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Übung Externes Rechnungswesen WS 2019/2020

Lösungsskizze zu Aufgabenblatt 1

Aufgabe 1

Entscheiden Sie, ob in den folgenden Fällen eine Buchführungspflicht besteht oder nicht. Be-
gründen Sie Ihre Antwort mit den entsprechenden Rechtsnormen!

a) Herr X betreibt ein kleines Einzelunternehmen. Er hat keine Angestellten und ist mit sei-
ner Arbeit völlig überlastet und führt daher keine Bücher. Darf Herr X auf die Buchführung
verzichten?

- gem. § 238 (1) S. 1 HGB muss jeder Kaufmann Bücher führen

- ein Kaufmann ist gem. § 1 (1) HGB Betreiber eines Handelsgewerbes. Ein Handelsge-
werbe ist gem. § 1 (2) HGB jeder Gewerbebetrieb, außer wenn nach Art und Umfang ein
in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist. Das be-
deutet, dass sich Handelsgewerbe durch eine andauernde, selbständige Tätigkeit mit
Gewinnabzielungsabsicht auszeichnen mit Ausnahme freier Berufe (bspw. Arzt, Rechts-
anwalt etc.); eine Eintragung ins Handelsregister hat nur deklaratorische Wirkung.

 Herr X ist Einzelunternehmer und damit Kaufmann i. S. d. § 1 HGB. Damit besteht gem. §
238 HGB Buchführungspflicht. Evtl. kann er sich von der Buchführungspflicht befreien
lassen, wenn er die Größenkriterien gem. § 241a HGB erfüllt.

b) Herr Y betreibt ein Handelsgewerbe*, ist aber kein Kaufmann gem. § 1 HGB und damit
nicht buchführungspflichtig. Jedoch ist er gewillt Bücher zu führen, um gegenüber sei-
nem Geschäftspartner seriös zu erscheinen. Kann er zum Kaufmann werden?

* Annahme: Das Unternehmen erfordert nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer
Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (§ 1 (2) HGB). Folglich handelt es sich hier nicht
schon um einen Ist-Kaufmann.

 Ja. Gemäß § 2 HGB kann er durch die Eintragung ins Handelsregister Kaufmann werden.
Des Weiteren findet § 5 HGB Anwendung.

c) Herr Z ist freiberuflicher Tierarzt. Er betreibt sein Unternehmen mit Gewinnerzielungsab-


sicht. Aufgrund dessen ist er unschlüssig, ob er buchführungspflichtig ist.

 Freiberufler sind keine Gewerbetreibende und folglich keine Kaufleute im Sinne des HGB.

d) Die XYZ GmbH, die Unternehmens- und Steuerberatung betreibt, fragt sich, ob Sie nicht
wegen ihrer nicht gewerblichen Geschäftstätigkeit auf die Buchführung verzichten kann.

 Das ist nicht möglich. Eine GmbH ist als Handelsgesellschaft gem. § 6 HGB eine Gesell-
schaft, die Handelsgewerbe betreibt und deshalb als solche „Formkaufmann“ ist.

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e) Herr Z betreibt einen Textileinzelhandel und beschäftigt 6 Mitarbeiter. Sein Umsatz be-
trägt in diesem Jahr 700.000 € und er erzielte einen Jahresüberschuss von 65.000 €. Ist
Herr Z zur Buchführung verpflichtet?

 Ja, Herr Z ist buchführungspflichtig, da er Kaufmann i. S. d. HGB ist. Eine Befreiung von
der Buchführungspflicht gem. § 241a HGB liegt nicht vor, da die entsprechenden Größen-
merkmale nicht erfüllt sind.

Aufgabe 2

Entscheiden Sie jeweils, ob die nachfolgenden Aussagen wahr oder falsch sind. Begründen Sie
Ihre Antwort kurz. Sie können ihre Entscheidung verbal oder anhand von Buchungssätzen oder
Paragraphen aus dem HGB begründen. Geben Sie die Paragraphen so präzise wie möglich an.
a) „In der Bilanz ist das Anlagevermögen vor dem Umlaufvermögen und Rückstellungen
nach dem Eigenkapital und vor den Verbindlichkeiten auszuweisen.“

- Gliederung der Bilanz gem. § 266 HGB

Aktiva Bilanz zum .... ( T€) Passiva

A. Anlagevermögen A. Eigenkapital (vereinfacht)


I. Immaterielle Vermögensgegenstände
II. Sachanlagen B. Rückstellungen
III. Finanzanlagen
C. Verbindlichkeiten
B. Umlaufvermögen - Langfristige Verbindlichkeiten
I. Vorräte - Kurzfristige Verbindlichkeiten
II. Forderungen und sonstige
Vermögensgegenstände
III. Wertpapiere
IV. Liquide Mittel
… ...

Bilanzsumme Bilanzsumme

Aktivseite Passivseite

nach Liquidierbarkeit geordnet nach Fristigkeit geordnet

MITTELVERWENDUNG MITTELHERKUNFT

 Die Aussage ist richtig, siehe § 266 (2) HGB und § 266 (3) HGB.
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b) „Sowohl das interne als auch das externe Rechnungswesen verfolgen die gleichen Jah-
resabschlusszwecke.“

Rechnungswesen

externes Rechnungswesen internes Rechnungswesen

= financial accounting = management accounting

Funktionen: Funktionen:
- Ausschüttungsbemessung - Kostenrechnung
- Steuerbemessung (Steuerbilanz) - Planungsrechnung
- Dokumentation - Vergleichsrechnungen
- Information → Fundierung unternehmerischer
Entscheidungen

nach außen gerichtet: nach innen gerichtet:

- Gesellschafter - Management/ Unternehmen


- Gläubiger
- Öffentlichkeit
- Kunden / Lieferanten
- Staat …

gesetzliche Bestimmungen frei gestaltbar

 Die Aussage ist falsch. Beide erfüllen zwar eine Informationsfunktion, beim internen Rech-
nungswesen ist diese jedoch nach innen gerichtet und dient als Grundlage für unterneh-
merische Entscheidungen des Managements. Das externe Rechnungswesen hingegen soll
vor allem externe Interessierte über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unter-
nehmens informieren.

c) „In der Bilanz wird die Aktivseite nach Fristigkeit und die Passivseite nach Liquidierbarkeit
geordnet.“

 Die Aussage ist falsch, es ist genau anders herum (§ 266 HGB).
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Aufgabe 3

a) Was sind die gesetzlich kodifizierten Pflicht- und Wahlbestandteile des Jahresabschlusses folgender Gesellschaften? Sind weitere Berichte aufzu-
stellen?

Kaufleute nach §§ 1 – 7 HGB

Einzelkaufleute und Kapitalgesellschaften


Personengesellschaften

Kleiner sonstige groß nach § 1 Kleinstkapital- klein nach § 267 mittel nach § 267 groß nach § 267
Einzelkaufmann (1) PublG: gesellschaften HGB: HGB: HGB:
nach § 241a BS > 65 Mio. € nach § 267a HGB: BS  6,00 Mio. € BS  20,00 Mio. € BS > 20,00 Mio. €
HGB: UE > 130 Mio. € BS  350.000 € UE  12,00 Mio.€ UE  40,00 Mio.€ UE > 40,00 Mio.€
UE < 600.000 € AN > 5.000 UE  700.000 € AN  50 AN  250 AN > 250
JÜ < 60.000€ Erfüllung von 2 AN  10 Erfüllung von 2 Erfüllung von 2 Erfüllung von 2 Krit .
Erfüllung beider Erfüllung von 2 Kriterien in 2 Kriterien in 2 in 2 aufeinander
Kriterien in 3
Kriterien in 2 Kriterien in 2 aufeinander aufeinander folgenden GJ
aufeinander
aufeinander aufeinander folgenden GJ folgenden GJ und alle kapital -
folgenden GJ
folgenden GJ folgenden GJ marktorientierten

von Bilanz (nach Bilanz (nach Bilanz(verkürzt Bilanz (verkürzt Bilanz Bilanz
Buchführungs - § 247 HGB) § 264 ff.) nach § 266 (1) S. 4 nach § 266 (1) S. 3 GuV (verkürzt nach § GuV
und Bilanzie - GuV GuV HGB) HGB) 276 S. 1 HGB) Anhang
rungspflichten GuV (verkürzt GuV (verkürzt Anhang (verkürzt) Lagebericht
befreit nach § 275 (5) nach § 276 S. 1 u. Lagebericht + Kapitalfluss-
HGB) 2 HGB) rechnung
Anhang (verkürzt) + EK-Spiegel

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i. Einzelkaufmann mit Umsatzerlösen von 350.000 € und 46.000 € Jahresüberschuss


in diesem Jahr. In den Vorjahren waren die Werte geringer.

- Kleine Einzelkaufleute sind nach § 241a HGB i.V.m. 242 (4) HGB von der Rech-
nungslegung nach HGB befreit. Der Kaufmann in unserem Beispiel erfüllt die ent-
sprechenden Größenkriterien und muss daher keinen Jahresabschluss aufstellen.

ii. Die Autoreifen OHG mit den Gesellschaftern Peter Müller, Hans Huber und Katrin
Maus mit einer Bilanzsumme von 66 Mio. € und Umsatzerlösen von 150 Mio. € pro
Jahr in den letzten 3 Jahren, die 5.500 Arbeitnehmer beschäftigt.

- Differenzierung der Rechnungslegung nach den Größenklassen des § 267 HGB gilt
nur für Kapitalgesellschaften.
- ABER: Gem. § 264a HGB gelten die Vorschriften des Ersten bis Fünften Unterab-
schnitts des Zweiten Abschnitts (§§ 264 bis 330 HGB) auch für OHGs und KGs, an
der nicht mittelbar oder unmittelbar eine natürliche Person als persönlich haftender
Gesellschafter beteiligt ist.

- An der Personengesellschaft ist eine natürliche Person mittelbar oder unmittelbar


als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt:
▪ Hier gelten die allgemeinen Regeln für Einzelkaufleute und normale Perso-
nenhandelsgesellschaften.
▪ In diesem Fall ist die Gesellschaft nach den Größenklassen des § 1 (1) PublG
eine große Personengesellschaft. Es ergeben sich erweitere Rechnungsle-
gungspflichten.
▪ Nach § 5 Abs. 1 PublG muss das Unternehmen eine Bilanz nach § 266 HGB
und eine GuV nach § 275 HGB erstellen.

- Ansonsten: Pflicht zur Aufstellung einer Bilanz, GuV, Anhang, da gem. § 264a HGB
wie große Kapitalgesellschaft nach § 267 HGB behandelt.

iii. Eine Kapitalgesellschaft wies in den letzten beiden Jahren jeweils eine Bilanzsumme
von 25 Mio. €, Umsatzerlöse von 30 Mio. € und eine Mitarbeiterzahl von 300 auf.

- Die Gesellschaft ist nach den Größenklassen des § 267 HGB eine große Kapitalge-
sellschaft.
- Nach § 264 (1) HGB muss der Jahresabschluss eine Bilanz, eine GuV und einen An-
hang umfassen. Zusätzlich ist ein Lagebericht aufzustellen, dieser ist aber nicht Teil
des Jahresabschlusses.
- Wenn es sich um eine kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft i. S. v. § 264d
HGB handelt, könnten sich weitere Rechnungslegungspflichten ergeben (siehe Auf-
gabe iv). Darauf gibt es hier aber keinen Hinweis.

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iv. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft, die in 01 eine Bilanzsumme von 4 Mio. €


und Umsatzerlöse von 9 Mio. € auswies und dabei 28 Arbeitnehmer beschäftigte. In
02 stieg die Bilanzsumme auf 4,5 Mio. € und die Umsatzerlöse auf 10 Mio. € bei
gleichbleibender Beschäftigung. Die Gesellschaft ist nicht zur Aufstellung eines Kon-
zernabschlusses verpflichtet.

- Nach den Größenkriterien des § 267 HGB handelt es sich um eine kleine Kapitalge-
sellschaft. Daher müsste sie nach § 264 (1) HGB den Jahresabschluss um einen An-
hang erweitern. Von der Aufstellung eines Lageberichts wäre die Gesellschaft be-
freit (§ 264 (1) S. 4 HGB).
- ABER: Da es sich um eine kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft handelt (Le-
galdefinition § 264d HGB), ist sie wie eine große Kapitalgesellschaft zu behandeln
(§ 267 (3) S. 2 HGB).
▪ Nach 264 (1) HGB besteht der Jahresabschluss dieser Gesellschaft daher
aus Bilanz, GuV und einem Anhang. Es ist zusätzlich zum Jahresabschluss
ein Lagebericht aufzustellen (§ 264 (1) S. 1 HGB).
▪ Da diese kapitalmarktorientierte Gesellschaft nicht zur Aufstellung eines
Konzernabschlusses verpflichtet ist, muss der Jahresabschluss dazu um eine
Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel erweitert werden (§ 264
(1) S. 2 HGB).
▪ Die Erweiterung um eine Segmentberichterstattung ist freiwillig (§ 264 (1)
S. 2 HGB).

v. Eine Kapitalgesellschaft, die 01 gegründet wurde und folgende Eigenschaften be-


sitzt:

Jahr Bilanzsumme Umsatzerlöse Arbeitnehmer

01 4,7 Mio. € 15 Mio. € 48

02 11 Mio. € 32 Mio. € 76

03 25 Mio. € 41 Mio. € 112

- 01:
▪ Die Kapitalgesellschaft ist als klein einzuordnen (§ 267 (1) HGB).
▪ Nach § 267 (4) Satz 2 HGB kann das Unternehmen gleich im ersten Jahr der
Neugründung von den Erleichterungen profitieren und muss nur eine ver-
kürzte Bilanz, eine verkürzte GuV und einen verkürzten Anhang erstellen.

- 02:
▪ Die Kapitalgesellschaft ist als mittelgroß einzuordnen (§ 267 (2) HGB).
▪ Allerdings wurden die Grenzen für eine kleine Kapitalgesellschaft erst in die-
sen Jahr (nicht 2 Jahre in Folge) überschritten; die Kapitalgesellschaft ist da-
her weiterhin als klein zu behandeln (§ 267 (4) Satz 1 HGB) und muss somit

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nur eine verkürzte Bilanz, eine verkürzte GuV und einen verkürzten Anhang
erstellen.

- 03:
▪ Die Kapitalgesellschaft ist als groß einzuordnen (§ 267 (3) HGB).
▪ Es wurden nun 2 Jahre in Folge die Grenzen für eine kleine Kapitalgesell-
schaft überschritten, die Grenzen für eine mittelgroße Kapitalgesellschaft
wurden hingegen erst einmal überschritten.
▪ Die Kapitalgesellschaft ist daher als mittelgroß zu behandeln und muss in
diesem Jahr eine Bilanz, eine verkürzte GuV, einen verkürzten Anhang er-
stellen und einen Lagebericht erstellen.

b) Warum gelten für Kapitalgesellschaften strengere Bilanzierungsregeln?

Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung der Eigentümer auf deren Einlage beschränkt.
Außerdem erfolgt häufig eine Trennung von Geschäftsführern und Eigenkapitalgebern.
Dadurch haben außenstehende Kapitalgeber (Gläubiger) eine erhöhte Schutzbedürftig-
keit im Vergleich zu den Gläubigern einer Personenhandelsgesellschaft (bei denen i.d.R.
mindestens ein vollhaftender Gesellschafter vorhanden ist).

Aufgabe 4 [Hausaufgabe]

1. In welcher Sprache kann die Buchführung mit Ausnahme des Jahresabschlusses erfolgen?
A) Altgriechisch
B) Französisch → §239 HGB
C) Latein

2. Was heißt „GoB“?


A) Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung
B) Grundsatz ordentlicher Beweisführung
C) Grundsatz ordnungsgemäße Belegführung

3. Welche Aufgabe hat das betriebliche Rechnungswesen in einem Betrieb?


A) Es dient zur Ermittlung von Absatzpreisen.
B) Es ermittelt den Gewinn oder Verlust. → §242 HGB
C) Kontrollmittel des Staates zur Überwachung der Betriebe.

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4. Können Buchungsbelege zur Aufbewahrung digitalisiert und auf einem Datenträger gespei-
chert werden?
A) Alle außer Lohnzahlungsunterlagen können digitalisiert werden.
B) Ja, das ist nach der HGB zulässig. → §239 (4) HGB
C) Nein, das ist nach der HGB nicht zulässig.

5. Unter einer handelsrechtlichen Buchführungspflicht versteht man,


A) dass Bücher nur von Buchhaltern geführt werden dürfen.
B) dass jeder Kaufmann verpflichtet ist, seine Bücher zu führen. → §238 HGB
C) dass jedes Unternehmen verpflichtet ist, seine Bücher zu führen.

6. Was versteht man im Rechnungswesen unter Erfolg?


A) Umsatz
B) Vermögen
C) Gewinn oder Verlust

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