lux et nitor ore refulsit;
61 acceptam legem per paucos fudit in orbem
62 (exempla implicita propriorum certa laborum),
63 percussit petram, iussus quoque flumina fudit
64 extenditque manus, ut signo vinceret hostem.
65 omnia de Christo, per Christum cuncta loquuntur.
66 hic probus et magnus cum laudis pace quievit.
67 at IESUS Nave filius Auses ante vocatus
68 (Spiritus hunc sanctus socium sibi nomine iunxit):

48 — 64: Ex 2sq 48-52: Hbr 11, 24-27


58: Ex 15, 23-25; Idt 5, 15; Sir 38, 5
60: Ex 34, 29 66: Dt 34, 5 67: Nm 13, 17 (vulg)

41 prius tarn] Pam Oe, tum F


59 cum Christo (populo manifeste)] Th 345 n.4, cum Christi populo
manifeste F\ al. al.
Buch 3 89

denvölkern und den gläubigen Völkern. (34) Zusammen mit den Vä¬
tern, deren Vater er selbst ist, kündete JAKOB im voraus während der
gesamten Spanne seines Lebens durch seine Worte, Handeln, Tapfer¬
keit und Mühsal die überaus beglückenden Zeiten Christi an. (37) Auf
diesen folgt JOSEPH mit der trotz seiner Makellosigkeit so schmachbe¬
ladenen Jugend, die gegen ihn ausgesonnene Schurkerei der Kerkerhaft
und der harten Strafe, der Ruhm nach der seufzerreichen Plage und die
glückhafte Verleihung der Krone über das Königreich und die Macht,
freigebig in der Hungerszeit Brot auszuteilen. (41) Dieses so leuchtende
Abbild des Lichts, das so kennzeichnend für Christus ist, ist allen
offenbar, die einen erleuchteten Verstand besitzen, so daß sie im Spie¬
gel der Gestalt Josephs die festgegründete Hoffnung erblicken können.
(44) JUDAS selbst ist auch ein Vater, der Ahnherr eines königlichen
Geschlechts, von ihm stammen die Führer ab, aus deren Samen es
niemals an Königen fehlte, bis die Macht, die kommen sollte und auf¬
grund der Verheißung von den Völkern lange erwartet war, tatsächlich
dann auch kam. (48) Der Führer des Volkes, MOSES, der die
Schwellen des ägyptischen Königshauses zurückließ aus Geringschät¬
zung der Reichtümer, die nur eine kleine Zeit üppigen Bestand haben,
wollte lieber hart mitgenommen die Strapazen des Volkes mit darunter
gestemmtem Nacken tragen, durch keine Drohungen eingeschüchtert,
als sich Annehmlichkeiten zuzugestehen und viele Mühseligkeiten zu
erlassen, und — wunderbar aufgrund seines großen Glaubens und der
so großen Liebe — gewappnet mit der Tapferkeit Gottes vollbrachte er
großartige Taten: (55) Er beutelte das Volk der Ägypter mit Plagen
und verließ ihr Land, er richtete ihren unbeugsamen König zugrunde
und führte sein eigenes Volk zurück, er durchtrat die Fluten, tauchte
die Feinde in den Wogen unter, er machte durch das Holz das Wasser
süß, das immer bitter gewesen war, er sprach viel mit Christus — für
sein Volk offenkundig —, er, von dessen Angesicht das Licht und von
dessen Antlitz der Glanz Gottes erstrahlte; (61) das von Gott empfan¬
gene Gesetz verbreitete er durch wenige Gehilfen auf dem Erdkreis
(darin sind zuverlässige Beispiele seiner eigenen Mühen enthalten), er
schlug an den Felsen, auf Geheiß hin ließ er auch Wasserströme flie¬
ßen, und er streckte die Hände aus, damit er in diesem Zeichen den
Feind besiege. Alle Taten sprechen von Christus, alle auch nur durch
Christus. Dieser Moses, treu in seiner Pflicht und groß, kam in ruhm¬
vollem Frieden zur Ruhe. (67) Ferner aber ist JOSUA ("JESUS”) zu
nennen, der Sohn Nuns, der zuvor Auses genannt worden war (durch
seinen Namen verband sich diesen der Heilige Geist zu seinem Bun-
90 III 69-104

69 hic fluvium scidit et populum transire coegit,


70 distribuit terram gnatis, promissa paterna,
71 solem cum luna statuit, dum vinceret hostem,
72 expulit externas gentes prolemque gigantum,
73 excidit lucos, aras et templa subegit,
74 omnia legitima sollemnia mente peregit;
75 nominis exemplum Christi, virtutis imago.
76 quid de IUDICIBUS populi per singula dicam ?
77 quorum virtutes si conscribantur in unum,
78 verborum spatio numerosa Volumina complent.
79 attamen ex multis paucorum dicere vitam
80 corporis explendi verborum postulat ordo.
81 ex quibus est GEDEON dux agminis, acer in hostem,
82 non virtute sua tutelam acquirere genti
83 firmatusque fide signum petit excita mente,
84 quo vel non posset vel posset vincere bellum,
85 vellus ut in noctem positum de rore maderet
86 et tellus omnis circum siccata iaceret
87 (hoc inimicorum palmam coalescere mundo)
88 atque herum solo remanente vellere sicco
89 hoc eadem tellus roraret nocte liquore.
90 hoc etenim signo praedonum stravit acervos
91 congressus populi Christi, sine milite multo,
92 tercenteno equite (numerus Tau littera Graeca)
93 armatis facibusque et cornibus ore canentum.
94 vellus erat populus ovium de semine sancto
95 (nam tellus variae gentes fusaeque per orbem);
96 verbum quod nutrit ros, nox est mortis imago,
97 Tau signum crucis et cornu praeconia vitae
98 lucentesque faces in lychno spiritus ardens.
99 scilicet hoc testamen erat virtutis imago,
100 non prius angelica mortis fera proelia vinci
101 quam populo indocili merito sua culpa relicto
102 florentesque fide gentes in laude receptae.
103 DEBBORA quin mulier super omnem maxima famam,
104 pro patria quae belligero subnixa labore

69: los 3sq 76-78: Hbr 11, 32


81 — 102: Idc 6sq; Hbr 11, 32sq 103 — 109: Idc 4

69 hic] lege 100 Riv, hinc F 70 gnatis] lege 34, gratis F


81 est] lege 111, ut F 83 mente] lege 113 Hü 6, menti F
88 remanente] lege 117 Riv, remanenti F 96 ros] lege 124, sed F
104 labore] Mü, labori F
Buch 3 91

desgenossen): Dieser teilte den Fluß und trieb das Volk dazu an hin¬
überzugehen, er verteilte das Land an die Nachkommen, was den Vä¬
tern verheißen worden war, (71) er hielt die Sonne mitsamt dem Mond
an, bis er den Feind besiegt hatte, er vertrieb die fremden Völker und
die Nachkommenschaft der Giganten, er ließ Haine fällen, zerstörte
Altäre und Tempel von Götzenanbetern, er vollzog alle feierlichen
Handlungen mit einem nach dem Gesetz ausgerichteten Sinn; ein Bei¬
spiel des Namens Christi, ein Abbild seiner Macht. (76) Was soll ich
über die RICHTER aus diesem Volk im einzelnen sagen ? Falls deren
Leistungen auf einmal aufgeschrieben werden sollten, füllen sie wohl
zahlreiche Buchrollen mit dem Umfang der Erzählungen. Dennoch aber
erfordert es die Anordnung der Erzählungen, um das Gesamtcorpus
auszufüllen, aus vielem von dem Leben weniger zu berichten. Unter
diesen befindet sich GEDEON, der Führer eines Heerzuges, eifrig
gegenüber dem Feind, (82) nicht jedoch eifrig darin, aufgrund seiner
Tapferkeit die Königswürde für sein Familiengeschlecht zu erwerben,
und gefestigt im Glauben erbat er erregten Sinnes ein Zeichen, auf¬
grund dessen er entweder den Krieg gewinnen könne oder nicht dazu
im Stande sei, nämlich daß beim ersten Mal das Vlies, das zur Nacht
hingebreitet wurde, vom Tau feucht würde und die ganze Erde rings¬
um trocken wäre (während, wenn das Vlies unversehrt bliebe, die
Folge wäre, daß die Siegespalme der Gegner Wurzeln fassen würde)
und daß beim zweiten Mal diese selbe Erde in der Nacht von Tau
befeuchtet würde, während allein das Vlies trocken bliebe. (90) Auf¬
grund dieses Zeichens nämlich streckte er die Scharen der Plünderer
nieder, zum Kampf antretend mit dem Volk Christi, ohne viele Solda¬
ten, mit dreihundert Reitern (dieser Zahl entspricht im Griechischen
der Buchstabe Tau), bewaffnet mit Fackeln und Widderhörnern derer,
die mit dem Munde lärmend sangen. (94) Das Vlies war das Volk der
Schafe aus heiligem Samen (denn die Erde stellte die verschiedenen,
auf dem Erdkreis verstreuten Völker dar); der Tau ist das Wort, das
nährt, die Nacht ist ein Bild für den Tod, das Tau das Zeichen des
Kreuzes und das Widderhorn die Verherrlichung des Lebens und die
im Halter leuchtenden Fackeln der brennende Geist. (99) Natürlich war
dieses Zeugnis ein Abbild der Macht Gottes, daß nicht früher durch
die Engelsposaune die grausigen Schlachten des Todes überwunden
werden, als das unbelehrbare Volk der Juden verdientermaßen von
seiner Schuld verlassen worden ist und die Heidenvölker in die Herr¬
lichkeit Gottes aufgenommen werden, da sie im Glauben blühen. Ja
sogar DEBBORAH, die über jeden Ruhm hinaus größte Frau, die sich
für das Vaterland der Mühe der Kriegsführung unterzog und am Fuße
92 III 105-135

105 stipite sub palmae populum vicisse canebat,


106 quapropter victi simul hostes terga dedere,
107 Sisara dux fugit, cui non vir nec manus ulla
108 restitit. hic IAHEL Christi victoriae signo
109 extemplo refugam devicit femina ligno.
110 IEPHTA fide firma, qui duro vulnere votum
111 ausus mercedem belli deo dicere grandem;
112 hic quia quae non vult dominus promiserat amens,
113 occurrit primum carum sibi pectore pignus,
114 nulli sperata cecidit quod sorte repente.
115 promissum ut staret, solvit pia iura parentis,
116 peccati votum violenta mente coperuit
117 immanis timor, orbatae solacia vitae
118 pro scelere obtinuit famam, pro crimine laudem.
119 nec non SAMSONIS super omnia Corpora vires,
120 Spiritus hoc donum ? capiti concessa potestas.
121 pro populo solus, nullo mucrone nec armis,
122 os retinens asini prostravit corpora mille.
123 vincula nulla virum vinctum potuere tenere;
124 gloria sed postquam capiti vi mota recessit,
125 occidit atque hostes victor sua morte peremit.
126 mirificus SAMUEL, cui reges ungere primum
127 praeceptum, dare chrisma, viris ostendere Christum,
128 talibus in vitae spatio laudabilis egit,
129 ut quoque post requiem prophetica iura teneret.
130 psalmographus DAVID magnus rex atque propheta,
131 passurum Christus cuius se voce canebat
132 (sponte quod ingratus populus sine lege peregit),
133 cui deus ex utero fructum promiserat olim,
134 prolem sublimi solio suo ponere sanctam.
135 fixa fides domini quae sponderat omnia fecit.

103—109: Idc 4 110-119: Idc 10-12; Hbr 11, 32 119-125: Idc 13-16
124sq: Idc 16, 28-30 126-129: 1 Sm 9sq; 28, 11 -19 131: Ps 21, 8. 17. 19
133sq: 2 Sm 7, 12sq; Ps 131, 11; Lc 1, 32; Act 2, 30

108 IAHEL] Mü (cf. Idc 4,17), Baal F victoriae] Mü, victoria F


109 extemplo] Oe, exemplo F refugam] Riv 161 Oe, refugae F
124 capiti vi] Mü, captivi F
125 victor] Mü, victos F peremit] lege 136, redemit F
127 viris...Christum] lege 138 (cf. 1 Sm 10,24), viros...christos F
131 Christus] lege 143, Christum F
Buch 3 93

eines Palmenstammes weissagend sang, daß das Volk gesiegt habe,


weshalb die besiegten Feinde sogleich die Flucht ergriffen und auch der
Anführer Sisara, dem kein Mann und keine Hand widerstand. Hier
besiegte JAEL zum Zeichen des Sieges Christi alsbald den Flüchtigen,
sie als Frau, mit dem Holz. (110) Von standhaftem Glauben war
JEPHTA, der es bei einer harten Niederlage wagte, als Gelübde einen
großmächtigen Kriegslohn für Gott zu benennen; da nun dieser in
seinem Unverstand ein Versprechen gegeben hatte, was der Herr nicht
will, lief ihm zuerst das ihm in seinem Herzen teure Pfand entgegen,
das durch ein plötzliches, von keinem geahntes Los Fiel. (115) Damit
er sein Versprechen halte, hob er seine heiligen Vaterrechte auf, unge¬
heure Furcht überdeckte das sündige Gelübde in seinem ungestümen
Sinn, als Trost für sein der Tochter beraubtes Leben erlangte er für
das Verbrechen Ruhm, für die Schandtat Preis. (119) Und gewiß hat
doch SAMSON Körperkräfte, die die aller anderen überragen, was ein
Geschenk des Geistes ist? Der Sitz dieser Kraft wurde dem Kopf zuge¬
standen. Für das Volk hat er als einzelner, ohne Schwert und sonstige
Waffen, mit der Kinnlade eines Esels in der Hand, 1000 Leiber hinge¬
streckt. (123) Keine Fesseln konnten den Mann, wenn er gebunden
war, halten; aber nachdem seine Herrlichkeit geschwunden war, da
man dem Haupt die Kraft entzogen hatte, kam er zu Fall und vernich¬
tete als Sieger mit seinem Tode seine Feinde. (126) Der bewunde¬
rungswürdige SAMUEL, dem es zuerst aufgetragen wurde, Könige zu
salben, das heißt das Chrisma ("die Salbung”) zu verleihen und so für
die Menschen auf den Christus (”den Gesalbten”) zu verweisen, ver¬
hielt sich in der Zeitspanne seines Lebens durch solche Taten löblich,
so daß er auch nach seinem Tod das Recht innehatte, Prophezeiungen
zu geben. (130) Der Psalmist DAVID war ein großer König und Pro¬
phet, durch dessen Stimme Christus gesungen hat, daß er leiden werde
(was das undankbare Volk der Juden aus eigenem Antrieb ohne Geheiß
des Gesetzes vollbrachte), dem Gott einst Frucht aus seinem Leib ver¬
sprochen hatte und daß er seine heilige Nachkommenschaft auf seinen
erhabenen Thron setzen werde. Die festgegründete Treue des Herrn
vollbrachte alles, was er gelobt hatte. (136) Der David nacheifernde
94 III 136-169

136 aemulus EZECHIAS, populi corrector inertis,


137 oblitis legem qui restauravit iniquis,
138 haec olim mandata dei prior omnia iussit,
139 qui precibus bellum, non ferri cuspide solvit.
140 hic moriens lacrimis annos ac tempora vitae
141 accepit, merito talem tulit actus honorem.
142 ingenti zelo IOSIAS, rector et ipse;
143 tantum nemo supra nec postea taliter egit:
144 idola destituit, destruxit templa nefanda
145 atque sacerdotes super aras igne cremavit,
146 ossa prophetarum falsorum cuncta refodit
147 incenditque aras, adolenda cadavera lignis.
148 insignis fidei in laudem — memorabile! — tractus
149 nobilis HELIAS, qui nondum debita mortis
150 gustavit, quoniam rursum venturus in orbem est.
151 ergo infracta fide populum regemque furentem,
152 militiam domini qui deseruere beatam,
153 verberibus famis castigans hostes amaris,
154 sidera conclusit tenuitque in nubibus imbrem.
155 esse deum ostendit cunctis, apparuit error.
156 nam madidae partes hostiae fluvio super aras
157 de caelo precibus veniens vi flamma comedit;
158 et quotiens voluit, toties ruit ignis ab alto.
159 divisit fluvium, transgressus et avia fecit,
160 sublatus curru paradisi vectus in aulam est.
161 huius discipulus, fortis successor HELISEUS,
162 qui duplicem Heliae petiit sibi sumere sortem,
163 ad castigandam violento verbere plebem:
164 tantum pro domino et talem spiravit amorem.
165 Iordane percusso pedibus via facta regressus
166 demersam fluvio relevavit virga securim
167 mortificumque cibum in vitalem transtulit escam,
168 detinuit pluvias iterato tempore duplo
169 mundavitque lepras, hostes caligine cepit;

136-139:4 Rg 18; 2 Par 29-32; Sir 48, 19-25


140sq: 4 Rg 20, 5sq; Is 38, 5; Sir 48, 23
142-147:4 Rg 23; Sir 49, 1-3; 2 Par 34, 5
148. 160: 4 Rg 2, 11 149sq: Mal 4, 5sq (vulg); Mt 11, 14; Lc 9, 27
151-160:3 Rg 17sq; 4 Rg lsq; Sir 48 161 -169: 4 Rg 2-6; Sir 48

148 tractus] Riv 162 Hü 7 Mü, tactus F, factus F.Simon


151 fide] lege 167 Hü 7, fides F
153 famis] lege 169 (cf. 3 Rg 18,2), flammis F
Buch 3 95

EZECHIAS, der Zurechtweiser des nicht standhaften Volkes Israel, der


bei den Abgeneigten das Gesetz, das sie vergessen hatten, wiederher¬
stellte, ordnete einst zuerst diese ganzen Aufträge Gottes an, er, der
dann den Krieg mit Bitten, nicht mit eisernem Wurfspieß beilegte. Als
er unter Tränen starb, erhielt er zusätzliche Lebensjahre und Lebens¬
zeit, und verdientermaßen erhielt sein Handeln eine solche Ehre. (142)
Von außerordentlichem Eifer war JOSIAS, selbst auch König; in
solchem Umfang vollbrachte keiner darüber hinaus mehr, noch verhielt
sich später jemand in solcher Weise: Er ließ Götzenbilder beseitigen,
zerstörte frevlerische Tempel und verbrannte Priester auf den Altären
im Feuer, ließ alle Gebeine falscher Propheten wieder ausgraben und
zündete Altäre an und Menschenkadaver, die auf ihnen mit Holz zu
verbrennen waren. (148) Der edle ELIAS, ausgezeichnet in seinem
Glauben, wurde — welch erinnerungswürdiges Ereignis! — zum Ruhm
emporgeführt, er, der noch nicht die Schuld des Todes gekostet hat, da
er ja wieder auf die Erde zurückkommen wird. So züchtigte er denn,
als der Glaube zerbrochen war, das Volk und den rasenden König, die
aus dem glückseligen Kriegsdienst für den Herrn desertiert waren, mit
den bitteren Schlägen einer Hungersnot wie Feinde, verdunkelte Sterne
und hielt den Regen in den Wolken zurück. (155) Er zeigte allen deut¬
lich, daß es einen einzigen Gott gibt, der Irrtum wurde offenbar. Denn
die Teile des Opfertieres, die vom Wasserstrom feucht waren, verzehr¬
te eine Flamme mit Kraft, die auf das Gebet des Elias hin vom Him¬
mel herab auf den Altar Fiel. Und sooft er wollte, fiel Feuer vom
Himmel herab. Er zerteilte einen Fluß und machte das Unwegsame zu
einem Durchgang, er wurde auf einem Wagen entrückt und fuhr in den
Hof des Paradieses. (161) Dessen Schüler und tapferer Nachfolger war
EL1SCHA, der darum bat, für sich den doppelten Anteil des Geistes
des Elias in Anspruch nehmen zu dürfen, um das Volk mit gewaltvol¬
lem Schlag zu züchtigen: Eine so große und so geartete Liebe atmete
er für den Herrn. (165) Nachdem er den Jordan mit Schlägen ausein¬
andergetrieben hatte und zu Fuß auf dem gebahnten Weg zurückgekehrt
war, ließ er mit einem Holzstab das im Fluß untergetauchte Beil
wieder nach oben aufsteigen und verwandelte eine tödliche Speise in
ein Lebenskraft spendendes Essen, hielt Regengüsse zurück, wobei er
den Zeitraum der Trockenheit verdoppelte, und er reinigte Aussätzige,
hielt Feinde mit Dunkelheit umfangen; (170) nach seinem Tode waren
96 III 170-203

170 cuius post obitum iam condita membra sepulchro


171 abiectus quidam, mactatus caede latronum,
172 mortuus ut tetigit, revocata luce revixit.
173 IESAIAS locuples vates, cui fontes aperti
174 (tarn manifesta fides!), verbum dei ore profudit
175 largaque per Christum patris est promissa voluntas,
176 praetestata viam vitae atque probata per ipsum est.
177 quem populus sectum ligno sine labe repertum,
178 immeritum demens crudeli morte peremit.
179 sanctus HIEREMIAS, quem gentibus esse prophetam
180 aeterni virtus iussit dixitque futurum;
181 qui quoniam plebis facta inlaudanda revolvit
182 et fore captivam, nisi paenituisset iniquos,
183 in famulos fieri praesaga voce locutus,
184 vincula dura tulit squallenti carcere clausus
185 inque luto putei famis hausit tabida membra.
186 sed postquam quae noluerant audire probavit
187 atque hostes victum popul um duxere triumphis,
188 horrida vix tandem caruit sua dextra catena;
189 nulla morte vir um constat neque caede peremptum.
190 EZECHIEL fidus, dives cui gratia verbi
191 concessa est peccatorum secreta videre,
192 adflictus lugere suos veniamque precari,
193 cernere vindictam sanctorum caede futuram
194 sanctorumque locum regni carnisque salutem,
195 spiritu implicitus, gressus aditusque videre.
196 OSEA, AMOS et MICHEAS, IOEL, ABDIA, IONAS
197 atque NAHUM, HABACUC, SOPHONIAS AGGAEUSque,
198 ZACHARIAS vim passus et angelus ipse MALACHIM:
199 hi vates domini, quorum chorus usque canentum
200 ac pariter laudis propriam meruere coronam.
201 quam magnus DANIEL! qualis vir! quanta potestas!
202 qui falsos testes ipsorum prodidit ore
203 servavitque animam damnatam crimine ficto,

170-172:4 Rg 13, 20sq; Sir 48, 15


179-188: Ier 1, 5; 2, 5sq; 5, 15; 38, 6sq; 39
190-195: Ez 8sq; 40-48 201-207: Dn 4; 6, 17sq; 13; 14, 31sq

173 fontes] Pam, fontis F 184 carcere] lege 198 Pam, currere F
185 famis] Mü, fames F 186 noluerant] Pam Oe, voluerant F
188 catena] Oxe, Cento, correxlt lege 202, catenis F
190 fidus] Pam, sidus F 196 IOEL] Pam, simul F, Ioel et lege 186
Buch 3 97

seine Glieder schon im Grab geborgen worden, als ein Mann von
Räubern in einem Gemetzel hingeschlachtet und dorthinein geworfen
wurde. Sobald dieser, schon tot, die Gebeine des Elischa berührte,
kam sein Lebenslicht zurück, und er erstand wieder auf. (173)
JESAJA, der zuverlässige Prophet, dem die Quellen der Weisheit offen
stehen (ein so offensichtlicher Glaube!), verströmte mit seinem Munde
das Wort Gottes, und durch Christus ist der freigebige Wille des Va¬
ters verheißen worden, er bezeugte im voraus den Weg des Lebens
und ist durch Jesaja selbst bestätigt worden. Diesen brachte das jüdi¬
sche Volk in seinem Wahnsinn unverdientermaßen durch eine grausige
Todesart um, der zersägt am Marterholz ohne Makel aufgefunden
wurde. (179) Heilig war JEREMIAS, den die Macht des Ewigen ge¬
heißen hat, den Völkern ein Prophet zu sein, und dem sie das Zukünf¬
tige kündete; weil dieser die unrühmlichen Taten des Volkes aufzeigte
und mit prophetischer Stimme verkündete, daß das Volk in Gefangen¬
schaft geraten würde und die Abgefallenen zu Knechten würden, wenn
sie nicht bereuten, (184) trug er harte Fesseln, eingesperrt in einem
schmutzstarrenden Kerker, und im Schlamm eines Grubenverlieses
entkräftete der Hunger ausgezehrte Glieder. Aber nachdem er das, was
sie nicht hatten hören wollen, unter Beweis gestellt hatte und die Fein¬
de das besiegte Volk in Triumphzügen einherführten, da kam denn
doch endlich seine Rechte von der schrecklichen Kette frei; es steht
fest, daß der Mann weder eines natürlichen noch eines gewaltsamen
Todes gestorben ist. (190) EZECHIEL war treu ergeben, dem die
reiche Gnade des Wortes zugestanden wurde, damit er die heimlichen
Riten der Sünder betrachte, Gottes Strafgericht der Zerschmetterung
betrauere und Gnade erflehe, die zukünftige Rächung der Heiligen
durch das Blutbad schaue und den Ort des Reiches der Heiligen und
das Heil des Fleisches, und im Geiste versenkt die Schritte und Zugän¬
ge dorthin sehe. (196) HOSEA, AMOS und MICHA, JOEL,
OBADJA, JONA und NAHUM, HABAKUK, ZEPHANJA und
HAGGAI, SACHARJA, der Gewalt erleiden mußte, und der Bote
selbst, MALEACHI: Dies sind Propheten des Herrn, deren in einem
fort singender Chor auch in gleichem Maße die Krone des Ruhms als
ständiges Eigentum verdient hat. (201) Wie groß war DANIEL! Was
für ein Mann! Welch große Fähigkeit! Er überführte die falschen
Zeugen durch ihre eigene Aussage und errettete eine aufgrund eines
erfundenen Vergehens verurteilte Seele, und er löste mit seinem Mund
98 III 204-238

204 somnia secreta et regi prior ore resolvit,


205 praevidit Christum regnorum solvere membra,
206 pro domino reus est, factus quoque praeda leonum
207 servatusque palam cunctis in pace quievit.
208 huius TRES SOCII (vix digna laude canendi)
209 ex numero tanto decretum regis iniquum
210 contempsere pii, quorum data corpora flammis,
211 tradere se poenis potius pro nomine magno
212 quam genibus nixi simulacro pandere palmas.
213 iam praeclara fides, iam spes super omnia fulgens
214 extinxit rapidos ignes et vicit iniquos.
215 ESDRAS vates, legis doctor et ipse sacerdos,
216 qui populum captum post tempora plena reduxit,
217 ignibus et multa consumpta Volumina vatum
218 spiritu completus memori omnia reddidit ore.
219 grandis IOANNES super omnes semine natos;
220 cuius difficile poterimus dicere laudes:
221 ablutor carnis, domini praecursor apertus,
222 ablutor Christi, prior ipse renatus ab illo,
223 foederis ille novi primus veterisque supremus
224 proque via vera prior hostia caesus obivit.
225 ecce deus CHRISTUS! pariter bis sena iuventus:
226 omnibus una fides, amor unus et una potestas,
227 flos hominum; mundo lucentes lumine Christi
228 et comites et apostolici, qui vera locuti
229 auribus audivere, oculis videre salutem,
230 tractavere manu corpus de morte receptum,
231 convixere cibo assidue, testantur ut ipsi.
232 hinc PAULUS, praelectus apostolus in vice missus,
233 in caelos raptum vidit quoque; missus ab illo
234 Barnaba cum comite sociisque prioribus uno
235 foedere coniunctis per gentes tradit ubique
236 esse caput Christum, sunt cuius ecclesia membra;
237 corporis ipse salus, membrorum vita perennis,
238 ipse caro factus, pro cunctis ipse peremptus

201-207: Dn 4; 6, 17sq; 13; 14, 31sq 208-214: Dn 3, 1-97


215 — 218: 1 Esr 7sq 223: Lc 16, 16 233: Act 9
236: 1 Cor 12, 12-30; Col 1, 15-18

204 regi] lege 206, regis F 207 servatusque] lege 208 Th 353 n.2,
servatisque F cunctis] F, victor lege 208 Mü
233 raptum] Mü, raptus F missus] F, iussus Mü (cf. Act 9,6sq)
ab illo] Farn Oe, ad illud F
Buch 3 99

beim König rechtzeitig das Rätsel der geheimgehaltenen Träume, er sah


im voraus, daß Christus die Glieder der weltlichen Königreiche auflöst,
Daniel, der für den Herrn angeklagt war, auch zu einer Beute für die
Löwen wurde und öffentlich vor den Augen aller gerettet wurde und in
Frieden starb. (208) Aus einer so großen Anzahl von Menschen straf¬
ten nur seine drei Gefährten (die mit einem kaum je gerecht werdenden
Lob zu besingen sind) in ihrer Frömmigkeit den frevlerischen Erlaß
des Königs mit Mißachtung, so daß deren Körper den Flammen über¬
geben wurden, das heißt, sie überließen sich eher den Strafen um des
erhabenen Namens Christi willen, als daß sie auf die Knie gestützt vor
dem Standbild die Hände ausbreiteten. Ein so hervorleuchtender
Glaube, eine schon so alles überstrahlende Hoffnung löschte die wüten¬
den Feuer aus und besiegte die Sünder. (215) Der Prophet ESDRAS,
ein Schriftgelehrter und selbst Priester, der das gefangene Volk nach
der Erfüllung der Zeit wieder heimführte, gab, von Geist erfüllt, die
Bücher der Propheten, von denen viele durch Feuer vernichtet worden
waren, alle durch seinen sich erinnernden Mund zurück. (219) Erhaben
ist JOHANNES über alle anderen aus Menschensamen Geborenen;
dessen Lobpreisungen können wir wohl nur unvollkommen ausspre¬
chen: Der Täufer des Fleisches, der offenkundige Vorläufer des Herrn,
der Täufer Christi, der selbst zuerst von Christus wiedergeboren wur¬
de, jener erste des Neuen Bundes und der letzte des Alten, und für den
wahren Weg ging er zuerst als Opfertier niedergeschlachtet zugrunde.
(225) Da, sieh — der Gott CHRISTUS! Und in Gleichheit die zweimal
je sechs zählende Jüngerschar: Ihnen allen ist ein Glaube, eine Liebe
und eine Kraft zu eigen — sie, die Blüte der Menschheit; auf Erden
leuchtend im Glanze Christi sind sie Gefährten und Apostel, die wahr
sprechen und das Heil mit ihren Ohren gehört, mit ihren Augen gese¬
hen haben, die mit ihrer Hand den vom Tode wiedererhaltenen Leib
berührten und beständig beim Mahl mit ihm zusammen waren, wie sie
selbst bezeugen. (232) Dann sah auch PAULUS, der auserwählte Apo¬
stel, der als Stellvertreter des Herrn ausgesandt wurde, wie er in den
Himmel entrückt wurde; von diesem entsandt verbreitete er überall
zusammen mit seinem Gefährten Barnabas und früheren Genossen, die
durch einen Bund vereint waren, bei den Völkern, daß Christus das
Haupt sei, dessen Glieder die Kirche sind; (237) er selbst ist das Heil
des Leibes, das unvergängliche Leben der Glieder, er ist selbst Fleisch
geworden, er selbst für alle zugrunde gegangen, er selbst erstand als
100 III 239-274

239 ipse resurrexit primus, spes una salutis,


240 discipulisque suis formam dedit: hi simul omnes
241 indignas varie poenas pro nomine passi.
242 talia membra gerit specioso corpore mater
243 libera, quod numquam domini praecepta reliquit,
244 inque domo senuit, domino lectissima semper,
245 invidiam, poenas eius pro nomine passa.
246 nam sterilis, quoniam nondum secura futuri
247 ediderit populum caelesti semine natum,
248 atque suae famulae portavit spreta dolorem;
249 hanc sterilem quondam nunc tempus cernere matrem
250 haeredem natum suae libertatis habere
251 non similem famulae; quamquam de semine caeli
252 conceptum genuit sibi conditione iugatum.
253 absit ut illicitis verbis temeraria voce
254 egregios homines, ardentia sidera caeli,
255 (semine coniunctos tantum vel sanguine plebi)
256 in solidum passim famulum dicatis atrocem
257 aut populum domini legis mandata secutum
258 servili specie quisquam putet esse loquendum,
259 sed peccatorum vacuam sine mente catervam,
260 qui promissa dei dubia spe corde locarunt,
261 praesentis vitae misera dulcedine victos,
262 debita servitia captos sua culpa subisse,
263 si legem plebi peccati causa iugavit.
264 nam servire deo totoque incumbere corde
265 intemerata fides, libertas sponte paratur.
266 ergo patres iusti, sancti sine labe prophetae,
267 adventum domini multi cecinere futurum
268 testanturque fide caelestia iussa profanis.
269 cum quibus immanes, sociati gloria Christi,
270 consortes virtutis, verba sacrata replentes
271 firmavere fidem factis praedicta probando.
272 quorum discipuli, qui successere per orbem,
273 conflati virtute viri nostrique magistri
274 coniunctos operis nobis tribuere honores.

242-250: Gn 16; 18; Gal 4, 23-31 263: Gal 3, 19. 25

262 servitia captos] Mü, servitio captis F subisse] Mü, subisset F


263 iugavit] Mü, iugabit F
269 sociati] Oxe 15, satiati F
Buch 3 101

erster wieder auf, die einzige Hoffnung auf Heil, und er gab seinen
Jüngern ein Beispiel: Sie haben alle zugleich für den Namen Christi
auf unterschiedliche Weise unwürdige Strafen erlitten.
(242) Solche Glieder brachte die freie Mutter aus ihrem ansehnlichen
Leib hervor, weil sie niemals von den Vorschriften des Herrn abwich,
und sie wurde in ihrem Haus alt, allezeit eine von dem Herrn beson¬
ders Auserwählte, die Mißgunst und Beschwerlichkeiten für seinen
Namen erduldete. (246) Denn als Unfruchtbare — da sie ja noch nicht
des Zukünftigen sicher war, nämlich daß sie ein Volk hervorbringen
würde, das aus himmlischem Samen geboren war — ertrug sie sogar
die Verachtung und Kränkung ihrer Sklavin; jetzt aber ist die Zeit da
zu sehen, daß die einst Unfruchtbare einen Erben ihrer Freiheit gebo¬
ren hat, der dem Sohn der Sklavin nicht ähnlich ist; obgleich er aus
einem Samen des Himmels empfangen worden war, gebar sie ihn als
einen, der mit ihr durch das Schicksal der Sterblichkeit verbunden war.
(253) Es sei ferne, daß ihr mit unstatthaften Worten und unbedachter
Stimme herausragende Menschen, flammende Himmelsgestirne (die nur
durch ihre Abstammung oder Blutsverwandtschaft mit dem sündigen
Volk der Juden verknüpft sind), gänzlich alle ohne Unterschied einen
rohen Sklaven nennt oder daß irgend jemand glaubt, man müsse sagen,
daß das Volk des Herrn, das den Weisungen des Gesetzes Folge lei¬
stet, von der Gestalt eines Sklaven sei, sondern man muß sagen, daß
eitel und hirnlos der Haufen der Sünder ist, die den Verheißungen
Gottes nur mit zweiflerischer Hoffnung in ihrem Herzen einen Platz
gaben, und daß die durch die elende Süße des gegenwärtigen Lebens
Besiegten und so in ihrer eigenen Schuld Gefangenen den geschuldeten
Sklavendienst auf sich genommen haben, wenn Gott wirklich dem Volk
wegen seiner Sünde das Gesetz als Joch auferlegt hat. (264) Denn der
unbefleckte, makellose Glaube und die Freiheit sind dafür eingerichtet,
Gott zu dienen und mit ganzem Herzen anzuhangen. Deshalb haben die
gerechten Patriarchen und die heiligen Propheten ohne Fehl in ihrer
Vielzahl die zukünftige Ankunft des Herrn besungen und mit ihrem
Glauben den Gottlosen die himmlischen Anordnungen bezeugt. (269)
Zusammen mit diesen haben auch die ungeheuren Giganten, vereinigt
in der Herrlichkeit Christi, Teilhaber an der göttlichen Macht, den
Glauben gestärkt, indem sie die geheiligten Worte erfüllten und da¬
durch, daß sie das Vorhergesagte mit Taten unter Beweis stellten.
(272) Deren Jünger, die auf dem Erdkreis die Nachfolge antraten,
Männer, die aus Tugend geschmiedet und unsere Lehrer sind, haben
uns die mit Mühen verknüpften Ehren zugeteilt. Von diesen hat
102 III 275-302

275 ex quibus electum magnum plebique probatum


276 hac cathedra PETRUS, qua sederat ipse, locatum
277 maxima Roma LINUM primum considere iussit.
278 post quem CLETUS et ipse gregem suscepit ovilis.
279 huius ANACLETUS successor sorte locatus.
280 quem sequitur CLEMENS; is apostolicis bene notus.
281 EUARISTUS ab hoc rexit sine crimine gregem.
282 SEXTUS ALEXANDER SIXTO commendat ovile,
283 post expleta sui qui lustri tempora tradit
284 TELESPHORO; excellens hic erat martyrque fidelis
285 (post illum socius legis certusque magister),
286 cum vestri sceleris socius, praecursor et auctor
287 advenit Romam Cerdo nova vulnera gestans,
288 deiectus, quoniam voces et verba veneni
289 spargebat furtim; quapropter ab agmine pulsus
290 sacrilegum genus hoc genuit spirante dracone.
291 constabat pietate vigens ecclesia Romae
292 composita a Petro, cuius successor et ipse
293 iamque loco nono cathedram suscepit HYGINUS.
294 post hunc deinde PIUS, Hermas cui germine frater,
295 angelicus pastor cui tradita verba locutus;
296 aque Pio suscepit ANICETUS ordine sortem,
297 sub quo Marcion hic veniens, nova Pontica pestis.
298 nondum secretum facinus suo corde reclusum,
299 passim vulgo loquens latebrosa perfidus arte.
300 sed postquam coepit mortis proferre sagittas,
301 abiectus merito tarn saevi criminis auctor
302 a sanctis reprobus patuit — mirabile monstrum.

281 gregem] Mü, legem F


286 socius] Pam Rig, socio F
295 cui] Hi p. X Mü, quia F
Buch 3 103

PETRUS einen Großen ausgewählt, der beim Volk anerkannt war, und
befohlen, daß LINUS auf dem Stuhl, auf dem er selber gesessen hatte,
als erster Platz nehmen sollte, angesiedelt im alles überragenden Rom.
(278) Nach diesem empfing auch CLETUS selbst die Herde des
Pferchs. Als dessen Nachfolger wurde ANACLETUS durch das Los
bestimmt. Diesem folgte CLEMENS; dieser ist durch seine Apostel¬
briefe gut bekannt. Nach diesem regierte EUARISTUS ohne Fehl die
Herde. SEXTUS ALEXANDER überantwortete die Schafhürde dem
SIXTUS, der sie nach der Erfüllung seiner Amtszeit dem
TELESPHORUS übergab; dieser war herausragend und ein treuer
Märtyrer (nach jenem Sixtus ein Gefährte des Gesetzes und ein zuver¬
lässiger Lehrer), (286) als plötzlich der Gefährte eures Verbrechens,
der Vorläufer und Anstifter, nach Rom kam, Cerdo, neue Wunden
bereitend, der verworfen wurde, da er ja die Meinungen und Worte
von Gift in diebischer Heimlichkeit verstreute; deshalb erzeugte er, als
er aus der Schar der Rechtgläubigen ausgestoßen war, dieses frevleri-
sche Geschlecht unter dem Fauchen des Drachen Satan. (291) Die
Kirche in Rom war standhaft, stark in ihrer Frömmigkeit, von Petrus
gegründet, als dessen Nachfolger auch HYGINUS selbst, schon an
neunter Stelle, den Stuhl übernahm. Nach diesem kam dann PIUS, der
den Hermas durch die Abstammung zum Bruder hat, zu dem der
Engel in Hirtengestalt die überlieferten Worte gesprochen hat; (296)
und von dem "Frommen” ("Pius”) übernahm ANICETUS nach der
Ordnung das Amt, unter dem Marcion hierher kam, die neue Pest¬
seuche vom Pontos. Noch sprach er nicht die geheime Schandtat, die
unter seinem Herzen verschlossen war, allenthalben in der Öffentlich¬
keit aus, unredlich in seiner versteckten Kunst. (299) Aber nachdem er
begonnen hatte, die Pfeile des Todes hervorzuholen, wurde er verdien¬
termaßen verworfen als Verursacher eines so gräßlichen Verbrechens,
als ein von den Heiligen Ausgestoßener stand er vor aller Augen, ein
außerordentliches Mahnzeichen.
104 IV 1-32

CARMINIS ADVERSUS MARCIONITAS


LIBER QUARTUS

Haec populo iuveni, qui dives, über et haeres


2 possidet aeternam spem laudis, iure dicamus:
3 non ut doctores (solus docet omnia Christus),
4 sed famulos Christi iubet inviolata potestas
5 ingenti zelo flagrantes, pacis amore
6 armatos molem belli deducere terrae,
7 excelsas turres et moenia saeva malorum
8 surgentesque minas populi contra agmina sancti
9 detrahere et vacuas voces dissolvere vento.
10 quapropter merito nos aemulamenta locuti
11 ipsius ex verbis etiam monumenta salutis
12 nitimur exprimere, quae gratia larga profudit,
13 praedonisque plagam sanctis aperire copertam,
14 ex improviso ne quis rudis, inscius, audax
15 incidat et captus caelestia dona relinquat.
16 ergo deus cunctis mortalibus unus ubique est,
17 aeternum regnum, profundae lucis origo,
18 fons vitae, potus, sapientia creditus omni.
19 protulit ipse orbem, cuius sinus omnia cingit.
20 nulla illum regio, nullus locus ambitu claudit;
21 materies nulla est facta, ut sit sponte perennis,
22 quae fuerit semper, nullo factore creata:
23 caelorum, terrae, maris infernique locator
24 spiritus; aeris est divisor, conditor, auctor,
25 solus perpetuus deus est, immensa potestas.
26 hunc lex esse deum populo monstraverat unum,
27 cuius vox Mosi pollens in monte locuta est.
28 illius haec virtus, sapientia, gloria, verbum,
29 filius, immenso genitum de lumine lumen:
30 per vatum voces hunc unum clamitat esse.
31 ordine suscipiens Paulus sic tradit et ipse
32 unum hunc esse patrem, per quem sunt omnia facta,

3: Mt 23, 8. 10; Iac 3, 1 4-13: 2 Cor 10, 4sq 18: Col 2, 3


28: 1 Cor 1, 24

2 dicamus] Oxe 41, dicatam F 3 docet] Th 358 n.5 Oxe 15, daret F
9 detrahere et] Hü 8 Oxe 15, detraheret F 21 perennis] Pam Rig, perenni F
22 factore creata] Riv 178sq Oe, facto recreata F Rig 23 locator] Pam, locatur F
32 per quem] F, ex quo Oxe 8 (cf. 1 Cor 8,6)
Buch 4 105

Gedicht gegen die Marcioniten


Buch 4

Dies wollen wir dem jungen Volk mit Recht sagen, das reich ist und
als Erbe der Freiheit ewige Hoffnung auf Ruhm besitzt: (3) Nicht wie
Gelehrte (allein Christus lehrt alles), sondern als Knechte Christi heißt
uns, die wir in ungeheurem Eifer brennen und mit der Liebe zum
Frieden gewappnet sind, die unverletzte Macht, die Masse des Krieges
von der Erde abzuziehen, hochragende Türme und grausige Mauern
der üblen und sich gegen die Heerscharen des heiligen Volkes erhe¬
benden Drohungen zu entfernen und nichtige Meinungen im Wind
aufzulösen. (10) Deshalb sprechen wir mit Fug und Recht rivalisieren¬
de Antithesen aus und strengen uns an, aus den Worten des Marcion
selbst sogar Zeichen des Heils herauszupressen, die die Gnade freige¬
big hervorströmen ließ, und das verdeckte Fangnetz des Räubers den
Heiligen offen darzulegen, damit nicht irgendein unerfahrener
Katechumene unversehens in seiner Unwissenheit und Forschheit hin¬
einfällt und darin verstrickt der himmlischen Gaben verlustig geht.
(16) Es gibt also den einen einzigen Gott für alle Sterblichen überall,
das ewige Reich, den Ursprung des unausschöpfbaren Lichtes, die
Quelle und den Trank des Lebens, von dem wir glauben, daß er von
allumfassender Weisheit ist. Er selbst brachte den Erdkreis hervor,
dessen Schoß alles umfängt. (20) Kein Raum, kein Ort hält ihn mit
seinem Umfang umschlossen; es ist keine Materie solcher Art entstan¬
den, daß sie aus eigenem Antrieb unvergänglich sei, keine Materie, die
immer Bestand haben sollte, ohne von einem Schöpfer erschaffen
worden zu sein: (23) Der Schöpfer der Himmel, der Erde, des Meeres
und der Unterwelt ist der Geist Gottes; er ist der Spender der Luft,
der Begründer, Urheber, Gott allein ist ewig, eine unermeßliche
Macht. Das Gesetz hatte dem jüdischen Volk dargelegt, daß dieser der
eine Gott ist, dessen Stimme mächtig auf dem Berg zu Moses sprach.
(28) Von jenem stammt diese Kraft, Weisheit, Herrlichkeit, das Wort,
nämlich der Sohn, das Licht, gezeugt von unermeßlichem Licht: Durch
die Stimmen der Propheten läßt Gott verkünden, daß dieser der Eine
ist. (31) Nach der Ordnung empfängt es Paulus, und gibt es so auch
selbst weiter, nämlich daß dieser der eine Vater ist, durch den alles
geschaffen worden ist, und daß dieser der eine Christus ist, durch den
106 IV 33-67

33 atque unum Christum, per quem deus omnia fecit,


34 ad quem se curvare genu plane omne fatetur,
35 ex quo omnis patria in caelo terraque vocatur,
36 qui zelat populum summo pietatis amore
37 ut pater et sancte vult omnem vivere carnem,
38 apparere sibi mundam sine crimine plebem.
39 hoc zelo nostram custodit lege salutem,
40 legitimos monet esse, iubet, castigat et instat.
41 corripiens Galatas fratres et apostolus idem
42 talem se Paulus zelum ipse scripsit habere.
43 reddidit ergo deus gnatis peccata paterna
44 in cataclysmo enecans pariter cum prole parentes
45 genteque iam quarta genitos de stirpe nepotes,
46 cum fere nongentos hos tune adiuverit annos ?
47 iudicium durum, sententia saeva videtur,
48 parvulus et Sodomis adhuc insons, mollis, inermis,
49 ut careat vita: quid enim peccaverat infans ?
50 quod crudele putes, hoc est pietatis honestum.
51 auctores sceleris, facinus ne cresceret ultra,
52 extinxit sobolemque patrum peccata sequentum.
53 sed non cum patribus poenas innoxius infans
54 perpetuas luit ignarus neque criminis auctor;
55 ne fieret sceleris consors aetatis adultae,
56 sponte futura mala mors immatura resolvit.
57 cur deus ergo iubet pecorum sibi sanguine fundi
58 legeque constringit, ne quis transcenderet errans
59 in populo, lapidum praesenti morte minatur
60 atque iterum haec reprobat, negat haec sibi munera grata,
61 corripiens plebem peccati examine pressam ?
62 ipse iubet verax, iustus simul ipse repellit ?
63 si quaeris causas, errans desiste moveri;
64 causa etenim fidei rationis imagine maior.
65 aspice per speculum fulgentis luminis umbram,
66 quid vituli sanguis, vitulae cinis, hircus uterque
67 (hic dimissus abit, cadit alter ut hostia templo):

33: Col 1, 16 34: Is 45, 23; Rm 14, 11; Phil 2, 10 35: Eph 3, 15
41sq: Gal 4, llsq. 19sq 64: 1 Cor 1, 25
65: 1 Cor 10, 11; 13, 12; Col 2, 17; Hbr 8, 5; 10, 1
66sq: Lv 16, 1 — 11; Nm 19, 1—10; Hbr 9, 13sq

42 se] F, sic Th 360 n.8 ipse] Mü, se F


43 gnatis] lege 34, gratis F 54 auctor] Hü 8 Oxe 15, auctus F
57 sanguine] F, sanguina Oxe 20 67 ut] Mü, at F
Buch 4 107

Gott alles geschaffen hat, vor dem sich — wie deutlich bekannt wird
- ein jedes Knie beugen wird, (35) nach dem jedes Geschlecht im
Himmel und auf Erden seinen Namen hat, der sein Volk heftig liebt
mit der höchsten Liebe der väterlichen Zuneigung, eben wie ein Vater,
und der will, daß alles Fleisch heilig lebt und daß ihm das Volk rein
ohne Verbrechen erscheine. (39) Aufgrund dieser eifrigen Liebe wahrt
er unser Heil durch das Gesetz, er ermahnt uns, gemäß dem Gesetz zu
leben, er befiehlt es, er züchtigt, und er besteht unablässig darauf. Als
derselbe Apostel Paulus seine Brüder in Galatien tadelte, schrieb er,
daß auch er selbst einen solchen liebenden Eifer habe.
(43) Zahlte also Gott den Kindern die Sünden der Vorfahren heim,
indem er in der Sintflut die Eltern zugleich mit der Nachkommenschaft
tötete sowie die schon im vierten Geschlecht vom Stamm geborenen
Enkel, obgleich er diese damals jeweils etwa 900 Jahre lang unterstütz¬
te ? Es erscheint als ein hartes Gericht, ein grausamer Urteilsspruch,
daß auch das kleine Kind, bislang unschuldig, weich, schutzlos, in
Sodom seines Lebens verlustig geht: Denn was hatte der Säugling für
Sünden begangen ? (50) Was du für grausam hältst, das ist die sittliche
Würde der göttlichen Vaterliebe. Sie löschte die Urheber des Verbre¬
chens aus, damit die Schandtat nicht von sich aus weiter anwachse,
und zugleich die Nachkommenschaft der Vorfahren, die den Sünden
Folge leisteten. (53) Aber der unschuldige Säugling büßte nicht mit
seinen Eltern ewige Strafen ab, da er unwissend ist und nicht der
Urheber eines Vergehens; sondern damit er nicht im Erwachsenen¬
alter an einem Verbrechen teilhabe, vertilgte ein zu früher Tod böse
Taten, die aus eigenem Antrieb begangen worden wären.
(57) Warum befiehlt Gott nun, daß ihm mit Tierblut geopfert wird,
und legt durch das Gesetz Zügel an, damit nicht einer im Volk abir¬
rend fehl gehe, wobei Gott mit einem unverzüglichen Tod durch
Steinigung droht, und dann wiederum straft er dies Lügen und sagt,
daß ihm diese Gaben nicht willkommen sind, indem er das Volk tadelt,
das durch die Menge der Sünde zu Boden gedrückt ist ? (62) Er selbst,
der Wahrhaftige, ordnet es an, und zugleich verwirft er es selbst, der
Gerechte ? Wenn du nach Gründen forschst, höre auf, dich in deinem
Irrtum zu bewegen; der Inhalt des Glaubens ist nämlich größer als das
Abbild der Vernunft.
(65) Betrachte durch einen Spiegel das Abbild des blitzenden Lichtes,
was das Blut des Kalbes, die Asche der Jungkuh und die beiden Böcke
bedeuten (der eine läuft weg, hinausgeschickt in die Wüste, der andere
fällt im Tempel zu Boden als ein Opfertier): (68) Denn mit dem Blut
108 IV 68-103

68 sanguine nam vituli populum, simul omnia vasa


69 atque sacerdotes et scripta volumina legis
70 sparsit aquae mixto vates, sic iussus ab alto;
71 non propriam spem, nec speciem virtute vacantem,
72 exemplo vituli passurum in corpore Christum
73 qui iuga dura ferens humeris temonis aratri
74 fortiter abrupit sua pectora vomere ferri
75 infundens sulcis animae sui sanguinis undam.
76 nam templi vasa haec designant Corpora nostra.
77 ipse dei templum verum non ante dicatum;
78 namque suo socios homines sibi sanguine fecit
79 atque sacerdotes voluit sui corporis esse,
80 ipse patris summi perfectus iure sacerdos.
81 auditum, visum, gressum mundavit inertem
82 aspersitque libro testes praesaga locutus
83 demonstrans legem suo vinctam sanguine sancto.
84 hanc et per vitulam manifestat victimae causam,
85 sanguine de cuius pro plebe piacula sumens
86 intra velamen primus Levita ferebat,
87 castrorum extra fores corpus iussuque cremavit,
88 cuius de cinere mundabat corpora lapsa.
89 hoc dominus noster, qui nos sua morte redemit,
90 extra castra (volens populi vim passus iniqui)
91 implevit legem factis praedicta probando.
92 qui vere mundat plebem contamine plenam
93 omnia concedens, quasi dives corporis auctor,
94 intra velamen caeli cum sanguine gressus,
95 effudit quem pro multorum mortibus unus.
96 ergo sacerdotem magnum decet hostia sancta,
97 quam digne perfectus habens offerre probetur.
98 corpus habet, haec est mortalibus hostia viva,
99 hanc dignam magnus pro cunctis obtulit unam.
100 hircorum species homines docet esse repulsos
101 ex duobus populis steriles, sine fructibus ambos,
102 quos in evangelio dominus quoque dixit et haedos
103 abs ovibus cerni stantes in parte sinistra.

68-70: Ex 24, 6-8; Lv 16, 33; Hbr 9, 13. 19-21; 10, 10 71: Hbr 10, 1
80: Hbr 4, 14 82: Hbr 9, 19-21 83: Hbr 9, 15-18 85-88: Nm 19, 2-9
89-99: Hbr 7, 27; 9, 11-14. 24-28; 10, 5. 10 102sq: Mt 25, 31-46

70/71 lac. ind. Mü 73 aratri] Hü 8, aratro F


82 libro...locutus] F, libros...locutos Oxe 15 Mü 84 victimae] Mü, victima F
99 magnus] Mü (cf. 4,96), magnis F 100 docet] Riv 182 Hü 9, decet F
Buch 4 109

des Kalbes, das mit Wasser vermischt ist, besprengte der Prophet
Moses das Volk und zugleich die Gefäße und die Priester und die
beschriebenen Gesetzesrollen, da ihm so vom Himmel geheißen worden
war; das bedeutet, (71) daß dies nicht die eigentliche Hoffnung ist, daß
es aber auch keine äußerliche Handlung ist, die der göttlichen Macht
entbehrt, sondern daß Christus nach dem Beispiel des Kalbes an
seinem Körper leiden werde. Dieser trug auf seinen Schultern die
harten Jochstangen der Pflugdeichsel und zerriß tapfer sein Herz mit
der Pflugschar von Eisen und goß eine Woge seines Blutes in die
Furchen der Seele. (76) Denn diese Tempelgefäße deuten auf unsere
Körper hin. Christus selbst ist der wahre Tempel Gottes, der zuvor
nicht geweiht war; denn durch sein Blut machte er sich die Menschen
zu Bundesgenossen und wollte, daß sie Priester seines Leibes seien,
während er selbst mit Recht der vollendete Priester des höchsten Vaters
ist. (81) Er heilte nicht arbeitendes Gehör, Sehvermögen und Gehver-
mögen, und er besprengte Zeugen mit Schriftworten, Zukünftiges spre¬
chend, womit er anzeigt, daß das Gesetz durch sein heiliges Blut ge¬
bunden ist.
(84) Und durch diese Jungkuh macht er die Zeremonie des Opfertie¬
res offenkundig, von dessen Blut der Levit für das Volk Opfergaben
nahm und es als erster hinter den Vorhang trug, nach Geheiß vor den
Türen des abgegrenzten Heiligtums den Körper des Opfertieres ver¬
brannte, mit dessen Asche er die verfallenen Körper reinigte. Dadurch
erfüllte unser Herr, der uns durch seinen Tod loskaufte, außerhalb des
Stadtbezirks das Gesetz (willig die Gewalt des sündigen Volkes erdul¬
dend), indem er das Prophezeite durch Taten unter Beweis stellte. (92)
Dieser reinigte in Wahrheit das Volk, das voller Befleckung war,
indem er alles hingab, gleichsam ein großzügiger Verkäufer seines
Körpers, der mit seinem Blut durch den Vorhang des Himmels trat,
welches er als der Eine für den Tod von vielen vergoß: (96) Also ziert
einen großen Priester ein heiliges Opfertier, das er in Würde besitzt
und als Vollkommener darbietet, wie nachgewiesen ist. Er hat einen
Körper, das ist das lebendige Opfertier für die Sterblichen, dieses
brachte der große Priester als einziges und würdiges Opfertier anstelle
aller anderen dar.
(100) Das Bild der beiden Böcke lehrt, daß die Menschen der zwei
Völker verworfen sind, ertraglos und beide ohne Früchte, die auch der
Herr im Evangelium nennt, wenn er nämlich sagt, daß die Böcke von
den Schafen abgesondert werden und auf der linken Seite stehen. (104)
110 IV 104-138

104 esse quidem quosdam domini pro nomine passos,


105 sic actum sterilem fructum velasse supremo,
106 hos merito dignos arae docet esse propheta,
107 abiectos alios (Lazaro ut dives iniquus),
108 in sua duritie qui permansere repulsi.
109 nam velum in medio pendens cernebat utrosque
110 inque duas partes aedem diviserat unam,
111 interiora quidem sanctorum sancta vocata.
112 istic ara sita effulgebat nobilis auro,
113 testamenta simul tabularum legis et arca
114 pellibus agnorum caeli contecta colore,
115 interius vestita auro, media omnia ligno.
116 hic tabulae legis, hic manna est urna repleta,
117 hic Aaron est virga, nucis quae germina profert,
118 ipsi dissimilis, styracis tarnen arbore nata.
119 atque super Cherubim per formam quattuor unam
120 pandebant pinnas et sagmina iussu tegebant.
121 exterius velum, pars aedis aperta patebat,
122 in faciem lato gravis ara stabat aheno;
123 et candelabrum bis ternis undique ramis
124 connexis medio calamo totidemque lucernae.
125 aurea materies complebat lumine templum.
126 ergo prior templi facies communis, aperta,
127 declarat ritum populi sub lege morantis.
128 in cuius tenebris septemplex spiritus unus
129 lucebat sanctus semper plebemque tegebat.
130 hoc candelabrum verum vivaeque lucernae
131 per legem et vates praelucent corde subactis.
132 inque typum terrae facta ara traditur esse:
133 hic operae populi, quas non sine sanguine semper
134 obtulit, effuso vitam sine lege cruore
135 (in patulo passim comparuit omnibus olim).
136 istic et dominus pro cunctis hostia factus
137 totam designat terram specialiter aram.
138 foederis hinc etiam novi inenarrabilis auctor,

104-106: Apc 6, 9sq 107b: Lc 16, 19-31 112-125: Ex 25-27; 30; 36-38
116-120: Ex 37, 6-9; Hbr 9, 4-5 127. 133-135: Hbr 9sq

106 docet] Mü, decet F propheta] Mü, prophetas F


113 arca] Paw Oe, arcae F 117 nucis] Oxe 7;15 Mü, crucis F
120 iussu] Mü, iussa F 122 ara] Oxe 16, aeris F
131 praelucent] Mü, perlucens F
135 comparuit] F, cum par fuit Mü
Buch 4 111

Der Prophet lehrt freilich, daß es einige gab, die für den Namen des
Herrn gelitten haben, daß so die Frucht das unfruchtbare Tun schlie߬
lich verhüllt hat, und daß diese verdientermaßen des Altars würdig
seien, andere aber verworfen wurden (wie der Reiche, der dem armen
Lazarus gegenüber unbarmherzig war), die in ihrer Hartherzigkeit
verstockt blieben und zurückgewiesen worden waren.
(109) Denn der in der Mitte herunterhängende Vorhang trennte beide
und hatte das eine Gebäude in zwei Teile geteilt, das Innere freilich
wurde Allerheiligstes genannt. Dort stand ein Altar und erglänzte edel
in Gold, dort waren die heiligen Bücher und die Lade mit den Geset¬
zestafeln, die mit himmelsfarbenen Schafsfellen bedeckt war, innen mit
Gold ausgekleidet, dazwischen war alles aus Holz. (116) Hier befinden
sich die Gesetzestafeln, hier ist das mit Manna gefüllte Gefäß, hier ist
der Stab Aarons, der Triebe des Nußbaums hervorbringt, während er
selbst doch gerade dem Nußbaum unähnlich ist, da er von einem
Styraxbaum abstammt. Und darüber spreizten Cherubim, vier von
derselben Gestalt, ihre Flügel und bildeten nach Geheiß ein Dach über
der Sühneplatte. (121) Nach außen hin gab es einen Vorhang, der
vordere Teil des Gebäudes war offen zugänglich, es stand vor aller
Augen ein Altar, schwer von einer dicken Eisenschicht, und ein Leuch¬
ter war da mit zweimal je drei Armen auf beiden Seiten, die durch
einen mittleren Arm verbunden waren, und ebensoviele Öllampen. Eine
Fülle von Gold erfüllte den Tempel mit Glanz.
(126) Es war nun also die vordere Front des Tempels allgemein
zugänglich und offen, und sie bezeichnete deutlich den Brauch des
Volkes, das unter dem Gesetz verweilte. In dessen Dämmerlicht leuch¬
tete ständig der eine siebenfache Geist in seiner Heiligkeit und schützte
das Volk. Dieser Leuchter aber und die lebendigen Öllampen leuchten
durch das Gesetz und die Propheten denen, die im Herzen demütig
sind, voraus. (132) Es ist überliefert, daß der Altar zu einem Typos
der Erde wurde: Hier haben die Opfer des Volkes stattgefunden, die es
immer nicht ohne Blut darbrachte, ein Leben ohne Gesetz, wobei Blut
vergossen wurde (in der Öffentlichkeit war es einst noch überall für
alle vorhanden). (136) Und dort ist der Herr für alle zum Opfertier
geworden und kennzeichnet so die gesamte Erde typologisch als Altar.
Dort hat auch der unbeschreibliche Darsteller des Neuen Bundes, der
112 IV 139-174

139 discipulus Ioannes, animas pro nomine passas


140 testatur tali sese vidisse sub ara
141 clamantes dei vindictam pro caede potentis;
142 istic interdum requies sub corpore terrae.
143 in parte ignota quidam locus exstat apertus,
144 luce sua fretus; Abrahae sinus iste vocatur,
145 altior a tenebris, longe semotus ab igne,
146 sub terra tarnen <est>: haec ara vocatur ahena.
147 in quo velamen pullum memoravimus esse:
148 dividit hoc partes ambas unamque recludit
149 dissitam ab aeterna cultura et temporis usu.
150 non inimica sibi, quamvis distantis amoris,
151 tempore divisa et spatio, {et} ratione ligata:
152 una domus, quamvis velo partita videtur;
153 atque adeo passo domino, velamine rupto
154 caelestes patuere plagae celataque sancta
155 atque duplex quondam facta est domus una perennis.
156 interius templum populum de nomine Christi
157 caelesti cultu ipsa dei mandata sequentem.
158 personae hic propriae vere, non umbra ligatur;
159 perfectis rebus completur traditus ordo.
160 arca sub exemplo corpus venerabile Christi
161 ostendit sacro per lignum spiritu iunctum.
162 aeriae pelles caro non ex semine nata,
163 extensa in ligno; simul intus Spiritus ardens
164 aurigera specie conflatus iungitur illi,
165 ut caro pace data cum spiritu mixta vigeret.
166 carnis et urna typum domini fert aurea plena:
167 foederis ipsa novi dominum declarat aperte
168 manna, quod est panis caelestis verus, in illum
169 traditus a patre, quem tribuit pro pignore sanctis;
170 perfecte dabit hunc illis qui vincula pacis
171 semper amatores operum tenuere bonorum.
172 et tabulae duplices conscriptae legis in arca
173 significant simul haec in Christo condita semper,
174 qui vetus atque novum mandatum pertulit ipse,

139 — 142:Apc 6, 9—11 161: Is 11, lsq

139 nomine] Pam Oe, numine F 146 < > Mü


147 in quo] Mü, in qua F 148 hoc] Oe, haec F 151 { } Mü
154 celata] Oxe 17 n.2 Mü Wi, coelata F, caelata Pam Rig Riv
159 completur traditus] Mü, completum tradidit F
162 aeriae] Pam Oe, aeria F
Buch 4 113

Jünger Johannes, - wie er selbst bezeugt - die Seelen, die für den
Namen des Herrn gelitten haben, unter einem solchen Altar gesehen,
wie sie schreiend die Rache des mächtigen Gottes für das an ihnen
verübte Blutbad forderten. (142) Dort herrscht unterdessen Ruhe unter
der Masse der Erde. In einer unbekannten Gegend gibt es einen offe¬
nen Ort, der in seinem eigenen Licht erstrahlt; dieser wird "Schoß
Abrahams” genannt, der höher als die Unterwelt gelegen ist und weit
entfernt vom Höllenfeuer, aber dennoch unterhalb der Erde: Dieser Ort
wird "Eherner Altar” genannt. An diesem Ort befindet sich, wie wir
erzählt haben, der verdunkelnde Vorhang: Dieser trennt die beiden
Teile des Gebäudes und verhüllt den einen, der dem andauernden heili¬
gen Dienst und dem Gebrauch in dieser Zeit entzogen ist. (150) Das
Gebäude ist nicht mit sich entzweit, obgleich beide Teile Gott unter¬
schiedlich lieben, es ist durch Zeit und Raum getrennt, aber durch
denselben Heilsplan verbunden: Es ist ein einziges Haus, obgleich es,
wie man sieht, durch einen Vorhang zweigeteilt ist; und als der Herr
so sehr gelitten hatte und der Vorhang entzwei gerissen war, da stan¬
den die Räume des Himmels und die vordem verborgenen Heiligtümer
offen, (155) und das einstmals zweigeteilte Haus ist zu einem einzigen
in Ewigkeit geworden. Der innere Tempel kennzeichnet das Volk, das
aufgrund des Namens Christi in himmlischer Kulthandlung eben Gottes
Aufträge ausführt. Hier geht es in Wahrheit um die eigentlichen Perso¬
nen, kein Schatten ist hier hinein verknüpft. Nach der Vollendung der
Dinge wird die überlieferte Ordnung erfüllt. (160) Beispielhaft weist
die Bundeslade durch das Holz, das mit dem Heiligen Geist verbunden
ist, auf den verehrungswürdigen Leib Christi hin. Die himmelsluftfar-
benen Felle sind das Fleisch, das nicht aus menschlichem Samen gebo¬
ren wurde und auf dem Holz ausgebreitet ist; zugleich wird im Innern
der lodernde Geist, aus goldtragender Pracht gegossen, mit jenem
Fleisch verbunden, damit das Fleisch, wenn der Frieden gegeben
worden ist, mit dem Geist vermischt lebendigen Bestand habe. (166)
Auch die goldene, angefüllte Urne enthält einen Typos für das Fleisch
des Herrn: Das Manna selbst bezeichnet offensichtlich den Herrn des
Neuen Bundes, weil es das wahre himmlische Brot ist, das vom Vater
zum Zeichen für jenen geschenkt wurde, den er den Heiligen zum
Pfand gab; in vollendeter Weise wird er dies jenen geben, die die
Bande des Friedens immer, als Liebende guter Werke, bewahrt haben.
(172) Und die beiden beschriebenen Gesetzestafeln in der Bundeslade
bedeuten, daß alles zugleich auf immer in Christus begründet ist, der
in eigener Person den Alten und den Neuen Bund vollendete, er, die
114 IV 175-211

175 arca patris summi, per quem dedit omnia dives.


176 et virga styracis fructus nucis adtulit ipsa;
177 virginis haec species, genuit quae sanguine corpus,
178 coniuncta; in ligno sedavit mortis amarum
179 interius fructum dulcem de spiritu sancto.
180 sicut Iesaias virgam de semine Iesse
181 praedixit Mariam, de qua flos exit in orbem.
182 ara nitens auro caelum declarat in alto,
183 quo sanctae subiere preces sine crimine missae.
184 hanc aram dominus dixit, qua munera si quis
185 offert, ut primum pacem cum fratre retractet;
186 sic demum flagrare preces ad sidera possunt.
187 hoc Christus, victor solus primusque sacerdos,
188 obtulit incensum precibus, non arbore natum.
189 nam Cherubim cum sit bis binis vultibus unum,
190 est unum verbum per quattuor ordine ductum,
191 de patre quae Christus plenissima pertulit ipse
192 mandati sperata novi solatia vitae.
193 ast quater alae sex veteris praeconia verbi
194 testificantis ea, quae postea facta docemur.
195 his alis volitant caelestia verba per orbem;
196 his etiam Christi sanguis contectus habetur,
197 obscure vatum praesago dictus ab ore.
198 alarum numerus antiqua Volumina signat,
199 esse satis certa viginti quattuor ista,
200 quae domini cecinere vias et tempora pacis.
201 haec cohaerere novo cum foedere cuncta videmus.
202 sic quoque Ioannes, sic pandit Spiritus ilii:
203 tot numero soliis senioribus insuper altis
204 atque coronatis cohibentibus omnia mira
205 ad solium domini vitreum et mare stare sub igne,
206 quattuor aligera atque oculis animalia plena
207 intus et exterius; quae sunt arcana patere
208 significat, verbo simul omnia clausa videri.
209 nam vitreum flammae mixtum mare dona lavacri
210 spiritu conflata credentibus esse tributa.
211 quae pietas domini! quis tantum dicere possit!

180: Is 11, lsq 184sq: Mt 5, 23sq 203sq: Apc 4, 3sq

178 sedavit] Oxe 19, sedabit F 202 prius sic] Pam Oe, si F
203 soliis] IV/, solio F 210 conflata] Mü, conflato F
Buch 4 115

Bundeslade des höchsten Vaters, durch den er in seiner Fülle alles


gegeben hat. (176) Und der Sproß vom Styraxbaum selbst brachte
Früchte des Nußbaumes hervor; dies ist das damit verbundene Abbild
der Jungfrau, die einen Körper aus Fleisch und Blut gebar; im Holz
hat weiter im Innern die Bitterkeit des Todes die durch den Heiligen
Geist süße Frucht zur Ruhe gebracht. (180) So wie Jesaja Maria als
den Sproß vom Samen Jesse im voraus ankündete, von dem die Blüte
in den Erdkreis hinausging. Der von Gold glänzende Altar verkündet
den Himmel in der Höhe, wohin die heiligen Bitten gelangen, die ohne
Vergehen entsandt wurden. Wenn einer auf diesem Altar Gaben dar¬
bringt, — so spricht der Herr — soll er zuerst mit seinem Nächsten
wieder Frieden schließen; so können endlich die Gebete zu den Sternen
emporlodern. (187) Dieses Räucherwerk bot Christus, der alleinige
Sieger und oberste Priester, unter Gebeten dar, ein Räucherwerk, das
nicht von einem Samen stammte. Ferner stellt der Cherub, da er als
einer zweimal je zwei Gesichter hat, das eine Wort dar, das gemäß der
Ordnung in vier Ausprägungen vorhanden ist, die erhofften Tröstun¬
gen, die Christus selbst vom Vater erhalten hat und die gänzlich ange¬
füllt sind von dem neuen Auftrag des Lebens. (193) Die viermal sechs
Flügel aber bedeuten die Verherrlichung des Alten Wortes, welches
bezeugt, was später, wie wir belehrt werden, geschehen ist. Auf diesen
Flügeln fliegen die himmlischen Worte durch den Erdkreis. Darin ist
auch, wie man meint, Christi Blut verhüllt, vom vorhersagenden Mund
der Propheten im Verborgenen ausgesprochen. (198) Die Anzahl der
Flügel bezeichnet die Buchrollen des Alten Testaments, daß nämlich
diese vierundzwanzig ausreichend zuverlässig sind, die die Wege des
Herrn und die Zeiten des Friedens im voraus besungen haben. Wir
sehen, daß dies alles mit dem Neuen Bund zusammenhängt. So sieht es
auch Johannes, so breitet der Geist es vor jenem aus: (203) So viele
Greise an der Zahl, auf hohen Thronen und gekrönt, haben in ihrer
Mitte alles Wunderbare, daß nämlich beim Thron des Herrn ein glä¬
sernes Meer unter einem feurigen Bogen liegt und vier flügeltragende
Lebewesen, innen und außen voller Augen; dies zeigt an, daß das, was
geheim ist, offen daliegt und daß durch das Wort alles ehedem Ver¬
schlossene zugleich gesehen wird. Ferner bedeutet das gläserne Meer,
das mit der Flamme vermischt ist, daß die aus dem Geist geschmiede¬
ten Gaben der Taufe den Gläubigen zugeteilt worden sind.
(211) Was für eine liebende Barmherzigkeit des Herrn! Wer könnte
116 IV 212-236

212 ante tribunale, ante pavimentumque paravit,


213 ut fora iudiciumque sibi anticipare volentes
214 effugerent, esset properanti copia lata.
215 sic igitur lex et miri cecinere prophetae,
216 omnia sic coniuncta vigent veterisque novique
217 foederis, illa sacra et verborum immania dicta.
218 sic et apostolicae voces testantur ubique
219 nec quidquam veteris non est novo denique iunctum.
220 sic errant et dictorum sic fata retorquent,
221 qui falsas finxere vias dominumque deumque,
222 aeternum regem, qui tantum protulit orbem,
223 detrectant, alium quaerunt sub nomine ficto
224 mentibus orbati, quas amisere furentes,
225 externum legi Christum affirmare volentes
226 nec mundi dominum, carnis neque veile salutem
227 nec virtute patris factorem corporis ipsum;
228 quos obturatis fugiendum est auribus ultro,
229 ne sermone suo maculent innoxia corda.
230 nos igitur, quos tanta dei perfudit honestas
231 veraque doctoris caelestia verba magistri
232 instituere bonis recta et monumenta dedere,
233 semper honoremus dominum, sine fine canamus
234 gaudentes puraque fide certaque salute.
235 nati vero deo nutrimur pane perenni
236 aeternam toto sperantes pectore vitam.

214 effugerent] Oxe 15;43 Mü, et fugerent F


220 fata] Mü, facta F
221 dominumque] Pam Oe, dominique F
223 alium] Mü, aliud F
Buch 4 117

solch Großes ausdrücken! Er richtete es so ein, daß vor dem Tribunal


und vor dem Tag des Schreckens diejenigen den Gerichtsverhandlungen
und dem Urteil entkommen, die für sich einen Vorsprung zu gewinnen
trachten, und daß somit für den, der sich beeilt, eine umfangreiche
Möglichkeit zu entrinnen besteht. (215) So nämlich haben es das Ge¬
setz und die wunderbaren Propheten gekündet, alles aus dem Alten und
dem Neuen Bund hat so verbunden lebendigen Bestand, jene heiligen
Handlungen und außerordentlichen Aussprüche. So bezeugen es auch
die Stimmen der Apostel überall, daß nichts aus dem Alten Testament
letztlich nicht mit dem Neuen Testament verbunden ist. (220) Also
irren diese und verdrehen so die Bestimmungen der Aussprüche, sie,
die falsche Wege erfunden haben und den Herrn und Gott herabsetzen
als ewigen König, der doch den so großen Erdkreis erschaffen hat, die
einen zweiten suchen unter einem fingierten Namen, ihres Verstandes
beraubt, den sie in ihrer Raserei verloren haben, als sie behaupten
wollten, daß Christus außerhalb des Gesetzes stehe, daß er nicht der
Herr dieser Welt sei und daß er nicht das Heil des Fleisches wolle und
daß er nicht durch die Macht des Vaters selbst der Schöpfer seines
Körpers sei; vor diesen muß man mit verstopften Ohren aus eigenem
Antrieb fliehen, damit sie mit ihrem Geschwätz nicht unschuldige
Herzen besudeln. (230) Darum wollen wir, welche die so große Gnade
Gottes überströmt hat und welche wir die wahrhaftigen himmlischen
Worte des gelehrten Meisters mit Gutem ausrüsteten und aufrechte
Ermahnungen gegeben haben, den Herrn beständig ehren und ohne
Ende besingen, in Freude und reinem Glauben und in sicherer Heils¬
gewißheit. (235) Geboren im wahren Gott nähren wir uns vom ewigen
Brot und hoffen mit ganzem Herzen auf das ewige Leben.
118 V 1 — 32

CARMINIS ADVERSUS MARCIONITAS


LIBER QUINTUS

Primus erat referens inimici ex ordine verba,


2 quae refuga illicite molitus protulit amens.
3 hinc etiam carnis spes et victoria Christi
4 et species breviter falsarum dicta viarum.
5 inde sequens coniuncta docet mysteria legis
6 inque novo dives quae foedere tradidit unus.
7 tertius ingenua gentem de matre creatam,
8 vatibus et patribus sacratos esse ministros,
9 quos numero bis sex de cunctis, Christe, legebas;
10 maiorum natu cum nomine tempora lustri,
11 tempora, acervati sceleris cum paruit auctor
12 ignotus, sine lege vagus, cum prole relictus.
13 quartus et ipse refert obscura piacula legis
14 esse typum veteris, quae paruit hostia vere
15 iamdudum exspectata piis cum semine sancto.
16 hic quintus multos nexus nodosque resolvit,
17 in planum mala convolvit quaecumque latebant,
18 argumenta trahens, sed non sine teste propheta.
19 et quamvis hostes muniti fortibus armis
20 vincamus, tarnen illicita, polluta, nefanda,
21 commaculata simul sic miscuit omnia serpens
22 (caecorum sine luce viam contamine vocum),
23 ut — dum factorem mundi contendimus ipsum
24 esse deum solum, vatum quoque voce locutum
25 ignotumque alium quemquam non esse probamus
26 vix mundam linguam sermonis culpa reservet,
27 complexu vario notum dum laude sequentes
28 culpamusque alias ignoti tempora sera;
29 sed cogunt nos multa doli celata venena,
30 ancipiti quamquam cum crimine, pandere verba.
31 quis nunc ergo deus, quem verum dicitis esse,
32 ignotum populis, alienum denique mundo?

8: Is 61, 6 9: Lc 6, 13; Io 6, 71

11 acervati] Mü, Servati (sic) F cum] Mü, cui F


13 legis] Pani Rig, regis F 22 vocum] Mü, vocem F
25 quemquam] Pam, quanquam (sic) F
27 sequentes] Pam, sequentem F 29 celata] Oe, caelata F Rig
31 quis nunc ergo] scripsi, quis, non ergo F, quisnam ergo Rig
Buch 5 119

Gedicht gegen die Marcioniten


Buch 5

Das erste Buch dieses Gedichts hat die Aussagen des häretischen Geg¬
ners Punkt für Punkt referiert, die der Apostat frevlerischerweise er¬
sonnen und in seinem Wahnsinn verbreitet hat. Von da ausgehend
wurde auch von der Heilshoffnung des Fleisches und dem Sieg Christi
und kurz von der Art der falschen Wege gesprochen. (5) Danach legt
das folgende Buch die mit dem Heil verknüpften Geheimnisse des
Gesetzes dar und was der eine Gott in seiner Fülle im Neuen Bund
übergab. Das dritte Buch spricht von dem Geschlecht, das von der frei
geborenen Mutter geschaffen wurde, und davon, daß die Jünger durch
die Propheten und die Väter geheiligt worden sind, die du, Christus,
zweimal sechs an der Zahl, von allen ausgewählt hast; es werden die
Amtsperioden der "Ältesten” mit jeweiliger Namensnennung angeführt,
(11) und zwar bis zu dem Zeitpunkt, als der Urheber des geballten
Verbrechens auftauchte, zuerst unbekannt, ohne Gesetz umherschwei¬
fend, mit seiner Anhängerschaft exkommuniziert. Und das vierte Buch
eben erzählt, daß die verhüllten Opfergaben des Alten Gesetzes ein
Typos dessen sind, der als das Opfertier mit heiligem Samen erschie¬
nen ist, das in Wahrheit schon längst von den Frommen erwartet
worden war. (16) Dieses fünfte Buch nun löst viele Verflechtungen und
Knoten, setzt die üblen Aussagen ins Licht und alles, was verborgen
war, wobei es Argumente anführt, aber nicht ohne prophetische Bezeu¬
gung.
(19) Und obgleich wir, mit Waffen der Tapferkeit gewappnet, den
Sieg über die Feinde innehaben, hat dennoch die Schlange alles
Unstatthafte, Verunreinigte, Frevlerische, Befleckte zugleich so mit der
wahren Lehre vermischt (ein lichtloser Weg für Blinde durch die
Befleckung der Aussagen), so daß — während wir behaupten, der
Erschaffer der Welt selbst sei der alleinige Gott, der auch durch die
Stimme der Propheten gesprochen hat, und beweisen, daß es irgendei¬
nen anderen unbekannten Gott nicht gibt — (26) die Unzulänglichkeit
der Sprache kaum die Rede rein erhält, während wir dem durch man¬
nigfaltige Verbindung bekannten Gott mit Lobpreis nachkommen und
ein anderes Mal die zu späten Zeiten des unbekannten Gottes schmä¬
hen; aber es zwingen uns viele verborgene Gifte der Hinterlist, Worte
darüber zu verbreiten, obgleich unter dem Vorwurf der Doppeldeutig¬
keit.
(31) Wer ist denn nun dieser Gott, von dem ihr sagt, daß er der
wahre sei, den Völkern unbekannt, dieser Welt letztlich fremd ? Die-
120 V 33-68

33 hunc quem nemo prius norat, hic venit ab alto ?


34 si sua, cur tarn sera petit ? si non sua, quare
35 ut praedo rapit et populum sub lege morantem
36 ignotis toties per legem vocibus opplet ?
37 si misereri etiam venit et succurere cunctis
38 et relevare gravi devictos funere mortis,
39 carnis et obsceno spiramen solvere vinclo,
40 quo cohibetur homo interior concisus inique,
41 cur tarn sero pius vigilans semperque benignus,
42 qui numquam prius omnino se praebuit ulli,
43 transmissos numeroque alienos ore requirens,
44 numquam exspectatus, non notus missus in orbem,
45 pastor ovem quaerens, quam non amiserat ante ?
46 debuit (exutus carnem, quasi victor et ipse
47 spiritus, ut fuerat semper talisque volebat)
48 omnes expulsas animas sine corpore passim
49 eripere et carnem spoliatam linquere terrae,
50 una die pariter complere cadavere mundum,
51 evacuare orbem atque animas adtollere caelo.
52 progenies hominum nasci cessasset in unum
53 et nulla posthac generis prosapia vestri
54 nata foret pestemque novam fudisset in orbem.
55 vel quia tune nihil ex his factum ostenditur esse,
56 debuerat finem generi statuisse futuro,
57 connubii solido complexus corde replesset,
58 fecisset torpere viros, sine germine fructus,
59 feminei sexus cubitus taedere dedisset,
60 clausisset penitus carnis genitalia membra;
61 nulla voluntas nostro animo neque posse facultas,
62 post haec posset et interior homo sanguine iunctus
63 haerere infusus carni semperque periret.
64 semper ovis perit, — ergo nec est servare potestas,
65 cum semper nascatur homo sub crimine mortis ?
66 quod pastoris opus, si sic inventa docetur ?
67 mquaesita ergo, sed non erepta probatur.
68 nunc vero delectus adest connubia adire,

34: Io 1, 11

40 quo] Mü, qui F


43 transmissos numeroque] Mü, transmissis numero F
46 et] Pam Oe, ut F 47 talisque] Mü, talesque F
62 iunctus] Th 374 n.l Flü 9sq. Oxe 15, iunctis F
66 docetur] Th 374 n.2, docentur F
Buch 5 121

ser, den vorher niemand kannte, kam hierher von der Höhe des Him¬
mels herab ? Wenn dies hier sein Eigentum ist, warum sucht er es
dann erst so spät auf ? Wenn es nicht sein Eigentum ist, warum raubt
er es dann wie ein Plünderer und überhäuft das Volk, das unter dem
Gesetz weilt, so oft mit vom Gesetz her unbekannten Aussagen ? (37)
Wenn er sogar kommt, um sich zu erbarmen und allen zu Hilfe zu
eilen und diejenigen wieder aufzuheben, die von dem schweren Unter¬
gang des Todes besiegt wurden, und den Lebensodem des Fleisches
von der garstigen Fessel zu lösen, durch die der innere Mensch in
Schranken gehalten wird, nachdem er ungerechterweise niedergeworfen
worden ist, wenn er also wegen all dieser Dinge gekommen ist, warum
ist er dann so spät liebend zugeneigt und aufmerksam und allezeit
huldvoll, der sich niemals zuvor überhaupt irgend jemandem gezeigt
hat, (43) der nach seiner Aussage die bis dahin nicht Beachteten sucht,
deren Anzahl er nicht kennt, er, der doch niemals erwartet wurde, der
unbekannt in die Welt gesandt wurde, als ein Hirte ein Schaf suchend,
das er zuvor nicht verloren hatte ?
(46) Er hätte dann (seines Fleisches entkleidet, gleichsam auch als
Sieger selbst Geist, wie er es immer gewesen war und als solcher auch
schon immer die Erlösung wollte) alle Seelen aus den Körpern heraus¬
treiben müssen und überall ohne Körper dem Tod entreißen und das
ausgeplünderte Fleisch auf der Erde zurücklassen müssen, an einem
einzigen bestimmten Tag gleichmäßig die Erde mit Kadavern anfüllen,
die Welt von den Seelen entvölkern und diese gen Himmel erheben
müssen. (52) Es hätte auf einmal ein Ende damit gehabt, daß bei den
Menschen Nachkommenschaft geboren wird, und danach wäre keinerlei
Sippschaft eures Geschlechts geboren worden und hätte nicht das neue
Verderben in die Welt verströmt. (55) Oder Jesus Christus hätte — da
ja, wie sich zeigt, damals nichts von diesen Dingen geschah — für das
zukünftige Geschlecht das Ende beschließen müssen, er hätte ungerühr¬
ten Herzens die Umarmungen des Beischlafs beendet, er hätte die
Männer schlaff werden lassen, Früchte ohne Abkömmling, er hätte
bewirkt, daß ihnen der Beischlaf mit dem weiblichen Geschlecht Ekel
bereitet hätte, er hätte tief im Innern die Geschlechtsteile des Fleisches
eingeschlossen; (61) es gäbe kein Verlangen danach in unserem Sinn
und auch nicht die Fähigkeit dazu, es auszuführen. Danach könnte auch
der innere Mensch, mit dem Blut verbunden, hineingeströmt dem
Fleisch anhangen und würde auf immer untergehen. Auf ewig geht das
Schaf zugrunde, — also gibt es keine Möglichkeit zur Rettung, da der
Mensch immer unter der Schuld des Todes geboren wird ? (66) Was
ist da das Werk des Hirten, wenn gelehrt wird, daß das Schaf so auf¬
gefunden wird ? Also wird das Schaf erwiesenermaßen nicht gesucht,
aber auch nicht entrissen. Nun ist der Mensch aber dazu bestimmt, wie
er es immer war, Beischlaf auszuüben, der Mensch, den die sichere
122 V 69-104

69 ut semper fuerat, quem iunxit certa propago,


70 nascuntur gentes et vix numerabile vulgus,
71 accipiunt animas nascentum corpora viva;
72 nec Paulum decuit (quamvis pro tempore quosdam)
73 hortari, velut ipse fuit, pare sorte mauere,
74 temporis angusti cernens instantia multa;
75 nam teneras alias aetates nubere iussit,
76 nec se fraudari, sed debita reddere pacto.
77 vos autem astuta quis suasit fraude manere,
78 diviso prolis securos degere amore,
79 crimen adulterii committere, perdere vitam
80 et, quamquam perit, id falsare agnomine verbi ?
81 quapropter vocis tarn dulcia cuncta profundit:
82 ”impavidi, quidquid placet, ut faciatis oportet
83 in faciem casti, maculati crimine furtim.”
84 hac causa vos connubio privavit honesto.
85 sed quid plura? bene est disiunctos scilicet esse;
86 expedit et mundo, ne vestri germinis ullus
87 nascatur; tandem cessabunt organa mortis,
88 partem hominis dum speratis retinere salutem,
89 totus homo vester deperdit mente profana,
90 interior simul et veterem quem dicitis hostem;
91 sed nec homo solum spiramen dicitur esse;
92 nec vetus est homo dicta caro, nec sunt inimica
93 spiritus et caro (verus homo est sociatus in uno)
94 nec sibi privatos sensus cernuntur habere,
95 haec regitur, regit ille, gemit gaudetque doletque;
96 diligit, ipse suae carni carissimus idem,
97 per quam paret homo, cum qua commixtus habetur,
98 vulneribus curas adhibet lacrimasque profundit,
99 nutrimenta cibi cupide per membra resumit.
100 hanc optat secum immortalem semper habere,
101 quam frangi gemit et dolet evacuari per artus;
102 illi mors miserae dominatur tempore certo,
103 quo renovata levi de pulvere mors inimica
104 deficiat tandem, caro cum resoluta resurgit.

72-76:1 Cor 7 92: Rm 6, 6

69 fuerat] Mü, fuit F


101 evacuari] Oxe 19, evacuare F
Buch 5 123

Aussicht auf Nachkommenschaft verband, es entstehen Geschlechter


und ein kaum zählbares Volk, und die Körper derer, die gerade gebo¬
ren werden, empfangen Seelen, auf daß sie lebendig sind; (72) nicht
einmal Paulus stand es an (obgleich er es für seine Zeit bei einigen
tat), dazu zu mahnen, in dem gleichen Los zu bleiben, wie er selbst es
war im Blick auf die vielen Bedrohungen der bedrängten Zeit; denn er
hatte an einer anderen Stelle seiner Schriften dem zarten Alter der
Jugend geheißen zu heiraten und sich nicht zu betrügen, sondern das
Geschuldete gemäß dem Vertrag abzuleisten. (77) Wer jedoch hat euch
dazu überredet, in verschlagenem Betrug zu verharren, sicher vor
Nachkommenschaft mit einer unter vielen aufgeteilten Liebe zu leben,
das Verbrechen des Ehebruchs zu begehen, das Leben zugrunde zu
richten, und, obwohl euer Leben dadurch zugrunde geht, dieses Ver¬
brechen durch den Beinamen "Ehelosigkeit” zu verfälschen ? (81)
Daher verströmt Marcion all diese so süßen Aussagen: "Alles, was
euch gefälllt, müßt ihr ohne Scheu tun, keusch nach außen hin, nur im
Verborgenen mit dem Verbrechen besudelt”. Mit dieser Argumentation
hat er euch das redliche Eheverhältnis entzogen. (85) Aber wozu noch
mehr anfügen ? Allerdings ist es gut, daß ihr ehelos seid. Es nützt
auch der Welt, daß nicht einer von eurem Geschlecht geboren wird; es
werden einst endlich die Werkzeuge des Todes verschwinden.
(88) Während ihr darauf hofft, daß ein Teil des Menschen das Heil
erlangt, verliert es euer Mensch als ganzer aufgrund seines ruchlosen
Sinnes, der innere zugleich mit dem äußeren, den ihr den alten Feind
nennt; aber man sagt, daß der Mensch nicht nur aus Atemhauch be¬
steht; (92) auch ist mit dem "Alten Menschen” nicht das Fleisch be¬
zeichnet worden, noch sind Geist und Fleisch verfeindet (der wahre
Mensch ist zu einer Einheit verbunden), noch werden sie so betrachtet,
als ob sie jeweils auf sich beschränkte Sinne hätten. (95) Das Fleisch
wird gelenkt, der Geist lenkt, seufzt und freut sich und ist betrübt; er
liebt, und dabei ist gerade er selbst seinem Fleisch am teuersten, durch
das der Geist als Mensch eine äußere Erscheinung hat, mit dem er als
vermischt angesehen wird, mit dem er Verwundungen Pflege angedei¬
hen läßt und Tränen vergießt, die Nährstoffe der Nahrung begierig
durch die Gliedmaßen aufnimmt. (100) Dieses Fleisch wünscht der
Geist immer als Unsterbliches bei sich zu haben, und er seufzt, wenn
es geschwächt wird, und er ist betrübt darüber, wenn der Körper Glied
für Glied entkräftet wird; jenes elende Fleisch beherrscht der Tod für
eine festgesetzte Zeit, wonach das Fleisch wieder aus leichtem Staub
erneuert wird und der feindliche Tod dann endlich seine Stärke ver¬
liert, während das Fleisch befreit wieder aufersteht. (105) Dies wird
124 V 105-141

105 haec erit exspectata diu victoria summa,


106 quam fecit virtute patris, venerandus in aevum,
107 factus verus homo, hominis qui membra redempta
108 in caelos tulit atque aditus spe dives aperuit.
109 principio gentis in linguis omnibus, inde
110 hic, ubi semper opus, patria pietate minister,
111 visus ab inviso missus patiendo peregit.
112 quid nunc infandae voces ? quid perdita turba ?
113 si non ipse dedit leges, deus ipse creator,
114 Aegypti de calle viam qui stravit in undis
115 et sedes gnatis dedit has quas dixerat olim,
116 ipsa cur in gente venit terraque dicata,
117 non alios populos aut altera regna petivit ?
118 cur iam per vates praedicto nomine toto
119 non proprio suo se vocitatum tradidit esse ?
120 unde etiam potuit baptismi dona benigna
121 promissa abs alio tamquam sua promere facta ?
122 haec mandata dei transgressi, sorde reperti,
123 optabant veniamque fera de morte petebant;
124 exspectata diu merito venere; sed illis,
125 qui prius audita, at nunc agnovere reperta,
126 hoc dat vera manus Christi; pater ipse creator
127 semper ab aeterno monet et pia voce requirit
128 quodque figuravit, fovet atque figurat et armat
129 et iam despectum victor sua luce revestit,
130 ut maneat virtutis opus cum laude perenni.
131 quid praestare deus, quid possit homo pati, ut omnes
132 agnoscant, videant, quod fecit viva potestas ?
133 sed quia nec praedicta prius nec facta suprema
134 dementes homines possunt suadere furentes,
135 esse hominem factum deum passumque, sepultum,
136 surrexisse, ut eis tantis clamantibus olim
137 caelesti verbo complexis testibus ambo
138 terrestri saltem rationi credere discant.
139 cum dominus Christus caro nasci venit in orbem
140 Augusti regis Romani tempore, primum
141 decreto gentes censu numerantur ubique;

111: Col 1, 15 118sq: Is 7, 14; 8, 8; Ier 23, 5sq; Dn 9, 25sq;


Mt 1, 23 139-141: Lc 2, lsq

111 inviso] Oxe 9, inciso F 113 dedit] Pam Oe, deus F


115 gnatis] lege 34, gratis F 126 dat] Oxe 15, det F 132 videant] Mü,
vivant F 134 furentes] Rig Pam, ferentes F 135 deum] F, divum Mü
Buch 5 125

der lang erwartete, endgültige Sieg sein, den Jesus Christus durch die
Macht des Vaters bewirkte, er, zu verehren in Ewigkeit, der ein wah¬
rer Mensch geworden ist, der die erlösten Glieder der Menschen in die
Himmel trug und die Zugänge geöffnet hat, er, der reich an Hoffnung
ist. (109) Seit dem Beginn des Volkes war er in allen Zungen, darauf¬
hin vollendete er hier, wo er immer gewirkt hat, als ein Knecht auf¬
grund der väterlichen Liebe Gottes gegenüber den Menschen, als
Sichtbarer von einem Unsichtbaren gesandt, das Werk durch sein Lei¬
den.
(112) Wozu also nun die abscheulichen Meinungen ? Wozu die ver¬
lorene Schar ? Wenn nicht er selbst, der Schöpfer Gott selbst, die
Gesetze gegeben hat, er, der vom Pfad aus Ägypten den Weg durch
die Wellen hindurch fortsetzte und den Nachkommen die Wohnsitze
gab, die er einst genannt hatte, warum kommt er dann gerade zu
diesem Volk und in dieses verkündete Land (117) und sucht nicht
andere Völker oder andere Königreiche auf ? Warum hat er bereits
durch die Propheten mitgeteilt, daß er, obgleich der ganze Name vor¬
hergesagt wurde, nicht mit seinem eigentlichen gerufen worden sei ?
(120) Woher vermochte er es, die gütigen Gaben der Taufe, die von
einem anderen versprochen worden waren, gleichsam als von ihm
vollzogene kundzutun ? Dies wünschten sich diejenigen, die die Gebote
Gottes übertreten haben und in Schmutz aufgefunden wurden, und sie
erbaten Gnade bezüglich des grausamen Todes; diese Dinge sind lange
erwartet worden und aus gutem Grund eingetroffen; aber jenen, die
erkannt haben, daß das früher nur Gehörte jetzt doch erlangt worden
ist, (126) gewährt dies die wahre Hand Christi; der Vater selbst, der
Schöpfer, ermahnt ständig seit ewiger Zeit und verlangt es mit huldvol¬
ler Stimme, und was er geschaffen hat, das hegt er und bildet es und
wappnet es, und als Sieger kleidet er den schon Verachteten mit
seinem Licht, damit das Werk der Tugend unter ewigem Lobpreis
Bestand habe.
(131) Was könnte Jesus Christus als Gott denn leisten, was als
Mensch erleiden, auf daß alle es erkennen, es sehen, was die lebendige
Macht gewirkt hat ? (133) Aber da ja weder das zuvor Angekündigte
noch die erhabensten Taten die unverständigen Menschen in ihrer
Raserei davon überzeugen können, daß Gott Mensch geworden ist und
gelitten hat und nach seinem Begräbnis wieder auferstanden ist, da
mögen die beiden Richtungen der Zweifler es wenigstens lernen, der
irdischen Vernunft Glauben zu schenken, obgleich auch diese so gro¬
ßen Zeugen der Schrift es bereits seit langem in himmlischen Worten
herausrufen und erfassen. (139) Als der Herr Christus in die Welt
kam, um als Fleisch geboren zu werden zu der Zeit des römischen
"Königs” Augustus, da wurden das erste Mal aufgrund eines Erlasses
überall die Familiengeschlechter nach dem Vermögen zahlenmäßig
126 V 142-176

142 idem hoc rex forte tulit, quia summa voluntas


143 in cuius manu regnantis cor legimus esse.
144 fecit primus et in numerum scriptura redacta est.
145 tune etiam Ioseph Maria cum coniuge feta
146 caelesti pariter gnato numerantur et ipsi.
147 his instrumentis humana astutia nisa,
148 quae testes sancti verbi praebere probantes,
149 inquirant vel sic invento postea victi
150 paeniteant veniamque rogent, dum tempus habetur.
151 Iudaei grave qui scelus admisisse fatentur,
152 dum detrectantes ardent nobisque resistunt
153 nec genus ignotum dicunt neque dicere possunt
154 suspendisse hominem se ligno vera locutum
155 ignari domino carnem sine semine victam.
156 sed pro parte quidam reticent, pro parte triumphant;
157 namque deum populis hominem vulgare laborant.
158 adspicite errorem qui vos expugnat utrosque;
159 pro nobis hic erit, dum vobis certa probamus.
160 iili hominem, vos falso deum sine corpore corpus
161 dicitis et varia (heu!) mentes vesania mergit,
162 quod qui praesumpsit, mergentes spargitis ambo.
163 namque hominem pariterque deum tune facta probabant
164 commixtum nec pauca dabat signacula mundo,
165 filius ipse dei dum carnis membra requirit:
166 iam praetextatus palmarum sustinet ictus,
167 conspuitur vultus, spinis innexa corona
168 compungit caput et ligno suffigitur ipse,
169 potatur, scriblita et fei miscetur aceto,
170 dividitur vestis, sortes mittuntur in illa;
171 quod rapuit sibi quisque tenet; caligine multa
172 exspirante deo tacite de corpore carnis
173 in tenebris tremefacta dies cum sole refugit:
174 bis fuit una dies, mediam nox atra coperuit.
175 a fundamentis montes agitantur in orbem,
176 commota est tellus, patuere sepulchra piorum

143: Prv 21, 1 166-170: Is 50, 6; Ps 21, 19; Mt 27


169: Ps 68, 22 170: Ps 21, 19; Mt 27, 35

142 forte] F, fort. Sorte 143 legimus esse] Mü, legibus esset F
147 his] Hü 10 Mü, hunc F 148 quae] Mü, qui F 161 mentes] Mü, mentis F
163 probabant] Oxe 12 n.9 Mü, probabunt F
164 dabat] Oxe 12 n.9 Mü, dabit F mundo] Mü, mundus F Oxe 12 n.9
169 scriblita] F, scribtum est Oxe 42, scribtura fortasse (cf. Io 19,28)
Buch 5 127

erfaßt; eben dieser König führte dies vielleicht herbei, da es ja der


höchste Wille Gottes ist, in dessen Hand — wie wir lesen — das Herz
eines Königsherrschers ruht. Augustus machte dies als erster, und die
Schrift darüber ist zum Kanon gerechnet worden. (145) Damals wur¬
den auch Joseph und seine Ehefrau Maria, die soeben von dem himm¬
lischen Kind entbunden worden war, in gleicher Weise wie die anderen
selbst gezählt. Die menschliche Schläue stützt sich auf diese Hilfsmit¬
tel, die, wie die Marcioniten anerkennen, Zeugen des Heiligen Wortes
bieten, und solchermaßen mögen die Marcioniten Nachforschungen
anstellen und mögen Reue empfinden, wenn sie so, da sie etwas ge¬
funden haben, später besiegt sind, und sie mögen um Gnade bitten,
solange sie noch Zeit dazu haben.
(151) Die Juden, von denen es zutage liegt, daß sie ein schweres
Verbrechen begangen haben, sprechen aber weder, während sie glü¬
hend vor Eifer unseren Glauben von der Hand weisen und uns Wider¬
stand leisten, von einem unbekannten Geschlecht, noch können sie
sagen, daß sie einen Menschen am Holz aufgehängt haben, der die
Wahrheit spricht, (155) da sie nicht wissen, daß bei dem Herrn
Fleisch, das nicht von menschlichem Samen stammt, überwunden
wurde. Aber zum Teil verschweigen gewisse Leute etwas, zum Teil
triumphieren sie; denn sie bemühen sich ja, den Gott bei den Völkern
als Menschen zu verbreiten. Betrachtet den Irrtum, der euch beide be¬
zwingt: Dieser wird zugunsten unserer Argumentation sein, während
wir euch das Zuverlässige beweisen. (160) Jene nennen den Leib
fälschlicherweise einen Menschen, ihr dagegen einen Gott ohne Leib,
und (ach!) mannigfaltiger Wahnsinn taucht euren Verstand unter, da ihr
ihn, der dies bereits im voraus erwartete, beide zerteilt, die ihr in
Wahnsinn eintaucht.
(163) Denn die damaligen Ereignisse erwiesen ihn ja gleichermaßen
als Menschen und Gott in eins vermischt, und er gab der Welt nicht
wenige Zeichen, als der Sohn Gottes selbst die Glieder des Fleisches
aufsuchte: Schon mit der purpurverbrämten Toga bekleidet, empfing er
die Schläge von Händen, sein Antlitz wurde bespien, die aus Dornen¬
zweigen gewundene Krone drang bohrend in sein Haupt ein, und er
selbst wurde am Kreuz festgenagelt, man gibt ihm zu trinken, Speise
und Galle werden mit Essig gemischt, seine Kleidung wurde aufgeteilt,
das Los über jene geworfen; (171) was er ergattert hat, behält ein
jeder für sich; in großer Dunkelheit hauchte Gott schweigend seinen
Geist aus dem Körper von Fleisch aus, und in Finsternis entfloh der
erschütterte Tag mit der Sonne: Zweimal nahm ein einziger Tag seinen
Anfang, in seiner Mitte verhüllte ihn finstere Nacht. (175) In ihren
Grundfesten werden die Berge erschüttert über den Erdkreis hin, die
Erde bebte, es öffneten sich die Gräber der Frommen, und alles fürch-
128 V 177-212

177 cunctaque quem norunt passum timuere videre.


178 exanimum telo miles latus haurit aperto,
179 profluit et sanguis, nec aqua minus inde secuta.
180 haec illi pacto celant noluntque fateri
181 admissi factum, nefas occultare volentes.
182 spiritus ergo potest gerere sine corpore vestem
183 aut poenam capit aut <suf>fert violentia vulnus ?
184 aut moritur surgitque et sanguis funditur inde ?
185 de qua carne, quia illum vos habuisse negatis ?
186 aut finxit potius ? sic vobis dicere tutum est,
187 quamquam praecipites dicatis, plura tacendo.
188 non ergo manifesta fides, non omnia fixa ?
189 ante diem quam cum pateretur pascha celebrans
190 discipulisque suis tradens — memorabile factum! —
191 acceptum panem pariter vitisque liquorem
192 "corpus” ait ”sanguisque meus qui funditur hic est
193 pro vobis”; fieri semper quod postea iussit.
194 quave creatura panem vinumque putatis
195 esse suum corpus cum sanguine ? quaeque fatenda ?
196 non se factorem mundi per facta probavit
197 et portare simul de carne et sanguine corpus ?
198 hic deus, hic et homo verus verumque locutus,
199 de patre principium, genitum de lumine lumen,
200 spiritus et verbum, Christi sub imagine virtus.
201 cum patre semper erat, unitus gloria et aevo,
202 omnitenentis enim solus quia verba ministrat,
203 quem capit in terris et per quem cuncta creavit:
204 filius ipse dei, carissimus ipse minister.
205 hinc genus, hinc et nomen habet, hinc denique regnum,
206 de domino dominus, fluvius de fonte perenni.
207 hic patribus sanctis parens ab origine mundi
208 testeque eo quicumque deum vidisse fatetur.
209 promissa et memoranda patris patefecit ab alto,
210 eduxit populum, gentem percussit iniquam,
211 ipse columna fuit lucis nubisque rigoris
212 siccavitque mare et populos iubet ire per undas

190 — 193: Lc 22, 19sq 211: Ex 13, 21sq

180 celant] Rig Riv Oe, caelant F Pam


183 < > Mü
186 sic] Mü, si F
208 testeque eo] Mü, teste deo F
Buch 5 129

tete sich zu sehen, daß der gelitten hat, den sie nun kannten. Der
Soldat trifft die entseelte Seite mit der bloßen Waffe, und es fließt das
Blut hervor, und es folgt von dort nicht weniger Wasser. (180) Dies
verbergen jene Juden nach Absprache und wollen nicht offen als dieje¬
nigen bekannt sein, die die Tat begangen haben, sondern wünschen das
Unrecht zu verhüllen. Kann also der Geist eine Umhüllung ohne tat¬
sächlichen Körper tragen und nimmt so die Strafe in Empfang und
erträgt so die gewaltsam zugefügte Wunde ? (184) Oder stirbt er und
steht auf, und es wird von daher das Blut vergossen ? Von welchem
Fleisch, wo ihr doch sagt, er habe es nicht ? Oder hat er es eher
vorgetäuscht ? Eine solche Behauptung ist eurer Meinung nach sichere
Wahrheit, obgleich ihr sie überstürzt äußert und mehr Dinge ver¬
schweigt. (188) Ist also der Glaube nicht offenbar, nicht alles festge¬
setzt ? Einen Tag bevor er leiden sollte, feierte Jesus Christus das
Paschamahl und übergab seinen Jüngern — eine erinnerungswürdige
Tat! — das zuvor genommene Brot und in gleicher Weise den Saft
vom Weinstock und sprach: ”Dies ist mein Leib und mein Blut, das
vergossen wird für euch”; er trug auf, daß dies später immer gesche¬
hen solle. (194) Gemäß welcher Beschaffenheit sind denn eurer Mei¬
nung nach Brot und Wein sein Körper mit seinem Blut ? Und was
muß bekannt werden ? Hat er durch seine Taten sich nicht als Schöp¬
fer der Welt bewiesen und daß er zugleich einen Leib trägt, der von
Fleisch und Blut ist ?
(198) Dieser ist Gott, und dieser ist wahrer Mensch, und er spricht
wahr, der seinen Anfang vom Vater hat, ein Licht gezeugt vom Licht,
und als Wort Geist, die Macht Gott Vaters in dem Bild Christi. (201)
Er war immer mit dem Vater vereint in Herrlichkeit und Ewigkeit, da
er nämlich als einziger den Worten des Alleshaltenden Folge geleistet
hat, den dieser auf Erden auserwählt hat und durch den er alles ge¬
schaffen hat: Dieser selbst ist der Sohn Gottes, er selbst der meistge-
liebte Diener. (205) Von dort hat er seine Abstammung, von dort
seinen Namen, von dort schließlich seine Herrschaft, Herr vom Herrn,
Strom von ewiger Quelle. Dieser tritt durch die heiligen Väter seit
Anbeginn der Welt in Erscheinung und nach dem Zeugnis eines jeden,
der bekennt, Gott gesehen zu haben. Die Verheißungen und die erin¬
nerungswürdigen Worte des Vaters eröffnete er von der Höhe, (210) er
führte das Volk aus der Gefangenschaft, er zerschlug das sündige Volk
der Ägypter, er selbst war die Lichtsäule und die Nebelwolke von
Starrheit, und er hat das Meer ausgetrocknet und dem Volk befohlen,
durch die Wellen zu schreiten, während die Feinde von den Wasser-
130 V 213-248

213 hostibus implicitis fluctuque fretoque copertis;


214 per deserta viam fecit sua iussa secutis;
215 de caelo populo panem dimisit in umbris
216 erupitque petram, sitientes unda rigavit,
217 a deo mandatum legis Mosique locutus
218 cum tonitru cantuque tubae flammaeque columna
219 terribili visu, tremebundo corde virorum.
220 post bis vicenos completis mensibus annos
221 Iordane diviso patuit via, constitit unda;
222 ipse prophetarum verbum patris ore locutus
223 partiri{que} tri<bu>bus terram promissa paterna.
224 esseque venturum terris hominemque futurum
225 praedixit Christum terris manifeste profatus.
226 exspectatus in auxilium, spes unica vitae,
227 mundator carnis serae mortisque fugator,
228 tandem venit ab imperio patris omnipotentis,
229 humanis sese vestivit et artubus ille.
230 Adam, virgo, draco, lignum, quae causa ruinae,
231 et via qua nos mors temeraria vicerat omnes,
232 hac eadem gradiens pastor pecudemque requirens,
233 angelo, virgine, carne sua lignique medela.
234 ex quo victus homo victos periturus obibat;
235 hic interpositus pro captis omnibus unus
236 sustinuit patiens inimicam in corpore poenam,
237 morte sua spolians mortem fit causa salutis;
238 nec non in terris suo postquam corpore sancto
239 omnia perpessus persolvit debita nostra,
240 infernum petit; hic animas pro crimine vinctas,
241 quae sine praesidio conclusae pondere legis
242 olim promissa et sperata et tarda rogabant,
243 sanctorum in requiem dedit et cum luce retraxit.
244 tertia namque die subiens cum corpore victor,
245 immani virtute patris, via facta salutis
246 inque creatura portans hominemque deumque
247 conscendit caelos captivas ille reducens
248 primitias, munus domino caramque figuram,

215sq: Ex 16, 13-26; 17, 1 -7; Ps 104, 40sq 241: Gal 3, 23


247: Eph 4, 8 248: 1 Cor 15, 23

223 { } < > scripsi


234 victos] Pam Oe, victo F, victu Hü 10 Oxe 15, victor Rlv 200
Buch 5 131

strömen und Wogen eingehüllt und bedeckt wurden. (214) Er schuf


denen durch die Wüste einen Weg, die seinen Anordnungen Folge
leisteten; er sandte dem Volk vom Himmel Brot herab im Schatten der
Nacht, und er öffnete den Felsen, die Wassermasse benetzte die Dür¬
stenden, und er nannte Moses das von Gott kommende Gebot des
Gesetzes mit Donner und dem Schall der Tuba und in der Flammen¬
säule — in einem fürchterlichen Anblick, unter dem Erzittern der
Herzen der Menschen. (220) Nach zweimal je zwanzig Jahren — die
Zahl ihrer Monate war erfüllt — wurde der Jordan geteilt, der Weg
stand offen, die Woge verharrte. Er selbst sprach das Wort des Vaters
durch den Mund der Propheten, daß nämlich den Volksstämmen das
Land zugeteilt wird, was den Vätern verheißen war. Er ließ Vorhersa¬
gen, daß er auf die Erde kommen werde und Mensch werde, und ließ
so den Christus der Erde deutlich prophezeien. (226) Er wurde zur
Rettung erwartet, die einzige Hoffnung des Lebens, der Läuterer des
Fleisches und Vertreiber des zu späten Todes, endlich kam er aus dem
Reich des allmächtigen Vaters herab, und jener bekleidete sich mit
menschlichen Gliedmaßen.
(230) Adam — die Jungfrau Eva — die Schlange — das Holz, was
alles die Ursache des Falls war und was auch der Weg war, auf dem
uns alle der blindwütige Tod besiegt hatte, auf eben diesem selben
Weg schritt er als Hirte einher und suchte seine Tiere, mit dem Engel
— mit der Jungfrau Maria — mit seinem Fleisch — und mit dem
Heilmittel des Holzes. (234) Aufgrund dessen trat er als besiegter
Mensch zu den Besiegten heran, er, der untergehen sollte; hier wurde
er als einziger für alle Gefangenen als Pfand eingesetzt, und duldend
nahm er die feindliche Strafe an seinem Körper hin, mit seinem Tode
den Tod überwindend wurde er die Ursache des Heils. (238) Und
nachdem er nun gewiß auf Erden mit seinem heiligen Körper alles
durchlitten und dadurch unsere Schulden eingelöst hatte, suchte er die
Llnterwelt auf; hier führte er die Seelen, die unter dem Gewicht des
Gesetzes auf verbrecherische Weise gefesselt und ohne Schutz einge¬
sperrt waren und die immerzu das einst Verheißene und Erhoffte, das
auf sich warten ließ, erbaten, zu der Ruhe der Heiligen und hob sie im
Licht empor. (244) Denn am dritten Tag stieg er als Sieger hinauf mit
seinem Leib, aufgrund der unermeßlichen Macht des Vaters zum Weg
des Heils geworden, und in seiner fleischlichen Beschaffenheit den
Menschen und den Gott tragend stieg er auf in den Himmel, wobei
jener die gefangenen Erstlinge zurückführte, ein Geschenk für den
132 V 249-253

249 conseditque patri lucis virtute recepta,


250 gloria qua munitus erat, dum vinceret hostem,
251 spiritu coniunctus, de nobis carne ligatus.
252 hunc pater et dominum et Christum regemque deumque
253 iudicio regnoque dato missurus in orbem est.

249sq: 1 Cor 15, 24-28 253: Io 5, 22


Buch 5 133

Herrn und eine teure Gestalt, (249) und er setzte sich zum Vater,
nachdem dieser die Macht des Lichts wieder empfangen hatte, er, der
durch die Herrlichkeit, mit der er gewappnet gewesen war, bis er den
Feind besiegte, mit dem Geist vereint, mit uns aber durch das Fleisch
verknüpft war. (252) Diesen, der sowohl Herr ist wie auch Christus,
sowohl König wie auch Gott, wird der Vater wieder auf die Erde
senden, wobei er ihm die Vollmacht zu richten und zu herrschen geben
wird.
XI. Kommentar

Buch 1

1—30: Zur Ähnlichkeit mit Comm. carm. 172 — 184 vgl. o. S. 18


Anm. 24
I Impietas: Lact. inst. 5, 11, 1 spricht von der impietas der Christen¬
verfolger
Mali: Gegen PL 2, 1055 Anm. a nicht neutrum, sondern masculinum
(”der Böse”)
3 nudavit: Zum Gegensatzpaar nudare (sündiger Mensch) — vestire
(erlöster Mensch), das sich in Synonymen durch das ganze Gedicht
zieht, s. Oxe 10 Anm. 3 II; weitere Stellen aus den Kirchenvätern bei
Smolak, Agrest., zu Agrest. 44. Vorgeprägt ist dieser Sprachgebrauch
in 1 Cor 15, 53f und 2 Cor 5, 2 — 4. In eine etwas andere Richtung
geht die Vorstellung in Gal 3, 27, daß die auf Christus Getauften ihn
angezogen haben
6 maledicta: In poetischer Form z. B. bei Ale. Avit. carm. 3,
116-136
8 caligine mersas: Das Partizip Perfekt ist hier als gleichzeitig zum
Hauptverb aufzufassen, eine relativ seltene Erscheinung (HSz 391),
vgl. Verg. Aen. 1, 69 submersas...obrue puppes ( = submerge et
obrue), hier also statt infudit et mersit; inhaltlich korrespondiert zu
caligine die Wendung per latebras animae in 1, 26 (vgl. Comm. carm.
174 per latices animae)
9ff: Holl 20 Anm. 2 widerlegt die Ansicht Früherer, hieraus auf eine
Herrschaft des Heidentums zur Zeit des Dichters schließen zu können;
Magie und Aberglaube haben sich noch lange nach der Etablierung des
Christentums gehalten; s. zum selben Thema den Exkurs bei Ale. Avit.
carm. 2, 277 — 325
10 idola: Statt idolum (ei'öuiXov) nahezu ausnahmslos in der Dichtung,
s. TLL VII 1, 226, 4f und Lavarenne 81
II stellarum nomina falsa: Da die Namensgebung durch die heidnische
Astrologie im Widerspruch zu der in Gn 1, 14 gebotenen Teleologie
der Himmelskörper steht; Ale. Avit. carm. 2, 291 vana nomina, inhalt¬
lich ausgeführt bei Verg. georg. 1, 137f; der wahre Namensgeber ist
in christlicher Tradition der Schöpfergott, s. Smolak, Agrest., 18 mit
Parallelen. Die Herrschaft über das All und das menschliche Schicksal
liegt nun bei Christus und nicht mehr in den Sternen
12 geneses: In der Bedeutung ”Nativität”, d.h. der Stand der Gestirne
bei der Geburt bzw. das angeblich dadurch vorherbestimmte Schicksal
14 refugarum: = apostata, auch 1, 142; 2, 168; 3, 18. 109; 5, 2; s.
Koffmane, Kirchenlatein, 23
Kommentar zu Buch 1 135

audacia: = Abi. Sg., wie auch in 2, 13 u. ö., s. o. S. 24 zur Mes¬


sung
17 sanguine gaudentes: Diese Wortverbindung auch in 2, 99; davor
schon Lucan. 4, 278, dann auch Drac. laud. 3, 152
19 — 24: Der Dichter prangert hier die sexuellen Perversionen Homo¬
sexualität, Verkehr mit Prostituierten, Ehebruch an; zu Homosexualität
vgl. Carm. de Sod. 21—23
25 praeterito: Gegen das (wegen Comm. carm. 183f) von Oxe 43
vorgeschlagene und von Waitz 11 befürwortete partito wendet sich zu
Recht Jülicher 631, da die Übereinstimmungen mit Commodian nicht
wörtlich sein müssen (s. o. Komm, zu 1, 8); gemeint ist das Wirken
des Teufels in der Zeit vor der Ankunft Christi
26 sepis: Erster Beleg bei Lucan. 9, 723 | ossaque dissolvens cum
corpore tabificus seps |; es handelt sich um eine Schlangen— oder
Eidechsenart, deren Biß den betroffenen Körperteil in Fäulnis versetzte;
vgl. u. a. Sol. 27, 32; Prud. c. Symm. 1 praef. 74; Aug. epist. 12,
10, 2
27 non quia culparent: Ist wegen des befriedigenden Sinns gegen die
Konjektur von Oxe 44, Müller mit Bern. 57 ad 1. und Willems zu
halten
29 halat: = halitu inficere et corrumpere (PL 2, 1056 Anm. g)
31 sperans...habere: Inf. präs. nach sperare auch 5, 88; inf. fut. in 2,
213, Umschreibung mit posse in 1, 36
33f: Leitmotivartig durchzieht dieser Gedanke in sprachlichen Varia¬
tionen das gesamte CM, der (gegen Marcion gerichtet) die Vorberei¬
tung des NT — Geschehens durch das AT ständig betont (1, 46. 104.
183.; 2, 58. 67. 82. 104. 183; 3, 11. 35f. 47. 70. 175. 183. 266.
270; 4, 30. 82. 90. 180f. 193f. 215-219; 5, 8. 18. 24. 188f. 133.
136. 209. 222)
34 cecinere prophetae: Auch 3, 266 und 4, 215; allgemein sehr belieb¬
te Klausel in der christlichen Dichtung, vgl. Waszinks Kommentar zu
Carm. de resurr. 356
37: Hückstädt paraphrasiert 15 Anm. 1 "Endlich wird das bessere Ich
des Menschen von der Sinnlichkeit ganz beherrscht”; diese Auffassung
des Textes trifft nicht zu, da es sich in diesem Vers um die Mensch¬
werdung des Sohnes Gottes handelt
44 renovatus homo: Ebenso wie 2, Höf. 195 wird hervorgehoben, daß
Christus sich bei der Menschwerdung mit der erneuerten Menschenna¬
tur verbunden habe, er selbst also ohne Erbsünde war; nach Holl 23f
setzt dieser Sprachgebrauch eine strengere Erbsündenlehre voraus; vgl.
auch 1, 100 sancto in corpore versus
in unum: HSz 278 reziprok "ineinander”; im Hintergrund steht die
stoische Krasis —Lehre, die auf Jesus Christus angewendet wird; der
bildhaft anschauliche Sprachgebrauch findet sich bereits bei Tertullian,
z. B. apol. 21, 14; adv. Marc. 2, 27, 6; wegen seiner Allgemeinheit
136 Kommentar zu Buch 1

läßt er keine Schlüsse für die Datierung zu, daher auch die divergie¬
renden Ansätze bei Waitz 24 (”früh”) und Holl 23ff ("spät”); s. dazu
auch o. S. 35f.
45 nova ianua vitae: = Geburt Jesu, als Gegenbild zu 1, 139, wo die
Marcioniten als nova porta gehennae bezeichnet werden; zum ganzen
Vers vgl. Sedul. hymn. 1, 7f sola fuit mulier, patuit quae ianua leto:
et qua vita redit, sola fuit mulier. Die hier dichterisch umgesetzte
Antithetik basiert auf der marianischen Deutung von Gn 3, 15: Durch
Maria erfolgte eine überreiche Wiedergutmachung der Verfehlung
Evas, was auf Just. dial. 100 und Iren. 3, 22, 4 zurückgeht. Auf
dieser Ideenverflechtung beruht ein Großteil der marianischen Bildpro¬
gramme des Mittelalters; die Herstellung einer Verbindung zwischen
Maria und Eva ist für die Kunst bereits im 4. Jh. bezeugt, s. Guldan
24, der 26 — 35 die Entsprechungen zwischen künstlerischer Darstellung
und Kirchenvätern behandelt
46: Zweiheit von \6yos und eQyov wie 3, 271 und 4, 91; bereits die
homerischen Helden zeichneten sich in diesen beiden Fähigkeiten (Re¬
den und Handeln) aus, s. Hom. II. 9, 443; vgl. auch CM 3, 271 und
4, 91
48 tantum: Eine media vox für die Wiedergabe dieses Ausdrucks läßt
sich nicht Finden. In der Geburt Christi offenbarte sich sowohl seine
Menschlichkeit (durch die Niedrigkeit des Stalls) als auch seine Gött¬
lichkeit (durch die Herrlichkeit der den Hirten erscheinenden Engel), s.
Leo epist. 28, 4 (PL 54, 755-781, hier 768ff)
54 magnalia: Gr. fxeya\e7a; nach Mohrmann 3, 208 eine christliche
Erfindung, da die Bezeichnungen portentum und prodigium zu stark
mit profan — religiösen Assoziationen belegt waren. Es findet sich auch
ausschließlich in der Bibel und bei den Kirchenvätern, vgl. z.B. Aug.
conf. 13, 27, 42 magnalia miraculorum; Hymn. Ambros. 2, 38b, 20;
Sedul. hymn. 1, 59 cernunt magnalia caeci; Ven. Fort. Mart. 1, 511
60 devicta morte: Eine sehr gebräuchliche Formel, s. Waszink zu
Carm. de resurr. 188 mit paganen und christlichen Belegstellen, als
erster wohl Manil. 4, 87
61 signari: Gr. o<pQayL£eoda.L, "taufen”
68 spargere: Epexeget. Inf. zu extremum nefas; gemeint sind, was 1,
73 — 95 entfaltet wird, die Zwei — Götter — Lehre Marcions, seine Leug¬
nung der Auferstehung des Fleisches und der Leiblichkeit Christi; zur
Darlegung bei anderen Kirchenschriftstellern s. Hückstädt 15 Anm. 6
und 7
69 horrendum...loquendum: Manitius, Poesie, 155 Anm. 2 vermutet
den bewußten Bau eines Versus Leoninus und gibt weitere Parallelen;
mir scheint dies jedoch kein konstitutives Stilelement des CM zu sein,
sondern in der Morphologie des Latein begründet; im Vergleich wird
im Carm. de resurr. der dominierende Gebrauch dieser Figur deutlich
70 plebe: Im Sinne von ecclesia wie 3, 275
Kommentar zu Buch 1 137

71 terrena sequentes: Ähnlich Paul. Nol. carm. 15, 96; Mar. Victor
aleth. 2, 355
72 aggressus: Das von Oehler und Willems gebotene agressus ist im
TLL nicht aufgeführt; daher halte ich den Text von Fabricius und folge
in der Wiedergabe Müller 57 ad 1.; vgl. TLL, s. v., I 1319, 23
73 duos patres: Vgl. 1, 153; hier allgemein im Sinn von deos zu
verstehen, also nicht t. t. für ”Schöpfergott”, gegen Holl 14, der die
"ungewöhnliche Wortwahl” moniert. Es gilt insgesamt zu beachten,
daß die (theologische) Terminologie im CM nicht einheitlich gewahrt
ist, z. B. bereits 1, 74 dominus für den Schöpfer (sonst häufig Chri¬
stus bezeichnend, etwa 1, 181); zudem handelt es sich hier um eine
pointierte Kontrastformulierung zu 1, 180 vero patri und 4, 32 unum
hunc esse patrem, die die Absurdität der häretischen Zwei —Götter —
Lehre zum Ausdruck bringen soll
74 condidit orbem: Auch 1, 180; zu dieser Klausel s. Smolak, Agrest.,
87 zu Agrest. 43
75 carnem spiramine vivam: S. Smolak, Agrest., 90 "Lebenshauch im
Sinn der anima sensibilis” mit Parallelen
76 vates: Schon bei Commodian in der Bedeutung "Prophet, Lehrer”,
manchmal negativ konnotiert wie in instr. 1, 17, 1, s. Thraede, Beiträ¬
ge, 95; vgl. auch o. S. 26
81 sine nomine numen: "Reimmäßige Koordinierung”, s. mit Stellen
von Accius bis Prudenz Smolak, Apoth., 16;
numen: Auch 2, 3. 14. 36; s. Smolak, Apoth., 14f. Während der
Begriff im Plural in christlichem Kontext polemisch die Götter der
polytheistischen Religionen bezeichnet, gebrauchte ihn im Singular
bereits Lact. inst. 2, 2, 8 zur Definition der spirituellen Natur Gottes;
in der christlichen Dichtung verwendet ihn Iuvenc. 1, 22 das erste Mal
in Zusammenhang mit dem Christengott ( = vis divina)
83—85: Holl 15 bezeichnet diese Aussagen über die Lehre Marcions
als maßlose Verdrehung; m. E. dient die überspitzte Formulierung
dazu, eine Schwäche im System Marcions zu verdeutlichen, wonach
der gerechte Gott das Gericht doch vollstreckt (vgl. Tert. adv. Marc.
1, 27)
85f dulcique cruentum | ...mixtum cum melle venenum: Vgl. Lucr. 1,
936 — 942; es handelt sich hierbei um die pervertierte didaktische
Tätigkeit des Teufels (und somit auch der Häretiker), der, statt die
bittere, aber heilende Medizin durch Honig angenehmer zu machen,
diesen Honig dazu gebraucht, das tödliche Gift zu überdecken. Statt
einer Lehre des Heils (wie bei Lucrez oder im Christentum) verbreitet
er also eine Lehre des Verderbens. Es ist sehr schwer zu bestimmen,
ob es sich hierbei um eine bewußt kontrastierende Anspielung auf
Lucrez handelt, da die Textbasis sehr schmal ist; jedenfalls fehlen im
CM morphologische Archaismen, wie sie etwa bei Prudenz auftauchen.
Zudem ist die Vorstellung, daß süßer Honig gefährliches Gift überdek-
138 Kommentar zu Buch 1

ken soll, sehr verbreitet, s. Hom. Od. 10, 315ff ( = Ov. met. 14,
264ff); Ov. am. 1, 8, 104; Hier, epist. 107, 5 (u.ö., s. Otto 218 s.v.
mel Nr. 5); Sedul. c. pasch. 5, 64f; deutlich ist die Kontrastimitation
zu Lucrez bei Prosp. carm. de ingrat. 805 — 808, wo dem malus magi-
ster Pelagius vorgehalten wird, er beschmiere den Becher erst gar nicht
mit Honig, sondern reiche das bittere Gift pur; s. auch Ps. Prosp.
carm. de prov. 875f und Lact. inst. 5, 1, 10. 14; analog ist CM 2, 11
92 terris venisse: Auch 2, 107 statt Akk. der Richtung
96 ludere suasos: Ludere statt Kompositum illudere, analog mit Akk.,
vgl. Sedul. c. pasch. 1, 245 animos...ludit
97 aut: = et, s. Müller 57 zu 2, 90 — 96 mit Lit. und HSz 499 (Dis¬
junktion statt Kopulation hinter Negationen bzw. Fragen mit negativem
Sinn bereits im Altlatein), z. T. auch ähnlicher Gebrauch im Deutschen
102 perfecit: Sc. tempus vitae; zu beziehen auf qui in 1, 100
sua: Vgl. Io 1, 11 in propria venit (sc. Iesus Christus)
107 merces: PL 2, 1058 Anm. f sc. operum (nämlich von Jesus Chri¬
stus). Der Lohn, nämlich die Aussicht auf eine Erlösung, ist in der
marcionitischen Lehre nicht begründet, da Christus das Leid nur in
einem Scheinleib auf sich nahm, also gar nicht wirklich litt. Der
Argumentationsbestand dieser Passage ist aus Tert. adv. Marc. 3, 8
geschöpft
109 martyria: Hückstädt 16 Anm. 4 und Hilgenfeld 159 beziehen dies
auf die Marcioniten (zu deren Martyrien s. Tert. adv. Marc. 1, 27); es
können aber auch grundsätzlich alle Martyrien gemeint sein, ebenso
wie in 1, 190. 212, s. Holl 18f. Abzulehnen ist die Interpretation von
Waitz 12, der darin eine Anspielung auf die Gegenwart sieht, also die
Zeit der Christenverfolgungen, da es sich hier um eine rein theoreti¬
sche Ausmalung der Konsequenzen des häretischen Lehrgebäudes han¬
delt
113 verax: Wichtige Prädikation des AT —/NT —Gottes, z. B. Ps 85,
15; Io 3, 33; die Bedeutung ist hier ambivalent: Es geht um die Au¬
thentizität sowie um den moralischen Wert der Wahrhaftigkeit der
Aussagen Gottes; zum zweiten vgl. Braun 75f. 88
115 caeco duce: Vgl. Mt 23, 16 duces caeci bezogen auf Schriftgelehr¬
te und Pharisäer; eigentliches Vorbild ist Mt 15, 14, s. Otto 60; das¬
selbe Bild bei Comm. instr. 1, 37, 4 idcirco caecus caecum in fossa
reducit
in fossa ruistis: Nicht abl. sg. f., sondern PPP von fodio, = defossa
(acc. pl. n.)
119 tumidi...draconis: Vgl. für die Wendung Prud. cath. 5, 56
(draco = Standarte) und Cypr. Gail. nurn. 543
120: Ergibt nur Sinn als rhetorische Frage mit der Antwort nein, vgl.
Thelwall 323 Anm. 3
pace: Der Friede mit Gott, s. Löfstedt, Late Latin, 80
123 fruentes: Diese Konjektur von Müller hebt gut den krassen Gegen-
Kommentar zu Buch 1 139

satz zwischen Lob und Genuß des Geschaffenen einerseits und der
Schmähung des Schöpfers durch die Marcioniten andererseits hervor;
das von Fabricius gebotene ruentes ("während ihr doch zugrunde
geht”) würde lediglich nochmals den Gedanken von 1, 118 — 120 auf¬
nehmen und sich nicht so gut in den Zusammenhang fügen; pointiert
kommt der Gegensatz im Wortspiel 1, 124 zur Geltung
125 cuiusne: An Frage— oder Relativpronomina wird —ne in Sätzen
angehängt, die eine ungläubige Einwendung enthalten, s. HSz 366 mit
Stellen ab Plautus und Lit.
126 — 135: Hymnisch stilisierte Entfaltung des Waltens Gottes, der die
Welt zum Wohle des Menschen eingerichtet hat
128 mensibus anni: S. 5, 220 und dazu Smolak, Agrest., 86 zu
Agrest. 41 mit weiteren Belegen zu dieser weitverbreiteten Klausel
(zuerst Verg. georg. 1, 64) in astronomisch — chronometrischem Zu¬
sammenhang
133: Zur Textkritik s. o. S. 13f
134 iustusque bonusque: Feierlich in alter epischer Tradition, gr. —re
— re; inhaltlich ist dies ein Hieb gegen die Marcioniten, die ja zwi¬
schen dem Gott des AT (notus/iustus) und des NT (ignotus/bonus)
trennen
136 — 138: Die hierauf basierenden Datierungsversuche von Allix (zit.
Oehler 3, 78), Hückstädt 52 und Waitz 9 sind nicht fundiert; die Stelle
soll die Kritik an den Marcioniten verstärken: Selbst die zwar wohl¬
habenden, aber ungebildeten Heidenvölker erweisen Gott die gebühren¬
de Ehre, auch wenn sie das Christentum noch nicht erreicht hat (1,
137 alieno nomine). Vgl. die analoge Argumentation mit apologetischer
Intention bezüglich der ungewollten heidnischen Bezeugungen der
Existenz des einen Gottes Tert. test. anim. passim; Scap. 2, 1; apol.
17, 6; adv. Marc. 1, 7 — 10; Min. Fel. 18, 11; etwas anders akzentu¬
iert Prosp. carm. de ingr. 328 — 331, s. Huegelmeyer ad 1.
136 gentes: Zur Bedeutungsentwicklung s. Löfstedt, Late Latin, 74f
copertae: Zur Prosodie s. o. S. 24. Leitmotivartig durchzieht der Vor¬
wurf, daß der Teufel bzw. die Sekte im Verborgenen ihr Unwesen
treibt, z. T. sprachlich variiert, das gesamte Gedicht (vgl. 1, 26. 35f;
2, 1 — 12; 3, 287 — 289. 298; 4, 13; 5, 29. 83). Durch seine pia fraus
(2, 1310 weiß Christus dieser Taktik jedoch zu begegnen
138 factoremque: Zur freien, d. h. abundanten Verwendung von — que
bei verseinleitenden Wörtern vgl. HSz 476
tarnen: Nachgestellt, s. HSz 497 mit Lit.
139 gehenna: Hebräisches Lehnwort seit Tertullian, s. CCL 2, Index
rerum et locutionum, s.v., und CIL 5, 3216. Es ist auch in der Vetus
Latina und dem Vulgatatext des NT immer feminin
141 Marcionem: Hier erst nennt der Dichter namentlich das Werkzeug,
welches der Teufel nach dem Erscheinen Christi auf Erden zum Ver¬
derben der Menschheit einsetzte; für die Lehre Marcions immer noch
140 Kommentar zu Buch 1

grundlegend ist Harnack, Marcion; neuere Literatur und Bilanzierung


der Forschung bei Aland, Rudolph und May, wo jedoch keine Erörte¬
rung des CM vorgenommen wird. Marcions sich bereits im 2. Jh.
rasch ausbreitende Häresie war der katholischen Kirche im Westen bis
ins 3. Jh. hinein gefährlich und wurde dort bis ins 5. Jh. hinein litera¬
risch bekämpft (im Jahr 420 schrieb Augustin Contra Adversarium
Legis et Prophetarum). Für das CM sind vor allem folgende Gesichts¬
punkte der marcionitischen Häresie relevant: Die aus einem radikalen
und überspitzten Paulinismus resultierende Trennung des göttlichen
Schöpfers einer schlechten Welt vom barmherzigen und unbekannten
Erlösergott, die damit einhergehende Verwerfung des AT und die
Erstellung eines von judaisierenden Zusätzen "gereinigten” Evangeli¬
ums (= Lukas), das mit zehn Paulusbriefen (ohne Hebräer —
Brief und Pastoralbriefe) den autoritativen Kanon bildete, die Leugnung
der Leiblichkeit Christi und, damit zu sammenhängend, der Aufer¬
stehung des Leibes, sowie die Forderung von geschlechtlicher Enthalt¬
samkeit. Letzteres benutzt der CM —Dichter zur Polemik, während er
den Antithesen mittels typologischer Auslegung zu begegnen sucht.
Harnack, Marcion, 394*f bescheinigt dem Dichter eine im Verhältnis
gründliche Kenntnis der Lehre. Der Name Marcion findet sich nur
noch in 1, 144; 3, 297, sonst wird er polemisch umschrieben (s.
die Aufzählung bei Waitz 13 Anm. 2), was sich z. T. mit den um¬
schreibenden Bezeichnungen für den Teufel überschneidet
Cerdo: Auch 3, 287; syrischer Gnostiker, der um 140 nach Rom kam;
nach Iren. 1, 27, 1 und Hipp. haer. 7, 10 u. ö. der Lehrer Marcions
(weiteres Material bei Harnack, Marcion, 31*fl). Vgl. auch Kretsch-
mar, Cerdo, und G. Maier 20
143f: Vgl. die verschiedenen Auffassungen des Textes bei Thelwall
324 Anm. 2; ich fasse infima ( = vilissima, TLL VII 1, 1403, 33) als
Satzapposition auf. Hier wird pointiert deutlich gemacht, daß die Mar-
cioniten, die sich selbst als wahre Christen bezeichneten, in Wirklich¬
keit eine andere Person als Führer und Vorbild hatten
147 nimium: Gehört zu larga
149 legitis: Sc. in (Teilen) der Heiligen Schrift
150 futura: D. h. die Endzeit, vgl. 2 Tim 2, 18 qui a veritate
exciderunt dicentes resurrectionem iam factam et subvertunt quorundam
fidem. Es wird hier der falsche exegetische Ansatz der Marcioniten bei
der Interpretation des AT kritisiert, die dessen Aussagen historisch —
vergangen anstatt typologisch auf Zukünftiges hinweisend auffassen.
Die Forderung nach einer typologischen Exegese wurde besonders von
Origenes gestellt, was z. B. auch Hieronymus mit der Trennung
secundum litteram/secundum spiritum aufnimmt
151 incredibilem: Sc. deum esse; zu credo mit Acl s. HSz 43; es
handelt sich hierbei um ein pointiertes Wortspiel
Kommentar zu Buch 1 141

differt: "Was macht es für einen (positiven) Unterschied?”, also


”Was ist es für ein Vorteil?”, gegen Hückstädt 4 Anm. 2
152 cepit: Sj. ist der Teufel
155 postea...: Nach dem Erscheinen Christi verbreitet der Teufel Häre¬
sien, wie sie im folgenden aufgezählt werden
pestis: Beliebte Bezeichnung für Häretiker und Häresien, s. Prosp.
carm. de ingrat. 39 und Huegelmeyer ad 1.
156 inemendabile crimen: Parenthetischer Einschub zur rhetorischen
Steigerung, ähnlich 2, 73. 78; 3, 148; 5, 190
157 — 170: Der Ketzerkatalog reicht wie die Bischofsliste in 3,
276 — 296 nur bis in die Mitte der 2. H. des 2. Jh. (sie geben somit
beide keinen Anhaltspunkt für die Datierung), Waitz 34 — 38 und Mül¬
ler 106f bieten analoge Listen von anderen Kirchenschriftstellern. Die
unterschiedliche Reihenfolge der aufgezählten Irrlehrer deutet auf die
relativ selbständige Verarbeitung im CM hin, oder das CM gebrauchte
uns unbekannte Quellen. Die Verwendung von Ketzerkatalogen hat in
antihäretischer Literatur die Funktion, der aktuell zu bekämpfenden
Häresie bereits bekannte und überwundene Häresien zuzuordnen und
die neue Häresie dadurch unschädlich zu machen; vgl. dazu die grund¬
legenden Erkenntnisse bei Brox 286f
157 — 159: Im Plural, der in seiner Anonymität und quantitativen Über¬
steigerung die Polemik verstärkt, wird auf Simon den Magier (mit
seiner Gefährtin Helena) angespielt; s. Act 8, 9 — 13, wo er allerdings
auch bekehrt wird. Dennoch galt er als der Prototyp der Häretiker,
wozu Brox 284. Man glaubte in Samaria von Simon aufgrund seiner
Zauberkünste, daß er mit außergewöhnlicher Gotteskraft ausgestattet
sei; Material in PL 2, 1059 Anm. d
157 infandos: Wie 1, 174 gleichbedeutend mit non nominandos
158 virtutem summam: Vgl. Act 8, 10 ...omnes...dicentes: hic (sc.
Simon) est virtus dei quae vocatur magna
159 volare: Zu dem in der Simonsage erwähnten Flugversuch vgl. das
Material bei Waitz S. VII (Nachträge und Berichtigungen)
160 Valentino: Vgl. Wegenast mit Lit.; der Gnostiker weilte 135/140
bis 160 in Rom; s. insgesamt Iren. 1, 5 — 14 und im Anschluß daran
Tert. adv. Val.
161 caelos: Entspricht den 30 Äonen, die der einzige und ungezeugte
Gott ( = Profundum) entstehen läßt und die das 7rAi7pco/xa ( = aevum)
bilden, d.h. die Fülle und Vollkommenheit der Gottheit; vgl. ausführ¬
licher Iren. 1, 1 und zur begrifflichen Ungenauigkeit Thelwall 325
Anm. 3
Profundum: Dies entspricht bei Valentin dem einen vollkommenen
Äon, der vor allen war und ßvöos genannt wurde; Tert. adv. Marc. 1,
5, 1 spricht von zwei Hauptäonen, Bythos und Sige, aus denen die 30
anderen göttlichen Äonen hervorgehen
162: In keiner uns bekannten Quelle ist für die Lehre Valentins eine
142 Kommentar zu Buch 1

doppelte Taufe bezeugt, s. Hückstädt 16f; dasselbe gilt für die Feuer¬
taufe, für die Holl 17 einen Erklärungsversuch unternimmt
163 Basiliden: Gnostischer Lehrer in Alexandria zur Zeit Hadrians, s.
Kretschmar, Basilides, 909f
164: Vgl. Iren. 1, 24, 3 et angelos factos esse dicunt et caelos
CCCLXV. Quapropter et tot dies habere annum secundum numerum
caelorum
165 Marco: Mit guter Begründung konjiziert Hückstädt 4 den Dativ
gegen Marcio bei Fabricius (die Verschreibung ist in diesem überge¬
ordnet antimarcionitischen Kontext gut vorstellbar); der Gnostiker und
Schüler Valentins ist nur aus Iren. 1, 13—21 bekannt. Er stellte Spe¬
kulationen über Zahlen an
166: Hückstädt 17 paraphrasiert "keusche Jungfrauen gewaltsam zu
Magierinnen zu machen", was angesichts von Iren. 1, 13, 1—3 über¬
zeugt
168 Hebion: Vgl. Reuss, Ebioniten; Hebion ist der Fiktive Stifter der
judenchristlichen Sekte der Ebioniten, die die Jungfrauengeburt leugne¬
ten (1, 168), die Beachtung des mosaischen Gesetzes als heilsnotwendig
ansahen (1, 169) und ein eigenes Evangelium besaßen ("gereinigter”
Pentateuch und Matthäus; 1, 170); er wird erwähnt etwa bei Iren. 1,
26, 2 sowie Tert. carn. 18, 1 (wo auch die orthodoxe Lehrmeinung
wiedergegeben wird: Filius ex patris dei semine, id est spiritu). Eine
ausführliche Diskussion häresiologischer Quellen zum Ebionitismus ab
Justin Findet sich bei Strecker, in Bauer 274 — 287; die historisch nicht
fundierbare Benennung eines Stifters (H)Ebion erklärt er 283 durch
eine "unreflektierte Assimilation an andere Sektengründer”, die seiner
Meinung nach auf das Syntagma Hippolyts zurückgehen
170 fontibus: Müller 58 ad 1. setzt dies mit NT gleich, wie 2, 41; hier
überspitzt für die starke Vernachlässigung des NT; TLL VI 1022 —
1027 s. v. wird dieser Wortgebrauch nicht erwähnt
elementa legis: Vgl. 2, 50; es dient als Umschreibung für das AT, s.
Müller 58 ad 1. und Lumpe 1098 mit Parallelen, da das AT die "ele¬
mentare” Voraussetzung für das Verständnis des NT ist; z. B. bedür¬
fen Hbr 5, 12 die Adressaten noch der Belehrung über die aroL\e?a ttjs
Äqxv* t&v Xojiui' tov 6eov; die von Müller hier und 44 zu 2, 25 als
Parallelen gegebenen Bibelstellen Gal 4, 3. 9 sind nicht korrekt, da
dort die Elementarmächte im antiken, physikalischen Sinn gemeint
sind, die oft auch als dämonische Potenzen verstanden wurden (wie
Sap 7, 17; 19, 17; Col 2, 8 und öfters in Rm), s. Schlier 190 — 193
mit Lit.
187f: Aus dem Präsens von iubet folgert Waitz 11, daß die "Durch¬
führung (dieses Befehls) nahe bevorstehe” und schließt, auch aufgrund
von 3, 6 — 9, auf eine Entstehungszeit für das Gedicht auf die 2. H.
des 3. Jh. Dies läßt sich bei der Allgemeinheit der Aussagen nicht
zwingend ableiten
Kommentar zu Buch 1 143

188 deleto elogio: Diese Konjektur stützt Pamelius mit dem guten
Verweis auf Col 2, 14 (durchgestrichener Schuldschein), s. PL 2, 1060
Anm. k. Dölger 129 — 140 erörtert die in ihrem Verständnis schwieri¬
gen Verse Col 2, 14f: Der Schuldschein wird von Christus an das
Kreuz geheftet; dahinter steht die Vorstellung vom Kreuz als Triumph¬
zeichen (vgl. Komm, zu 2, 167f), der Schuldschein entspricht der aus
jüdisch —apokalyptischer Tradition kommenden Schriftrolle, auf der die
Sünden der Menschheit von Engeln aufgezeichnet werden (Dölger
1380- Ferner war es bei Hinrichtungen üblich, den Verurteilungsgrund
für die Todesstrafe an das Kreuz zu heften (vgl. Mc 15, 26 bei Jesus
Christus selbst). In Col 2, 14f fließen die beiden Vorstellungen zu¬
sammen: Jesus nimmt den die Menschheit belastenden Schuldschein an
sich und gibt ihn als Grund für seine Hinrichtung an — denn er starb
schuldlos für die Sünden der Menschheit. Auf den komplexen Zusam¬
menhang wird hier nur knapp angespielt
lavari: = baptizari, wie 2, 193 lavacrum = baptismus 189 ergo:
Nicht als konkludierende Konjunktion, sondern zur lebhaften Einfüh¬
rung eines neuen Gedankenganges, s. HSz 511 und im CM auch 2,
127. 240. 250; 3, 266; 4, 16. 43. 57. 96. 126; 5, 31. 182. 188
totusque: Hier geht es weniger um die altkirchliche Sitte, den Täuf¬
ling ganz unterzutauchen, wie Waitz 18 meint, sondern das Folgende
macht deutlich, daß der Mensch in seiner Ganzheit von Leib und Seele
gemeint ist
190 abstinet: Sc. in der Nahrung (Askese), s. Tert. resurr. 8, 4
195 — 209: Zu der Versicherung, daß auch das Fleisch aufersteht, s.
Hückstädt 18 Anm. 1—3 mit Belegen bei Tertullian
195 —197: In Ps.Prosp. carm. de prov. 583—586 wird der prinzipiell
gleiche Ursprung von Armen und Reichen hervorgehoben
199 dives: Gott allein ist wahrhaft so zu nennen, s. Oxe 26 mit Anm.
2; auch 4, 93. 175; 5, 6. 108. Für diese Gottesprädikation finden sich
bei Braun und im TLL V 1, 1587 — 1592 keine Belege, obgleich sie in
der christlichen Dichtung einige Male vorkommt, z.B. Ps.Prosp. carm.
de prov. 117f. 518f; Prud. cath. 3, 83; Mar. Victor aleth. praef. 38f;
1, 38b — 40; ähnlich 3, 127. Ausgangspunkt dafür dürften Bibelstellen
wie Rm 10, 12; Eph 2, 4. 7 und 2 Cor 8, 9 sein. Bei Prud. perist. 2,
122. 171f wird mit dieser Prädikation gespielt, indem ideeller mit
materiellem Reichtum kontrastiert wird
201 —203a: Müller 58 ad 1. ist nicht ganz befriedigend, da sie anschei¬
nend in 203 locuples mit deus gleichsetzt; es handelt sich hier jedoch,
analog zu 1, 195 — 197, um das Gegensatzpaar locuples/egenus, das
gleichnishaft das Verhältnis von Seele und Körper veranschaulichen
soll. Damit entfallen auch die Überlegungen zur Textgestaltung bei Oxe
21
205f: Vgl. Müller 58 ad 1. Ihr Vorschlag, ut ( = velutsi, abhängig
von culpare) animam, quam suscitet,...liberet anhand des Textes bei
144 Kommentar zu Buch 1

Fabricius zu konstruieren, erscheint mir zu gewollt, so daß ich mich


der Konjektur ut qui von Oehler u. a. anschließe; ut dient zu Verstär¬
kung des kausalen Relativsatzes ("weil er/wie wenn er”), der stets mit
Konjunktiv steht, s. HSz 560 und Hückstädt 5 Anm. 1; der Relativsatz
verselbständigt sich in 208f
208 caro: Hier nicht pejorativ gebraucht (de corporibus infirmitate et
libidinibus)
211: Vgl. Tert. resurr. 40 Porro nec anima per semetipsam homo
217: Vgl. Tert. resurr. 56 ut haec quidem caro per martyria lanietur.
Zur Auferstehung des Fleisches s. Waszink zu Carm. de resurr.
113 — 120 mit Belegen aus dem frühen Christentum
219 causa invida vitae: Mit 226 vitam non invidet ulli (sc. deus) zu¬
sammen wird 1, 1 mens invida vitae kontrastierend aufgegriffen. Wäh¬
rend in 1, 1 damit der generell der menschlichen Existenz Verderben
sinnende Teufel gemeint ist, wird hier die Perspektive auf Marcion
eingeengt, der ja vom Teufel als Unheil für die Menschheit eingesetzt
wurde; seine Lehre ist schon deshalb lebensfeindlich, da sie die Aufer¬
stehung des Fleisches negiert
221 sua: = eius, wie noch öfters im CM; eine im Spätlatein verbreite¬
te Erscheinung, s. HSz 175
224 non: Auf alle Adjektive des Verses zu beziehen, da diese frühere
Eigenschaften des (unerlösten) Körpers darstellen, s. Thelwall 328
Anm. 5
225 Magni: = dei
228: Vgl. Carm. lat. epigr. I p. 311 n. 656, 8f (Buecheler, Anthol.
Lat. 2, 1) quam dom(inu)s nasci mira sapientia et arte | iusserat in
carnem über eine früh verstorbene Virgo Severa; die Inschrift entstand
unter Bischof Marcellinus (296 — 304)
232 deest: Unpersönlich mit inf. ("man kann nicht”) spätestens seit
Silius Italicus, s. HSz 347
237 vestitus: Zu vestire mit doppeltem Akk. s. Löfstedt, Vermischte
Studien, 148 und HSz 45 (etwa seit der altlateinischen Bibelversion
vorkommend); hier die daraus abgeleitete passive Konstruktion mit dem
beibehaltenen Akk. der Sache, während in 4, 115; 5, 229 u. ö. statt-
dessen der Abi. gesetzt ist. Vgl. zum analogen indutus mit Akk.
resurr. 188 und Waszink ad 1. sowie Löfstedt, Syntactica 2, 421
Kommentar zu Buch 2 145

1 spirantibus: "lebendig”, s. Thelwall 330 Anm. 2


hostis: = Teufel; Mt 13, 25 inimicus
4 plagas: "Heimsuchung, Plage”, vgl. Prud. perist. 2, 381 Aegyptiae
plagae (d. h. die Finsternis)
callens: Die Konjektur Oehlers steht paläographisch dem von Fabri-
cius gebotenen pallens am nächsten und ist zudem die sinnvollste; der
Ausdruck wird durch fallaci tramite näher spezifiziert
5: Ähnlich die bildhafte Vorstellung in 1, 85f
miscuit: Die Tätigkeit deutet etymologisch den Namen des Teufels,
"Diabolos” ( = "Durcheinanderwirbler”), aus; ebenso in 5, 21
6: Zur Unkraut —Metaphorik in antihäretischer Deutung s. Smolak,
Agrest., 56 — 58, was auf Mt 13, 25 zurückgeht; dort steht für Unkraut
zizania, das hier verwendete lolium ist bereits bei Ennius belegt. Wei¬
tere Stellen von Tertullian bis Augustin für die Exegese von Mt 13, 25
in bezug auf Häretiker finden sich bei Waszink zu Tert. anim. 16, 7
12 improvisa: Abi., Attribut zu morte
supremum: Nach Müller; suprema bei Fabricius würde, vom Sinn her
abundant, zu morte gehören
13 suppressit: Nach Müller, gegen das wesentlich umständlicher zu
konstruierende suppremum von Fabricius; eine Verschreibung ist vom
Ende des vorherigen Verses her gut denkbar und die Konstruktion
hätte eine Analogie in 1, 16 — 18 impulit...insania mersos...mi-
nari,...amare; die final —konsekutive Verwendung des Inf. ist im CM
verbreitet
14 abruptos: Müller 58 ad 1. gibt als erklärende Synonyme praecipites,
temerarios; unpassend ist Thelwall 330 Anm. 4 ”excommunicated”; zur
zugrundeliegenden bildlichen Vorstellung vgl. Io 15, 4 — 6 und Rm 11,
17-20
15 dividere in partes: Gemeint ist die marcionitische Unterscheidung
eines AT —Gottes und eines NT —Gottes
16 falsa laude: Da die Marcioniten behaupteten, der Christengott sei
nur in einem Scheinleib auf Erden gewesen
gesta priora: S. o. S. 19 mit Anm. 27
17 — 23: Bereits Pamelius sah hier die Notwendigkeit einer Versumstel-
lung (17. 19. 18), s. PL 2, 1063 Anm. a. Weitergehend ordne ich 17.
19. 18. 20. 22. 21. 23; 18 enthält das Verbum dicendi, von dem 20
abhängig ist, während 22 und 21 jeweils ein eigenes regierendes Verb
haben (probare/committere)
20ff: Es geht um die Kritik der Marcioniten am AT, während 26ff
auf ihre teilweise Verwerfung des NT eingegangen wird; Material dazu
bei Hückstädt 20 Anm. 2 und 3; adversum sese...sonare und dissimi-
146 Kommentar zu Buch 2

li ... sententia sind übersetzende Anspielungen auf Marcions Hauptwerk


Avrideoeis
22 dissimili sententia: Abi. quäl., sc. testamenta esse
21 verba: ä7ro xoivov bezogen auf contra prophetarum sowie domini
committere: "ausspielen”
25f: Müller ad 1. nimmt einen Zeilenausfall an, da ihr der Übergang
vom AT zum NT zu abrupt zu sein scheint; diese Ausdrucksweise ist
jedoch typisch für den Autor, der oft eine syntaktische Spannung über
mehrere Verse hinweg aufrecht erhält
26 accipitur: Sj. erst in 27 unum (sc. evangelium), gegen Thelwall 331
Anm. 3 ("accipitur” has no subject of any kind)
29: Holl 16 glaubt aus diesem Vers herauslesen zu können, daß Pau¬
lus hier als der Autor der Evangelienschrift Marcions genannt wird;
ich fasse dies additiv als Anspielung auf die Paulus— Briefe, von denen
ja zehn ebenfalls zum Kanon Marcions gehörten; Hückstädt 20 Anm.
4, der wie Holl interpretiert, gibt zu, daß sich diese Information sonst
nirgends findet
VJ q — \j W

30 funebat in: Dieser Text von Fabricius ist zu halten, da alle Konjek¬
turen prosodisch wie inhaltlich unbefriedigend sind und der bei Fabri¬
cius überlieferte Text einen guten Sinn ergibt. Es handelt sich hierbei
um die mit einem fingierten Einwand wiedergegebene Meinung der
Marcioniten, in deren Augen die vorhandenen Bezüge bei Paulus auf
das AT in der Tat eine "Raserei” darstellten, weswegen in ihrer Bibel¬
fassung diese Bezüge auch getilgt wurden
31 locutus: Sc. est Paulus; im CM findet sich öfters Pt. anstelle eines
Vollverbs, vgl. HSz 306. 389f. Es muß hier nicht ausschließlich auf
den Hebräer —Brief angespielt sein, wie Thelwall 331 Anm. 6 und
Koffmane, Mar. Victor., 35f meinen
31 quae...cumque: Tmesis
32 corde gravati: "In ihrem Innern verstockt”, d. h. ihnen ist die
Erkenntnis der Wahrheit verwehrt; gravare ist eine ungewöhnliche
Wortwahl, die ihre Ursache in der sprachlichen Kontaminierung zweier
Bibelstellen hat: Is 6, 10 excaeca cor populi (dieses Bild taucht 2,
33 — 35 auf)...et aures eius adgrava..., ne...corde suo intelligat sowie
Act 28, 27 incrassatum est enim cor populi huius, et auribus graviter
audierunt. Der Vers spielt auf die tendenziösen Korrekturen an, die
Marcion und seine Anhänger an den ihrer Meinung nach judaistisch
verfälschten Paulusbriefen (und auch dem Lukas — Evangelium) Vor¬
nahmen, s. Harnack, Marcion, 43 — 67
34 lumina praeducit menti: Sc. Paulus, dessen Wirkung als Erleuchte¬
ter auf die Marcioniten eine verfehlte ist (da sie dadurch geblendet
sind), während sie sonst als positiv gepriesen wird, z. B. Anthol. Gr. I
Kommentar zu Buch 2 147

79, lf riaiAos 6TT6L Oetov aeXas ovpai'ov eSpaxev avrinv, <z>cotos


■i ■■ .V x CVN I 1
aireLQeoLov 7cuai' eithrfoev ohr]v. |
35 lata: = elata
hebetes: = occaecati, vgl. Lact. epit. 52, 9 caeci et hebetes
dicta: Mit Müller gewählte Textverbesserung, da das bei Fabricius
stehende digna keinen guten Sinn gibt und auch eine andere Struktu¬
rierung von 2, 34f (spiritu lata als Obj. zu cernere, nach lata ein
Komma setzen und digna dann als umschreibendes Aufgreifen von
spiritu lata verstehen) nicht gänzlich befriedigt; dicta statt verba steht
im CM auch noch in 1, 46; 4, 217 (z. B. auch bei Sedulius, s. CSEL
10, Index s. v.). Der Dichter geht hier auf die verfehlte exegetische
Methode der Marcioniten ein, die nicht spiritaliter ( = spiritu lata)
auslegen, sondern den Sinn wörtlich nehmen (vgl. CM 2, 243 carnali
sermone). Es handelt sich hier also um das bei den Christen verbreitete
Gegensatzpaar animalis/spiritalis, s. TLL II 83, 51 ff s. v. animalis,
wobei animalis die Bedeutung von carnalis, terrenus hat, s. z. B. Tert.
anim. 2, 2 homo animalis non recipiens quae sunt spiritus, was ähnlich
auch bei Ambr. parad. 11, 53 und Aug. c. Iul. 6, 17, 52 steht; der
Dualismus geht zurück auf 1 Cor 2, 14 animalis autem homo non
percipit ea quae sunt spiritus dei und 1 Cor 15, 44 seminatur corpus
animale, surgit corpus spiritale.
38 — 41: Dieses Bild für die Vierzahl der Evangelien Findet sich schon
bei Iren. 2, 27 und 3, 11, 7 sowie bei Victorin. Poetov. apoc. 4, 5,
taucht aber auch später in christlicher Literatur auf; Waitz 30 folgert
aus dieser Art der Begründung, daß die Vierzahl ”noch nicht allgemein
als feststehend betrachtet ward”. Dies ist aber nicht zwingend, da es ja
um die Argumentation gegen die Marcioniten geht, die nur ein einziges
Evangelium anerkennen wollten. Zudem paßt das Bild gut zur poeti¬
schen Gattung, vgl. Carm. de resurr. 238f und Waszink ad 1. mit
Parallelen, in denen der vierfach strömende Fluß Teil der Paradiesesbe¬
schreibung ist (vgl. bereits die zwei Quellen im Garten des Alkinoos
Hom. Od. 7, 129ff, was der Prototyp für die Beschreibung eines locus
amoenus ist)
39: Vgl. Apc 22, 2 ex utraque parte fluminis lignum vitae adferens
fructus duodecim
42f: Die Vorstellung von der aus der Seitenwunde Christi ausgehen¬
den Kirche Findet sich bereits bei Justin, Hippolyt, Irenäus, Cyprian
und Tertullian, s. Rahner 219 — 235, bes. 219 — 223. Ihren Ursprung
hat diese von Origenes ausgehende und über RuFin die kleinasiatische
Exegesetradition fortsetzende Auffassung in der Lesart von Io 7, 37f si
quis sitiat, veniat et bibat, qui credit in me; sicut scriptum est flumina
de ventre eius fluent aquae vivae; de ventre eius ist dann in Verbin¬
dung mit Io 19, 34 sed unus militum lancea latus eius aperuit et conti-
nuo exivit sanguis et aqua auf Jesus Christus zu beziehen. Im Gegen¬
satz dazu steht die Lesart si quis sitiat, veniat ad me et bibat; qui
148 Kommentar zu Buch 2

credit in me, sicut scriptum est, flumina de ventre eius fluent aquae
vivae, was die Vulgata, der alexandrinischen Exegese folgend, über¬
nommen hat. In 43 ist uterus die Wiedergabe von xoiXia in Io 7, 38
(vulg. venter); vgl. zum Sprachgebrauch auch 2 Sm 7, 12f und Ps
131, 11 (G). S. auch Komm, zu 2, 191 — 195
44 sata: Oxes Textvorschlag statt fata bei Fabricius, mit gutem Ver¬
weis auf 1 Cor 15, 36 quod seminas non vivificatur, nisi prius moria-
tur
46f susceptum...evangelium: Vgl. Gal 1, 11 f; Paulus erhielt das Evan¬
gelium per revelationem Iesu Christi und nicht durch einen Menschen;
vgl. Aug. doctr. ehr. prol. 12
doctor: Als Bezeichnug für Paulus z. B. auch bei Tert. pudic. 14,
B7; Prud. ham. 506; ditt. 192; perist. 12, 24
48 Galatas: Z. B. Gal 2, 16 (keine Gerechtigkeit aufgrund von Werken
des Gesetzes) scientes autem quod non iustificatur homo ex operibus
legis nisi per Fidem Iesu Christi et non ex operibus legis propter quod
ex operibus legis non iustificatur omnis caro
49 falsi fratres: Gal 2, 4 sed propter subintroductos falsos fratres qui
subintroierunt explorare libertatem nostram quam habemus in Iesu
Christi ut nos in servitutem redigerent; gemeint sind Judenchristen, die
eine extrem gesetzestreue Haltung verlangten
50 elementa: S. o. zu 1, 170
novä libertate: Sc. vom Buchstaben des alttestamentlichen Gesetzes,
vgl. Gal 5, 1 u. ö.; nova ist hier Abi.
51 umbrae veteri: Das AT als typologische Präfiguration des NT, vgl.
Col 2, 16f u. ö.; analoge Formulierungen im CM sind bei Oxe 12
verzeichnet
52 — 54: Erst jetzt wird die Absicht des Gedankengangs ab 48 deutlich;
s. Hückstädt 21 Anm. 2 : Die Aussage ”ist gegen falsche Schlüsse
gerichtet, die die Marcioniten aus Gal. 2 zogen”, besonders aus Gal 2,
7f. Dort hat Petrus das Evangelium für die Beschnittenen, weswegen
ihn die Marcioniten als ”Mann des AT” ablehnten, s. Geerlings 63
55 atque adeo: Adeo steht hier gleichsam als Partikel zur Intensivie¬
rung der Aussage; zur Junktur atque adeo s. TLL, s. v. adeo, I 612,
58ff mit Belegen von Plautus bis in die Spätantike. Die Umschreibung
von adeo...sed bei Müller 59 ad 1. mit non tarn...quam ist etwas frei
57 bona nuntia: Hier wird mittels einer etymologischen Erklärung
evangelium von 56 wieder aufgegriffen; Oxe 25 zählt weitere Etymolo¬
gien griechischer Wörter auf. Ein solches Verfahren entspricht dem
Anspruch des Dichters auf Gelehrsamkeit (der Dichter erhebt jedoch
keinen Anspruch auf die Belehrung des Lesers, s. Komm, zu 4, 3) und
war in der patristischen Literatur sehr beliebt. Inwieweit man daraus
auf Griechischkenntnisse schließen muß oder darf, ist fraglich, da keine
allzu ausgefallenen Wörter etymologisiert werden und solche Erklärun¬
gen teilweise schon mit den frühen lateinischen Bibelübersetzungen
Kommentar zu Buch 2 149

Vorlagen; vgl. etwa zu chrisma — unctio Koffmane, Kirchenlatein, 22


und u. den Komm, zu 2, 65
62 mera: "unverfälscht”, nämlich durch judaisierende Zusätze, vgl. 2,
47 sine crimine mundum; es korrespondiert zum folgenden non extern;
diese Stelle im TLL, s. v., VIII 847, 66f ( = nulla admixta alia re et
ex una eademque materia constans)
non extera: S. TLL V 2, 1989, 55ff (de gentilibus, haereticis, impiis
eorumque verbis, cogitationibus sim.)
63: Nach der unter Zuhilfenahme von Paulus unternommenen Abweh¬
rung inhaltlicher Fehlschlüsse seitens der Marcioniten in 48ff erfolgt
jetzt die positive Affirmation der Authentizität aller vier Evangelien
durch den Hinweis auf die dies garantierende Verbalinspiration. Der
Anspruch ist bereits biblisch: 2 Tim 3, 15f scriptura divinitus inspirata
und etwas allgemeiner 2 Pt 1, 21, wodurch die prophetische und die
Schriftinspiration gleichgestellt werden. Somit wird die Tradition des
AT fortgführt, wo Ex 24, 4 Moses die Worte Gottes schriftlich fixiert.
Zum Christentum als Buchreligion s. Morenz passim. Die Verbalinspi¬
ration in verschiedenen Kontexten findet sich auch Iuvenc. praef. 25f;
Paul. Nol. carm. 6, 22 — 24; Prud. ham. 343; apoth. 594f; perist. 13,
9
64 paschae: Gen., zur morphologischen Variation s. Oxe 20
65 phase: Hebräisches Synonym für pascha im vorigen Vers, s. Oxe
25 mit weiteren Etymologien hebräischer Ausdrücke; eigene Hebrä¬
ischkenntnisse sind dafür nicht nötig, z. T. sind die Erklärungen bereits
biblisch (s. Golgatha in 2, 196f; Malachim in 3, 198); außerdem exi¬
stierten schon früh Listen mit griechischen bzw. lateinischen Erklärun¬
gen, s. Wutz passim; zu phase s. Hier. nom. hebr. CCL 72, 140. 157,
der es auch in seiner AT — Übersetzung z. T. bot. Da dieser Begriff
vor Hieronymus in der lateinischen Literatur nicht vorkommt (vgl.
Wutz 119 und 473), ist anzunehmen, daß der Carmen — Dichter ihn aus
der Vulgata entnommen hat. Deren alttestamentliche Teile waren kurz
nach 400 fertiggestellt, was einen t. p. für das Gedicht ergibt
decreta Corintho: 1 Cor 5, 7f (Christus als geopfertes Paschalamm)
Pascha nostrum immolatus est Christus, was hier mit phase occisum
wiedergegeben ist
70ff: Anspielung auf die Opferung Isaaks, Material bei Hückstädt 21
Anm. 5
71 forte: ”mit glücklichem Ungefähr, wider die Natur eintreffend”, s.
Thelwall 333 Anm. 5
72 merito temptatus amore: Merito ist proleptisch aufzufassen, also ”in
seiner Liebe zu Gott auf die Probe gestellt, ob sie sich weiter bewäh¬
re”, s. Gn 22, 1 tentavit Deus Abraham, jedoch dort typisch alttesta-
mentlich in Gn 22, 12 (Sprecher Gott) nunc cognovi quod times
Deum; in interpretierender Paraphrase ersetzt der Dichter also die
150 Kommentar zu Buch 2

überwundene alttestamentliche Gottesfurcht durch die neutestamentliche


Liebe zu Gott; vgl. auch u. Komm, zu 2, 74
73 sanctus pro sanguine sanguis: Verkürzter Hauptsatz (sc. datus/
provisus est), der 74f entfaltet wird; zum Polyptoton s. o. S. 31;
ähnliche Wortspiele wie sanctus — sanguis in 2, 85. 166; 3, 41. 227;
4. 83
74: Der gesamte Vers ist stilisiert im Hinblick auf die Herstellung
einer Analogie zum Opferlamm Christus, connexus capite spinis ent¬
spricht der Dornenkrone auf dem Haupt Jesu (Mt 27, 29 et plectentes
coronam de spinis posuerunt super caput eius) und ersetzt Gn 22, 13
arietem inter vepres haerentem cornibus; agnus statt aries und das
Verbum ostenditur verstärken den Verweischarakter. Grundlegend zu
dieser Technik ist Herzog, Exegese, besonders 59 ("paraphrastische
Signale” unter "Nutzung des periphrastischen Spielraums”). In Sedul.
c. pasch. 1, 114— 120 wird die Opferung Isaaks zwar auch christolo-
gisch gedeutet, jedoch nicht in der hier vorkommenden Überlappung
zur Herstellung der Analogie. Diese Auslegung findet sich auch Tert.
adv. lud. 13 und Aug. civ. 16, 38, wozu ausführlicher Danielou
106-110
75 piatus: Nach Hückstädt, statt des syntaktisch schwierigen piati bei
Fabricius; durch das Ersatzopfer des "Lamms” wird Abraham ent¬
sühnt, d. h. er ist nicht gezwungen, seinen Sohn Gott zu opfern; nur
indirekt klingt hier die Präfiguration an, daß auf dieselbe Weise das
Lamm Christus uns entsühnt hat
76 in signum: = pro signo, s. Müller 59 ad L, wie auch in 2, 169;
biblisch z. B. Lc 2, 34
vastatae: Die Verbesserung Müllers in vastandae ist unnötig; gut
wurde der Sinn bereits erfaßt bei Thelwall 334 Anm. 1 "Israel, wasted
by the severities of their Egyptian captivity”
77 limina fulta: S. Ex 12, 7 et sument de sanguine ac ponent super
utrumque postem et in superliminaribus domorum, weswegen ich den
textkritischen Eingriff von Oxe (fulta statt multa bei Fabricius) billige
78 caro testis cr'editur escü: Dieser Text ist, wie ihn Fabricius bietet,
prosodisch korrekt, während Müllers Vorschlag (cäro tösta cömeditur
escä), gemessen an den Gepflogenheiten im CM, prosodisch unhaltbar
ist. Zu testis als Adj. vgl. etwa Aug. serm. 57, 3 (Mai) caelum teste
vocat. Angespielt wird mit dieser Aussage auf Ex 12, 14. 24 — 27, daß
das Pascha —Opfer jährlich als Erinnerung an die Rettung durch Jahwe
von den Juden dargebracht werden soll
79 Iesus: = Iesus Nave = Iosua, s. Komm, zu 3, 67
82 promissa salutis: Vgl. 3, 70. 149; 5, 124. 242 und Comm. carm.
98. 956; instr. 1, 3, 3; Paul. Nol. carm. 31, 69
84: Das Verständnis des Verses ist schwierig, s. Thelwall 334 Anm. 3
mit starken Eingriffen in den Text, denen ich nicht zustimme. Ich fasse
den Vers als appositioneile Parenthese, die inspectam...pascham in 85
Kommentar zu Buch 2 151

näher erläutert; zu moles vgl. TLL, s. v., VIII 1340, 79ff (respicitur
potissimum magnitudo, gravitas, maiestas, vis), wo diese Stelle jedoch
nicht aufgeführt ist. Für imago in der Bedeutung ''wirkliches Erschei¬
nen, Gestalt” s. Müller 59 ad 1. und Hbr 10,1 umbram enim habens
lex bonorum futurorum, non ipsam imaginem rerum
85: Der Gedanke, daß im AT wie in einem Spiegel die Wahrheit in
einem Abbild erblickt werden kann, findet sich auch noch in 3, 43 und
4, 65
88: Zur Kleidermetaphorik s. o. Komm, zu 1, 3
90f aut: Abgeschwächt statt et, s. HSz 499 u. o. Komm, zu 1, 97
92 pluris: Sc. est, Gen. pretii
94 aut: = num, s. HSz 465
multae plebis: Gehört zu auxilium in 95
95 auxilium/tutela: Prädikativa zu agnus in 94
101 expiet: "Durch Aussöhnung erwirken”; die Wahl des Objekts
veniam ist ungewöhnlich, da sonst expiare in Verbindung mit negativen
religiösen Begriffen steht (z.B. ira deorum, peccata), im Sinne von
abluere (TLL V 2, s.v., 1706, 53ff),violatum reficere (ibid. 1706,
77ff) und restituere (ibid. 1707, 57ff); die beiden letzteren haben mög¬
licherweise diese Verbindung erleichtert
102 domini maculata figura: Prädikativ oder Apposition zu caro foeda
in 103
sapiens: Enallage ( = domini sapientis ...figura)
105 magnae rationis imago: Sc. Dei; vgl. Col 1, 15 imago Dei invisi-
bilis als Aussage von Jesus Christus
106 pietate: Von Gott Vater, s. u. Komm, zu 4, 36
108 apertor: = -kqwtos ecperrys (hapax legomenon)
109 apostolus: "Gesandter, Bevollmächtigter”, nicht auf die Zwölf oder
Paulus bezogen in der Bibel Io 13, 16; 2 Cor 8, 23; Phil 2, 25; Hbr
3, 1 considerate apostolum et pontificem confessionis nostrae Iesum;
anders Arator act. 2, 437 sed apostolus Adam | iam melior. Inhaltlich
analog ist Iren. 3, 11, 4 Iohannes autem et praenuntiavit...et credere in
eum suasit multis, ita ut ipse et prophetae et apostoli lucum habuerit
111 sublimi laude notatus: Nämlich von Jesus selbst, s. Thelwall 336
Anm. 1
115 reprobis probus: S. 2 Cor 13, 5 vosmet ipsos temptate si estis in
fide, ipsi vos probate, an non cognostis vos ipsos quia Christus Iesus
in vobis est nisi forte reprobi estis
116 corpore homo: Hervorhebung der Menschennatur Christi gegen
den marcionitischen Doketismus, vgl. 1, 98 — 100
vita: "Lebensprinzip”
120: Vgl. 1 Cor 5, 7 ...etenim pascha nostrum immolatus est Christus
und o. Komm, zu 2, 65
152 Kommentar zu Buch 2

121 domini pecoris sublimis inertis: Kontrastierender Parallelismus


ABab
123 renovata: "Erlöst”, s. denselben Gedanken in 2, 89
131 leo: Zu diesem Bild der pia fraus Christi vgl. Victorin. Poetov.
apoc. 5, 5 ad devincendam enim mortem leo dictus est...tamquam leo
confregit mortem; weiteres Material bei Waitz 28 Anm. 1; falsch ist
die Paraphrase von Hückstädt 22: "...wie ein Hirte...ohne Furcht vor
dem mordgierigen Wolfe und Löwen...”
132 sanguine: Abi. quäl, zu fauces, s. Thelwall 336 Z 174 "The rob-
ber’ s bloody jaws”; Müller 59 ad 1. ist viel zu gewollt
134: In 2, 176; 5, 232 wird noch weiter ausgeführt werden, daß der
Weg, der den Menschen das Verderben brachte, auch von Jesus Chri¬
stus beschritten wurde, um ihnen das Heil zu bringen; s. Oxe lOf u. o.
S. 46
135 otnnia perlustrans veterum monumenta virorum: Vgl. Verg. Aen.
8, 312 virum monimenta priorum | und 356 veterumque vides moni-
menta virorum |
136 unus: Der Text bei Fabricius ist gegen Oxe 15 usus zu halten, da
unus ("Urbild, Prototyp") in Kontrast zu exemplis omnibus steht und,
bezogen auf Christus, zu unus in 141, bezogen auf Adam, korrespon¬
diert; im Hintergrund Rm 5, 12 — 21; vgl. auch CM 2, 115. 141
137: Da Jesus Christus ex spiritu und nicht cum semine carnis gezeugt
wurde, war er frei von Sünde und Tod, s. 2, 149
142f: Es handelt sich um den Fall Lucifers, der hier vor der Verfüh¬
rung der Menschheit stattfindet (nicht als Strafe dafür), wie auch Prud.
ham. 203 — 205
142 puteo iniquo: = Hölle
143: Eva wird auch in 2, 152. 179 und 5, 230 als virgo bezeichnet,
da die Ehe vor dem Sündenfall pneumatischer Art war; vgl. Iren. 3,
22, 4 und 5, 19, 1; Ps. Ambr. trin. 17 (PL 17, 530) u.a.
144 consilio placuit: Sc. Adae, "planvoll/wissentlich stimmte Adam
zu”; s. 1 Tim 2, 14 und die Erläuterungen in Aug. civ. 14, 11, auf
denen diese Stelle wohl basiert; eine etwas andere Akzentuierung bei
Ale. Avit. carm. 2, 254 — 260 und Drac. laud. 1, 486 — 472
tegmen caeleste: Vgl. die Wendung caeli tegmen für "Himmelsgewöl¬
be” bei Lucr. 1, 988; 2, 663; 5, 1016
145 arguit hos...nudos: = probavit; vgl. 1, 3 nudavit
lignum: Paradiesbaum der Erkenntnis, von dem verbotenerweise ge¬
gessen wurde, ebenso 2, 161
154 parvulus immanis: Gemeint sind die Ereignisse vor und nach der
Geburt Jesu, die seine Göttlichkeit kundtaten, s. Lc lf und Leo epist.
28, 4 (PL 54, 755 — 781, hier 768ff), wo die Bescheidenheit der Ge¬
burtsstätte Stall als Zeichen für die Menschlichkeit Jesu, die Verkündi¬
gung durch die himmlischen Heerscharen als Zeichen für seine Gött¬
lichkeit verstanden wird (vgl. 1, 48). Die der Inkarnation innewohnen-
Kommentar zu Buch 2 153

de, schwierig zu denkende, scharfe Antithetik kommt in einigen Varia¬


tionen z.B. auch in Claudians De Salvatore (carm. min. 32, vgl. unter
den dubia c. 20) zum Ausdruck. In der paganen Vorstellungswelt
entspricht dies z. B. Herakles, der als Säugling bereits zwei Schlangen
erwürgte, was auf seine späteren Heldentaten vorauswies
senior puer: "Als Knabe älter und reifer, als man es von seinem Alter
erwarten konnte”; Oxe 10 Anm. 3 I fordert die Wiedergabe "als Kna¬
be ein Greis” mit der Begründung, daß Christus alle Lebensaltersstufen
durchlaufen habe, nach Iren. 2, 22, 4 (vgl. CM 2, 139). Hier haben
wir aber lediglich einen pointierten Hinweis auf Jesu Aufenthalt im
Tempel, s. Lc 2, 41—50: bei Irenäus hat der 40 —50jährige lehrende
Jesus das Alter der Vollendung ("Greisenalter”) erreicht; Irenäus mußte
zu dieser Konstruktion greifen, da Jesus als vir gekreuzigt wurde (s.
CM 2, 155 — 159). Die Junktur senior puer ist ein in der Antike ver¬
breitetes Lobschema, s. Curtius 108 — 112, das auch auf Jesus übertra¬
gen wurde. Inhaltlich analog ist Sedul. c. pasch. 2, 136 — 138
155 completa est : Sc. ei
156 —158: Der Text von Fabricius ist zu halten; wegen seiner schweren
Verständlichkeit wurden z. T. starke Eingriffe gemacht. Zu deperdere
ist aus dem vorigen Vers eam aetatem o. ä. zu ergänzen (hier mit
"altern” etwas freier wiedergegeben); deperdere ist von solitus abhän¬
gig, wovon auch der inf. mutari in 158 abhängt; vita bedeutet wie in
CM 2, 116 "Lebensprinzip” und bildet mit socia einen konzessiven
Abi. abs; die Klammern setze ich zur Erleichterung des Verständnisses
159 constituit: Thelwall 338 Z 208 ”his course he stayed”
habitum...camis: Zu dem christologischen Terminus Technicus
habitus ( = Figura, forma corporis) s. TLL, s. v., VI 3, 2482, 20ff.
Mar. Victorin. in Phil. 2, 7 folgert aus der biblischen Formulierung in
Phil 2, 7 habitu inventus tamquam homo: accipiamus igitur habitu
figuram et ut se homo habeat. Zu der menschlichen Erscheinung Jesu
gehört also auch sein menschliches Verhalten, vgl. CM 1, 98f
160 qua die quove loco: Dasselbe bei Iren. 5, 23, lf. Zur Golgathale¬
gende s. o. S. 16 Anm. 20 und Holl 36 — 45, nach dem diese Legende
ab etwa 600 verworfen wurde; zur Entsprechungssymbolik s. Dürig,
Imago, 159 Anm. 354
161/160 — ve... —ve: = et — et, s. HSz 521
163 congressus: Sc. morti; Ringkampfmetapher mit der Kampfbahn
"Holz” (zuerst der Baum der Erkenntnis, dann das Kreuz), wobei in
der ersten Runde Adam dem Tod und der Sünde unterliegt und in der
zweiten Jesus Christus als Sieger hervorgeht, da er die Sünde und den
Tod freiwillig auf sich nimmt (s. 2, 165); in 2, 167f wird die Meta¬
pher mit spolium — tropaeum fortgeführt. Die Gegenüberstellung der
beiden ligna des Paradieses und des Kreuzes ist ältestes theologisches
Gut (s. Stellen ab Irenäus bei Rahner 339 Anm. 1), was auf Apc 2, 7
154 Kommentar zu Buch 2

u.ö. zurückgeht; es findet sich auch noch Aug. serm 84, 3 und Sedul.
hymn. 1, 61f
164 extenditque manus: Müller und im Anschluß daran Willems bieten
die Bibelparallele Prv 1, 24 qui vocavi et renuistis, extendi manum
meam et non fuit qui aspiceret. Sie ist nicht zutreffend, da inhaltlich in
den Sprüchen eine Geste des Bittens beschrieben wird, während es im
CM um die am Kreuz ausgespannten Arme Jesu geht (analog zur
entsprechenden Geste Adams, die auch bei dem alttestamentlichen Ty-
pos Moses in 3, 64 noch einmal auftaucht)
166 exuit exuvias: Fig. etym.
167f: Im Hintergrund steht, wie in 1, 188 (s. Komm, dort), Col 2,
14f, wobei hier jedoch nicht der Schuldschein an das Kreuz geheftet
wird, sondern das serpentis spolium; dies wird durch eine entsprechen¬
de Exegese von Col 2, 15 exspolians principatus et potestates traduxit
palam triumphans illos in semet ipso ermöglicht, wozu Dibelius 31 —
33. Ähnliches formuliert Ambr. in psalm. 118 serm. 21, 11 (PL 15,
1506 B) zur Erklärung des Verses exulto ego in verbis tuis, sicut qui
invenit spolia multa: ...et ut iterum cognoscas, quia spolia Christus a
diabolo, quae in Adam ille invaserat, vindicavit
167 mundi: Gegensatz zu caelum, aeternitas, in der Bedeutung "diese
Welt”, vgl. Io 14, 30 iam non multa loquar vobiscum. venit enim
princeps mundi huius et in me non habet quicquam
168 tropaeum: Das tropaeum ist ein Siegesmal griechischer Herkunft
und wurde ursprünglich dort errichtet, wo der Feind zur Flucht
(tqoto]) gezwungen wurde. An einem Baum oder zwei gekreuzten
Hölzern wurden dort die feindlichen Beutestücke aufgehängt. Aufgrund
der Form und des Siegescharakters des tropaeum übertrugen es die
Kirchenväter ab dem 2.13. Jh. auf das Kreuz Christi, z. B. Just. 1
apol. 55, 3; Orig. Jo. 20, 36; Min. Fel. 29, 7; vgl. auch Paul. Nol.
carm. 19, 654 und Rahner 377ff. Das Kreuz ist also das Zeichen des
Sieges Christi über den Satan und das Böse
169 —171: Hier wird eine inhaltliche Analogie zwischen der durch
Moses aufgehängten ehernen Schlange (Nm 21, 6 — 9) und der durch
Christus besiegten Satansschlange hergestellt. Diese Auslegung steht
dem Hauptstrom der christlichen Exegese entgegen, die, ausgehend von
der innerbiblischen Typologie in Io 3, 14f, die eherne Schlange mit
dem an das Kreuz geschlagenen Christus identifizierte, wie z. B. Barn.
12, 5f; Comm. carm. 328; Iuvenc. 2, 217ff; Ambr. in psalm. 118
serm. 6, 15 (PL 15, 12720; Aug. c. Faust. 12, 30. Wie Tert. idol. 5,
3f überliefert, bildete dies einen Angriffspunkt für die Marcioniten, die
die Widersprüchlichkeit zwischen der Anfertigung dieser Schlange und
dem Verbot, sich Bilder von Dingen zu machen und sie zu verehren
(Ex 20, 40, anprangerten. Während Tertullian dem entgegenhält, daß
die Befehle Gottes durchaus dem Buchstaben des Gesetzes widerstpre-
chen können, wird im CM die Typologie ohne nähere Erklärung ein-
Kommentar zu Buch 2 155

fach durchgeführt. Nur bei Tertullian idol. 5, 4; adv. Marc. 3, 18, 7;


adv. lud. 10, 10 klingt die Gleichsetzung der ehernen Schlange mit
dem Teufel an
172 infemi: "Unterwelt”, auch in 2, 205 und 5, 240, s. u. Komm, zu
4, 23
176 — 179: Prägnanter Antithesenstil, hier zur Beschreibung der typolo-
gischen Zusammenhänge; in 1, 212 — 216 diente er zur Widerlegung
der Antithetik von Leib und Seele; beide Male wird also die Technik
und Vorgehensweise des Gegners Marcion eingesetzt, um ihn selbst
damit argumentativ zu überwinden (retorsio criminis, s. o. S. 49)
178 necuit: Statt necavit, "brachte die Sterblichkeit” (Sj. Eva)
leonem: = Jesus Christus, s. Apc 5, 5 leo de tribu Iuda, radix Da¬
vid; Gn 49, 9 wird Juda, ein Sohn Jakobs, mit einem jungen Löwen
verglichen; vgl. Greg. 111. tract. Orig. 13, 26f und auch u. Komm, zu
3, 44
182f: Vgl. Gn 2, 23 dixitque Adam: hoc nunc os ex ossibus meis et
caro de carne mea und CM 2, 195 (entspricht der Einlösung der Pro¬
phezeiung Adams)
186 — 188: Vgl. S. 31; Hückstädt 51 faßt dies fälschlicherweise als
Anspielung auf die heidnische Reaktion unter Julianus Apostata auf
(besonders auf den Erlaß des Lehrverbots für Christen im Jahr 362),
während Waitz 10 darin die allgemeine Aussage sieht, "dass die christ¬
liche Wahrheit, reich wie sie ist, keiner äusseren Zeugnisse bedarf,
sondern sich durch sich selber rechtfertigt”; dagegen ihre jeweiligen
Rezensenten Hilgenfeld 158f und Jülicher 631, beide mit dem richtigen
Hinweis auf den Kontext, der auf die typologische Verbindung zwi¬
schen Adam und Jesus hinaus will, so daß die exempla von 186 im
Sinne von tvttol zu verstehen sind; vgl. Paul. Nol. epist. 49, 9
191 — 195: Das aus der Seite Christi rinnende Blut wird als Bild für
die Kirche gedeutet (als Gegenstück zur Erschaffung Evas aus der
Rippe Adams) und ist mit der Auffassung des aus der Seite Jesu rin¬
nenden Wassers als Taufwasser kombiniert. Während sich letztere
Auffassung bereits häufig bei Tertullian findet (Stellen bei Rahner 219
Anm. 216 und 218), der auch die Theologie von der aus der Seite des
Herrn im Wasser des Geistes und im Blut der Erlösung hervorgehen¬
den Kirche entwickelte (anim. 43, 10; s. Waszinks Kommentar ad 1.
mit zahlreichen Belegstellen für die verschiedenen Auslegungsrichtun¬
gen), ist die Ineinssetzung von Blut und Kirche erst bei Augustin zu
finden, s. Holl 24f (trotz Martin, Dichter, 84), und zwar Aug. c.
Faust. 12, 8 (CSEL 25, 1, 336): Fit viro dormienti coniux de latere;
fit Christo morienti ecclesia de sacramento sanguinis, qui de latere
mortui profluxit. vocatur Eva vita et mater vivorum, quae de viri sui
latere facta est; daneben findet sich diese Ausdeutung noch im Tracta-
tus de divitiis 9, 3 (ed. C.P. Caspari, Briefe, Abhandlungen und Pre¬
digten aus den zwei letzten Jahrhunderten des kirchlichen Alterthums
156 Kommentar zu Buch 2

und dem Anfang des Mittelalters, Christiania 1890, 37): ...lateris Adae
costa in mulierem versa est, in qua Christi praefigurabatur ecclesia a
sopore passionis eius vulnerati lateris cruore formata; Caspari 340
datiert die Schrift zwischen 418 und 430, höchstwahrscheinlich stammt
ihr Verfasser aus Britannien, hielt sich zeitweilig aber auch in Sizilien
auf (Caspari 338. 342). Wiederum ist die große horizontale Beweglich¬
keit der Menschen in der Spätantike hervorzuheben, die eine lokale
Fixierung bestimmter Vorstellungen sehr erschweren. Eph 5, 31f prä-
formiert die Analogie Eva/Kirche, wozu Lit. bei Guldan 33 Anm. 38;
s. auch Komm, zu 2, 42f
193 lavacrum: Nach Koffmane, Kirchenlatein, 21 war dieser Ausdruck
im Volk für ”Taufe” sehr beliebt; s. z.B. aber auch Lact. inst. 5, 19,
34.
195 ossum: Ist gegen Hückstädt 6, der analog zu 2, 182 ossa Vor¬
schläge mit Oxe 20 als "vulgär” für os, ossis (neutr.) beizubehalten, s.
biblische Belege bei Rönsch 259 und Aug. doctr. ehr. 3, 3, der die
Form als Barbarismus verurteilt; ibid. 4, 65 erlaubt er jedoch, daß der
Prediger sie verwendet, wenn er ein Mißverständnis mit os, oris ver¬
meidet und dadurch seinen Zuhörern besser verständlich wird
196 Gölgötha: Anders Iuvenc. 4, 657 ubi ruris Golgatha nomen | und
Carm. de pascha 2 j Gölgötha Iudaei patrio cognomine dicunt. Die
Messung der Quantitäten hebräischer Namen wurde sehr frei gehand-
habt und oft der metrischen Notwendigkeit angepaßt, s. dazu allgemein
Lavarenne 76 — 78
197 patema: = Iudaea
198: Golgatha wird als der Mittelpunkt der Erde auch in Carm. de
pascha lf bezeichnet, aber ohne die biblische Etymologie
199 os: Die Golgatha — Legende spricht vom Schädel Adams, s. Holl
46 und Thelwall 339 Z 262 ”head”. Die Vorstellung vom übergroßen
Adam findet sich bereits im Bartholomäus — Evangelium 1, 21
(Schneemelcher 1, 428)
201: Zur Ortsidentität s. o. Komm, zu 2, 160
204 — 214: Eschatologische Deutung des Sabbat. So, wie Christus am
Sabbat seines Todes bereits einen Menschen erlöste und davor am
Sabbat Heilstaten vollbracht hatte, wird er am Jüngsten Tag alle, die
auf ihn hoffen, erlösen, vgl. Ambr. paenit. 2, 7, 54f. Iren. 5, 23, 2
konstruiert eine Analogie zwischen Karfreitag und dem sechsten Schöp¬
fungstag
204f: Im Kontext der Golgatha — Legende ist ovis der vetus Adam und
der pastor Christus; vgl. etwa die Version Hier, epist. 46, 3 ...ut
secundus Adam...primi Adam...peccata dilueret et tune sermo ille
apostoli compleretur "excitare qui dormis et exsurge a mortuis et inlu-
minabit te Christus” (vgl. Eph 5, 14). Aufgrund dieses Zusammen¬
hangs ist es nicht wahrscheinlich, daß das Osterereignis mit der Er¬
weckung Christi selbst gemeint ist
Kommentar zu Buch 2 157

206 praemortua membra: Dieselbe Klausel Ov. am. 3, 7, 65 in obszö¬


nem Kontext, hier aber ohne intendierte Anspielung des Dichters; zu
den verschiedenen Zitiertechniken und deren Implikationen s. Herzog,
Bibelepik, 185 — 211 und Ratkowitsch 24
207 caeci a germine nati: S. Comm. carm. 648 caecum ex utero natum
208 lumina...ceraendo peregit: Finales Gerundium im Abi., s. HSz
380 und Oxe 22 cernendo = ut cernerent oder cernentia
209f: Es ist eine selbständige Zutat des Autors im Sinne seiner Inten¬
tion, daß er die Auferweckung des Lazarus (Io 11, 38 — 44), auf die
hier angespielt ist, an einem Sabbat stattfinden läßt; in dem von B.
Bischoff aufgefundenen, bisher unveröffentlichten Fragment des Bibel¬
epikers Severus findet sich in der Paraphrase von Jh 11 diese Zusatzin¬
formation nicht. Dagegen sind die Heilungen an einem Sabbat biblisch
(206 spielt auf die Heilung eines Mannes mit einer verdorrten Hand
an, Mt 12, 9 —14parr, sowie eines Gelähmten Io 5, 1 — 18; 207f auf
die Heilung eines von Geburt an Blinden, Io 9, 1—34)
21 lf: Theologisch wird hier Jesus Christus als novi factor ( = quae
defuerant supplens) und als veteris bonus refector ( = perdita reddens)
bestimmt; somit wird das Heilswirken Christi im Heilsplan des Vaters
nicht nur als Wiederherstellung des alten Zustands ( = Status des
Menschen vor dem Fall Adams) verstanden, sondern Erlösung bedeutet
eine Überführung des Menschen in einen höheren, noch nie dagewese¬
nen Zustand
213f: Gegen Holl 47 läßt sich aus dieser allgemeinen Bezugnahme auf
das Endgericht kein "sanfter Chiliasmus” herauslesen
215 —239: In 215 — 225 wird behauptet, daß Gott die Menschen mit
ihrem Leib wieder auferwecken kann, was in 226 — 239 durch Analo¬
gien aus Naturvorgängen bewiesen wird; dieselbe Argumentationsstruk¬
tur findet sich in Carm. de resurr. 102 — 120/121 — 136, wozu Waszink
im Komm, weitere Parallelen ab der frühen griechischen und römi¬
schen Apologetik anführt
218 revocabit: Das konjizierte, deliberative Futur (HSz 311) fügt sich
besser in den Zusammenhang der Argumentationsstruktur der vorange¬
henden und der folgenden Frage. In Sedul. c. pasch. 4, 280 — 282 wird
der erste Teil dieser Aussage rhetorisch angezweifelt:...Christum dubi-
tatis, an unum | possit ab infernis hominem revocare cavernis, j qui
dabit innumeras post funera surgere turbas ? |
225 causas mortis: Vor allem die Verweslichkeit, s. Iren. 5, 12f; der
Dativ morti bei Fabricius ergibt keinen Sinn
praeponere: Sc. divinae virtuti
232 esse videtur: Persönliches Passiv (s. HSz 796f zur phraseologi¬
schen Hypercharakterisierung des Verbalbegriffs), "man sieht, daß sie
(sc. die Weinrebe) da ist" (weil sie als Keim hervorkommt und wächst)
236 locuples: Als Gottesprädikation wie dives in CM 1, 199 (wozu s.
Komm.); 4, 175; 5, 6. 108
158 Kommentar zu Buch 2

238 fudit: TLL VI 1569, 19 umschreibt mit largiri sc. bona, opes
sim., abunde donare
239 non tantum: Thelwall 341 Anm. 5 sc. quantum primo fuerat (näm¬
lich Seele und Leib)
240 — 249: Der Verfasser verwahrt sich gegen die buchstäbliche Ausle¬
gung von 1 Cor 15, 50 ... quoniam caro et sanguis regnum Dei possi-
dere non possunt neque corruptio incorruptelam possidebit... seitens
der Marcioniten (ein Mißverständnis wird eigentlich auch durch den
Zusammenhang von 1 Cor 15, 42 — 46 vermieden); Aug. c. Faust. 16,
29 setzt caro und sanguis mit mortalitas gleich, die im Mysterium des
Endes gegen die immortalitas ausgetauscht wird. Marcion verwarf
allein von allen Gnostikern die allegorische Auslegung, s. Material bei
Hückstädt 24 Anm. 5. Geerlings 63 plädiert dennoch dafür, Marcion
stärker zu den Gnostikern zu zählen, vgl. auch Aland passim, beson¬
ders 447 und Rudolph, besonders 337 — 341; eine ausgewogene Posi¬
tion Findet sich bereits bei Hilgenfeld, Ketzergeschichte, 317f, der
hervorhebt, daß Marcion trotz seiner gnostischen Unterweisung ein
”Mann der That und des Lebens war”, dessen spezifische Leistung es
gewesen sei, eine esoterische Schullehre in das öffentliche Leben der
Kirche überführt zu haben
243 camali sermone: Sc. Paulum docere, vgl. Barn. 10, 9 Xaßüjv
Mcdimrp' TQLa doy/xara ourcos ev irvevuarL e\a\r)oev, ol 8e
xar'err/s aagxos o>s Treg'i ßQuoeuis TTQoaeöe^avTo und CM
2, 241; sermo taucht im CM dreimal auf, während verbum im Singu¬
lar sechzehnmal vorkommt; verbum nimmt ab dem 4. Jh. überhand,
zuvor war sermo vor allem für Afrika typisch. Prudenz etwa verwen¬
det die Ausdrücke synonymisch, aber verbum wesentlich häufiger. Zu
carnalis im Sinne von corporalis, temporalis, terrenus, libidinosus bei
den Kirchenvätern s. TLL, s. v., III 474, 79ff und 1 Cor 3, 1
non...loqui vobis quasi spiritalibus, sed quasi carnalibus. Es könnte
sich hier zusätzlich auch um ein Wortspiel mit caro handeln, um des¬
sen Auslegung es in diesem Zusammenhang geht
nam: Adversativ wie 3, 95; 4, 109. 189. 209; 5, 163. 244
247 pignus: S. 2 Cor 1, 22 dedit pignus Spiritus in cordibus nostris;
ähnlich Rm 8, 23 und Eph 1, 13f
250 suo: Bezogen auf Christus, das Subjekt des übergeordneten Haupt¬
verbs negavit in 252
252 ex veteri causa: Gemeint ist der Sündenfall
254 vita: Statt Io 3, 6 ex spiritu spiritus, da es mit 1 Cor 15, 51—54
kontaminiert ist; es entsteht dadurch eine mehrschichtige Aussagedi¬
mension: Analog zu der Identifizierung von spiritus mit vita steht dann
das vorausgegangene caro für Tod; vita steht als abstractum pro con-
Kommentar zu Buch 2 159

creto für die Lebenden, die ”zu der Zeit der letzten Posaune” verwan¬
delt werden
255 mutans: Attr. zu vita in 254
256 ablutum: Sc. a radice vetere
de carne: Sc. esse
vocari: Final —konsekutiver Infinitiv
262: Vgl. 1 Cor 15, 52 In momento, in ictu oculi...nos immutabimur
263f: Überzeugend faßt Müller 60 zu 264 das et als et postpositum
auf (vgl. HSz 484), also: facies dispanditur et herba mutat...; auch das
Nachstellen von Konjunktionen ist charakteristisch für das CM
263 rufae cerae: Dieselbe Bezeichnung für die Farbe von Wachs auch
Veg. mulom. 3, 15. Daß die Macht der Sonne auch Wachs zum
Schmelzen bringt, findet sich z. B. in Lucr. 6, 965 und Aug. serm.
53, 3 (Mai) velut cera sole calente soluta
268: S. 1 Cor 15, 54 absorpta est mors in victoria
160 Kommentar zu Buch 3

Buch 3

1 — 13: Die im Anschluß folgende Kette von Gestalten des auserwählten


Volkes wird eingeleitet mit den beiden Linien der Nachkommenschaft
Abrahams, nämlich der Sklavin Hagar mit Ismael und der unfruchtba¬
ren Sara mit Isaak, vgl. Gn 16f. 21. Die allegorische Auslegung wird
im Anschluß an Paulus (Gal 4, 21—31) vorgenommen, also wiederum
der Gewährsmann der Marcioniten gegen sie verwendet
3 superba: S. Gn 16, 4 (Hagar achtet ihre Herrin Sara nicht mehr so
sehr, da sie selbst von Abraham schwanger ist, Sara aber nicht)
4 ingrata: = Hagar; in Gn 21, 9 — 21 entläßt Abraham Hagar und
Ismael auf Betreiben Saras. Sie irren in der Wüste umher und finden
einen Brunnen
5 tepidis: Poetisch, sc. aquis, s. Müller 60 ad 1 und TLL II 347,
10 — 14 (Stellen bei Plautus, Cato, Cicero u.a.). Zum Ablativ vgl. Sil.
13, 856 amne potare soporo
6 et Äbram: Nach Willems, da et Abraham bei Fabricius einen versus
hypermetros ergäbe: Beide Namensformen wurden in der Dichtung
wohl ohne Bedeutungsunterschied verwendet, s. Lavarenne 76, obgleich
der Namensänderung in Gn 17, 5 symbolische Bedeutung zukommt:
Abram wird zu Abraham ( = pater multarum gentium), was hier mit
parens etymologisierend angedeutet wird; ähnliche Definitionen unun-
terschieden für beide Namensformen bei Ambrosius, zit. bei Wutz II
764 und Hier. nom. hebr. S. 61. Sonst wird im CM die Form Abra¬
ham gebraucht: 3, 29; 4, 144
7 simili ratione: Sc. Abraham, d. h. bedingungsloser Gehorsam und
Vertrauen in die Verheißung Gottes, vgl. Hbr 11, 8 — 40
8 peregre: Vgl. Hbr 11, 9 Fide moratus est (sc. Abraham) in terra
repromissionis tamquam in aliena
sistere: = obsistere, "die...alles verlassen haben, um sich in der
Fremde dem widrigen Leben zu stellen”
9f: Nach Gal 4, 27 Laetare, sterilis, quae non paris; erumpe et clama,
quae non parturis, das eine ähnliche Formulierung aus Is 54, 1 auf¬
greift, die dort auf Jerusalems zukünftige Fruchtbarkeit bezogen ist.
Wie bei Paulus wird hier Sara allegorisch als das himmlische Jerusa¬
lem gedeutet und ihre Nachkommen als das Volk der Verheißung
13: Von Anfang an stellen Mitglieder des verheißenen Volkes Typoi
für das Leiden bzw. die Standhaftigkeit Christi dar. In einer besonders
provozierenden Antithese formulierte Marcion, daß der unbekannte
Gott nicht Abel und seine Nachfahren erlöste (dies tue bereits der
Schöpfergott des AT), sondern Kain und dessen Nachkommen das Heil
bereite (s. Harnack 294*f und allgemeiner 129 — 131). Ob sich der
Kommentar zu Buch 3 161

Dichter mit der nun folgenden Reihe der Gerechten bewußt gegen diese
Antithese stellt, kennzeichnet er nicht ausdrücklich
14 — 224: Die nun beginnende Typenreihe durchzieht in unterschiedli¬
cher Gewichtung der Gedanke, daß die Schuldlosen und Gerechten
Leid oder Mühsal ertragen, aufgrund ihres Glaubens jedoch verdienten
Ruhm erlangen. Die Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt, ist in
Hbr 11 thematisiert; viele der dort genannten AT — Gestalten tauchen
auch in dieser Reihe auf (ab Abel); eine ähnliche Liste, die Gottes
Herrlichkeit in der Geschichte demonstrieren soll, ist das Lob der
Väter Henoch, Noah, usw. in Sir 44ff, wo sich jedoch auch viele
andere Personen finden, die im CM nicht auftauchen, und die Akzen¬
tuierung der geschilderten Verdienste der einzelnen Gestalten manchmal
verschieden ist. Für die jeweilige Paraphrase werden die verschiedenen
AT— und NT —Vorlagen im Einzelfall unterschiedlich ausgewertet und
kombiniert. In formaler Hinsicht erinnert diese Aneinanderreihung von
Episoden an das Dittochaeon von Prudenz oder an Sedulius passim.
Auch die Exemplareihen in der Prosa (z. B. Cic. off., Ambr. off., die
christliche Paideia —Tradition) entsprechen diesem Verfahren, das sich
noch bei Drac. laud. 3 findet; zur episodischen Zuspitzung typologi-
scher Reihen vgl. auch das Dittochaeon des Prudenz und Sedul. hymn.
1.
Der Dichter rechnet hier die Typoi ab Abel zum Volk der Verheißung,
welches er also jetzt — scheinbar unter Vernachlässigung von 3, 1 — 13
— als schon vor Sara existierend auffaßt. Bruchlos ist die Chronologie
bei Aug. civ. 15, 1—3, da Gal 4, 21—31 als methodologischer
Schriftbeweis in civ. 15, 2 eingefügt ist und das Wesen der beiden in
ihrem procursus entfalteten civitates erläutern und rechtfertigen soll,
wozu Cranz passim. Der bei Augustin dargestellte "historische” Abriß
dieser civitates ab Abel bzw. Kain ist von dem dazwischengeschobenen
Schriftbeweis klar abgesetzt. Gerade die Geschichtsphilosophie Augu¬
stins jedoch erlaubt dem Carmen — Dichter eine solche kühn konta¬
minierende Überblendungstechnik: Die Verneinung der Möglichkeit,
daß innerhalb der historisch— diesseitigen Abfolge von Ereignissen
Fortschritte und qualitative Umschläge stattfinden können, die Betonung
der Außergeschichtlichkeit der Heilstat Christi und die daraus abgeleite¬
te Vorstellung einer Kirche aller Heiligen ab Abel lassen die hier
vollzogene, unmittelbare Nebeneinanderstellung von Sara und ihren
"Kindern” ab Abel überhaupt erst zu. Der Dichter nutzt also den
poetisch —fiktiven Freiraum, um die Theologie Augustins "mit anderen
Mitteln" in ihren gedanklichen Konsequenzen umzusetzten, wobei er
die bereits in der Bibel vorhandene Allegorese von Sara als der Mutter
des freien Volkes ausschöpft. Das Wort cTvitäs kann im CM aus metri¬
schen Gründen nicht verwendet werden und wird durch populus oder
gens ersetzt. Die Kombination von Gal 4, 21—31 und ecclesia ab Abel
162 Kommentar zu Buch 3

findet sich erst bei Augustin (s. o. S. 32); deren spezifisch poetische
Weiterverarbeitung setzt Augustin als den Gebenden voraus
14 huius: Wie in 3, 16 Gen. orig., abhängig von gens una in 3, 12
Abel iustus: S. Mt 23, 35. Ab dem Ende des 4. Jh. wird iustus in der
kirchlichen Literatur zu einem kennzeichnenden Titel des Christen, was
in Zusammenhang mit der nun zentral gewordenen Theodizee —Frage
steht; diese grundlegende Entdeckung bei Geerlings, besonders 61
pecudumque magister: Zum Ausdruck vgl. Liv. 1, 4, 6 magister regii
pecoris ( = Faustulus)
16 Enoch: Nicht der Sohn Kains, sondern der an siebter, also bevor¬
zugter, Stelle stehende Urvater, der durch Gott entrückt wurde, s. Gn
5, 18. 21—24; Hbr 11, 5 und Aug. civ. 15, 19. Lawlor 211 stellt die
These auf, daß das CM hier aus dem äthiopisch und griechisch überlie¬
ferten Enochbuch zitiert, besonders da Vers 19 die gleichzeitige Exi¬
stenz von (H)Enoch und den Giganten voraussetzt. Dies läßt sich aus
den biblischen Quellen nicht erschließen, während das Enochbuch dies
nahelegt. M. E. ist diese Abhängigkeit nicht eindeutig, da unsere Stelle
auch auf einer Ausdeutung von z. B. Tert. idol. 4, 2 beruhen kann
18 refugarum: Substantiv als Attribut verwendet; gemeint sind die
Gottessöhne und ihre Nachfahren, die Giganten, aus Gn 6, 4
22 translatus...pignus: Dieser Vorschlag von Thelwall 344 Anm. 3 zur
Verbesserung von translatum...pignus bei Fabricius ist grammatisch
wie inhaltlich am befriedigendsten, vgl. Sir 44, 16 Enoch placuit Deo
et translatus est in paradisum, ut det gentibus paenitentiam
29 cuius...negatis: Da die Marcioniten die Relevanz des AT für den
christlichen Glauben leugneten
33: S. o. Komm, zu 3, 6
37 foedae sine sorde iuventae: Der Text von Fabricius ist zu halten,
die Verbesserungsvorschläge sind unbefriedigend; Jiilicher 631 über¬
setzt "mit der trotz seiner Schuldlosigkeit so erbärmlichen Jugend”
41 imago: Vgl. 3, 75 Christus als imago virtutis; Ambr. in Luc. 4, 7
unterscheidet zwischen Adam (ad imaginem dei) und Jesus Christus
(imago dei)
44 Iudas: S. Mt 2, 6 et tu Bethleem terra Iuda...ex te enim exiet dux
qui reget popul um meum Israel
48 — 52: Unverständlich ist Hückstädt 25 Anm. 5: ’Tn v. 48 seq.
weicht der Verfasser von der biblischen Relation ab, indem er den
Moses aus freiem Antriebe das königliche Haus meiden läßt”
52 delicias multasque remittere poenas: Müller 60 ad 1. bietet eine
ungenügende Erklärung; es handelt sich um ein hartes Zeugma von
remittere: "Sich Annehmlichkeit zuzugestehen und viele Mühseligkeiten
zu erlassen”
57 calcavit fluctus: Moses durchquerte das rote Meer, s. Ex 14, 16 ut
gradiantur filii Israhel in medio mari per siccum; Hbr 11, 29 fide
transierunt Mare Rubrum tamquam per aridam terram; wie schon
Kommentar zu Buch 3 163

häufiger wird hier die Typologie in die Gestaltung der Aussage einge¬
schmolzen, denn der Antitypos von Moses, Jesus, schritt über das
Wasser, Mt 14, 25 venit ad eos ambulans supra mare. In der Dichtung
des 5. Jh. ist calcare der charakteristische Ausdruck für das Gehen
über das Meer, s. Prud. apoth. 664; cath. 9, 49; Sedul. c. pasch. 3,
226; Paul. Nol. carm. 22, 141, das auch die Prosa kennt, z. B. Aug.
in psalm. 138, 22. Das hier bis zur äußersten Konsequenz angewendete
Verfahren der Typologie zur Untermauerung des Beweiszieles rechtfer¬
tigt dieses dichterische Vorgehen, das sich bei Prudenz (cath. 5, 57 —
80; ham. 471 —474; psych. 650 — 662; perist. 5, 481—484; tit. hist. 9)
und Sedulius (c. pasch. 1, 136 — 147) nicht findet und auch im Mittel-
alter selten ist, s. Ohly 318f, der aus den Vorauer Büchern Moses (12.
Jh.) eine Stelle gibt, wo Gott auf dem Berg Sinai zu Moses die Worte
Christi an den Sadduzäer spricht (Mt 22, 37ff)
58: Zu dieser Typologie vgl. Tert. adv. lud. 13, 12; Or. hom. in Ex.
7, 1; Prud. ditt. 13; cath. 5, 93 — 96; Hier, epist. 122 praef.; Aug. c.
Faust. 12, 30
59 cum Christo (populo manifeste) multa locutus: Dieser Eingriff von
Thelwall 345 Anm. 4 ändert am wenigsten gegenüber dem Text bei
Fabricius (cum Christi populo...), auch ist die Aussage so nicht abun¬
dant. Moses sprach sowohl mit Gott als auch zum Volk, vgl. z. B. Ex
19. 20. 24, wobei jedoch dem Ersteren mehr Gewicht zukommt; dazu
s. weitere Bibelbelege bei Thelwall ebd., und speziell Sir 45, 3 glorifi-
cavit (sc. deus) illum (sc. Mosea) in conspectu regum et iussit illi
coram populo suo. Die Gleichsetzung des Gottes des AT mit Christus
geschieht auch 4, 174 und 5, 207ff, wobei nicht so sehr das christolo-
gisch —trinitarische Anliegen eines präexistenten Logos im Vordergrund
steht als vielmehr die Verteidigung und Affirmation der Kontinuität und
Identität des göttlichen Handelns vom AT hin zum NT
60; S. Ex 34, 29 und 2 Cor 3. Der Text bei Fabricius ist prosodisch
korrekt. Der Verdacht einer Glättung seinerseits liegt zwar nahe, aber
die Verbesserungsvorschläge anderer sind nicht befriedigend. Trotz 2
Cor 4, 6 beziehe ich die Aussage auf Moses, nicht auf Gott bzw. Jesus
Christus, da auch Moses den Abglanz Gottes auf seinen Gesicht trägt;
so kommt wiederum seine präfigurative Transparenz zur Geltung
61 per paucos: S. Hückstädt 25 "durch wenige Leute”, was einer
Präfiguration der zwölf Apostel entspricht
64 extenditque manus: Dieselbe Geste bei Adam in 2, 161 und Jesus in
2, 164; weitere Parallelen bei Hückstädt 26 Anm. 1, z. B. Tert. adv.
lud. 10, 10; Ps. Orig. ( = Greg. Ilib.) tract. 14, 4; Aug. c. Faust.
12, 30. Wiederum wird hier nicht ausdrücklich gesagt, daß dem eine
(widerlegte) Antithese Marcions entgegensteht, nämlich daß Moses mit
dieser Geste seine Feinde töte, Christus aber die Menschen erlöst habe,
vgl. Harnack, Marcion, 90
signo: Vgl. Constantins Vision des Kreuzeszeichens in Lact. mort.
164 Kommentar zu Buch 3

pers. 44, 5f und in der V. Const. 1, 26; auch CM 3, 108 das lignum
als Christi victoriae signum
66 cum laudis pace: Zur Konstruktion s. u. Komm, zu 3, 116
67: Die Namensänderung wird durch Moses vorgenommen, als sich
Josua in seinen Dienst stellt, s. Nm 13, 17 (vulg) und Tert. adv.
Marc. 3, 16; ausführlich dazu Danielou 203 — 216. B. Löfstedt, Zeno-
nis Veronensis Tractatus, CCL 22, Turnhout 1971, 76* erläutert, daß
die Namensform Iesus Nave aus der Vetus Latina und den von ihr
abhängigen Texten geläufig ist, während Hieronymus in der Vulgata
die ältere hebräische Namensform losue filius Nun einführte. Die hier
verwendete Form Iesus Nave (filius) ist kein Anhaltspunkt für einen t.
a., da auch nach der Verbreitung der Vulgata teilweise die gewohnten
Namen oder Wendungen beibehalten bzw. mit neuen Formen gemischt
wurden, was auch im CM der Fall ist (s. o. S. 36)
70 promissa patema: "Was den Vätern verheißen worden war”, ebenso
4, 43 und 5, 223
72: Eine negative Vorstellung vom Geschlecht der Giganten, wie 3, 19
im Zusammenhang mit Enoch; anders in 3, 269
76: Dasselbe Verfahren der Praeteritio in Hbr 11, 23. 33
81 —105: Die typologischen Analogien der Gedeongeschichte lassen sich
auch bei Ambr. spir. 1 prol. 7 — 9 und ähnlich vid. 3, 18f finden, bis
auf die Deutung der faces in Vers 98 als Spiritus sanctus, was indirekt
auf 1 Cor 3, 12f und Ambr. spir. 1, 14, 149 zurückzuführen ist;
insgesamt vgl. auch Or. hom. in Jud. 8, 4f und Iren. 3, 17, 3
81 acer: Davon hängt a.7ro xolvov auch 3, 82 ab
82 virtute sua: "Aufgrund seiner Tapferkeit”, vgl. Idc 8, 22f, wo
Gedeon und seinen Söhnen (gens) die Königswürde (tutela) angetragen
wird, die er aber, bescheiden trotz seiner Erfolge, ablehnt
83 excita mente: Vgl. 3, 74 legitima mente; hier ist eine Stufe der
Entwicklung zu beobachten, die im Romanischen in die Adverbialbil¬
dung auf — ment(e) mündet, s. HSz 170
85 — 89: Inhaltlich vgl. Idc 6, 36 — 40 (Doppelzeichen mit der Widder¬
wolle)
85 ut: Abhängig von petit in 3, 83; zur Nachstellung s. HSz 399, die
seit dem Altlatein möglich ist
87 hoc...mundo: Abi. abs. statt Pt. coni. zu vellus in 3, 85. Nach HSz
139ff ist diese seltene Konstruktion zum Ausdruck eines Gegensatzes
bereits ab Plautus möglich und entspricht einem appositioneilen Nach¬
trag unter Wiederaufnahme des Beziehungswortes durch ein Demon¬
strativpronomen (hoc). Zu mundum im Sinne von "trocken” s. Müller
61 ad 1. Gemeint ist, daß, falls das Fell trocken bleibt, die Feinde
siegen werden. Ein völlig anderer Vorschlag zum Verständnis des
Textes bei Thelwall 347 Anm. 7 (er konjiziert coarescere für
coalescere, was eine Kontrastformulierung zur blühenden Palme in
Ps 91, 13 (G) wäre)
Kommentar zu Buch 3 165

92 Tau: Als griechisches Zahlzeichen für 300 und als Zeichen für das
Kreuz, s. Oxe 13 und CM 3, 97a sowie Rahner 398f. 413 — 426, zu
; dieser Stelle 421. Diese Deutung war der christlichen Exegese ab der
Wende des 1. Jh. (Barn. 9, 8) vertraut und stellt eine Abwehr der
talmudischen Interpretation des Tau im Anschluß an Ez 9, 4 dar, wozu
auch F. J. Dölger, Beiträge zur Geschichte des Kreuzzeichens II, JbAC
2, 1959, 15-29, hier 15-20
95 nam: Als einleitende Partikel einer begründenden Parenthese, s.
HSz 472
97 cornu: Tert. adv. Marc. 3, 18 Christus in illo (sc. tauro) significa-
batur..., cuius cornua essent crucis extima; das Bild hat sich aber ver¬
selbständigt, da in der hier vorliegenden AT —Stelle von Widderhör¬
nern die Rede ist; auch Prud. ditt. 80 spricht von cornu crucis; zur
Bildlichkeit s. Rahner 396f
98 lychno: Dieses Wort hat eine lange poetische Tradition, s. TLL, s.
v., VII 2, 1940f ab Ennius über Lucrez, Vergil, Statius, und dient hier
der stilistischen Überhöhung. Die inhaltliche Ungenauigkeit wird des¬
halb in Kauf genommen, denn in Idc 7, 16. 19f befinden sich die
Fackeln in Krügen
100 angelica: Sc. tuba o. ä., die für das Endgericht steht; vgl. Thel-
wall 348 Z 128 ”By trump angelic”
101 populo indocili: = Die Juden, die in 3, 132 als ingratus populus

I
bezeichnet werden, wofür in 5, 151—164 die Erklärung gegeben wird
101/102: Wegen der Inkonzinnität der Konstruktion vermutet Müller
61 ad 1. einen Versausfall, was auch Willems für wahrscheinlich hält.
Hückstädt konjizierte deswegen quam indocilis populus merito sua
culpa relictus (ungenau angegeben im Apparat vom Willems). Ich halte
dies nicht für zwingend, da im Spätlatein Abi. abs. und Pt. coni. ne¬
beneinander erscheinen können, s. HSz 140
102: S. o. Komm, zu 1, 136 — 138
105 stipite sub palmae: Die Prophetin Debbora hatte ihren Sitz unter
einer Palme, s. Idc 4, 5
106 quapropter: = "Weshalb”, nach HSz 515 pronominales Adverb
zur Bezeichnung der Folge. In der biblischen Vorlage ist dieser Zu¬
sammenhang nicht so pointiert enthalten
108 Iahel: Die neueren Ausgaben vermerken diese notwendige Korrek¬
tur des von Fabricius gebotenen Baal, was keinen Sinn ergibt, nur im
Apparat; da der Name Iahel selten vorkommt, ist diese Verdrängung in
der Überlieferung erklärlich
109 extemplo: Fabricius hat exemplo, was aber abundant ist, da mit
signo in 3, 108 semantisch das Gewünschte bereits abgedeckt ist und
die Wiedergabe ”in einem (weiteren) Typos” gekünstelt wäre
femina: = Iahel, s. Idc 4, 9; betont gesetzt gegen vir in 3, 107
ligno: Der Zeltpflock, den Iahel dem feindlichen Sisara durch die
Schläfen treibt. Dieselbe Auslegung noch ausführlicher in Aug. c.
166 Kommentar zu Buch 3

Faust. 12, 32, auffallenderweise ohne Nennung des Namens Iahel:


Quid est illa mulier alma fiduciae, hostis tempora ligno transfigens,
nisi fides ecclesiae, cruce Christi regna diaboli perimens ?
110 vulnere: = "Niederlage”, wie Cic. nat. deor. 2, 7
112 hic: Greift Iephta aus 3, 110 nochmals auf und bildet das Subjekt
des quia —Satzes, s. HSz 187, eine aus dem Umgangssprachlichen
übernommene Erscheinung. Müller 61 ad 1. ist zu umständlich, wäh¬
rend Thelwall 349 Anm. 2 mit der Konjektur huic unnötig glättet
116 peccati votum: Peccati ist Gen. quäl. bzw. Genitiv eines Substan¬
tivs statt attributivem Adjektiv, vgl. 3, 66 cum laudis pace und HSz
63f. 152, was besonders bei Abstrakta seit Vitruv vorkommt
117 timor: Die Furcht steht im Gegensatz zu seiner vorigen Hybris, in
der er das Gelübde geleistet hatte ( = crimen in 3, 118). Dieser
Aspekt der paraphrasierenden Exegese Findet sich Aug. quaest. iud. 49,
15 (CCL 33, 366) Magis ergo intellexit in eo, quod illi filia occurrit,
ultorem deum iustaeque poenae se fideliter subdidit timens saeviorem
tamquam de tergiversatione vindictam. Die knappe Andeutung in unse¬
rem Vers wird erst durch die Kenntnis der Auslegung Augustins rich¬
tig verständlich, s. auch zum folgenden Vers
118: Aug. quaest. iud. 49, 7 — 15 (CCL 33, 361 —366) diskutiert die
auf den ersten Blick widersprüchliche Tatsache, daß Iephta trotz des
sündigen Gelübdes zweifachen Ruhm erlangt: Zum einen besiegt er
seine Feinde, nachdem er das Gelübde abgelegt hat, s. ibid. 49, 10
(ibid. 363) Iram quippe dei metuebat quia noverat se tentando peccare,
quod deus in lege sua manifestissime prohibet. Hoc tarnen peccatum
eius et mirabilis signi evidentia et magna victoriae prosperitas liberatio-
nisque populi consecuta est. Zum anderen wird Iephta trotz seines
Vergehens zu den gerechten Glaubenszeugen gezählt (Hbr 11, 32), was
bereits bei Ambrosius erörtert wird, in Cor. 1, 15 (PL 17, 266) Nam
et Iephta, quamvis in re, quae accepta fieri non posset, Fidelis inventus
est, offerens Filiam suam secundum votum suum, quod stulte voverat
(Idc 11, 39), non ergo factum probatur, sed perseverantia Fidei in
exemplum praefertur
122 os asini: In Idc 15, 9 — 17 erschlägt Samson mit der Kinnlade
(vulg.: maxilla/mandibula) eines Esels 1000 Männer
125 hostes victor: Fabricius hat hostis victos, was den Sinn nicht trifft.
Samson präfiguriert hier Jesus, der ebenfalls in seinem Tod seinen
Feind, den Bösen, überwindet; diese Assoziation dürfte auch die Ver¬
schreibung redemit bei Fabricius erklären. Nicht überzeugend ist Oxe,
Cento, 19, der hostem ultor in de lege 136 für authentisch hält. Um
den Hiat zu vermeiden, hätte Fabricius nicht so stark ändern müssen
126f: In 1 Sm 9, 15f ergeht der Salbungsauftrag Gottes an Samuel,
allerdings nur auf eine Person bezogen, ebenso wie 1 Sm 16, 13, doch
vgl. Sir 46, 16 (vulg) et unxit principes in gente sua (sc. Samuel)
127 viris ostendere Christum: Willems entscheidet sich richtig für den
Kommentar zu Buch 3 167

Text von de lege 138, gegen viros ostendere christos bei Fabricius, mit
dem Verweis auf 1 Sm 10, 24 Et ait Samuel ad omnem populum:
certe videtis quem elegit Dominus. In dem etymologischen Dreischritt
ungere — dare chrisma — Christum soll das letzte Glied dieser Reihe
erklärt werden, vgl. Arator act. 1, 31f ...cum desuper unctos | abluit
interius Christi de nomine chrisma. Zudem ist christum doppeldeutig:
Neben der AT —Gestalt wird auch bereits auf den Gesalbten Christus
verwiesen, vgl. das Signalwort ostendere wie in 2, 74. Zur Etymologie
selbst s. o. Komm, zu 2, 57 und reiches Material im TLL, s. v. Chri¬
stus, III 1028f
129: S. 1 Sm 28, 11 — 19, wo Saul den Geist Samuels herbeischwören
läßt. Dies ist eine der Stellen, die als Argument gegen eine Verfasser¬
schaft Tertullians angeführt werden, da dieser in anim. 57 die Faktizi¬
tät dieser Beschwörung bestreitet, vgl. dazu aber auch o. S. 16 Anm.
20
131: S. Ps 21, 8 (Verlachen). 17 (Durchbohren von Händen und
Füßen). 19 (Loswurf über das Gewand)
132 ingratus populus: S. u. Komm, zu 3, 253 — 258
133 cui: Wie cuius in 3, 131 auf David zu beziehen. Das Versprechen
Findet sich im AT in 2 Sm 7, 12 und Ps 131, 11, worauf im NT in Lc
1, 32 und Act 2, 30 Bezug genommen wird
136f: S. 2 Par 29 — 31; Ezechias richtete den Kult für Jahwe wieder
ein, von dem die Judäer unter Ahab abgefallen waren
136 aemulus: D. h. mit David in seinen Tugenden wetteifernd
138 prior: Thelwall 350 Anm. 7 betont die genau eingehaltene Reihen¬
folge, da die Reformen vor dem Krieg gegen Sanherib stattfanden, s. 2
Par 32, 1
140f: Vgl. 2 Sm 20, 5 ...vidi lacrimam tuam et ecce sanavi te; die
tertio ascendes templum Domini 6 et addam diebus tuis quindecim
annos
148 tractus: Trotz 3 Rg 19, 5. 7 angelus tetigit (als Elias in der Wüste
Brot erhält und so vor dem Verhungern bewahrt wird) bietet Fabricius
mit tactus einen unbefriedigenden Text, da hier der Zusammenhang
eine Anspielung auf die Entrückung des Elias fordert (4 Rg 2, 11 ...et
ascendit Elias per turbinem in caelum). Gegen alle vorhergehenden
Ausgaben wäre es aber auch denkbar, diesen Vers noch zu der Periko-
pe über Josias zu ziehen, dessen Leichnam auf einem Wagen nach
Jerusalem gefahren wird (tractus), s. 4 Rg 23, 30. Alle anderen Ver¬
besserungsvorschläge des Textes sind sprachlich weniger befriedigend;
wegen Sir 48, 13 Helias qui in turbine tectus est wäre auch die Ver¬
besserung von tactus zu tectus zu erwägen
149f: Teilweise Analogie zu Christus, der auch wieder auf die Erde
zurückkommen wird, jedoch den Tod bereits erlitten und überwunden
hat. In Mt 11, 14 und Mc 9, 11-13 wird Johannes mit dem wieder-
168 Kommentar zu Buch 3

gekehrten Elias identifiziert, und Io 1, 21 betont Jesus, daß er nicht


der wiedergekehrte Elias sei
152 militiam domini: Zur Militia — Christi — Topik s. Harnack, Militia
Christi, passim mit Anhang
153f: Poetische, komprimierende Ausdeutung, denn in 3 Rg 17, 1
kündigt Elias die Dürre nur an; in 3 Rg 18, 10 läßt König Ahab ihn
überall_suchen, da er glaubt, Elias habe sie auch herbeigeführt
153 verberibus fämis: Flämmis bei Fabricius ist inhaltlich unkorrekt,
vgl. 3 Rg 18, 2 erat autem fames vehemens in Samaria und ähnlich Lc
4, 25; auch Brandes 316 hält famis trotz der unklassischen Prosodie,
die wahrscheinlich durch die Ähnlichkeit des Wortes mit fama zustande
kommt
154 sidera conclusit: Lc 4, 25 clusum est caelum; Sterne werden in
der Antike als Wetterzeichen gesehen, s. besonders Arat. 758ff und die
lateinischen Übersetzungen
162 duplicem sortem: 4 Rg 2, 9 obsecro ut fiat duplex Spiritus tuus in
me
165 —167: Angespielt wird auf die Episoden 4 Rg 2, 14; 6, 1—7; 4,
38 — 41. Der Dichter folgt hier also nicht der Chronologie der bibli¬
schen Erzählung
166: Vgl. Tert. adv. lud. 13, 17 — 19
168 iterato tempore duplo: In Lc 4, 25 und Iac 5, 17 wird angegeben,
daß die Dürre unter Elias drei Jahre und sechs Monate dauerte; dieje¬
nige unter Elischa währte jedoch die doppelte Zeit, nämlich sieben
Jahre, s. 4 Rg 8, 1
170—172: Vgl. 4 Rg 13, 20f. Daß der Tote, den man gerade begraben
wollte und beim Anblick der einfallenden Räuberscharen von sich warf,
deren Opfer gewesen sei, ist im Bibeltext nicht ausgedrückt
172 ut: = ubi, das als Konjunktion den durch einen relativischen
Anschluß eingeleiteten Nebensatz regiert; hier haben wir wiederum ein
Beispiel für die im CM charakteristische Nachstellung einer Konjunk¬
tion
176 praetestata viam vitae: Nämlich in den Gottesknechtsliedern, etwa
Is 50, 6; 53, 5. 7. 9
177 sectum: Vgl. Hbr 11, 37 alii...secti sunt und Comm. carm. 221
Esaiam serrant, sowie die Geschichte der Zersägung Jesajas schaurig
ausgemalt in der Apokalyptik des Urchristentums, s. Ascensio Iesaiae
5, 1 — 16 (Schneemelcher 2, 5530
184 sqallenti carcere: Derselbe Ausdruck auch Prosp. carm. de ingr.
667
188 vix tandem: "Denn doch, endlich einmal”
catena: Wenn man das von Fabricius gebotene catenis hält, läßt sich
der Satz syntaktisch nicht zufriedenstellend lösen; ich beziehe horrida
auf catena (Abi.)
189: Mors als natürlicher Tod im Gegensatz zum gewaltsamen (cae-
Kommentar zu Buch 3 169

des); das CM nimmt hier explizit gegen unterschiedliche Versionen


vom Tod des Jeremias (z. B. bei Hieronymus, s. Holl 27) Stellung,
und zwar im Sinne von Victorin. Poetov. apoc. 11, 3, gegen die bei
Tert. Scorp. 8, 3 und Comm. carm. 221 erwähnte Steinigung
191 secreta: Die heimlichen Riten in Ez 8, 12
192 afflictus suos: Suos = eius ( = Dei), s. HSz 175; gemeint ist das
Strafgericht Gottes, der durch sechs Männer in Ez 9, 7f die Ungläubi¬
gen zerschmettern läßt
194f: Ezechiels Visionen vom neuen Israel in Ez 40 — 48
196 — 198: Die zwölf kleineren Propheten sind in der Reihenfolge der
Septuaginta aufgezählt; hier auftretende Hiate fallen unter die Lizenz
bei Eigennamen. Man kann hier eine didaktische Funktion des Gedichts
vermuten, da sich die Propheten in einem hexametrischen Merkvers
besser einprägen lassen; für wahrscheinlicher halte ich den künstleri¬
schen Ehrgeiz, diese Namen in der richtigen Reihenfolge in einen
Hexameter einzubinden, vgl. die Aufzählung der vier Evangelisten in
2, 61
198 Zacharias vim passus: Sc. Iudaeorum; er wurde gesteinigt, s. 2
Par 24, 20 — 22 und Mt 23, 35 (Tötung gerechter Unschuldiger von
Abel bis Zacharias)
angelus ipse Malachim: Comm. carm. 345 Malachiel..., qui et angelus
ipse; die Wendung entspricht einer Etymologisierung des Namens, s.
Hier. nom. hebr. S. 125 Malachia angelus domini vel meus, die auch
bereits in Mal 2, 7; 3, 1 gesehen wurde; frühe Väterstellen dazu bei
Salvatore zu Comm. carm. 345; vgl. auch Aug. civ. 15, 3 Malachiel
propheta propria quadam, i. e. proprie sibi impertita gratia dictus est
angelus
199f chorus.../...meruere: Constructio ad sensum
199 canentum: Statt canentium bei Fabricius; canendus (sc. est) bei
Müller 61 ad 1. ist unnötig
202: Anspielung auf Daniels Rettung der Susanna durch Überführung
der beiden lügnerischen Ältesten in Dn 13
204 secreta: ”Geheimgehalten”
prior: Ist hier temporal aufzufassen, vgl. Thelwall 353 Z 265 "before
that”, nämlich bevor Susanna der ungerechten Todesstrafe überantwor¬
tet wurde; nach Dn 2, 16. 24 könnte auch (weniger wahrscheinlich)
gemeint sein, daß Daniel das Rätsel löste, bevor der König alle hin¬
richten ließ
205 Christum: Wiederum findet sich hier eine christologische Eigen¬
deutung von Bibelstellen durch den Dichter, da Dn 2, 21. 44 Daniel
nur von Gott allgemein spricht, nicht von einem Gesandten oder Mes¬
sias; s. zu dieser Technik grundsätzlich o. Komm, zu 2, 74. Gestützt
wird diese Interpretation hier allerdings durch Dn 7, 13, wo vom
Erscheinen des Menschensohnes die Rede ist
208 — 214: Die drei Jünglinge im Feuerofen Dn 3, 1—97; ihr Erschei-
170 Kommentar zu Buch 3

nen in dieser Reihe von Einzelgestalten ist auffallend, sie gehören in


den Kanon der Beispiele der christlichen Paideia —Tradition, s. Geer-
lings 60. Seit der Verfolgungszeit wurden sie als Vorbilder der Stand¬
haftigkeit verherrlicht, s. Dürig, Imago, 50f und vgl. Sedul. c. pasch.
1, 197-205
21 lf: Final — konsekutive oder epexegetische Infinitive, abhängig von
contempsere pii in 210; Müller 61 macht sie von 213 tarn praeclara
fides abhängig, was ich für unwahrscheinlich halte
211 pro nomine magno: Ähnlich in 3, 241. 245; gemeint ist nicht ihr
eigener Ruhm, sondern ”der Name des Herrn”. S. Act 5, 41 pro
nomine Iesu contumeliam pati und Mohrmann 3, 345 zur Wendung
confessio nominis (sc. Christi/Christiani)
216 post tempora plena: Nach dem babylonischen Exil, s. 1 Esr 7,
13ff (Dekret des Artaxerxes)
218 spiritu completus: S. o. Komm, zu 2, 63
memori...reddidit ore: Vgl. 3, 204 ore resolvit | und 3, 174 dei ore
profudit |
224 prior hostia: Johannes der Täufer wurde früher als Jesus Christus
zum geschlachteten Opfertier
227: Vgl. Comm. instr. 2, 22, 9 vos flores in plebe, vos estis Christi
lucernas; letzteres geht auf Mt 5, 14 zurück, zur flos — Metaphorik vgl.
Cypr. hab. virg. 3 flos est ille ecclesiastici germinis, ... illustrior
portio gregis Christi ...; in illis largiter floret ecclesiae matris gloriosa
fecunditas
228 vera locuti: Vgl. 2, 62 und von Jesus in 5, 154
240 form am: = exemplum
242 mater: Rahmung der Typenkette durch den Rückbezug auf 3,
1 — 13, s. u. Komm, zu 3, 9f und 3, 14. Sara selbst wird hier eben¬
falls, analog zum Schema der vorhergehenden Reihe, dargestellt als
eine, die als Standhafte erst leiden muß, bevor ihr Wunderbares wider¬
fährt, vgl. Hbr 11, 11
246f: Zu konstruieren: nondum secura futuri (sc. ut) ediderit (Koni,
pf.); zu ut nach den Verba sentiendi s. HSz 645; andernfalls wäre mit
Müller nondum...ediderat zu lesen
248 atque: Vom Sinn her vor die Parenthese zu stellen, im Sinne einer
Steigerung, ”und dazu, und sogar”, s. Löfstedt, Kommentar, 139. 317
dolorem: "Kränkung”, vgl.Gn 16, 4f
251f quamquam...iugatum: Durch diese Hinzufügung wird hier betont,
daß Isaak trotz seiner Geburt aufgrund einer Verheißung (de semine
caeli) dennoch ein Mensch ist (conditione sc. humana), im Gegensatz
zum deus Christus in 3, 225
251 non similem famulae: Sc. nato, ”der Sohn der Freien war dem der
Sklavin unähnlich”, vgl. Gn 17, 20f; 21, 12f
253 — 258: Der Verfasser nimmt hier ausdrücklich die AT —Gestalten
aus dem durch die Tötung Christi sündigen Volk der Juden heraus, da
Kommentar zu Buch 3 171

ja sonst seine typologische Reihe wirkungslos wäre; in 255 ist eine


durchaus antijüdische Tendenz zu spüren, die auch in einem anderen
Zusammenhang feststellbar ist, s. o. Komm, zu 3, 101. Die ambivalen¬
te Haltung, daß die traditionelle Hochschätzung der jüdischen Patriar¬
chen mit einer abwertenden Polemik gegen die von Gott abgefallenen
Juden verbunden wird, findet sich seit Euseb, s. Schreckenberg 265
mit Stellen, was bereits durch Tertullian angebahnt wird, s. Schrecken¬
berg 216-225; vgl. auch Prud. apoth. 321ff, wo 347 die Juden als
gens ingratissima bezeichnet werden, vgl. CM 3, 132 ingratus populus
und Opelt 191
254 egregios homines: Sc. Iudaeorum
256 in solidum: = solide, s. dazu HSz 276, verstärkt durch passim,
also in der Bedeutung "gänzlich alle ohne Unterschied”
famulum: = Ismael
265 fides, libertas: Rambaux 44 paraphrasiert ”les hommes aimes par
la foi, les hommes libres”
266 — 268: Die für die Typenreihe zentralen Begriffe iustus und fides,
die für die Kinder der Freien charakteristisch sind, stehen hier im
Kontrast zu 259 peccatores und 262 sua culpa (Kinder der Sklavin)
269 immanes: Sind mit den patres iusti bzw. sancti prophetae von 266
als weitere Gruppe in den typologischen Zusammenhang eingeordnet.
Man hat darunter die Giganten zu verstehen, die nach Gn 6, 1—4 die
Nachkommen der gefallenen Gottessöhne und der Menschentöchter
waren und daher als etwas Schlechtes betrachtet wurden, wie auch in
CM 3, 19. 72. Erst ab dem 4. Jh. setzte sich unter dem Einfluß
griechischer Exegeten eine positive, entmythisierte Deutung durch, wie
sie sich auch hier niederschlägt, s. Speyer 1265 mit weiteren Stellen.
Signifikant sind auch Hier. nom. hebr. S. 70, wo Rafaim mit gigantes
synonymisiert wird, und Ps.— Clem. Rom. recogn. 1, 29, 1—4, wo
homines iusti als Väter der Giganten bezeichnet werden. Es existierten
im folgenden positive und negative Vorstellungen nebeneinander, was
sich auch im CM widerspiegelt, wozu weitere Stellen bei Speyer
1265-1267
275 — 297: Bischofsreihe Roms von Petrus bis Anicetus (etwa 154 —
166; die Amtszeiten der Bischöfe vor 235 sind alle zweifelhaft, s.
Heussi 82 Anm. 1). Ihre Beschaffenheit hat Anlaß zu komplizierten
Datierungsversuchen gegeben. Entscheidend ist die getrennte Auffüh¬
rung der Bischöfe Cletus und Anacletus ( = Dopplung der Namens¬
form), die sich sonst nur im Liber pontificalis findet. Dieser wird
gemeinhin als (nicht in allen Teilen übereinstimmendes) Vorbild ange¬
sehen, so daß man das CM frühestens in das 4./5. Jh. datieren kann,
s. Lipsius 150, Hückstädt 37 Anm. 3, Lightfoot 176. 275, Duchesne I
S. Xlf. LXIX, Harnack, Datierungen, 649f und ders., Chronologie 1,
190f, Waitz 41—59, Holl 31—35. Ohne Begründung äußert Martin 84
Vorbehalte gegen diese Abhängigkeit. Als Anhaltspunkt für einen ter-
172 Kommentar zu Buch 3

minus post für das CM verliert der Liber pontificalis insofern an Wert,
als er in mehreren Redaktionen entstanden ist. Die erste nahm den
Catalogus Liberianus zur Grundlage, eine Liste der Päpste bis Liberius
(352 —366), die ebenfalls die Namensdopplung enthält und auf älteren
Quellen beruht, s. Altaner/Stuiber 472 und Koep 411—413. Über die
Kontamination der Reihenfolge der Bischöfe mit der Liste bei Iren. 3,
3, 3f (der die Namensdopplung nicht kennt), s. Hückstädt 28 Anm. 1;
37 Anm. 1. 2, Duchesne I S. LXXIII, Waitz 59, Funk 138, Holl
28-31. 34.
Caspar 428 — 435 kommt zu dem Schluß, daß die Bischofsliste des CM
ursprünglich aus dem 3. Jh. stammen muß, will 434 Anm. 2 jedoch
daraus keine Schlüsse für die Datierung ziehen. Auch Koep 412 betont,
daß die im CM verwendete Bischofsliste ein hohes Alter haben muß,
da sie Linus als ersten Bischof nennt (276f Petrus... Linum primum
considere iussit) und nicht, wie später üblich, mit den Aposteln be¬
ginnt. Warum er die Liste als dem 4. Jh. zugehörig ansieht, bleibt
unklar. Die Umstellung des Clemens vor Cletus/Anacletus, die im
Catalogus Liberianus zum ersten Mal vorkommt, wird im CM nicht
vorgenommen. Eine eindeutige Quellenzuschreibung ist mithin nicht
möglich. Z. B. haben auch Optat von Mileve und Augustin Namens¬
verschiebungen gegenüber ihrer vermutlichen Vorlage, dem Catalogus
Liberianus, vorgenommen, s. Koep 413.
Die Ketzersukzession ist innerhalb der Bischofsliste andeutungsweise in
der Abfolge Cerdo/Marcion enthalten, die genealogische Fortpflanzung
des Bösen innerhalb der Ketzer spielt also eine im Vergleich zu 1,
152 — 170 geringere Rolle. In anderer Hinsicht bedient sich unser Dich¬
ter jedoch der traditionsgeschichtlichen Argumentation zum Erweis der
unverfälschten orthodoxen Lehre in zweifacher Weise: Das eine Argu¬
mentationsziel ist es zu zeigen, daß die Häresie nicht über ihre Schul¬
häupter (Häresiarchen) hinaus historisch zurückgehen kann, also ihre
Lehre von Menschen bzw. vom Teufel stammt. Daher werden Cerdo
und Marcion jeweils bestimmten römischen Bischöfen zugeordnet, was
ihren zeitlichen Abstand zum Leben Jesu deutlich macht.
Zum anderen wird im Gegenzug die direkte und ununterbrochene
Sukzessionsreihe der Orthodoxen aufgeführt, durch die über die Apo¬
stel für die Kirche ein unmittelbarer Anschluß an Jesus Christus ge¬
währleistet ist. Wie Fellermayr 295 — 298, bes. 296, ausführt, haben
die Bischofslisten sich aus der apostolischen Sukzession heraus entwik-
kelt und wurden mit Vorliebe zur Bekämpfung von Häresien eingesetzt,
da dadurch gleichzeitig die historische Dynamik und die dogmatische,
unveränderliche Tradition berücksichtigt werden konnten. Die Bischöfe
wurden als gegenwärtige Garanten und Verantwortliche für das unver¬
änderliche Glaubensgut angesehen, s. Fellermayr 274 und 289 — 301.
Auf der anderen Seite galten die Apostel als die Nachfolger der Patri¬
archen und Propheten, was anhand der Exegese von Ps 45, 17 pro
Kommentar zu Buch 3 173

patribus tuis nati sunt tibi filii; constitues eos principes super omnem
terram entwickelt wurde (z.B. von Origenes, s. Feilermayr 61 Anm. 1
mit Lit.)•
Im dritten Buch des CM findet sich nun eine konsequente Aneinander¬
knüpfung dieser beiden Traditionsglieder zu einer kontinuierlichen Ket¬
te, wodurch die Falschheit der Häresie gleichzeitig durch ihre Tradi-
tionslosigkeit und Entfernung von Jesus Christus sowie durch ihre
Abstammung vom Teufel gebrandmarkt wird. Vorbereitet wird eine
solche umfassende Sichtweise etwa durch Ambr. Abr. 2, 8, 48 (CSEL
32, 1, 601), wo betont wird, daß es allein der Glaube(nsgehorsam) ist,
der eine (geistige) Verwandtschaft mit Abraham (erst bei Augustin:
Abel!) herstellt und an den einmal gegebenen Segenszusagen Anteil
gewährt, s. Fellermayr 64; vgl. auch Hil. in Matth. 2, 3 (PL 9, 925
C) non... successio carnis, sed fidei hereditas. Dahinter steht eine
Geschichtstheologie, die die Einheit der Heils— und Unheilsgeschichte
auch in der Ketzerbekämpfung zum Ausdruck bringt
277 maxima Roma: Abi. zu locatum in 276; nicht Roma, sondern
Petrus ist das Subjekt zu iussit. Die Sukzession wird eigens betont, da
die Marcioniten Petrus als den Gesetzgeber für die Beschnittenen ab¬
lehnten, s. o. Komm, zu 2, 52 — 54
285 post illum: D. h. Sixtum; die Nominative beziehe ich auf
Telesphorus; nach Iren. 1, 27, 1 und 3, 4, 3 kam Cerdo unter Hygin,
dem achten Bischof, nach Rom; da in 3, 293 Hygin ausdrücklich als
neunter Bischof bezeichnet wird, ist eine Verschiebung denkbar. Wenn
man mit Müller 62 zu 3, 286 die Nominative auf Hygin bezieht,
nimmt man einen unbefriedigenden Anakoluth in Kauf. Widersprüch¬
lich und ungenügend ist auch Hückstädt 7f. 27
290 sacrilegum genus: = Marcion (und damit seine Anhänger)
genuit: Subjekt ist Cerdo, der Lehrer Marcions
dracone: Steht für den Teufel, wie auch in 1, 119. 171; 2, 143. 171;
5, 230. Zu weiteren umschreibenden Bezeichnungen für den Teufel s.
Waitz 25 Anm. 1. Der Vers bildet einen Kontrast zu Apc 12, lff.
Dort will eine Frau den Weltherrscher gebären, den ein Drache, der
vor ihr steht, zu verschlingen droht (Apc 12, 9 draco ille—qui vocatur
Diabolus et Satanas qui seducit Universum orbem). Hier nun kommt
eine "Ausgeburt an Frevel” zur Welt, und das Fauchen des Drachens
dient zur beifälligen Untermalung. Teilweise wurden in der kirchlichen
Literatur auch Häretiker selbst als Drachen bezeichnet, s. Merkelbach
240
291: Zur Funktion der Häresie, die Standhaftigkeit der Rechtgläubigen
zu erproben, s. Brox 265. 274f
295 cui: In der Schrift Hermae Pastor erscheint dem Hermas ein Engel
in der Gestalt eines Hirten und offenbart ihm religiöse Wahrheiten.
Das bei Fabricius überlieferte quia würde bedeuten, daß der Verfasser
Hermas hier mit seinem Werk bzw. dessen Hauptperson, dem Engel,
174 Kommentar zu Buch 3

gleichgesetzt wird; Hilgenfeld favorisiert in der zweiten Auflage seiner


Edition des Hermae Pastor, Leipzig 1881, IV diese Auffassung und
konjiziert dort deswegen qui, was strenggenommen unnötig ist, da
dieser Sinn bereits in der Textfassung des Fabricius zum Ausdruck
kommt. Ich entscheide mich für die von Hilgenfeld in der ersten Auf¬
lage, Leipzig 1866, X vorgeschlagene Änderung zu cui, da mir das
Verständnis sonst zu gewollt erscheint, was m.E. auch der Fall ist,
wenn man, dem Text bei Fabricius folgend, angelicus pastor als Ap¬
position zu Pius auffaßt
296 Anicetus: Gr. \v'xt]tos\ diese Prosodie ist erklärbar durch das
Bestreben, den lateinischen mit dem griechischen Wortakzent zusam¬
menfallen zu lassen
297 hic: Gemeint ist Rom, wie bereits der Zusammenhang zur Genüge
deutlich macht. Somit kann daraus nicht auf den Entstehungsort Rom
für das CM geschlossen werden, s. o. S. 31
302 mirabile monstrum: Dieselbe Klausel kommt viermal bei Vergil
vor, Aen. 2, 680 (Flammenzeichen auf dem Haarscheitel des Iulus); 3,
26 (Laocoon bezeichnet so die aus dem Meer auftauchende Schlange);
8, 81 (die weiße Sau); 9, 120 (die Rückverwandlung der Schiffe der
Trojaner in Nymphen). Da bei Vergil positive wie negative Erschei¬
nungen damit bezeichnet werden, ist ein eindeutiger Rückbezug zum
klassischen Vorbild nicht auszumachen. Opelt 197 bezeichnet den
Ausdruck als ein "Zeugma” (womit wohl der schillernde Charakter des
Ausdrucks gemeint ist), zu dem es keine Parallelen gibt. Zur etymolo¬
gischen Herkunft (<monere) s. Nisbet/Hubbard zu Hör. c. 1, 37, 21
Kommentar zu Buch 4 175

Buch 4

I über: D. h. der populus iuvenis ist Teil des populus novus, der von
der Freien Sara abstammt
3f: Sachlich liegt Mt 23, 10 nec vocemini magistri, quia magister
vester unus est Christus zugrunde. Ähnliches findet sich Barn. 1, 8; 4,
8f und Comm. instr. 2, 12, 1—3. 18, 15. 22, 15. Weitere Belege zu
dieser Solidaritätstopik bei Thraede, Datierung, 95 Anm. 47 und guter
Überblick bei Normann passim. Im CM wird Christus als doctor und
magister in 4, 231 bezeichnet (Stellen bei Prudenz s. Lavarenne 357),
ein Titel, der auch Paulus zugestanden wird, s. o. Komm, zu 2, 46,
was gut zu den dogmatischen Erörterungen des Lehrgedichts paßt. Die
zunehmende Intellektualisierung des Christentums ab dem 4. Jh. be¬
wirkte eine erneute Hervorhebung dieser Tradition, vgl. z. B. Augu¬
stin, De Magistro
10 aemulamenta: Hapax legomenon; es ist eine Anspielung auf die
Schrift Marcions, s. PL 2, 1077 Anm. a "antitheseis”, vgl. Tert. adv.
Marc. 2, 28, 1 adversus Marcionem antitheses aemulas faciam (ähnlich
ibid. 4, 24, 4), eine Taktik, derer sich der Dichter bereits bedient hat,
s. o. Komm, zu 2, 176 — 179
II ipsius ex verbis: Damit ist nicht die Heilige Schrift oder nur der
Schriftkanon Marcions gemeint; das letztere würde gar nicht stimmen,
da im CM ja auch das von Marcion verworfene AT und der
Hebräer— Brief für die Argumentation hinzugezogen werden; es wird
also hier keine Vorgehensweise analog zu der von Iren. 1, 27, 4 ange¬
kündigt. Gemeint sind vielmehr die schriftlichen Einwände Marcions,
vornehmlich die Antithesen, von denen sich der Carmen — Dichter eine
herausgreift (bezogen auf die Opfervorschriften in 4, 57 — 62), um
anhand ihrer Widerlegung ”Heil aus ihr herauszupressen”
monumenta salutis: = Monumenta salutaria, vgl. Waszink zu Carm.
de resurr. 66 mit Parallelen
12 ignotus: Wieder einmal Anwendung des rhetorisch —forensischen
Kampfmittels der retorsio criminis; nicht der wahre Christengott ist
ignotus, sondern der Stifter der marcionitischen Häresie, da er sich
nicht auf AT —Schriften stützt (sine lege)
14 rudis: = catechumenus, vgl. Rönsch 336f
16 ergo: Zur lebhaften Einführung eines neuen Gedankenganges, s. o.
Komm, zu 1, 189
deus cunctis mortalibus unus: Zwei chiastisch gestellte Kontrastbe¬
griffspaare AbBa; die Vorstellung ist sehr beliebt, ähnlich etwa bereits
Tert. Scap. 2, 1; auch CM 2, 136
18 fons vitae, potus: Zwei Gottesprädikationen, die aus der biblischen
Bildlichkeit entstanden sind, vgl. Ps 35, 9 ex torrente deliciarum
176 Kommentar zu Buch 4

tuarum potabis eos, ibid. 10 apud te est fons vitae und Prv 18, 4 aqua
profunda, ... torrens redundans, fons sapientiae. Zur begrifflichen
Unterscheidung von fons und fluvius ( = hier: potus) in bezug auf
Jesus Christus vgl. Primas, in apoc. 5, 22 (CCL 92, 300) fons eo,
quod in se incommutabilis maneat, fluvius, quod ad satietatem sancto-
rum se largiter et iugiter praebeat
sapientia creditus omni: Bezüglich dieses Textes von Fabricius wurden
von Rigaltius bis Müller viele unbefriedigende und unnötige Verbesse¬
rungsvorschläge gemacht. Zur Konstruktion vgl. z. B. Ov. epist. 20,
105 (Dörrie) fera creditus (sc. Actaeon) und allgemein TLL IV 1139,
51 ff; zu sapientia omni im Sinne von sapientia omnium rerum s. TLL
IX 613, 70ff. Diese Bedeutung findet sich bereits bei Tert. adv. Marc.
2, 15, 3 omnis prudentia dei, was Thörnell 55 mit ”die vollkommene
Voraussicht Gottes” wiedergibt; hier also ”der für allumfassend weise
gehalten wird”, vgl. Col 2, 3 in quo (sc. Deo) sunt omnes thesauri
sapientiae et scientiae absconditi
19 protulit: Auch in 4, 222, der Ausdruck charakterisiert die Schöp¬
fungstätigkeit Gottes, s. Smolak, Agrest., 84 zu Agrest. 38
21f: Vgl. Iuvenc. prol. 1—5, wo Gott die Zeit als Vergänglichkeits¬
faktor erschafft. Zu diesen Versen s. auch o. S. 35
23 infemi: "Unterwelt”, spätestens ab Prop. 2, 1, 37, s. TLL, s. v.,
VII 1, 1371, 35ff und 1372, 70ff für den christlichen Gebrauch ab der
Vetus Latina
locator: — creator, s. TLL VII 2, 2, 1556, 41 und Cypr. Gail. gen.
1 principio dominus caelum terramque locavit
24 spiritus: Hier zur Benennung des Schöpfergottes; allgemein läßt sich
bei christlichen Dichtern eine uneinheitliche, nicht immer streng dog¬
matische Terminologie beobachten, was seinen Grund unter anderem
auch in der poetischen Zielsetzung hat. Zudem ist der Ausdruck hier
beeinflußt von Gn 1, 2 terra autem erat inanis...et spiritus Dei fereba-
tur super aquas
28f: Beliebte Reihung, vgl. Sedul. c. pasch. 1, 312f
30 clamitat esse: Sc. deus filium; außer den Ankündigungen eines
Messias im AT vgl. Gal 3, 16
34 — 36: Häufung von Relativsätzen, die alle auf deus in 33 zu bezie¬
hen sind. Dieser Gebrauch ist der Umgangssprache entlehnt und dient
dem Ausleben der Affekte, s. HSz 694. 821
34 curvare: Inf. praes. statt inf. fut., was in der Spätantike häufiger
vorkommt, auch nach Verba sentiendi, s. HSz 358; inhaltlich vgl. die
Ankündigungen Is 45, 23; Rm 14, 11; Phil 2, 10
fatetur: In passiver Bedeutung schon bei Cic. leg. agr. 2, 57 (ager)
qui publicus esse fateatur
35 patria: Ungewöhnliche Wortwahl bei der Wiedergabe von Eph 3,
15 e£ ov iraoa irargLa iv oupaj'ois xai ein yrjs ovoiia^eraL (vulg.
paternitas). Nach Jülicher 633 gibt es keinen weiteren Beleg für diesen
Kommentar zu Buch 4 177

Gräzismus, was nicht stimmt, vgl. weitere Stellen im Apparat der


Vetus —Latina — Edition des Epheser —Briefes von Frede zu Eph 3, 15.
Die weite zeitliche Streuung der Belege läßt keine Eingrenzung dieser
Erscheinung auf eine bestimmte Zeitspanne zu; S. Lundström, Uberset¬
zungstechnische Untersuchungen auf dem Gebiete der christlichen
Latinität, Lund 1955, 94 — 97 schließt aus den vorhandenen Belegen,
daß patria in der Bedeutung "Geschlecht, Familie” nur im Überset¬
zungslatein gebraucht worden ist; bereits Oxe 27 schloß auf einen
griechischen Bibeltext als Vorlage. Zum inhaltlichen Verständnis der
Stelle s. Gnilka 181f; durch die Paronomasie -KarrjQ — ira.TQia wird
der Zusammenhang Schöpfergott/von ihm abhängiges Geschöpf zum
Ausdruck gebracht, also "von dem her jedes Geschlecht im Himmel
und auf der Erde den Namen hat”
36 zelat: Der Gebrauch des Wortes ist auf den biblisch —christlichen
Literaturbereich beschränkt, s. Rönsch 249
36f summo pietatis amore | ut pater: Pietas von Gott ("Huld, Barm¬
herzigkeit”) auch in 1, 122. 178. 233. 238; 2, 106; 4, 50. 211; 5,
110. Da der Begriff pietas stark mit pagan — religiösen Assoziationen
behaftet war (falsch Dörrie 23, der ihn als neutral bezeichnet; s. richtig
zuletzt C. Mayer 1190, wird er von Gebildeten im Zusammenhang mit
dem Christengott in der Regel gemieden, bei Tertullian etwa wird er
nie als Gottesprädikation verwendet, ebensowenig wie in der griechi¬
schen Fassung von AT und NT die analoge evoeßeia, s. Kittel s. v.
oeßoiiaL 175 — 182; auch Hieronymus meidet das Substantiv, indem er
es durch misericordia und miseratio ersetzt. Als Konzession an den
liturgischen Gebrauch setzt er aber viermal als Attribut pius, vgl. Aug.
civ. 10, 1 ...ex qua loquendi (sc. more vulgi) consuetudine factum est,
ut et deus ipse dicatur pius und Solignac 1715, der Stellen für die
pietas des Christengottes aus dem Sacramentarium Veronense (vermut¬
lich im 5./6. Jh. zusammengestellt) nennt. Auch in einer Gruppe altla¬
teinischer Bibelversionen sowie in Predigten vor 300 taucht pietas zur
Bezeichnung Gottes auf, s. Dürig, Pietas, 156 — 160. Da nach dem
Ende der Verfolgungen ab dem 4. Jh. die formale Seite des christli¬
chen Kultes vielfach von den Zeremonien des Kaiserhofs beeinflußt
worden ist (Dürig, Pietas, 169), konnte in christlicher Dichtung die
pietas Gottes (in Analogie zu der des Kaisers) gepriesen werden, nicht
bei Iuvencus, aber z. B. Claud. carm. min. 31, 48 und Prud. ham.
120 pietatis amor (zu der in der Spätantike beliebten tautologischen
Konstruktion mittels des Genitivs der Identität s. Lavarenne 116f), der
daneben auch die pietas principis in praef. 20 kennt. In einem heidni¬
schen Pendant appelliert bereits Aeneas in Verg. Aen. 5, 688 an Jupi¬
ters pietas antiqua
40 legitimos: Vgl. Comm. instr. 2, 21, 12 sentit iniquus, legitimus
autem non sentit poenas
44 cataclysmo: Griechische Entsprechung zu diluvium, die in Christ-
178 Kommentar zu Buch 4

lichem Kontext Tert. Scap. 3, 2 und z.B. bei Hieronymus, Gregor von
Tours vereinzelt vorkommt, s. TLL, s. v., III 587, 58 — 78 (sub Noe)
45 gente quarta: S. Ex 20, 5 und Dt 5, 9 (Gott nimmt bis in das dritte
und vierte Glied Rache an einem Geschlecht)
46: Gott gewährte den Patriarchen seine Gunst jeweils etwa 900 Jahre,
da die meisten von ihnen, von Adam bis Noah, je zwischen 900 und
950 Jahre alt wurden, vgl. Gn 5, 4f; 9, 28f
49 — 56: Zur Datierung s.S. 31. Zur Umstrittenheit der Erbsündelehre
im 4./5. Jh. s. Gross 246 — 254. 291. Vgl. die (retrospektiv gesehen)
orthodoxen Erörterungen über die Schuldhaftigkeit der Seele ab der
Geburt des Menschen bei Prud. apoth. 900 — 923, der jedoch (noch?)
nicht auf die Problematik früh verstorbener Kinder eingeht. Eine ande¬
re Haltung als im CM findet sich Comm. instr. 2, 6, 4f (von Kindern,
die vom hostis gefangen werden) Nec quidem excuso: ob delicta forte
parentum | fuere promeriti, ideo Deus tradidit illos. Auffallend ist die
Übereinstimmung des CM mit Ps. Prosp. carm. de prov. 839 — 847
52 soboles: Bei Fabricius statt suboles; zur Schreibung von o statt u im
Zuge biblischer Tradition s. Rönsch 464, der aber selbst 454 Anm.l
auf die unsichere handschriftliche Gewähr solcher Erscheinungen auf¬
merksam macht. Z. T. archaisierend findet sich diese Schreibung auch
auf Inschriften, s. Leumann 63
57 — 61: Der Dichter greift hier anhand eines Punktes den Argumenta¬
tionsansatz der Marcioniten auf, die in bestimmten Vorschriften und
Aussagen des AT einen Widerspruch zum NT zu sehen meinten. Im
folgenden sucht er diese Einwände durch die typologische Auslegung
der entsprechenden AT —Stellen zu entkräften, eine Vorgehensweise,
die bereits in Buch 3 besonders konsequent zur Anwendung kam.
Legitimiert wird sie dadurch, daß sie bereits im NT vorkommt, und
zwar gerade bei dem marcionitischen Gewährsmann Paulus (im Gala¬
ter— und Hebräer— Brief; der Galater — Brief war im Gegensatz zum
Hebräer— Brief in den Kanon Marcions aufgenommen worden). Zudem
ist die Typologie durch ihre Anschaulichkeit gut für dichterische Zwek-
ke geeignet, s. Kirsch, Altes und Neues, 395 und ders., Strukturwan¬
del, 49. 51 (allerdings sehr allgemein). So kommt ihr auch große
Wirkungsmächtigkeit zu, z. B. zog sich die typologische Verbindung
Adam/Jesus Christus durch das ganze Mittelalter, s. Auerbach 19 — 24.
Für die bis Vers 201 durchgeführten komplizierten und anspruchsvollen
Typologien in Anlehnung an Hbr 9 und 11 lassen sich bei den Kir¬
chenvätern keine befriedigenden Prosavorbilder finden; auch innerhalb
der christlichen Dichtung stellt unsere Passage einen Sonderfall dar.
Denkbar wäre als Vorbild bzw. Quelle Origenes, dessen Hebräer¬
brief—Kommentar jedoch verloren ist. Greer 7 — 64, der sich mit der
Behandlung des Hebräerbriefes in den erhaltenen Schriften des Orige¬
nes beschäftigt, enthält keinen Anhaltspunkt. Die spätere griechische
Exegese rekurrierte auf den Hebräerbrief für dogmatische, hauptsäch-
Kommentar zu Buch 4 179

lieh christologische Spekulationen, wobei die Typologie eine unterge¬


ordnete Rolle spielte. Im Westen dagegen sind bis zum 6. Jh. gar
keine speziellen Hebräerbrief-Kommentare erhalten bzw. bezeugt, s.
Riggenbach 2f, was ein Durchgang durch Frede, Kirchenschriftsteller,
bestätigt. Mögliche Vorbilder könnten also nur griechische Exegeten
(eventuell in lateinischer Übersetzung) oder marginale Bemerkungen
lateinischer christlicher Autoren sein. Das Interesse im CM am Hebrä¬
erbrief ist auffallend, zumal im Zusammenhang mit der bis in das 4./5.
Jh. umstrittenen Autorschaft des Paulus
57 iubet: Vgl. die diversen Opfervorschriften, besondes Lv lff
59 lapidum praesenti morte minatus: ”Mit unverzüglichem Tod durch
Steinigung drohend” (Sj.: Gott), besonders bei Vergehen religiös — sitt¬
licher Natur, s. Lv 20, 27 (Wahrsager), Lv 24, 16 (Gotteslästerung),
Nm 15, 35 (Sabbatschändung), Dt 17, 2 — 5 (Götzendienst), Dt 22,
22 — 24 (Ehebruch)
60f: Vgl. Is 1, 10 — 15; Ier 6, 20; Hos 6, 6; Mal 9, 13; 12, 7 sowie
Io 7, 53—8, 11 zur Forderung Gottes, ihm keine blutigen Opfer dar¬
zubringen
62 verax, iustus: Die Gottesprädikationen sind hier in ihrem eigentli¬
chen Sinn gebraucht. Verax ist der, der in seinem Handeln zu seinem
Wort steht, s. dazu allgemein Braun 75; iustus ist Gott, da er sich an
den mit den Menschen geschlossenen Vertrag ("Bund”) hält, s. TLL,
s. v., VII 2, 1, 724, 51ff mit Belegen. Der Ausdruck erhält hier be¬
sondere Emphase, da die Marcioniten den gerechten Schöpfergott ab¬
lehnten
64 fidei: Sc. christianae; vgl. C. Becker, Fides, 827 — 829
imagine: = umbra, s. TLL VII 1, 410, 36
65 speculum: Vgl. 1 Cor 13, 12 videmus nunc per speculum in enig-
mate, tune autem facie ad faciem; ähnlich Hbr 8, 5; 10, 1; Col 2, 17;
im CM auch 2, 68f. 85 und 3, 43
66: Kombination von Lv 16, 1 — 11 (Ritual für den Versöhnungstag:
Opferung eines Jungstiers und zweier Böcke) und Nm 19, 1 — 10 (zur
Herstellung des Reinigungswassers ist die Asche einer roten Jungkuh
erforderlich) mit Hbr 9, 13f
70 aquae mixto: Zu miscere mit Dat. s. HSz 115
vates: = Moses, s. Hbr 9, 19 — 21
71 propriam spem: Die im eigentlichen Sinn nur auf das Tieropfer
bezogene Hoffnung (auf Versöhnung); im Wahrheit stellt das Tieropfer
— wie die Gläubigen auch wissen — nur eine Präfiguration des ei¬
gentlichen Versöhnungsopfers durch Jesus Christus selbst dar
77 dicatum: = consecratum, s. Io 2, 19 — 22 templum corporis sui
81 mundavit: In der Bedeutung "heilen” s. TLL, s. v., VIII 1628, 45ff
82: Zur Vorstellung der Besprengung mit Worten s. Dt 32, 2; Eph 5,
26; zur aspersio sanguinis Iesu Christi s. 1 Pt 1, 2 sowie Mt 26, 28
86 intra velamen: Sachlich unscharf, s. Nm 19, 4 asperget contra fores
180 Kommentar zu Buch 4

tabernaculi. Der Ausdruck ist so gewählt, um eine deutlichere Korre-


sponsion zum NT (s. u. 4, 94) zu gewinnen, nämlich in chiastischer
Stellung 86/94 intra velamen (caeli) und 87/90 extra... (zu castra s.
Nm 19, 3. 6f und Hbr 13, 12f); die Formulierung intra wurde eventu¬
ell auch beeinflußt durch Lv 16, 15 (bezogen auf das Blutopfer vom
Bock, um das Heiligtum zu entsühnen) inferet sanguinem eius (sc. hirci
mactati) intra velum sicut praeceptum est de sanguine vituli (Lv 16, 14
macht deutlich, daß das Blut des Jungstiers ebenfalls hinter den Vor¬
hang getragen wurde, damit mit ihm die Opferplatte besprengt werden
konnte). Aug. quaest. num. 33, 2 — 8 (CCL 33, 255 — 258) bezieht
diese Bibelstellen ebenfalls auf den Tod und die Auferstehung Christi,
weicht in den Einzelheiten jedoch von unserer Fassung ab
93 auctor: = venditor ( = TTQarrjs), s. TLL II 1194, 62
94 velamen: Vgl. Hbr 6, 19f. 10, 19f
95 multorum — unus: Beliebte Antithetik, vgl. 4, 98 mortalibus —
viva; 4, 99 cunctis — unam und 2, 136. 141
98 corpus...hostia: S. Hbr 10, 5. 10
101 ex duobus populis: Richtig Rambaux 43 ”juif et paien” gegen
Thelwall 363 Anm. 5 "Jewish and Christian”. In seinen Briefen wen¬
det sich Paulus oft gesondert an diese beiden Gruppen, z. B. Rm 2,
12 — 16. 17 — 29, ähnlich wie Commodian in seinem quasihexametri¬
schen Carmen, das von J.B. Pitra deshalb Carmen apologeticum adver-
sus Iudaeos et gentes und von J. Martin Carmen de duobus populis
genannt wird. Zur Unterscheidung nannten sich die Christen gerne das
tqltov yevos (tertium genus)
sine fructibus: Mt 7, 16 a fructibus eorum cognoscetis eos; s. auch Prv
12, 14 und Gal 5, 22. Zu fructus im übertragenen Sinn vgl. TLL, s.
v., VI 1391f, bes. 1392, 6ff
102 in evangelio: Vgl. Mt 25, 31—46; am Tage des Weltgerichts wird
der Menschensohn die (guten) Schafe zur Rechten, die (sündigen)
Böcke zur Linken aufstellen. Aus dem folgenden wird deutlich, daß
der Dichter die Mitglieder der duo populi zu den Böcken bzw. Un¬
fruchtbaren zählt, während einige Gerechte als die guten Schafe bzw.
Fruchtbaren im Endgericht über erstere triumphieren werden
et: = Et explicativum, s. HSz 484 und Rambaux 43 Anm. 9
105: ÜbersetzungsVorschlag bei Rambaux 44 "Ainsi, ä la fin, les
hommes qui ont porte du fruit ont mis derriere le voile ceux dont
l’activite fut sterile”; ich interpretiere etwas anders und belasse vor
allem die abstrakten Substantiva
107 Lazaro ut dives iniquus: Falsch ist die Auffassung von Thelwall
364 Z 138f mit Anm. 2, der interpretiert, daß der Reiche durch Laza¬
rus verworfen wurde
lllf: Als Ort des goldenen Räucheraltars wird hier das Allerheiligste
angegeben wie in Hbr 9,4, während er sich nach Ex 30, 6 — 8 im
Heiligsten befindet. Das CM folgt dem neutestamentlichen Befund,
Kommentar zu Buch 4 181

ebenso wie in der typologischen Behandlung der alttestamentlichen


Vorlage
114 caeli colore: Vgl. in 4, 162 aeriae pelles; Thelwall 364 Anm. 5
nimmt an der Farbbezeichnung Anstoß wegen Nm 4, 6 mit den Be¬
zeichnungen ianthinus und hyacinthinus, beides violett —purpur, s.
Andre 196 — 198; auch wenn in dem uns erhaltenen Material der Him¬
mel nirgends so beschrieben wird (s. TLL VI 3, 3126, 30ff und VII
133, 39ff), ist diese dichterische Umformung doch vorstellbar, vor
allem um die Analogie zu 4, 162f zu stützen, s. u. Komm, zu 4, 162.
Zudem wird diese Formulierung begünstigt durch Orig. hom. in Ex. 9,
3, der bei der Ausdeutung der Tempelgegenstände schreibt: colore
pellium ... hyacintho spes regni coelorum (sc. conferri potest). Schon
in der Bibel wurde zudem zwischen rotem und blauem Purpur unter¬
schieden, lateinisch ausgedrückt in dem Gegensatzpaar purpura/hyacin-
thinus, wobei letzteres den blauen Purpur bezeichnet (Ex 35, 6 u. ö.),
ähnlich ist auch der Gegensatz pelles rubricatae/pelles ianthinae in Ex
25, 5, vgl. Ex 26, 14. Zur Technik des Wollefärbens allgemein s.
Svennung, Compositiones Lucenses, 38
117 nucis: So verbessern Oxe und Müller das bei Fabricius gebotene,
sinnlose crucis, mit dem richtigen Verweis auf 4, 176; vgl. Nm 17,
8...invenit germinasse virgam Aaron...et...eruperant flores qui...in
amigdalas (hier: nucis germina) deformati sunt
118 ipsi: = nuci
styracis: Der Styrax oder Storax (Styrax officinalis L.) ist ein
buschartiger Baum, der Quitte ähnlich, der ein wohlriechendes Harz
liefert, s. Svennung, Compositiones Lucenses, 187
tarnen: = nam, enim (dann meist nachgestellt, s. HSz 497); Gn 43,
11 erwähnt getrennt styrax und amigdala, falsch ist deshalb die Ineins¬
setzung bei PL 2, 1081 Anm. a
119 Cherubim: S. u. Komm, zu 4, 189
120 sagmina: In Ex 25, 22 u. ö. sowie in Hbr 9, 5 lautet der Aus¬
druck propitiatorium, d. h. die auf der Bundeslade liegende Sühneplat¬
te, die am Versöhnungstag mit dem Blut des Sühnopfers bespritzt
wurde. Nach altrömischer Anschauung (s. z. B. Naev. carm. frg. 2
Strzelecki; Liv. 1, 24, 4) handelt es sich bei sagmen um ein heiliges
Kraut, das auf der arx wächst, unverletzlich macht und bei offiziellen
Handlungen benutzt wurde; s. Isid. orig. 17, 9, 55 eam (sc. hierobota-
nen) pontifices sagnien appellabant, quasi sancimen. Die allgemeinere
Vorstellung als "Mittel, das unverletzlich macht” könnte zu dieser
Übertragung geführt haben
122 aheno: Ahenum ist substantiviertes Adjektiv; ahenus = aeneus (h
ist Vokaltrennungszeichen, s. Leumann 139), was die ältere Form für
aereus ist (Leumann 205); s. Ex 27, 2 et operies illud (sc. altare) aere
und s. u. Komm, zu 4, 132
182 Kommentar zu Buch 4

123 undique: Hyperbolische Ausdrucksweise für die beiden Seitenver¬


zweigungen des Leuchters
128 septemplex spiritus: Als spiritus septiformis wird er im Decretum
Damasi 556 (Turner) im Jahre 382 erwähnt; vgl. Is 11, lf und Apc 1,
4
132 typum terrae: Vgl. Victorin. Poetov. apoc. 6, 4 et aerea (sc. ara)
terra intellegitur und s. u. Komm, zu 4, 145
133 operae: Sc. factae sunt; operae = sacrificia nach Thelwall 366
Anm. 1 und Müller 64 ad 1.
136 istic: = Golgatha, korrespondiert zu hic in 133 im Sinne der
typologischen Entsprechung; s. auch Müller 65 zu 4, 136f
139 animas pro nomine passas: Vgl. Apc 6, 9 animas interfectorum
propter verbum dei et propter testimonium quod habebant
142 istic: Thelwall 366 Anm. 6 "beneath the altar”
interdum requies: S. Apc 6, 11 (nachdem die verfolgten Seelen laut
um Rache gerufen haben) et dictum est illis ut requiescerent tempus
adhuc modicum donec impleantur conservi eorum
sub corpore terrae: Hier ist die typologische Beziehung, die in 140 mit
sub ara noch beibehalten ist, unvermittelt aufgelöst
144 Abrahae sinus: Parallelen bei Müller 51f zu 144 — 146; die Be¬
zeichnung findet sich Lc 16, 22f, wo der Reiche in der Hölle von
weitem den armen Lazarus im Schoße Abrahams erblickt, was bereits
in 4, 107 anklang
145 altior a tenebris: "Höher gelegen als die Unterwelt” (deshalb
nochmals affirmativ in 146 sub terra tarnen), s. Victorin. Poetov. apoc.
6, 4 terra ( = locus in 143)...sub qua est infernum, remota a poenis
et ignibus regio (vgl. CM 4, 145b), ähnlich auch bereits Tert. adv.
Marc. 4, 34, 13 eam itaque regionem, sinum dico Abrahae, etsi non
caelestem, sublimiorem tarnen inferis; deshalb falsch Thelwall 366
Anm. 7 "deeper than the glooms”
146 tarnen <est>: Da tarnen im CM sonst stets pyrrhichisch gemes¬
sen wird, folge ich Müller; die Verbesserungsversuche von Oxe 15 und
Buecheler (zit. bei Oxe 15 Anm. 3) sind unbefriedigend
haec: Assimiliert, bezieht sich auf locus in 143; vgl. bereits diese
Erscheinung bei Enn. ann. 20 (Skutsch) Est locus Hesperiam quam
mortales perhibebant, was sonst außer bei Lucrez von den klassischen
Dichtern gemieden wurde; falsch Müller 65 ad 1. (richtig dagegen, sich
selbst widersprechend, zu 4, 147)
147 in quo: Zu beziehen auf locus in 143; der Vers verweist zurück
auf 4, 104 — 109. Müller 97f bezeichnet dies als Ausgestaltung durch
den Verfasser des CM
148 recludit: "Verschließt” (nämlich das Allerheiligste); auch das Fol¬
gende nimmt Bezug auf Hbr 9, 6 — 10
149 aetema cultura: "Fortwährender heiliger Dienst”, synonym zu
temporis usu, s. Hbr 9, 6 semper mtroibant sacerdotes; für diese
Kommentar zu Buch 4 183

Bedeutung von aeternus geben Krebs/Schmalz 122 bereits Belege aus


Caesar und Livius; im Gegensatz dazu Müller ad 1., die den Ausdruck
parallel zu 157 caelesti cultu sieht, was aber vom logischen Zusam¬
menhang her schwierig ist
150 quamvis: Beim Partizip stehend, was schon in der augusteischen
Dichtung vorkommt (s. HSz 385)
154 caelestes plagae/celata sancta: Oxe 17 bezeichnet dies als "schlech¬
te Etymologie”; laut Klinck 87 ist Cassiod. in psalm. 113, 24 (cae-
lum...quod intra se celet universa) "wohl der Initiator dieser Umfor¬
mung” (sc. aus Varro ling. 5, 18 caelum dictum...contrario nomine
celatum, quod apertum est, ... sed non minus illud alterum de celando
ab eo potuit diei, quod interdiu celatur, quam quod noctu non celatur),
die einer Anpassung an das christliche Dogma entspricht und ab Beda
viele Nachfolger fand, s. Klinck 87 Anm. 96 und 97. Diese Stelle im
CM jedoch ist ein Beleg vor Cassiodor; da dieser kompilatorisch Wis¬
sen zusammentrug, ist es schon deswegen nicht schlüssig, bei ihm
Originalität zu erwarten. Weitere Etymologien von caelum/coelum
greifen auf xoiXor- oder coelatum ( = caelatum) zurück; trotz der
Schreibweise coelatum bei Fabricius erfordert der Zusammenhang die
Verbesserung celatum
156: Sc. declarat, analog zu 4, 126f
158 ligatür: Dieser von Fabricius gebotene Text ist zu halten, da
signantür von Müller, das Willems übernimmt, vom Sinn her kaum
verbessert und zudem prosodisch völlig unhaltbar ist. Vgl. Thelwall
367 Z 206f ”no shade is herein bound, but persons real” und Hbr 9,
23 Necesse est ergo exemplaria quidem caelestium his mundari, ipsa
autem caelestia melioribus hostiis quam istis
158f: Als Argumentationsziel will der Dichter zeigen, daß das interius
templum keine Präfiguration mehr darstellt, sondern die Erfüllung der
Heilsgeschichte ist
161: Vgl. Is 11, 1 et egredietur virga de radice Jesse et flos de radice
eius ascendet 2 et requiescet super eum Spiritus Domini
162 aeriae: S. o. Komm, zu 4, 114 und Est 8, 15
Mardocheus.-.fulgebat vestibus regiis hyacinthinis videlicet et aerinis.
Die Bedeutung "himmelblau” ( = gr. aegivov) wird ähnlich schon
bei Ov. ars 3, 173f mit aeris color beschrieben
caro...: Vgl. 2, 148
165 pace data: Gemeint ist der Friede der Endzeit
166-181: Laut Müller 99f bildet das CM für diese Ausdeutungen die
einzige Quelle
166 camis: Bei Fabricius; panis von Müller (wegen Hbr 9, 4 urna
aurea habens manna) stellt eine gewaltsame Verbesserung dar. Zum
einen ist das nochmalige Aufgreifen von caro (wie in 162 und 165) bei
einer Argumentation gegen die Marcioniten sinnvoll, da diese ja einen
184 Kommentar zu Buch 4

tatsächlichen Leib Christi und dessen Auferstehung leugneten. Zum


anderen käme dann der manna erklärende Relativsatz in 168 zu spät
168: Zur Erklärung von manna vgl. Orig. hom. in Num. 10, 3 urna
habens caelestem cibum mannae, thesaurus utique est verbi divini
176: S. o. Komm, zu 4, 117
177 sanguine: Abi. quäl., s. 5, 189 — 197 (Argumentation gegen den
Scheinleib durch die Abendmahlsszene)
178f: Gemeint ist, daß so, wie der Stab vom Styrax — Strauch eine
ihm selbst bzw. diesem Strauch unähnliche Nußfrucht hervorgebracht
hat, Maria (wie alle Menschen der Sterblichkeit unterworfen) eine vom
Heiligen Geist erfüllte, unsterbliche, also ihr in dieser Hinsicht unähn¬
liche Frucht geboren hat. Diese Auslegung ist selten, meist wird der
Stab Aarons auf Jesus Christus selbst gedeutet, z. B. Ps. Ambr. mans.
15 (PL 17, 25) arida virga Aaron quae postea miraculo germinavit,
Christi caro est, quae virga dicitur a propheta; egredietur virga de
radice Iesse (Is 11, 1). Haec arida floruit, quia mortua resurrexit
182 ara: Der Altar im Himmel ist eine dem AT geläufige Vorstellung
(Ex 25, 9. 40; Nm 8, 4) und wird in der Apokalypse mehrmals er¬
wähnt (6, 9; 8, 3. 4; 9, 13; 11, 1; 14, 8)
188 incensum: ”Räucherwerk”, vgl. Apc 8, 3f
189—194: Kontamination verschiedener biblischer Vorstellungen: Ex
25, 18 u. ö. (zwei Cherubim), Ez 1, 6 (vier Cherubim mit je vier
Gesichtern und Flügeln), Apc 4, 6 —8 (vier Lebewesen vor dem Thron
Gottes mit je sechs Flügeln; s. auch Is 6, 2 sechsflügelige Seraphe).
Die bei Victorin. ad apoc. 4, 5 — 8 gebotenen Zusammenhänge erklären
die typologischen Verflechtungen im CM nicht zur Gänze, s. Martin
84 gegen Holl 25f
189 nam: Anknüpfend in der Bedeutung "ferner”, s. HSz 505f; ebenso
in 4, 209
193 veteris praeconia verbi: Für die seltene Zählung des AT in 24
Büchern ist Victorin. Poetov. apoc. 4, 5 der erste Zeuge (er verbindet
dies mit den vier sechsflügeligen Lebewesen und den 24 Ältesten aus
der Apokalypse), s. Zahn 338
195 caelestia verba: Auch in 4, 231; wird gerne von prophetischen
Äußerungen gesagt, s. Waszink zu Carm. de resurr. 361
196 contectus: "Typologisch verhüllt”, was die Änderung bei Oehler
und Müller (vgl. Thelwall 369 Z 256) unnötig macht. Für die Aussage
in 196f konnten Hückstädt 30 Anm. 2 und Müller 52 ad 1. keine Paral¬
lelen finden
198f: S. o. Komm, zu 4, 193
203 soliis...insuper altis: Insuper mit Abi. loc. seit Vitruv, s. HSz
282; vgl. Apc 4, 4...et super thronos viginti quattuor seniores seden-
tes...et in capitibus eorum coronas aureas
204 cohibentibus omnia mira: Da die Ältesten um den Thron Gottes
herum sitzen, der in Apc 4, 3. 5 beschrieben wird
Kommentar zu Buch 4 185

205 sub igne: Gemeint ist der den Thron Gottes umgebende Regenbo¬
gen (Apc 4, 3 iris), der gerne mit der Vorstellung ”Feuer” in Verbin¬
dung gebracht wird, so z. B. in Gn 9, 13 statuam, inquit (sc. Deus),
arcum meum in nubibus, ne iam aquam timeatis sed ignem; Victorin.
Poetov. apoc. 4, 3 Iris autem circum solium ardentem colorem habet;
Amm. 20, 11, 26 umoris spiramina ...disiecta...igneum orbem irimque
conformant
207 intus et exterius: Zu dieser Lage der Augen vgl. Apc 4, 6
quattuor animalia plena oculis ante et retro
209 nam: = "Ferner”, wie in 4, 189
vitreum mare: Subjekt, sc. significat aus 208
dona lavacri: Vgl. Victorin. Poetov. apoc. 4, 6 mare vitreum simile
crystallo donum baptismi
212 pavimentum: = trepidatio; gemeint ist das Weltgericht. Es handelt
sich hierbei um eine kühne Übertragung des Begriffs (m. W. ohne
weitere Parallelen), die durch die etymologische Verknüpfung unter¬
stützt worden sein könnte, die noch belegt ist bei Isid. orig. 10, 230
pavidus est, quem vexat trepidatio mentis, habet cordis pulsationem,
cordis motum. nam pavere ferire est, unde et pavimentum.
213 sibi anticipare volentes: "Indem sie für sich einen Vorsprung zu
gewinnen suchen” (nämlich durch das Verrichten guter Werke aus dem
Glauben heraus bzw. durch rechtzeitige einsichtige Reue und Umkehr);
vgl. Müller 66f zu 211—214
222 protulit: S. o. Komm, zu 4, 19
231 doctoris magistri: Kontrastierender Rückbezug zum Anfang des
Buchs (4, 3); doctor ist hier adjektivisch gebraucht; zur Adjektivierung
von Substantiven s. HSz 157 — 159
232 monumenta: = admonitio
186 Kommentar zu Buch 5

Buch 5

1 — 18: Zäsurbildendes Binnenprooimion, das literarisch aus der interfa-


tio entwickelt wurde. Die Unterteilung der langen Abhandlung dient
zur Verringerung des taedium (Quint, inst. 4, 2, 50) und entspricht
dem Anspruch eines Lehrgedichts auf Systematik. Vgl. Hes. Th.
963 — 968 (der Verfasser dieser Passage ist umstritten), Arat. 758 —
772, den Eingang von Lucr. 1. 3. 5 und Verg. georg. 1, 1—5a, sowie
in der Epik z. B. Apoll. Rhod. 3, 1—5 und Verg. Aen. 7, 37 —45a,
in lehrhafter christlicher Prosa z.B. Lact. inst. 6, 1 und Aug. trin. 3,
1. In der christlichen Dichtung war es allgemein beliebt, dem Werk ein
Vorwort beizugeben, oft ebenfalls in einem (unter Umständen diver¬
gierenden) Metrum, vgl. dazu mit Beispielen Kartschoke 55 — 78.
Claudian hat Präfationen zu den späteren Büchern mancher Gedichte.
In einem auffallenden Unterschied zum CM findet sich dort aber nie
eine so schematische Inhaltsübersicht, sondern es wird z. B. dem Lob¬
preis Raum gegeben (u. a. Epikurs bei Lucrez, von Politikern bei
Claudian). Die hier gebotene Form erinnert eher an später entstandene,
metrische Zusammenfassungen von Epen, wie Vergils Aeneis, Anthol.
Lat. I 1. 653. 654 (Riese) oder Statius’ Thebais, Hg. Klotz/Klinnert
476 — 482. 588 (Argumenta Antiqua). Gattungstheoretisch entspricht
dies der Kontamination zweier Gattungsstränge, nämlich der Binnen-
prooimien— und der Argumenta —Tradition
5 coniuncta: "Typologisch mit dem NT verbunden”
docet: Aber vgl. 4, 3
6 dives: S. o. Komm, zu 1, 199
10 maiorum natu: Etymologisierende Übersetzung von presbyter, s.
Thraede, Datierung, 95
12: Vgl. 3, 300-302
relictus: Thelwall 371 Z 16 ”cast forth with his brood”; die Konjektur
und das Verständnis bei Müller 67 ad 1. sind unzutreffend
14 typum: Sc. eius (masc.), wovon quae abhängig ist; zur Assimilation
s. o. Komm, zu 4, 146
27f sequentes | culpamusque: Noch häufiger im CM, was für den
spätantiken Sprachgebrauch charakteristisch ist, wird ein Ptz. mit einem
verbum finitum koordiniert, s. HSz 389. Nach sequentes ist eine Ellip¬
se von sumus zu denken
30 ancipiti quamquam cum crimine: Thelwall 372 Z 39 ”although with
double risk”
31 quis nunc ergo: Der Text bei Fabricius ergibt keinen guten Sinn.
Mein Textvorschlag vermeidet den Hiat bei Rigaltius
40 homo interior: = 6 eoos aVögco7ros in 2 Cor 7, 22 ( = anima);
Rm 7, 22 und Eph 3, 16; auch in CM 5, 62. 90; zu diesem Theolo-
Kommentar zu Buch 5 187

gumenon s. Smolak, Agrest., 20f. Der paulinische Terminus hat eine


komplizierte Vorgeschichte. Die Vorstellung vom inneren und äußeren
Menschen taucht zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Leib-
Seele — Dualismus in Platons Politeia (9, 588b lOff) auf. Über den
Stoiker Poseidonios gelangte sie zu Philon von Alexandrien und wurde im
Horizont hellenistisch—jüdischer Weisheit rezipiert. Paulus schließlich
vollzog eine eschatologische Neufassung dieser platonisch — stoisch—
jüdischen Anthropologie. Im Unterschied zu seinen Vorgängern betonte
Paulus jedoch, daß gemäß dem christlichen Glauben auch eine gottge¬
mäße Neuschöpfung des Körpers stattfinden wird (trotz der Gefahr der
auch dualistisch deutbaren Äquivokationen und einer ebenfalls vorhan¬
denen popularphilosophischen, leibfeindlichen Ethik). Darüberhinaus hat
Paulus die Einsicht in die Unmöglichkeit des Gesetzesweges und in die
notwendige Dimension der Gnade, d.h. der Nus kann sich nicht völlig
aus den Fesseln der täuschenden Sünde befreien, womit er im Gegen¬
satz zur Stoa und Philon steht. Eine vorzügliche Darstellung der ge¬
samten geistesgeschichtlichen Entwicklung findet sich bei Duchrow
59-136
41 semper: Auf alle drei Adjektive zu beziehen; in pointiertem Gegen¬
satz zu tarn sero gestellt macht es eine Schwäche im gedanklichen
System der Marcioniten sichtbar: Warum kommen die ewigen, also
schon immer vorhandenen Eigenschaften des Deus ignotus den Men¬
schen erst so spät zugute ?
46 debuit: Thelwall 373 Anm. 2 ”i. e. according to Marcion’s view”
47 talisque volebat: Nämlich als Geist; nach der Vorstellung der Mar¬
cioniten hätte Jesus Christus seine Geistgestalt auch nicht in der Pas¬
sion, also für die Erlösung der Menschheit, aufgegeben; diese Geistge¬
stalt besaß er als immerseiender Logos von Anfang an, ebenso wie er
in dieser Geistgestalt von Anfang an die Erlösung der Menschheit ge¬
plant hatte
51 evacuare: Sc. von den Seelen
52ff: Die Vision des Untergangs und der Sterilität der Menschheit auch
bei Lucr. 5, 1026f und Ps. Prosp. carm. de prov. 755 — 758
52 in unum: = eis aVa£, ”auf einmal”
53f: Polemisch wird hier die Lehre der Marcioniten in ihren Konse¬
quenzen gegen sie verwendet, wie auch in 5, 85 — 87
53 prosapia: Archaisches Wort, das bereits von Cic. Tim. 39 mit einer
Entschuldigung gebraucht wird und das Quint, inst. 1, 6, 40 und 8, 3,
26 entschieden ablehnt; hier wird es als gesuchter Ausdruck für eine
pointierte Schmähung gebraucht. Ab dem Archaismus des 2. Jh.
n.Chr. wird das Wort von paganen wie kirchlichen Schriftstellern
gebraucht, z. B. Apul. met. 1, 1, Min. Fel. 14, 1, weitere Stellen bei
Rönsch 237; Lavarenne 453 gibt Stellen bei Prudenz
55 vel: Im Sinne von aut (spätlateinisch, s. HSz 501) zur Einleitung
eines alternativen Arguments gegen die marcionitische Erlösungsthese
188 Kommentar zu Buch 5

tune: Thelwall 373 Anm. 7 "apparently on the day of Christ’s resur-


rection”
57 replesset: ”An ein Ende bringen, beenden”, s. Blaise s. v. 3)
”etre passe” (passiv von der Zeit, z. B. Comm. carm. 791 sex mili-
bus annis repletis); gut ist die Erklärung bei Thelwall 373 Anm. 8
(”would have taken away all further desire..., as satiety or repletion
takes away all appetite for food”), jedoch übernehme ich nicht den
Vorschlag zur Textverbesserung (represset statt replesset)
61: Sc. esset; d. h. wir hätten weder das geistig — psychische Verlan¬
gen nach noch die physische Fähigkeit zu Sexualität
62 interior homo: S. o. Komm, zu 5, 40
68 delectus adest: = delectus est sc. homo, s. TLL II 925, 74f adesse
i. q. esse mit weiteren Belegen aus christlichen Dichtern (ab Commo-
dian)
69 certa propago: ”Die sichere Aussicht auf Nachkommenschaft”
71: Analog zu 1, 75 figuravit (sc. deus) carnem spiramine vivam,
wird hier die Geburt jedes Menschen als neuer Schöpfungsakt gesehen,
indem nach dem biblischen Genesisvorbild dem Körper eine belebende
Seele verliehen wird
72 Paulum deeuit: Oxe 15 verändert zu Paulus doeuit zur Vermeidung
des Anakoluths, da cernens in 74 auf Paulus zu beziehen ist; die Aus¬
sage wird dadurch aber inhaltlich ungenau, zudem ist der Nominativ
cernens konstruktions — und sinngemäß abhängig von 73 velut ipse fuit
quamvis pro tempore: Sc. suo hortaretur
73 hortari: Mit inf. statt ut —Satz schon bei Cicero, hauptsächlich in
seinen frühen Schriften, s. HSz 346
pare: Diese Form kommt seltener auch in der Klassik und der frühen
Kaiserzeit vor, s. Cic. p. red. in sen. 17; Sen. ira 2, 34, 1; Ov. fast.
3, 193. 526; 4, 98 u. a.
74: S. besonders 1 Cor 7, 26 existimo ergo hoc bonum esse (sc. die
Ehelosigkeit) propter instantem necessitatem. Paulus stand in einer
starken Naherwartung
75 alias: ”An einer anderen Stelle”, ebenfalls 1 Cor 7, s. die genaue
Aufschlüsselung bei Müller 54 zu 73. 75. 76
76 debita reddere pacto: 1 Cor 7, 3 uxori vir debitum reddat, similiter
autem et uxor viro; nach christlicher Auffassung dient die Ehe neben
der Kanalisierung von Sexualität hauptsächlich dem Zweck der Kinder¬
erzeugung, s. Wilpert 75 — 77
78 diviso amore: S. 5, 85 disiunctos esse; "unter viele aufgeteilte
Liebe”
85 —87: Die Forderung Marcions nach Ehelosigkeit bzw. geschlechtli¬
cher Enthaltsamkeit wird polemisch gegen die Marcioniten gewendet,
ähnlich schon Tert. adv. Marc. 1, 29, 8; weitere Belege bei Hückstädt
31 Anm. 4
89 deperdit: Sc. salutem aus dem vorigen Vers. Bereits Hückstädt 32
Kommentar zu Buch 5 189

hatte die Stelle richtig paraphrasiert; der Eingriff von Müller (deperiit)
ist prosodisch unhaltbar
90 veterem hostem: = caro = homo exterior; ein marcionitischer
Ausdruck, der nach Hückstädt 32 Anm. 1 sonst nicht überliefert ist;
die Wendung wird auch gern zur Umschreibung des Teufels gebraucht,
wie Comm. carm. 181
92 vetus homo: S. Rm 6, 6 ...quia vetus homo noster simul crucifixus
est ut destruatur corpus peccati ut ultra non serviamus peccato; der
Begriff vetus homo findet sich auch in Col 3, 9 und Eph 4, 22
95: So bereits Arist. Pol. 1, 1254 b
96 ipse...idem: Pleonastischer Gebrauch von Pronomina seit Tertullian,
s. Hoppe, Syntax, 104; idem steht für ein verstärktes is ( = "eben
der”), HSz 188
97 paret: = apparet, wie auch in CM 5, 11. 14. 207, aber nicht in 1,
57, wie Oxe 48 s. v. pareo möchte; Subjekt ist spiritus, dazu prädika¬
tiv homo
101 evacuari: Die Konjektur von Oxe ist aus sprachlich — inhaltlichen
Gründen notwendig, da evacuare intransitiv nicht belegt ist, s. TLL V
2, s.v., 983 — 986 (womit auch ibid. 983, 21 f die auf diesen Vers
bezogene dubia interpretatio entfällt); die Kurzmessung des auslauten¬
den i beim inf. pass, findet sich im CM öfter, s. 1, 13; 2, 258. 259.
260. 261; 5, 101, immer im zweiten Hemistich
109 principio gentis: Es handelt sich um das neue Volk, das von Sara
abstammt, vgl. 3, 12f
110 ubi semper opus: Sc. Iesus Christus perfecit; gegen die Marcioni-
ten gerichtet, die meinten, daß Christus einen bis dahin unbekannten
Gott offenbart habe, während die Ereignisse in der Welt vor seinem
Erscheinen von dem anderen Gott, nämlich dem Schöpfergott, be¬
stimmt wurden
111 visus ab inviso: S. Iren. 3, 16, 6 invisibilis visibilis factus est und
CM 1, 135 pater invisibilis, 3, 229. 233 filius visibilis. Da nach helle¬
nistischem Verständnis die Sichtbarkeit des Wortes zugleich auch seine
Wandelbarkeit und Inferiorität bedeutete, bestand die Gefahr der subor-
dinatianischen Interpretation, weswegen bis zum Ende des 4. Jh. die
Sichtbarkeit des Sohnes mehr und mehr umgangen wurde, vgl. jedoch
z. B. Prud. apoth. 80f Latet os patris illud | unde deus qui visibilem
se praestitit olim. Ich vermute eine Beeinflussung durch liturgisch —
meditative Formeln, die in der Messe weitertradiert wurden und von da
aus den dichterischen Ausdruck beeinflußten, wodurch teilweise Kolli¬
sionen mit der weiterentwickelten, begrifflich ausdifferenzierteren
"aktuellen” Theologie in Kauf genommen wurden
122 mandata dei transgressi: transgredi wird hier, wie im Griechischen
7raQaßaLveiv, metaphorisch gebraucht, z. B. auch Nm 5, 6; Dt 17, 2,
als "Christianismus” für peccatores; ähnlich Prosp. carm. de ingr. 4
mandatum transgrederentur; s. Smolak, Agrest., 93 zu Agrest. 48;
190 Kommentar zu Buch 5

nach Löfstedt, Late Latin, 56 "Übersetzungslehnwort”; in derselben


Bedeutung in 2, 83 transcendere
131 —150: Marcion hatte, um die Leiblichkeit Christi zu leugnen, auch
seine Geburt geleugnet, damit sich nicht Geburt und Fleisch wechsel¬
seitig Zeugnis geben, vgl. Tert. carn. 1, 2, und deshalb die Erzählun¬
gen von der Geburt und Kindheit Christi abgelehnt
134 suadere: = persuadere, mit Akk. der Person seit Hadrian, HSz 33
136 ut: = utinam, s. Müller 69 ad 1. und HSz 331
137 ambo: S. u. 5, 151 — 164; gemeint sind die Juden und die Marcio-
niten; unrichtig sind die bei Thelwall 377 Anm. 6 unterbreiteten Vor¬
schläge (”both Jews and Gentile heretics...or...Marcionites and
Manichees”)
138 rationi: Ich halte diesen Text von Fabricius, gegen Müller 68 ad
1., die den Abi. fordert und ausführlich die Entstehung des Fehlers
darlegt. Dieses Konstrukt ist unnötig, wenn man in 136f eis...testibus
als Abi. abs. auffaßt, d. h. der Dichter möchte seine Gegner dazu
bringen, wenigstens den Überlegungen menschlicher Vernunft Glauben
zu schenken, wenn sie es schon bei den Schriftzeugnissen, wiewohl
diese mit himmlischer Autorität sprechen, nicht tun. Eine analoge
Strategie findet sich bei Lact. inst. 1, 5, 1: Da seine Gegner den
Propheten keinen Glauben schenken, will Lactanz heidnische Autoren
als Zeugen nehmen
140 Augusti regis Romani: rex ist eine relativ ungewöhnliche, archai¬
sierende Bezeichnung statt z.B. Lc 2, 1 Caesare Augusto (7rapa
Kcuaapos Avjovotou), vgl. Prud. perist. 5, 21 rex...orbis maximus, |
qui sceptra gestat Romula | (vom römischen Kaiser). Zur historischen
Dimension dieser Zeitangabe s. Harnack, Datierungen, 617ff; rex hat
hier keine pejorative Bedeutung, sondern es wird damit die gesuchte
Analogie von 142f vorbereitet
142f: Lies ”quia summa voluntas dei est, in cuius manu regnantis...”;
inhaltlich vgl. aus der hellenistischen Panegyrik Theoc. 17, 73f, daß
die achtenswerten Könige Zeus am Herzen liegen
143 manu regnäntTs: Die Veränderung zu manu regis bei Müller ist
keine (prosodische) Verbesserung; auslautende Vokale werden im CM
gerne frei behandelt (s. o. S. 24)
legimus esse: Vgl. Prv 21, 1 sicut divisiones aquarum ita cor regis in
manu Domini; quocumque voluerit inclinabit illud; cor wird hier je¬
weils in ähnlich umfassender Bedeutung gebraucht wie bei Augustin, s.
Maxsein passim
145f Ioseph Maria cum coniuge... | ...ipsi: Constructio ad sensum
145 feta: = "Soeben entbunden”; vgl. Lc 2, 4 — 7
147 his instrumentis: Gemeint ist das NT, insbesondere Lukas, der ja
zum Kanon der biblischen Schriften gehört, die die Marcioniten wenig-
Kommentar zu Buch 5 191

stens teilweise als authentisch anerkannten (148, was aber nicht für die
Juden gilt)
humana astutia nisa: Abi. abs.
148 probantes: Sc. sunt; vgl. z.B. 5, 27f
149 inquirant: Absoluter Gebrauch, "Nachforschungen anstellen”
vel: = et, wie öfters
151 Iudaei: Hückstädt 32 Anm. 3 "Es ist auffällig, daß unser Dichter
hier plötzlich von den Juden spricht” ist unzutreffend; erstens sind die
Juden schon öfter einbezogen worden (z. B. in 3, 253 —263; 4, 101;
5, 135), zum anderen dient ihre Erwähnung hier der rhetorischen
Zuspitzung: Der Dichter stellt die beiden äußersten Pole des Irrglau¬
bens nebeneinander, da die Juden die Göttlichkeit von Jesus Christus
leugnen, die Marcioniten aber seine Menschlichkeit; vgl. auch Brox
289f, daß der Judaismus als eine der "Mutter —Häresien” oder als der
"Prototyp” von Häresien galt; zum Verfahren der polaren Nebeneinan¬
derstellung von Häresien vgl. Sedul. c. pasch. 1, 322f | Rursus: ego
atque Pater unum sumus. Arrius unum | Debet scire sumusque
Sabellius esse fatendum. |
fatentur: Passiv wie in 4, 34, "von denen es zutage liegt”; falsch ist
die Paraphrase bei Hückstädt 32 "Zwar geständen die Juden ein...”,
während Thelwall 378 Anm. 4 bereits das Passiv hat
152 detrectantes ardent: Gräzismus, in dem der Begleitumstand mit
dem Vollverb ausgedrückt wird, s. schon Verg. georg. 2, 510 gaudent
perfusi und vgl. HSz 364
155 sine semine: Vgl. z.B. Aug. epist. 102, 2 qui nulla seminis condi-
tione natus est (sc. Christus) u. ö.
162: Relativische Verschränkung
165 camis membra: Sc. hominum; vgl Rm 6, 13 ...sed exhibete vos
Deo...et membra vestra arma iustitiae Deo; 19 ...ita nunc exhibete
membra vestra servire iustitiae in sanctificationem; carnis ist vom
Dichter hinzugefügt, um wiederum die Bedeutung des Fleisches im
Erlösungszusammenhang hervorzuheben
166 praetextatus: In diesem Zusammenhang bizarre Wahl eines altrö¬
mischen Begriffs; s. Mt 27, 28 et exuentes eum chlamydem coccineam
circumdederunt ei
palmarum: = manuum, im Gegensatz zu 1, 193; 3, 87, wo palma
"victoria” bedeutet. In der Bibel ist von Geißelung und Stockschlägen
die Rede, s. Mt 27, 26. 30 (vgl. Jes 50, 6)
167f spinis innexa corona | compungit caput: Vgl. vom Lamm in 2, 74
connexus capite spinis
169 scnbllta: In der ersten Wortsilbe wird muta cum liquida als posi¬
tionsbildend behandelt, gegen PL 2, 1088 Anm. b "penultima contra
naturam correpta”. Im TLL X 2 fase. III 358, 46 ist die Stelle mit
dem Zusatz "contextu obscuro” aufgefühit. Bereits Fabricius referiert
verschiedene Auslegungen (zit. bei Hückstädt 33 Anm. 2), entweder
192 Kommentar zu Buch 5

"genus iuris et cibi plebeii, de quo in cruce potionem datam Christo”


oder als Wiedergabe des biblischen voouttos (Io 19, 29). Thelwall 379
Z 231 bietet ”wine drugged with myrrh” (vgl. PL 2, 1088 Anm. b).
Der Vers wäre dann, wie schon öfters, eine Kontamination aus Ps 68,
22 (fei, acetum), Mt 27, 34 (vinum cum feile mixtum) und Mc 15, 23
(murratum vinum). Oxe 42 konjiziert in Anlehnung an Comm. carm.
418 scnbtÜm est (noch besser wäre dann scfibfüra wegen der größeren
paläographischen Nähe mit nur einer Haste Differenz; zum Sinn s. Io
19, 28 ...ut consummaretur scriptura dicit sitio), dem sich Hauri —
Karrer 40 anschließt, während sie — reichlich unwahrscheinlich —
144 Anm. 4 meint; "eventuell schwebte dem Autor Abendmahl mit
Essen und Trinken vor”. Zur Verschreibung von p mit b s. Rönsch
456. Erwägenswert ist auch der briefliche Vorschlag von Dr. Stohl-
mann, Köln, der den Begriff in der Bedeutung "kalter Kuchen— oder
Brotteig als Nahrungsmittel der armen Leute, außerdem haltbar in der
Aufbewahrung” als eine Variation zu dem Schwamm (spongia) ver¬
steht, mit dem in den Evangelien Jesus der Essig an den Mund ge¬
reicht wird. Die uns sonst überlieferten Wortbelege von scriblita (je
einmal in der Alten Komödie, bei Cato maior, Petron und Martial)
bezeichnen jedenfalls übereinstimmend eine warme oder kalte kuchenar¬
tige Speise. Wenn man auf die (beste) Konjektur scribtura verzichtet,
um das Überlieferte zu halten, ist scriblita in der allgemeinen Bedeu¬
tung "Speise” zu verstehen und der gesamte Vers eine hart zusam¬
mengedrängte Anspielung auf Ps 68, 22 (G) et dederunt in escam
meam fei et in siti mea potaverunt me aceto
170 dividitur vestis: Mt 27, 35 ...diviserunt vestimenta eius sortem
mittentes (vgl. Ps 21, 19); deshalb ist der Einwand bei Thelwall 379
Anm. 8 falsch, der eine irrige Wiedergabe von Io 19, 24 vermutet
171b —176a: Sympathetisches Mitempfinden der Natur beim Tode Jesu
(episch —panegyrisch); vgl. Prud. cath. 11, 61—76 (bei der Geburt
Jesu wird es Frühling auf Erden)
172 tacite: Diese Information läßt sich nicht eindeutig aus den Schil¬
derungen des Todes Jesu in den Evangelien entnehmen (Mt 26, 63
schweigt Jesus vor dem Hohepriester Kaiphas, Mt 27, 14 vor dem
Statthalter Pilatus, nicht jedoch in Mt 27, 49; Mc 15, 37; Lc 23, 46
und Io 19, 30 am Kreuz); in der für das CM charakteristischen Weise
spielt eine AT —Stelle herein, nämlich Is 53, 7 oblatus est quia ipse
voluit et non aperuit os suum sicut ovis ad occisionem ducetur et quasi
agnus coram tondente obmutescet et non aperiet os suum. Gefördert
wird die vorliegende dichterische Paraphrase durch Ambr. off. 1, 3, 9,
wo ausgeführt wird, daß der Herr selbst im Evangelium schweigend
das Heil der Menschen bewirkte (das Schweigen wird in dieser Schrift
des Ambrosius als zentrale christliche Tugend hervorgehoben)
177: Vgl. Mt 27, 54 Centurio autem et qui cum eo erant custodientes
Kommentar zu Buch 5 193

Iesum viso terrae motu et his quae fiebant timuerunt valde dicentes
”vere dei filius erat iste”
178 aperto: "Entblößt, blank”
180 illi: = Iudaei
182: Eine Anspielung auf den von den Marcioniten verfochtenen Do-
ketismus
189 — 193: Eine detailgenaue Schilderung der Abendmahlsszene; beson¬
ders die Worte Jesu in 192f sind nahezu wörtlich aus der Bibel über¬
nommen, im Gegensatz zu der sonst recht kühnen Paraphrasierungs¬
technik im CM. Dies hängt mit dem dichterischen Ehrgeiz zusammen,
das göttliche Wort Jesu Christi in den Hexametern möglichst authen¬
tisch wiederzugeben. Ähnliches ist in der Vulgata —Übertragung des
Hieronymus zu beobachten, der die wörtliche Rede Gottes enger an
den Originaltext anlehnt und unter Zulassung von mehr Verstößen
gegen das klassische Latein übersetzt
189 ante diem quam cum pateretur: = ante diem quo passus est, Oxe
21; antequam steht hier in Tmesis und fungiert als Präposition (gr.
ttqlv), s. Svennung, Untersuchungen, 395. Lc 22, 15 Et ait illis:
desiderio desideravi hoc pascha manducare vobiscum antequam patiar.
Die Formulierung ist von der Liturgie beeinflußt, s. H. Lietzmann,
Das Sacramentarium Gregorianum nach dem Aachener Urexemplar,
Liturgiegeschichtliche Quellen 3, Münster/W. 1921 (Ndr. 1958), 3 die
Ausdrucksweise 1, 24 qui pridie quam pateretur accepit panem in
sanctas ac venerabiles manus suas...
194 creatura: Synonyme im TLL IV 1117, 51 conditio, factura, gene-
ratio, opus. In eine ähnliche Richtung gehen auch Thelwall 380 Z 262
("created elements”) und Müller 69 ad 1. ("natura”), gegen Oxe 47 s.
v. creatura ("corpus, caro”); vgl. CM 5, 246
196 factorem: Prud. apoth. 667 ; ham. 338 u. ö. wird der Sohn als
Schöpfer bezeichnet; manchmal bemüht sich Prudenz aber auch, "der
aktuellen Theologie gerecht zu werden”, Smolak, Apoth., 19. Zudem
kann man diese Formulierung damit rechtfertigen, daß sie hier wieder¬
um die Identität des einen Gottes gegen die Häresie der Marcioniten
bekräftigen soll; auch steht im Hintergrund die (orthodoxe) Vorstel¬
lung, daß Gott durch den Logos die Welt erschuf (z.B. Io 1, 3 und
Col 1, 16). Es ist also auch bei dieser Stelle problematisch, Schlüsse
für eine Datierung abzuleiten, wie es z.B. Waitz 23 tut; s. dazu auch
o. S. 36
198 verumque locutus: S. 5, 154
201: Verfehlt ist Waitz 21, der in dieser Formulierung die Logoslehre
des 3. Jh. wiederzuFinden glaubt. Richtig hebt dagegen Holl 22f her¬
vor, daß die Gleichewigkeit von Vater und Sohn besonders in der
Auseinandersetzung mit Arius bedeutsam war und danach zum festen
Bestand christologischer Prädikationen gehörte; ein zwingender Anhalt
für die Datierung läßt sich daraus jedoch nicht ableiten
194 Kommentar zu Buch 5

202 ministret: = ”Folge leisten, nachkommen", vgl. Ov. epist. 20,


135 (Dörrie) me miserum, quod non medicorum iussa ministro
207ff: Nach Waitz 22 hängt der Verfasser keinen kosmologischen
Spekulationen über den vorweltlichen Logos nach, sondern folgt einer
heilsgeschichtlich orientierten Logostheorie. Ohne daß man das Gedicht
infolgedessen zeitlich festlegen muß, ist hervorzuheben, daß diese
Theorie besonders gut geeignet ist, den gegnerischen Marcioniten die
Kontinuität von AT— und NT —Geschehen zu demonstrieren. Auch
Paulus deutet ein AT —Wunder auf Christus hin aus in 1 Cor 10, 4
...petra autem erat Christus
208 testeque eo: Dieser Text mit Müller, da teste deo bei Fabricius
vom Sinn her schwierig ist
quicumque: Z. B. Jakob in Gn 32, 30; s. auch Comm. carm. 122
cum sit invisibilis, faciet se videri quibusdam _ _
211 nubisque rigoris |: Der Verbesserungsvorschlag nubesque frigoris )
bei Willems ist prosodisch unakzeptabel und läßt zudem (ebenso wie
der Vorschlag Müllers) keine inhaltliche Verbesserung erkennen. Zum
Nominativ nubis s. Rönsch 263; rigoris ist Gen. quäl.; zum Inhaltli¬
chen vgl. Aug. c. Faust. 12, 29 ... Petra autem erat Christus quo
aperto cuncta fulserunt. Cur ergo non et nubes Christus et columna
quia rectus et Firmus et fulciens...
215 in umbris: Sc. noctis; das Manna Fiel immer nachts vom Himmel,
z. B. Ex 16, 13 — 26. Die Konjektur Thelwall 381 Anm. 7 demisit in
imbris ist unnötig
217 Mosique locutus: S. 3, 59
220: Der Vers beziffert die Dauer des israelitischen Exils mit 40 Jah¬
ren, während in der Bibel die symbolische Zahl 70 angegeben wird, s.
z.B. Ier 25, 11 (davon zu trennen sind die 40 Jahre, die Israel in der
Wüste weilte, was erst nach der Jordandurchquerung der Fall war, Ex
16, 35). In Hier, in Ezech. 1, 4 — 6 (CCL 75, 46f) jedoch wird der
vierzigtägige Schlaf des Ezechiel auf die vierzigjährige Babylonische
Gefangenschaft bezogen: sic a primo anno Iechoniae, quando magna
pars Hierusalem translata est in Babylonem, usque ad primum Cyri
regis Persarum annum, ... supputantur anni quadraginta, sub quo
Iudaeorum laxata captivitas est et libertas populi reddita (ibid. 1, 4)
227 serae: Auf mortis zu beziehen; — que ist hier, wie öfters, erst an
ein späteres Wort angehängt. ”Zu spät” ist im Sinne von "nicht als
Sieger, zuletzt ankommend” zu verstehen; "langandauernd”, was bei
Georges und Forcellini s. v. (ohne Angabe dieser Stelle) als Bedeu¬
tungsmöglichkeit aufgeführt ist, hält einer textkritischen bzw. semanti¬
schen Überprüfung aller aufgezählten Stellen nicht stand; daher ist sie
im Oxford Latin Dictionary auch nicht mehr übernommen. Vorbild für
die Junktur sera mors könnte Val. Fl. 1, 803 sein, wo der Zusammen¬
hang das Epitheton aber leichter verständlich macht. Eine Kontrastimi¬
tation durch unseren Dichter läßt sich nicht feststellen
Kommentar zu Buch 5 195

229: Zur Kleidmetapher für die Beschreibung des Menschseins Jesu


Christi s. Smolak, Agrest., 88f u. o. Komm, zu 2, 159 (habitus car-
nis)
230-233: S. 2, 133-138
243 sanctorum in requiem: S. 4, 142
244 victor: Im CM ausschließlich zur Bezeichnung von Jesus Christus
gebraucht und nur in dieser Flexionsform, 2, 173; 3, 125; 4, 187; 5,
46. 129 (an verschiedenen Stellen im Vers)
246 creatura: S. o. Komm, zu 5, 194
249 virtute recepta: Sc. a patre
251 de ...ligatus: Tmesis, statt deligatus
253 iudicio regnoque dato: S. Io 5, 22 neque enim Pater iudicat quem-
quam sed iudieium omne dedit Filio, was wiederum eine Zitatausspie¬
lung gegen die Marcioniten ist, die ja von einem Endgericht durch den
"bösen” Gott Vater ausgingen
missurus: = remissurus
XII. Indices

1. Namen und Sachen (in Auswahl)

Abhängigkeitsverhältnis 17
Adressat des CM 48. 49f
Antihäretische Argumentationsstrategie 48 — 50
Archaisierendes 26
Augustin (Bezüge zum CM) 32. 35
Bibelkenntnisse 36
Bibelparaphrase 27f
Bibelvorlage 19. 36
Binnenprooimion 186
Bischofsliste 171 — 173
Centonen aus dem CM 13
Chiasmus 43. 44f. 175
Commodian und das CM 18-20
"Dichtung und Dogma” 48-50
Etymologien 183
— griechische 148f. 166f
— hebräische 149
Golgotha — Legende 16. 156
Hebräerbrief im CM 178f
Imitatio 18 — 20. 27. 157
Juden (ambivalente Haltung zu) 170f. 191
Ketzerkatalog 49. 141
Lobschema senior puer 153
Marcioniten 29f. 32f. 34
CI. Marius Victorius 21
Neo — Marcionitismus 32. 35
PrioritätsVerhältnis s. AbhängigkeitsVerhältnis
Prosper 22. 46
Quellen des CM 36f
Rezeption von Paganem 21. 27
Soteriologie 43. 44
Textkritische Kriterien 23. 26. 51. 53
Traditionsgeschichtliches Argument 45f. 171 — 173
Typologie 50. 161f. 162f
— der ehernen Schlange 154f
— des Holzes 153f
— der Opferung Isaaks 150
— des Schuldscheins am Kreuz 143. 154
— der Seitenwunde Christi 147f. 155f
Verbalinspiration 149
198 Bibelstellen

2. Bibelstellen im CM
Rg
Gn 3, 17f: 3, 151-160
2, 10: 2, 40f 4, lf: 3, 151-160
2, 21-23: 2, 180-183 4, 2-6: 3, 161-169
3, 14f: 1, 6a 4, 2, 11: 3, 148. 160
4-49:3, 14-47 4, 13, 20f: 3, 170-172
12, 1-5: 3, 7 4, 18: 3, 136-139
16: 3,242-250 4, 20, 5f: 3, 140f
16f: 3, 1-13 4, 23: 3, 142-147
17, 5: 3, 6 Par
18: 3, 242-250 2, 29-32: 3, 136-139
21: 3, 1-13 2, 34, 5: 3, 142-147
Ex Esr
2f: 3, 48-64 1, 7f: 3, 215-218
12, 7-14: 2, 77f Idt
12, 13: 2, 76 5, 15: 3, 58
12, 21 -27: 2, 77f Ps
13, 21 f: 5, 211 21, 8: 3, 131
15, 23-25: 3, 58 21, 17: 3, 131
16, 13-26: 5, 215f 21, 19: 3, 131; 5, 166-170
17, 1-7: 5, 215f 68, 22: 5, 169
24, 6-8: 4, 68-70 104, 40f: 5, 215f
25-27:4, 122-125 131, 11: 3, 133f
30: 4, 122-125 Prv
34, 29: 3, 60 21, 1: 5, 143
36-38:4, 122-125 Sap
37, 6-9: 4, 116-120 14, 24-28: 1, 21-24
Lv Sir
16, 1-11: 4, 66f 38, 5: 3, 58
16, 33: 4, 68-70 44: 3, 14-47
Nm 48: 3, 151-160. 161-169
13, 17: 3, 67 48, 15: 3, 170-172
19, 1-10: 4, 66f 48, 19-25: 3, 136-139
19, 2-9: 4, 85-88 48, 23: 3, 140f
21, 6-9: 2, 169-171 49, 1 -3: 3, 142-147
Dt Is
34, 5: 3, 66 I, 11: 2, 99
los 7, 14: 5, 118f
3f: 3, 69 8, 8: 5, 118f
3, 7-17: 2, 79 II, lf: 4, 161. 180
5, 10: 2, 80 38, 5: 3, 140f
Idc 45, 23: 4, 34
4: 3, 103-109 50, 6: 5, 166-170
6f: 3, 81-102 54, 1: 3, 9f
10-12:3, 110-119 57, 1: 3, 11-13
13-16:3, 119-125 61, 6: 5, 8
16, 28-30: 3, 124f Ier
Sm 1, 5: 3, 179-188
1, 9f: 3, 126-129 2, 5f: 3, 179-188
1, 28, 11 -19: 3, 126-129 5, 15: 3, 179-188
2, 7, 12f: 3, 133f 23, 5f: 5, 118f
Bibelstellen 199

38, 6f: 3, 179-188 6, 6: 5, 92


39: 3, 179-188 8, 23: 2, 247
Ez 14, 11: 4, 34
8f: 3, 190-195 Cor
40-48:3, 190-195 1, 1, 24: 4, 28
Dn 1, 1, 25: 4, 64
3, 1-97: 3, 208-214 1, 5, 7: 2, 120
4: 3, 201-207 1, 5, 7f: 2, 65
6, 17f: 3, 201-207 1, 7: 5, 72-76
9, 25f: 5, 118f 1, 10, 11: 4, 65
13: 3,201-207 1, 11, 32: 1, 43b
14, 31 f: 3, 201 -207 1, 12, 12-30: 3, 236
Mal 1, 13, 12: 4, 65
4, 5f: 3, 149f 1, 15, 13-19: 1, 107f
1, 15, 21: 2, 134
Mt 1, 15, 21 f: 2, 176
1, 23: 5, 118f 1, 15, 23: 5, 248
2, 9: 1, 47 1, 15, 24-28: 5, 249f
5, 23f: 4, 184f 1, 15, 36: 2, 226f
11, 14: 3, 149f 1, 15, 42-46: 2, 254
12, 9-14: 2, 206-208 1, 15, 45: 2, 185
18, 11: 1, 42 1, 15, 50: 2, 240
23, 8: 4, 3 1, 15, 52: 2, 262
23, 10: 4, 3 1, 15, 53: 2, 258-261
23, 35: 3, 14 1, 15, 54: 2, 268
25, 31-46: 4, 102f 1, 15, 57: 2, 269
27: 5, 166-170 2, 1, 22: 1, 61; 2, 247
27, 35: 5, 170 2, 5, 2-5: 2, 258-261
Lc 2, 5, 15: 2, 114-117
I, 32: 3, 133f 2, 10, 4f: 4, 4-13
2: 5, 139-141 2, 11, 14: 1, 152
6, 13: 5, 9 Gal
9, 27: 3, 149f 1, 4: 2, 130
II, 22: 1, 38 2, 4: 2, 49
13, 10-17: 2, 206-208 2, 16: 2, 48
14, 1-6: 2, 206-208 3, 19: 3, 263
16, 16: 3, 223 3, 23: 5, 241
16, 19-31: 4, 107b 3, 25: 3, 263
22, 19f: 5, 190-193 4, llf: 4, 41 f
Io 4, 13: 2, 50b
1, 11: 5, 34 4, I9f: 4, 41 f
3, 6; 2, 254 4, 23-31: 3, 242-250
3, 14: 2, 169— 171 5, 1:2, 50b
5, 22: 5, 253 Eph
9, 1 -17: 2, 206-208 1, 13f: 2, 247
12, 24: 2, 226f 3, 15: 4, 35
Act 4, 8: 5, 247
2, 30: 3, 133f Phil
8, 9-13: 1, 157-159 2, 10: 4, 34
9: 3, 233 Col
Rm 1, 15: 5, 111
5, 12-21: 2, 136. 141 1, 15-18: 3, 236
5, 14: 2, 185 1, 16: 4, 33
5, 15f: 2, 114-117 2, 3: 4, 18
200 Bibelstellen

2, 16f: 2, 51 10, 4: 2, 92-96


2, 17: 4, 65 10, 5: 4, 89-99
Tim 10, 5f: 2, 99
2, 2, 18: 1, 150 10, 10: 4, 68-70. 89-99
Hbr 11: 3, 14-47
4, 14: 4, 80 11, 8-40: 3, 7
7, 27: 4, 89-99 11, 11: 3, 1
8, 5: 2, 51; 4, 65 11, 24-27: 3, 48-52
9f: 4, 127. 133-135 11, 28: 2, 76
9, 4f: 4, 116-120 11, 32: 3, 76-78. 110-119
9, 11-14: 4, 89-99 11, 32f: 3, 81-102
9, 13: 4, 68-70 Iac
9, 13f: 2, 92-96; 4, 66f 3, 1: 4, 3
9, 15-18: 4, 83 Apc
9, 19-21: 4, 68-70. 82 4, 3f: 4, 203f
9, 24-28: 4, 89-99 6, 9f: 4, 104-106
9, 28: 2, 114-117 6, 9-11: 4, 139-142
10, 1: 2, 51; 4, 65. 71 22, 2: 2, 39
Wortliste 201

3. Wortliste
(In Auswahl; es fehlen die meisten Präpositionen und Pronomina sowie esse, et u.a.)
aeneus s. ahenus
Aaron 4,117 aequari 1,202
abiectus (ptz) 1,70;3,171.301 ;4,107 aequus 1,83.198
abire 4,67 aer 4,24
ablutor 3,221.222 aerius 4,162
ablutus 2,256 aetas 2,139.155;4,55;5,75
abesse 3,253 aeternus 1,242 ;3,180;4,2.17.127.222.
Abr(ah)am 3,6.29;4,144 236;5,127
abrumpere 2,14;4,74 aevus 1,160,5,106.201
abstinere 1,190 afferre 1,183; 4,176
accipere 1,6;2,26.117.249;3,61.141; affirmare 4,225
5,71.191 Aggaeus 3,197
acer 2,187;3,81 aggressus (ptz) 1,7
acervatus 5,11 aggressus,us 1,72
acervus 3,90 agitare 5,175
acetum 5,169 agmen 3,81.289;4,8
acquirere 3,82 agnomen 5,80
actum, i 1,210 agnoscere 5,125.132
actus,us 3,36.141 ;4.105 agnus 2,64.74.80.89.94.112.116.120.
acute 1,165 122 ;4,114
Adam 2,133.161.185.202;5,230 ahenus 4,122.146
adeo (adv) 2,55;4,153 ait 1,83.92;5,192
adesse 5,68 ala 4,193.195.198
adferre s. afferre ales 1,216
adfigere 2,168 Alexander 3,282
adflictus (ptz) 3,50 alias (adv) 5,28.75
adflictus.us 3,192 alienus 1,102.137;2,187;4,107;5,32.43.
adhibere 5,98 117.121
adhuc 4,48 aliger 4,206
adire 5,68 alius 1,80;2,260;4,107.223;5,25.117.121
aditus.us 3,195;5,108 alter 1,18.196;3,28;4,67;5,117
adiuvare 4,46 altus 2,191;3,158;4,70.145.182.203;
adlegere 2,51 5,33.209
admittere 5,151.181 amare 1,18
adolere 3,147 amarus 3,56.153;4,178
adspicere 2,171 amator 4,171
adstare 2,174 ambitus 4,20
adtollere 5,51 ambo 4,101.148:5,137.162
adtribuere 1,142 amens 3,112;5,2
adultera.ae 3,24 amicitia 1,43;2,25
adulterium 5,79 amittere 1,170;4,224;5,45
adultus 4,55 amoenus 1,241
advenire 3,287 amor 2,72;3,53.164.226;4,5.36.150;5,78
adventus.us 3,267 Arnos 3,196
adversum (adv) 2,20 amplius (adv) 1,7
aedis 4,110.121 Anacletus 3,279
aeger 1,224 anceps 5,30
Aegyptus.i 5,114 angelicus 2,151 ;3,100.295
aemulamentum 4,10 angelus 2,150;3,198;5,223
aemulus 3,136 anguis 2,169
202 Wortliste

angustus 5,74 audax 4,14


Anicetus 3,296 audere 1,35.68.121 ;2,225 ;3,111
anima 1,26.37.192.205.210;3,203 ;4,75 audire 1,53.63;2,19;3,186.229;4,81;
animal 1,127;2,35;4,206 5,125
animus 5,61 augurium 1,11
annus 1,128.164;2,162;3,25,140;4,46; Augustus 5,140
5,220 augustus 2,111
ante 1,185 ;2,19.67.235 ;3,67;4,77.212; aula 1,242;3,160
5,45.189 aureus 4,125,166
anticipare 4,213 auriger 4,164
antiquus 2,151 ;4,198 auris 1,69;3,229;4,228
antrum 1,177 aurum 4,112.115.182
aperire 4,13 ;5,108 Auses 3,67
apertor 2,108 aut 1,97.147.151.172.186.190.220;
apertus 1,239;3,137.221;4,121.126. 2,90.91.94.129.207.209.212.217.223;
143.167;5,178 3,257;5,117.183.184.186
apostolicus 2,33.42;3,228.280;4,218 autem 5,77
apostolus 2,109;3,232;4,41 auxilium 1,43;2,78.95;5,226
apparere (s. auch parere) 3,155;4,38 avius,a,um 3,159
aptare 1,231 baptismus 2,108;5,120
aqua 1,49;2,193.203.228.246;3,58; Barnabas 3,234
4,70;5,179 Basilides 1,163
ara 2,100;3,73.145.147.156;4,106.112. beatus 3,10.152
122.132.137.140.146.182.184 heiliger 3,104
aratrum 4,73 bellum 1,78;3,84.111.139;4,6
arbor 2,226.227.233;4,118.188 bene 3,280;5,85
arca 3,25;4,113.160.172.175 benignus 5,41.120
arcanus 4,207 bini,ae,a 4,189
ordere 1,19;3,5.98.254;4,163;5,152 bis 1,162 ;2,39;3,25.225 ;4,123.189;5,9.
arguere 2,145 174.220
argumentatus 1,165 blandus 1,120
argumentum 5,18 bonus 1,77.83.134.199.226;2,6.57.211.
arma 1,57;3,121;5,19 223:4,171.232
armare 3,54.93;4,6;5,128 botrus 2,231
ars 1,228.231 ;3,299 breviter 5,4
artifex 1,125;2,149 cadaver 3,147;5,50
artus,us 5,101.229 cadere 2,143.160.237;3,114;4,67
asinus 3,122 caecus 1,50.115;2,207.237;5,22
aspectus,us 1,135;2,262 caedes 3,171.189.193:4,141
asper 2,10 caelestis 1,242;2,144.245.252:3,247.
aspergere 4,82 268;4,15.154.157.168.195.231;5,137.
aspicere 4,65;5,158 146
assidue (adv) 3,231 caelum 1,60.133.161 ;2,97.185 ;3,233.
ast 4,193 251.254;4,23.35.94.114.182;5,51.108.
astutia 5,147 215.247
astutus 5,77 caesus (ptz) 1,214;3,224
at 2,97;3,67;5,125 calamus 4,124
ater 2,145;5,174 calcare 2,128;3,57
athleta 2,163 calidus 1,19
atrox 3,256 caligo 1,8.96;3,169;5,171
attamen 3,79 calix 1,167
auctor 1,5.40;2,29.184;3,286.301 ;4,24. callens 2,4
51.54.93.138;5,11 callis 5,114
audacia 1,14 calumnia 3,38
Wortliste 203

calvaria,ae 2,196 clarus 2,161


campus 2,233 claudere 3,184;4,20.208;5,60
candelabrum 4,123.130 claudus 1,53
candens 2,264 Clemens 3,280
canere 3,93.105.131.199.208.267; Cletus 3,287
4,200.215.233 coalescere 3,87
cantus,us 5,218 cogere 2,145;3,69;5,29
capere 1,2.19.58.152 ;2,133 ;3,169.216. cognitus 1,80.103.135 (bis)
262;4,15;5,183.203.235 cognomen 3,1
capessere 1,220;2,29 cognoscere 1,56.235
captivus 1,37.227;2,173;3,182;5,247 cohaerere 4,201
caput 2,74.196;3,120.124.236.;5,168 cohibere 4,204;5,40
carcer 3,38.184 coitus, us 1,24
carere 1,27;2,266;3,188;4,49 color 2,41.264;4,114
carnalis 1,243 columna 5,211.218
caro (passim) comedere 3,157
carus 2,71.115;2,94;3,113:5,96.204.248 comes 3,228.234
castigare 3,153.163:4,40 commaculatus 5,21
castra 4,87.90 commendare 3,282
castus, a, um 1,23;583 committere 1,218;2,21 ;5,79
cataclysmus 4,44 commixtus 2,203;5,97.164
catena 3,188 commotus (ptz) 5,176
caterva 3,259 communis 1,208:4,126
cathedra 3,276.293 compago 1,93
causa 1,74.87.172.233.234:2,7.23.52. complere 2,58.155:3,78.218:4,125.159;
176.216.225.252;3,263;4,63.64.84; 5,50.220
5,84.230.237 complexus (ptz) 5,137
celare 4,154;5,29.180 complexus,us 1,21 ;5,27.57
celebrare 2,85;5,189 componere 2,18;3,292
celer 2,86 compungere 5,168
census.us 5,141 concedere 3,120.191 ;4,93
cera 2,263 concipere 2,138;3,9.252
Cerdo 1,141 ;3,287 concisus (ptz) 16,149;5,40
cernere 1,48.148.222 ;2,34.56.68.190. concludere 3,154;5,241
208;3,43.193.249;4,103.109;5,74.94 condere 1,74.180;3,170;4,173
certare 1,38.225 conditio 3,252
certus 1,9.67.128;2,82.110.184;3,62. conditor 2,59;4,24
285;4,199.234;5,69.159.102 configere 2,4
cervix 3,51 confingere 1,15;3,38
cessare 5,52.87 conflatus 3,273;4,164.210
Cherubim 4,119.189 confundere 1,56.187;3,56
chorus 3,199 congressus (ptz) 2,163;3,91
chrisma 3,127 coniunctus 1,194.221 ;2,60.149;3,235.
Christus (passim) 255;4,178.216;5,5.251
cibus 3,167.231;5,99 coniunx 5,145
cingere 4,19 connexus 2,74;4,124
cinis 1,216,4,66.88 connubium 5,57.68.84
circum (adv) 3,86 conscendere 5,247
circumcidere 1,169;2,49 conscribere 2,52.62.65;3,77;4,172
circumdare 2,261 considere 3,277;5,249
circumferre 1,86 consilium 1,30;2,144;3,20
cladis 1,59 consimilis 2,122
clamare 1,51 ;2,267;3,6.10;4,141 ;5,136 consistere 2,159;5,221
clamitare 4,30 consors 3,270;4,55
204 Wortliste

conspuere 5,167 cupidus 5,99


constare 2,7;3,189.291 cur 2,218.238;4,57;5,34.41.116.118
constituere 1,82 cura 2,217;5,98
constringere 1,12;4,58 curare 2,207
consumptus (ptz) 3,217 currus.us 3,160
contamen 1,22;4,92;5,22 curvare 4,34
contegere 2,259;4,114.196 cuspis 3,139
contemnere 1,88.213;2,3.19.130;3,210 custodire 4,39
contendere 5,23 daemon 1,51
contingere 2,160 damnatus (ptz) 1,66.153:3,203
cotinuus 1,29 Daniel 3,201
contra (adv) 2,21 ;4,8 dare 1,42.54.76.178.184;2,80.124.208.
conversus (ptz) 1,222 215.227.260:3,106.127.210.240. ;4,165.
convivere 3,231 170.175.232.;5,59.115.126.164.243.253
convolvere 5,17 David 3,130
coperire ( = operire) 1,136;2,11.91; Debbora 3,103
3,116;4,13;5,174.213 debere 1,186;2,140.149.152.166.251.
copia 1,207;4,214 253;3,103.149.262;5,46.56.76.239
cor 1,30;2,19.32.242;3,260.264.298; decet 1,96;4,96;5,72
4,131.229;5,57.143.219 decipere 1,118;2,132
Corinthus 2,65 declarare 4,127.167.182
cornu 3,93.97 decoratus (ptz) 2,227
corona 3,39.200;5,167 decremare 2,101
coronatus 4,204 decretum,i 2,65;3,209;5,141
corpus (passim) decurrere 2,42
corrector 3,136 decus,oris 2,190;3,16
corripiens 4,41.61 deducere 2,23;4,6
corruptela 2,219 deesse 1,232;2,212 ;3,46
costa 2,181 deferre 2,150
creare 1,101.121;4,22;5,7.203 deficere 2,124.234;5,104
creator 2,97;5,113.126 degere 5,78
creatura 5,194.246 dei (pl) 1,154.163
credere 1,3.151.163.180.185.189.199. deiectus (ptz) 3,288
203;2,78.151.221.222;3,33;4,18.210; deinde 3,294
5,138 deiectus (ptz) 5,68
credulus 2,88 delere 1,188;2,90
cremare 3,145;4,87 deliciae 3,52
crescere 4,51 delictum,i 2,114
crimen 1,112.156;2,47.224;3,118.203. demens 1,6.111 ;3,178:5,134
281.301 ;4,38.54.183:5,30.65.79.83.240 dementia,ae 1,157;2,13
crudelis 1,78.173 ;2,267;3,178;4,50 demergere 2,142:3,57.166
cruentus,a,um 1,85 demonstrans 4,83
cruor 4,134 demum 4,186
crux 3,97;4,117 denique 1,164.187;2,28.86.258:4,219;
cubitus,us 5,59 5,32.205
cuiusne 1,125 dens 2,130
culpa 1,27;3,23.101.177.262;5,26 deperdere 2,156;5,89
culpare 1,121.138.176.204;2,16;5,28 deserere.serui 3,152;5,214
cultura 4,149 designare 4,76.137
cultus,us 4,157 desistere 4,63
cuncti,ae,a 1,84.101.127.172.188; despectus (ptz) 5,129
2,140.206;3,65.146;4,16.99.136.201; desperatus 1,7.38
5,9.37.81.177.203 desponsus (ptz) 2,148
cupere 1,232 ;2,187 destituere 3,144
Wortliste 205

destruere 3,144 dolus 1,28;2.2.177;5.29


detinere 3,168 dominari 5,102
detractare ( = detrectare) 5,152 dominus (passim)
detahere 4,9 domus 3,244:4,125.155
detrectare (s. auch detractare) 4,223 donare 1,126.179.186:2,71.247
deus (passim); s. auch dei (pl) donec 3,46
devictio 1,108 donum 1,123.220.240:2,25.193;3,120;
devincere 1,60;2,165.167.267;3,109; 4,15.209:5,120
5,38 draco 2,143.171 ;3,290;5,230
dexter 1,54;3,15.188 dubius 3,260
dicatus 1,23;3,256;4,77;5,116.187 ducere 1,14.47;4.190
dicere 1,97.145.158.172 ;2,122.183. dulcedo 1,19;3,261
197.224.253.258;3,11.76.79.111.180. dulcis 1,85.132.148:3,58:4,179:5,81
220;4,2.102.184.197.211;5,31.90.91. dulcor 1,129
115.153(bis). 161.186 dum 1,29.178:3,18.71:5,23.27.88.150.
dictum,i (= verbum) 1,46;2,5.35.60. 152.159.165.250
244;4,217.220;5,4.92 duo 2,20:4,101.110
dies 1,164;2,161.162.213;5,50.153. duplex 3,162;4,155.172
173.174.189.244 duplus,a,um 3,168
differre 1,151 durities 4,108
difficilis 3,220 durus 1,78;2,32:3,38.56.110.184;4,47.73
diffundere 1,132 ;2,45 dux 1,115.230;2,36;3,45.48.81.107
dignus 2,240:3,22.32.208:4,97.99.106 ecce 3,225
digressus (ptz) 3,17 ecclesia 2,42.190.194;3,236.291
diligere 5,96 edere 3,247
diluere 2,44 educere 5,210
dimittere 4,67;5,215 effugere 4,214
dirimere 2,93 effulgere 4,112
discedere 2,48 effundere 1,61 ;2,117;4,95.134
discere 2,38;5,138 egenus 1,196;2,188
discipulus 3,161.240.272;4,139;5,190 egere 1,203
disiunctus (ptz) 5,85 egestas 1,201
dispandere 2,263 egregius 3,254
displicere 1,145 elementum 1,170,2,50
dissimilis 2,22;4,118 eligere 1,140;2,46;3,275
dissitus (ptz) 4,149 elogium 1,188
dissolvere 4,9 emergere 2,2
distans 4,150 enecans 4,44
distribuere 1,156;3,70 enim 1,218;4,49;5,202
diu 3,47;5,105.124 Enoch 3,16
dives 1,116.199.242;3,190;4,1.93.107. eques 3,92
175:5,108 ergo 1,96.189.210.231:2,127.240.250;
dividere 1,73;2,15 ;3,159;4,110.148. 3,151.266;4,16.43.57.96.126;5,31,64.
151:5,78.170.221 67.182.188
divisor 4,24 eripere 2,130;3,27;5,49.67
divitiae 3,49 errare 1,105;3,5;4,58.63.220
divus 1,10;5,6 error 1,136.179:3,155 ;5,158
docere 1,9.72.110.149.162.169.204; erumpere 3,10;5,216
2,51.185.189.199.214.242:4,3.100.106. Esaias 3,173;4,180
194:5,5.56 esca 2,78:3,167
doctor 2,46;3,215;4,3.231 Esdras 3,215
doctus,a,um 2,189;3,285 esse (passim)
dolere 1,214;5,95.101 et (passim)
dolor 1,89;3,248 etenim 3,90;4,64
206 Wortliste

etiam 1,19;2,157;4,11.138.196;5,3.37. fama 2,151:3,103.118


120.145 fames/famis 3,40.153.181.210
Euaristus 3,281 famulus,a,um 3,3.183.248.251,256;4,4
evacuare 5,51.101 fateri 1,51.77.111 ;4,34;5,151.180.208
evangelium 2,47.53.56;4,102 fatum 4,220
evigilans 2,183 faux 2,132
exagere 1,185 fax.cis 3,93.98
examen 4,61 fecundare 1,128
exanimus/exanimis 1,219;2,192.209. fei 5,169
219;5,178 felix 1,197
excellere 3,284;4,7 femina 2,193;3,109
excidere 3,73 femineus 1,22;5,59
excidium 3,26 ferre 1,144.212.223;2,35.105.269;3,26.
excipere 2,54 141.184;4,73.86.166;5,108.142
excitus (ptz) 3,83 ferrum 1,215 ;3,139;4,74
excutere 1,91 ferus 1,57.142 ;3,100;5,123
exemplum 2,136.180.186;3,62.75.109; fetus,a,um 5,145
4,72.160 fidelis 2,50.110:3,20.284
exire 2,40;4,181 fides 1,107;2,1.46.104.184;3,32.53.83.
expedire 5,86 102.110.135.148.151.174.213.226.265.
expellere 1,51;2,137;3,3.72;5,48 268.271;4,64.234;5,188
expiare 2,101 fidus 2,70:3,190
explere 3,80.283 fieri 1,55.232;2,229;3,183;4,55;5,193.
exprimere 4,12 237
expugnare 5,158 figura 2,102;5,248
exspectare 1,13;3,47;5,15.44.105.124. figurare 1,75;5,128 (bis)
226 figurator 1,39
exspirans (ptz) 5,172 filius 1,40;3,67;4,29;5,165.204
exstare 4,143 fingere 1,10.94.159;2,216;3,203;4,221.
ex(s)tinguere 3,214;4,52 223:5,186
exsultare 1,117 finis 1,89;2,14;4,233;5,56
exta.orum 1,13 firmare 3,83.271
extendere 1,171 ;2,160.164;3,64;4,163 firmus 3,43.110
exter,a,um 2,62;3,31 ;4,121.207 fixus (ptz) 2,171 ;3,135;5,188
externus 3,72;4,225 flagrare 4,5.186
extimus 2,30 flamma 1,63.162 ;3,157;4,209;5,218
extra (praep) 4,87.90 florere 1,137;3,49.102
extremus 1,63.68.171 flos 1,130;2,147;3,227;4,181
exuere 2,126.166;5,46 fluctus.us 3,57;5,213
exuviae 2,166 fluere 2,41
Ezechias 3,136 flumen 3,63
Ezechiel 3,190 fluvius 1,132 ;2,38;3,69.156.159.166;
facere (passim) 5,206
facies 2,263;3,60;4,122.126;5,83 foedus,a,um 2,37.103.157
facilis 2,88 foedus.eris 1,20;2,31 ;3,223.235;4,138.
facinus 1,171 ;3,17.298;4,51 167.201.217:5,6
factor 1,124.138.176;2,141.211;4,227; folium 2,233
5,23,196 fons 1,132.170;2,38.41.250;3,4.173;
facultas 5,61 4,18:5,206
fallax 2,4 foris,is 4,87
fallere 1,95 forma 1,94.166;2,259;3,240;4,119
falsare 5,80 forte (adv) 2,71;5,142
falsus 1,3.11.81.97.107 (bis).108.149; fortis 1,38.207.210.230:2,130.163.268;
2,10.16.36.49:3,146.202;4,221;5,4.150 3,161;4,74;5,19
Wortliste 207

forum 4,213 gloria 1,40.230;2,43.58.255.265;3,39.


fossa 1,115 124.269;4,28;5,201.250
fovere 2,91,5,128 glutitus (ptz von glu(t)tio) 2,268
fragilis 1,224:2,259 gnarus 1,138
frangere 1,217;2,1 ;5,101 gnatus 3,29.70;4,43;5,115.146
frater 2,49;3,294;4,41.185 Golgotha 2,196
fraternus 3,15 gracilis 2,231
fraudari 5,76 gradi 1,53.98;2,134;5,232
fraus 5,77 Graecus 3,92
fretum.i 5,213 grandis 1,195:3,111.219
fretus,a,um 4,144 granum 2,226
fructus.us 1,241 ;2,39.227;3,133;4,101. grassatus (ptz) 1,25
105.176.179:5,56 gratia 2,33.39;3,190;4,12
fruens (ptz) 1,123 gratis (adv) 1,114
frux 1,227 gratus 1,130;4,60
fugator 5,227 gravatus (ptz) 2,32
fugere 3,19.107;4,228 gravis 4,122;5,38.151
fulgens (ptz) 2,33.265;3,213;4,65 gremium 2,138
fultus (ptz) 2,77 gressus (ptz) 4,94
fundamentum 5,175 gressus.us 2,187;3,195;4,81
fundere 1,215;2,238.247;3,61.63.95; grex 2,100:3,278.281
4,57;5,54.184.192 gurges 1,63.182
funestus 1,119;2,87 gustare 3,150
funus 2,90;5,38 Habacuc 3,197
furens (adj/ptz) 3,151 ;4,224;5,134 habere 1,24.31.67.89.164;2,52.216.
furire 2,30;3,18 217;3,250:4,42.97.98.196;5,94.97.100.
fumm (adv) 3,289;5,83 150.185.205
futurus,a,um 1,13.150:2,51.66.107; habitus,us 2,132.159.259
3,180.193.246.267;4,56;5,56.224 haedus 4,102
Galatae 2,48.52;4,41 haerere 5,63
gaudere 1,17;2,52.80.99.266 (bis);3,2; haeres 2,70;3,250;4,1
4,234;5,95 halare 1,29
Gedeon 3,81 hasta 2,11
gehenna.ae 1,139 haud 2,159
gemere 1,214;5,95,101 haurire 3,185 ;5,178
gemitus.us 3,21.39 hebes 2,35
genesis 1,12 Hebion 1,168
genitalis 5,60 Helias 3,149.162
genitor 3,30 Heliseus 3,161
genitus (ptz) 2,246;3,45;4,29.45;5,199 herba 1,131 ;2,263
gens 1,136;2,45.76;3,6.12 (bis).28.33. Hermas 3,294
47.55.72.82.95.102.179.235:4,45:5,7. heu 1,31.114:2.88:5,161
70.109.116.141.210 Hieremias 3,179
genu.us 3,212;4,34 hircus,i 4,66.100
genus.eris 1,23;3,19.30.290:5,53.56. homicidium 1,17.120
153.205 homo (passim)
gerere 1,25.212 ;3,54.242 ;5,182 honestus 4,50.230:5,84
germen 2,207.233.255;3,294;4,117; honor 1,113.126.223;2,103.238.246.
5,58,86 249:3,22.32.141.274
gesta.orum 2,16 honorare 4,233
gestans (ptz) 3,287 horrere 1,69.79
gigas 3,19.72 horridus 3,188
gignere 2,178;3,1.12.252.290:4,177 hortari 5,73
glomeratus 2,2 hospita 2,147
208 Wortliste

hostia 2,64.75;3,156.224;4,67.96.98. inanis 1,2.109.117;2,242


136;5,14 incautus 2,12
hostis 1,7.38.56.90:2,1.267;3,57.64.71. incendere 3,147
81.106.125.153.169.187;5,19.90.213. incensum,i 4,188
250 incidere 4,15
humanus 2,92.253;5,147.229 incipere 2,137;3,300
(h)umerus,i 4,73 inclytus 1,41
(h)umor 2,192 incredibilis 1,151
Hyginus 3,293 incumbere 3,264
iacere 3,86 inde 2,7;5,5.109.179.184
Iacob 3,34 indignus 1,148;3,241
iactare 2,224 indocilis 3,101
Iahel 3,108 inductus (ptz) 2,230
iam 1,52.53.57.59.67.235.240;2,147. inemendabilis 1,156
228.256;3,1.2.6.170.213.293;4,45; inenarrabilis 4,138
5,118.129.166 inermis 1,65.152;2,260;4,48
iamdudum 5,15 iners 2,121.157;3,136;4,81
ianua 1,45 inesse 1,201
ictus (ptz) 2,170;5,166 infamis 2,23
idolum 1,10;3,144 infandus 1,21.157.174;5,112
Iephta 3,110 infans 4,49.53
Iesse 4,180 infelix 1,217
Iesus (—Nave filius) 2,79;3,67 infernus 2,172.205;4,23;5,240
igitur 4,215.230 inferre 1,30
ignarus 1,32.224;2,224;4,54;5,155 infeste (adv) 1,175
ignis 3,145.158.214.217;4,145.205 infigere 2,9
ignorans (ptz) 2,82 infimus 1,144
ignotus 1,106;4,143;5,12.25.28.32.36. infirmus 2,225
153 infractus 3,151
illectare 2,67 infundere 1,8;4,75;5,63
illicitus 1,23.204;2,18;3,253;5,2 ingenium 1,36
illuminare 1,133 ingens 1,236;2,58.83.109.231.269;
imago 1,94;2,68.84.105;3,41.75.96.99; 3,21.142;4,5
4,64;5,200 ingenuus 5,7
imber 3,154 ingratus 1,114.140.200;3,4.132
immanis 2,78.95.154.168;3,117.269; ingressus (ptz) 2,153
4,217;5,245 iniens (ptz) 2,213
immaturus 4,56 inimicus 2,137;3,87;4,150;5,1.92.103.
immemor 1,123 236
immensus 1,134.238;2,98;4,25.29 iniquus 1,57.88;2,8.142;3,137.182.209.
immeritus 3,178 214;4,90.107;5,40.210
immolare 2,80 inlaudandus 3,181
immortalis 5,100 inlicitus 5,20
impar 1,182 innexus (ptz) 5,167
impavidus 5,82 innoxius 4,53.229
impedire 1,220 innumeratus 2,17
impellere 1,16 inquaesitus 5,67
imperium 5,228 inquirere 5,149
impietas 1,1 inquit 2,262
impius 2,5.87 insania,ae 1,16
implere 1,46;4,91 insanus 1,160
implicitus,a,um 3,62.195;5,213 inscius 4,14
improvisus 2,12;4,14 insignis 3,16.148
impune (adv) 1,4 insons 4,48
Wortliste 209

inspectus (ptz) 2,85 labor 1,208:3,21.36.50.62.104


inspicium 1,13 laborare 1,176.193 ;3,13 ;5,157
instare 4,40;5,74 labrum 4,122
instituere 4,232 lacrima 3,140;5,98
instrumentum 5,147 laetari 3,9
insuper (praep) 4,203 laetus 1,241 ;3,35
intemeratus,a,um 3,265 laniatus (ptz) 1,217
interdum 4,142 lanities 2,123
interior 4,115.142.156.179;5,40.62.90 lapis 4,59
interitus.us 1,59;2,221 lapsus (ptz) 4,88
interpositus (ptz) 5,235 largus,a,um 1,123.147.186;2,236;3,40.
intimus 2,37 175;4,12
intra 4,86.94 latebra 1,26
intus 4,163.207 latebrosus 3,299
invenire 1,71 ;2,87;5,66.149 latere 1,36;2,226.231 ;5,17
invidere 1,84.226 latro 1,177:3,18.171
invidia 3,245 latus,a,um 2,261 ;4,214
invidus 1,1.219 latus,eris 2,181.191:5,178
inviolabilis 1,236 laudabilis 3,128
inviolatus 4,4 laudare 1,123.137.242
invisus 1,62 ;5,111 laus 1,146.223:2,16.111.164;3,23.66.
Ioannes 2,61.108;3,219;4,139.202 102.118.148.200.208.220;4,2;5,27.130
Ioel 3,196 lavacrum 2,193:4,209
Ionas 3,196 lavare 1,188.189
lordnn 2,79;3165;5,221 Lazarus 4,107
Ioseph 3,37;5,145 lectissimus,a,um 3,244
Iosias 3,142 legere 1,149;5,9.143
ira 2,93 legitimus 3,74;4,40
ire 5,212 lenis 2,10
irrevocatus 1,65 leo 2,131.178:3,206
irritus,a,um 1,107 lepra.ae 3,169
iteratus (ptz) 3,168 levare 1,60;2,203.222
iterum 3,88;4,60 levis 5,103
iubere 1,163.188;3,63.138.180.277;4,4. Levita,ae 4,86
40.57.62.70;5,75.193.212 lex 1,76.169.170.182;2,23.80.83;3,61.
iucundus 1,130 132.137.215.257.263.285:4,26.39.58.
Iudaeus.i 5,151 69.83.91.113.116.127.131.134.172.
Iudas 3,44 215.225:5,5.12.13.35.113.217.241
iudex 1,41 über,a,um 3,2.243:4,1
iudicare 1,83 liber,bri 2,55;4,82
Iudices 3,76 liberare 1,206
iudicium 1,79.85;4,47.213;5,253 libertas 1,28;2,50:3,250.265
iugare 3,252.263 ligatus (ptz) 4,151:5,251
iugum 4,73 lignum 2,39.64.145.160.163.168.191;
iungere 3,68;4,161.164.219;5,62.69 3,58.109.147.177:4,115.161.163.178;
ius 3,115.129:4,2.80 5,154.168.230.233
iussum,i 1,203 ;2,174;3,268;5,214 limen 1,105;2,77;3,48
iussus,u 1,50.55;4,87.120 lingua 2,197;5,26.109
iustus 1,77.134.198:2,155;3,14.24.266; linquere 1,9.47.209;2,175;3,8.48;5,49
4,62 Linus 3,277
iuvenis 2,154;4,1 liquefactus 2,219
iuventa.ae 3,37 liquescere 1,217
iuventus.utis 3,225 liquidus 2,228
labes.is 3,266 liquor.oris 3,89;5,191
210 Wortliste

littera 3,92 manna 4,116.168


locare 3,260.276.279 mansuescere 1,79
locator 4,23 manus 1,117;2,160.164;3,64.107.230;
locuples 1,196.203;2,236;3,173 5,126.143
locus 2,161.196;3,194.293;4,20.143 Marcion 1,141.144;3,297
lolium 2,6 Marcus 1,165; 2,61
longe (adv) 2,22;4,145 mare 1,55;4,23.205.209;5,212
loqui 1,34.54.69.76.82.175;2,31.62. Maria 4,181 ;5,145
183.241.257 ;3,59.65.183.228.258.295. maritus,i 2,181
299;4,10.27.82;5.24.154.198.217.222 martyr 3,284
Lucas 2,61 martyrium 1,109
lucere 3,98.227;4,129 massa,ae 2,146
lucerna 4,124.130 mater 2,194;3,1.242.249:5,7
lucidus 2,151 ;3,41 materies 4,21.125
luctatus (ptz) 1,194 Matthaeus 2,61
lucus 3,73 maximus 3,103.277
ludere 1,96.117 medela 5,233
luere 4,54 medicare 2,217
lugere 3,192 medius 2,198;4,109.115.124;5,174
lumen 1,50.237;2,34.208;3,42.227;4,29 mel 1,86
(bis).65.125;5,199 (bis) membrum 1,52.212;2,157.206;3,16.
luna 3,71 123.170.185.205.236.237.242:5,60.99.
lupus 2,129 107.165
lustrans 2,139 memor 3,218
lustrum 3,285;5,10 memorabilis 1,49;3,148;5,190
lusus (ptz) 1,117 memorandus 5,209
lutum.i 3,185 memorare 4,147
lux 1,37.70.148.239.240;2,98.126.173; memorari 2,245
3,41.60.172 ;4,17.144;5,22.129.211. mendax 1,111 ;2,3
243.249 mens 1,1.8.71.143:2,34.37.86.183;
luxus,us 1,24 3,42.74.83.116.259:5,89.161
lychnus.i 3,98 mensis 1,128;5,220
mactare 2,72 (bis). 100.116.120;3,171 mentiri 1,97
maculare 1,21 ;2,102 ;4,229;5,83 merces 1,107.198:3,111
madere 3,85 merere 1,6.185.187.194.207.218.223;
madescere 2,201 2,32.72.184:3,3.21.32.101.141.200.
madidus 3,156 301;4,10.106;5,124
magicus,a,um 1,14.110.157.166 meretrix 1,159
magister 1,72.141 ;2,63.245. ;3,273;4,231 mergere 1,8.16.59.182 ;2,13.222 ;5,161.
magnalia,ium 1,54;3,54 162
magnus 1,126.225 ;2,73.81.105.189. merus 2,62
199.225.229.242.245:3,22.53.66.130. metus 2,83
201.211.275:4,96.99 meus 5,192
maior 1,201.234;2,54;4,64;5,10 Micheas 3,196
Malachim 3,198 miles 3,91 ;5,178
maledicere 1,6.35.89.140 militia 3,152
malle 3,50 mille 3,122
malus,a,um 1,1,74.234;4,7.56;5,17 mina 3,51 ;4,8
manare 1,26.155;2,38.192 minari 1,17;4,59
mancus 1,54 minister 5,8.110.204
mandatum.i 1,184;2,150;3,138.257; ministrare 5,202
4,157.174.192:5,122.217 minor,minus 2,26;5,179
manifestare 4,84 mirabilis 3,202
manifestus 1,105;3,42.59.174;5,188.225 miraculum 2,17
Wortliste 211

mirandus 1,62.229 mutus 1,54


mirari 1,15.48 mysterium 2,189;5,5
mirificus 1,131 ;3,126 Nahum 3,187
mirus 1,152,228;2,184;3,53 ;4,204.215 nam 1,4.27;2,243;3,95.156.246.264;-
miscere 1,22,44.86;2,5;4,70.165.209; 4,68.76.109.189.209:5,75
5,21.169 namque 1,160;4,78;5,157.163.244
miser 1,86.114.179.197;3,261 ;5,102 nasci 1,12;5,52.65.71.87.139
miserabilis 2,6 natura 1,20
miserandus 2,119 natus,a,um 1,168;2,148.207.254;3,2.
misereri 1,200;5,37 219.247.250;4,118.162.188.235;5,54
mittere 1,101.181;2,55.110;3,232.233; natus,u 5,10
4,183,5,44.111.170.253 Nave 3,67
modicus 2,54 nebula 1,110
modus 1,211 necare 2,12.90.178
moenia 4,7 necnon 2,30.109
moles 1,15;2,84;4,6 nefandus 3,144;5,20
molitus (ptz) 5,2 nefas 1,3.68.97.159.195 ;2,13;5,181
mollis 2,230;4,48 negare 1,77.85.87;2,240.252;3,29;4,60;
momentum 2,262 5,185
monere 4,40;5,127 nemo 3,143;5,33
mons 4,27;5,175 nemus,oris 1,130
monstrare 4,26 nepos 4,45
monstrum 3,302 nequaquam 2,102
monumentum 2,135;4,11.232 nexus,us 5,16
morans (ptz) 4,127;5,35 nihil 1,82 ;5,55
moriri 2,215;3,140;5,184 nimis 2,87
mors 1,60.66.105.108.114.142.191. nimius 1,122.147 ;2,106
206.209.213 (bis).227;2,12.37.75.118. nitens (ptz/adj von nitere) 4,182
125.134.137.145.149.153.165.166.176. niti 1,91.139;2,226.229;3,182.212;
225.251.266.268;3,27.96.100.125.149. 4,12;5,147
178.189.230.300;4,56.59.89.95.178; nitor,oris 3,60
5,38.65.87.102.103.123.227.231.237 nobilis 3,149:4,112
(bis) nocere 2,179
mortalis 1,201.224.236;2,104.259;4,16. nodus 5,16
98 Noe 3,23
mortificus 3,167 nolle 1,171;2,223;3,186;5,180
mortuus 2,44.234;3,172 nomen 1,11.81.109.137.143.144.172.
Moses 2,169;3,48;4,27;5,217 190;2,197.244.246.249;3,68.75.211.
movere 3,124;4,63 241.245;4,104.139.156.223;5,10.118.
mucro 2,11 ;3,121 205
mulier 2,181 ;3,103 nondum 2,36.208.250;3,149.246.298
multiplex 1,155 nongenti 4,46
multus 1,145.156.173;2,29.94.114.124. nonus 3,293
141.170;3,12.52.59.79.91.217.267; nos 2,117 (bis);3,274;4,10.89.230;5,29.
4,95;5,16.29.74.171 231.152.159.251
mundare 2,140;3,169;4,81.88.92 noscere 5,33.177
mundator 5,227 noster 2,199;3,273;4,39.76.89:5,61.239
mundus,a,um 1,20;2,47;3,87;4,38;5,26 notare 1,173;2,111
mundus.i 1,125.164.176;2,167;3,227; notus,a,um 1,104.106;3,280;5,27.44
4,226;5,23.32.50.86.164.196.207 novus 1,45.139.240:2,50.193.195.211.
munitus (ptz) 5,19.250 255;3,2.223.287.297;4,138.167.174.
munus 1,116.118.142.235;4,60.184; 192.201.216.219,5,6.54
5,248 nox 3,85.89.96:5,174
mutare 2,158.255.262.264 nubere 5,75
212 Wortliste

nubes 3,154;5,211 oppressus (ptz) 1,42


nudare 1,3;2,88 optare 5,100.123
nudus 1,35.65;2,91.145.237 opus,eris 1,62.103.125.135 ;2,59.188;
nullus 1,67.79.80.82.83.93.211.233; 4,171 ;5,66.110.130
3,10.114.121.123.189;4,20 (bis).21.22; orbatus (ptz) 3,117;4,224
5,53.61 orbis 1,41.74.104.133.180;2,40.55.59;
num 2,92 3,61.95.150.272;4,19.181.195.22 ;5,44.
numen 1,81 ;2,3.14.36 51.54.139.175.253
numerabilis 5,70 ordo 2,85;3,80.296;4,31.159.190;5,1
numerare 5,141.146 organum 1,174;5,87
numerosus 3,78 origo 3,44;4,17;5,207
numerus 1,165;2,45;3,92.209;4,198. os.oris 3,60.93.174.202.204.218;4,197;
203;5,9.43.144 5,43.222
numquam 3,46.243;5,42.44 os,ossis/ossum 2,182 (bis). 195 (bis).
nunc 1,105.175.236;3,249;5,68.112.125 199;3,122.146
nuntium 2,57.151 ostendere 2,59.74.113.187 ;3,12 7.155;
nuntius,ii 2,177 (bis) 4,161;5,55
nutrimentum 5,99 ovile,is 3,278.282
nutrire 2,39;3,96;4,235 ovilis 2,131
nux 4,176 ovis 2,127.204;3,94;4,103;5,45.64
o 3,9 pactum,i 2,214;5,76.180
obferre s. offerre paenitere 3,182;5,150
obiectare 2,131 palam 3,207
obire 3,224;5,234 palma 1,193;3,87.105.212 ;5,166
obitus,us 3,170 pandere 3,212;4,120.202;5,30
oblitus (ptz) 1,9;3,137 panis 3,40;4,166.168.235;5,191.194.215
obscenus 1,24;5,39 par 3,200.225;4,44.135;5,50.73.146.
obscurus 4,197;5,13 163.191
obtectus (ptz) 2,131 paradisus 1,241 ;3,160
obtinere 3,118 parare .paratus 1,64 ;2,103.106.128.140;
obturatus (ptz) 4,228 3,265;4,212
occidere.occasum 3,125 parcere 1,84
occidere,occisum 2,66;3,15 parens ( = genitor/genetrix) 3,6.115;4,44
occultare 5,181 parere 1,57
occurrere 3,113 parere ( = apparere) 5,11.14.97.207
ocius (adv) 2,9 parere 1,45.48
oculus 2,235.262;3,229;4,206 pars 1,192 (bis);2,15.26.28.41.53.54;
odor 1,129 3,156;4,103.110.121.143.148;5,88.148
offerre 1,167;2,93.96;4,97.99.134.185. parvulus 2,154;4,48
188 parvus 1,126;3,49
olim 1,103.183;2,104.112 ;3,11.15.133. pascha,atis/pascha,ae 2,64.68.69.80.85.
138;4,135;5,115.136.242 112.120:5,189
omnino 5,42 passim 1,68;3,256.299;4,135;5,48
omnipotens 2,97;5,228 pastor 2,127.205;3,14.295:5,45.66.232
omnis (passim) patefacere 1,45;5,209
omnitenens 5,202 pater (passim)
opera.ae 3,274;4,133 patere 3,302;4,121.154.207,5,176.189.
of)eratus (ptz) 2,105.134 221
operire s. coperire paternus 2,197;3,70;4,43;5,223
opertus (ptz) 2,2 pati 1,99.112.178.190.205:2,122.159.
opes 1,137 201;3,131.198.241.245;4,72.90.104.
opimus 2,46 139.153:5,111.131.135.177.236
oportere 2,258;5,82 patientia 1,43.147
opplere 5,36 patria 3,30.104;4,35;5,110
Wortliste 213

patulus 4,135 pignus 1,61;2,70.76.247;3,113;4,169


pauci 1,173;2,218;3,61.79;5,164 pinguis 1,129
paulatim 2,156 pinna 4,120
Paulus 2,29.47.52.65.120.184.189.241. piscis 1,216
257;3,232;4,31.42;5,72 pius 2,201:3,13.115.210.296:5,15.127.
pauper 2,188 176
pavimentum 4,212 Pius 3,294;5,41
pax 1,120;2,147.177;3,66.207;4,5.165. placare 2,99
170.185.200 placere 1,210.211;2,28.118.144;3,21;
peccare 4,49 5,82
peccatum 1,182.184;2,90.93.101 ;3,116. pläga,ae 2,4;3,55
191.259.263;4,43.52.61 pläga,ae 4,13.154
pectus.oris 3,113;4,74.236 planus 4,34;5,17
pecus,oris 2,92.100.121 ;4,57 plebs 1,70;2,94.210;3,9.24.163.181.
pecus.udis 2,99.129;3,14;5,232 255.263.275:4,38.61.85.92.129
pellere 3,289 plenus 1,157.200.240:2,43.83.214;
pellis 2,89.131 ;4,114.162 3,216;4,92.166.191.206
pendens (ptz) 2,191 ;4,109 plus.pluris 2,92;5,85.187
penetrare 2,37 pluvia 3,168
penitus 2,36;5,60 poena 1,43.63.187.212 ;2,9.164;3,38.
peragere 1,28;2,174.208;3,74.132;5,111 52.211.241.245;4,53;5,183.236
peragrare 1,159 pollens 4,27
percipere 1,193 pollutus 5,20
percutere 3,55.63.165;5,210 pondus 1,195;2,33;5,241
perdere 2,127.212;5,79.112 ponere 3,85.134
peregre (adv) 3,8 Ponticus 3,297
perennis 1,66.178.209.238;2,38.98; populus (passim)
3,237;4,21.155.235 ;5,130.206 porta 1,139
perfectus 2,98;3,23;4,80.97.159.170 portare 1,98.195;2,57;3,50.248;5,197.
perferre 4,174.191 246
perlicere 1,102 posse 1,12.36.87.199.202.211.219.225.
perfidus 1,29;3,299 233:2,9.34.68.69.96.119.202.214.220.
perfundere 4,230 233;3,6.43.84.123.220;4,186.211;5,61.
perimere 1,114;3,125.178.189.238 62.120.131.134.153.182
perire 1,66.227;5,63.64.80.234 possidere 4,2
perlustrans (ptz) 2,135 postea 1,6.155;3,143;4,194;5,149.193
permanere 4,108 posthac 5,53
permittere 1,148 postis 2,77
perpessus (ptz) 5,239 postquam 1,2;2,1 ;3,124.186.300;5,238
perpetuus 1,64;4,25.54 postulare 3,80
persolvere 5,239 potare 3,5;5,169
persona 4,158 potens 1,226;2,219.223;4,141
perspiciens (ptz) 2,136 potestas 1,234;2,229;3,40.46.120.201.
persuadere 1,153.158 226;4,4.25;5,64.132
pes 1,177;3,165 potiri 2,79.129
pestis 1,155;2,2;3,297;5,54 potius 1,201 ;3,211 ;5,186
petere 1,215;3,83.162;5,34.117.123.240 potus,us 1,129;4,18
petra 3,63;5,216 praebere 5,42.148
Petrus 3,276.292 praeceps 1,16.115:5,187
phase 2,65 praeceptum.i 1,82:3,127.243
piaculum 2,113;4,85;5,13 praecinere 3,36
piatus (ptz) 2,75 praeclarus 3,213
pietas 1,122.178.233.238;2,106,3,291; praeconium 3,97;4,193
4,36.50.211;5,110 praecursor 2,110:3,221.286
214 Wortliste

praeda 1,119.209;3,206 proles 3,3.10.28.72.134;4,44;5,12.78


praedicare 1,73;2,210 promere 1,42 ;5,121
praedicere 3,271 ;4,91.181 ;5,118.133. promerere 3,27
225 promittere 1,183;2,67.82.104;3,9.47.
praedo 3,90;4,13;5,35 70.112.115.133.175.260:5,121.209.
praeducere 2,34 223.242
praelatus (ptz) 1,202 propago 5,69
praelectus (ptz) 3,232 properans (ptz) 4,214
praelucere 4,131 propheta 1,33.46.104;2,21.81;3,130.
praemeditatus (ptz) 2,106 146.179.266;4,106.215;5,18.222
praemium 1,197 propheticus 3,129
praemortuus 2,206 proprius 1,102 ;2,188.241.264:3,41.62.
praeponere 2,225 200:4,71.158:5,119
praesagus 1,34 ;2,183 ;3,183 ;4,82.197 propter 2,23b
praesens (ptz) 2,63.210;3,261 ;4,59 propterea 1,89;2,206
praesidium 5,241 prosapia,ae 5,53
praestare 2,223 ;5,131 proserere,sevi 1,127
praesumere 5,162 prosternere 3,122
praeteritus (ptz) 1,25 protinus 1,4.53.68
praetestatus (ptz) 3,167 psalmographus 3,130
praetextatus (ptz) 5,166 pubens 1,131
praevidere 3,205 publice 1,35
pravus 1,72 (bis) pudicus 1,166
precari 3,192 puer 2,154
preces 1,79.167;3,139.157;4,183.186. pullus,a,um 4,147
188 pulvis 1,215.222 ;2,202 ;5,103
pressus (ptz) 4,61 purus 4,234
pretium 2,96.103 putare 2,35.243;3,258;4,50;5,194
primitiae 5,248 puteus.i 2,142.205;3,185
primordium 2,86 putrescere 2,227
primus 2,108.200.236:3,30.113.126. quaerere 1,106;2,112.133.232 ;4,63.
223.239.277;4,86.185.187;5,1.140.144 223;5,45
princeps 2,167 qualis 1,32 ;3,201
principium 1,154;2,26;3,13;5,109.199 quamquam 3,251 ;5,30.80.187
prior 2,16.24.197:3,138.204.222.224. quamvis 1,136;4,150.152;5,19.72
234;4,126 quantus 1,164;2,59.224;3,201
pristinus 2,243 quapropter 2,122;3,106.289;4,10;5,81
prius 1,150;2,58.260;3,100;5,33.42. quare 5,34
125.133 quartus 4,45;5,13
privare 5,84.94 quasi 1,189;4,93;5,46
probare 1,46.124.150;2,22;3,176.186. quater 4,193
271.275;4,91.97;5,25.67.148.159.163. quattuor 2,27 (bis).40.45;4,119.190.
196 199.206
probus 2,115;3,66 quave 2,161 ;5,194
prodere 3,202 quia 1,27.90.185.207:2,32.124.142.
proelium 3,100 165.250:3,112:5,55.133.142.185.202
profanus 3,268:5,89 quidam 3,171 ;4,143;5,156
profatus (ptz) 5,225 quidem 1,4;2,242;4,104.111
proferre 3,300:4,19.117.222;5,2 quidve 1,146
profitiere 5,179 quiescere 1,55.98;3,66.207
profundere 1,122;3,174;4,12;5,81.98 quin 1,201 ;3,103
profundus 1,1.161 ;4,17 quinquageni 3,25
progenies 5,52 quintus 5,16
prohibere 1,220 quisnam 5,31
Wortliste 215

quoniam 3,150.181.246.288 repertus (ptz) 2,199;3,23.177;5,125


quoque (adv) 1,47.109;3,4.63.129.206. replere 3,270;4,116;5,57
233;4,102.202;5,24 reprobare 1,124;2,24.28;4,60
quotiens 3,158 reprobus 2,37.115;3,302
quotquot 2,170 requies 1,215;3,129;4,142 ;5,243
rabidus 3,214 requirere 1,102 ;2,12 7 ;5,43.125.165.232
rabies 2,129 res 1,13 ;4,159
radix 2,255 reservare 5,26
ramus,i 4,123 resistere 1,233 ;3,108;5,152
rapere 3,233;5,35.171 resolvere 3,204;4,56;5,16.104
raptor 2,132 restaurare 3,137
ratio 2,105.146;3,7;4,64.151 ;5,138 resumere 1,170;5,99
recedere 3,124 resurgere 2,234;3,239;5,104
recipere 2,175;3,102.230;5,249 resurrectio 1,108
recludere 3,298;4,148 retegere 2,173
rector 3,142 reticere 5,156
rectus 4,232 retinere 3,122;5,88
recurrere 2,86 retorquere 4,220
redactus (ptz) 5,144 retractare 4,185
reddere 1,50.197;2,141.212 ;3,218;4,43; retrahere 5,243
5,76 reus 1,5.67.85;3,206
redditor 1,198 revestire 5,129
redimere 2,96.125.248;4,89;5,107 revivere 3,172
redire 2,147.162 revocare 1,58.177.230;2,218 (bis).220.
reducere 1,232;3,56.216;5,247 235.239;3,20.172
refector 2,211 revolvere 3,181
refectus (ptz) 2,146 rex 1,41.239;2,81;3,45.56.126.130.
referre 1,113;5,1.13 151.204.209;4,222;5,140.142
refertus 5,122 rictus.us 1,119
refodere 3,146 rigare 5,216
reformare 2,235 rigor,oris 2,228;5,211
refuga 1,14.142 ;2,1.168;3,18.109;5,2 rite (adv) 1,98
refugere 5,173 ritus,us 4,127
refulgere 2,186;3,60 robur 2,128.155
regalis 3,44 rogare 5,150.242
regere 3,281 ;5,95 (bis) Roma 3,277.287.291
regio 4,20 Romanus 5,140
regius 3,48 rorare 3,89
regnans (ptz) 5,143 ros,roris 3,85.96
regnum 1,73;2,240.252.261 ;3,31.39. rosa 2,233
194.205;4,17;5,117.205.253 roseus 2,11
regressus (ptz) 3,165 rudis 4,14
relevare 3,166;5,38 ruere 1,91.115 ;3,158
relinquere 1,106.192.213.216;2,50.54. rufus 2,263
144.165 ;3,4.30.55.101,243;4,15;5,12 ruga 2,157
reliquus 2,81 ruina 1,87.181.205,2,7.134;5,230
remanens (ptz) 3,88 ruptus (ptz) 4,153
remittere 1,184;3,52 rursum/us 2,234.253;3,150
renasci 2,250.253;3,222 Sabbata,orum 2,204.207.209
renovare 1,44.181.223 ;2,123.147.249; sacer 4,161.217
5,103 sacerdos 1,47;3,145.215;4,69.79.80.96.
renovator 1,39 187
repellere 4,62.100.108 sacratus (ptz) 3,270;5,8
repente (adv) 1,92;3,114 sacrilegus 3,19.290
216 Wortliste

saeculum 1,29 sequi 1,10.27.71 ;2,16.50.153.164.257;


saevus 1,77.78.174.177;3,301 ;4,7.47 3,7.17.37.257.280;4,52.157;5,5.27.
sagitta 3,300 179.214
sagmen 4,120 serere,sevi 2,6 (s. auch sata,orum)
saltem (adv) 5,138 sermo 2,243;4,229;5,26
salus 1,91.183;2,82.95.119.176.215; serpens 2,167.170;5,21
3,194.229.237.239;4,11.39.226.234; serta,orum 2,11
5,88.237.245 serus 5,28.34.41.227
salvus 1,235 servare 3,22.28.203.207;5,64
Samson 3,119 servilis 3,258
Samuel 3,126 servire 2,51 ;3,264
sanare 1,52 servitia 3,262
sanctus (passim) servus 1,186
sanguis (passim) sex 4,193:5,9
sapiens 2,102 Sextus 3,282
sapientia 1,33.228.231 ;2,139;4,18.28 sexus 1,21 ;5,59
sapor 2,41 sic 1,6.113.203.219:2,42.69.118.119.
sata,orum 2,44 125.133.197.257.265:4,31.70.105.186.
satis (adv) 1,173;2,96;4,199 202.215.216.218.220:5,21.66.149.186
saxum 2,229 siccare 3,86;5,212
sceleratus 1,16 siccus 3,88
scelus 1,5.31.175 ;2,18;3,118.286;4,51. sicut 4,180
55:5,11.151 sidus 1,133:2,150.269:3,5.154.254:4,186
scilicet 2,8.190;3,99;5,85 signaculum 5,164
scindere 3,69 signare 1,61 ;2,77;4,158.198
scribere 4,42.69 significare 4,173.208
scriblita,ae 5,169 signum 2,76.169.198:3,64.83.90.97.108
scriptura 5,144 silere 1,191
secedere 3,31 similis 1,110;2,146;3,7.251
secretum,i 3,191 simul 1,194;2,60.138;3,106.240;4,62.
secretus,a,um 1,36;2,172;3,204.298 68.113.163.173.208:5,21.90.197
sectus (ptz) 3,177 simulacrum 3,212
secundus 2,185 ;3,39 singulus 2,136.137;3,76
securis,is 3,166 sinister 4,103
securus 3,246;5,78 sinus 1,23;4,19.144
sed (passim) Sisara 3,107
sedare 4,178 sistere 3,8
sedere 3,276 sitiens (ptz) 5,216
sedes 5,115 situs (ptz) 4,112
seducere 1,2.30.144.154 Sixtus 3,282
semen 1,168;2,6.138.148:3,45.94.219. soboles ( = suboles) 4,52
247.251.255;4,162.180;5,15.155 sociatus 3,269;5,93
semotus (ptz) 4,145 socius 1,93.193.202.221:2,109:3,68.
semper (passim) 208.234.286;4,78
senescere 3,244 Sodoma,orum 4,48
seni,ae,a 2,39;3,225 sol 2,264;3,71;5,173
senior 2,154;4,203 solacium 3,117;4,192
sensus,us 2,3;5,94 solidus 3,256;5,57
sententia 1,32.65;2,22;4,47 solitus (ptz) 2,156
sepelire 1,99;2,200.210.226;5,135 solium 3,134;4,203.205
seps,sepis 1,26 sollemnis 3,74
septemplex 4,128 solus,a,um 1,134.207.211.218;2.57.
sepulchrum 3,170;5,176 238;3,88.121;4,3.25.187;5,24.91.202
Wortliste 217

solvere 1,42;2,114.152.219.220.221. suavis 1,200


230;3,115.139.205,5,39 subagere 1,127;3,73;4,131
somnium 3,204 subducere 2,143.205
somnus 1,116;2,180 subire 3,262;4,183
sonare 2,20 sublimis 2,15.111.121:3,32.134
Sophonias 3,197 subnixus (ptz) 3,51.104
sopitus (ptz) 2,180 suboles s. soboles
sordes 2,251 ;3,37;5,122 subsignare 2,8
sordidus 2,44 succedere 3,272
sors 1,11 ;3,44.114.162.279.296;5,73. successor 3,161.279.292
170 succurrere 5,37
sortitus (ptz) 1,208 succus 1,131
spargere 1,68.217;2,141 ;3,289;4,70; sufferre 3,160;5,183
5,162 süffigere 5,168
spatium 1,178;3,35.78.128;4,151 sulcus,i 4,75
specialiter 4,137 sumere 2,181,265;3,162;4,85
species 2,121.156.158;3,258;4,71.100. summus 1,158.234;2,84.269;4,36.80.
164.177;5,4 175:5,105.142
speciosus 3,242 super (adv) 4,119
speculum 2,85;3,43;4,65 super (praep) 2,239:3,103.119.145.156.
sperare 1,31.36.103.118.120;2,119. 213.219
213;3,114;4,192.236;5,88.242 superare 2,129
spernere 1,15.197;3,49 superbus 2,118;3,3
spes 1,2.9.38.53.117;2,104.215;3,43. superinduere 2,258
213.239.260;4,2.71;5,3.108.226 supplens (ptz) 2,212
spina 2,74.218.233;5,167 supplicium 2,73
spiramen 1,75;5,39.91 supra 3,143
spirare 2,1,230;3,164.290 supremus 2,12.13;3,223;4,105;5,133
spiritus 1,34.94;2,35.63.247.254;3,11. surdus 1,53
68.98.120.195.218:4,24.128.161.163. surgere 1,59.87.191.218;4,8;5,136.184.
165.179.202.210:5,47.93.182.200.251 244
spoliare 1,88;2,118;5,49.237 suscipere 2,46.140.200:3,278.293.296;
spolium 2,167 4,31
spondere 3,135 suscitare 1,205.229
sponsa,ae 2,178 suspendere 1,99;2,64.89.169;5,154
sponte 1,27;2,32.165.175:3,132.265; sustinere 5,166.236
4,21.56 tabes s. tabum
spretus (ptz) 3,248 tabidus 1,52;3,185
squal(l)ens 3,184 tabula 4,113.116.172
Stadium 1,194;2,163 tabum ( = tabes) 1,216
stare 3,115;4,103.122.205 tacere 5,187
statuere 2,205;3,71 ;5,56 tacitus 2,139;5,172
stella 1,11.47 taedere 5,59
sterilis 3,1.9.246.249;4,101.105 talis 1,25;2,153;3,128.141.143.164.
sternere 3,90;5,114 242;4,42.140;5,47
stillans (ptz) 2,203 tarn 2,18.103;3,41.174.213.301;5,34.
stipes 3,105 41.81
stirps 4,45 tarnen 1,77.13;2,28;4,118.146;5,20
stridens (ptz) 2,228 tamquam 1,205 ;2,24l ;5,120
stringere 2,228 tandem 1,3 7;2,113 ;3,188;5,87.104.228
stultus 1,31.136 tangere 3,172
styrax 4,118.176 tantus (passim)
suadere 1,3.24.28.80.96.168;2,9.49. tardus 5,242
143;3,31;5,77.134 Tau 3,92.97
218 Wortliste

tegere 1,33;2,10.89.126.251;3,2S; transgressus,us 3,159


4,120.129 transferre 3,22.167
teg(i)men 2,88.124.144 transire 3,69
Telesphorus 3,284 transmissus (ptz) 5,43
tellus 3,86.8995;5,176 tremebundus 5,219
telum 5,178 tremefactus (ptz) 5,173
temerarius 1,5;3,253;5,231 tremere 1,50;2,14
temere (adv) 2,18.160 tres 2,28;3,208
temo 4,73 tribuere 1,131.161,203;3,40.274;4,169.
templum 1,47;3,73.144;4,67.77.76.125. 210
126.156 tribunal 4,212
tempus ("Zeit”) 1,25.128;3,35.49.140. tribus 5,223
168.216.249.283;4,149.151.200;5,10. triginta 1,161
11.28.72.74.102.140.150 tiumphare 1,57;5,156
tenebrae 1,64;4,128.145 ;5,173 triumphus 3,187
tener 5,75 tropaeum 2,168
tenere 1,37.117;3,123.129.154;4,171; trux,cis 1,120
5,171 tuba 5,218
tepidus 3,5 tumidus 1,119
tepor 2,230 tumor 3,117
tercentenus 3,92 tune 1,18.235 ;4,46;5,55.145.163
tergum 3,106 turba 1,10.33;3,18;5,112
terni 4,123 turris 4,7
terra (passim) tutela 2,95;3,82
terrenus 1,71 tutus 5,186
terrestris 5,138 tuus 2,190
terribilis 1,14.142 ;2,142;5,219 typus 4,132.166;5,14
territus (ptz) 3,51 ubi 2,155.172:5,110
tertius 5,7.244 ubique 2,133;3,235;4,16.218;5,141
testamen 3,99 ullus 1,84.135.226;2,19.215:3,51.107;
testamentum 2,20;4,113 5,42.86
testari 3,231.268;4,140.218 ultra 4,51
testificari 2,58;3,24;4,194 ultro 1,202;2,130;4,228
testis,e (adj) 2,78 umbra 1,118;2,51 ;4,65.158;5,215
testis 2,110;3,202;4,82;5,18.137.148 umbraculum 1,130
thesaurus 1,116 umerus s. humerus
timere 5,177 umor s. humor
ting(u)ere 1,162 umquam 1,80;2,17.124
tonitrus 5,218 unda 1,132;2,172;3,27.57;4,75;5,114.
torpere 5,58 212.216.221
tot 1,164;2,41 ;4,203 unde 3,45;5,120
totidem 4,124 undique 2,261 ;4,123
totiens 3,158;5,36 ungere 3,126
totus 1,133.189 (bis).237;2,53.209.261; unicus 1,40;5,226
3,264;4,137.236;5,89.118 unitus 5,201
tractare 1,99;3,230 unus (passim)
tradere 1,166;2,47.66;3,211.235.283. urna 4,116.166
295;4,31.132.159.169;5,6.119.190 usquam 1,81
trahere 3,148;5,18 usque 3,199
trames 2,4 usus (ptz) 2,186
tranquillus 1,55 usus,us 1,22 ;4,149
transcendere 1,20;2,83 ;4,58 uterus 2,43.137;3,133
transductus (ptz) 1,162 uterque 1,240,4,66.109;5,158
transgressus (ptz) 2,79;5,122 vacare 1,169;4,71
Wortliste 219

vacuare 2,158 via 1,239:2,128.134.176:3,165.176.


vacuus 1,109.118;3,259;4,9 224;4,200.221;5,4.22.114.214.221.231.
vagans (ptz) 1,70 245
vagus 5,12 (in) vice 3,232
Valentinus 1,160 vicenus 5,220
vanus 1,10 victima 4,84
varius 1,90.126;3,95.241 ;5.27.161 Victor 2,173;3,125;4,187:5,46.129.244
vas 4,68.76 victoria 2,198.268;3,108;5,3.105
vastandus 2,76 videre 1,12.49.58.95.217;2,17.32.69.
vates 1,76.183;2,70.109;3,11,173.199. 108.232;3,191.195.233;4,47.140.152.
215.217;4,30.70.131.197;5,8.24.118 201.208:5,111.177.208.219
vehi 1,146;3,160 vigere 3,291:4,165.216
vel 2,101;3,84.255;5,55.149 vigilans (ptz) 5,41
velamen 4,86.94.147.153 viginti 4,199
velare 4,105 vilis 2,103.115
veile 1,95.204:2,22.56.222.232.244; vincere (passim)
3,112.158:4,37.79.90.213.215.226; vinctus (ptz) 1,42.212.227;3,123;4,83;
5,47.181 5,240
vellus,eris 2,91 ;3,85.88.94 vinc(u)lum 1,195.212 ;3,123.184;4,170;
velum 4,109.121.152 5,39
velut(i) 1,116;2,94;5,73 vindicta,ae 3,193;4,141
vena,ae 2,158 vinum 1,49;5,194
venenum 1,26.86;3,288;5,29 violare 1,166
venerabilis 4,160 violentia 3,15;5,183
venerandus 5,106 violentus 3,116.163
vir 1,71:2,135.143.154.155.178.179
venia 1,31.42.67;2,101 ;3,192 ;5,123.150
(bis);3,107.123.127.189.201.273;5,58.
venire 1,41.92.110.143:2,57.113.172;
219
3,47.157.297:5,33.37.116.124.139.228
virga 3,166;4,117.176.180
ventus.i 1,55;2,40;4,9
virgo 1,45;2,143.148.152 (bis).179 (bis);
venturus 2,84.107;3,26.46.150;5,224
4,177:5,230.233
verax 1,113;4,62
virilis 1,21
verber 3,153.163
virtus (passim)
verbum (passim)
vis 2,133:3,119.124.157.198:4,90
vere (adv) 1,180.190.191:4,92.158;
visus,us 4,81 ;5,219
5,14.126 vita 1,1.15.45.84.90.219.226.241:2,24.
vereri 1,138 66.88.111.116.165.254:3,8.35.79.97.
veritas 2,186 128.140.176.237.241:4,18.49.134.192.
vero (adv) 5,68 236;5,79.226
versutus 1,152 vitalis 3,167
vertere 1,49.100.167;2,10 vitans 2,156
verus (s. auch vere) 1,40.101.149.180. viticula.ae 2,231
181.191;2,10.69.112.194;3,224.228; vitis 5,191
4,77.130.168.231.235:5,31.93.107.154. vitreus 4,205.209
198 (bis) vesania 5,161 vitula,ae 4,66.84
vescere ( —vesci) 2,123 vitulus 4,66.68.72
vester 1,140.151 ;3,286;5,53.86.89 vivere 1,206.221 ;2,194;3,4;4,37
vestigium 2,153 vividus 1,225
vestis 2,258:5,170.182 vivificare 2,44
vestire 1,98.230.237;2,237;4,115;5,229 vivus 1,75.237;2,98.204.209.234;4,98.
vetare 2,48 130:5,71.132
veterascere 2,159 vix 3,188.208:5,26.70
vetus 2,31.51.135.199.202.211.255; vocare 2,210.256;3,67;4,35.111.144.146
3,223;4,174.193.216.219;5,14.90.92 vocitatus 5,119
220 Wortliste

volare 1,159 vox (passim)


volitare 4,195 vulgare (inf) 5,157
volumen 3,78.217;4,69.198 vulgus 1,22;3,299;5,70
voluntas 1,200;3,175;5,61.142 vulnus 1,18.90.155.190.214;2,91
voluptas 1,78 3,110.287:5,98.183
volvere 2,162 vultus 3,43 ;4,189;5,167
vomer 4,74 Zacharias 3,198
vos (passim) zelare 4,36
votum 3,110.116 zelus 3,142;4,5.39.42
Initia carminum Latinorum saeculo undecimo
antiquiorum
Bibliographisches Repertorium für die lateinische Dichtung der Antike und des
früheren Mittelalters. Bearbeitet von Dieter Schaller, Ewald Könsgen, unter Mit¬
wirkung von John Tagliabue. 1977. LXIV, 785 Seiten, Leinen

Carmina Medii Aevi Posterioris Latina:


Band II: Proverbia Sententiaeque Latinitatis Medii Aevi
Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters in alphabetischer An¬
ordnung. Gesammelt und herausgegeben von Hans Walther. Teil 1: A-E. 2. Auf¬
lage 1974. XLVIII, 1095 Seiten, Leinen / Teil 2: F-M. 1964. 1038 Seiten, Leinen
(vergr., Neuauflage in Vorbereitung) / Teil 3: N-P. 1965. VIII, 1027 Seiten, Lei¬
nen / Teil 4: Q-Sil. 1966. VIII, 1055 Seiten, Leinen / Teil 5: Sim-Z. 1967. VI,
945 Seiten, Leinen / Teil 6: Register der Namen, Sachen und Wörter zu Teil 1-5.
1969. 209 Seiten, Leinen

Band II / Neue Reihe: Proverbia Sententiaeque Latinitatis Medii


ac Recentioris Aevi
Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit
in alphabetischer Anordnung. Aus dem Nachlaß von Hans Walther herausgege¬
ben von Paul Gerhard Schmidt.
Teil 7: A-G. 1982. XI, 941 Seiten, Leinen / Teil 8: H-O. 1983. XI, 992 Seiten,
Leinen / Teil 9: P-Z. 1986. XII, 831 Seiten, Leinen
Das Material basiert auf gedruckten Proverbia-Sammlungen der frühen Neuzeit
- namentlich auf Janus Gruter - und in geringerem Umfang auf mittelalterlichen
Handschriften europäischer Bibliotheken; ergänzende Hinweise kamen von zahl¬
reichen in- und ausländischen Kollegen und Benutzern der ersten Prover-
biabände.
Mit Teil 9 liegt die „Neue Reihe“ vollständig vor.

Aus den Rezensionen:


. liegt in der alten und neuen Reihe der Carmina Medii Aevi Posterioris Lati¬
na eine ungeheure Materialfülle zur Auswertung bereit. Und sooft man suchend
an das Material herantritt, erhält man Auskunft und Aufklärung.“
Deutsche Literaturzeitung

Vandenhoeck & Ruprecht • Göttingen


James W. Halporn / Martin Ostwald
Lateinische Metrik
Aus dem Englischen übersetzt von Herbert Ahrens. (Studienhefte zur
Altertumswissenschaft 8). 3., durchgesehene Auflage 1983. 62 Seiten,
kartoniert

Albrecht Dihle
Die Vorstellung vom Willen in der Antike
(Sammlung Vandenhoeck). 1985. 178 Seiten, Paperback

Albrecht Dihle
Die Goldene Regel
Eine Einführung in die Geschichte der antiken und frühchristlichen
Vulgärethik. (Studienhefte zur Altertumswissenschaft 7). 1962. 135 Sei¬
ten, broschiert

Josef Speck (Hg.)


Grundprobleme der großen Philosophen:
Philosophie des Altertums und des Mittelalters
Sokrates, Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Nikolaus
von Kues. (UTB Uni-Taschenbücher 146). 4., durchgesehene und teilwei¬
se neubearbeitete Auflage 1990. 257 Seiten, Kunststoff

Kommentar zu den Apostolischen Vätern „KAV“


Ergänzungsreihe zum Kritisch-exegetischen Kommentar über das NT

Band 1: Kurt Niederwimmer • Die Didache


1989. 329 Seiten, Leinen

Vandenhoeck & Ruprecht • Göttingen


7 1/^
/ l O vJ
HYPOMNEMATA
Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben. Hrsg, von Albrecht Dihle, Siegmar D<
Christian Habicht, Hugh Lloyd-Jones, Günther Patzig

64 LUDWIG BRAUN: Scenae suppositiciae oder Der falsche Plautus • 1980. 208 S.
65 ECKART MENSCHING: Caesar und die Germanen im 20. Jahrhundert • 1980. 129 S.
66 WOLFGANG FAUTH: Eidos Poikilon ■ 1981. 205 S.
67 PETER KUSSMAUL: Pragmaticum und Lex • 1981. 102 S.
68 CARROLL MOULTON: Aristophanic Poetry • 1981. 152 S.
69 DIMITRIOS Z. NIKITAS: Eine byzantinische Übersetzung von Boethius.»De hypoteticis
syllogismis« 1982. 207 S.
70 ERWIN SONDEREGGER: Simplikios: Über die Zeit • 1982. 197 S.
71 PETER KARAVITES: Capitulations and Greek interstate Relations • 1982. 142 S.
72 BERND SEIDENSTICKER: Palintonos Harmonia ■ 1982. 277 S.
73 CHRISTIAN HABICHT: Studien zur Geschichte Athens in hellenistischer Zeit • 1982. 215 S.
74 ROBERT RENEHAN: Greek lexicographical Notes. Second series • 1982. 143 S.
75 KONRAD HELDMANN: Die Niederlage Homers im Dichterwettstreit mit Hesiod • 1982. 1001
76 RICHARD WHITAKER: Myth and Personal Experience in Roman Love-Elegy • 1983. 174 S.
77 ROBERT J. BALL: Tibullus the Elegist • 1983. 253 S.
78 DEBORAH H. ROBERTS: Apollo and his Oracle in the Oresteia • 1984. 136 S.
80 JANE W. CRAWFORD: M. Tullius Cicero: The Lost and Unpublished Orations ■ 1984. X, 324
81 AGATHE THORNTON: Homer's Iliad: its Composition and the Motif of Supplication
1984. 182 S.
82 GIAN A. CADUFF: Antike Sintflutsagen • 1985. 308 S.
83 GLENN W. MOST: The Measures of Praise: Structure and Function in Pindar's Second Pythiai
and Seventh Nemean Ödes • 1985. 235 S.
84 WOLFRAM AX: Laut, Stimme und Sprache • 1986. 290 S.
85 HARVEY RONALD SCODEL: Diaeresis and Myth in Plato's Statesman • 1987. 174 S.
86 JENS-UWE SCHMIDT: Adressat und Paraineseform • 1986. 143 S.
87 MALCOLM HEATH: Political Comedy in Aristophanes • 1987. 61 S.
88 CHRISTOPHER K. CALLANAN: Die Sprachbeschreibung bei Aristophanes von Byzanz
1987. 143 S.
89 DENNIS P. KEHOE: The Economics of Agriculture on Roman Imperial Estates in North Afria
1988. XVII, 281 S.
90 PETER BING: The Well-Read Muse • 1988. 163 S.
91 HARVEY YUNIS: A New Creed: Fundamental Religious Beliefs in the Athenian Polis and
Europidean Drama • 1988. 188 S.
92 JÜRGEN LEONHARDT: Dimensio syllabarum • 1990. 296 S.
93 GEBHARD LÖHR: Das Problem des Einen und Vielen in Platons ‘Philebos’ • 1990. 272 S.
94 JOHANNES SCHWIND: Arator-Studien ■ 1990. 257 S.
95 THEODOR EBERT: Dialektiker und frühe Stoiker bei Sextus Empiricus • 1991. 374 S.
Bitte fordern Sie eine vollständige Übersicht der Reihe Hypomnemata an.

\frndenhoeck& Ruprecht in Göttingen und Züric

ISBN 3-525-25195-5
DATE DUE / DATE DE RE■TOUR

CARR MCLEAN 38-297

Das könnte Ihnen auch gefallen