Sie sind auf Seite 1von 42

2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 1

INHALTSVERZEICHNIS KAPITEL 2

2 ELEKTRISCHES STRÖMUNGSFELD UND GLEICHSTROMKREISE ............................................2

2.1 ELEKTRISCHE LEISTUNG UND ELEKTRISCHE ARBEIT ..............................................................................2


2.2 WIDERSTAND, LEITWERT UND OHMSCHES GESETZ ................................................................................6
2.2.1 Spezifischer Widerstand, spezifischer Leitwert .................................................................................8
2.2.2 Verhalten von Widerständen in Abhängigkeit von der Temperatur................................................12
2.3 ZÄHLPFEILSYSTEME..............................................................................................................................15
2.3.1 Verbraucherzählpfeilsystem ............................................................................................................16
2.4 SERIEN- UND PARALLELSCHALTUNG VON WIDERSTÄNDEN ..................................................................17
2.4.1 Serienschaltung von Widerständen .................................................................................................17
2.4.2 Parallelschaltung von Widerständen ..............................................................................................18
2.5 DREIECK/-STERNUMWANDLUNG ..........................................................................................................21
2.6 KIRCHHOFFSCHE GESETZE....................................................................................................................22
2.6.1 Begriffsbestimmung.........................................................................................................................22
2.6.2 Erster Kirchhoffscher Satz ..............................................................................................................23
2.6.3 Zweiter Kirchhoffscher Satz ............................................................................................................24
2.7 SPANNUNGSTEILER, STROMTEILER .......................................................................................................30
2.7.1 Spannungsteiler...............................................................................................................................30
2.7.2 Stromteiler.......................................................................................................................................32
2.8 GEMISCHTE SCHALTUNGEN ..................................................................................................................33
2.9 SPANNUNGSQUELLE MIT SERIELLEM INNENWIDERSTAND .....................................................................34
2.10 STROMQUELLE MIT PARALLELEM INNENWIDERSTAND..........................................................................37
2.11 STROM-/SPANNUNGSMESSUNG AN EINEM WIDERSTAND ......................................................................38
2.12 ÜBERLAGERUNGSGESETZ NACH HELMHOLTZ .......................................................................................39

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 2

2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise


Die Minimalkonfiguration eines elektrischen Stromkreises besteht aus einer Spannungsquelle,
die über einen mit ihr verbundenen Widerstand einen elektrischen Strom treibt. Beschrieben
wird der Stromkreis durch den Strom I (als pro Zeiteinheit transportierte elektrische Ladung),
die treibende Spannung U, dem Widerstand R und die am Widerstand umgesetzte Leistung P.

Beispiel für einen Gleichstromkreis:

U R

mit: ohmscher Widerstand

+ - Gleichspannungsquelle
(Batterie)

Alternativen für Spannungsquellen:

= Gleichspannungsquelle

~ Wechselspannungsquelle

2.1 Elektrische Leistung und elektrische Arbeit


Die elektrische Leistung ist das Produkt aus der an einem Widerstand anliegenden
Spannung U und des Stromes I
P = U⋅I
mit: P (W): Leistung in Watt
U (V): Spannung in Volt
I (A): Strom in Ampere
Die Einheit der Leistung wird mit Watt (W) bezeichnet.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 3

James Watt (* 19. Januar 1736 in


Greenock; † 19. August 1819 in seinem
Haus Heathfield in Handsworth) war ein
schottischer Erfinder. Seine größte
Leistung war die Verbesserung der
Dampfmaschine. [4]

Die Stromstärke ist über die Ladungsmenge pro Zeit definiert und deshalb:
Q
Setzen wir also I = in die Gleichung P = U ⋅ I ein, so erhalten wir folgende Gleichung:
t
Q
P = U⋅
t
mit: P (W): Leistung
U (V): Spannung
Q (As): Ladungsmenge
t (s): Zeiteinheit

Ist die Leistung während des Zeitintervalls Δt konstant, dann gilt für die Arbeit (Energie):

W = P ⋅ Δt
mit: W (Ws oder J): Arbeit (Energie) in Wattsekunde oder Joule
P (W): Leistung in Watt
Δt (s): Zeitintervall in Sekunden

Da für die elektrische Leistung P = U ⋅ I gilt, folgt für die elektrische Arbeit (Energie)
W = U ⋅ I ⋅ Δt . Dies gilt jedoch nur bei konstanter Spannung und konstantem Strom während
des Zeitintervalls Δt.
Ändert sich die elektrische Leistung während des Zeitintervalls Δt, so muss man die Arbeit
(Energie) wie folgt definieren:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 4

t2
W = ∫ P( t )dt
t1

mit: W (J): Arbeit (Energie)


P (W): Leistung
In dieser beginnt die Zeitspanne bei t1 und endet bei t2.
Für die Umrechnung der Einheiten gilt folgende Gleichung: 1 W = 1 Nm J
s =1s

Umwandlung der elektrischen Energie:

Die von einem Widerstand aufgenommene Energie wird von diesem in eine andere
Energieformen umgewandelt. Besteht der Widerstand zum Beispiel nur aus einem
widerstandsbehafteten Leiter, so wird die aufgenommene Energie in thermische Energie
(Wärme) umgewandelt. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten der Energieumwandlung:
Zum Beispiel wird die elektrische Energie bei einer Glühbirne in Licht (und Wärme) und bei
einem Elektromotor in mechanische Energie (und Wärme) umgesetzt.

Beispiel:
Von einer Glühlampe ist nur bekannt, dass bei einer angelegten Spannung von 12 V ein
konstanter Gleichstrom der Stärke 500 mA fließt.
a) Wie groß ist die Leistung der Glühlampe?
b) Welche elektrische Energie nimmt die Glühlampe in einer Stunde auf?
geg.: U = 12 V
I = 500 mA = 0,5 A
Δt = 1 h = 60 min = 3600 s
ges.: a) Leistung P
b) Energie W
Lösung: P = U ⋅ I = 12 V ⋅ 0 ,5 A = 6 W
W = P ⋅ Δ t = 6 W ⋅ 3600 s = 21600 Ws = 6Wh

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 5

Die Leistung der Glühlampe beträgt 6 Watt und die Lampe nimmt pro Stunde die elektrische
Energie 6 Wh auf.

Beispiel: Rampenförmige Leistung P (Leistung P im Zeitintervall Δ t=[t1,t2] nicht konstant):

Leistung P (t)

50 W

t 1
t = 10s
2
Zeit t

ges.: Arbeitsaufnahme W

Lösung: Die Leistung P hängt von der Zeit t ab, ist also eine Funktion der Zeit t: P(t).
Bestimmung der Funktion P(t):
P(t) ist eine Ursprungsgerade; allgemeine Form einer Geradengleichung:
⇒ P( t ) = k ⋅ t
mit: P( 10 s ) = 50 W = k ⋅ 10 s
50 W
⇒k = = 5 Ws ⇒ P( t ) = 5 Ws ⋅ t
10 s
Somit ergibt sich für die Energieaufnahme W im Zeitintervall [t1,t2] mit t1=0s und t2=10s
folgender Ausdruck:
10 s
10 s 10 s
⎡1 ⎤ ⎡1 1 2⎤
W= ⋅ t ⋅ dt = ⋅ ∫ t ⋅ dt = ⋅ ⎢ ⋅ t 2 ⎥ = 5 Ws ⋅ ⎢ ⋅ ( 10 s) − ⋅ ( 0 s) ⎥
2
∫ 5 Ws 5 Ws 5 Ws
0s 0s ⎣ 2 ⎦0 s ⎣2 2 ⎦

[ ]
W = 5 Ws ⋅ 50s 2 = 250 Ws = Ws

Die Energieaufnahme im Zeitintervall [0s,10s] beträgt 250 Ws.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 6

2.2 Widerstand, Leitwert und Ohmsches Gesetz

Wird eine Spannung an einen elektrischen Widerstand gelegt, so fließt elektrischer Strom
durch den geschlossenen Stromkreis, d.h. eine gewisse Menge an Ladungsträgern pro
Zeiteinheit durchfließt den Widerstand. Diese Menge an Q/t bzw. dieser Strom I wird nur
durch den elektrischen Widerstand begrenzt (ohmsches Gesetz, Vergleiche Kapitel 1,
Leiter/Halbleiter/Nichtleiter).
Beim Stromfluss im Inneren eines Leiters, z.B. eines Drahtes aus Kupfer, stoßen die
Ladungsträger immer wieder an Störstellen des Kristallgitters. Die Hauptursachen dieser
Störstellen sind Verunreinigungen, Gitterbaufehler und thermisch verursachte
Gitterschwingungen. Der Stromdurchgang wird dadurch erschwert. Diese Eigenschaft des
Leitermaterials wird als elektrischer Widerstand bezeichnet. [2]

Zwischen Widerstand, Strom und Spannung besteht eine enge Beziehung, die man - nach
seinem Entdecker Georg Simon Ohm - Ohmsches Gesetz nennt:

U
U = R⋅I oder R=
I
mit: R (Ω): Widerstand
U (V): Spannung
I (A): Strom
Der elektrische Widerstand hat die Einheit Ohm (Ω).

Georg Simon Ohm (* 16. März 1789 in


Erlangen; † 6. Juli 1854 in München) war
ein deutscher Physiker. [4]

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 7

Die Spannung U und der Strom I haben am ohmschen Widerstand einen linearen
Zusammenhang.

Dieses Diagramm wird Widerstandkennlinie genannt. Ist der Widerstand ein (linearer)
ohmscher Widerstand, ist die Widerstandkennlinie eine Gerade.
Unter dem Leitwert G versteht man den Kehrwert des ohmschen Widerstandes R:
1
G=
R
mit: G (S): Leitwert
R (Ω): ohmscher Widerstand
Die Einheit des Leitwertes ist Siemens (S).

Ernst Werner Siemens, ab 1888 von


Siemens, (* 13. Dezember 1816 in Lenthe
bei Hannover; † 6. Dezember 1892 in
Berlin) war ein deutscher Erfinder,
Begründer der Elektrotechnik und
Industrieller (Gründung der heutigen
Siemens AG). [4]
Beispiel:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 8

Durch einen Lötkolben, der mit 230 V betrieben wird, fließen 270 mA. Wie groß ist
der ohmsche Widerstand und der Leitwert des Lötkolben-Heizkörpers?
geg.: U = 230 V
I = 270 mA = 0,27 A
ges.: Widerstand R; Leitwert G

U 230 V
Lösung: R = = = 852 VA = 852 Ω
I 0 ,27 A
1 1
G= = = 0 ,00117 S = 1,17 mS
R 852Ω

Der Widerstand des Lötkolben-Heizkörpers beträgt 852 Ω und dessen Leitwert 1,17 mS.

2.2.1 Spezifischer Widerstand, spezifischer Leitwert

Die Atomdichte und die Zahl der freien Elektronen sind entscheidend für das
Widerstandsverhalten eines Stoffes, das mit dem spezifischen Widerstand ρ ausgedrückt wird.
Dabei geht man bei Leitermaterialien üblicherweise von 1m Länge und einem Querschnitt von
1mm2 bei einer Temperatur von 20°C aus. [2]

Man verwendet in der Elektrotechnik metallische Leiter, meist Kupfer, da dieser Werkstoff
viele freie Elektronen enthält und damit einen geringen spezifischen Widerstand ρ
beziehungsweise eine hohe Leitfähigkeit γ besitzt (die Leitfähigkeit γ ist der Kehrwert des
spezifischen Widerstands ρ: ρ = γ1 ).

Jedoch ist jeder Leiter je nach Werkstoff mehr oder weniger widerstandsbehaftet.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 9

Der Widerstand eines Leiters ist umso größer,


„ je größer die Länge l des Leiters,
„ je größer der spezifische Widerstand ρ des verwendeten Leiters (abhängig vom Werkstoff),
„ je kleiner die Querschnittsfläche A des verwendeten Leiters ist.
Es gilt folgende Beziehung:
ρ ⋅l l
RL = =
A γ ⋅A
mit: RL (Ω): ohmscher Widerstand des Leiters

ρ ( Ω mm 2
m ) spezifischer Widerstand des Leiters

l (m): Länge des Leiters


A (m2): Querschnittsfläche des Leiters
γ ( m
Ω ⋅ mm 2
): spezifischer Leitwert des Leiters

Beispiel:

Ein Kupferdraht mit einer Querschnittsfläche von 1,5 mm2 hat eine Länge von 10 m. Der

spezifische Widerstand von Kupfer beträgt 0 ,01786 Ω mm


m . Es sollen der spezifische Leitwert γ
2

m
in Ω⋅ mm2
von Kupfer sowie der ohmsche Widerstand und der Leitwert des beschriebenen

Kupferdrahtes berechnet werden.


geg.: l = 10 m

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 10

A = 1,5 mm2

ρ = 0 ,01786 Ω mm
2

ges.: γ in Ω⋅mm
m
; R; G
2

1 1
Lösung: γ = = 2 = 56,0
m
ρ 0,01786 Ω⋅mm
m
Ω ⋅ mm 2

Weiters ergibt sich für den ohmschen Widerstand:


l Ω mm2 10 m
R = ρ⋅ = 0 ,01786 m ⋅ = 0 ,119 Ω = 119 mΩ
A 1,5 mm 2
Weiters ergibt sich für den Leitwert:
1 1
G= = = 8 ,40 Ω1 = 8 ,40 S
R 0 ,119 Ω
Der spezifische Leitwert γ von Kupfer beträgt 56,0 Ω ⋅ mm
m
2 .

Der Widerstand R des Kupferdrahtes beträgt 119 mΩ und dessen Leitwert G 8,40 Siemens.

Metallische Leiter haben einen geringen spezifischen Widerstand, das bestleitende Metall ist
Silber (Ag). Kupfer und Aluminium sind die wichtigen Leiterwerkstoffe in der Technik.
Aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Widerstände von Kupfer und Aluminium
benötigt man für Leitungen mit dem gleichen elektrischen Widerstand bei Aluminium
ungefähr den 1,7-fachen Leiterquerschnitt. Betrachtet man aber zusätzlich die unterschiedliche
Dichte der beiden Materialien (die Dichte von Aluminium beträgt nur das 0,304-fache von
Kupfer), so ergibt sich für Leitungen mit dem gleichen elektrischen Widerstand, dass
Aluminiumleitungen trotz schlechterer Leitfähigkeit nur zirka die halbe Masse und damit auch
nur das halbe Gewicht im Vergleich zu Kupferleitungen aufweisen. Diese Tatsache ist
besonders im Freileitungsbau von Bedeutung, weil dadurch einfachere Mastkonstruktionen
möglich sind. [2]

Widerstandswerkstoffe stellen dem Stromfluss ein Hindernis entgegen und besitzen eine
geringe Leitfähigkeit. Bei Stromdurchgang kommt es zu einer Erwärmung, wie dies z.B. in
einem Haarfön mit der Heizwicklung bezweckt wird. Die Werkstoffe werden mit WM und

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 11

einer Zahl bezeichnet, die dem spezifischen Widerstand multipliziert mit 100 entspricht:
Konstantan hat beispielsweise einen spezifischen Widerstand von 0,5 Ωmm2/m, woraus sich
die Bezeichnung WM50 ergibt. Für Heizwiderstände (wie z.B. in Waschmaschinen,
Bügeleisen usw.) muss bei der Materialauswahl auf eine hohe thermische Belastbarkeit
geachtet werden. Dazu werden temperaturbeständige Materialien wie Cekas oder Ferropyr
verwendet. Bei Präzisionswiderständen die z.B. in der Messtechnik verwendet werden, soll
der elektrische Widerstandwert unabhängig von der Temperatur gleich bleiben. Dazu werden
Materialien mit einem kleinen Temperaturkoeffizienten α verwendet, wie z.B. Manganin oder
Konstantan.[2]

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 12

2.2.2 Verhalten von Widerständen in Abhängigkeit von der Temperatur

(BEF-Grdl.ET2-Nichtlinearer Widerstand im Stromkreis)

Die verwendeten Materialien ändern ihren spezifischen Widerstand beziehungsweise den


spezifischen Leitwert in Abhängigkeit von der Temperatur. Bei Metallen nimmt der
spezifische Widerstand mit steigender Temperatur zu, was auf stärker werdende
Schwingungen der Atome im Metallgitter zurückzuführen ist. Bei einigen anderen
Werkstoffen nimmt der spezifische Widerstand mit steigender Temperatur ab, was durch das
Freiwerden von zusätzlichen Ladungsträgern bedingt ist.
Die Widerstandsänderung ΔR ist das Produkt aus dem Temperaturkoeffizienten α20, der
Temperaturdifferenz Δϑ20 und dem kalten Widerstand R20. Der Widerstandswert ist die
Summe aus dem kalten Widerstandswert R20 und der Widerstandsänderung ΔR.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 13

Demnach lässt sich das Temperaturverhalten durch folgende Gleichung beschreiben:


R = R 20 + ΔR = R 20 + R 20 ⋅ α 20 ⋅ Δϑ 20 R = R 20 ⋅ (1 + α 20 ⋅ Δϑ 20 )
mit: R20 (Ω): Widerstandswert bei 20 °C

α20 ( K1 ) : Temperaturkoeffizient für die Basis 20 °C

Δϑ20 (K): Temperaturdifferenz in Kelvin (Δϑ20 = ϑ - 20 °C)

ρ20 γ20 α20 ungefährer Temperatur-


bereich des linearen
Ω ⋅ mm2 m 1 Widerstandsanstiegs
Ω ⋅ mm 2 K
m
Silber 0,016 62,5 0,0038 -200°C ... 600°C
Kupfer (s. VDE 0201) 0,01786 56 0,00392 -200°C ... 600°C
Gold 0,023 44 0,0040 -200°C ... 600°C
Aluminium (s. VDE 0202) 0,02857 35 0,00377 -200°C ... 300°C
Wolfram 0,055 18 0,0041 -
Eisen (rein) 0,10 10 0,0060 0°C ... 100°C
Zinn 0,11 9,1 0,0042 -
Blei 0,21 4,8 0,0042 -200°C ... 300°C
Manganin 0,43 2,3 ± 10 ⋅ 10−6 -
(84 Cu, 4 Ni, 12 Mn)
Konstantan 0,49 2,04 ± 40 ⋅ 10 −6 -
(55 Cu, 44 Ni, 1 Mn)
Quecksilber 0,96 1,04 0,00092 -
Chromnickel 1,12 0,89 64 ⋅ 10−6 -
(80 Ni, 20 Cr)

Tabelle: Spez. Widerstand, spez. Leitwert und Temperaturkoeffizient versch. Materialien

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 14

Beispiel:
Wie groß ist der Drahtwiderstand der Kupferwicklung eines Transformators bei 80 °C, wenn
bei einer Temperatur von 20 °C ein Widerstand von 30 Ω gemessen wird?
geg.: ϑ2 = 80 °C ϑ1 = 20 °C R20 = 30 Ω α 20 = 0,0039 K1
ges.: R
Lösung: Δϑ20 = ϑ2 - ϑ1 = 80 °C - 20 °C = 60 °C=60 K
R = R20 ⋅ (1 + α 20 ⋅ Δϑ20 ) = 30 Ω ⋅ (1 + 0,0039 K1 ⋅ 60 K ) = 37 Ω

Bei 80 °C beträgt der Widerstandswert des Kupferdrahtes 37Ω..

Anwendung: Temperaturmessung
Hierbei wird der Widerstand eines Materials bei 20 °C gemessen (=R20) und später bei der
eigentlichen Temperaturmessung erneut (=R). Damit kann man die Widerstandsänderung ΔR
= R-R20 berechnen. Durch Umstellen der Gleichung ΔR = R 20 ⋅ α 20 ⋅ Δϑ 20 nach Δϑ20 erhält

man den Temperaturunterschied. Die zu messende Temperatur ϑ = Δϑ20 + 20 °C.

Beispiel:
Ein Kupferdraht hat bei 20 °C einen Widerstand von 50 mΩ, bei der zu messenden
Temperatur 60 mΩ . Wie groß ist die zu messende Temperatur?

geg.: R20 = 50 mΩ = 50 ⋅ 10 −3 Ω

R = 60 mΩ = 60 ⋅ 10 −3 Ω
α 20 = 3 ,92 ⋅ 10 −3 K −1
ges.: Temperatur ϑ

Lösung: Δ R = R − R20 = 60 mΩ - 50 mΩ = 10 mΩ = 10 ⋅ 10 -3 Ω
Δ R = R20 ⋅ α20 ⋅ Δ ϑ20

ΔR 10 ⋅ 10 −3 Ω 10000
⇒ Δ ϑ 20 = = −1 = K = 51 K
R20 ⋅ α 20 50 ⋅ 10 Ω ⋅ 3,92 ⋅ 10 K
−3 −3
196

⇒ ϑ = Δ ϑ20 + 20 °C = 51 °C + 20 °C = 71 °C
Die zu messende Temperatur beträgt 71 °C.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 15

Wir haben an der Beispielaufgabe des Kupferdrahtes gesehen, dass der Widerstand bei
Temperaturerhöhung zunimmt. Diese Eigenschaft zeigt ein sogenannter Kaltleiter.
Der Widerstand von Kaltleitern, z. B. von Metallen, nimmt bei der Temperaturerhöhung also
zu, während der Widerstand von Heißleitern, Kohle und den meisten Halbleitern bei
Temperaturerhöhung abnimmt. Dies äußert sich am Temperaturkoeffizienten α20. Dieser ist
bei Kaltleitern positiv (PTC: positive temperature coefficient), bei Heißleitern negativ (NTC:
negative temperature coefficient).

R Bild: Temperaturabhängigkeit des


Kaltleiter Widerstandes, Kennlinie eines Kalt- und
Heißleiters

Heißleiter
ϑ
0

2.3 Zählpfeilsysteme

Elektrischer Strom ist als Bewegung von Ladungsträgern definiert. Im Falle des Stromflusses
in Metallen sind diese Ladungsträge Elektronen, die von negativem Pol der Quelle (z.B.
Batterie) zum positiven Pol wandern. Die physikalische Stromrichtung verläuft damit
außerhalb der Quelle vom Minuspol zu Pluspol. Die technische Stromrichtung hingegen
verläuft (historisch begründet) vom Pluspol zum Minuspol!

Grundsätzlich gibt es in der Schaltungstechnik zwei Kennzeichnungssysteme:

1. Verbrauchzählpfeilsystem
Das Verbraucherzählpfeilsystem ist über die positive Leistung am Verbraucher
definiert. Die Leistung des Erzeugers ergibt sich damit als negative Leistung. Dieses
System ist das gebräuchlichste System.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 16

2. Erzeugerzählpfeilsystem
Das Erzeugerzählpfeilsystem ist über die negative Leistung am Verbraucher und die
positive Erzeugerleistung definiert und wird kaum verwendet!

2.3.1 Verbraucherzählpfeilsystem

(BFE-Grlg.ET1-Verbraucherzählpfeilsysteme)

Beim Verbraucherzählpfeilsystem wird die Leistung am Verbrauchen positiv gerechnet


(Strom und Spannung am Verbraucher zeigen in die selbe Richtung) – d.h. der
Spannungsabfall am Verbraucher ist immer in Richtung des Stromes durch den
Verbraucher!
Da die Stromrichtung am Erzeuger entgegen der Quellenspannung gezeichnet wird, ergibt sich
für den Erzeuger eine negative Leistung im Verbraucherzählpfeilsystem.
Das Verbraucherzählpfeilsystem ist das gebräuchlichste System – deshalb werden wir von nun
an ausschließlich dieses System anwenden!

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 17

2.4 Serien- und Parallelschaltung von Widerständen

2.4.1 Serienschaltung von Widerständen

R1 U1
U =
R2 U2

Bei der Serienschaltung werden die einzelnen Widerstände so geschaltet, dass durch jeden
Widerstand der selbe Strom fließt.
Bei der Serienschaltung liegt an jedem Widerstand ein gewisser Teil der Quellenspannung,
z.B. der Spannungsabfall U1 am Widerstand R1. Die Quellenspannung U unterteilt sich also in
die Teilspannungen U1 und U2, die an den einzelnen Widerständen anliegen bzw. abfallen.
Die Teilspannungen an den Widerständen (Spannungsabfälle) können mit dem Ohmschen
Gesetz errechnet werden.

Wichtig ist: Bei der Serienschaltung muss sich die Quellenspannung aus der Summe der
Spannungsabfälle an den Widerständen ergeben (siehe auch später: 2. Kirchhoffscher Satz).
U1 = I ⋅ R 1 U2 = I ⋅ R 2
--------------------------------------------
U = U1 + U 2 = I ⋅ ( R 1 + R 2 ) = I ⋅ R ges ⇒ Rges = R1 + R2

mit: U (V): angelegte Gesamtspannung


U1 (V): Spannungsabfall am R1
U2 (V): Spannungsabfall am R2
Rges (Ω): Gesamtwiderstand
I (A): Stromfluss
Bei der Serienschaltung ist der Gesamtwiderstand gleich der Summe der n-Teilwiderstände:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 18

n
R ges = ∑ R i
i=1

R1

R2 R ges

R3

Bild: Zusammenfassen von in Serie geschalteten Widerständen

2.4.2 Parallelschaltung von Widerständen

I
I1 I2

U = R1 R2

Bild: Parallelschaltung von Widerständen

Bei einer Parallelschaltung sind sowohl alle Stromeintrittsklemmen als auch die
Stromaustrittsklemmen der Widerstände miteinander verbunden.
An allen Widerständen in Parallelschaltung liegt dieselbe Spannung.

⇒ U = I1 ⋅ R 1 = I 2 ⋅ R 2

Durch die Parallelschaltung ist es auch möglich, mehrere Widerstand gleichzeitig an


denselben Spannungserzeuger anzuschließen. Das gebräuchlichste Beispiel ist wohl eine
Dreierverteiler-Steckdose, die man in jedem Haushalt findet: zum Beispiel, wenn man

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 19

mehrere HiFi-Geräte an eine Steckdose anschließen möchte. Hier sind alle Steckdosen parallel
geschaltet, da an jedem Gerät die Spannung 230 V anliegen muss.
Der Strom in der Zuleitung teilt sich auf die einzelnen Widerstand auf (siehe auch später:
1. Kirchhoffscher Satz).
Bei der Parallelschaltung ist der Gesamtstrom gleich der Summe der Teilströme.
2
⇒ I ges = I 1 + I 2 = ∑ I i
i =1

Sämtliche Verbraucher in unserem Versorgungsnetz sind parallel geschalten. Es führt z.B.


eine Zuleitung und eine Rückleitung (Stromkreis!) zu einem Mehrfamilienhaus, wo dann
sämtliche Wohnungen (und in den Wohnungen wiederum jede Steckdose) parallel geschaltet
sind, wodurch jedes angeschlossene Elektrogerät an der selben Spannung (230V) liegt.

Zusammenfassend lassen sich folgende Gleichungen aufstellen:

U = I1 ⋅ R 1 = I 2 ⋅ R 2

U U ⎛ 1 1 ⎞ 1
I ges = I 1 + I 2 = + = U ⋅⎜ + ⎟ beziehungsweise: I ges = U ⋅
R1 R 2 ⎝ R1 R 2 ⎠ R ges

1 1 1
⇒ = +
R ges R 1 R 2

Bei der Parallelschaltung von Widerständen lässt sich folgendes festhalten:


Der Kehrwert des Gesamtwiderstandes ist gleich der Summe der Kehrwerte aller einzelnen
Widerstände:

1 n 1
= ∑
R ges i = 1 R i

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 20

R1 R2 R3 R ges

Bild: Zusammenfassen
von parallelgeschalteten Widerständen

Ri
Hinweis: Bei n gleichen Widerständen gilt: R ges =
n
1 1 1
Spezialfall: Bei zwei Widerständen gilt: = +
R ges R 1 R 2

(Hauptnenner ist R1 ⋅ R 2 , d.h. wir erweitern den ersten Bruch mit R2 und den zweiten mit R1):

1 R2 R1 R1 + R 2 R1 ⋅ R 2
= + = ⇒ R ges =
R ges R1 ⋅ R 2 R 2 ⋅ R1 R1 ⋅ R 2 R1 + R 2

Beispiel:

U
=
R2=
15 Ω
R5 = R1 =
10 Ω 20 Ω
R3 =

R4 =

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 21

⇒ R23 = R2 + R3 = 15 Ω + 5 Ω = 20 Ω
Dieser Ersatzwiderstand R23 ist parallel zu R1 geschaltet.
1 1 1 R ⋅R 20 Ω ⋅ 20 Ω
⇒ = + ⇒ R123 = 1 23 = = 10 Ω
R123 R1 R23 R1 + R23 20 Ω + 20 Ω

Der Ersatzwiderstand R123 ist wiederum mit R4 und R5 hintereinandergeschaltet:


⇒ Rges = R123 + R4 + R5 = 10 Ω + 5 Ω + 10 Ω = 25 Ω
Der Gesamtwiderstand beträgt in diesem Beispiel 25 Ω.

2.5 Dreieck/-Sternumwandlung

Die Schaltungsart der Dreieckschaltung kann mit den Gesetzen zur Zusammenfassung in
Reihe oder Parallel geschalteter Widerstände nicht berechnet werden. Aus diesem Grund kann
hier folgende Umwandlungsformel angewendet werden.

Zur Dreieck-Stern-Transformation sind zur Bestimmung der Ersatzwiderstände folgende


Berechnungen notwendig:

Für die umgekehrte Stern-Dreieck-Transformation sind zur Bestimmung der


Ersatzwiderstände folgende Berechnungen notwendig:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 22

[4]

Der nach der Umwandlung erhaltene Widerstandsstern kann dann wieder mit den bekannten
Gesetzen der Serien- und Parallelschaltung weiter berechnet werden.

2.6 Kirchhoffsche Gesetze

Gustav Robert Kirchhoff (* 12. März


1824 in Königsberg (Preußen); † 17.
Oktober 1887 in Berlin) war ein deutscher
Physiker, der sich insbesondere um die
Erforschung der Elektrizität verdient
gemacht hat.

[4]

2.6.1 Begriffsbestimmung

Netzwerk: Im Allgemeinen besteht eine Schaltung aus einer gewissen Anzahl von Elementen,
die untereinander mit Leitungen verbunden sind. Diese Schaltung im gesamten be-
zeichnet man als Netzwerk.
Knoten: Die Verbindungspunkte zweier oder mehrerer Leitungen nennt man Knoten.
Zweig: Der zwischen zwei Knoten liegende Leitungszug heißt Zweig.
Masche: Jeder geschlossene Umlauf von einem Punkt des Netzwerkes auf einem beliebigen
Weg zum Ausgangspunkt zurück heißt Masche.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 23

Beispiel:

Z3

K1 R3

M3
= U1 = U2
Z1 Z2 Z4
R2
R1 M1 M2 R4

K2 R5
mit: Z: Zweig
K: Knoten Z5
M: Masche
Bild: Beispiel eines Netzwerkes mit fünf Zweigen, zwei Knoten, zwei inneren Maschen und
einer äußeren Masche

2.6.2 Erster Kirchhoffscher Satz

U
=

R1 I1 I

I2
R2
I3 K1
R3
Bild: Netzwerk mit Knoten

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 24

In einem Knotenpunkt können keine Ladungen verschwinden und auch keine Ladungen neu
entstehen. Deshalb ist die Summe aller zufließenden Ströme gleich der Summe aller
abfließenden Ströme.

Erster Kirchhoffscher Satz:


In einem Knoten ist die Summe aller Ströme gleich null, wobei Ströme, die in den Knoten
hineinfließen, positiv und Ströme, die aus dem Knoten herausfließen, negativ zu zählen sind.
(Alternativ: Ströme, die in den Knoten hineinfließen, negativ zählen und die Ströme, die aus
dem Knoten herausfließen, positiv zählen.)- Wichtig ist, dass man eine Vereinbarung
konsequent einhält!

Bezogen auf die obige Schaltung folgt:


In dem Knoten K1 fließt der Strom I hinein, und die Ströme I1, I2 und I3 fließen heraus.
⇒ I - I1 - I2 - I3 = 0
allgemein:
n
∑ Ii = 0
i= 1

Anmerkung: Aus n-Knoten erhält man n-1 unabhängige Knotengleichungen.

2.6.3 Zweiter Kirchhoffscher Satz

U2

U1 = M

Bild: Netzwerk mit Masche

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 25

Zweiter Kirchhoffscher Satz:


Der zweite Kirchhoffsche Satz besagt, dass in einer Masche die Summe aller
Zweigspannungen gleich null ist, wobei Spannungen, deren Zählpfeile in Richtung des
Maschenumlaufes zeigen, positiv gezählt und die Spannungen, deren Zählpfeile entgegen der
Richtung des Maschenumlaufes zeigen, negativ gezählt werden.
(alternativ: Spannungen, deren Zählpfeile in Richtung des Maschenumlaufes zeigen, werden
negativ gezählt, während die Spannungen, deren Zählpfeile entgegen der Richtung des
Maschenumlaufes zeigen, positiv gezählt werden.)- Auch hierbei ist es wichtig, dass man eine
Vereinbarung konsequent einhält!

Bezogen auf die obige Schaltung folgt:


Die Summe aller Spannungen in einer Masche ist gleich null.
U1 - U2 = 0
allgemein gilt:
n
∑ Ui = 0
i= 1

Beispiel:
Iges I2
I1
M1
R1 U1 R2 U2
U5
Uq 2 = M3
I5
R5
R3 U3 M2 R4 U4
I3
Iges
= I4
Uq 1
gegeben sei: U q1 = 1 V ; U q2 = 4 V ; R1 = 2 Ω; R2 = 5 Ω; R3 = 1 Ω; R4 = 5 Ω; R5 = 2 Ω

gesucht: Iges, I1, I2, I3, I4, I5, U1, U2, U3, U4, U5
Lösung: Aus den drei Maschenumläufen folgt:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 26

M1: U 2 + U 5 − U 1 = 0
M2: U 4 + U q1 − U 3 − U 5 = 0

M3: U 1 + U 3 − U q 2 = 0

In diesen drei Maschengleichungen kann man jede Spannung Ui durch das Produkt aus Ri und
Ii ersetzen (für i = 1...5) und die bekannten Werte für Ri einsetzen:
M1: R2 ⋅ I 2 + R5 ⋅ I 5 − R1 ⋅ I 1 = 0 ⇒ 5 Ω ⋅ I2 + 2 Ω ⋅ I 5 − 2 Ω ⋅ I1 = 0
M2: R4 ⋅ I 4 − R3 ⋅ I 3 − R5 ⋅ I 5 = −U q1 ⇒ 5 Ω ⋅ I 4 − 1 Ω ⋅ I 3 − 2 Ω ⋅ I 5 = −1 V

M3: R1 ⋅ I 1 + R3 ⋅ I 3 = U q2 ⇒ 2 Ω ⋅ I1 + 1 Ω ⋅ I 3 = 4 V

Nun kann man noch in diesen Gleichungen mit der Einheit Ω kürzen (wobei 1V = 1 Ω ⋅1 A ):
M1: − 2 ⋅ I 1 + 5 ⋅ I 2 + 2 ⋅ I 5 = 0
M2: − 1 ⋅ I 3 + 5 ⋅ I 4 − 2 ⋅ I 5 = −1 A
M3: 2 ⋅ I 1 + 1 ⋅ I 3 = 4 A
Außerdem kann man bei vier Knoten drei unabhängige Knotengleichungen aufstellen:
K1: I ges − I 1 − I 2 = 0 ⇒ − I 1 − I 2 + I ges = 0

K2: I 1 + I 5 − I 3 = 0 ⇒ I1 − I 3 + I 5 = 0
K3: I 3 + I 4 − I ges = 0 ⇒ I 3 + I 4 − I ges = 0

(K4: I 2 − I 4 − I 5 = 0 )
Man hat nun sechs unabhängige Gleichungen (M1 bis M3 und K1 bis K3) und sechs
Unbekannte (I1...I5, Iges).
Die Lösung eines solchen linearen Gleichungssystems geschieht am besten durch den
Gaußschen Lösungsalgorithmus: (die Lösung eines Gleichungssystem als Matrix ist für
diese Vorlesung nicht prüfungsrelevant!)

Aufstellen der Matrix:


Hierbei wird praktisch jeder Gleichung eine Zeile der Matrix zugeordnet.
Für i = 1...5 stehen in der i-ten Spalte die Ströme Ii, in der sechsten Spalte der Strom Iges und
in der siebten Spalte die Ergebnisse der Gleichungen:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 27

⎛-2 5 0 0 2 0 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜ 0 0 -1 5 - 2 0 - 1⎟
⎜ 2 0 1 0 0 0 4⎟
⎜ ⎟
⎜ -1 − 1 0 0 0 1 0 ⎟
⎜ 1 0 -1 0 1 0 0 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 0 0 1 1 0 -1 0 ⎠
Beim Gaußschen Lösungsalgorithmus darf man Zeilen vertauschen und auch Zeilen
miteinander verknüpfen. Um diese Matrix zu lösen, muss man sie auf eine Form bringen, so
dass unterhalb der Diagonalen alle Zahlen null ergeben. Dann kann man das Ergebnis
ablesen.
Um die Rechnungen möglichst einfach zu gestalten, kann man zuerst Spalten vertauschen;
allerdings ist zu beachten, welche Spalten man vertauscht, denn beim Tauschen der ersten mit
der dritten Spalte beispielsweise ist die zum Strom I3 zugehörige Spalte nach dem Tauschen
die erste!
Hier werden nun folgende Spalten vertauscht:
Die sechste Spalte (Iges) wird mit der ersten (I1) vertauscht, außerdem die vierte Spalte (I4) mit
der dritten (I3).
Zur Erinnerung: In der folgenden Matrix ist die zum Strom Iges zugehörige Spalte die erste, zu
I1 die sechste, zu I3 die vierte und zu I4 die dritte; zu I2 gehört weiterhin die zweite und zu I5
die fünfte Spalte:
⎛0 5 0 0 2 -2 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 5 - 1 - 2 0 - 1⎟
⎜0 0 0 1 0 2 4⎟
⎜ ⎟ Nun wird die Zeile z4 mit der Zeile z1 getauscht und z2 mit z6:
⎜ 1 −1 0 0 0 -1 0 ⎟
⎜0 0 0 -1 1 1 0 ⎟
⎜⎜ ⎟
⎝-1 0 1 1 0 0 0 ⎟⎠

⎛ 1 −1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜-1 0 1 1 0 0 0⎟
⎜0 0 0 1 0 2 4⎟
⎜ ⎟ z2 + z1 ergibt:
⎜0 5 0 0 2 -2 0 ⎟
⎜0 0 0 -1 1 1 0 ⎟
⎜⎜ ⎟
⎝0 0 5 - 1 - 2 0 - 1⎟⎠

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 28

⎛1 − 1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 − 1 1 1 0 - 1 0 ⎟
⎜0 0 0 1 0 2 4 ⎟
⎜ ⎟ z4 + 5 ⋅ z2 ergibt:
⎜0 5 0 0 2 - 2 0 ⎟
⎜0 0 0 - 1 1 1 0 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 0 0 5 - 1 - 2 0 - 1 ⎠

⎛1 − 1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 − 1 1 1 0 - 1 0 ⎟
⎜0 0 0 1 0 2 4 ⎟
⎜ ⎟ Das Vertauschen von z4 mit z3 liefert:
⎜ 0 0 5 5 2 -7 0 ⎟
⎜0 0 0 - 1 1 1 0 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 0 0 5 - 1 - 2 0 - 1⎠

⎛1 − 1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 − 1 1 1 0 - 1 0 ⎟
⎜ 0 0 5 5 2 -7 0 ⎟
⎜ ⎟ z6 - z3 ergibt:
⎜0 0 0 1 0 2 4 ⎟
⎜0 0 0 - 1 1 1 0 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 0 0 5 - 1 - 2 0 - 1 ⎠

⎛1 − 1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 − 1 1 1 0 - 1 0 ⎟
⎜ 0 0 5 5 2 -7 0 ⎟
⎜ ⎟ z5 + z4 und z6 + 6 ⋅ z4 liefert:
⎜0 0 0 1 0 2 4 ⎟
⎜0 0 0 - 1 1 1 0 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 0 0 0 - 6 - 4 7 - 1⎠

⎛1 −1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 − 1 1 1 0 -1 0 ⎟
⎜0 0 5 5 2 -7 0 ⎟
⎜ ⎟ z + 4 ⋅ z5 ergibt:
⎜0 0 0 1 0 2 4⎟ 6
⎜0 0 0 0 1 3 4⎟
⎜⎜ ⎟
⎝0 0 0 0 - 4 19 23⎟⎠

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 29

⎛1 − 1 0 0 0 -1 0 ⎞
⎜ ⎟
⎜0 − 1 1 1 0 - 1 0 ⎟
⎜ 0 0 5 5 2 -7 0 ⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 1 0 2 4 ⎟
⎜0 0 0 0 1 3 4 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 0 0 0 0 0 31 39 ⎠
Mit der Reihenfolge Iges, I2, I4, I3, I5, I1 für die Spalten ergibt sich aus dieser Matrix beim
Hocharbeiten der untersten Zeile zur ersten Zeile:
31 ⋅ I 1 = 39 A ⇒ I1 = 39
31 A = 1,258 A

Aus der fünften Zeile ergibt sich:


1⋅ I 5 + 3 ⋅ I1 = 4 A
Setzt man nun die schon bekannte Größe I1 ein, so erhält man:
1 ⋅ I 5 + 3 ⋅ 1,258 A = 4 A ⇒ I 5 + 3 ⋅ 1,258 A = 4 A ⇒ I 5 = 0 ,226 A

Zeile 4: 1 ⋅ I 3 + 2 ⋅ I 1 = 4 A ⇒ I 3 + 2 ⋅ 1,258 A = 4 A ⇒ I 3 = 1,484 A


Zeile 3: 5 ⋅ I 4 + 5 ⋅ I 3 + 2 ⋅ I 5 − 7 ⋅ I 1 = 0 A
⇒ 5 ⋅ I 4 + 5 ⋅ 1,484 A + 2 ⋅ 0 ,226 A − 7 ⋅ 1,258 A = 0 A ⇒ I 4 = 0 ,187 A
Zeile 2: − 1 ⋅ I 2 + 1 ⋅ I 4 + 1 ⋅ I 3 − 1 ⋅ I 1 = 0 A
⇒ − I 2 + 0 ,187 A + 1,484 A − 1,258 A = 0 A ⇒ I 2 = 0 ,413 A
Zeile 1: 1 ⋅ I ges − 1 ⋅ I 2 − 1 ⋅ I 1 = 0 A

⇒ I ges − 0 ,413 A − 1,258 A = 0 A ⇒ I ges = 1,671 A

Und schließlich kann man noch die über den Widerständen abfallenden Teilspannungen nach
Gl. (2.5.1) berechnen:
U 1 = R1 ⋅ I 1 = 2Ω ⋅ 1,258 A = 2 ,516 V
U 2 = R2 ⋅ I 2 = 5Ω ⋅ 0 ,413 A = 2 ,065 V

U 3 = R3 ⋅ I 3 = 1Ω ⋅ 1,484 A = 1,484 V

U 4 = R4 ⋅ I 4 = 5Ω ⋅ 0 ,187 A = 0 ,935 V

U 5 = R5 ⋅ I 5 = 2Ω ⋅ 0 ,226 A = 0 ,452 V

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 30

2.7 Spannungsteiler, Stromteiler

2.7.1 Spannungsteiler

Der Standardaufbau eines Spannungsteilers besteht aus einer Serienschaltung zweier


Widerstände R1 und R2.

Die Spannung U wird an die Gesamtschaltung angelegt; die an den Widerständen R1 und R2
messbaren Spannungen U1 und U2 sind nach dem 2. kirchhoffschen Gesetz in Summe gleich
der gesamten angelegten Spannung, man sagt, die Gesamtspannung teilt sich auf die einzelnen
Widerstände auf.
Dann gilt für den unbelasteten Spannungsteiler (für dieses spezielle Beispiel) die
Spannungsteilerformel:

Etwas allgemeiner gefasst besagt die Spannungsteilerregel folgendes: In einer Serienschaltung


sind die Spannungsabfälle proportional zu den Widerständen, an denen sie abfallen.
Die Teilspannung U2 verhält sich zur Gesamtspannung U wie der Teilwiderstand R2 zum
Gesamtwiderstand R1+R2:

Wenn zum Beispiel R1 = R2 ist, dann gilt:

Jedes Verhältnis zwischen 0 und 1 ist möglich.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 31

Bei einem einstellbaren Widerstand (Potentiometer) kann der Abgriff (Schleifer) für U2 auf
einem durchgehenden Widerstandskörper verschoben werden, d. h. das Teilungsverhältnis ist
dann variabel. [3]

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 32

2.7.2 Stromteiler

Der Standardaufbau eines Stromteilers besteht aus einer Parallelschaltung zweier Widerstände
R1 und R2.

Laut den Kirchhoffschen Regeln ergeben alle Ströme in einem Knotenpunkt 0. Daher teilt sich
der Strom I1 auf die beiden Zweige auf:

I1 − I2 − I3 = 0 bzw. I2 + I3 − I4 = 0
Mit Iges = I1 = I4 gilt Iges = I2 + I3

Da über den beiden parallel geschalteten Widerständen die gleiche Spannung abfällt, gilt nach
dem Ohmschen Gesetz:

Löst man diese Gleichung nach I2 auf: und setzt sie in die Gleichung: Iges = I2
+ I3 ergibt sich:

Löst man diese Gleichung nach I3 auf, ergibt sich die Stromteilerregel:

[4]

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 33

2.8 Gemischte Schaltungen


(BFE-Grdl.ET2-Linearer Widerstand im Stromkreis/gemischte Schaltungen)

Vorgangsweise bei der Berechnung


gemischter Schaltungen:

• Sämtliche Widerstände einer Schaltung


zu einem Gesamtwiderstand
zusammenfassen
• Berechnung des Gesamtstromes der
Schaltung über das ohmsche Gesetz
Iges=UQuelle/Rges
• Berechnung sämtlicher Teilströme und
Spannungsabfälle durch entsprechendes
Anwenden des ohmschen Gesetzes und
der Kirchhoffschen Sätze.
• Falls sich im Netzwerk mehrere
Quellen befinden, ist ein möglicher
Lösungsansatz, die ersten drei Schritte
für jede Quelle einzelnen zu berechnen
und anschließen die Teilströme zu
überlagern (siehe später:
Überlagerungssatz nach Helmholtz)
• Berechnung der einzelnen Leistungen
an den Widerstanden (falls gewünscht).

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 34

2.9 Spannungsquelle mit seriellem Innenwiderstand

Nach entsprechender Umformung ist jede Schaltung auf eine Spannungsquelle mit
Innenwiderstand und Lastwiderstand zurückzuführen. Diese Schaltungsart ist sehr wesentlich
für das Verständnis sämtlicher in der Praxis auftretender Schaltungen!

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 35

Zeichnet man die möglichen Betriebs- oder Arbeitspunkte dieser Schaltung in ein U/I-
Diagramm, erhält man eine Quellenkennlinie und eine Verbraucherkennlinie
(Widerstandskennlinie). Die Quellenkennlinie ist eine Gerade zwischen dem Leerlaufpunkt
U0 (oder Uq) und den Kurzschlusspunkt IK. Entlang dieser Gerade kann sich je nach Größe
des Lastwiderstand RL jeder beliebige Punkt einstellen. Die Extremwerte sind

Der Leerlaufpunkt Punkt UK=Uq und I=0A wird im Leerlauf der Spannungsquelle mit
Innenwiderstand ermittelt. Mit dem zweiten Kirchhoff´schen Gesetz (Maschenregel) kann UK
ermittelt werden.

M1: 0 = -Uq + Ui + UK
Da im LL (Leerlauf) gilt:
U i = I ⋅ Ri = 0 A ⋅ Ri = 0V

folgt für LL:


UK = Uq

Der Kurzschlusspunkt (Kurzschluss der Spannungsquelle mit Innenwiderstand) kann durch


folgenden Versuch ermittelt werden:

U K = I ⋅ RL = I KS ⋅ 0Ω = 0V

Uq
I KS =
Ri

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 36

Wird zwischen den Klemmen ein Lastwiderstand RL geschalten, ergibt sich ein
Arbeitspunkt entlang der Quellenkennlinie. Wird der Lastwiderstand RL vergrößert oder
verkleinert, ändert sich der Arbeitspunkt.

Bei Beschaltung der Spannungsquelle mit einem Widerstand zwischen Null und ∞, stellt sich
gem. dem ohmschen Gesetz ein Arbeitspunkt am Schnittpunkt aus Verbraucher- und
Erzeugerkennlinie ein.

Wird eine andere Quellenspannung an das Netzwerk angelegt oder der Innenwiderstand
verändert, stellt sich dies in den Kennlinien wie folgt dar:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 37

Der Aufbau unserer europäischen Verteilnetze kann nach diesem Denkansatz gut verstanden
werden. Aus diesem Grund wird in dieser Vorlesung wird zukünftig immer diese Art der
Quellenbeschaltung angewendet.

2.10 Stromquelle mit parallelem Innenwiderstand


Es ist auch möglich, sämtliche Schaltungen auf das System Stromquelle mit Innenwiderstand
zu reduzieren. Allerdings wird diese Schaltungsart selten verwendet.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 38

2.11 Strom-/Spannungsmessung an einem Widerstand

Zur Messung des Spannungsabfalls an einem Widerstand R wird ein Voltmeter verwendet.
Ein Voltmeter wird parallel an das zu messende Bauteil geschaltet. Um zu verhindern, dass
große Fehlerströme über das Voltmeter fließen, sollte das Voltmeter einen sehr hohen
Innenwiderstand aufweisen. Nachfolgend ist ein spannungsrichtige Strom-
/Spannungsmessung am Widerstand R dargestellt.

Zur Messung des Stroms durch einem Widerstand R wird ein Amperemeter verwendet. Ein
Amperemeter wird seriell in den Stromkreis geschaltet. Um zu verhindern, dass sich der zu
messende Strom durch das seriell geschaltete Amperemeter zu stark verringert, sollte das
Amperemeter einen sehr geringen Innenwiderstand aufweisen. Nachfolgend ist ein
stromrichtige Strom-/Spannungsmessung am Widerstand R dargestellt.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 39

Merke: Durch jede Art der Messung in einer elektrischen Schaltung wird diese verändert. D.h.
der Messwert am Messgeräte stimmt in zweierlei Hinsicht nicht genau, weil

• Die zu messende Schaltung durch das Messgerät verändert wurde (Parallelströme


durch das Voltmeter Æ der zu messende Widerstandswert wird verringert, bzw.
erhöhte Widerstandwerte im Stromkreis durch den Innenwiderstand des
Amperemeters) und wegen der
• Mess- und Anzeigefehler des Messinstruments.

2.12 Überlagerungsgesetz nach Helmholtz

Hermann Ludwig Ferdinand von


Helmholtz (* 31. August 1821 in Potsdam;
† 8. September 1894 in Charlottenburg)
war ein deutscher Physiologe und Physiker.
Als Universalgelehrter war er einer der
vielseitigsten Naturwissenschaftler seiner
Zeit und wurde auch Reichskanzler der
Physik genannt. [4]

Um gemischte Netzwerke mit mehreren speisenden Quellen zu berechnen, können die


Erkenntnisse von Ludwig Ferdinand von Helmholtz angewendet werden. Nach dem
Helmholtzsche Überlagerungsgesetz wird das Netzwerk jeweils getrennt für eine Quelle
durchgerechnet und die Ergebnisse anschließend überlagert.

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 40

Das Helmholtzsche Überlagerungsgesetz wird mit Hilfe des folgenden Beispiels erläutert:

I3 I2
mit:
R1 = 5 Ω ;
U1 R1 I1 R4 U4
R 2 = 20 Ω ;

M1 U3 R3 M2 R 3 = 10 Ω ;

Uq 1 = = Uq 2
R 4 = 15 Ω
und
R2
U q1 = 5 V ;

U2
I3 I2 U q 2 = 7,5 V .

Bild: Beispiel eines Netzwerkes mit zwei Spannungsquellen

Helmholtzsche Regel:

Die Zweigströme und Zweigspannungen eines Netzwerkes lassen sich berechnen, indem man
nacheinander immer nur eine Spannungsquelle betrachtet und die andere(n) durch einen
Kurzschluss ersetzt (beziehungsweise durch ihren Innenwiderstand ersetzt, falls dieser noch
nicht im Netzwerk berücksichtigt ist). Sind auch Stromquellen vorhanden, so werden die
Quellen nacheinander betrachtet und die anderen Stromquellen durch Leerlauf ersetzt. Im
abgebildeten Netzwerk entstehen somit (da zwei Spannungsquellen vorhanden sind) zwei
Sätze von Zweigströmen und -spannungen, die man abschließend vorzeichenrichtig addieren
muss, um die tatsächlichen Zweigströme und -spannungen des Netzwerks zu erhalten.

In vorstehendem Beispiel sei der Strom I1 gesucht, der im Folgenden nach dem
Helmholtzschen Überlagerungsgesetz berechnet wird.
Im Folgenden werden in beiden Teilnetzwerken gleiche Zählpfeilrichtungen beibehalten, was
sehr zu empfehlen ist. Ersetzt man die zweite Spannungsquelle durch einen Kurzschluss, so
erhält man:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 41

I 3´ I2´

U1´ R1 I1´ R4 U 4´

M1 U3´ R3 M2
Uq 1 =
R2

U 2´
I3´ I2´
Bild:
Netzwerkbetrachtung mit der ersten Spannungsquelle

Masche 1: − U q1 + U 1 ′+ U 3 ′+ U 2 ′ = 0

⇔ − U q1 + R 1 ⋅ I 3 ′+ R 3 ⋅ I1 ′+ R 2 ⋅ I 3 ′ = 0

mit I 3 ′+ I 2 ′ = I1 ′ , also I 3 ′ = I1 ′− I 2 ′ :

⇒ − U q1 + R 1 ⋅ I1 ′− R 1 ⋅ I 2 ′+ R 3 ⋅ I1 ′+ R 2 ⋅ I1 ′− R 2 ⋅ I 2 ′ = 0

⇒ ( R 1 + R 2 + R 3 ) ⋅ I1 ′−( R 1 + R 2 ) ⋅ I 2 ′ = U q1 (I)

Masche 2: − U 3 ′− U 4 ′ = 0

⇔ − R 3 ⋅ I1 ′− R 4 ⋅ I 2 ′ = 0
R
⇒ I 2 ′ = − R 43 ⋅ I1 ′ (II)

(II) in (I) eingesetzt liefert:

( )
⇒ ( R 1 + R 2 + R 3 ) ⋅ I1 ′−( R 1 + R 2 ) ⋅ − R 43 ⋅ I1 ′ = U q1
R

(
⇔ I1 ′⋅ R 1 + R 2 + R 3 +
R 1 ⋅R 3
R4 +
R 2 ⋅R 3
R4 )=U q1

U q1 5V 5V
⇒ I1 ′ = = =
(R 1 + R2 + R3 +
R1 ⋅R 3
R4 +
R 2 ⋅R 3
R4 ) 5 Ω + 20 Ω + 10 Ω + 50 Ω 2
15 Ω + 200 Ω 2
15 Ω
51,7 Ω

⇒ I1 ′ = 97 mA
Ersetzt man nun die erste Spannungsquelle durch einen Kurzschluss, so erhält man:

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief


2 Elektrisches Strömungsfeld und Gleichstromkreise 42

I 3´´ I2´´

U1´´ R1 I1´´ R4 U 4´´

M1 U3´´ R3 M2
= Uq 2

R2

U 2´´
I 3´´ I2´´
Bild:
Netzwerkbetrachtung mit der zweiten Spannungsquelle

Masche 1: U 1 ′ ′+ U 3 ′ ′+ U 2 ′ ′ = 0 ⇔ R 1 ⋅ I 3 ′ ′+ R 3 ⋅ I1 ′ ′+ R 2 ⋅ I 3 ′ ′ = 0
mit I 3 ′ ′ = I1 ′ ′− I 2 ′ ′ :

⇒ R 1 ⋅ I1 ′ ′− R 1 ⋅ I 2 ′ ′+ R 3 ⋅ I1 ′ ′+ R 2 ⋅ I1 ′ ′− R 2 ⋅ I 2 ′ ′ = 0

⇔ ( R 1 + R 2 + R 3 ) ⋅ I1 ′ ′−( R 1 + R 2 ) ⋅ I 2 ′ ′ = 0
R1 + R 2 + R 3
⇒ I2 ′ ′ = R1 + R 2 ⋅ I1 ′ ′ (III)

Masche 2: U q 2 − U 3 ′ ′− U 4 ′ ′ = 0

⇔ U q 2 − R 3 ⋅ I1 ′ ′− R 4 ⋅ I 2 ′ ′ = 0 Gleichung (III) eingesetzt ergibt:

⇒ U q 2 − R 3 ⋅ I1 ′ ′− R 4 ⋅ ( R1 + R 2 + R 3
R1 + R 2 )⋅I ′′= 0
1 (
⇔ R3 + R4 ⋅
R1 + R 2 + R 3
R1 + R 2 )⋅I ′′ = U
1 q2

U q2 7,5 V 7,5 V
⇒ I1 ′ ′ = R1 + R 2 + R 3 = 5 Ω +20 Ω +10 Ω = = 242 mA
R3 + R4 ⋅ R1 + R 2
10 Ω + 15 Ω ⋅ 5 Ω+20 Ω 31 Ω

Es ergibt sich also für den durch den Widerstand R3 fließenden Strom I1 = I1 ′+ I1 ′ ′ = 339 mA .
Der Zweigstrom I2 ergibt sich beispielsweise durch Aufstellen der Maschengleichung der
zweiten Masche nach Bild 2.8.1 und Auflösen nach I2. Den Zweigstrom I3 erhält man durch
I 3 = I1 − I 2 . Die Zweigspannungen ergeben sich durch Einsetzen der bekannten Größen in das
Ohmsche Gesetz, beispielsweise U 1 = R 1 ⋅ I 3 .

Vorlesung für allgemeine Elektrotechnik am MCI, Dipl.-Ing. Johannes Rief

Das könnte Ihnen auch gefallen