Sie sind auf Seite 1von 21

Energieverbrauch schwankt tageszeitlich und jahreszeitlich

 Kraftwerke (v.a. thermische) benötigen Zeit für Laständerungen → Lastprognosen erforderlich


 Lastprognosen: Grundlage für Leistungsfahrplan für jeden Kraftwerksblock
 Vorhalten einer kurzfristig verfügbaren Reserve (Minutenreserve) für außerplanmäßige
Laständerungen
 Gleichgewicht von Leistungserzeugung und Abnahme um die Netzfrequenz stabil zu halten

Frequenzabhängigkeit des Wirkleistungsbedarfs:


Netz enthält Verbraucher mit unterschiedlicher Leistungs-Frequenz-Charakteristik, z.B.
– ohmsche Verbraucher: Wirkleistungsaufnahme frequenzunabhängig
– motorische Verbraucher: Wirkleistungsaufnahme in der Regel frequenzabhängig
(speziell Gebläse mit frequenzabhängiger Drehzahl: P ~ n3  P ~ f 3 )

mittlere Abhängigkeit zwischen Wirkleistungsbedarf und Frequenz für ein Netzgebiet:


PL f
= cp  in Deutschland cp ≈ 0,5
Pn fn

Kraftwerksregelung 43
Elektrische Lasten im Energieversorgungsnetz sind abhängig von Spannung U und Frequenz f.

Die Abhängigkeiten werden durch entsprechende Lastkoeffizienten


kpu, kpf, kqu und kqf
ausgedrückt:

z.B. Exponential-Modell für statische Lasten


𝑘𝑝𝑢 𝑘𝑝𝑓
𝑈 𝑓
𝑃EXP 𝑈, 𝑓 = 𝑃0 ⋅ ⋅
𝑈0 𝑓0
Spannungs − Frequenz −
abhängigkeit abhängigkeit
𝑘𝑞𝑢 𝑘𝑞𝑓
𝑈 𝑓
𝑄EXP 𝑈, 𝑓 = 𝑄0 ⋅ ⋅
𝑈0 𝑓0

Quelle: S. Palm, P. Schegner, „Demand side modelling taking into account voltage and frequency dependence“,
Intl‘ Workshop High Voltage Engineering, 5.-8. Sept. 2016 Dresden

Spannungs- und Frequenzabhängigkeit von Lasten 44


In der Forschung werden derzeit die Abhängigkeiten experimentell neu bestimmt.
Dazu werden, begleitend zu Reparatur- und Montagearbeiten, bei denen Inselnetze durch
Notstromaggregate versorgt werden, Spannung und Frequenz definiert verändert und die
Auswirkungen auf die im Inselnetz aufgenommene Wirk- und Blindleistung gemessen.

exponentielles Model
Typische Beispiele: Last
kpu kpf kqu kqf
Radiator 1,96 0,00 - -
Elektrischer Wasserkocher 1,99 0,00 - -
Rein ohmsche Last
Kaffeemaschine 1,95 0,00 - -
(const. Impedanz) Heizlüfter (Stufe 1) 1,98 0,00 - -
Heizlüfter (Stufe2) 1,98 0,00 - -
Glühbirne 1,99 0,00 - -
Heizlüfter ( kalt) 2,57 -0,93 2,68 -0,93
Ventilator 2,66 -1,26 3,60 -2,12
Motorische Last Asynchronmaschine im Leerlauf 4,05 -3,48 3,29 -2,10
Staubsauger 1,82 0,00 2,35 0,43
Energiesparlampe 1 1,13 0,00 1,36 0,00
Konstantstrom-Last
Energiesparlampe 2 0,97 0,00 1,22 0,00
LED Leuchtmittel 0,83 0,00 0,92 0,13
Konstantspannungs- Laptop 0,00 0,00 -0,26 0,49
Last Computer Display 0,00 0,00 0,28 -0,24
Quelle: S. Palm, P. Schegner, „Demand side modelling taking into account voltage and frequency dependence“,
Intl‘ Workshop High Voltage Engineering, 5.-8. Sept. 2016 Dresden

Spannungs- und Frequenzabhängigkeit von Lasten 45


Änderung des Wirkleistungsbedarfs P bei konstanter Turbinenleistung PT
dW
 nach Änderung der kinetischen Energie W des Wellenstranges: PT − P =
stellt sich eine veränderte Drehzahl ein.
dt

Turbinensätze sind mit Turbinenregler ausgestattet (= Primärregler).


Primärregler sorgt dafür, dass Antriebsleistung entsprechend nachgeführt wird.
Beispiel – Thermische Kraftwerke:
- Nachführen der Antriebsleistung durch Öffnen oder Schließen des Dampfventils,
- gefolgt von Anpassung der Brennstoffzufuhr des Kessels entsprechend Leistungsbedarf

Verhältnis von Leistungsänderung zu Frequenzänderung ergibt Leistungskennzahl KT


1 P
KT = =−  Statik
 f
Die Leistungskennzahl der Turbine gibt an, durch welche Lasterhöhung ΔP die Frequenz des
Generators um 1 Hz abgesenkt wird.

Kraftwerksregelung: Turbinenregelung (Primärregelung) 46


f
ungeregelt

50 Hz f  2,5 Hz

geregelt

Ps Pb Pn P
P n nsoll
Ventil P-Regler
Stationäre Frequenz-Leistungs-Kennlinie
-
einer drehzahlgeregelten Turbine nist Netz
Pb … im Betrieb gefahrene Leistung
G
Ps … Schwachlast 3
Pn … Nennleistung Drehzahl-
Aufnehmer

Prinzip der Drehzahlregelung einer Turbine

Drehzahlregelung bei Turbinen 47


Bei Laständerungen im Netz:
- alle Kraftwerksblöcke, ausgerüstet mit Primärregelung, übernehmen entsprechende Teillast.
- alle Generatoren laufen mit veränderter aber gemeinsamer Frequenz weiter.
Durch geeignete Wahl der Leistungskennzahl der Turbine werden einzelne Kraftwerke
unterschiedlich stark an der Laständerung beteiligt.

f M2
M1 … Spitzenlastkraftwerk
M2 … Grundlastkraftwerk

M1

P
P2 P1
P = P 1 + P2

Frequenz-Leistungs-Kennlinien unterschiedlicher Kraftwerkstypen 48


A Primärregelung
f A Primärregelung f
B Sekundärregelung
t1 + 3 min
fsoll fsoll
t1 t1 B
A A
fsoll - f fsoll - f

t1 + 30 s t1 + 30 s

P1 P1 + P P P1 P1 + P P

Regelvorgänge nach einer Lasterhöhung um ∆P

Ventil Primär- Sekundär-


regler nsoll regler fsoll
P n nsoll f
P-Regler PI-Regler
- -
nist fist Netz

Wirkungsweise der 3
G

Sekundärregelung Aufnehmer

Kraftwerksregelung im Inselbetrieb: Primär- und Sekundärregelung 49


Turbinenregler Netzregler Turbinenregler
TR 1 NR TR 2

P1 f P12 f P2 f
P1 P12 P2
M1 M2

PA PB PC
P = P C - PB

Netz 1 Netz 2

Prinzip der Netzkennlinienregelung zwischen zwei Teilnetzen


50
im Verbundbetrieb
f f Turbinenregler Netzregler Turbinenregler
Netz 1 Netz 2
TR 1 NR TR 2
t1
1
(Pf )
1
t1
1 (Pf ) 2
P1 f P12 f P2 f

f0 P1 P12 P2
t1 M1 M2

M1 M2
PA PB PC
P = P C - PB
P1 P P2 P
Netz 1 Netz 2

f f f
Netz 1 Netz 2 Netz 1 + Netz 2
t2 1
(Pf )
1
1 ( ) f 1 (Pf )
1+2
t1 P 2
f0
t2 t1 t2
f1
M1 M2

PA PB P1+P2
P1 P P2 P
P
P

f
Netz 1
f
Netz 2
f
(Pf )* Netz 1 + Netz 2
t2 → t3 1 f
( )
P 1
1 ( ) f
P 2
1
1+2

t1,t3 t1 t3
f0
t2 t2
f1
M1 M2

P P1+P2
PA
 P1 PB  P2 P1PC P P
P
P

Netzkennlinienregelung zwischen zwei Netzen im Verbundbetrieb 51


f f Turbinenregler Netzregler Turbinenregler
Netz 1 Netz 2
TR 1 NR TR 2
t1
1
(Pf )
1
t1
1 (Pf ) 2
P1 f P12 f P2 f

f0 P1 P12 P2
t1 M1 M2

M1 M2
PA PB PC
P = P C - PB
P1 P P2 P
Netz 1 Netz 2

f f f
Netz 1 Netz 2 Netz 1 + Netz 2
t2 1
(Pf )
1
1 ( ) f 1 (Pf )
1+2
t1 P 2
f0
t2 t1 t2
f1
M1 M2

PA PB P1+P2
P1 P P2 P
P
P

f f f f *

t32 → t3 1 f
Netz 1
1 ( ) f
Netz 2
1 (Pf )(P ) 1+2
Netz 1 + Netz 2

( )
P 1
P 2
1
1+2

t1,t3 t1 t3 t1 t3
f0
t2 t2
f1
M1 M2

P P11+P
+P22
PA
P 1P 1
PB
P2 P2P P1PC P P
P
P
P

Netzkennlinienregelung zwischen zwei Netzen im Verbundbetrieb 52


Turbinenregler Netzregler Turbinenregler

Wirkung der Primärregelung bei Laständerung TR 1 NR TR 2

und Regelung der Übergabeleistung P1 f P12 f P2 f


P1 P12 P2
M1 M2

PA PB PC
P = P C - PB

Netz 1 Netz 2

f f
Netz 1 Netz 2
1 1
f
( ) = Statik δ
(Pf )
2
P 1

t1,t3 t1 t3
f0

t2 t2
f1
M2
M1

PA PB
 P1 P1  P2  P 1 PC P2
P

Netzkennlinienregelung zwischen zwei Netzen im Verbundbetrieb 53


Schwankungen der Netzfrequenz gehören zum Netzbetrieb:
– Defizite der Leistungsbilanz werden über Netzfrequenzschwankungen ausgeglichen.
– über die Netzfrequenz erhalten alle Kraftwerksregler die Information,
welche Leistung das jeweilige Kraftwerk abgeben soll.

Schwankungsbreite der Netzfrequenz


• üblicher Betrieb: f = 50 ± 0,01 Hz
• Normalbetrieb: f = 50 ± 0,05 Hz
• Δf > 0,15 Hz bedeutet umfangreiche Störung mit erheblicher Gefährdung es
Verbundbetriebs

Folge:
Die Synchronzeit pendelt bis zu ±30 s um die astronomische Zeit.
Uhren mit Netzanschluss und Synchronantrieb zeigen die Synchronzeit (“Netzzeit”).

Frequenz im Versorgungsnetz 54
Verbrauch Erzeugung

Zuschaltung/Abschaltung 50 Hz Sekundärregelleistung
von Last (stochastisch) 49,80 Hz 50,20 Hz

Minutenreserveleistung
Stochastische
Leistungsgleichgewicht Erzeugung
(z.B. aus Wind)
Erzeugung – Verbrauch
Primärregelung
P = k * f

Dämpfung durch Kraftwerksausfall


rotierende Reserve
f [Hz] Primärregelung
Synchrongebiet
Sekundärregelung
Zuständige Regelzone
E = J * 2
50,0

Frequenzverlauf bei Erzeugungsausfall


49,5 und Eingriff der Sekundärregelung
Frequenzverlauf

5s 15 s 15 min
30 s Zeit
(Quelle: ETG Mitgliederinformation Januar 2010)

Verbundnetzregelung - Grundprinzip 55
Bildquelle: Müller: Handbuch der Elektrizitätswirtschaft, 2.Auflage S.50, Springer Verlag

Beendigung des Inselbetriebes der BEWAG am 01.12.1992 56


Der Stromhandel findet europaweit
langfristig ausschließlich im 1-h–Raster
statt. Dabei treten zum Stundenwechsel
große Ungleichgewichte zwischen dem sich
überwiegend kontinuierlich verhaltenden
Lastgang und dem treppenförmigen Verlauf
des Leistungs-Fahrplans auf.
Im Intraday-Handel werden die Kontrakte
auf viertelstündlich vereinbart.

Reales Netzfrequenzverhalten, täglich


nahezu gleich
a) 24-h-Frequenzkurve,
Einzeltagesmessung am
19.01.2010

b) Ensemble-gemittelte 25-h-
Frequenzkurve, 1. bis 31.01.2010
(Quelle: ew, 2011, Heft 5, S.37)

Netzfrequenzverhalten Kontinentaleuropa 57
Aktuelle Netzfrequenz:
http://www.netzfrequenzmessung.de/ Quelle/Link:
Dr.-Ing. Thomas Gobmaier
Feldmochinger Str. 210 b
D-80995 München
Zeitlicher Verlauf der Netzfrequenz: Telefon: +49 89 38904775
E-Mail: info@netzfrequenzmessung.de
http://www.netzfrequenzmessung.de/verlauf.htm

Quelle/Link:
Verlauf der Netzfrequenz: Dipl.-Ing. (FH) Markus Jaschinsky
Rehwinkel 33
http://www.netzfrequenz.info/verlauf-15-minuten 22149 Hamburg
kontakt@netzfrequenz.info

Netzfrequenzverhalten Kontinentaleuropa 58
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/nachgehende-uhren-radiowecker-ticken-wieder-normal-a-1197145.html

Netzfrequenz und Synchronuhren


59
(Spiegel online, Donnerstag, 08.03.2018, 16:03 Uhr)
Begrenzung von Großstörungen
bei Störungen die über (n-1)-Kriterium hinausgehen:
Frequenz- und Spannungsstabilität des Übertragungsnetzes durch Abweichungen
im Wirk- und/oder Blindleistungshaushalt stark beeinträchtigt
 Netzauftrennungen sowie örtliche Versorgungsunterbrechungen sind möglich.

Vermeiden von Netzzusammenbrüchen durch


5-Stufen-Plan zum frequenzabhängigen Lastabwurf.

Stufe 1 49,8 Hz Alarmierung des Personals, Einsatz der noch nicht mobilisierten
Kraftwerksleistung
Stufe 2 49,0 Hz unverzüglicher Lastabwurf von 10-15% der Netzlast
Stufe 3 48,7 Hz unverzüglicher Lastabwurf von weiteren 10-15% der Netzlast
Stufe 4 48,4 Hz unverzüglicher Lastabwurf von weiteren 15-20% der Netzlast
Stufe 5 47,5 Hz Abtrennen aller Kraftwerke vom Netz

neu: automatischer „Niederfrequenzstart“ bei 48,5 Hz (vgl. Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz)

Begrenzung von Großstörungen 60


Kurzschluss
= spannungsführender Leiter mit mind. einem weiteren Leiter niederohmig verbunden

Unterscheidung:
• Satter Kurzschluss
• Lichtbogenkurzschluss

Wirkung der Kurzschlussströme:


• mechanische Beanspruchung der Betriebsmittel durch elektromagnetische Kraftwirkung
• thermische Beanspruchung
• im unsymmetrischen Fehlerfall → Erdströme
• Spannungseinbruch im Netz → verminderte Leistungsabnahme
→ Frequenz steigt → Stabilität gefährdet

Kurzschluss im Energieversorgungsnetz – Kurzschlussarten 61


L3 L3
L2 L2
L1 L1

"
I"k2
I k1

einpoliger Kurzschluss zweipoliger Kurzschluss ohne Erberührung

L3 L3
L2 L2
L1 L1
I"k2E I"k3
I"kE2E

zweipoliger Kurzschluss mit Erberührung dreipoliger Kurzschluss

Für die Vorlesung EET: nur „zur Vertiefung“

Kurzschlussarten 62
Ende Kapitel 6
Elektrische Energieversorgungsnetze

63

Das könnte Ihnen auch gefallen