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Das Modell der griechischen Logik

Author(s): Hermann Koller


Source: Glotta, 38. Bd., 1./2. H. (1959), pp. 61-74
Published by: Vandenhoeck & Ruprecht (GmbH & Co. KG)
Stable URL: https://www.jstor.org/stable/40265799
Accessed: 09-03-2020 17:59 UTC

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Das Modell der griechischen Logik

Von Hermakn Kolleb, Zurich

,,Wo fand Aristoteles das Muster des Syllogismus, welches die


Gedanken aller Philosophen beherrscht, ob sie nun des Aristoteles'
Logik annehmen oder ablehnen?" Diese Frage von E. Kapp1)
môchte die vorliegende Arbeit beantworten. Kapp hat gesehen,
da6 das zugrunde liegende Denkmodell nicht in der Dialektik
oder in der Sprache zu finden ist. Die qqoi der Propositionen haben
keinen Ruckhalt an den Substantiven der Sprache. Sie sind nicht
die Definitionen der jeweils als oqoi verwendeten Substantive,
nicht sie selber werden bestimmt, sondern sie sind es, die die Pro-
positionen 'begrenzen' 2). Es ist daher ,,unwahrscheinlich, daB der
Begriff des Syllogismus lediglich aus der Erfahrung stammt". Aber
auch die Mathematik geniigt nicht zur Erklârung der Eigentum-
lichkeiten des aristotelischen Systems, was die Terminologie der
Syllogistik beweist. Die Geschichte dieser Terminologie - es han-
delt sich um oqoç, oiaorrj/ta, ênaycoyrj, ncoraaic, ovXXoyio-
fio ç selbst, kann hier weiterfiihren.

Die Quellen der XoyiKrj ré%vr)


Im Dialog Theaitet 201 dff. setzt sich Platon mit einer Xoyixii
réxvrj auseinander, welche die erste ausfiihrlicher ûberlieferte Vor-
stufe der aristotelischen Logik ist. Im Dialog wird sie einem
Demokriteer zugeschrieben, wie aus einer Andeutung hervorgeht:
Sri rà /ièv ngcôra olovneqel oroixeïa, e| &v rjfieïç re avyxsifieêa
Tcai ràXXa, Xoyov ovx e%et,.
Die (Tto^eta, womit hier die Laute der Sprache gemeint sind,
sollen nach dieser Auffassung aQQYjra sein. Sie kônnen nur benannt
werden, haben aber keinen Aoyoç. 202 b rà ôè m rovrœv rjôrj ovyxel-
fieva, éaneq avrà néjtXexrai, oiïrco xal rà ovô/iara avrœv ovfinAaxevra,
Xoyov yeyovévai. ôvo/biârœv yàç avfiTtXoxijv slvm Xoyov ovaiav. ,,Was
aber aus den aroiyzïa besteht, so wie sie sich verflechten, so ergeben
auch die Namen dieser oroi%EÏa, wenn sie verknlipft werden, einen

2) E. Kapp, Greek Foundations of traditional logic, Columbia University


Press, New York 1942.
2) E. Kapp, o. c. "... What is limited (determined) - horos means
limit - is in this case the proposition, not of course, its two 'limits' (terms)
themselves."

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62 Hermann KoUer

Xoyoç. Die Verkntipfung von


Xoyoç. Genau so seien die aroixeï
bar (âyvœara), wohl aber wahrn
aber seien erkennbar (yvœaral
wahre Meinung zu erfassen."
DaB wir an dieser Stelle nicht o
dièse aroixeïa seien den Atome
aus der mehrfach uberlieferte
die Elemente, die Atome, nich
von denen hier die Rede ist1).
In der Fortsetzung des Dialoges
indem er die aroixeïa als Buchsta
von Buchstaben versteht. Er ber
von dem er die Auffassung ke
ôfjLYjQovç ëxofxev rov Xoyov r
navra ravra. Diese Beispiele ab
Xeïd re xal avXXaftai. So komm
Untersuchungsergebnissen. Die
einen Xoyoç haben, weil die b
ôvofiara oïy[ia und & benannt w
also, gemâB friiherer Definiti
einzelne Stoicheion S oder & n
Vokale als die deutlichsten oro
lediglich <pœvrj. Die Begriindun
Xoyoç, aber der Einzellaut nicht,
reichlich erkiinstelt.
Tatsàchlich sagt aber das Référât 202 a/b nicht soviel. Dort wird
von vorerst nicht nàher umschriebenen aroixeïa gesprochen, die
lediglich durch die Sinne erfaBt und dann benannt werden kônnen,
die aber keinen Xoyoç haben, und von der avXXaftrj, der 'Zusammen-
fassung* solcher croix^la, die einen Xoyoç hat, also aussagbar ist.
Die ovXXafir} oder avfjmXoxTj der Stoicheia ist also erfaBbar genau so
wie die ovymXoM\ der Benennungen der Stoicheia einen Logos bildet.
Weder von der Sprache, noch von der Atomistik aus kônnte man
zu einem solchen System gelangen, denn die Sprachsilbe hat fur
den Sprechenden so wenig Xoyoç wie der einzelne Sprachlaut. Die
Atome aber kônnen nicht Vorbild der Stoicheia sein, denn sie sind

*) Simplicius, de caelo p. 294, 33 H. D. 68 A 37 voptÇei ôè elvai ovrco


fiMçàç ràç oôoiaç, wore ènyvyeïv tàç ^fisréçaç aîad"qaeiç9 Sextus Emp.
VIII 6, D 68 A 59 ... tc5v t<z navra ovyKQivovaœv àzôfiœv nâatjç aîaûrjrijç
noiÔTTjroç sQtjfiov êxovoœv yvoiv.

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Das Modell der griechischen Logik 63

ausdriicklich nicht aîa&rjrâ, mit den Sinnen erfaBbar. Demok


kann also nicht ohne weiteres der Autor des Buchstabengleichnis
sein, wie immer angenommen wird1).
Wenn die Behauptungen des Gewàhrsmannes stimmen, dan
(204a) êxérœ ôfj œç vvv <pa/À,ev9 fxia îôéa êl; êxâarœv rœv avvagfjiorrov
OToixetœv yiyvofiévt] 97 ovXkafiri, ôfÀolœç ëv re yQâfAfiaav xal èv
aXXoiç ânaai, ,,d&mi ist die avXXa^rj eine einzige Idee aus alien d
'zusammenpassenden5 o%oi%EÏa> bei den Buchstaben der Spra
wie iiberhaupt in allem". Damit wird Geltung auch fur ande
Gebiete als flir die Sprache behauptet.
In Philebos 16c ff. findet sich im Prinzip dieselbe Auffassu
von den aroixeïa, nur wird hier ganz deutlich, daB dièse Spra
theorie von der Musik abgeleitet wird. Theuth hat den Mensc
die Sprachlaute gruppiert, ausgesondert, zahlenmâBig fixiert
damit iiberhaupt erst die xè%vr\ yqainianxr\ geschaffen (18bff
êcoç âQi&fiàv avrœv Xafiàv êvl re éxâarœ xal ovftTzaot aroixs
ênœvo/jiaae xa&oQœv ôè œç aèôeiç rjfiœv ovô' âv ëv avro xafr avro
ndvxœv avrwv fxâ&oi, rovrov xov dea/iov aS XoyiaâfxevoQ &ç ôvra
xal navra ravra ëv nœç noiovvra. Das Vorbild dieser Sprachtheori
oder Xoyixij réxvrj findet sich schon in Philebos 17c/d deut
bezeichnet: es ist die pythagoreische Akustik2) *AXk\ c5 <pl
èneiôàv M/ly rà ôiaorrjfjiara, ônoaa èarl rov aQi&fiov rfjç <pœvf

*) Was E. Frank, Plato u. d. s. P. S. 170 daruber beibringt, lâût si


nicht halten. Er schreibt: ,,Der Vergleich wurde, wie Aristoteles M
physik A 4. 985 b 4ff. zeigt, von Demokrit vollkommen konsequent durc
gefûhrt, und man sprach dementsprechend von den Atomkomplexen a
rSilbenV* Aristoteles sagt aber etwas ganz anderes. Er braucht die
Buchstaben A, N, Z um Form, Anordnung und Lage der Elementarteilc
zu veranschaulichen, ohne sie aber damit zu identifizieren oder auch nu
zu vergleichen: ôiatpégei yàq tô fièv A tov N a%r\naTi, ro ôè AN tov N
râÇei, ro ôè Z tov N iïéoei ,,A unterscheidet sich von N in der For
(die Kombination) AN von NA durch die Anordnung, Z aber von
durch die Stellung (d. h. Z ist ein um 90° umgedrehtes N). Wenn Demo
die Atomkomplexe ovMafiai nennt, so verwendet er den ganz allgemein
Begriff ovMaprj 'Zusammenfassung', was aber mit Grammatik nicht da
mindeste zu tun hat.
Charles Mugler, Platon et la recherche mathématique de son époque,
Strafiburg-Zûrich 1948, S. 205 meint zu Theaitet 202 b: ,,Cette affirmation
très générale sur Tinintelligibilité d'éléments indécomposables donnés par
les sens reçoit une signification très précise quand on l'imagine appliquée
aux grandeurs irrationnelles." Der Text bietet keinen Hinweis fur eine
solche Annahme. Mugler vernachlàssigt auch vôllig die Parallèle zu Philebos,
16ff., die seine Deutung ganz ausschliefît.
2) Verf. Stoicheion, Glotta XXXIV, 3/4 S. 164ff.

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64 Hermann Roller

ôÇvrrjroç re nêqi xal paovrrjroc


orrj/iârœv, xal rà ex rovrœv ôaa
ol nqôod'ev naqêàoaav rjfiïv ro
âg/tovlaç, ëv re raïç xivrjaecnv a
nâdr) yiyvofxeva â ôrj ôC àqv&iÂcbv
(lêrqa EnovofÀâ&iv. Damit sind w
die die oqoi rœv ôiaarrjftârcov
der Oktave bestimmten1), die
nisse auf die Grundformen de
der Akustik, wie sie schon Da
Fiir die musikalischen aroi%BÏa n
Tone, gilt einzig genau, was vo
wird. Sie sind aîcû^râ, einzel
nennbar, aber nur in der av
einem andern <p&6yyoç, als
Xoyoç, ein Zahlenverhâltnis, o
heit aller an sich môglichen Ton
Zabi3) das négaç der in den To
maBig bestimm- und zâhlbaren T
Das soil an einigen Zeugnissen
wiesen werden. Der Begriff oqoç
ist nur vom Vorgehen des Mu
"Oqoç ist der Grenzpunkt, die G
auf der Saite wird ihre Lange
zu einer andern Saite) bestim
sind daher die Verhàltniszahle
den Àoyoç, das zahlenmâBig au
nôtig, um eine âvaXoyla, den V
lichen (s. u. S. 70).
Genau dieses begriffliche W
die musikalische Proportionenlehre des Archytas auf:
Fgm 2 fiéaai dé èvn rqïç ra fjLovoixq . . . das arithmetische Mittel,
Ôxxa ëœvn rqeïç Ôqoi xarà roiav vneQo%àv âvà Xoyov usw., oder
*) Verf., Harmonie und Tetraktys, Mus. Helveticum 1959, Heft 4.
2) Der Ton konnte in der Antike noch nicht absolut, durch Messung
seiner Schwingungszahlen bestimmt werden, wie das heute môglich ist.
Es gab daher nur den Vergleich der Saitenzahlen zweier Grenztône
(Ôqoi) eines Intervalles. Das Stoicheion des Tones war also in der Tat nur
aîaûrjrôvy nicht aber yvœarôv.
8) Philebos, 26a 'Ev ôè oÇeï nai façel xal raxeï xai figaôeï, àneiQoiç
otioiv àq ov ravra' âfia négaçre àneQyâaaro nai fÂOvaixrjv ovfinaoav reXecorara
avvzaxr\aaTo;

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Das Modell der griechischen Logik 65

spâter: ylvexai ô* êv xavxq xq àvaXoyiq xo xâ>v [leiÇovc


ôiâoxrjfia [leïÇov xo ôè xœv fieiovœv [asïov.
,,In dieser Analogie wird das Intervall der grôBeren Verh
zahlen grôBer, das der kleineren kleiner."
Der Akt der Gleichsetzung zweier zwischen drei oqoi obwa
Xoyoi aber ist das avXXoylÇea&ai, das 'Zusaminenstellen
Xoyoi der musikalischen Proportion, das Résultat ist der
yia/zoç oder das avfinèQaafia xov avXXoyia/iov. Daswe
schon der junge Aristoteles, wenn er vor der Begriindun
Logik von den Musikern sagt (Protreptikos R 3 52, W 5
yào xàç ânoôelÇeiç xal xovç ovAÀoyiajbiovç èiœQia/jCêv
0v//,q)covlaç xal xœv âXXcov xoiovxcov.
Man war lange Zeit der Meinung, Aristoteles habe sich
griffliche Werkzeug zum Aufbau seiner Logik aus der Math
beschafft. Nun weist aber schon die im Theaitet und Philebos
Platons faBbare friiheste Aoyinr} xéxvrj auf die theoretische Akustik
der Harmoniker als erstes Vorbild hin. Fiir die mathematische
Proportionenlehre gilt nàmlich dasselbe, was fiir die aristotelische
Logik, wie K. von Eritz zeigt1): ,,Wenn z.B. das mathematische
Verhàltnis zwischen GrôBen ôiâaxrj/jia und die Glieder des Ver-
hâltnisses oder der Proportion ôqoi genannt werden, so ist dies
rein aus der Mathematik heraus nicht verstândlich, erklârt sich
aber sofort, wenn man daran denkt, daB die musikalischen Inter-
valle, fiir die das Wort ôiâoxrjpa sehr gut paBt, als Zahlenverhâlt-
nisse ausgedriickt werden und daB die das Intervall bildenden
Tone, die zugleich die Glieder des Verhâltnisses sind, als Grenzen
des Intervalls aufgefaBt werden kônnen. Das beweist dann aber
auch den allerengsten Zusammenhang der mathematischen Pro-
portionenlehre mit der Théorie der Musik2)." Fiir die aristotelische
Logik wurde dasselbe schon von A. Diès und ebenfalls von K. von
Fritz erkannt3).
Die Beziehungen sind aber noch enger. Es handelt sich, wie schon
die vorplatonische Xoytxrj XE%vr\ zeigt, um die eigentliche Be-
griindung der Lehre von den Denkgesetzen auf der Pro-
*) Kurt von Fritz, Die Archai in der griechischen Mathematik. Archiv
fur Begriffsgeschichte, Bd. I, Bonn 1955, S. 18.
2) Porphyrios, D21f. Die Proportionenlehre, wie sie am Kanon ent-
wickelt worden war, wurde fur die Arithmetik und Géométrie wegleitend:
ràç vnoûéoeiç otiv rfjç TcavovMfjç ôioglaeiev âv nç vndqxBiv rfj re neql rijv
fiOvaiXTjV èniarruAri nai rfj neql rot)ç âgift/toùç Mai zijv yeœfieTQiav.
3) Kurt von Fritz, Philosophie und sprachlicher Ausdruck bei Demokrit,
Plato und Aristoteles, New York (o. J.) S. 69/70, A. 2.
Glotta XXXVIII 1/2 5

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66 Hermann Roller

portionenlehre der Kanoniker. Die Aoyixrj réxvrj selbst ist


keineswegs primâr die 'Lehre vom Wort', sondern die 'Lehre von
der Verbindung von Xoyoi, von Verhàltnissen' x). Zum ersten Male
tritt das Wort in diesem Sinn als Werktitel bei Demokrit anf:
Tteql Xoyixœv rj Kavcov. Das Wenige, was man aus dem Inhalt
dieses Werkes kennt, weist nun aber ausgerechnet auf eine Motiv-
verkniipfung hin, die bezeichnend ist fur die Harmoniker. Diels 11,
nach Sext. emp. VII 138 êv ôè roîçKavoai ôio <prjalv elvai yvœaeiç-
rijv [abv ôià râjv alo&rJGecov, rfv ôè ôtà rfjç ôiavolaç. Wir haben
schon gesehen, da8 die oxoiyeïa der Harmoniker, die Tone, zwar
alcrârjxà sind, aber nur ôol-aoxâ, erst in der Verbindung, in ihrer
gegenseitigen Beziehung kommen sie zu ihrem Àoyoç, der im ovXXo-
yiofwç zur autoôeiÇiç fiihrt. Flir die ganze spàtere Musiktradition
wird dièse zwiefache Quelle der Erkenntnis von grôBter Bedeutung.
Dafur sollen nur die wichtigsten Zeugnisse erwàhnt werden:
Boëthius V. 2, 354, 13 Friedlein: ,,Nam ut singulae artes habent
instrumenta quaedam . . . ita etiam harmonica vis habet duas
iudicii partes, unam quidem huiusmodi, per quant sensu corn-
prehendit subiectarum differentias vocum, aliam vero, per
quam ipsarum diflerentiarum integrum modum mensuramque con-
sidérât. Huiusmodi igitur instrumentum, in quo rationis ad-
hibito modo sonorum differentiae perquiruntur, vocatur
harmonica régula.
Aristides Quintilianus, de musica, III p. 116 ôio xal Ilv&a-
yoqav qtaoi rr\v êvrev&ev ana^Xayrjv notoôfievov [xovoxoQÔiÇew roïç
ératQoiç nagaiveaai, ôrjXovvra, œç rrjv âxQorrjra xr\v êv fiovaixf} vorjrœç
fiâXXov 6C aQiêfjicov fj aÎG&rjrcoç àC àxof\ç âvaXrjnréov. Schon
friïh hat dies zu einer Spaltung der Musiktheoretiker geftihrt. Als
spàterer ausschlieBlicher Empiriker und Vertreter der aïo&rjaiç
kennzeichnet sich Aristoxenos, ausgesprochener Kanoniker ist
Ptolemaios.
Aristoxenos, H. St. B 32, 17ff. xal rovrœv ânoôelÇeiç neiQÛfie&
Xéyeiv ô/ÂO?xyyovfiévaç roïç cpaivofiévoiç, ov xad'âneq ol ëfjMQoa&ev
ol ftèv àkXoTQioXoyovvTeç xal xr\v fièv aïc&rjaiv êxxXivovreç œ
oiaav ovx âxQifïfj - vorjràç ôè xaraaxevdCovreç Xoyovç ôé riv
âQi&fÀœv elvai, xth
Porphyrios in Ptol. H. Dtiring 23 ôiayêqovoi ôè fiovaix
xal ol xavovixoL fiovaixol fièv yàg Xéyovrai oî ano rœv aîo&rjoeœ
ÔQfMDjuevoi aQ/uovixoi, xavovixol <55 ol Uv&ayoQixol ol âqfiovi

*) E. Kapp, o. c. S. 19 passim.

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Das Modell der griechischen Logik 6?

Im Lichte der spâteren Zeugnisse aus der Musikertradit


stehen wir jetzt, wie Demokrit dazu kommt, sein W
Aoyixcbvrj Kavœv zu betiteln und darin zwei Arten von Er
zu unterscheiden, eine 'unechte9, durch die aïa&rjaiç, u
'echte' durch die diavoia. Er lehnt sich dabei offensichtlich an eine
Problemstellung an, die in der pythagoreischen Akustik in der
zweiten Hâlfte des ftinften Jahrhunderts aktuell geworden war.
Mit Hilfe des Monochords, einer liber den Kanon gespannten Saite,
waren schon lange die einfachen Zahlenverhaltnisse der drei
symphonen Intervalle Quart (4 : 3), Quinte (3 : 2), Oktave (2:1)
(und des die beiden Tetrachorde verbindenden, diazeuktischen,
Ganztones (9 : 8)1) bestimmt worden. In der ôiaigeaiç der Tetra-
chorde aber schieden sich die Geister. Die âofionxol versuchten
a priori môglichst einfache Zahlenverhâltnisse ftir die dazwischen
liegenden beweglichen Tone, wahrend die empirischen Musiker das
Gehôr, die aidhjaic zum Richter iiber die ôialoeaiç machten. AuBer
Demokrit bezeugt auch der Hibehpapyrus I, 1906, N 13, p.
45-48 unmiBverstandlich ftir das Ende des ftinften oder den Anfang
des vierten Jahrhunderts, daB diese zwei Richtungen sich scharf
bekampften. Ausdriicklich distanzieren sich dort die Harmoniker
von der musikalischen Praxis: X[éyovreç yâç> S]n âqfiovixol elai . . .
avrœv ôè ïôiov [eî]vai to êewQrjrixov fteQoç. Sie werden ver-
spottet, daB sie viel Zeit aufwenden êv xaïç xoqôclïç, yxiXÀovreç pav
[nokv x]el[g]o[î> t(o]v [y)aX]rœv9 âiôovreç ôè rœv œiôœv, usw.

'Enayœyri
Die Beriihrungen der aristotelischen Logik mit der Aoyixrj xè%vy\
des Kanons beschrânken sich nicht auf Ûbernahme der Termini
oqoç und ôiâorrjpa. Aristoteles unterscheidet Erkenntnis durch
ênaywyrj (inductio) und durch avM.oyiafi6çlâ7ioôetÇiç.
Analyt. 81a38ff. fj,av&âvo/Liev ij STtayœyfj f\ ànoàeiÇei. ëan
ô9 yj [aèv âjioôeiSiç ex rœv xaftoÀov, r\ ô9 enaycoyrj ex rœv «ara fiéqoç.
42a 3 f\ ro fièv ênayœyfj, ro de ovAXoyiOftœ. Die ênayœyij ist
eine Erkenntnisart, die ohne die aïaûrjaiç nicht auskommt:
1 ) Verf .Harmonie und Tetraktys,Mus.Helv. 1 959. Zur Bestimmung desLogos
( = Verhâltnis) vgl. auch J. Lohmann, Musiké und Logos, Wiss. Zeitschrift
der Ernst Moritz Arndt-Universitat, Greifswald. Gesellschafb.-sprachw.
Reihe N 1/2, Jahrgang VI, 1956/57, S. 36: ,,Dieses Verhâltnis, dieser Logos
wird am 'Monochord', dem einsaitigen Musikinstrument, gemessen mit dem
xavwv, dem Meûstab . . . fKanoniks aber nennt Demokrit und nach ihm
Epikur seine 'Logik' ...".-
5*

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68 Hermann Koller

81ab5 è7ia%ftr}vai ôè fxfj ë


ênayœyrj scheint aber iiberhaup
nis zu sein, denn sie làfit rà nqœ
ôi) on rifilv rà nçtcbra ênayœyr
aïaêrjoiç otirco rà xa&okov è[xno
die Wahrnehmung Erkenntnis d
wird die ênaycoyr) dem rhet
68 b 30 &v fzèv yàq son fiéaov,
prj êon, ôt9 ênayœyfjç ,,wo ein
durch das Mittlere, wo es aber
enaycuyrj".
Wieso dièse Erkenntnisart, di
zusammenarbeitet und meistens
ist, mit dem Verb èndyeiv und
wird, ist vorerst vôllig ràtselh
lâBt sich nicht entnehmen, w
formuliert worden ist. Da im
Begriflfepaar avMoyiafioclenayc
menhang festsitzt, ist es nicht
ovXXoyiOfJioç als neue Erkenntn
Wir haben fruher gesehen, da
oroi%eïa nur alo&rjrà sind, nich
ihre Verbindung, fuhrt zum My
zwischen drei ôqoi oder zwei
cvtâoyiafzoç. Der Syllogismos
Sqoç, wie auch Aristoteles sagt
Die ngcôra kônnen nur durch
sie schafft also iiberhaupt erst d

1) Die beiden gelâufigen Erklàrung


involved in Aristotle's usage of the
Trendelenburg argued) that of adu
one from one truth to another."
Beide Meinungen kônnen sich nur auf gelegentliche Verbindungen stiitzen
(Tr. auf die Parallèle der ênaycoyi) mit den jiaqaoeiynaTa in der Rhetorik,
R. auf ein enayofievoc, wo tatsachlich eine persônliche Form gemeint ist,
der 'Hinzugefuhrte\ Das Beispiel beweist lediglich, dafl Aristoteles selbst
enaycDyrj bereits in abgewandelter Bedeiitung ûbernommen und es neu ge-
deutèt hat wie aile spâteren Kommentatoren.
a) Arnim, Dion von Prusa, S. 59: ,,Die Begriffe (se. êTtaycoyrj, TiaQadeiyjua,
avM.oyiOfi6ç (wir kônnen auch noch die nçô-iaoiç beifùgen) ) sind uns aus
Aristoteles bekannt, den wir fur ihren Urheber hielten. Wir erfahren hier,
daB sie schon vor ihra vorhanden gewesen sind. Denn eine Abhângigkeit
des Nausiphanes von seinem Zeitgenossen Aristoteles ist nicht wahrscheinlich."

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Das Modell der griechischen Logik 69

/tog. Wir erinnern uns daran, daB es auch am Kanon zwei Ve


fahren der Erkenntnis gibt, das durch die aïa&rjoiç und das durc
den Xoyoç. Wie geht die Bestimmung der Tone alo&rjaei vor sich
Ptolemaios, Harm. 66, 28 D sagt von den Empirikern: ov ôoÀ
en rcp Xoyœ noiovvrai ràç xararopâç, àfâ êvreivavreç rfjv xoqôrj
eïra rov vnaycoyéa Ttaqâyovreç, êcoç âv talc, âxoaïç tinavrr
rœv èni^rirov[xév(ùv tpêôyyœv ëxaaroç, êxeï arjfieiovvrai rijv olx
rofiTjv atpefAsvoi rov tiqoç ô nétpvxev. ,,Sie teilen den Kanon nic
nach dem Verhâltnis, sondern spannen die Saite, dann fiihr
sie den Steg (der Saite) entlang, bis jeder der gesuchten
Tône dem Gehôr begegnet; an jener Stelle bezeichnen sie
zugehôrigen Einschnitt nnd sie kiimmern sich nicht um
Verhâltnis zu (einem andern Ton)".
Die Tone oder axoiyela werden also hier vTtayœyfj oder na
ycoyfj gefunden, wobei die aïaêrjmç allein entscheidet. Der X6yo
zum benachbarten Ton wird nicht errechnet.
Aristoxenos beschreibt sein eigenes Verfahren ganz analog:
Harm. Stoich. 53, 13flF. &aneq yàq êv raïç %oqdaïç vèx ëari
to fiqpoofjievov, èàv firj riç avro xeiqovqyia nqoaayayœv âq/iéarj-
rai, . . . Sri ô9 ovôèv rœv ôqyâvcov avro âq/i6rrerai àkkà fj aïa&rjcriç
êanv yj rovrov xvqia, dfjjbv on ovôè Xoyov ôeïrai, (paveqov ydq.
Auch hier wird der Ton nqooaycoyfj, durch Verschiebung des
Steges unter der Saite gefunden, wobei allein die aÏG&rjcnç liber
die Richtigkeit des Vorgehens entscheidet,
Ich glaube, es kann kein Zweifel mehT bestehen, daB urspriinglich
auch die aristotelische ènayoïyii dièse empirische Findung der
nqœra, der aroi%eïa der lediglich durch aiofirjcnc feststellbaren Tône
bei der Teilung des Kanons meint, welche dann das Material der
Xoyoi f Iir den avXkoyiafjiàç bieten. Genau das erwâhnt Boëthius
als Ansicht der Pythagoreer, De inst. Mus. V, 3 p. 354-355 Fr.:
Sensum enim dare quaedam quodammodo semina cognitionis,
rationem vero perficere, und das zwar im Zusammenhang mit der
Teilung des Kanons!

Protasis

Durch die ènayœyrj, die 'Verschiebung des Steges' unter d


Saite, werden zwei Saitenabschnitte egespannt\ Vermutlich
nqoraaiç der Ausdruck flir dièse der zahlenmâBigen Bestimm
der Verhâltnisse notwendig vorausgehende empirische Spann
der Saite. Strikte beweiôen lâBt es sich nicht, weil alte Bele
fehlen ; doch spricht die ganze Umgebung, in der der Ausdr

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70 Hermann Koller

auftritt, fur diese Deutung. Tlqoxa


nur in der Akustik, Géométrie, Lo
bedeutet uberall etwa 'Themaste
'propositio'.
Aristoteles, Analyt. 53b 18 to fièv yàç ovpfiaïvov eg âvdyxrjç rà
avfiTZEQaofjiâ eon, ôC &v ôè tovro ylverac êAa%iOT(ov, xqsïq oqoi,
ôéo ôè diaaxrifiara xal Ttgordaeiç.
Die Saite hat zwei âuBere Grenzpunkte und einen innern, mitt-
leren, woraus zwei Intervalle (ôiaotrjfjiaTa) mit ihren Xoyoi resul-
tieren. Ihr gegenseitiges Verhaltnis (âvaKoyla) ergibt sich aus dem
ovîloyioiioç, dem Vergleich der beiden Xoyoi. Auch die Géométrie
braucht dieselbe Formulierung : EucL 5 Def. 8 'Avdkoyia ôè êv
TQialv ôqoiç êXaxoorrj èoxiv. Der Ausdruck Tiçorelveiv, TtQÔraaiç muB
etwa Vorausspannen5, 'Vorausspannung9 (der Saite!) heiBen, also
die praktische Festsetzung der Intervalle vor der Berechnung. Am
Kanon wurde der mittlere Sqoç (nach dem Gehôr) durch die ênaycoyrj
bestimmt, und damit die beiden Saitenstucke 'vorher(nàmlich vor
der Berechnung)gespannt\ Den beiden ngoTacreiç entsprechen
dann als Résultat zwei ôiaatrjpiaTa, zwei Intervalle. Die Ab-
lesung am Kanon ergibt die MaBzahlen der Sàitenstiicke, den
Aoyoç (des einen Saitenabschnittes zur ganzen Saite), also einen
Bruch. Der Vergleich der beiden Bruche war das av^Ttégaa/Lta rov
ovXXoyiOfiov.
Eine fâlschlicherweise Euklid zugeschriebene Kavovoç xata-
rofirjy die vermutlich auf Archytas zuriickgeht, entwickelt allé
Proportionalsâtze an gespannten Saiten. Die einleitenden
Sâtze, welche also die zu untersuchend,en Saitenabschnitte voran-
stellen, werden in den Kommentaren nQorâoeiç genannt.
Die aristotelische Formulierung, Anal. 84b 26 xal axoiiEla
rooavf ëarvv ôaov ôqoi, aï yàq rovrœv nqoraaeic àg#cu rfjç âno-
ôelêeœç eîaiv kann Wort fiir Wort ezurlickubersetzt5 werden in
das Verfahren am Kanon: Tône, oroi%eïa, gibt es soviele wie
Grenzpunkte der Saite (ôqoi), denn die 'Vorausspannungen' dieser
Tone sind die Voraussetzungen der Verhâltnisberechnung (und
damit des rechnerischen Beweises).

Horos

Fur die Bedeutung von ôqoç 'Begriff', 'Definition', làBt sich


âhnliches sagen. "Oqoç konnte nur iiber die Bedeutung eTonb
grenzung5, 'TonzahP, 'Verhâltniszahl' zu seiner spàteren Bedeutun

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Das Modell der griechischen Logik 71

kommen. Eine wichtige Etappe in der Bedeutungsentwicklun


bildet Eurytos, der als ôqoç des Menschen, Pferd.es usw. je ei
bestimmte Zahl angab, wobei verschiedenfarbige Steinchen, d
den UmriB bildeten, gezâhlt wurden, d.h. es war in der Zahl a
das 'Verhaltnis der verschiedenen Partieen' ausgedruckt. D
ôqoç eines Tones oder eines mathematischen Kôrpers (vgl. Aris
teles Metaph. 1092b 9ff. ovôèv ôè diœqiaxai ovôè ônoréQcoç olàçiû/i
aïna rcôv ovoiœv xaî rov elvai, nôreqov <hç ôqoi9 oîov al axiyfjLaï r
fieye&œv, xal œç Evqvxoç . . .), aber auch einer Idealgestalt
zugleich sein Wesen, seine Definition1). Gegen die pythagoreis
'Verwechslung' der mathematischen mit den physischén Kôrpe
richtet sich ja die Kritik des Aristoteles ausschlieBlich, Metap
M 8, 1083b to ôè rà oéfiaza èÇ aQi&fiœv sîvat avyxeifieva xal r
àqi&iiov rovrov eîvai fia&rj par ixov, âôvvarov èaxiv.

x) Herbert Oppel, Kavév, Zur Bedeutungsgeschichte des Wortes u


seiner lateinischen Entsprechungen (regula-norma). Philol. Suppl. XX
Heft 4, 1937. Der Ansatz Oppels, S. 10, Kanon als Richtscheit bilde ,,den
Ansatzpunkt fur die Ûbertragungen auf das Gebiet des Geistigen" ist ve
fehlt. Ûberall muû dort die Bedeutung 'Verhàltnismafîstab' vorausgesetz
werden, eine Bedeutung, die xavœv nur am Monochord bekommen konn
Wenn Polyklet seine Abhandlung xavœv benennen konnte, setzt d
ebenfalls voraus, daô das Wort nicht einfach 'Meûlatte' hieû, sondern
bereits 'VerhâltnismaÛstab*. Die Tat Polyklets bestand ja gerade darin,
die richtigen, vorbildlichen Verhâltnisse des menschlichen Kôrpers auf-
zuweisen. Wohl gab es schon frûher handwerksmaûig uberlieferte Regeln
fur die richtigen Proportionen, z.B. von Tempeln - andere Kulturen sind
damit ausgekommen - ; xavév konnten dièse Verhâltnisse erst genannt
werden, nachdem der xavév 'Meûlatte' am Monochord zum fVerhâltnis-
maBstab* geworden war. Daher fordert Vitruv vom Architekten die Kennt-
nis der Musik, I, 1, 8: ,,Musicen autem sciât oportet, uti canonicam ra-
tionem et mathematicam notant hàbeat."
J. E. Raven, Polyclitus and Pythagoreanism, Cl. Q. 45 (1951) 147-152,
glaubt, der Kanon des Polyklet sei von den Pythagoreern ùbernommen
worden, Eurytos habe die Lehre (152) ,,accepted with gratitude from
Polyclitus, that 'ita natura composuit corpus hominis, ut proportionibus
membra ad summam figurationem eius respondeant9 ." Dieser Filiation wider-
spricht sowohl die Bedeutung von xavàv bei Polyklet wie die von Ôqoç bei
Eurytos.
F. Lasserre, Nombre et connaissance dans la préhistoire du platonisme,
Mus. Hev., vol. 15, 1958, 11 - 26, beobachtet sehr gut, daû die Idealzahlen
von Mensch und Pferd auôer bei Eurytos auch in der platonischen Tradition
vorkommen: ,,il est peu probable que cette coïncidence soit l'effet d'un
simple hasard" (21). Das vertrâgt sich freilich schlecht mit Lasserres Be-
hauptung, wônach auch noch fur Archytas die Zahl ein ethisches, nicht ein
ontologisches Problem gewesen sei.

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72 Hermann Roller

Damit driickt aber echt pyth


Wesen des Menschen, etc. aus
Zahl, seine Definition. Dazu kom
der Sprache auf das Denkmode
Proportionenlehre wird das oxo
keit zu einem ovofia, denn im B
atoixela die ovofxaxa schon in de
S. 61). Vôllige Deckung laBt sic
daher auch Aristoteles, Analy
Stelle) sagt: ov ôeï ôè xovç ôqo
noXMxiç yàq ëaovxai Xoyoi olç o
xovç xoiovxovç ovXXoyioiÂOvç*
Doch sind das Grenzfâlle. Im
ein ovofjia; dieses ist also spra
gehôrt daher sein ôqoç, was v
dieser Verwendung kennt sch
males.
In der musiktheoretischen Literatur ist das Wissen urn die hier
dargelegten Zusammenhànge nie ganz erloschen. Die Herkunft der
jnathematischen und logischen Proportionenlehre aus der Kanonik
der Harmoniker wurde immer wieder als Topos im Preis der Musik
verwendet.

Philodem, neol juova. I 31, 9ff. (p. 19 Kemke): [evxQrjd-


xe]ïv ôè . . . xo [fxéXoç
xaï] tiqoç [avvea]iv. xal yàQ ô[-
qovç] xal ôiaiQeaeiç xal â[noôel-
Çeiç è]v aQiiovixf(\i 7t\Xela\xaç . . .
. . . xal xax* àXkov . . .
. . . xivà d'EœQiav

und in der Kritik dieser Auffassung, ibidem p. 89, 22 :


xal xi del xàkXa &av-
juâÇeiv avxov; xal tcqoç a[v]v-
e[a]iv yàQ ev[xQ]rj[ax]eïv [oïex]ai
xœ xal ôqovç [xal ôiaiQ[éaeiç
xal ânoôeiÇlsiç noX\Xàç . . .
vnâ<*%eiv èv â[Qfio]v[t]x[rj]t xa-
V^laTlBQ ÔXl [JLO . . .

Es lâfit sich erkennen, daQ Philodem im folgenden darauf hin-


tendiei-t, daB die Harmoniker dièse Denkgesetze aus der Dialektik

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Das Modell der griechischen Logik 73

und der Empirie und dem gesunden Menschenverstand gew


hàtten, nicht aber von ihren Untersuchungen am Kanon. E
schreibt damit auch die heutige landlàufige Ansicht in di
Frage.
In den Diatriben des Archytas (Diels Fgm. 4) sehen wir in
voiler Klarheit, was f tir den Musiker des Anfangs des vierten Jahr-
hunderts die Xoyiaxixà wirklich bedeutete. Es ist keineswegs die
'Rechenkunst', sondern die 'Lehre von den Verhâltnissen
und Proportioned: xal ôoxeï a Xoyiaxixà noxl ràv aocptav xcov
fièv aïlàv xeyvcbv xal noXi) ôia<p£Qeiv àxàq xal râç yeœfiexQtaç èvaq-
yearégcoç nQayixaxeôso&ai â ftéXei ,,Die Logistik unterscheidet sich
vom theoretischen Wissen aller andern Technai sehr viel, und er-
reicht auch viel genauer als die Géométrie, was sie erstrebt."
xal â èxXeinei aS â yecofiergla, xal ânoôelljiaç â Xoyianxà ènvteXeï
xal ôjbiœç, si iikv elôécov reà nçayiiaXEia, xal xà tzeqI xoïç eïôeaiv . . .
,,X7nd das, worin die Géométrie im Stich lâBt, das erreicht die
Xoyioxixâ, nâmlich (sie schaflft) Beweise, und wenn Zeichnungen
gebraucht werden, dann . . . auch in den Zeichnungen." Es ist
wohl zu ergânzen: ,,so wirkt diè 'Verhâltnislehre* auch in den
zeichnerisch-geometrisch gefuhrten Beweisen". Hinter diesen Ûber-
legungen steht die Tatsache, daB der systematische Zusammenhang
der Musik, Arithmetik, Géométrie (Stéréométrie) und Astronomie
in den verschiedenen Proportionensatzen besteht, vgl. das
Scholion zu Euklid El. libr. V 280: Sxonoç xa> né/mxœ fiifiXiœ negi
àvaXoyiœv diàkapelv* xoivov yàq xovxo xo ftifiliov yeco/jiexQiaç
xe xal âQi&fjir]Xixfjç xal ftovcuxfjç xal nàar\<; ânXœç xf\ç iia$r\-
fiaxixfjç êTziaxrjfjirjç. Auch Eratosthenes ist noch der (aller-
dings nicht unwidersprochenen) Meinung, das aile mathematischen
Gebiete systematisierende, einigende Band sei die Lehre von den
Proportionen : Proklus in Elem. I Prolog 43, 22 xal (xr\v xal xov
ovvôsofiov xœv fia&rjftâxcov ov xfjv âvaAoylav, ôaneq "Eqaxoa-
iïévrjç oïexai, iïexéov.
Als Modell der griechischen Xoyixr\ xé%vt] hat sich somit dér
Kanon des Harmonikers herausgestellt. Die Entdeckung der
mathematischen Gesetze, die das âTteiqov der Tone in das néçaç
der logosbestimmten âg/tovla verwandeln, hat nicht nur die pytha-
goreische Akustik hervorgebracht, sondern die Wissensgebiete dér
Arithmetik, Géométrie und Astronomie zum erstenmal struktu-
riert. In Anlehnung daran hat Polyklet die GesetzmâBigkeiten
des Schônen als Proportionen eines Kôrperkanons formuliertl
Dièse h)yix$\ xè%vr\ wurde schlieBlich auch auf die Sprache oder

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74 Klaus Strunk

genauer, auf das Denken


freiKch nicht ohne Unebe
holfene Anwendung dieses
Demokriteer des Dialoges Th
sind auch im logischen Wer
wie vor allem eine Analyse

Friihe Vokalverânderung

Von Klaus Strtjnk,

Der dogmatische Streit u


zwischen zwei starren Fron
Erasmus und Reuchlin berie
licher Untersuchung gewich
hat. In der zweiten Hâlfte des 19. Jahrhunderts setzte eine Fulle
von Verôffentlichungen auf diesem Gebiet ein. Die bekannteste
unter ihnen ist die Arbeit von F. BlaB ,,t)ber die Aussprache des
Griechischen"1).
Im einzelnen bedarf eine solche Arbeit nach so langer Zeit
naturgemâB gewisser Korrekturen. So darf man heute wohl sagen,
daB BlaB die Erscheinungen des sogenannten Itazismus durchweg
zu spât ansetzt, d.h. sie in eine Zeit verlegt, wo sie bereits voll
entfaltet sind und hohe wie niedere Sprache in gleicher Weise be-
herrschen. Aber solche Verànderungen, die einen groBen Teil des
Vokalismus einer Sprache erfassen, treten nicht abrupt auf, son-
dern haben eine lange Geschichte. Sie erscheinen zuerst in der
lebendigen Sprache des AUtags, die einen stândigen Wandlungs-
prozeB durchmacht und so der standardisierten und konservativen
Hoch- und Schriftsprache stets weit vorangeht. Innerhalb eines
grôBeren Sprachraumes ist dabei unter den verschiedenen Mund-
arten die Tendenz zu sprachlichen Neuerungen sehr verschieden.
Man denke fiir den Gesamtbereich des Griechischen nur an das
Ionische und - hinsichtlich der Vokalveranderungen - das Bôoti-
sche einerseits und die westgriechischen Dialekte andererseits.
Bis etwa r\ als urspriinglich offenes langes ç zu isochronem i
wurde, hatte es eine lange Entwicklung zunehmend geschlossener
*) 3. Aufl. Berlin 1888, i. f. zitiert mit ,,Blafi".

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