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Poetik

•Poetik (griech. poietike techne = Dichtkunst), die Lehre und Wissenschaft


von Wesen, Gattungen und Formen der Dichtung sowie den ihnen eigenen
Gehalten und Darstellungsmitteln; als Theorie der Dichtung Kernstück der
Literaturwissenschaft und Teil der Ästhetik, doch ebenso Voraussetzung
für Literaturgeschichte und Kritik. Mit der Auffassung von der Dichtung
wandelt sich die Form der Poetik: aus der programmatisch deduktiven,
regelsetzenden Poetik als Lehrbuch für eine vermeintlich lernbare Technik
des Dichtens, die zugleich nach allgemeinen formalen Kriterien wertet,
wird seit Ausgang des 18.Jh. und eigtl. erst im 20.Jh. die beschreibend
induktive Poetik, die aus vergleichender Beobachtung des Einzelwerks zur
Feststellung der Arteigenheiten und Gattungsgesetze führt.

• Von Aristoteles zu Lessing:

• Die ältesten Poetiken sind die des ARISTOTELES, die nur in Bruchstücken über die Tragödie
und das Epos erhalten ist und den Begriff der Mimesis durchsetzt, und die versifizierte Epistula
ad Pisones des HORAZ, seit QUINTILIAN De arte poetica genannt, die Schlichtheit, rechte
Stoffwahl und Formenstrenge betont; beide von grundlegendem Einfluß auf die weitere
abendländische Entwicklung, die im Mittelalter auch auf CICEROS rhetorische Schriften, die
Instimtio oratoria des QUINTILIAN und Werke anderer spätantiker Rhetoriker und Grammatiker
sowie Kommentatoren zurückgreift. Auch die strenge Kunstform der deutschen mittelalterlichen

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Dichtung setzt überlieferte Normen voraus, doch treten mit Ausnahme lehrhafter Stellen in den
Epen theoretische Schriften erst in der Tabulatur des Meistersangs zutage, die als reine
Anweisung zum richtigen Dichten eine lehrbare Dichtkunst als gestaltete Wissensvermittlung
ohne individuellen Anteil voraussetzt und deren allgemeingültige Hormgesetze aufzeigt. Die
Uberbewertung der Regeln und Freude an künstlerischer Gesetzgebung führt in engem
Anschluß an die Antike in Humanismus und Renaissance zu einer Fülle von Poetiken. [...]Die
erste deutsche Poetik verfaßt OPITZ zu Anfang des Barock (Buch von der dt. Poeterey 1624)
nach Vorbild von SCALIGER, HEINSIUS und RONSARD. Er überträgt die ganze Tradition
humanistischer Sprach- und Dichtungsanschauung ins Deutsche, gibt auch Anweisungen zur
Technik des Dichtens, zur Versgestaltung und Scheidung der Gattungen, setzt jedoch
angeborene Begabung voraus und erstrebt besonders die Einführung des Deutschen als
Dichtersprache auch für höhere Gattungen. Er findet überreiche Nachfolge in den barocken
Poetiken mit rein vordergründigen Gebrauchsanweisungen zur Verbindung traditioneller
Formen und Gehalte im Regelkanon. [...] In der rationalistischen Aufklärung wird die Poetik
Sache des reinen Intellekts; ihr Regelkanon und die klare Scheidung der Gattungen beruhen
auf der Nachahmungstheorie; franz. Vorbilder sind BOILEAUS versifizierte Art poétique 1674
und später BATTEUX (Les beaux ares reduits a un meme principe 1746, Cours des beIles
lettres 1747); in Deutschland folgen GOTTSCHED (Critische Dichtkunst 1730) u.a., die
Schweizer BODMER und BREITINGER (Critische Dichtkunst 1740) treten für das Recht des
Wunderbaren, die Phantasie und das Gefühl ein. Mit J. A. SCHLEGELS Übersetzung des
BATTEUX beginnt der Streit um die Nachahmungstheorie bei NICOLAI, MENDELSSOHN und
LESSING, besonders in den Literaturbriefen. LESSING zeigt die Grenzen zwischen Dichtkunst
und Malerei (Laokoon) und befreit sie damit von der Bevormundung durch die Bildkunst seit
dem horazischen >ut pictura poesis<. Er erhellt in der Hamburgischen Dramaturgie die
dramatischen Gattungsgesetze aus der Auffassung von der Dichtung als Organ des
Weltverständnisses. Gleichzeitig entsteht die Ästhetik als eigene Disziplin.

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• Von Sturm und Drang bis zur Romantik:

• Der Sturm und Drang überwindet endgültig die Nachahmungstheorie und die Regel setzende
und lehrende Poetik zugunsten der Deutung aus dem Geniebegriff (eng. SHAFTESBURY,
POPE, YOUNG, dt. HERDER, HAMANN und LENZ), da der Künstler aus der Eingebung eine
eigene, einmalige und aus sich heraus wachsende Welt schafft, nicht nachahmt. Diese
Erkenntnis bleibt Grundlage der sich nunmehr nur noch mit den Stilrichtungen wandelnden
Poetik. Die Poetik der deutschen Klassik beruht weniger auf dem franzözischen Klassizismus
als auf dem Antike-Erlebnis WINCKELMANNS als einem überzeitlichen und allgemein gültigen
Kunstideal mit dem Streben nach Maß, Harmonie und Abrundung. Sie findet Niederschlag in
SCHILLERS theoretischen Schriften (Über Anmut und Würde, Über naive und sentimentalische
Dichtung) und Rezensionen (Ober Bürgers Gedichte), in GOETHES verschiedenen Aufsätzen
(Einleitung zu den Propyläen u.a.), K. Ph. MORITZ Schrift Über die bildende Nachahmung des
Schönen 1786 und den Schriften Wilhelm v. HUMBOLDTS (Ästhetische Versuche, Über
Goethes Hermann und Dorothea) mit Forderung dichterischer Objektivität. Gegenüber der
strengen Gattungstrennung der Klassik erstrebt die Romantik eine progressive Universalpoesie
und hebt die Grenzen der Künste und Dichtarten auf zugunsten eines einzig Werdenden, dem
Stimmung und Eingebung mehr bedeuten als das Werk selbst (Aphorismen der Brüder
SCHLEGEL im Athenäum, deren Berliner Vorlesungen, NOVALIS, JEAN FAUL).

• Das 19. und das 20. Jahrhundert:

• Die Poetik des Jungen Deutschlands strebt bewußt nach Tendenz und Aktualität der Dichtung
im Gegensatz zur Zeitlosigkeit des Idealismus: WIENBARG, BORNE, MUNDT. Seit dem
Realismus, der wieder von der Tagesgebundenheit der Dichtung abrückt, erhält die Poetik die
Neigung zu philosophischer Spekulation und wissenschaftlich gedanklicher Untermauerung der
Gattungen und der Kunst überhaupt. Eine Reihe großer Dichter treibt die Besinnung über

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Wesen und Aufgaben der Dichtung voran: HEBBEL, O. LUDWIG, R. WAGNER bemühen sich
um das Wesen des Tragischen, die Poetiker des Naturalismus (ZOLA, K. BLEIBTREU, W.
BOLSCHE) fordern unter Eindruck des Positivismus präzise Wirklichkeitskopie; als letzte
Verfeinerung dichterischer Technik, Neuklassizismus und Symbolismus dagegen erneuern die
Formenstrenge, der George Kreis gibt dem formstrengen und alltagsfernen Dichtertum eine
priesterliche Weihe; in Frankreich verkünden die Parnassiens das Prinzip des L'art pour I'art,
und auch der Expressionismus schafft sich eine eigene Poetik. Neben diesen Bemühungen der
Dichter selbst um Darstellung von Wesen und Gesetzen ihrer Kunst, im 20.Jh. fortgeführt bei
BENN, BRECHT, BECHER, u. a., steht seit dem 19, Jh. die wissenschaftliche Poetik als
allgemeiner theoretischer Teil der Literaturwissenschaft, zuerst empirisch bei W. SCHERER
1888, dann mehr geisteswissenschaftlich bei W. DILTHEY u. a. hierbei ergeben sich ähnliche
Richtungen wie in der Literaturwissenschaft. Ihr Aufgabenbereich ist etwa: Abgrenzung des
Begriffs Dichtung in der Sprache allgemein, ihre Beziehungen zu anderen Künsten (Malerei und
Musik) und Geisteshaltungen (Religion, Philosophie), schließlich Brauchtum als Grundlage
einer Wesensbestimmung, Stoff-Form-Problem, immanente Gattungsgesetze, Eigenleben und
Wirkung der Dichtung. Neuerdings versucht E. STAIGER eine Gattungspoetik aufgrund der
Phänomene des Lyrischen, Epischen und Dramatischen.„

Siehe dazu auch:


• Albert Meier: Poetik in: Heinz Ludwig Arnold u. Heinrich Detering (Hrsg.): Grundzüge der
Literaturwissenschaft, München 2003, S.205-218.

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BITTE MERKEN SIE!
Gattung ist die Klassifikation literarischer Werke auf der Grundlage formaler
struktureller und kommunikationsästhetischer Analogie in Gruppen. Ziel dieser
Klassifikation ist die Reduzierung der Vielfalt der Erscheinungswesen von
Literatur.
Unter literarische bzw. poetische Gattung versteht man zwei Klassifikationsfelder:
1. die drei Naturformen der Poesie Epik, Lyrik, Drama. und 2. die Unterteilung
dieser drei Grundgattungen in Dichtarten wie z.B. Hymne, Sonett, Briefroman,
Abenteuerroman usw.
Die Theorie der Textproduktion, in deren Rahmen der Begriff der literarischen
Gattung entstanden ist, heißt Poetik. Sie ist eine Disziplin, die sich mit der
Literatur, ihre Gattungen, Stilmitteln, Themen ihre Entstehung und Wirkung
befasst. Neben der Poetik gibt es eine weitere Theorie der Textproduktion, die
man Rhetorik nennt und die zunächst als eine Theorie der öffentlichen Redekunst
konzipiert war.
Poetik ist "die Lehre und Wissenschaft von Wesen, Gattungen und Formen der
Dichtung sowie den ihnen eigenen Gehalten und Darstellungsmitteln; als Theorie
der Dichtkunst ist sie Kernstück der Literaturwissenschaft und Teil der Ästhetik,
doch ebenso Voraussetzung für die Literaturgeschichte und die Literaturkritik

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