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Suprasegmentale Eigenschaften
In den Wörtern fremder Herkunft behaupten sich in Österreich noch sehr gut mit
Anfangs- bzw. Erstgliedakzentuierung 'Anis, 'Offset, 'Pankraz, 'Diakon, 'Kimono,
'Majoran, 'Marzipan, 'N/negativ, 'Vatikan, 'Kilogramm, 'Kilowatt,
'Superintendent, 'bilateral und 'Pentagon. Weniger gut erhalten sind 'Servaz,
'Camembert, 'Uniform, 'quantitativ.
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Segmentale Eigenschaften
In Österreich genauso wie in Süddeutschland und der Schweiz werden alle Plosiv- und
Frikativlaute stimmlos gesprochen, also auch die ungespannten Lenis, d. h. umgangssprachlich
fallen die anlautenden Plosivlenes und -fortes <d>/<t>, <b>/<p> besonders im Donau- und
Voralpenraum in stimmlose Halbfortes zusammen, so dass kein Unterschied mehr besteht
zwischen du : tu, Dank : Tank, backen : packen, Draht : trat, Blatt : platt, gebracht : Pracht.
Während <g>, <k> vor Vokalen unterschieden sind, z. B. Garten : Karten, fallen auch sie vor
Konsonanten zusammen, z. B. Greis : Kreis. Die s- und sch-Laute klingen im südlichen Bereich
praktisch gleich in böse-Blöße, Hose-große, Loge-koscher. Auch Wort- oder Silbenanlautendes s
ist stimmlos: satt, somit, Sonne. Das stimmhafte [z] wird in Österreich nur von geschulten
Sprechern realisiert. Genauso stimmlos sind <w> und [ӡ]: wann, Wiese, Loge.
fast geschlossene (gespannte) Aussprache der kurzen Vokale <i> - <ü> - <u>
(Wille, müssen, uns), während <e> - <ö> - <o> durchaus offen gesprochen werden.
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Bei manchen Wörtern wird der betonte Vokal kurz gesprochen: Afrika, Behörde,
Dusche, Erde, Geburt, Husten, Krebs, rösten, Tratsch u.a.
Das <i> in den Suffixen -ik, -it und -iz ist kurz: Fabrik, Kritik, Kredit, Hospiz, Notiz.
Bei einigen Wörtern wird der betonte Vokal lang gesprochen: bis, Dogma, Bruch,
Geruch, Geschoß, hin, ob, rächen u.a.
Geschriebenes langes <ä> etwa in Käse, nähen, spät, nämlich, Drähte, wählen,
erzählen, Universität wird außer in Vorarlberg meist als geschlossenes, gespanntes
[e:] realisiert (dagegen in Deutschland und in der Schweiz ungespannt als [ɛ:]).
In der Endsilbe -er tritt durch die r-Vokalisierung der [ɐ]-Schwa ein (a-artige
Aussprache), so dass es [va:tɐ] Vater, [li:bɐ] Bruder, [bru:dɐ] lieber heißt.
Das geschriebene <e> in einigen unbetonten Silben (z. B. be-, ge-, -el, -en) und im
Auslaut (Bote, Nase, Tage, Gäste) wird nicht als Schwalaut [ə], sondern schwach
betonter Vokal [e] oder [ɛ] artikuliert oder der Laut wird getilgt: Tische [ˈtɪʃe],
Boden [ˈbo:den] oder [ˈbo:dn].
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Plural in die Parfums : Parfume, die Interieurs : Interieure, die Billiards : Billarde und -en-
Plural in die Saisonen : Saisons, die Fassonen : Fassons, die Cremen : Cremes.
In erster Linie fallen die Verben der Körperhaltung auf, deren Perfekt und
Plusquamperfekt mit dem Hilfsverb sein gebildet werden: ich bin gesessen, wir waren gelegen,
er ist gestanden usw. Ebenso bei kauern, hocken, schweben, knien, baumeln, lungern und bei
Zusammensetzungen mit diesen Verben, beispielweise daliegen, beistehen, vorliegen. Dieser
Gebrauch der Hilfsverben ist auch in Süddeutschland und der Schweiz standardsprachlich. Im
Syntax ist unter wenigen typischen Eigenheiten der mündliche und zunehmend auch schriftliche
oberdeutsche Gebrauch des Perfekts an Stelle des Imperfekts hervorzuheben.
Gegenüber Deutschland gilt ein zum Teil abweichender oder zusätzlicher Gebrauch von
Präpositionen, z. B. er kommt auf : zu Besuch, sie gehen auf : in Urlaub, er macht eine Prüfung
aus : in Chemie, er hat auf : – den Geburtstag vergessen, wir bleiben für : – zwei Wochen, etw.
um : für 1 Euro kaufen/verkaufen, am : auf dem Friedhof, am : auf dem Prüfstand, über : auf
Antrag, über : auf Einladung, über : auf Bitten, über : auf Wunsch.
In der Wortkomposition wird bei Maskulina und Neutra vor allem nach den velaren
Konsonanten [g, k, х, ŋ] das Fugen-s häufiger als in anderen Zentren bevorzugt, so dass es
Abbruchsarbeit, Gesangsverein, Gelenksentzündung, Fabriksarbeit, Gepäcksnetz. Weitere
Komposite mit Fugen-s sind Rindsbraten, Schweinsbraten. Mit Fugen-s anstelle des Endvokals -
e (dt./schweiz. mit -e) wird bei folgenden Bestimmungswörtern ersetzt: aufnahmsfähig,
Aufnahmsprüfung, Ausnahmserscheinung, Ausnahmszustand, Übergabsprotokoll,
Übernahmsangebot usw.
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Ohne Fugenelement erscheinen: Abschreibposten, Tagblatt, Tragtasche. Bildungen mit
Advent als Bestimmungswort weisen grundsätzlich kein Fugen-s auf, z.B. Adventkalender.
Folgende Bildungen erhalten gekürzte Bestimmungswörter (dt./schweiz. mit Fugen-en):
Maschinschreiben, maschinschreiben, maschinschriftlich, strapazfähig, Schattseite, Sonnseite.
Im österreichischen Deutsch gibt es eine ganze Reihe von Affixoiden (Halbpräfixe und
Halbsuffixe). Besonders produktiv und reihenbildend sind folgende Affixoide:
Eine besondere Verbalableitung ist jene auf -ieren, so dass es röntgenisieren : röntgen,
strichlieren : stricheln, pulsieren : pulsen heißt.
Andere Adverbbildung: heraußen/hier außen (dt. hier draußen, Schweiz, hier aussen),
herinnen/hier innen (dt. hier drinnen, schweiz. hier innen), heroben/hier oben (dt./schweiz. hier
oben), herüben (dt./schweiz. hier drüben) - entsprechend: herunten, hiebei/hierbei (dt./schweiz.
hierbei) - entsprechend: hiedurch, hiefür, hiegegen, hieher, hiemit, hievon, hievor, hiezu.
Wortschatz
Nicht aller zum österreichischen Deutsch zählender Wortschatz ist auf Österreich
beschränkt. Über solchen hinaus gibt es sowohl räumliche Grenzüber- als auch
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Grenzunterschreitungen. Hinsichtlich seiner Stellung im Rahmen der deutschen Sprache lässt
sich der österreichische Wortschatz nach seiner Verbreitung in fünf Bezeichnungs- und eine
sechste Bedeutungsgruppe gliedern (nach Ammon).
1. Oberdeutscher Wortschatz, der Österreich mit Süddeutschland und der Schweiz gegen Mittel-
und Norddeutschland verbindet, z. B. Bub : Junge, Orange : Apfelsine, Knödel: Kloß, Samstag :
Sonnabend, heuer : dieses Jahr, kehren : fegen u.a.
6. In Österreich weisen eine Reihe von Bezeichnungen eine eigene oder eine über die
allgemeine deutsche Bedeutung hinaus gehende Zusatzbedeutung auf, wobei die Verbreitungen
den Gruppen 1-3 entsprechen, z.B. österr. Sessel ,einfaches Sitzmöbel mit Lehne' (dt. bequemes
gepolstertes Sitzmöbel), österr. Fauteuil ,bequemes gepolstertes Sitzmöbel'), österr. Pension
„Altersversorgung allgemein“ (in Deutschland nur der Beamten, sonst Rente), österr. Bäckerei
auch „süßes Kleingebäck“, Knopf auch ,Knoten', angreifen auch ,anfassen' u.a.
Zur Pragmatik
Die Vorliebe für Titel gehört zu den meistverbreiteten stereotypischen Vorstellungen von
den Österreichern in den anderen nationalen Zentren der deutschen Sprache. Es fällt nicht
schwer, Titel zu finden, die nur in Österreich existieren. Das berühmteste Beispiel ist der Hofrat,
der als Titel verdienstvoller Beamter der staatlichen Administration mit akademischer
Ausbildung auch nach der jüngsten Titelreform für Beamte fortbesteht.
Grüße: Grüß Gott! (= süddt., dt. guten Tag!, schweiz. Grüezi), Servus! (familiärer
Begegnungsgruß) (dt. Tag!, schweiz. Grüezi/Salü!), Servus! (familiärer Abschiedsgruß) (dt.
*Tschüß, schweiz. Tschau!/Salü!), Habe die Ehre! (veraltend) (Gruß gegenüber einer
höhergestellten Person) ohne spezifische dt./schweiz. Entsprechung), Ihr(e) sehr ergebene(r) (...)
(ehrerbietige briefabschließende Grußformel) (dt./ schweiz. Hochachtungsvoll), Küss die Hand!
(ehrerbietiger Gruß gegenüber einer Dame) ohne spezifische dt./schweiz. Entsprechung. Die drei
letztgenannten Grußformen sind in Österreich noch eher möglich als in Deutschland oder der
Schweiz, wo sie meistens nur noch ironisch wirken.
Manche Ausdrücke, auch viele aus den obigen Wortlisten, existieren auch im deutschen
und schweizerischen Standarddeutsch, werden aber in anderen Situationen verwendet. So ist z.B.
die (Gewichtseinheit Dekagramm „10 Gramm“ Bestandteil der naturwissenschaftlichen
Fachsprache während sie in Österreich für die alltäglichen Gewichtsangaben vor allem für
Lebensmittel üblich ist, z. B. in Kochrezepten oder beim Einkaufen. Gängig sind dabei dann die
Kürzel Deka (mündlich oder schriftlich) und dag (schriftlich).