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„Geschichtlicher Boden“ Nachphänomenologische Geophilosophie bei Heidegger und Deleuze

Author(s): Stephan Günzel


Source: Phänomenologische Forschungen, änomenologische Forschungen (2002), pp. 51-85
Published by: Felix Meiner Verlag GmbH
Stable URL: http://www.jstor.org/stable/24360613
Accessed: 11-03-2018 16:33 UTC

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Stephan Günzel

„Geschichtlicher Boden"
Nachphänomenologische Geophilosophie
bei Heidegger und Deleuze

1. Hinführung

In mehrerlei Hinsicht bedeutsam für das Verständnis von philosophischer Geo


graphie', jenseits bloß biographischer oder rein ästhetischer, religiöser oder auch
deterministischer Prägung," ist eine Nachlaßnotiz von Maurice Merleau-Ponty,
in welcher dieser unter Rückgriff auf Edmund Husserl und in Absetzung von
Jean-Paul Sartre ,Geschichte' philosophisch in ihrem Verhältnis zur ,Geogra
phie' bestimmt: „Einer Philosophie der Geschichte [...] sicherlich keine Philo
sophie der Geographie entgegensetzen [...], sondern eine Philosophie der
Struktur, die sich allerdings eher in Kontakt mit der Geographie als im Kontakt
mit der Geschichte entwickeln wird."2
In diesem Satz kündigt sich das strukturalistische Denken der französischen
Nachkriegsphilosophie an: Die historisch-diachronen Modelle sind an ihr Ende
gekommen. Dies war nicht zuletzt Nietzsches Verdienst, aktuell für Merleau
Ponty aber Folge enttäuschter Hoffnungen auf die .Vernunft' in der .Ge
schichte' : Die durch Sartre vollzogene Reduktion der Historizität auf individu
elle Erfahrungsgeschichte schmolz Geschichte auf ihren letztlich unhistorischen
Kern, das Individuum als den Urheber der Geschichte, zusammen, welches die

1 Für eine Darstellung der historisch-theoretischen Variationen philosophischer Geogra


phie und zu ihrer Absetzung von physischen, politischen, psychologischen, poetischen wie
geschichtsorientierten Geographien vgl. Stephan Günzel: Geophilosophie. Nietzsches philo
sophische Geographie. Berlin 2001. Kap. I; sowie hinführend ders.: „Nietzsches Geophiloso
phie und die .gemäßigte Zone' im Denken des Abendlandes". In: Dialektik. Zeitschrift für Kul
turphilosophie 1 (2000). S. 17-34.
2 Maurice Merleau-Ponty: Das Sichtbare und das Unsichtbare gefolgt von Arbeitsnotizen.
Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Claude Lefort, aus dem Französischen von Re
gula Giuliani und Bernhard Waldenfels. Ubergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache
und Lebenswelt Bd. 13, (hrsg. von Richard Grathoff und Bernhard Waldenfels). München
21994 (1964). S. 325 f. (312). S. 325 (312). - Die Notiz ist auf den 1. Juni 1960 datiert. - Ihre
vollständige Überschrift lautet: „Geschichte, transzendentale Geologie, geschichtliche Zeit,
geschichtlicher Raum". Der Reihung ist in der Notiz der Begriff „Philosophie" durch eben
vertikalen Trennstrich gegenübergestellt.

Phänomenologische Forschungen · 2002 ■ © Felix Meiner Verlag 2002 · ISSN 0342-8117

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se ebenso aus freien Stücken negieren k


durch die Rückführung des Denkens au
Ansatz und die Ausrichtung der Geogra
Merleau-Ponty bleibe, sei die Möglichkei
keinesfalls aber die einer ,Universalgeschic
durch es erfahren.
Wie eine .transzendentale Geologie' ode
mit der Geographie" im einzelnen aussehen
ohne den Hinweis auf einen Begriff sow
Wie sich für Merleau-Pontys Philosophi
gleichsam einziger Halt im Realen darst
für Husserl in dessen Worten „die Erde als
lichen Urhistorie", also des Transforma
Geographie ineinander übergehen, „die
Raum, welche bewirkt, daß es eine hist
graphische Inschrift der Geschichte gibt".6
Wie bereits vor ihm Bergson in Mater
menschlichen Körper den Grund räumlich
Seins schlechthin verortet:8 In dem Text,
sich Merleau-Ponty bezieht, wird die p
lichkeit auf den .Körper der Erde' ausge
lichungsbedingungen von natürlicher R

' Ebd.
4 Zu den politischen Implikationen von Merl
phie vgl. Jacob Rogozinski: ,Wie die Worte ei
und politischer Körper, aus dem Französischen v
H. Nagl-Docekal (Hrsg.): Der Sinn des Historisc
P. Nanz (Hrsg.): Philosophie der Gegenwart. Fr
5 Merleau-Ponty: Das Sichtbare und das Unsic
6 Ebd. S. 325 f. (312).
7 „In der Welt der Bilder, die ich das Universum
lich Neues nur durch die Vermittlung gewisser eige
mir in meinem Leibe gegeben ist." (Henri Bergs
über die Beziehung zwischen Körper und Geist
berger, mit einer Einleitung von Erik Oger. Ham
Bilder bei der Vorstellung. Die Funktion des Lei
8 Vgl. beispielhaft Edmund Husserl: Die Krisi
transzendentale Phänomenologie. Eine Einleit
(HuaVI), § 28, „Die unausgesprochene Vorausset
Lebensumwelt". Bes. S. 105,113. S. 109 f.
' Derrida verfolgte anhand von Äußerungen H
Gedanken, daß auch „der Protogeometer immer
ten verfugte, über morphologische Typen zur Be
vorgeometrische deskriptive Wissenschaft. Man

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Geschichtlicher Boden 53

menschlichen Erfahrung des Raums,10 er


wir Menschen der Neuzeit sagen: Die Erde
ner der Sterne im unendlichen Weltraum
per, freilich nicht auf einmal und von Eine
in einer primordialen Synthesis als Einhe
rungen. Doch ein Körper! Obschon für uns
in der Erfahrungsgenesis unserer Weltvors
nicht als Körper erfahren, in höherer Stuf
rung wird er zum Boden-Körper, und das he
auf. Er wird zum Totalkörper: zum Träger
risch zureichend erfahrbaren Körper, in der
die Sterne noch nicht als Körper mitrechnen
Gleiches gilt Husserl für den ,Himmel' der
und Körperlichkeit konstituiert, so ist a
äuserst [sie!] noch räumlich Erfahrbaren fü
aus. Oder es ist konstituiert ein offener

rida: Husserls Weg in die Geschichte am Leitfaden


ge III der Krisis, aus dem Französischen von Rüdi
Vorwort von Rudolf Bernet, mit einem Anhan
Übergänge. Texte und Studien zu Handlung. Sprac
Grathoff, Bernhard Waldenfels]. München 1987 [
10 Unter Anschluß an die Anfänge der europäis
denkens mit Piaton und Aristoteles eine Ortslogi
seiner anthropologischen Bedeutung vor der des
Nishida unternommen. (Vgl. zentral Kitaro Nis
Der Anfang der modernen Philosophie in Japan,
berfeld. Darmstadt 1999 [1911 ff.]. S. 72-139 [192
Philosophie bereits vor der Veröffentlichung von
noch als im europäischen Denken spielen hier reli
sumtive Rolle in der Bewertung von Verhalten
suke Ohashi in Auseinandersetzung mit der Heg
Heideggers an der von Nishida begonnenen .P
Ohashi: Zeitlichkeitsanalyse der Hegeischen Log
tes, [Symposion. Philosophische Schriftenreihe 7,
le, Alexander Hollerbach]. Freiburg i. Br., Münch
" Geschrieben hatte Husserl den Text zwischen
der den Text enthielt, trug die Aufschrift: „ Umstu
lichen weltanschaulichen Interpretation. Die Ur-A
Untersuchungen zum phänomenologischen Urspru
turwissenschaftlichen Sinne".
12 Edmund Husserl: Grundlegende Untersuchu
der Räumlichkeit der Natur. In: Marvin Faber
Edmund Husserl. Cambridge 1940. S. 307-325. S.

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ein äusserster Horizont, Limes (Horizon


Erfahrbare mit der Entfernung schliesslich
Husserls, von Hegel vorexerzierte, phi
kanischen Weltbildes gipfelt in dem Diktu
Dieses Feststehende, das letzte, das in d
Stehen kommt,15 ist dann sowohl die vo
Anschauungsform des Raumes unter geg
Existenz16 als auch zugleich die der Ans
gelebte Weltzeit, als Geschichte: ,,[A]lle
jedes Volk letztÜch natürlich auf der ,Erd
rie, deren Episoden sie sind."17
Wie das Denken seines Lehrers ist auc
phie der ,Körper-' bzw. der ,Leiblichkei
hinein aufzulösen sucht" - doch nur um si
anzuschließen.20 Heidegger selbst geht i

13 Ebd. S. 318.
14 Ebd. S. 313.
15 Husserls Forderung zielt auf die „Uranschau
die Erde wäre, weder in Bewegung noch in Ruh
losophie?, aus dem Französischen von Bernd Sc
[1991]. S. 97; kursiv, S.G.).
16 Valerij Podoroga faßt den Text Husserls im
Erde ist diejenige Kraft, die [...] virtuelle Welte
des Anderen." (Valerij A. Podoroga: Metaphysik
Uffelmann. In: Arne Ackermann, Harry Raise
kens. Neue russische Philosophie, mit einem G
wort von Rainer Grübel. Wien 1995. S. 117-140.
17 Husserl: Grundlegende Untersuchungen, a
18 Das Thema deutet sich bereits in Sein und Z
drängt bzw. auf die Betrachtung der ,Hand' bz
bung des ,Ιη-der-Welt-Seienden' reduziert. (Vgl.
ter Nachdruck der fünfzehnten, an Hand der
den Randbemerkungen aus dem Handexempl
[1927]. § 23: „Die Räumlichkeit des In-der-Welt-
" Siehe beispielsweise das mit Fink veranstalt
dort unter Bezugnahme auf Nietzsche vom ,,dun
zur Erde bestimmt" (Martin Heidegger, Eugen
re, Gesamtausgabe Bd. 15, I. Abt.: Veröffentlich
[1952/1970/1977], S. 9-270 [1970], S. 235 [233];
20 Siehe die Begriffsschöpfung der .Gegnet', d
begegnet', in dem angeblich 1944/45 aufgezeichn
Aus einem Feldweggespräch über das Denken. Die
dort: „Die Gegnet ist die verweilende Weite, die,
Offene gehalten und angehalten ist, jegliches au
Heidegger: Zur Erörterung der Gelassenheit. A
In: ders.: Gelassenheit. Pfullingen 51977 [1959]

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des Leibes21 im Unterschied zu Husserl ausd


Mit Heidegger wurde die Krise des europ
hend verstehbar, daß in der Fixierung auf
ein Außen erlosch.

Das gelebte Außen, die Geographie des M


Hinsicht an die Stelle des Subjekts, muß
zeigenden Paradigmas der späten Neuzeit
schreiben, anstatt daß sich die Befreiung
globalisierten Welt vollziehen könnte. Im
der Demontage der subjektphilosophisch
arbeitet hatte, bezeugt sich diese implizi
,zu Ende zu denken' heißt jedoch, nicht
zufallen, sondern die Bezüge der ,Welten
die ,Erde' wiederholt auflöst und neu konst
Unter den philosophischen Interpretatione
Bedeutung von Nietzsches philosophische
Martin Heidegger und Gilles Deleuze prom
des Deutungsraumes die beiden äußerste
zeption bilden.
Während Heidegger Nietzsche als letzten
dinglichung von Welt wie der Herrschaft d
Zuge implizit dessen philosophische Geog
formal konditionierendes Schreiben auffaß
entgegengesetzte Richtung: Er begreift Nie

phie ins Historische erfolgt ebenfalls durch ihn: „


in dem, was sich als die Gegnet ereignet, die, dem
sen vergegnet." (Ebd. S. 57.) - Vgl. dazu auch Ma
Logos (Sommersemester 1944). In: ders.: Herakli
kens. 2. Logik. Heraklits Lehre vom Logos. G
Frings). H. Abt.: Vorlesungen 1923-1944. Frankfu
21 Zu Nietzsches Konzeption der Leiblichkeit a
in Hinblick auf die geophilosophische Fragestellun
- Körper ohne Organe! Nietzsche/Deleuze (1997
(Hrsg.): Nietzscheforschung. Jahrbuch der Nie
121. Bes. 119-121. - Zum anti-aristotelischen, fem
pe^Kartographie vgl. grundlegend Moira Gatens
und Affekt, aus dem Englischen von Camilla R
The Body of Gender. Körper. Geschlechter. Ide
„[D]ie Kartographie [des Körpers; S.G.] [beschreib
materiellen Beschaffenheit und seines Potentials,
[...] und nicht auf der Grundlage seiner Gattungs
22 Vgl. bspw. Martin Heidegger: Nietzsche. 2 B
126, S. 331 f., S. 565-567, und S. 570 f.; sowie Bd.

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Schreiben explizit als ein metaphysische


liches bzw. kosmisches Konstruktionsp
fenheit gegenüber dem ,Sein' im Sinne sei
reits dort, wohin Heideggers Denken n
vorgibt, durch sein Verhaftet-Sein in der
gelangen kann.
Dies wird besonders in Heideggers Vor
,großen' Philosophen als ,Etappen des D
sche in einer Heimat des Denkens zu lo
seines Denkens [sc. innere Bewegung der
höchsten Gefahr widersteht, die einem
senen Bestimmungsort seiner Grundstellu
und gar Vergangenen her sich verständlic

2. Sein und Wiederholung

2.1. Heideggers früher Rekurs auf Nie

In Sein und Zeit nimmt Heidegger erstm


Die Stelle ist nicht nur deshalb bemerkens
von Heideggers Nietzsche-Deutung weite
weil sie sich in einigen Punkten deutlich v
nen Nietzsches unterscheidet, sondern
zeitgemäße Betrachtung dort eine zentrale
den Vorlesungen über Nietzsche so gut
ben des Denkers.25 Seine Konzentration

21 Ebd. S. 329.
24 Im Wintersemester 1938/39 halt Heidegger an der Freiburger Universität die Vorlesung
„Nietzsches II. Unzeitgemäße Betrachtung'. (Vgl. Martha Zapata Galindo: Triumph des Willens
zur Macht. Zur Nietzsche-Rezeption im NS-Staat. Hamburg 1995. S. 212.) Sie ist die einzige
aus dem Zeitraum der Nietzsche-Vorlesungen, die nicht in die spätere Publikation Eingang
findet und bis heute nicht ediert ist. (Die Veröffentlichung des Vorlesungstextes ist als Band 46
der Gesamtausgabe geplant.) Neben Vorlesungen und Übungen zu Der Wille zur Macht ist Vom
Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben die häufigste Grundlage für Lehrveranstaltun
gen an deutschen Universitäten zur Zeit des Nationalsozialismus.
25 Zur einzigen überlieferten Erwähnung in den bisher publizierten Nietzsche-Vorlesungen
vgl. Heidegger: Nietzsche, a.a.O. Bd. II. S. 331. - Zu Heideggers Verweise, Erwähnungen und
Zitationen Nietzsches vgl. Stephan Günzel, Henning Hahn, Nina Noeske, Djavid Salehi,
Sandro Zanetti: Nietzsche in Heideggers Schriften. In: Djavid Salehi, Rüdiger Schmidt (Hrsg.):
Nietzsche. Texte und Kontexte. Weimar 2000. S. 104-143.

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Geschichtlicher Boden 57

Heideggers Verständnis ,eigentlichen' Ge


Macht' sowie assoziierten Konzeptionen.
Heidegger setzt Nietzsches Argumente
Zeit auch nicht wie später dazu ein, Nie
kennzeichnen, wohl aber benutzt er Niet
Darstellung seiner eigenen Gedanken. E
„vermuten, daß er [sc. Nietzsche] mehr ver
Tenor der Vorlesungen an, wonach hier nic
sich vielmehr etwas - das Sein - durch den Denker ausdrücke.
Der für die .Begegnung' Heideggers mit Nietzsche relevante § 76 in Sein und
Zeit ist überschrieben mit „Der existenziale Ursprung der Historie aus der Ge
schichtlichkeit des Daseins". Er findet sich als der vorletzte in dem fünften Kapi
tel „Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit", welches seinerseits das vorletzte im er
sten und einzig gebliebenen Teil des Buches, „Die Interpretation des Daseins auf
die Zeitlichkeit und die Explikation der Zeit als des transzendentalen Horizontes
der Frage nach dem Sein", im zweiten Abschnitt, „Dasein und Zeitlichkeit",
darstellt.

Vorangegangen war Heideggers, überkommene Konzepte der okzidentalen


Philosophie destruierende, Analyse der .Grundverfassung von Dasein', die sich
vor allem der .Sorgestruktur' von Dasein und dessen Explikation als .Vorlaufen
zum Tode' widmet. Heideggers Anliegen, Dasein primär und seiner fundamen
tal-ontologischen Wahrheit nach .zeitlich' zu begreifen, strukturiert die gesamte
Abhandlung. Anders als in der Metaphysik zuvor, soll der Mensch bzw. das
transzendentale Cogito nach Heidegger nicht mehr außer-, un- oder überzeitÜch
gedacht werden, wie dies jeweils bei Platon, Descartes und Kant der Fall gewe
sen sei, sondern innerzeitlich. - Heidegger will Sein als Zeit denken.
Für Heidegger schließt sich daran notwendig eine Umkehrung der Priorität
von Geschichte gegenüber individueller Zeitlichkeit an:27 Aufgrund der bisher
nicht bedachten originären Zeitlichkeit von Dasein war es .Geschichte', d.h. der
historischen Zeit, zugeschrieben worden, Ermöglichungsbedingung von indivi
dueller .Zeit' zu sein. Anders gesagt: Die Objektwelt (in Heideggers Terminolo

26 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 76: „Der existenziale Ursprung der Historie aus der
Geschichtlichkeit des Daseins". S. 392-397. S. 396.
27 In der Besprechung des „Nihilismus" als einem der fünf,Grundworte' Nietzsches in der
für das Wintersemester 1941/42 vorgesehenen, aber nicht gehaltenen Nietzsche-Vorlesung
notiert sich Heidegger nach der Charakterisierung des Nihilismus als einen „Zwischenzustand
[...], durch den die gegenwärtige Weltgeschichte hindurchgeht", an den Rand die leitende Fra
gestellung: „Woher der Geschichtsbegriff." (Martin Heidegger: Nietzsches Metaphysik (1940).
In: ders.: Nieasches Metaphysik. Einleitung in die Philosophie. Denken und Dichten. Ge
samtausgabe 50 [hrsg. v. Petra Jaeger]. II. Abt.: Vorlesungen 1919-1944. Frankfurt a.M. 1990.
S. 1-87 [1961], S. 24.)

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58 Stephan Günzel

gie gefaßt: ,innerweltlich Seiendes') wu


im Verständnis der .vulgären' Zeitauffassu
Maße .uneigentlich' als diejenige gedach
vierte' Zeit ihre Spuren hinterläßt, in der
her sich die Menschheit qua Objektwelt
Heidegger eben auch .historischen', Kon
formung dieses Denkens gilt Heidegger da
le Zeitlichkeit zugunsten der Zeit des a
selbst aufgibt respektive aufhebt.28
Heidegger jedoch erkennt dieser Interpre
Höhepunkt und Abschluß komme, kein hin
des Phänomens der ,Zeitlichkeit' zu. Vie
nur deshalb, weil sich Dasein mittels de
.Zukunft' und .Augenblicklichkeit', kon
Auffassung" von Zeit ist für Heidegger da
die Augenblicklichkeit bzw. die Einstellun
Momentanwirklichkeiten".30 Durch das
Erstreckung zwischen Geburt und Tod
vielmehr, daß Dasein das „Zwischen"31 i
.Faktizität' sei nach Heidegger „die Gewinn
der Geschichtlichkeit"32 möglich:33 „Di

23 Heidegger widmet sich in diesem Sinne ein


Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 82: „Die Abh
menhangs von Zeitlichkeit, Dasein und Weltzeit
schen Zeit und Geist". S. 428-436.) Er wende
schichtsbegriff. (Vgl. Heidegger: Nietzsche, a.a.O
29 „Nur Seiendes, das wesenhaft in seinem Sein z
ihm zerschellend auf sein faktisches Da sich zurü
das als zukünftiges gleichursprünglich gewesend
überliefernd, die eigene Geworfenheit übernehm
Nur eigentliche Zeitlichkeit, die zugleich endlich
eigentliche Geschichtlichkeit möglich." (Heide
verfassung der Geschichtlichkeit". S. 382-387. S.
tasen verhalten sich die Existenzialien des .Verste
als Strukturmomente der .Sorge*. (Vgl. ebd. §
haupt". S. 335-350.)
30 Ebd. § 72: „Die existenzial-ontologische E
S. 372-377. S. 374. - An späterer Stelle jedoch ge
(ebd. S. 376), welche Zeit mittels „Kalender un
Berechtigung zu.
31 Ebd. S. 374.
32 Ebd. S. 375.
33 Gegen Simmel und seinen Lehrer Rickert g
die Frage nach der Geschichtlichkeit in diese .U

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Geschichtlicher Boden 59

seins versucht zu zeigen, daß dieses Seiende


Geschichte steht', sondern daß es umgekehrt
stieren kann, weil es im Grunde zeitlich ist."3
Somit versteht Heidegger unter .Geschich
das bloß „ Vergangene", welches ihm als ,une
wie zum anderen und .eigentlich' „die Herkun
Vergangenheit]".35 Heidegger verfolgt diese
„Geschichte meint hier nicht so sehr die Sein
des Seienden [...]".36 Korrespondierend zu
Metaphorik formulierte Heidegger bereits ein
ausgestellte Zeitlichkeit allererst den Bode
Analyse; S.G.] [gibt]".37 Gemeint ist hier n
ontologische Frage [...] im Felde dieser Un
Heidegger jedoch die .Gegenstände' der Ges
der einer bloßen „Naturgeschichte" - selbst
beutungsgebiet, als Schlachtfeld und Kultstätt
Bereits an früherer Stelle, zum Ende de
schnitts, „Die Weltlichkeit der Welt", schreib
orität" der ,Weltlichkeit' als „Vorgängigke
gend) im jeweiligen umweltlichen Begegnen d
„der phänomenale Boden ontologisch fixiert
tische Entdeckung und Ausarbeitung des r
setzt sich Heidegger dort zwar grundsätzl
messung" als Modell für die angestrebte A
messung" ab,41 gesteht dieser aber zunächst
sche .Fixierung' zu.

über den Ort des Problems der Geschichte entschied


Wissenschaft von der Geschichte gesucht werden."
34 Ebd. S. 376. - Der .Versuch' transformiert im V
Erschließung von Geschichte ist an ihr seihst [...], ih
schichtlichkeit des Daseins verwurzelt." (Ebd. § 76. S. 3
'5 Ebd. § 73: „Das vulgäre Verständnis der Gesch
S. 378-382 S. 378.
16 Ebd. S. 379; kursiv, S.G. - Sloterdijk spricht hinsichtlich dieser Fragestellung auch von
einem „in Heideggers Frühwerk subthematisch eingeklemmte[n] Projekt Sein und Raum" (Pe
ter Sloterdijk: Sphären. Bd I. Mikrosphärologie: Blasen. Frankfurt a.M. 520 00 [1998]. S. 345).
37 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 72. S. 373.
38 Ebd.; kursiv, S.G.
39 Ebd. S. 388.
40 Ebd. § 24: „Die Räumlichkeit des Daseins und der Raum". S. 110-112. S. 111 f.; kursiv,
S.G.
41 Ebd. S. 112; kursiv, S.G.

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60 Stephan Günzel

Schon bei Husserl war ,Boden' zur w


schen Analyse geworden. Dieser entbe
schichtlichkeit: Im ersten Buch der Ide
phänomenologischen Philosophie von 1
zeichnung „phänomenologischer Boden"
.Verlassen' der „reinen Erlebnissphäre
szendentalen Boden" die Rede, auf welche
einer „Klarlegung"43 zugeführt werden
nen im Jahrbuch für Philosophie und phä
gar „der ausschließliche Boden aller ph
erste Erfahrungsboden" Ρ Husserl insistie
ihr eigentümlichen absoluten Boden reine
„dann selbsttätig ursprüngliche Begrif
de, schaffen [muß]".45 Husserls Kategorie
Verankerung (des Denkens im Realen)
gen, welche den Begriffen noch nach
schen Reduktion trotz desAbstraktionsgr
Zwischen dem Text und seinem Komm
gewidmete Veröffentlichung von Heidegg
die Veröffentlichung der Vorlesungen Hu
dem ersten Teil der Erste[n] Philosophie
an, das „reine Bewußtsein" als „Urbode
sen.4' In Die Krisis der europäischen Wiss
menologie erfolgt schließlich eine We
Aufmerksamkeit nicht mehr diesem zw
kehr zum „natürlichen Weltboden" als de
der idealistischen Reduktion geklärten

42 Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen


Philosophie. Erstes Buch: Allgemeine Einfüh
(1930). In: Gesammelte Schriften Bd. 5, a.a.O
gentümlichkeit der Erlebnissphäre. Studien
(144); kursiv, S.G.
41 Ebd. § 128.: „Einleitung". S. 295-297 (265
44 Ebd. (Hua V), „Nachwort", 3. S. 144-148. S
45 Ebd. 7. S. 159-162. S. 160: kursiv, S.G.
46 Edmund Husserl: Erste Philosophie. Erste
melte Schriften Bd. 6, a.a.O. (Hua VII), 24. Vo
seinswissenschaft und der induktiv-empirische
kursiv, S.G.
47 Husserl: Die Krisis ... , a.a.O. § 40.: „Die Schwierigkeiten des echten Vollzugssinnes der
totalen Epoché. Die Verführung, sie als eine schrittweise zu leistende Enthaltung von allen ein
zelnen Geltungen mißzuverstehen". S. 151-154. S. 153; kursiv, S.G.

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Geschichtlicher Boden 61

nun zuletzt der „altvertraute Welt-Boden",™


der phänomenologischen Analyse entscheidet.

2.2. „Geschichtlicher Boden"

Seiner getroffenen Differenzierung zwischen


gentlichen' Zeitlichkeit entsprechend untersc
Sein und Zeit zwischen dem „[pjnmäf und dem
,Primär' geschichtlich sei nach den Ergebniss
Heideggers nur Dasein; ,sekundär' geschich
de", welches hier zum ersten Mal ausdrück
tert wird.52

Es folgt ein höchst wichtiger Zusatz: Diese ,Umweltnatur' sei nach Heideg
ger selber „geschichtlicher Boden"." Der als nur sekundär markierte Teil der Un
terscheidung des ,Geschichtlichen', diephysis der Umwelt, leiht also dem primär
geschichtlichen Sein, dem ,Dasein', ihre Bezeichnung und damit auch ihre Be
stimmung: In den Boden der Geschichte haben sich die Ereignisse einge
schrieben bzw. eingegraben'. Er selbst spricht die Zeitüchkeit aus, die ursprüng
lich und ursächlich zuvor nur dem da-seienden Menschen zukommen sollte.

48 Ebd., § 42: „Die Aufgabe der konkreten Vorzeichnung von Wegen einer wirklichen
Durchführung der transzendentalen Reduktion". S. 155 f. S. 154; kursiv, S.G.
49 Zur Skizze der geistigen Geographie der Philosophie Husserls vgl. Jacques Derrida:
Vom Geist. Heidegger und die Frage, aus dem Französischen von Alexander Garcia Dütt
mann. Frankfurt a.M. 1988 (1987). S. 138-140, Anm. 62. - Dieser sieht auch Heideggers Phi
losophie „in eine gewisse Landschaft ein[ge]schrieben]" (Jacques Derrida: Fines hominis
(1968), aus dem Französischen von Henriette Beese. In: ders.: Randgänge der Philosophie
Wien 1988 [1972]. S. 119-141 und S. 331-336. S. 136). - Zu Heideggers politischer Geogra
phie vgl. wiederum auch Derrida: Vom Geist, a.a.O. S. 52-57.
50 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 73. S. 381.
M Ebd'
52 Zum Bezug auf die ethologische Umwelt-Konzeption Uexkülls im Spätwerk vgl. Martin
Heidegger: Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt - Endlichkeit - Einsamkeit. Gesamtaus
gabe Bd. 29/30 (hrsg. v. Friedrich-Wilhelm von Herrmann). II. Abt.: Vorlesungen 1923-1944.
Frankfurt a.M. 21992 (1983). S. 383 f. - Zu Uexkülls Anschluß an Kants Raumkonzeption
vgl. wiederum Jakob Johann von Uexküll: Gedanken über die Entstehung des Raumes. In:
ders.: Bausteine zu einer biologischen Weltanschauung. In: Felix Groß (Hrsg.): Gesammelte
Aufsätze. München 1913. S. 284-292.
53 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 73. S. 381 ; kursiv, S.G. - Heidegger setzt den Begriff
hier in relativierende, den Ausdruck als ,bloß metaphorisch' kennzeichnende Anführungszei
chen. Im Falle der ersten Nennung wurde der ,Boden' der Geschichte noch gesondert hervor
gehoben. (Vgl. ebd. § 72. S. 373.)

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62 Stephan Günzel

Der angeführte ,historische Boden' zeigt s


bedeutungstiftend für das geschichtliche
Nietzsches Fassung des historischen Phä
in der zweiten Unzeitgemäßen Betrachtung
seiner Auffassung dar: Zunächst ist es die
das Individuum, in welcher sich beide A
Möglichkeit, daß Historie überhaupt en
sein kann für ,das Leben', gründet darin
geschichtlich ist."55 Nietzsches Untersch
risch' und ,kritisch', seien nach Heidegger
Dreifachheit der Historie [...] in der Geschi
Nach Heidegger verbirgt sich hinter d
rie die existenziale Möglichkeit des ,Zuk
bei die Fähigkeit zur ,Wiederholung': E
schen Gedanken einer Wiederkehr „glei
ausschließt,5' jedoch als Horizont einer abs
Möglichkeit begreift, worin „das Gros
auch wohl wieder einmal möglich sein
schlossenheit" des Daseins, zukünftig zu

54 Heideggers Verwendung der Metonymie ,B


bräuchlichen, aber notwendigen Zug: Das von ih
durch die metaphorisierende Substitution eines
.Geschichte' durch .Geographie'.
55 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 76. S. 39
lung auf Nietzsches Frühschrift: „Die, Geburt der
bedeutet dann: die primäre Thematisierung des
nes Dasein auf seine eigenste Existenzmöglichk
erklärt sich Nietzsches Schreiben gegen den H
nomens überhaupt aus der Verschüttung des .Sin
eines Problems des .Historismus' das deutliche
seiner eigendichen Geschichtlichkeit zu entfremd
Historie. Unhistorische Zeitalter sind als solch
S 396.)
56 Ebd.
57 Ebd. - Heidegger betont wiederholt den Einheitscharakter, durch den „die drei Mög
lichkeiten [Historie] sein mfüssen]" (ebd.).
58 Friedrich Nietzsche: Unzeitgemässe Betrachtungen. Zweites Stück: Vom Nutzen und
Nachtheil der Historie für das Leben (1874). Sämtliche Werke (hrsg. v. Giorgio Colli, Mazzino
Montinari). Kritische Studienausgabe Bd. 1. München, Berlin, New York 21988 (1967-1977).
S. 261.
59 Ebd. S. 260.

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Geschichtlicher Boden 63

lung einer überkommenen Existenzmöglich


sei aber wiederum nur .eigentlich' als .Vorlauf
Der Modus der .antiquarischen' Historie e
Zeitlichkeit direkt aus dem ersten: .Wiederhol
Dimension des Vergangenen in sich ein. Get
Weisen deshalb gar nicht zu denken.
In gleicher Weise möchte Heidegger die d
tische', in das Schema einbinden. Doch so w
hatte, diese Dimension unmittelbar neben den
tisierung zu integrieren, scheint Heidegger
zwingen zu wollen. Die unmittelbare Konseq
tisierung ist, daß sich das bei Heidegger anson
lich-Sein für seine Zeit' in ein nun negativ
Heute" wandelt.61
Doch gerade durch diese Wendung nähert
danken der Intention nach an: .Kritik' bes
Taktgleichheit mit dem .Zeitgeist', erst rech
.Zeitalters des Geistes'. Vielmehr nahm die
den Charakter dessen an, was es bedeutet, .u
ßer-historischen Position aus über die Gegen
denkt die Differenz zur Gegenwart wie Nietzs
Der maßgebliche Unterschied besteht in H
nimmt er die systematische Sonderrolle der
sichtigt aber nur den qualitativen und eben
schnitt in Nietzsches Gesamtkonzeption. Dag

60 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 74. S. 385. - „


Überlieferung, das heißt der Rückgang in die Möglic
Davon ausgehend definiert Heidegger das Verständ
gleichzeitig seine Zuordnung: „Nur faktisch eigen
schlossenes Schicksal die dagewesene Geschichte so
die .Kraft' des Möglichen in die faktische Existenz he
keit auf sie zukommt." (Ebd. § 76. S. 395.) Der rum
sieht in einer solchen Vorstellung von Wiederkehr e
Rückkehr zur mythischen Zeit der Uranfänge, zur .
tologie" (Mircea Eliade: Kosmos und Geschichte.
Frankfurt a.M. 31986 [1949]. S. 7 f.) zu klassifizieren
61 „Das Dasein zeitigt sich in der Einheit von Zuk
Diese erschließt, und zwar als Augenblick, das Heut
zukünftig-wiederholenden Verstehen einer ergriffen
die eigentliche Historie zur Entgegenwärtigung des H
von der verfallenen Öffentlichkeit des Heute. Die m
als eigentliche notwendig Kritik der ,Gegenwart
S. 397; kursiv, S.G.)

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64 Stephan Günzel

,monumentalische' Historie für Heidegg


bung, nach der sich der Gebrauch der jew
Diese Konfiguration hat zum Teil Grü
Entwicklung. Das Konzept der ,monumen
spät: In dem Aufsatz Der Zeitbegriff in de
noch unter starkem Einfluß von Rickerts
setzt Heidegger einen qualitativen', hist
genen', physikalischen ab. In jenem sieh
Ineinandergreifen von „Quelle", also antiqu
geben. Noch fehlt die in Sein und Zeit
mentalischen' Historie gänzlich.6'
Zusammenfassend ist damit zum einen
künstlichen Schematisierung, Heidegger, i
Art betrachtet, geschichtliche Wissenscha
Verständnisses von gegenwärtigem' erklär
Folge geleistet zu haben scheint. Zum an
die Kristallisation des Vorrangs eines ,ü
festzustellen: Stärker als Nietzsche, bei de
Charakter des ,Überhistorischen' nur ze
sieht Heidegger diesen durchgängig als die
Die so charakterisierte Raum-Zeit des ,g
der geschichtliche Boden', d.h. die Erm
durch Orte.65

62 Martin Heidegger: Der Zeitbegriff in der


Schriften. Gesamtausgabe Bd. 1, I. Abt.: Veröffe
1978. S. 413-433 (1916). S. 429.
63 Dagegen wird beispielsweise in Der Spruch d
Heidegger diagnostizierten „Ausbreitung und Ve
liche[n] Herrschaftsform" - gemeint ist ,,[d]ie t
durch den Rundfunk und die bereits nachhink
Wort ,Gott ist tot' (1943). In: ders.: Holzwege
247], S. 326 [301].) - an Nietzsches Vision einer
aus - nach dem Schema ,monumentalischer' Hi
„Europa der Völker" zurückgegriffen werden so
ders als in Sein und Zeit nicht auf geschicht
,Gedrucktes' beschränkt.
64 Zur DarsteËung des Zusammenspiels der d
ren Stellenwert der kritischen Dimension in
Nietzsches Schreiben als kritische Geographie
Nietzscheforschung 5/6. S. 227-244. S. 231-241.
65 Heideggers Nietzsche-Interpretation bleibt
bestimmt: „Der Kampf um die Erdherrschaft un
sik bringen ein Weltalter der Erde und des ge

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Geschichtlicher Boden 65

3. Differenz und Wiederholung

Unter explizitem Bezug auf Heideggers


tieft Deleuze in seinem theoretischen H
zu Sein und Zeit, Differenz und Wiederho
dem Aspekt der Wiederholung und dem
sche. Mit Deleuzes Interpretation wird
Denken hin zu einer ,Geographie des De
Lesart Heideggers entgegengerichtet ist.

3.1. Deleuze über die topologische

Schon der Ansatz Deleuzes zeigt den A


Im Gegensatz zu Heidegger, der das
schließliche Wiederholungsmöglichkeit
Wiederholung auf sämtliche Prozesse d
chermaßen an:67,Wiederholung' ist bei
menschlichen Existenzweise eigen ist, son
Innerhalb von Deleuzes Versuch, eine
nicht der Dialektik und dem Identitäts
der Moment, welcher notwendigerweis
mitgedacht werden muß, um eine Konz
auf identitätsphilosophische Strukturen
,Ver-schieden-Sein von etwas anderem'

denn hier verwirklicht sich äußerste Möglichke


den der Mensch unternimmt, rein aus sich ü
Nietzsche, a.a.O. Bd. II. S. 261.) Später entpoli
auf den Bereich der Kunst an. Der Inhalt bleibt
Die Kunst und der Raum, zu lesen ist: „Wovon
Darin spricht das Räumen. Dies meint: roden, d
das Freie, das Offene für ein Siedeln und Wohn
gedacht, Freigabe von Orten, an denen die Schi
einer Heimat oder ins Unheil der Heimatlosigke
beiden kehren." (Martin Heidegger: Die Kunst
des Denkens. 1910-1976. Gesamtausgabe Bd. 13
Frankfurt a.M. 1983. S. 203-210 [1969], S. 206;
66 Vgl. bes. Gilles Deleuze: Differenz und W
seph Vogl. München 21997 (1969): Anmerkung
S. 93 f.
67 Deleuze stellt sich damit gegen die Platonische Todessehnsucht (vgl. Piaton: Phaidon.
63d-67b. Bes. 66e), welche in Heideggers Denken noch Wirkung zeigt.

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66 Stephan Günzel

kehrung der Vorstellung von personaler


Raum-Zeit-Koordinaten) ,Mit-sich-selber
gegen differiere zuallererst auch mit sich
Sein.6' - ,Differenz' ist demgemäß ein Prin
Daraus folgt für Deleuze erstens, daß ,
muß, und zweitens, weit wichtiger, daß
schon je ,wiederholte' sind. Letzteres nu
sen verstanden werden: In einem ersten Si
diagnostisch auszumachende .Teilidentitä
Bestandteile des scheinbar schlechthin Dif
Im Denken Deleuzes wird Wiederholun
hältnis von sich Unterscheidendem bezoge
rung des identitätslogischen Differenzsc
sondern auf die Hervorbringung von Un
deutet Deleuze nicht auf den Aspekt, daß
Differenzen, generieren, sondern, daß d
duktionsprozeß in der Zeit wiederholend d
Damit kann Deleuze dem Identitätsdenk
Entitäten in der ihnen jeweiligen Einzigart
als es dieses Denken durch seine Vorgab
Dogma des Hervorgehens ,νοη etwas aus
Wiederholung der Repräsentation .einge
doxerweise ist es hierbei weder möglich
denken, noch konnte .Identität' auf einen
kommt nicht darauf an, ob man in eine
.Wiederholung' an den ,Dingen' aufweis
man diesen ein ,Gerichtet-Sein' (auf Ide
telos) zuspricht oder nicht.71 In der philos
weg Versionen einer derartigen Finalisieru

68 Deleuze plädiert demgemäß für eine Denkge


zontalen Referenz Verhältnissen. (Vgl. Gilles Del
von Bernhard Dieckmann. Frankfurt a.M. 1993
69 In dieser Variation wird von einer konkrete
Elemente aneinander ausgegangen. Dies war der
bung von Familienähnlichkeiten vorzeichnete
wandt ist. (Vgl. Wolfgang Welsch: Vernunft. Di
Konzept der transversalen Vernunft. Frankfurt
70 „In der Repräsentation ist die Wiederholung
Bildung aufzulösen. Oder eher: sie bildet sich
Wiederholung, a.a.O. S. 356.)
71 Deleuze unterscheidet demgemäß zwischen
[vêtue]' Wiederholung. (Vgl. ebd. S. 12, S. 339 f

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Geschichtlicher Boden 67

In dem Aufsatz ,Piaton und das Trugbild'


der Formulierung der Voraussetzungen, die e
bedingen würden.72 Deleuze weist nach, d
sonders in Politikos) erörterte Beziehung
einem epistemologischen Interesse dient,
Abbilder zu bestimmen, als vielmehr dem mo
(Simulakren, Phantasmen) auszuschließen.
werfung der Differenzen tragenden Abbilder
große Dualität, die Idee und das Bild, verfolg
scheidung zwischen den beiden Bildarten z
zu liefern."73 Denn „[d]as Trugbild beruht au
ner Differenz, es verinnerlicht eine Unähn
sche Wille zur Austreibung des Trugbilds ist
renz mit sich bringt".75
In Potenzierung dazu erfahre die Differenz
das Auseinanderrücken untereinander nicht d
einander vergleichbarer), sondern koexisti
nus proximum). Differenzen (als jeweilige dif
Voraussetzung der Zugehörigkeit zu einer Ga
tigt - folglich dort, wo ihre Identität bereits
Folge, daß Aristoteles die größtmögliche D
den Negationen der artbildenden Begriffe an
Verständnis der Analogie der explizierten dif
he kommt (die .Erkenntnis durch Vergleich'

Identitätsdenkens erzeugt erst die Fiktion möglich


ßen und natürlichen bzw. einer ,rein materiellen* W
Naturgesetz einschließt, welche in der Folge auch a
(Vgl. ebd. S. 15-20.)
72 Gilles Deleuze: Piaton und das Trugbild. In: d
(1966). S. 311.
73 Ebd. S. 314.
73 Ebd. S. 315.
75 Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.O. S. 332. - Zur Gegenstrategie des Lukrez
vgl. Gilles Deleuze: Lukrez und das Trugbild. In: ders.: Logik des Sinns, a.a.O. S. 324-340

76 Dorothea Olkowski kommentiert entsprechend: „Merely material contraries would of


course be accidentai; [...] Only the genus is divided by specific différences; that is, the différ
ences modify the subject in its form such that the genus remains the same for itself (identical),
yet becomes other in the différences that divided it." (Dorothea Olkowski: Différence and the
Ruin of Representation in Gilles Deleuze. In: Sites of Vision. The Discursive Construction of
Sight in the History of Philosophy, ed. by David Michael Levin, Cambridge, MA. 1997.
S. 467-491. S. 474.) - Zu Aristoteles' Überbietung des Piatonismus vgl. auch Deleuze: Diffe
renz und Wiederholung, a.a.O. S. 87-89.

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68 Stephan Günzel

Gleichheit und Verschiedenheit, nämlich d


teles durch Thomas von Aquin konseque
setzung der ,Analogie des Seins' denkt, d.h
ein „innerefr] Bezug zum Sein unterh[alte
Trotz seiner metaphysikkritischen Aus
Verhältnis der Identität zwischen Sein u
den Begriffen apriori und den ,empirische
tionsleistung wie den Begrenzungen jen
renz ,an sich' (das ,Mannigfaltige') erneu
schlossen bleibt.78 Hegel schließlich „tr
spruch' „bis ans Ende":7' Auch in diese
Differenz wie bei Aristoteles nur als Ne
ung') denkbar, wodurch die Differenz
[ge]führt" wird und jene „die Identität ih
gen läßt".80
Von dieser Ahnenreihe ausgehend wir
Nietzsches Philosophie für Deleuze hat:
der seit zweitausend Jahren angestrebt
zwar von Denkern wie Lukrez, Duns Sco
wurde, aber erst mit Nietzsche zur vollen
An Nietzsches Gedankenexperiment au
storie für das Leben läßt sich zeigen, wie
Differenten konzipiert sein kann: Nietz
Wiederkehr schon früh die Unmöglichk
Dennoch hielt er an der Wiederkehr als
mentalisch' ausgerichteten und aus dem
wählenden Menschen fest, der dadurch
aus' befähigt werde. Im Verbund mit d
zunächst eigentlich historisch denkende
außerhistorische Sphäre entrückt.81

77 Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.


Scotus vgl. ebd. S. 58-64.
78 Vgl. ebd. S. 337.
79 Ebd. S. 330.
80 Ebd. (Vgl. auch ebd. S. 67-70; und Deleuze:
Zu Spinozas Gegenstrategie vgl. Gilles Deleuze
der Philosophie, aus dem Französischen von
(1968). Bes. S. 39-48.
81 „Im Gefolge Nietzsches entdecken wir, daß
Ewigkeit: Die Philosophie ist weder Philosophie

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Geschichtlicher Boden 69

Diese Sphäre nun ist die des Differenten


duzierende, „verdoppelnde Wiederholung"
sem Bereich aufhaltende Mensch hat se
nerie des Abendlandes entrückt und se
dies zuletzt nicht, wie Heidegger es zu
lichkeit, sondern mit Blick auf sein Leben
des Unterschieds.

3.2. Aktives Vergessen - Ein neues

Bereits in seiner frühen Studie Nietzsche u


daß mit Nietzsche ,,[e]in neues Bild de
bracht wurde.85 Dieses habe sich vom
freit, das der Philosophie unter Bedingun
zur Aufgabe machte: Zunächst, „das W
dann vorauszusetzen, die Mannigfaltigk
sierenden Denken im Widerstreit liege
klariert wird, beruhe auf einem „Irrtum"
Tradition mit dem ,Wahren' zu begegne
ausreiche, um gut, um ,in Wahrheit' zu d
Diesen drei Punkten setzte Nietzsche bes
Genealogie der Moral zum ersten die Ei
und „Wert" entgegen anstehe der Idee d
gen die philosophische „Dummheit" sta

sondern unzeitgemäß, immer und einzig u


derholung, a.a.O. S. 13.)
82 Katrin Meyer: Ästhetik der Historie. Frie
der Historie für das Leben'. Würzburg 1998. S.
83 Winchester bezeichnet Deleuzes Nietzsche-D
to date to make systematic sense out of Nietzs
oversystematize Nietzsche's thought" (James J
ing Nietzsche after Heidegger, Deleuze, and Der
84 Gilles Deleuze: Nietzsche und die Philos
Schwibs. Hamburg 1991 (1962). S. 114.
85 Zu der dort entwickelten und in Differenz
on einer physikalischen wie ethischen Wiederh
55 und S. 75-80.
86 Ebd. S. 113.
87 Ebd.
88 Ebd.; kursiv, S.G.
89 Ebd. S. 114.

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70 Stephan Günzel

stand des Denkens";90 und drittens eine


„Topologie" anstatt einer ,Methode'.91 Nac
welcher Region diese und jene Irrtümer ge
formuliert und wahrnimmt".92 Ihr kom
stimmung von Nietzsches philosophischer
Die Dimension des ,Kritischen' wird in
bestimmung der Philosophie als Kritik ihr
genwart: Sie hat sich von den Vorgaben
beschreibt nun von ihrer Warte aus das De
statt die Gegenwart mittels monumentalis
tion aus der Vergangenheit her zu legitim
archimedischen Beobachterstandpunkt,
,inmitten' des Geschehens befindet.94
Wie Nietzsche in Aussicht stellte, sollt
tern des Historismus bzw. der historischen
ne neue, von der Historie ,gesundete', ab
Wissenschaft an deren Stelle treten. Nietz
ein, der diese Leistung vollbringen und
als Person wie als .Text', erlangen könne. S
nachträglich verfaßten „Vorrede" zum
menschliches seinen Weg zur Konstruktion
gegen die .historische Krankheit' gesagt h
langsam, mühsam genesen lernte und ganz
auf .Historie' zu verzichten, weil er einstm
Die neue .pragmatisch-kritische' Histor
ner wechselseitigen Kultur- und Bewuß
ökonomischen Betrachtung der ,Erde al

90 Ebd. S. 115. - „Die Dummheit macht eine Stru


sich zu täuschen. Sie bringt de jure den Un-Sinn
einfältige Gedanken, [...] die gänzlich aus Wah
wie Blei." (Ebd.; kursiv, S.G.)
" Ebd. S. 116.
92 Ebd.
" Zur Verbindung zwischen dem .Moralischen' und dem .Territorialen' bei Nietzsche
nach Deleuze vgl. auch Thomas Lange: Die Ordnung des Begehrens. Nietzscheanische
Aspekte im Werk von Gilles Deleuze. Bielefeld 1989. S. 25-28.
94 So sieht auch Welsch die Aufgaben gegenwärtigen Philosophierens, in welchem die ra
tionale wie die historische .Vernunft' wiederholt in Mißkredit gerieten, darin, „wie Vernunft in
mitten dieser Kritik neu konzipiert werden könnte" (Welsch: Vernunft, a.a.O. S. 31).
95 Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister. Zwei
ter Band. Neue Ausgabe mit einer einführenden Vorrede (1886). Sämtliche Werke Bd. 2,
a.a.O. S. 370.

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Geschichtlicher Boden 71

dieses Projekts in drei entsprechenden Bere


ner Theorie des ,Aktiven Vergessens', zw
bewußten ,Kulturschaffens' und drittens m
bzw. .Verhaltens zur Erde'.
Das erste Thema spezifiziert Deleuze als
ge Nietzsches zur Psychologie, die bereits
auswiesen Wie Freud nimmt Nietzsche nach Deleuze die Existenz bzw. die
Wirksamkeit zweier Ebenen im Denken an: die Ebene der gegenwärtigen Re
zeption (Wahrnehmung) und die der Aufzeichnung eines Vorrats zur Repro
duktion von Wahrgenommenem (Erinnerung). Deleuze kann behaupten, diese
beiden „Systeme" entsprächen in Freuds Terminologie dem „Bewußtsein" und
dem ,,Unbewußte[n]",97 da Nietzsche dem .Erinnern' apodiktisch die Möglich
keit adäquater Reproduktion abspricht und statt dessen das Sich-Anhäufen von
Erinnerungen (die Tätigkeit des bloß .antiquarischen' Sammeins) als Besetzung
und Beeinträchtigung des Potentials aktiver Wahrnehmung betrachtet. In diesem
Sinne determiniert, strukturiert und beschneidet das Unbewußte bzw. die Erin
nerung Gegenwärtiges."
Nietzsche bezeichnete jenen Vorgang der Gedächtnisbeschneidung in Zur
Genealogie der Moral als Ausdruck „ reaktive[r] Affekte", die er dem „Ressenti
ment"99 zuschrieb.100 Diese .Kraft' bezeichnet den Umstand, daß das Verhalten
derjenigen, denen sie eigen ist, im eigentlichen Sinne überhaupt nicht mehr zum
Reagieren fähig sei, sondern diese eine mögliche, reagierende Aktion nur noch

96 Zum Verhältnis von Nietzsche und Freud allgemein vgl. Reinhard Gasser: Nietzsche
und Freud. Monographien und Texte zur Nietzsche-Forschung Bd. 38 (hrsg. v. Ernst Behler,
Eckhard Heftrich, Wolfgang Müller-Lauter, Jörg Salaquarda, Josef Simone). Berlin, New York
1997; zum folgenden auch ebd. S. 368-397.
97 Deleuze: Nietzsche, a.a.O. S. 123.
" Deleuze spricht im Sinne Freuds von „Gedächtnisspuren" (ebd.), die geschrieben' wür
den.
99 Friedrich Nietzsche: Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift (1887). Sämtliche
Werke Bd. 5, a.a.O. S. 310.
100 Nach Braatz könnte die Bezeichnung .Ressentiment' philosophisch erstmals von Mon
taigne verwendet worden sein und bei den von Nietzsche gelesenen Französischen Moralisten,
allen voran La Rochefoucauld, eine Konjunktur erfahren haben. (Vgl. Kurt Braatz: Friedrich
Nietzsche - Eine Studie zur Theorie der Öffentlichen Meinung, Monographien und Texte der
Nietzsche-Forschung Bd. 18 [hrsg. von Ernst Behler, Wolfgang Müller-Lauter, Heinz Wenzel],
Berlin, New York 1988. S. 207, Anm. 14.) Ein weiteres, aber unzureichendes Äquivalent sieht
Max Scheler in dem deutschen Wort „Groll" (Max Scheler: Das Ressentiment im Aufbau der
Moralen. Frankfurt a.M. 1978 [1912], S. 2). Schmidt-Biggemann rückt Nietzsches Konzepti
on dagegen in die Nähe von Herders Begriff der .Besonnenheit', welcher die Fähigkeit meint,
.Bewußtsein zu haben', zu .reflektieren' respektive .Sprache herauszubilden'. (Vgl. Wilhelm
Schmidt-Biggemann: Geschichte als absoluter Begriff. Der Lauf der neueren deutschen Philo
sophie. Frankfurt a.M. 1991. S. 33 und S. 44, Anm. 4.)

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72 Stephan Günzel

.fühlen' [senti] könnten.101 Das Uberladen


Last der Erinnerungen habe die Fähigk
genwärtiges erstickt. Eine wirkliche Re-A
sche Rezeptivität" voraus.102 (Im Bild d
beschreibbar sein, was natürlich ein .U
zeichnungen' impliziert.) Die .aktiven K
führten zur Erneuerung der Inhalte de
Träger .aktiv vergessen' könne.
Mittels des .aktiven Vergessens' aber ver
den Vermögen .Wahrnehmung' und .Erin
einem neuen Vermögen verschmelzen,
bewußte' werde bewußt respektive als R
.Bewußtsein' im Handlungsvollzug aktiv e
Deleuze: „Die Freudsche Formel ist um
stellen."106

Streng genommen ist es also nicht der Ausdruck einer .Kraft' (aktiv oder re
aktiv), die sich in diesen Vorgängen manifestiert, sondern der Ausdruck eines
Verhältnisses zwischen den Kräften bzw. ihr jeweilig unterschiedlicher Einsatz.
So komme Nietzsche nach Deleuze zu einer adäquateren Schematisierung der
jeweiligen Kräftekonstellationen in .Typen': Einerseits die Konstellation zuneh
mender Reaktion auf Erinnerung, die zum ,Re-senti-ment' führt, und anderer
seits die wachsende Reaktion auf Wahrnehmung, die zum .Tätigsein' führt, so
wie sich daraus ergebend ein .reaktiver' gegenüber einem .aktiven Typus' bzw.
ein .Reaktiv-Werden' gegenüber einem .Aktiv-Werden'.
Die Darstellung der Theorie .zweier Gedächtnisse' bei Nietzsche durch De
leuze fußt auf dessen Rezeption von Henri Bergsons Untersuchung Materie und
Gedächtnis. Eine Abhandlung über die Beziehung zwischen Körper und Geist: In
seiner Rekonstruktion unterscheidet Deleuze mit Bergson die Fähigkeit zur

101 Zu dieser Bedeutung des Begriffs ,Ressentiment' vgl. Deleuze: Nietzsche, a.a.O. S. 122.
102 Ebd. S. 123.
,M Meyer wiederum stellt die Verbindung zu Freud über die plastische Kraft' - der dem
Vergessen korrelierten Potenz - nach Nietzsche her. (Vgl. Meyer: Ästhetik der Historie. a.a.O.
S. 98.)
104 Deleuze weist darauf hin, daß bei Nietzsche ,Bewußtsein' stets „Bewußtsein eines Un
terlegenen gegenüber einem Überlegenen" (Deleuze: Nietzsche. a.a.O. S. 45) bedeute, sprich:
,Sklavenbewußtsein'. Nur das Bewußtsein des ,Herrn' konnotiere Nietzsche mit
Selbstbewußtsein'. (Vgl. auch Stephan Günzel: Immanenz. Zum Philosophiebegriff von Gilles
Deleuze. Essen 1998. S. 76 f.)
105 Dies steht im Gegensatz zu Freud, der den Zugang zum Unbewußten in der Arbeit am
Vergangenen suchte.
106 Gilles Deleuze, Ciaire Parnet: Dialoge, aus dem Französischen von Bernd Schwibs.
Frankfurt a.M. 1980 (1966). S. 86.

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Geschichtlicher Boden 73

Aktualisierung' von Erinnerung von der


Dieser liege eine andere Unterscheidung vor
Differenz markiere: Der ,reinen Vergang
Gegenwart' (Matene) gegenüber. Dabei h
Gegenwart sei dagegen in einem permane
ständig. (In jedem Sinne ist diese Vergang
ren Ermöglichungsbedingung sie bildet.
genheit besteht, während die Gegenwart im
Beide „Sphären" koexistierten mitein
tauschverhältnis,107 in welchem Vergangen
siert' werden könne: Im Gedächtnis seien d
genheit) .virtuell' existent. Sie .realisiert
tätige, unbewußte Wiederholung im Ge
usw.). Zur .Aktualisierung' von Gedächtn
.Übersetzung' in motorische Erregungen
des Geistes müsse mit der Bewegung des
gehen. Bergson bezeichnet den Vorgang als
und hat dabei zunächst v.a. rein .praktisc
Orientierung in einer Stadt, vor Augen. Die
hingegen von einer solchen Umsetzung get
Indem Bergson diesen Vorgang nicht n
annimmt, sondern ebenso für den Bereich
auf diese Weise auch Aphasien auf motor
heben sich nach Bergson kleine aphasisch
gemeine Wortfindungsstörungen, durch
Sprachfeld, bis die Formung des Wortlau
mit dem Erinnerungsbild des Wortes (de
giere. Kranke, die unter Orientierungsschw
innerung, sondern „[es kommt nicht] [
fehlt".108 So werde auch jedes zukünftig
möglich. - Wie sich zeigt, sind die .Apha
.Reaktiven' nach Nietzsche verwandt: Be
Gedächtnisses durch Aktualisierung. Beid
lung von deren Ausführung.

107 Gilles Deleuze: Henri Bergson. Zur Einfüh


von Martin Weinmann). Hamburg 21997 (1966).
m Ebd. S. 89.

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74 Stephan Günzel

3.3. Topologie

Von hier wird Nietzsches Einschätzun


,Krankheit' in Opposition zum historisc
einsichtig: „Das Ressentiment stellt eine R
gleich aufhört, ausagiert zu werden. Diese
Nietzsche gibt sich nicht mit der Aussag
Krankheit - die Krankheit als solche ist vielmehr eine Form des Ressenti
ments."10''

Mit Freud charakterisiert Deleuze eine derartige Typologie als „topische An


nahme":"0 ,Topisch' sei die Typologie nach Deleuze nicht etwa,"1 weil vonein
ander geschiedene ,ontologische Bereiche' durch die in der Theorie gesonderten
Typen besetzt würden, sondern, da sie jeweils divergente Ordnungsmuster bzw.
Schlußformen vertreten, die selber entweder strukturierend wirkten, oder sich
eben bloß einer vorgefundenen Ordnung überließen."2
In der Konsequenz kommt es zur Gegenüberstellung zweier Arten von
,Gedächtnis', zu einer „Theorie zweier Gedächtnisse":"3 Auf der einen Seite zu
der dialektischen Vorstellung von .Erinnern' und .Wiedererinnern', worin
Wahrnehmung konzeptuell ausgeschlossen bleibt,"4 und auf der anderen Seite
zu einer monistischen Vorstellung des Gedächtnisses, demzufolge die Wahr
nehmung dem Gedächtnis selbst entspricht.

109 Deleuze: Nietzsche, a.a.O. S. 125. - Nietzsche entsprechend: ,,[D]ie Erinnerung ist ei
ne eiternde Wunde. Kranksein ist eine Art Ressentiment selbst." (Friedrich Nietzsche: Ecce
Homo. Wie man wird, was man ist [1908], Warum ich so weise bin. Sämtliche Werke Bd. 6,
a.a.O. S. 272.) - Auch Scheler bestimmt das Ressentiment als ,Krankheit', als „seelische Selbst
vergiftung" (Scheler: Das Ressentiment, a.a.O. S. 4).
110 Freud zit. n. Deleuze: Nietzsche, a.a.O. S. 123. - Freud arbeitet bekanntermaßen mit
zwei .topischen Modellen'. (Vgl. Thomas Köhler: Freuds Psychoanalyse. Eine Einführung.
Stuttgart, Berlin, Köln 1995. S. 38-44 und S. 50-56.)
111 Kofman wiederum spricht von einer „typologiscben Differenz" (Sarah Kofman: Nietz
sche und die Dunkelheit des Heraklit. Aus dem Französischen von Ciaire Baldwin und Tho
mas Nolden. In: Sigrid Bauschinger, Susan L. Cocalis, Sara Lennox [Hrsg.]: Nietzsche heute.
Die Rezeption seines Werkes nach 1968. Bern, Stuttgart 1988. S. 75-104 [1986]. S. 79.), mit
der sie eine Unterscheidung von philosophischen Typen nach Nietzsche markiert, welche dem
hier vorliegenden Schema ,aktiv-reaktiv' entspricht.
112 Siehe hierzu vor allem Sigmund Freud: Einige Bemerkungen über den Begriff des Un
bewußten in der Psychoanalyse. In: ders.: Psychologie des Unbewußten. Studienausgabe
Bd. ΙΠ. (Hrsg. v. Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey). Frankfun a.M.
1982 (1969 ff.). S. 25-36 (1912). - „Es macht die Stärke und Eigenständigkeit des modernen
psychologischen Wissens aus, daß es die menschliche Position aus der Reichweite der Geome
trie und der Einwohnermeldeämter entrückt hat." (Sloterdijk: Sphären I, a.a.O. S. 83.)
113 Deleuze: Nietzsche, a.a.O. S. 126.
1,4 „Die Dialektik" ist nach Deleuze die „Ideologie des Ressentiments" (Ebd. S. 133).

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Geschichtlicher Boden 75

Wie gezeigt, verliert die .Erinnerung' desh


dert sich nur: .Erinnern' ist fortan nicht
seins, sondern eine Stufe historisch-selbs
leuze führt hierzu Nietzsches Rekonstruk
Auffassung von .Kultur' an. Sie stelle sich d
chen, d.h. .interesselosen' Methodik entg
solange unverstanden, solange nicht alle We
der Methode abhebt. Diese setzt einen gu
Die Kultur demgegenüber stellt einen vo
eine Formation des Denkens unter der H
die das gesamte Unbewußte des Denkens
chen nicht von Methode, sondern vonpai
Das Denken des ,aktiven Typus', das .D
.genötigt' zu denken, es werde .bedrängt
wendigkeit, ,zu denken' und demgemäß z
schaffung' einer Kultur - in Nietzsches Fall
mentalischen', der .antiquarischen' und d
aber auch von dem .reaktiven Typus' als
Historie aus, welche eine Kultur wahrneh
sei. Dies kann unter Umständen gerade d
senschaftlichen Methode entstehen, wie d
quarischen' Historie als Paradigma des Histo
Mit Blick auf Heidegger zeigt sich der zen
Philosophien und Interpretationen von H
samer Ansatzpunkte, konträr gegenübert
der Nietzsche-Rezeption schlechthin sow
ziehung zwischen Philosophie und Geogr
im Besonderen bezeichnet:"6 Heidegger w

1,5 Ebd. S. 119. Im siebten Buch der Politeia unt


in dem das Denken (die Seele, die Vernunft) ,zum
und einem Zustand, in dem Denken .inaktiv' ble
daß einiges auffordernd für die Vernunft ist, an
Vgl. auch bereits ebd. S. 523a-524d.) - Für Deleu
in vielem von dem abweicht, das er [sc. Piaton]
(Deleuze: Nietzsche, a.a.O. S. 229, Anm. 95.)
116 Die Differenz wiederum zwischen Nietzsche
ausgehend von Freud, anhand des Schuldbegriffs
über/auf Freud. In: ders.: Die Postkarte. Von Sok
aus dem Französischen von Hans-Joachim Metz
Anm. 6.)

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76 Stephan Giinzel

Erziehung, der paideia,117 als ,Zucht' in da


als Wiederholung der eigentlichen Dasei
den „Freisein für den Tod".119 In den kultu
ihn daraus die Kollektivform „des Volke
tiv ergreifen und „im Kampf" dessen „Mach
Schon Gadamer war hierin weitsichtiger
pretation des ,Vergessens' den Zug einer
ihm noch zugedacht hatte: „Dem Verhäl
gehört in einer lange nicht genug beachtet
nur ein Ausfall und ein Mangel, sondern w
eine Lebensbedingung des Geistes ist. Nur
die Möglichkeit der totalen Erneuerung, di
zu sehen, so daß das Altvertraute mit dem
sicht verschmilzt."122

Heideggers Typus des entschlossenen D


Besetzung realer Orte.121 Dies stellte berei

117 Nach Platon ist ein zentrales Ziel der Erzieh


chen. (Vgl. Piaton: Politeia. 423d-427a.)
"* Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 74. S. 38
119 Ebd. S. 384.
120 Ebd.
121
Heidegger schreibt weiter: „Das schicksalhafte Geschick des Daseins in und mit seiner
,Generation' macht das volle, eigentliche Geschehen des Daseins aus." (Ebd. S. 384 f.) - Zum
Generationen- bzw. Geschlechtsbegriff bei Heidegger vgl. auch Jacques Derrida: Heideggers
Hand (Geschlecht II) (1985). In: ders.: Geschlecht (Heidegger), aus dem Französischen von
Hans-Dieter Gondek. Wien 1988 (1987). S. 45-99 und S. 112-117.
122 Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen
Hermeneutik. Gesammelte Werke Bd. 1. Hermeneutik I. Tübingen 1986 (1960). S. 21 (13). -
Heidegger weist vor der oben behandelten, einschlägigen Stelle in Sein und Zeit erstmals in
einer Fußnote im Rahmen der Erörterung der „existenzial-ontologischen Fundamente des
Gewissens" auf die „Gewissensinterpretation" (Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 55: „Die
existenzial-ontologischen Fundamente des Gewissens", S. 270-272. S. 272, Anm. 1) Nietz
sches hin, die neben der Kants, Hegels, Schopenhauers, Ritschis und anderer einen besonde
ren Stellenwert inne habe. - Kittsteiner sieht gerade in diesem Rückgang Heideggers auf
Nietzsche ein Indiz für die willkommene Übernahme der nach eigenem Gutdünken verän
derbaren Geschichtsschreibung im Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. (Vgl. Heinz
Dieter Kittsteiner: Vom Nutzen und Nachtheil des Vergessens für die Geschichte. In: Gary
Smith, Hinderk M. Emrich (Hrsg.): Vom Nutzen des Vergessens. Berlin 1996. S. 133-174.
S. 150-154.)
123 Zu beobachten ist dies auch in Heideggers ,Begründung' seiner Ablehnung des Rufs an
die Universität Berlin von 1933, Schöpferische Landschaft: Warum bleiben wir in der Provinz?, in

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Geschichtlicher Boden 77

Zusammensein gemäß des Geschicks [i.O. d


Aufgabe des Denkens als Dienst an der Selb
wird deutlich, daß er, was hier auf dem Sp
wohl, um sich seiner zu versichern. Nicht
nannt habe, die Heiligung des volkhaften Bod
Zunächst schienen die Grundzüge von Hei
Widerspruch zu der Forderung Nietzsche
biert hat: Erziehung zum Selbstbewußtsein, d
Ressentiment gegenübertritt und im Ringen
,Kultur' hervorbringt. AEerdings klamme
scheidende, die Einschränkung Nietzsches
Elemente seiner Überlegungen zu Gleichni
setzt werden soüen. Nietzsche läßt damit o
sundung' diese Mittel noch adäquat sein w
ihrer Anwendung hinausreichende Geltung
siert gegen Nietzsches Intention das Ring
einzigen Form der Kultur- und WirkHchkeit
sierung steEt sich Heidegger in die Tradition
matische und geographische Bedingungen a
spektive verhindernd ansetzt, wohl aber de
bzw. Kultur entsteht als ,,geschichthche[n] B

der er sich auf Gegebenheiten des bäuerlichen Milie


diskreditieren. - Zur Kritik dieser frühen Form d
deggers und ihre späteren Transformation durch H
schen Universalismus und Partikularismus. Zum V
Antike, Neuzeit und Postmoderne unter besonder
nerschaftsfeier Unoke - Meßkirch. Symposion: Heim
am 3. und 4. Mai 1985 (hrsg. von der Stadt Meßkirc
124 Jean-François Lyotard: Heidegger und die J
mens-Carl Härle. Wien 1988. S. 106; kursiv, S.G.
125 Derrida kommentiert entsprechend: „Kein Zw
sen des Seins gemahnt hat; es hätte nicht die metap
aufgebürdet hat." (Derrida: Fines hominis, a.a.O. S
Derrida und Heidegger in bezug auf Nietzsche hinsi
Günzel: Tot ist bei Göttern nur ein Vorurtheil. Übe
und wie er sich mit Derrida in Heideggers Nietzsch
verstanden hat (1997). In: Nietzsche. Texte und Kont
126 Zu Hegels Geistgeographie vgl. ders.: Nietzsc
127 Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O. § 73. S. 381.

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78 Stephan Günzel

um Vorherrschaft stritten.128 Heideggers


terroristisch."0
Auch für Deleuze ist die Darstellung d
die Philosophie leitender Aspekt der Dars
sich auf die vorgebliche Verdrängung des
Die beiden wichtigen und trennenden
die auf größere Textnähe beruhende Spezi
tionen. und nicht nur als kontradiktor
notwendigen Kontingenz zukünftiger Ere

3.4. Die Leichtigkeit der Erde - Mn

Deleuzes dritter und letzter Punkt sein


sches steht in unmittelbarem Verhältnis
Allzumenschliches skizzierten Möglichk
bewußter Kulturbildung. Nietzsche unter
inhaltlich nur vage als die Erreichung „
hung der Menschen, ihre[r] Ernährung
hatte."2
Um diesen Punkt näher zu erläutern, beruft sich Deleuze auf chronologisch
spätere Stellen im Werk Nietzsches. Von besonderem Interesse ist für ihn dabei
Also sprach Zaralhustra, Nietzsches zentraler und multiperspektivischer Text.

128 Wie Motzkin hervorhebt, kann Heidegger ,Vergessen' in der bei ihm spezifischen
.Seins-Vergessenheit' bzw. dem Vergessen der Eigentlichkeit der Selbst-Identität nur negativ
bewerten. (Vgl. Gabriel Motzkin: Die Bedeutsamkeit des Vergessens bei Heidegger. In: Gary
Smith, Hindreck M. Emrich [Hrsg.]: Vom Nutzen des Vergessens. Berlin 1996. S. 175-190.)
129 Peter Sloterdijk: Sphären Bd. II. Makrosphärologie: Globen. Frankfurt a.M. 1999.
S. 146.
130 Oder wie Marc Augé für diese Form des Denkens summarisch feststellt: „Boden = Ge
sellschaft = Nation = Kultur = Religion" (Marc Augé: Orte und Nicht-Orte. Vorüberlegun
gen zu einer Ethnologie der Einsamkeit, aus dem Französischen von Michael Bischoff. Frank
furt a. M 21994 [1992], S. 137).
131 Die Deutung der .Ewigen Wiederkunft' Nietzsches als differierende Wiederholung bzw.
Kontingenz im Sinne Deleuzes aus den Texten Nietzsches zu begründen, ist umstritten. Win
chester beispielsweise zweifelt ihre Eindeutigkeit an. (Vgl. Winchester: Nietzsche's Aesthetic
Turn, a.a.O. S. 78-80.) Für die Deutung Deleuzes spricht jedoch die explizite Gegenüberstel
lung der beiden Auffassungen von materieller und virtueller Wiederkehr in Also sprach Zara
thustra. (Zur Deutung des ,Leier-Lieds' als .falsche' Ewige Wiederkunft vgl. Deleuze: Nietz
sche, a.a.O. S. 79 f.; und Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.O. S. 369 f.)
132 Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister
(1878). Sämtliche Werke Bd. 2, a.a.O. S. 45.

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Geschichtlicher Boden 79

Das andere ,Verhalten zur Erde* ist dort


form gleichsam abstrakter bestimmt.
Gegenüberstellen lassen sich darin nac
menschliche" und „das göttliche Spiel".'
Vorherrschen von kategorischen (Spiel
stimmung von Wahrscheinlichkeiten",1
zeichnet, das ,göttliche Spiel' demgegen
gängige[n] Regel",135 dem Walten des ,wi
„numerischen" Spielzügen des ,mensch
matV36
Deleuze führt die Unterscheidung zwischen einer echten, .differierenden' und
einer falschen, .reproduzierenden' Wiederholung fort. Er kann nun die in Nietz
sche und die Philosophie als die „zwei Gedächtnisse" bezeichneten Fakultäten,
das Vermögen des .aktiven Typus' einerseits gegenüber dem des .reaktiven Ty
pus' andererseits, benennen: Die Gedächtnisform, die dem .reaktiven Typus'
eigen sei, ist die .Gewohnheit', der Habitus. Hierin sei die reproduzierende Wie
derholung am Werke, welche nicht nur die Wahrnehmung durch das Anhäufen
von Erinnerungen verdeckt, sondern sich zugleich den Zufall nur als einen nu
merischen, eben .berechenbaren' vorstellt sowie, und dies ist die moralische
Komponente, ihn nur so akzeptiert.
Die Gedächtnisform des ,aktiven Typus' sei entsprechend diejenige, die den
Zufall im Ganzen bejaht und zu aktiver Wahrnehmung, der stetigen Erneuerung
des Gedächtnisses, fähig ist. In ihr ist Wiederholung ,an sich' und .differierend'
als Wiederholung des Zufalls gedacht. Diese Form des Gedächtnisses ist Mne
mosyne."7
Seinerseits übersetzt Heidegger in der im Wintersemester 1951/52 gehaltenen
Vorlesung über Was heisst Denken?, die in gekürzter und überarbeiteter Fassung
1952 auch als Radiovortrag gesendet wurde, ,Mnemosyne' dem griechischen

133 Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.O. S. 351 f. (Vgl. hierzu bereits Deleuze:
Nietzsche, a.a.O. S. 31-33.)
133 Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.O. S. 351.
135 Ebd. S. 352.
136 Ebd. - Zur Absetzung des Verständnisses von .Zufall' und .Spiel' bei Nietzsche von
Mallarmés konventionellem Verständnis sowie einer Erweiterung der Sicht Deleuzes vgl. Gün
ter Abel: Nietzsche. Die Dynamik der Willen zur Macht und die ewige Wiederkehr. Mono
graphien und Texte zur Nietzsche-Forschung Bd. 15 (hrsg. v. Ernst Behler, Mazzino Montina
ri, Wolfgang Müller-Lauter, Heinz Wenzel). Berlin, New York 1984. S. 346-349.
137 Als philosophischer Begriff geht .Mnemosyne' auf Piaton zurück. (Vgl. Piaton: Theaite
tos. S. 191d.)

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80 Stephan Günzel

Feminimum folgend mit „die Gedächtn


gemäß der von Heidegger stets affirmie
definiert als „die Versammlung des Denke
an im voraus schon gedacht ist, weil es
te"."' Heidegger setzt die Gedächtnis wei
se ab, daß diese den Modus der Wissens
und besonders auch der Dichtung entsp
Wissenschaft „nicht",140 sondern „rechne
das „Bedenklichste" .m - „Demnach beruht
Dies sagt uns der Mythos, d.h. die Sage."14
Heidegger greift implizit auf die antike
rück, wobei letztere eine Aufwertung erf
Sage indiziert den im Hinblick auf die A
tur bedeutsamen Horizont der Selbst
,Geschichte' als Historie bzw. Wissenschaft
rechnendes' Sammeln von Daten, ohn
Schema von Deleuze entspräche dies dem
nun Nietzsches Metapher der wachsend
den Denkens und des habituellen Zerstö
scher denn ontologisch-mentaler Hinsic
rung. Verwüstung ist unheimlicher als Ve
das bisher Gewachsene und Gebaute; die
ges Wachstum und verwehrt jedes Baue
mit der Erzielung eines höchsten Lebe
sammengehen wie mit der Organisation
aller Menschen. [...] Die Verwüstung is
stung ist die auf hohen Touren laufende Ve
Mnemosyne als ,vergessende(s) Gedäch
wohnheit' stehen nach Deleuze entsprec

138 Martin Heidegger: Was heißt Denken? Tü


ger, Was heißt Denken?. In: ders.: Vorträge und
[1952], S. 130).
139 Ebd. S. 7 (131).
1,0 Ebd. S. 4 (127).
141 Ebd. (128).
142 Ebd. S. 2 (124).
143 Ebd. (131).
144 Vgl. Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarath
Teil (1892). Sämtliche Werke Bd. 4, a.a.O. S. 380
145 Heidegger: Was heißt Denken?, a.a.O. S. 1
zen Heideggers. (Vgl. Heidegger: Nietzsches Me

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Geschichtlicher Boden 81

verschiedenen Beziehungen zur ,Zeit' bzw.


zur Gegenwart dar:146 Während Habitus ei
sei,147 worin dem Geschehen in der Zeit auße
zugeordnet werden - „betrachtende Seelen" od
syne für sich selbst „Grund".149 Nach dieser
sondere (gegenüber der Vergangenheit), nach
nen (der Vergangenheit).150 Mnemosyne ist A
den hinzugedachten externen und interesselo

3.5. Himmel und Erde

Deleuze überträgt dieses Verhältnis zurüc


taphorologie und faßt die beiden verschied
chen Formen des Gedächtnisses in dem Ver
de': „Die Gründung betrifft den Boden un
Boden einrichtet, ihn besetzt und in Besitz n
vom Himmel herab, reicht vom First bis z
und Besitzer einem Besitztitel gemäß gegenei

H6 Zu Deleuzes Aufnahme von Piatons Konzept i


gen Heidegger vgl. auch Christian Koecke: Zeit de
sches Typologie temporaler Interpretation und ih
und Texte zur Nietzsche-Forschung Bd. 29 (hrsg. v.
Müller-Lauter). Berlin, New York 1994. S. 32-78.
147 Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.O. S.
148 Ebd. S. 356.
149 Ebd. S. 111.
150 Im Anschluß an Husserl spricht Deleuze hie
dächtnisses" und der „Retention der Gewohnheit" (
151 Vgl. auch ebd. S. 357. - In Anbetracht der Kon
französische Historiker Nora für eine methodische U
weg von einer bloß aufzeichnenden Erinnerungs- b
tischen Topologie virtueller ,Gedächtnisorte'. „Im U
schichte haben die Gedächtnisorte keinen ,Referent
sind selbst ihr eigener Referent, sind Zeichen, die
Reinzustand. [...] Aus einer historischen Kritik mac
S.G.] eine kritische Geschichte [...]." (Pierre Nora
Die Gedächmisorte. In: ders.: Zwischen Geschichte
von Wolfgang Kaiser. Berlin 1990 [1984/1986], S. 11
152 Deleuze: Differenz und Wiederholung, a.a.O
den gegen den Himmel geworfen, mit der ganzen K
Punkts, mit all ihren imperativen Punkten gleich B
Problemkonstellationen zusammen. Sie prallen auf d
reicher Lösungen, die den Wurf wieder zurückbrin

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82 Stephan Günzel

Im Verhalten des .reaktiven Typus' zur


dens' durch das Bestimmen und Festschr
der Interpretation der .Gegenwärtigkeit
die Erde oder ihre Teilgebiete durch die
recht', das .Gewohnheitsrecht'. Das Verh
gegenüber nicht ,in Besitz', sondern befra
nach ihrer Legitimation ohne einen letzten
zu erheben."1 Der .aktive Typus' erweist
Gerechtigkeit' nach Nietzsche, währen
ment', Gerechtigkeit nur als .Gefühl', als
Der .Himmel' Nietzsches, so ist Deleuz
keinesfalls mit dem .Himmel' als Chiffre d
verwechseln. Dies wäre die Perspektive d
Menschen. Es ist vielmehr der Mensch,
überwindet: „Fügen wir sofort hinzu, da
gegen sich selbst gekehrten, gegen sich se
Erden etwas so Neues, Tiefes, Unerhört
und Zukunftsvolles gegeben war, dass der
veränderte. In der That, es brauchte göttl
würdigen, das damit anfieng und dessen
ist, — ein Schauspiel zu fein, zu wundervo
unvermerkt auf irgend einem lächerlichen
Aus Nietzsches .himmlischer' Perspekt
.geurteilt', jedoch erfolgt dieses .Messen
der Perspektivität heraus. Die .Göttlichkei
bzw. griechische, wonach .göttliche' St
Vielzahl existieren und miteinander konkur
Das zur Handlung unfähige .Ressentiment
schreibungen aus einer gottgleichen und
verdichtet sich in Nietzsches typologische
im topologischen Paradigma des .reaktiv

155 „Geo-Philosophie Europas: Bereits die ionisc


Nomos unmöglich und war zugleich Bedingung f
Cacciari: Gewalt und Harmonie. Geo-Philosophi
Memmert. Edition Akzente [hrsg. v. Michael Kr
154 Nietzsche: Zur Genealogie der Moral, a.a.O
155 „Ich würde nur an einen Gott glauben, der
Teufel sah, da fand ich ihn ernst, gründlich, tie
durch ihn fallen alle Dinge. / Nicht durch Zorn,
uns den Geist der Schwere tödten! / Ich habe ge
habe fliegen gelernt: seitdem will ich nicht erst ge

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Geschichtlicher Boden 83

einem „Prinzip der Lebensfeindlichkeit".156 A


nahme folgt das ,Ressentiment' der Doktrin
plikationen individueller, sozialer oder politis
Nun erweist sich Hegel und mit ihm sein
die konsequente sowie .stärkste', weil globale,
Schwere'. Damit korrespondiert ein bestim
gel strebt die Freiheit, das „Wesen des Geiste
trum zu, wo und worin sie als die „Schwer
rie" ist, in „Idealität" aufgehoben wird.157 De
von Osten nach Westen entspricht der hor
der Freiheit auf das ideale Zentrum hin,
.Schwerkraft'.
Ebenso wie die Körper der Freiheit am tiefs
selbst kommen sollen, endet die Wanders
selbst'. Nachdem der Weltgeist die Gebiete
vernünftige', in für den Geist Heimat biet
trennt und territorial markiert hat, negiert
.Ende der Geschichte' die Welt selbst, gleic
bung in seine Selbstidentität. In der Einleitun
über die Geschichte der Philosophie über die
sophie" findet sich dahingehend eine beze
Ursprung der abendländischen Philosophie
renden Heimatlichkeit [sc. der Griechen]
lichkeit, in diesem Geiste des vorgestellte
selbstseins in seiner physikalischen, bürger
tischen Existenz, in diesem Charakter der fr
Mnemosyne (daß, was sie sind, auch als Mnem
Keim der denkenden Freiheit und so der C
phie entstanden ist.""8

Jetzt bin ich leicht, jetzt fliege ich, jetzt sehe ich m
mich." (Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra
[1883]. Sämtliche Werke Bd. 4, a.a.O. S. 49 f.; kursiv
156 Christa M. Lissmann: Zarathustras Träume u
Rüdiger Schmidt (Hrsg.): Entdecken und Verraten
Weimar 1999. S. 250-264. S. 259.
157 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesunge
Werke in 20 Bänden, Bd. 12, (auf der Grundlage d
gabe, Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Mark
S. 30.
151 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesunge
Werke Bd. 18, a.a.O. S. 175; kursiv, S.G.

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84 Stephan Günzel

Hegel denkt dort den Ursprung der ab


mit dem geschichtlichen Denken, welches
daß Hegel,Geschichte' zuvor im Sinne vo
chen hätten allen Dingen und Institutionen
worin sie diese auf sich hin geschrieben
und Ursprung als einem Grunde und Ursp
Nahezu parallel zu Nietzsche denkt Heg
einen aktiven Schöpfungsprozeß, der sich
Anders als Nietzsche, der dem Modell G
tungsdauer zuspricht (bis die kulturelle
eigenen Weg gefunden hat), ist die griech
die einzig angemessene. Obwohl Hegel in
Kontingenz sowie interprétative Anteile g
gesteht, relativiert er seine Darstellung
allgemein: „Wie die Griechen bei sich zu
bei sich zu Hause sein [...]."160
Mit Deleuze und von Nietzsche aus betrachtet erscheint die Gedächtnisbil
dung der griechischen Kultur bei Hegel so im Modus des identisch reproduzie
renden Habitus, nicht der differierend wiederholenden Mnemosyne. An seinem
Ende erfährt der aufhebende Habitus die Reproduktion des Gebietsanspruchs
durch den Weltgeist, seine totale Auslöschung. Entkleidet man Hegels Ge
schichtsmythologie ihrer nachträgÜchen KausaÜsierung, so gilt beispielsweise für
die „Philosophie in Griechenland" vielmehr, daß diese „in Abhängigkeit einer
Kontingenz eher denn einer Notwendigkeit, einer Umgebung oder eines Milie
us eher denn eines Ursprungs, eines Werdens eher denn einer Geschichte, einer
Geographie eher denn einer Historiographie, einer Gnade eher denn einer Natur
[in Erscheinung tritt]."1"
Die Plausibilität der Übertragung physikalischer in metaphysische Annahmen
wie im Falle Hegels kommt nicht von ungefähr: Vielmehr kann mit Nietzsche
der metaphysische Rahmen als Ermöglichung der physikalischen Annahme be
griffen werden. Für Nietzsche ist das Denken, besonders der Deutschen, durch
das „Gravitätische" geprägt.162 So hatte beispielsweise Hegel keine Schwierigkeit
bei der RückÜbertragung der logischen Form der Schwerkraftfigur auf den geo
historischen Bereich.

159 Ebd.
160 Ebd.
161 Gilles Deleuze, Félix Guattari: Was ist Philosophie?, a.a.O. S. 111 ; kursiv, S.G.
162 Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft
(1886). Sämtliche Werke Bd. 5, a.a.O. S. 46.

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Geschichtlicher Boden 85

Nietzsche konnotierte das gravitätisch-sp


ein Denken der „Freigeister". Diese wähnen si
Denken dem ,Geist der Schwere' bzw. der Sch
Nietzsche ausdrücklich das Denken der „freie
sich als Vorbote der nächsten Generation
Wanderschaft werde nicht,gravitätisch' teleo
,,[W]ir sind etwas Anderes als ,libres-pense
und wie alle diese braven Fürsprecher der
lieben. In vielen Ländern des Geistes zu Ha
den dumpfen angenehmen Winkeln immer
liebe und Vorhass, Jugend, Abkunft, der
oder selbst die Ermüdungen der Wandersch
solche Art Menschen sind wir, wir freien
etwas davon, ihr Kommenden? Ihr neuen Phi
Eben die ,freien Geister' sind ihrer Topolog
halten zur Erde', einer .anderen Ökonomie
den .Freigeistern' ausgezeichnet: Ihr Verhalte
schen Perspektive, die der Erde und ihren Te
welche sie unter den Bedingungen der (me
ben kann.

Ebd. S. 62 f.; kursiv, S.G.

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