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Vergleich vereinfachtes

Ertragswertverfahren und IDW


S1

1. Vereinfachtes Ertragswertverfahren
Bewertungen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren finden bei
steuerlichen Bewertungsanlässe Anwendung. Insbesondere wird das
vereinfachte Ertragswertverfahren bei der Bewertung von Unternehmen
oder Anteilen an Unternehmen im Rahmen der Bewertung für
erbschaftsteuerliche bzw. schenkungsteuerliche Zwecke eingesetzt.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist unabhängig von der Rechtsform


des Unternehmens anzuwenden. Das vereinfachte Ertragswertverfahren
kann folglich für Einzelunternehmen, Personengesellschaften und
Kapitalgesellschaften angewandt werden.

Die Bewertungsmethodik für das vereinfachte Ertragswertverfahren ist im


Bewertungsgesetz in den §§ 199 ff festgelegt. Charakteristisch für das
vereinfachte Ertragswertverfahren ist die Vergangenheitsbezogenheit.
Ausgangspunkt der Bewertung sind die Ergebnisse der vergangenen drei
Geschäftsjahre. Der durchschnittlich erwirtschaftete Ertrag der
vergangenen drei Geschäftsjahre stellt den Jahresertrag dar.

Bei bilanzierenden Unternehmen ist der Gewinn aus der Steuerbilanz der
Ausgangswert. Wird keine Bilanz erstellt sondern der Ertrag durch
Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, so ist der Ertrag nach der
Einnahmen-Überschussrechnung Ausgangspunkt für die Wertermittlung
nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren.

Die Ergebnisse der letzten drei Geschäftsjahre sind vor der


Durchschnittsbildung um bestimmte Faktoren zu bereinigen.

Die zu bereinigenden Faktoren beim vereinfachten Ertragswertverfahren


sind nachfolgend exemplarisch dargestellt:
A. Hinzurechnungen zum steuerlichen Betriebsergebnis im
Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens:
1. Investitionsabzugsbeträge

2. Sonderabschreibungen

3. Bewertungsabschläge

4. Zuführung zu steuerlichen Rücklagen

5. Teilwertabschreibungen

6. Außerplanmäßige Abschreibungen

7. Abschreibungen auf den Geschäfts- oder Firmenwert

8. Einmalige Veräußerungsverluste und außerordentliche


Aufwendungen

9. Im Gewinn nicht enthaltene Investitionszulagen, soweit in der


Zukunft nicht mit weiteren zulagenbegünstigte Investitionen in
gleichem Umfang gerechnet werden kann.

10. Ertragsteueraufwand (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag,


Gewerbesteuer)

11. Aufwendungen im Zusammenhang mit nicht


betriebsnotwendigem Vermögen und jungem Betriebsvermögen

12. Sonstige wirtschaftliche nicht begründete


Vermögensminderungen mit Einfluss auf den zukünftig nachhaltig
zu erzielenden Jahresertrag mit gesellschaftsrechtlichem Bezug
soweit nicht bereits im Rahmen der zuvor genannten Punkte
berücksichtigt. Hierunter fallen beispielsweise verdeckte
Gewinnausschüttungen aufgrund eines überhöhten
Geschäftsführergehalts oder überhöhter Miete.

B. Abzuziehen vom steuerlichen Betriebsergebnis im


Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahren sind:
1. Gewinnerhöhende Auflösung steuerfreier Rücklagen
2. Zuschreibungen/Wertaufholungen aufgrund in der Vergangenheit
vorgenommenen Teilwertabschreibungen

3. Einmalige Veräußerungsgewinne und außerordentliche Erträge

4. Im Gewinn enthaltene Investitionszulagen, soweit in der Zukunft


nicht mit weiteren zulagenbegünstigte Investitionen in gleichem
Umfang gerechnet werden kann.

5. Ein angemessener (kalkulatorischer) Unternehmerlohn, soweit im


bisherigen steuerlichen Betriebsergebnis kein angemessener
Unternehmerlohn berücksichtigt wurde (bei Einzelunternehmen ist
das stets der Fall). Bei den anderen Unternehmensformen ist die
Angemessenheit des Unternehmerlohns bzw. der
Geschäftsführungsvergütung im Einzelfall zu prüfen.

6. Eine angemessene Vergütung für bislang im Unternehmen


unentgeltlich tätiger Familienangehöriger

7. Erträge aus der Erstattung von Ertragsteuern (Körperschaftsteuer,


Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer)

8. Erträge im Zusammenhang mit nicht betriebsnotwendigem


Vermögen und jungem Betriebsvermögen

9. Sonstige wirtschaftliche nicht begründete Vermögenserhöhungen mit


Einfluss auf den zukünftig nachhaltig zu erzielenden Jahresertrag mit
gesellschaftsrechtlichem Bezug soweit nicht bereits im Rahmen der
zuvor genannten Punkte berücksichtigt. Hierunter fällt beispielsweise
eine vergünstigte Überlassung eines Grundstücks des Gesellschafters
an seine GmbH

10. 30 % des positiven Betriebsergebnisses zur Abgeltung des


Ertragsteueraufwandes.

Der Jahresertrag ist mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren.


Seit dem 1.1.2016 beträgt der Kapitalisierungszinssatz 13,75 (§ 203 Abs. 1
BewG).

Ein Rechenbeispiel für das vereinfachte Ertragswertverfahren wird weiter


unten in einem Beispielfall zusammenfassend dargestellt.
Das vereinfachte Ertragswertverfahren wird nicht angewandt, wenn das
Ergebnis zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.

Unternehmensbewertung nach IDW S1


Grundkonzeption der Unternehmensbewertung nach IDW
S1
Die Unternehmensbewertung nach IDW S1 unterscheidet in dem Standard
drei Bewertungsverfahren (Ertragswertverfahren, Discounted Cash Flow-
Verfahren, Adjusted Presten Value-Verfahren). Die Verfahren
unterscheiden sich in der jeweiligen Anwendung, beruhen jedoch alle auf
derselben Grundkonzeption (Grundkonzeption) und lassen sich auf ein
jeweils anderes Bewertungsverfahren überleiten. Die Grundkonzeption für
eine Unternehmensbewertung nach IDW S1 ist:

 Der Wert des Unternehmens ist die Summe künftigen Kaufkraftsteigerung


der Anteilseigner des Unternehmens (Gesellschafter, Aktionäre). Die
Unternehmensgewinne sind kein geeigneter Maßstab zur Bewertung von
Unternehmen, da Gewinne für die Anteilseigner wertlos sind, wenn die
Gewinne für Reinvestitionen im Unternehmen benötigt werden (die
Gewinne erhöhen insofern nicht die Kaufkraft der Anteilseigner).
Ausgangspunkt für die Unternehmensbewertung ist eine
Cashflowbetrachtung.

 Die Unternehmensbewertung erfolgt in einer Nachsteuerbetrachtung. Es


werden sowohl die Steuern auf Ebene des Unternehmens als auch die
Ertragsteuer des Anteilseigners berücksichtigt.

 Für eine Unternehmensbewertung nach IDW S1 ist eine Planungsrechnung


für das Unternehmen für einen Zeitraum von i.d.R. drei Jahren in die
Zukunft erforderlich.

 Die Abzinsung der zukünftigen Cashflows erfolgt für jeden


Bewertungsanlass mit einem individuellen Abzinsungssatz

 Der Abzinsungssatz setzt sich aus dem risikofreien Basiszinssatz, der


Marktrisikoprämie und dem unternehmensindividuellen Betafaktor
zusammen
Bedeutung des Bewertungsstandards IDW S1 für
betriebswirtschaftliche Bewertungsanlässe und für Zwecke
der Erbschafts- und Schenkungsteuer
IDW S1 ist der Standard zur Bewertung von unternehmen der durch das
Institut der Wirtschaftsprüfer entwickelt wurde. Der Bewertungsstandard
findet im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer Anwendung. Darüber hinaus
hat sich der IDW S1 als „der Standard“ für Unternehmensbewertungen
etabliert und wird neben Wirtschaftsprüfern auch von anderen
Berufsgruppen wie Unternehmensberatern oder Unternehmen angewandt.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist zunächst das Standardverfahren


für die Bewertung von Unternehmen im Bereich der Erbschafts- und
Schenkungsteuer. Alternativ dazu kann ein eine andere anerkannte auch im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke anerkannte
Methode für die Bewertung von Unternehmen für Zwecke der Erbschafts-
und Schenkungsteuer angewandt werden. Ein solches anerkanntes
Bewertungsverfahren ist im Bewertungsstandard der Wirtschaftsprüfer,
dem IDW S1, wiederzufinden.

Der Bewertungsstandard IDW S1 wird durch den Praxishinweis 1/2014


des IDW ergänzt. Der Praxishinweis gibt Leitlinien für die Besonderheiten
bei der Bewertung kleiner und mittelgroßer Unternehmen.

Unterscheidung der Unternehmensbewertung nach IDW


S1 von der Unternehmensbewertung nach dem
vereinfachten Ertragswertverfahren
Die Unternehmensbewertung nach dem vereinfachten
Ertragswertverfahren unterscheidet sich in zahlreichen Aspekten von der
Unternehmensbewertung nach IDW S1. Der Hauptunterschied ist
konzeptioneller Art. Während das vereinfachte Ertragswertverfahren auf
die vergangenen Erträge abstellt, liegen der Unternehmensbewertung nach
IDW S1 zukünftige Cashflows zugrunde. Das vereinfachte
Ertragswertverfahren nach dem Bewertungsgesetz ist
Vergangenheitsbezogen; die Unternehmensbewertung nach IDW S1 ist
zukunftsbezogen.

Der Kapitalisierungszinssatz nach IDW S1 wird für jeden


Bewertungsanlass individuell berechnet. Der Zinssatz setzt sich dabei aus
einem risikofreien Basiszinssatz, einer Marktrisikoprämie und einem
unternehmensindividuellen Betafaktor zusammen. Beim vereinfachten
Ertragswertverfahren wird stets ein einheitlicher Kapitalisierungsfaktor in
Höhe von derzeit 13,75 verwendet.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist weit weniger kompliziert als das


Bewertungsverfahren nach IDW S1. Die einfachere Anwendbarkeit des
vereinfachten Ertragswertverfahrens geht zulasten der
Bewertungsgenauigkeit und auch zulasten der Anpassung in Bezug auf
künftige Veränderungen bei der Ertragslage des Unternehmens.

Beispielsrechnung Vergleich vereinfachtes


Ertragswertverfahren und IDW S1
Herr Huber ist 65 Jahre alt und betreibt seit der Unternehmensgründung
vor ca. 35 Jahren ein Unternehmen aus dem Bereich Spezialmaschinenbau.
Ende des Jahres 04 soll das Unternehmen an die Tochter von Herrn Huber
übertragen werden. Es handelt sich folglich um eine Schenkung unter
lebenden, die vorbehaltlich der Verschonung für Betriebsvermögen und der
persönlichen Freibeträge der Schenkungsteuer unterliegt. Für die
Berechnung der Schenkungsteuer ist es zunächst erforderlich, den
Unternehmenswert zu bestimmen. Für die Unternehmensbewertung liegen
folgende Ausgangsdaten vor:

Istwerte Istwerte Istwerte


Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04
TEUR TEUR TEUR

Jahresüberschuss nach 1.700 1.600 1.900


Steuern

Thesaurierung (für
Reinvestitionen)

Gewinnausschüttungen
In den Jahresüberschüssen des Jahre 02 bis 04 sind jeweils Ertragsteuern in
Höhe von 15% für Körperschaftsteuer, 5,5 % für Solidaritätszuschlag und
17,15 % für Gewerbesteuer (Sitz des Unternehmens in München,
Gewerbesteuer-Hebesatz: 490%) enthalten. Weitere Anpassungen im
Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens (Hinzurechnungen oder
Kürzungen wie oben dargestellt) sind nicht erforderlich.

Die Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren für die


vergangen drei Geschäftsjahre (Jahr 02 bis Jahr 04) lässt sich wie folgt
nachvollziehen:

Steuerbilanzieller Gewinn (nach Steuern)

Hinzurechnung Körperschaftsteuer

Hinzurechnung Solidaritätszuschlag

Hinzurechnung Gewerbesteuer

Zwischensumme

Abzüglich Ertragsteueraufwand, pauschal 30 %

Ertragswert pro Jahr

Summe der Ertragswerte der Jahre 02 bis 04

Durchschnittlicher Ertragswert

x Kapitalisierungsfaktor

Unternehmenswert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren


Der nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte
Unternehmenswert beträgt im Beispielsfall TEUR 24.888.

Zum Vergleich der beiden Bewertungsverfahren wird


dasselbe Beispielunternehmen nachfolgend nach dem
Bewertungsstandard der Wirtschaftsprüfer, dem IDW S1
bewertet.
Wie oben näher beschrieben ist das Bewertungsverfahren nach IDW S1 in
der Anwendung relativ komplex im Vergleich zum vereinfachten
Ertragswertverfahren nach dem Bewertungsgesetz. Es sind zusätzliche
Parameter zu berücksichtigen, die nachfolgend dargestellt sind:

Wachstumsrate in der ewigen Rente:

Risikofreier Basiszinssatz vor Steuern

Risikofreier Basiszinssatz nach Steuern

Marktrisikoprämie nach Steuern

Betafaktor

Diskontierungsfaktor Detailphase

Diskontierungsfaktor ewige Rente

Plan Plan Pla


05 06 07
TEUR TEUR TEU

JÜ 2.100 1.900 1.85

Thesaurierung 300 0 0

Gewinnausschüttung 1.800 1.900 1.85

Zufluss nach persönlichen Ertragsteuern des 1.325 1.399 1.36


Anteilseigners (1)

Kapitalisierungsfaktor 0,92 0,85 0,78

Unternehmenswert 1.220 1.186 1.06

Unternehmenswert gesamt 17.223


Wird das Unternehmen unten den angegebenen Prämissen gemäß IDW S1
bewertet, so beträgt der Unternehmenswert TEUR 17.223. Der
Bewertungsunterschied zum vereinfachten Ertragswertverfahren beträgt
TEUR 7.665.
(1)
Der Zufluss nach persönlichen Steuern in der Phase der ewigen Rente
(Planjahr 08 ff) lässt sich rechnerisch an dieser Stelle nicht nachvollziehen.
Es liegt die Annahme einer hälftigen Ausschüttung und dem vom IDW
empfohlenen hälftigen Steuersatz auf die durch die Thesaurierungen
erwirkten Kursgewinne zugrunde.

Aus der Beispielrechnung wird deutlich, dass die Anwendung der


unterschiedlichen Verfahren zu teilweise deutlich anderen
Unternehmenswerten führt. Dabei kann sowohl der Unternehmenswert der
mittels des vereinfachten Ertragswertverfahrens ermittelt wurde höher sein
als der Wert der nach IDW S1 ermittelt wurde und vice versa.

Insbesondere dann, wenn es sich um substanzielle Unternehmenswerte


handelt die die persönlichen erbschaftsteuerlichen Freibeträge deutlich
übersteigen ist häufig die Vergleichsberechnung lohnenswert.

Darüber hinaus ist die Ermittlung des Unternehmenswerts erforderlich um


zu beurteilen, inwieweit eine Verschonung für das Betriebsvermögens nach
§§ 13a, 13b ErbStG in Frage kommt.

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