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Musik

Wie geht das?


© M. Pérez García 2020
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Kapitel 4 :
Die Musikweltordnung
Tonarten (Teil 1)
© M. Pérez García 2020
Hierarchisierte Töne…
Im Kapitel 1 hast du gelernt, dass die westliche Musik überwiegend auf den Dur-
und Molltonleitern baut. Darum wird das westliche Tonsystem als Dur-Moll-
Tonalität bezeichnet.
Nun, laut der Dur-Moll-Tonalität sind nicht alle Töne einer Komposition
gleichrangig. Es besteht eine Hierarchie, und diese wird von der Tonart vorgegeben.
Tonarten sind sozusagen die Königsreiche, in denen die Handlung der Musikstücke
spielt. In jedem „Königsreich“ gibt es unterschiedlich mächtige und voneinander
abhängige Töne. Diese Ordnung, die wir meist nur unbewusst wahrnehmen, macht
die westliche Musik für uns begreiflich. Denn ebendiese Ordnung bildet seit
mehreren Jahrhunderten ihr Geheimrezept…
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Schritt für Schritt…
Tonarten tragen die Namen der Tonleiter, die ihre Besetzung ausmachen, also heißen die verschiedenen Tonarten C-
Dur, C-Moll, Cis-Dur, Cis-Moll, D-Dur, D-Moll…
Wir können die Sache auch andersrum sehen:
Eine Tonleiter ist die Aneinanderreihung der Tonbesetzung einer Tonart nach steigender Tonhöhe.

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Die Ausrüstung der Tonarten
Jede Tonart ist mit so vielen Kreuzen und Bes ausgerüstet, wie die entsprechende Tonleiter braucht, um die für Dur bzw.
Moll kennzeichnende Verteilung von Ganz- und Halbtönen sicherzustellen. Mit Kreuzen werden die Töne um einen Halbton
nach oben, mit Bes um einen Halbton nach unten versetzt. Wie du weißt, sind die Ganz- und Halbtöne in den Dur-
Tonleitern folgendermaßen verteilt: GT GT HT GT GT GT HT
Also brauchst du, um z.B. in D-Dur zu musizieren: Und um in Es-Dur zu musizieren…? Rechne es sellber aus!

Tipp: Hier wirst du Bes statt Kreuze brauchen,


beginnend mit Es !
fis & cis
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In den Molltonleitern sieht die Ganz- und Halbtonverteilung folgendermaßen aus:

GT HT GT GT HT GT GT

Also brauchst z.B. für G-Moll… Und für H-Moll…


Tipp: Hier wirst du zwei Bes brauchen, damit die Tipp: Hier wirst du zwei Kreuze brauchen !
untenstehende Verteilung von Ganz- und Halbtönen stimmt.

GT HT GT GT HT GT GT GT HT GT GT HT GT GT

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Das Vorzeichen
Die Kreuze bzw. Bes, die eine Tonart als „Rüstung“ braucht, stehen in
den Musiknoten am Anfang jedes Notensystems, unmittelbar hinter
dem Notenschlüssel und auf der genauen Höhe der Töne, die sie
betreffen (d.h., das Viereck mitten im # bzw. der Bauch vom b
kommen auf die jeweilige Linie oder in den jeweiligen Zwischenraum).
Dieser Hinweis wird Vorzeichen genannt.
Dank des Vorzeichens müssen mitten in der Partitur vor jenen Tönen,
(Kreuze für fis und cis) die laut der jeweiligen Tonart ein Kreuz oder Be brauchen, keine
Kreuze oder Bes gesetzt werden. Dies vereinfacht das Notenbild enorm,
sieht allerdings voraus, dass die Musiker das Vorzeichen beachten!
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Ordne folgende Vorzeichen den Tonleitern in den Folien 5 und 6 zu. (Achte darauf, wo das Viereck bzw. der
Bauch der Kreuze und Bes liegt, um festzustellen, welche Noten durch diese Vorzeichen versetzt werden!)

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Es gibt ja ähnlich viele Tonleiter, wie es Töne gibt. So gibt es auch genauso viele Tonarten,
wie es Tonleiter gibt!

12 Töne 12 Dur-Tonleiter & 12 Moll-Tonleiter

12 Dur-Tonarten 12 Moll-Tonarten

24 Tonarten
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Als Folge davon…
gibt es pro Dur-Tonart immer eine Moll-Tonart, die ähnlich viele Kreuze
oder Bes im Vorzeichen hat.
Tonarten, die sich ein Vorzeichen teilen, heißen parallele Tonarten. Die Moll-
Parallele einer gegebenen Dur-Tonart liegt immer eine kleine Terz darunter,
bzw. die Dur-Parallele einer gegebenen Moll-Tonart liegt immer eine kleine
Terz darüber.
Du kennst schon zwei parallele Tonarten: C-Dur und A-Moll haben beide
ein leeres Vorzeichen und liegen eine kleine Terz voneinander entfernt!

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Unter den Beispielen in den Folien 5 und 6 sind
zwei Paralleltonarten. Welche?

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Jetzt kommt es zur
Machtverteilung…
Wie die Töne einer Dur- oder Moll-Tonleiter genau heißen, hängt davon ab, mit welchem Ton die Tonleiter beginnt.
Aber unabhängig davon, wie diese Töne heißen, sind es immer 7. Also besteht jede Dur- und Moll-Tonleiter aus 7
STUFEN.
Die Stufen der Tonleiter werden mit den römischen Zahlen I bis VII nummeriert.
I II III IV V VI VII
Diese Stufen haben außerdem im Kontext der Tonarten verschiedene Funktionen und bekommen dafür bestimmte
Bezeichnungen. Die wichtigsten Rollen spielen die Tonika (I. Stufe), die Dominante (V) und die Subdominante (IV).
Das Schöne an dieser Nummerierung und an diesen Bezeichnungen ist, dass sie nicht absolut, sondern relativ sind. Sie
sind also nicht an die Töne von C-Dur gebunden, sondern bleiben in allen Tonarten gleich. Einfachheitshalber werden
wir aber, wie gehabt, für alle Dur-Beispiele in diesem Kapitel C-Dur, für alle Moll-Beispiele A-Moll nehmen.
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Warum sind
die Stufen I, V
und IV am
Wichtigsten?
Dies hat mit der Tatsache zu tun, dass es
innerhalb der Dur- und Moll-Tonleitern
zwei Halbtonschritte gibt…
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Die Tonika: das tonale Zentrum
Die erste Stufe einer Tonleiter bildet den Grundton der entsprechenden Tonart. Der Grundton kristallisiert sich als
tonales Zentrum oder „Tonika“, weil er wie ein Magnet eine sehr starke Anziehungskraft auf den vorherigen Ton,
also auf die VII. Stufe, ausübt. Grund dafür ist, dass die VII. Stufe nur ein Halbton von der I. Stufe entfernt ist.
Wegen der physikalische Nähe neigt halt die VII. Stufe stark zur I. Also wird meistens, wenn die VII. Stufe erklingt,
eine Spannung gebaut, die nur aufgelöst werden kann, wenn darauf die I. Stufe folgt. Dann haben wir das Gefühl,
dass wir wieder zu Hause sind und können uns (wenigstens kurz) entspannen. Aus dieser Abhängigkeitsbeziehung
stammt auch die Bezeichnung der VII. Stufe: Diese heißt Leitton, weil sie in der Regel zur Tonika leitet oder führt.

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Zusammengefasst: Der Leitton (VII) erzeugt Unstabilität und dadurch auch Spannung, mit der
Tonika kommen wir zur Ruhe. Dieses Spielchen wiederholt sich IMMER WIEDER in der
westlichen Musik!

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An dieser Stelle müssen wir auf noch einen wichtigen Aspekt der Stufen eingehen: Im Zusammenhang
mit den Tonarten sind mit den Stufen nicht so sehr die einzelnen Töne der jeweiligen Tonleiter gemeint
wie die Akkorde, die darauf bauen. Die erste Stufe oder Tonika in C-Dur ist also nicht nur C, sondern
vielmehr der C-Dur-Akkord (C-E-G). Die siebte Stufe in C-Dur ist nicht nur H, sondern eher der
beunruhigende verminderte Akkord, der auf H baut (H-D-F).

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So betrachtet, haben wir zwischen der ersten und der
siebten Stufe der Dur-Tonleitern nicht nur einen
Magnetpol, denn es gibt in dieser Akkordfolge einen
weiteren Halbtonschritt: den absteigenden Halbtonschritt
zwischen dem F im verminderten Akkord über H und
dem E im C-Dur-Akkord. Somit gibt es neben dem
Leitton (in C Dur, H) auch einen Gleitton (In C Dur, F)!

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Die Farbe der Tonika
Wichtig ist der immer wiederkehrende Tonika-Akkord auch deshalb,
weil seine untere Terz den Charakter eines Stückes bestimmt.
Spielt die musikalische Aktion in einer Dur-Tonart, ist die untere Terz
des Tonika-Akkords groß, was für einen hellen und fröhlichen
Charakter sorgt. Spielt die Aktion in einer Moll-Tonart, ist die untere
Terz des Akkords klein, wodurch ein dunkler Klang erzeugt wird. Die
untere Terz im Tonika-Akkord ist also farbgebend, sie entscheidet über
die allgemein herrschende Stimmung.

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Die Dominante
Die V. Stufe ist als Dominante bekannt, was so viel heißt wie „Herrschende“.
Und zwar, weil der Dominantakkord ungefähr so oft wie die Tonika erklingt
und somit vorherrscht. Außerdem hat der Dominantakkord auch seine
Ansprüche, denn er verlangt, wie die VII. Stufe, die Auflösung in die Tonika.
Dies ist kein Zufall: Im Dominantakkord ist der Leitton enthalten!
Dazu kommt, dass die Dominante oft nicht als Dreiklang, sondern als
Vierklang erscheint. Wir haben dann mit dem Dominantseptakkord zu tun,
der dir im Kapitel 3 vorgestellt worden ist. Im Dominantseptakkord ist der
ganze verminderte Akkord der VII. Stufe enthalten, also haben wir auch hier
zwei Töne, die unbedingt zum Tonika-Akkord wollen (in C-Dur H und F).

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Die V. und die VII. Stufe haben letztendlich die gleichen Eigenschaften
und dementsprechend eine und dieselbe Funktion:
Sie sind extrem energiegeladen und treiben die Musik voran. Sie sind
der Motor der westlichen Musik.

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Aber… in den Moll-Tonleitern besteht doch ein Ganzton zwischen der siebten Stufe und der Tonika! Entfällt
deswegen in den Moll-Tonarten das Spannung-Entspannung-Spiel?
GT

In der Theorie, ja, in der Praxis, nein. Denn in der Praxis leihen sich die Moll-Tonarten den Dominant-
Akkord von den gleichnamigen Dur-Tonarten. Deshalb kommt in den Noten von Moll-Kompositionen immer
wieder ein Versetzungszeichen vor der siebten Stufe vor. Auf dieser Weise bleibt der Leitton bestehen.

So sieht dann der Dominantseptakkord von A-Moll aus:

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Kadenzen: die Satzzeichen der Musik
Wenn auf ein Dominantakkord ein Tonika-Akkord folgt, kommt es in der Musik oft auf eine Art Halt oder Ruhepunkt.
Dies wird authentischer Schluss oder authentische Kadenz genannt. Authentische Schlüsse sind also Akkordfolgen, die
dazu dienen, ein Musikstück zu gliedern oder zu beenden. Sie setzen Punkte in die Musik.

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Authentische Schlüsse können vollkommen oder unvollkommen sein.

Vollkommen sind sie, wenn sowohl der Dominant- als auch der
Tonika-Akkord in ihrer Grundstellung erscheinen (also ohne
Umkehrung) und wenn im Zielakkord die Tonika nicht nur im Bass
ist, sondern in der obersten Stimme wiederholt wird (dies nennt
man Oktavlage).

In allen anderen Fällen sind authentische Schlüsse


unvollkommen und verlieren dadurch an
Schlusswirkung.

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Mündet die Dominante immer in die Tonika?

Nein, nicht immer! Denn dann würde die Musik zu vorhersehbar werden…

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Ein Halt kann auch mit dem Dominant-Akkord erreicht werden. Dann bleibt die Handlung hängen… Dies
schafft eine Unterbrechung des musikalischen Flusses und weckt die Erwartung, dass er wieder
aufgenommen wird. Es ist ungefähr so, wie wenn Werbung mitten in einem spannenden Moment vom Film
kommt. In der Musik nennt man dies Halbschluss. Meistens dürfen wir uns aber im Anschluss an einem
Halbschluss und nach einer kurzen Pause wieder über die Tonika freuen.
Der Halbschluss ist mit einem Doppelpunkt oder mit „Punkt Punkt Punkt“ vergleichbar.

Halbschluss in C-Dur:

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Der Trugschluss
Noch spannender ist der Trugschluss. Hierbei mündet der
Dominantakkord unerwartet in einen anderen Akkord als die
Tonika. Oft landen wir dann bei der sexten Stufe, die wir im Fall
der Dur-Tonarten auch als Tonikaparallele begreifen können.
Durch Trugschlüsse wird der Spannungsbogen länger gezogen
und der Gefühlsausdruck intensiviert.

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Und die Subdominante (IV)
Die vierte Stufe dürfen wir nicht vergessen! Diese
heißt aufgrund ihrer Lage Subdominante und geht
oft in den Kadenzen der Dominante voraus, um
die Spannung progressiv aufzubauen. Denn
Grundton der Subdominante ist ja der Gleitton,
der sich auch, obgleich mit weniger Wucht als die
Dominante, nach der Tonika sehnt.

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Der Plagalschluss
Unabhängig von der Dominante bildet die Subdominante zusammen mit der Tonika auch
einen eigenen Schluss, den man Plagalschluss oder auch Kirchenschluss nennt, weil er oft
in der Kirchenmusik verwendet wird. Die Spannung, die zwischen der Subdominante und
der Tonika entsteht, ist lange nicht so groß, wie die, welche die Dominante erzeugt. Zum
einen, weil der Gleitton nicht so instabil ist wie der Leitton, zum anderen, weil im
Subdominantakkord die Tonika enthalten ist. Dadurch klingt der Plagalschluss sanfter und
flacher als der authentische Schluss. Es ist die Akkordfolge des Amens.

Wie die Tonika und die Dominante, ist in den Dur-Tonarten die
Subdominante ein Dur-Akkord, der somit Helligkeit mit sich bringt.

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Übrigens…
Ein Musikstück muss nicht durchgehend in derselben Tonart bleiben. Es ist
möglich, von einer Tonart in eine andere zu reisen. Dies nennt man
Tonartwechsel oder Modulation. Es können auch mehrere Modulationen
innerhalb eines Stückes stattfinden. In der Regel kehrt man aber am Ende
zurück in die Heimat, also zur Grundtonart.

Am häufigsten wird nach benachbarten Tonarten gereist. Das sind Tonarten, die das
gleiche Vorzeichen oder einen sehr ähnlichen haben. Von Moll-Tonarten aus fährt man
gerne in die Dur-Parallele, von Dur-Tonarten aus in die Tonart der Dominante, die
entweder ein Kreuz mehr oder ein Be weniger im Vorzeichen hat.
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Tonartwechsel erkennt man daran, dass ab einem bestimmten Punkt in der Partitur die für die neue Tonart
kennzeichnenden Versetzungszeichen gehäuft auftreten. Noch leichter lässt sich eine Modulation feststellen, wenn sie von
einem vertikalen Doppelstrich und einem neuen Vorzeichen eingeleitet wird. Dies ist aber eher selten der Fall.
Ein Versetzungszeichen in einer Partitur bedeutet aber nicht automatisch, dass ein Tonartwechsel stattgefunden
hat. Es ist möglich, für ein paar Zählzeiten in eine andere Tonart auszuweichen, ohne dass sich diese durchsetzt.
So ähnlich wie wenn wir aus einen Flughafen im Ausland nicht herauskommen!
Bei Moll-Tonarten wird, wie du schon weißt, die siebte Stufe sehr häufig versetzt, damit sie als
Leitton fungieren kann. Auch dies bedeutet keinerlei Modulation!

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Nun bist du wirklich
Expert*in für Musiktheorie!

Im zweiten Teil des werden die Inhalte, die


du im Laufe dieser Entdeckungsreise gelernt
hast, anhand eines klassischen und eines
modernen Stücks veranschaulicht.
Also…

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jetzt kannst du dich entspannen!
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