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Mikroökonomie

4 Kosten der Produktion


Prof. Dr. Andreas Landmann
Themen
 Welche Kostenarten gibt es für ein Unternehmen?
 Welche Kostenverläufe sind für ein Unternehmen
typisch?
 Unterscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen
Kostenverläufen
 Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Produktivität
und Kosten?

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Kostenkonzepte
 Buchhalterische Kosten:
• Ausgaben für Produktionsfaktoren
 Ökonomische Kosten:
• Für Produktionsfaktoren, die nicht formell bezahlt werden
müssen, werden Opportunitätskosten angesetzt
• Beispiel: Betriebsgewinn und Unternehmertätigkeit
 Fixkosten (fixed costs, FK ):
• Faktorkosten, die anfallen, selbst wenn die Produktion null ist
 Variable Kosten (variable costs, VK ):
• Variieren mit der Höhe der Produktion

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 Gesamtkosten (total costs,TK ):
• Fixkosten + variable Kosten; TK = FK + VK
 Versunkene Kosten (verlorene Kosten, engl. sunk costs):
• Teil der Fixkosten
• Kosten für Kapitalgüter, die keine alternative Verwendung
haben
• Allgemeiner: Ausgaben, die nicht durch Weiterverkauf
rückgängig gemacht werden können
• Kosten, die man bei Marktaustritt nicht mehr
zurückbekommen kann

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Kennziffern von Kostenarten
1. Grenzkosten (GK )
 Veränderung der Gesamtkosten bzw. der variablen Kosten
bezogen auf die Veränderung der Produktionsmenge
( ∆TK/∆q bzw. ∆VK/ ∆q )
 Wenn eine genaue Kostenfunktion bekannt ist, kann man die
erste Ableitung der Kostenfunktion nach q bestimmen
 Die Ableitung gibt dann für alle Werte von q die Grenzkosten
𝜕𝑇𝐾 𝜕𝑉𝐾
bzw. an
𝜕𝑞 𝜕𝑞

 Beispiel: TK = 100 – 10q + 5q² VK = -10q + 5q²


𝜕𝑇𝐾 𝜕𝑉𝐾
= -10 + 10q = -10 + 10q
𝜕𝑞 𝜕𝑞
 An der Stelle q = 3 betragen die (analytischen) Grenzkosten 20
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2. Durchschnittskosten (DK )
 Kostenart dividiert durch Produktionsmenge
𝐹𝐾
 Durchschnittliche Fixkosten: FDK = 𝑞

𝑉𝐾
 Durchschnittliche variable Kosten: VDK = 𝑞

𝑇𝐾 𝐹𝐾 𝑉𝐾
 Durchschnittliche Gesamtkosten: TDK = = +
𝑞 𝑞 𝑞

= FDK + VDK

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Kurzfristige Kosten eines Unternehmens
Durch- Durch-
Grenz- Durch-
Fix- Variable Gesamt- schnittliche schnittliche
Output Kosten schnittliche
kosten Kosten kosten variable Gesamt-
TK/q Fixkosten
Kosten kosten
q FK VK TK GK FDK VDK TDK
(4) (5) (6) (7) (8)
(1) (2) (3)
=(2)+(3) =(4)i - (4)i-1 =(2)/(1) =(3)/(1) =(4)/(1)
0 50 0 50 - - - -
1 50 50 100 50 50.0 50.0 100.0
2 50 78 128 28 25.0 39.0 64.0
3 50 98 148 20 16.7 32.7 49.3
4 50 112 162 14 12.5 28.0 40.5
5 50 130 180 18 10.0 26.0 36.0
6 50 150 200 20 8.3 25.0 33.3
7 50 175 225 25 7.1 25.0 32.1
8 50 204 254 29 6.3 25.5 31.8
9 50 242 292 38 5.6 26.9 32.4
10 50 300 350 58 5.0 30.0 35.0
11 50 385 435 85 4.5 35.0 39.5
Quelle: Pindyck & Rubinfeld, S.326
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Kostenkurven für ein Unternehmen

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Durchschnittskurven und Grenzkosten
Minimierung TDK:
𝐶(𝑞)
𝑇𝐷𝐾 =
𝑞
Ableitung:
𝜕𝐶
𝜕𝑇𝐷𝐾 𝜕𝑞 𝑞 − 𝐶
=
𝜕𝑞 𝑞2
nullsetzen:
𝜕𝐶 𝐶
− =0
𝜕𝑞 𝑞
 GK = TDK

Quelle: Pindyck & Rubinfeld, S. 329

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Zusammenhang zwischen Produktions- und
Kostenfunktion
 Gegeben sei die Produktionsfunktion q = f(L)

L
C(q) = FK + VK
= CFK + w L(q)
L

q
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 Durch Spiegelung der Achsen erhält man L als Funktion von q:
L = f -1(q)
 Diese Funktion beantwortet die Frage:
Wie viel L braucht man, um eine gegebene Menge q zu produzieren?
 Die Kostenfunktion lautet: C = C0 + rK + wL
 Der Einfachheit halber ist hier w = 1 gesetzt
 Kurzfristig ist K konstant
 Man kann daher C0 und die Kapitalkosten als Fixkosten
CFK = C0 + rK zusammenfassen
 Daher ist der Verlauf der Kostenfunktion, abgesehen von der
additiven Konstante CFK und der multiplikativen Konstante w,
durch den Verlauf der Produktionsfunktion bestimmt:
C = CFK + wL
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Kosten in der kurzen Frist
(nur ein Produktionsfaktor wird variiert)
Grenzkosten:
 Annahmen:
• Nur der Arbeitseinsatz kann variiert werden
• Eine Arbeitsstunde verursacht Lohnkosten von w (wage rate)
 Veränderung der variablen Kosten: ∆VK = w∆L
𝑤Δ𝐿
 Grenzkosten: GK = Δ𝑞
Δ𝑞
 Definition des Grenzprodukts der Arbeit: GPL = Δ𝐿
𝑤
 Daraus folgt: GK = 𝐺𝑃𝐿
 Wenn das Grenzprodukt der Arbeit steigt, fallen die
Grenzkosten und umgekehrt
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Durchschnittskosten:
 Durchschnittliche Fixkosten:
𝐹𝐾
• FDK = fallen immer, wenn die Produktionsmenge steigt
𝑞
(Kostendegression)
 Durchschnittliche variable Kosten und Gesamtkosten:
• Wenn GK unterhalb von VDK bzw. TDK verlaufen, fallen VDK
bzw. TDK
• Wenn GK oberhalb von VDK bzw. TDK verlaufen, steigen
VDK bzw. TDK
 Verlauf Grenzprodukt  Verlauf GK  Verlauf VDK bzw. TDK
(Minima von VDK bzw. TDK im Schnittpunkt mit GK)
Betriebsoptimum:
 Minimum der durchschnittlichen Gesamtkosten
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Typische Kostenverläufe
Ertragsgesetzliche Produktionsfunktion
 Grenzkosten verlaufen u-förmig
 durchschnittliche variable Kosten verlaufen u-förmig
 durchschnittliche Gesamtkosten verlaufen u-förmig

Neoklassische Produktionsfunktion
 Grenzkosten verlaufen steigend
 durchschnittliche variable Kosten verlaufen steigend
 durchschnittliche Gesamtkosten verlaufen u-förmig

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Langfristige Kosten
 Langfristig sind alle Produktionsfaktoren, also auch Kapital,
flexibel
 Kapitalgüter:
• Kauf in einer Periode, aber Nutzung über mehrere Perioden
• Alternative: Mieten der Kapitalgüter
 Kapitalnutzungskosten:
• Abschreibung
• Zinsen auf verbliebenen Bestand an Kapitalgütern (nach
Abschreibungen)
• Mietkosten der Kapitalgüter

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 Beispiel:
Kauf eines Computers für € 2000; Nutzung für 5 Jahre;
Zinssatz von 5 %

Jahr Abschreibung Zinskosten Kapitalkosten


1 400 100 = 2000 · 0,05 500
2 400 80 = 1600 · 0,05 480
3 400 60 = 1200 · 0,05 460
4 400 40 = 800 · 0,05 440
5 400 20 = 400 · 0,05 420

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Kostenminimale Inputkombination
(zwei Produktionsfaktoren sind variabel)

Isokostengerade
 Graph, der alle möglichen Kombinationen von Arbeit und
Kapital zeigt, die zu gleich hohen Gesamtkosten führen
C = w ∙L+ r ∙K
 Mit den Kapitalnutzungskosten r (Zinssatz+Abschreibungsrate)
𝐶 𝑤
 Auflösung nach K : K = − 𝐿
𝑟 𝑟
 Wenn w und r konstant sind, wird die Höhe der Kosten nur
von der Höhe des Faktorinputs L und K bestimmt

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Quelle: Pindyck & Rubinfeld, S.337

Ergebnis
Die Produktionsmenge q1 wird am kostengünstigsten mit der
Inputkombination L1 und K1 hergestellt
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Optimalpunkt der Produktion (Faktorkombination)
 Steigung der Isoquante = Steigung der Isokostengerade
Δ𝐾 𝑤
 Steigung der Isokostengerade: = −
Δ𝐿 𝑟

Δ𝐾 GP
 Steigung der Isoquante: = − GP𝐾L
Δ𝐿
(siehe Abschnitt „Produktion“)

𝑤 GP GP𝐾 GP
 Daraus folgt: = GP𝐾L oder: r = wL
𝑟

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Änderung der Faktorpreise

Quelle: Pindyck & Rubinfeld, S.338

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Größenvorteile und –nachteile der Produktion
Skalenerträge (returns to scale)
 Rate, mit der sich die Produktionsmenge verändert, wenn
alle Produktionsfaktoren um den gleichen Faktor erhöht
werden
bq = q(sL, sK ) (siehe Abschnitt „Produktion“)

 3 Fälle: b>s zunehmende Skalenerträge


b=s konstante Skalenerträge
b<s abnehmende Skalenerträge
 Beeinflusst Entwicklung der Grenz- und Durchschnittskosten
 Grenzkosten < Durchschnittskosten  Größenvorteile
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Optimale Betriebsgröße und Größenvorteile oder
-nachteile (economies / diseconomies of scale)
Langfristige Grenzkosten

Optimale Betriebsgröße

Langfristige Durchschnittskosten

Output

Größenvorteile Größennachteile

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Betriebsgrößenvorteile in der Praxis
Mindestoptimale
Stückkostennachteile Anteil eines MOTB
Produktgruppe technische
bei 1/3 MOTB* Anbieter in %
Betriebsgröße
Pkw 500 Tsd./Jahr hoch (> 10%) 14
Lkw 200 Tsd./Jahr hoch 100
Reifen 9 Mio./Jahr mittel (5-10%) 25
Fernsehgeräte 1,3 - 2,2 Mio./Jahr gering (< 5%) 33 - 56
Zement 1,3 Mio. t/Jahr hoch 5
Bier 2,8 Mio. hl/Jahr mittel 3
Zigaretten 70 Mrd./Jahr gering 44
Quelle: E.Fess, Mikroökonomie, 2. Auflage, S.148

Lektüre in Pindyck & Rubinfeld:


Kapitel 7 ohne die Abschnitte 7.5 – 7.6; Anhang optional
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Anhang

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Nachfrage 24


Skalenerträge und Durchschnittskosten
 Wir wissen, dass bei steigenden (sinkenden) Skalenerträgen:
bq = q(sL, sK ) mit b > s (b < s )
 Da wir die (variablen) Produktionsfaktoren L und K mit s-
fachen Einsatz einbringen, müssen die auch die variablen
Kosten der Produktion mit dem Faktor s steigen.
 Daraus folgt:
𝑉𝐾(𝑏𝑞) 𝑠∙𝑉𝐾(𝑞) 𝑠 𝑉𝐾(𝑞) 𝑠
𝑉𝐷𝐾 𝑏𝑞 = = = ∙ = ∙ 𝑉𝐷𝐾(𝑞)
𝑏𝑞 𝑏𝑞 𝑏 𝑞 𝑏

 Steigende Skalenerträge  sinkende durchschnittl. variable


Kosten (umgekehrt bei sinkenden Skalenerträgen)
zurück
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