Sie sind auf Seite 1von 42

Mitteilungen des Eidgenössischen Instituts für Schnee—

und Lawinenforschung

6. t~Ov. jog~j
Juli 1990 Edc~. F:nrscnungsafls~a~? ~‚ Nr. 47
W-1d. Scnn,-~e unr~ Lad~ha~
~‘ibiiü~ho9
CH-3903 Brm~

BERECHNUNG VON FLIESSLAWINEN

EINE ANLEITUNG FUER PRAKTIKER


MIT BEISPIELEN

B.SaJm, A.Burkard
und H.U. Gubler
A EINLEITUNG

Die vorliegende Anleitung soll vor allem dazu dienen, bei den lawinentechnischen Berech
nungen für die Ausarbeitung von Lawinengefahrenkarten eine einheitliche Methode anzu
wenden. Sie ist als Ergänzung zu den “Richtlinien zurBerücksichtigung der Lawinengefahr
bei raumwirksamen Tätigkeiten“, 1984, Bundesamt für Forstwesen und EISLF gedacht.
Wie in diesen Richtlinien erwähnt ist, stellen Berechnungen nur einen Teil der Grundlagen
für die Ausarbeitung von Lawinengefahrenkarten dar. Sie sind aber notwendig, um die
massgebenden extremen Ereignisse —welche im Lawinenkataster meist fehlen— abschätzen
zu können. Mit anderen Worten muss eine Antwort gefunden werden auf die Frage “was
kann alles passieren, wenn man über das relativ kurze Menschengedenken hinaus geht?“

Für die vorliegende Anleitung ist folgendes zu beachten:

— Sie entspricht etwa dem heutigen Stand der Erkenntnisse, kann und muss also in Zu
kunft den Fortschritten angepasst werden.

— Es werden im Prinzip nur Extremlawinen behandelt, also die sog. “Bemessungslawi


nen“. Bei tatsächlich beobachteten “Normallawinen“ können die Lawinenparameter er
heblich von den hier angegebenen abweichen.

— Die angegebenen Lawinenparameter sind vorwiegend auf extreme Auslaufstrecken kali


briert. Die mit dieser Anleitung erhaltenen Geschwindigkeiten wurden bei Messungen
auch schon übertroffen.

— Es sei davor gewarnt, diese Anleitung als “Kochbuch“ zu verwenden (man beachte das
häufige Auftreten der Worte “etwa“ und “Richtwerte“). Vielmehr verlangt jede Lawi
ne eine individuelle Behandlung, wobei unbedingt weiterer Stoff aus der Lawinenkunde
beherrscht werden muss. Zudem spielt die Erfahrung —die sich jedermann selbst ver
schaffen muss— eine sehr wichtige Rolle. Schliesslich ist zur Kenntnis zu nehmen, dass
nicht jede Lawine streng berechenbar ist.

—1—
B. ZUSAMMENFASSUNG

Die wichtigsten Grössen für die Lawinenberechnung sind:

— Mittlere Anrissmächtigkeit d0

— Faktor der turbulenten Reibung ~

— Reibungskoeffizient p

Vorgehen:

— Bestimmung der Durchflussmenge Q am unteren Ende der Anrisszone

— Falls nötig: Geschwindigkeits— und Fliesshöhenberechnung an beliebigen Stellen


der Sturzbahn

— Geschwindigkeit und Fliesshöhe am Anfang der Auslaufstrecke Vp und d~

— Berechnung der Auslaufstrecke s

—2—
C. BERECHNUNGSVORGANG, ANGABEN UND FORMELN

1. ANRISSGEBIET
1.1 Ausmass des Gebietes und mittlere Neigung

Ausmass gegeben durch den Neigungsbereich zwischen 30° (eventuell 28°) und 500.

Mittlere Neigung ~om bestimmt aus Stichproben über die ganze Fläche, durch mehrere Ge
ländeprofile oder aus Horizontalabstand der Höhenkurven gemäss Tabelle 1.

Hangneigung Horizontalabstand der 10 m — Höhenkurven

[mm]

[01 Plan 1:10‘OOO Plan 1:5‘OOO

28 1.88 3.76
30 1.73 3.46
35 1.43 2.86
40 1.19 2.38
45 1.00 2.00
50 0.84 1.68

Tabelle 1

1.2 Bestimmung der Anrissmächtigkeit

Die mittlere Anrissmächtigkeit d0 senkrecht zum Hang wird bestimmt aus:

d0 = d~ f(~b) [m] (1)

d~ Basiswert, abhängig vom örtlichen Klima (möglicher Schneehöhenzuwachs


in 3 Tagen) und von der Wiederkehrperiode T

—3—
f(~b) Neigungsfaktor, gegeben durch Schneefestigkeit (erfahrungsgemäss wird an
genommen, dass die Festigkeit mit d~ wächst)

1.2.1 Richtwertefürd~

Wiederkehrperiode T Basiswert d~ für ~‘om = 28°


Klimatisch möglicher Schneehöhenzuwachs:

Jahre klein gross


[mj [m]

30 0.88 1.50
100 1.06 1.81
300 1.23 2.10

Tabelle 2

Diese Richtwerte sind gultig fur ca 2‘OQO m ü M Fur hoher resp tiefer gelegene Gebiete
gilt ein Zuschlag resp Abzug von ca 5 cm/100 m

Das Verhältnis
d* (T = 300)
° ~ 1.4
d~ (T = 30)
bleibt immer ungefähr konstant.

Die Werte in Tabelle 2 gelten ohne wesentliche Windwirkung.

Bei Triebschneeablagerungen in mehr oder weniger grossen Teilen des Anrissgebietes sollen
dort die d~ um etwa 0.3 m bis 0.5 m erhöht werden. Das zur Berechnung massgebende d~
ist der Mittelwert über das ganze Anrissgebiet.

—4--
Bei hoch gelegenen Gebieten dominiert die Windwirkung, der erwähnte Höhenzuschlag von
5 cm/100 m tritt dabei in den Hintergrund.

Regionen der Schweizeralpen, geordnet nach abnehmendem Schneehöhenzuwachs in 3 Ta


gen für T = 100 Jahre:

Schneehöhenzuwachs Region

gross Nordtessin/Simplon
Gotthardgebiet
Glarner Alpen
Oestliches Wallis
Zentralschweiz
Prättigau (Rätikon)
Mittleres Wallis
Oestliches Berneroberland
Säntisgebiet
Nordbünden (ohne Prättigau/Rätikon)
Südbünden
Mittelbünden
Freiburger— und Waadtländeralpen
Westliches Berneroberland
Westliches Wallis
klein Engadin

Tabelle 3

Innerhalb der angegebenen Regionen können wesentliche Abweichungen von der obigen
Reihenfolge auftreten. Kleinräumige Verhältnisse sind also zu berücksichtigen.

—5—
1.2.2 Neigungsabhängigkeit f(~b)

f(~) = 0.291 [1) (2)


sin~ — 0.202 cos‘~b

Hangneigung ~om f(~)


ri [1]

28 1.00
30 0.90
32.5 0.79
35 0.71
37.5 0.65
40 0.60
45 0.52
50 0.46

Tabelle 4

Kleine Hangneigungen bewirken eme grosse Wiederkehrdauer und umgekehrt

2. DURCHFLUSSMENGE
2.1 Ungeffihr rechteckförmige Anrissgebiete

0 = B0 d0 v0 [m3/s] (3)

B0 [mJ Grösste Breite Anrissgebiet (gerade gemessen, also nicht entlang der Höhen-
kurven)

—6—
d0 [m} Fliesshöhe Anrissgebiet (= Anrissmächtigkeit)
Mit der Fliesshöhe ist im folgenden immer die hangsenkrechte Distanz ge
meint.

v0 [mis] Repräsentative Geschwindigkeit beim Austritt aus dem Anrissgebiet

[ v~ = J
d~ (sin~
____________________
[m/s2]
— [m/s]

Faktor der turbulenten Reibung


(4)

[1] Reibungskoeffizient

‘~t~~om r] Mittlere Hangneigung im Anrissgebiet

2.2 Beliebige Form des Anrissgebietes

Q& [m3/s] (5)


L
K [m3] Kubatur des angerissenen Schnees

Z~t [s] Durchflusszeit der Lawine am unteren Rande der Anrisszone

~t =L [s] (6)
Vm

£ [m] Weiteste Distanz welche ein angebrochenes Schneeteilchen im Anrissgebiet zu


rückzulegen hat (schief gemessen)

Vm [m/s] Mittlere Geschwindigkeit längs £ [Formel (4) mit mittlerem ~b längs £1

Die Distanz £ soll keinesfalls zu gross gewählt werden (z.B. keine Berücksichtigung von Sei
tenarmen eines Anrissgebietes), weil sonst Q kleiner wird als der massgebende Maximal
wert.

—7—
3. GESCHWINDIGKEIT UND FLIESSHOEHE IN DER STURZBAHN

Falls nötig, kann die Geschwindigkeit v und Fliesshöhe d an beliebigen Stellen der Sturz-
bahn aus Q berechnet werden.

3.1 Flächenlawine

Berechnung als Flächenlawine möglich bei:


ebenen Hängen

schwacher Kanalisierung (Verhältnis Lawinenbreite zu Fliesshöhe grösser als


etwa 20:1)

v = F
LB
~ ~ (sin~b — p cos‘~b) ] 1/3 [m/sJ (7)

d=0 [mj (8)


Bv

B [mj Lawinenbreite

~b [“j Hangneigung über etwa 100 — 200 m hangaufwärts gemittelt (entsprechend x~ im


Abschnitt 4.3)

3.2 Runsenlawinen

v = R ~ (sin~ - p cos~b) [m/sJ (9)

R [m] Hydraulischer Radius

[m] (10)
U

F [m2J Querschnittsfläche der Lawine senkrecht zum Hang

—8—
U [mi Benetzter Umfang

Hangneigung ~ wie in 3.1.

Im allgemeinen nur im Iterationsverfahren lösbar (Annahme Fliesshöhe; daraus F, U, R


und v; sodann Kontrolle mit gegebenen Q = F v und schliesslich neue Annahme Fliesshöhe
usw.).

4. GESCHWINDIGKEIT UND FLIESSHOEHE AM ANFANGSPUNKT DER AUS


LAUFSTRECKE
4.1 Anfangspunkt der Auslaufstrecke

Der Anfangspunkt P der Auslaufstrecke hängt nur vom gewählten Reibungskoeffizienten ‚u


und von der Geländeneigung ab. Die verzögerte Bewegung beginnt, sobald für die Neigung
gilt sin~b p cos~ = 0. (s. z.B. Formel 7)

Daraus folgt die kritische Hangneigung ~k:

tg~=~ Definition Punkt P (11)

Nach P muss für die mittlere Neigung der Auslaufstrecke ‘~b5 gelten:

tg~b5<p Definition Auslaufstrecke (12)

trip
P

—9—
Punkt P

p kritische Neigung Horizontalabstand der 10 m—Höhenkurven


[0] [~]
Plan 1:10‘OOO Plan 1:5‘OOO

0.155 8.8 6.45 12.90


0.20 11.3 5.00 10.00
0.25 14.0 4.00 8.00
0.30 16.7 3.33 6.66

Tabelle 5

Der Horizontalabstand ist der mittlere Abstand der Höhenkurven über die Lawinenbreite.

Im Auslaufgebiet muss die Neigung kleiner resp. der Kurvenabstand grösser sein als in
Tabelle 5.

4.2 Bestimmung von Geschwindigkeit und Fliesshöhe in P

Aus Q (Formel 3 oder 5) werden in der Sturzbahn direkt oberhalb von P die Geschwindig
keit Vp, Fliesshöhe d~ und die Lawinenbreite B~ berechnet resp. geschätzt.

Oberhalb und unterhalb von P Flächenlawine:

[m/sJ (13)

[m] (14)

— 10 —
B~ [m] Lawinenbreite in P, abgeschätzt in der Sturzbahn oberhalb von P
(s. Abschnitt 4.3)

~ [°] Massgebende Sturzbahnneigung oberhalb von P (s. Abschnitt 4.3)

Oberhalb von P Runsenlawine, unterhalb P Flächenlawine:

Vp = ~ R~ ~ (sin~p — P CO5~p) [m/s] (15)

R~ [rn] Aus rnassgebendem Querprofil in der Sturzbahn oberhalb von P


(s. Abschnitt 4.3)

Die Lawinenbreite unterhalb P nach Verlassen der Runse (Flächenlawine mit gegebenem Q
ohne seitliche Ausbreitung) wird gern. (7):

= ~ (5ifl~bp - /L cos‘~bp) [ml (16)


Vp3

Wobei das vp aus Formel (15) zu verwenden ist. Daraus wird

[m] (17)

Obiges Vorgehen ergibt di~ meist massgebenden grössten Auslaufstrecken, weil keine seitli
ehe Ausbreitung angenommen wird.

Eine seitliche Ausbreitung kann mit geschätztern B~ im Auslauf nach P berücksichtigt


werden:

Einsetzen des Schätzwertes B~ in (13) und (14) bei Flächen— und Runsenlawinen.

— 11 —
4.3 Massgebende Sturzbahnneigung oberhalb P
4.3.1 Allgemeines bei Neigungswechsel

Auf einer genügend langen, gleichmässig um ~ geneigten Sturzbahn werden konstante Ge


schwindigkeiten v1 und Fliesshöhen d1 gern. (7) und (8) resp. (9) und (10) erreicht.

Aendert die Neigung von ~b1 auf ~‚ wobei ~ ~ ~ sein kann, braucht es eine Uebergangs-
strecke

x~ = 0.7 d2 [rn] (18)

bis die der neuen Neigung ‘~b2 entsprechende Geschwindigkeit v2 und Fliesshöhe d2 erreicht
wird.

g = 9.81 rn/s2 Erdbeschleunigung


x~ Schief gemessen ab Neigungsänderung.

4.3.2 Bestimmung der Sturzbahrnieigung oberhalb P

Fall 1

Der Punkt P liegt auf einem deutlichen Geländeknick oberhalb dessen die Neigung niinde
stens grösser ist als die kritische Neigung in Tabelle 5.
40_50

Vorgehen:

1) Bestimmung der mittleren Neigung über eine angenommene Uebergangsstrecke von


mindestens etwa 200 rn schief ab P gemessen.

2) Berechnung von Vp und d~ z.B. nach (13) und (14).

3) Kontrolle der Uebergangsstrecke mit (18) ab P hangaufwärts gemessen (wobei für d2


das berechnete d~ einzusetzen ist).

4) Gegebenenfalls Bestimmung einer neuen mittleren Neigung über die korrigierte Ueber
gangsstrecke (das Gelände ist i. allg. nicht gleichmässig geneigt).

— 12 —
5) Neue Berechnung von Vp und d~.

6) Kontrolle der Uebergangsstrecke mit (18) usw.

Meist genügt eine Korrektur (x~ muss auf etwa 10 % genau stimmen).

Mit endgültigem ~ Berechnung von Vp und d~ und Berechnung der Auslaufstrecke gern.
Abschnitt 5.

Fall 2

Oberhalb von P ist die Neigung über eine gewisse Distanz nur wenig grösser als die kriti
sche Neigung der Tabelle 5.

Vorgehen:

1) Von P aus solange bergwärts gehen als die kritische Neigung um nicht mehr als etwa
3° 4° überschritten wird (Neigung etwa
— ~ ~k + 3.5°). Sobald sie mehr über
schritten wird, ist der Punkt A erreicht.

A
p

‘hp

‘4)s

— 13 —
Punkt A

~ ~ + 3.5v Horizontalabstand der 10 m—Höhenkurven


[0] [mm]

Plan 1:10‘OOO Plan 1:5‘OOO

0.155 8.8 + 3.5 = 12.3 4.58 9.16


0.20 11.3 + 3.5 = 14.8 3.78 7.56
0.25 14.0 + 3.5 = 17.5 3.16 6.33
0.30 16.7 + 3.5 = 20.2 2.72 5.44

Tabelle 6

Der Horizontalabstand ist der mittlere Abstand der Höhenkurven über die Lawinenbreite.

2) Von A aus wie im Fall 1 bestimmen.

3) Mit endgültigem ~ Berechnung von Vp und d~ in A.

4) Im Punkt P für Auslaufstreckenberechnung die gleichen Vp und d~ annehmen wie in A


(Annahme, dass nachfolgende Schneemassen den starren Lawinenschnee mit konstanter
Geschwindigkeit von A nach P stossen).

5. AUSLAUFSTRECKE

[m] (19)

d5 [m] Mittlere Ablagerungshöhe (wegen seitlicher Ausbreitung in Wirklichkeit meist


kleiner, trotzdem aber berechneter Wert (19) verwenden!)

— 14 —
V2 = d~ ~ (~ cos~b5 — sin~b5) [m2/s2} (20)

~ [‘1 Mittlere Neigung im Auslaufgebiet

v2
s= ~ in [mj (21)
2g V2

s [mj Auslaufstrecke (ungefähr proportional zur Anrissmächtigkeit d0)

Bei gekrünimten Auslaufst recken ist s die der gekrümmten Lawinenachse nach gemessene
Distanz.

Falls im Auslaufgebiet markant von auf wechselt:

— Von P1 (Anfangspunkt auf ~) aus normale Berechnung der theoretischen Auslauf-


strecke s1 (entsprechend ~&~)

— In P2 (Anfangspunkt auf ‘~b5) Geschwindigkeit Vp2 rechnen gemäss

Vp~ = Vp~ [i — .~- ] [m2/s21 (22)

x [mj Abstand P1 —

s1 [mj Theoretische Auslaufstrecke auf ~ (s1 > x)

Mit ‘~b52, Vp2 und mit d52 = d51, die Auslaufstrecke s2 rechnen

— Totale Auslaufstrecke s = x + s2

— 15 —
6. RICHTWERTE FUER ~ UND p
(Anrissgebiet, Sturzbahn und Auslaufgebiet)

Verhältnisse
[m/s2] (unabhängig von der Lawinengrösse)

1‘OOO — flächiges Gelände


— geringe Rauhigkeit
— mässig kanalisiert (Lawinenbreite zu
Fliesshöhe grösser als etwa 10:1)

500 — 600 — grosse Rauhigkeit (Grössenordnung m)


— stark kanalisiert (Lawinenbreite zu
Fliesshöhe etwa 1:1 bis 2:1)

400 — durch Wald fliessend

Tabelle 7

— ~ hängt vor allem von der Geometrie der Sturzbahn ab (Rauhigkeiten, Kanalisierung,
Bäume).

— Mässige Rauhigkeiten können vor allem bei Grosslawinen mit Schnee ausgestrichen
werden, deshalb im Zweifelsfall Grösstwert von ~ nehmen!

— Ein und dieselbe Lawine kann verschiedene ~—Werte aufweisen (z.B. flächiges Anriss
gebiet und stark kanalisierte Sturzbahn).

— 16 —
~u Verhältnisse

0.155 Grossiawinen (seltene Lawinen mit einer Kubatur von der


Grössenordnung 105 m3 und mehr)
— oberhalb etwa 1300 m ü.M.
— Fliesshöhen grösser als ungefähr 1—2 m

0.20 Grosslawinen (Definition wie oben)


— unterhalb etwa 1300 — 1500 m üM.
— Fliesshöhen grösser als ungefähr 1—2 m

0.25 — Kleinere Lawinen (relativ häufige Lawinen mit einer Kubatur


0.30 von der Grössenordnung 10~ m3 und weniger)
— alle Höhenlagen

— Fliesshöhen kleiner als ungefähr 1—2 m

0.30 Nassschneelawinen in allen Höhenlagen und Grössenordnungen

Tabelle 8

— p hängt vor allem von den Schneeeigenschaften (Temperatur, Dichte, Wassergehalt)


aber auch vom Druck des Lawinenschnees senkrecht zur Bodenoberfläche und von der
Geschwindigkeit ab (Abnahme mit grösserer Geschwindigkeit).

— Die angegebenen Meereshöhen beziehen sich auf das Auslaufgebiet.

— Im selben Lawinenzug und unter sonst gleichen Verhältnissen kann bei Grossiawinen
= 0.155 und bei kleinen Lawinen p = 0.30 sein.

— 17 —
D. KRAFTWIRKUNGEN VON LAWINEN

Die beim Auftreffen auf ein Hindernis entstehenden Kräfte werden normalerweise als sta
tionär (d.h. zeitunabhängig) betrachtet.

Beim Aufprall von grösseren Schneeblöcken entstehen kurzzeitige Stossdriicke (Dauer in


der Grössenordnung 1/100 s), welche mehr als doppelt so gross werden können als die sta
tionären Drücke.

1. KRAEFTE AUF EIN GROSSES HINDERNIS

“Gross‘ heisst, dass die meisten Schneeteilchen im Lawinenstrom um einen einheitlichen


Winkel a abgelenkt werden.

//

7
/

.4.

= pv2 ~/m2j (23)

J~N/m2J Druck senkrecht zur Fläche (stationär)

p [kg/m3j Dichte Lawinenschnee

v [m/sj Anströmgeschwindigkeit der Lawine

[0 J Ablenkwinkel (Winkel zwischen v und v‘)

— 18 —
PS = P P~ ~/m2J (24)

i‘s U‘~/m~1 Spezifische Reibung parallel zur Fläche

p~ [N/m2J Druck senkrecht zur Fläche. Beim Ueberffiessen eines Hindernisses (Galerie,
Ebenhöch etc.) kommt zu p11 = p v2 sin2a noch das Gewicht des Lawinen
schnees dazu ~ = p g d cos~ (~b Neigung der Dachfläche).

Die Reibung soll beim Ueberffiessen eines Hindernisses auf einer ev. vorhandenen ruhenden
Schneedecke voll vom Bauwerk aufgenommen werden können.

Richtwerte p für die Dimensionierung von Bauwerken:

= 0.30 ÷ 0.40

Tendenzen = 0.30 Schnee/Schnee und Schnee/Beton


p = 0.40 Schnee auf grobem Boden und rauhe Wände

2. KRAEFTE AUF KLEINES HINDERNIS

“Klein“ heisst, dass die Schneeteilchen das Hindernis umströmen und nicht um einen ein-
heitlichen Winkel abgelenkt werden.

— 19 —
P =cF~-~ [NJ (25)
2

P {NJ Resultierende Kraft auf Hindernis

[N/m2j Staudruck (p Dichte Lawinenschnee, v Anströmgeschwindigkeit)


2

F [m2j Projektion Hindernis auf Ebene senkrecht zur Anströmgeschwindigkeit

c [1] Widerstandskoeffizient (abhängig von der Geometrie)


Richtwerte: Kreiszylinder c = 1
Rechteck c =2

3. BEMERKUNGEN ZUR KRAEFTEBERECHNUNG

— Aus Sicherheitsgründen soll für die Dichte normalerweise 300 kg/m3 angenommen
werden.

— Trockene und rasche Fliessiawinen können demgegenüber auch kleinere Dichten


aufweisen.

— Bauwerke werden auf eine totale Höhe d~0~ beansprucht:

1
d
d~0~ = d

[mj
+ v2
2g?~
[mJ

Fliesshöhe (z.B. Flächenlawinen in der Sturzbahn gemäss Formel 8)


(26)

[m] Stauhöhe dStau


2 g)~
Richtwerte: Leichte, trockene Lawinen )~. = 1.5
< <
Dichte Lawinen 2 = .)~ = 3

Innerhalb der Fliesshöhe sind die Drücke konstant (rechteckförmige Belastung).

— 20 —
Die Drücke von der Fliesshöhe d bis zu dt0t nehmen linear bis zu null ab (dreieckförrnige
Belastung).

Die Gleitfläche (unteres Ende der Fliesshöhe) liegt normalerweise oberhalb der Bodenober
fläche. Der Abstand Gleitfläche—Bodenoberfläche entspricht dem natürlich abgelagerten,
unbewegten Schnee. Die dynamischen Kräfte auf das Hindernis können dort vernachlässigt
werden.

Bei schmalen Hindernissen wird die Stauhöhe reduziert:

dStau = v2 f(b/d) [mj (27)


2g~\

f(b/d) [1j Reduktionsfaktor

b [mj Breite des Hindernisses senkrecht zur Ausströmrichtung

d [mJ Fliesshöhe

b/d [1] Verhältnis Breite Hindernis zur Fliesshöhe

Richtwerte:

b/d 0.1 0.5 1 2


f(b/d) 0.1 0.4 0.7 0.9 1

— Rammeffekte durch mitgeschleppte Bäume, Steine oder Trümmer können örtlich grös
sere Kräfte hervorrufen als Lawinenschnee.

4. BESTIMMUNG DER 30 kN/m2- GRENZE IN DER LAWINENGEFAHRENKARTE

Mit der normalerweise angenommenen Dichte von 300 kg/m3 und mit p~ = p v2 (Druck
senkrecht auf ein grosses Hindernis), ergibt sich eine Geschwindigkeit von

V(3~ kN/m2) = 10 m/s

— 21 —
Mit linearer Abnahme von v2 im Auslaufgebiet erhält man den Abstand der 30 kN/m2~
Grenze vom Auslaufende b zu:

b = s V2(30 kN/m2) = ~ ±Q~Q [mj (28)


Vp2 Vp2

s [m} Berechnete Auslaufstrecke der Lawine mit einer Wiederkehrdauer von


300 Jahren

Vp [m/s] Geschwindigkeit bei P (Beginn Auslauf)

rot blau weiss

x
1 S(3OJahre) 1« b “-1

S(300 Jahre)

Die gesamte Auslaufstrecke der 30—jäbrigen Lawine stellt jedenfalls rotes Gebiet dar. Es ist
deshalb immer zu kontrollieren, ob diese Bedingung nicht schärfer ist als diejenige der
30 kN/m2- Grenze.

-22-
E. BERECHNUNGSBEISPII~1E VON BEOBACHTETEN LAWINEN

1. ARIEFA / SAMBDAN (2.1.1951)

Charakterisierung

— Durchgehende Flächenlawine, Grossiawine (K — 8 10~ m3)


= 1000 rn/s2

= 0.155

— Fall 1 (gern. Abschnitt 4.3.2)

— Einheitliches

Cl Aurissgebiet
C1.1 Ausmass

Meereshöhe 2‘OOO 2‘340 m ü.M.


Breite B0 = 160 rn (massgebender Wert)


Mittlere Neigung ~‘om = 38.5° (Mittel über Fläche)

C1.2 Anrissmächtigkeit

d~ = 1.60 m T = 300 Jahre, inkl, örtlicher Windeinfluss

f(38.5) = 0.63

= 1.60~ 0.63 = 1.00m

C2. 1 Durchflussmenge (rechteckförmiges Anrissgebiet)

= 1.00 1‘OOO (sin38.5 — 0.155 cos38.5) = 22.39 rn/s

Q = 160• 1.00 22.39. = 3‘582 m3/s

C4. 1 Anfangspunkt Auslaufstrecke

Lage Punkt P: 1‘830 m ILM. (gern. Tabelle 5)

-23-
C4.2 und 4.3 Geschwindigkeit und Fliesshöhe in P

Massgebende Neigung vor P, B~, Vp und d~ (Fall 1 gern. 4.3.2)

1. Annahme für

1‘830 — 2‘OOO m ü.M. x~‘ = 320 m (Grundriss)

Daraus tg‘~b~ = J1Q = 0.53 ‘~ = 28.O~


320

x~ = 320 = 362 m (schiefe Länge)


cos28.0

Lawinenbreite B~ = 60 m (in 1‘850 m ü.M. etwa auf diese Breite kanalisiert)

Vp = 3‘582 1‘OOO (sin28.0 — 0.155 cos28.0) 1/3 = 27.08 m/s (13)


60

3‘582 = 2.20 m (14)


60 27.08

Kontrolle: x..U = 0.7 9.81


1000 2.20 = 157 m < 362 m (18)

neue Annahme notwendig!

2. Amiabme für

1‘830 1‘900 m ü.M.


— x~‘ = 140 rn
Daraus = 26.6 x~ = 157 m

B~ =60m

Vp = 26.43 mIs d~ = 2.26 m

Kontrolle: x~ = 161 m —157 m

in Ordnung!

— 24 —
C5 Auslaufstrecke

Beobachteter Auslauf 1‘830 — 1‘710 m ü.M., Länge 860 m.

Daraus tg~S = = 0.14 = ~ = 8.8°


860

ds 2.26 + 26.432
lOg = 9.38 m (19)

V2 = 9.38 1,000 (0.155 cos7.94 — sin7.94) = 144.25 m2/s2 (20)

s 9.38 1‘OOO in 1 + 26.432 = 844 m (21)


2g 144.25
Entspricht gut der beobachteten Länge von 860 m!

— 25 —
ARIEFA / SAMEDAN
2. MALBUN / TRIESENBERG (20.1.1951)
Charakterisierung

— Durchgehende Flächenlawine, Grossiawine (K — 6• 10~ rn3)


= 1‘000m/s2

= 0.155

— Fall 2 (gern. Abschnitt 4.3.2)

— Einheitliches

Cl Anrissgebiet
C1.1 Ausmass

Meereshöhe 2‘OOO 2‘lOO rn ü.M. und 1‘900 1‘970 rn ü.M.


— —

Breite B0 = 200 rn (rnassgebender Wert)


Mittlere Neigung ~born = 37.6° (Mittel über Fläche)

C1.2 Anrissmächtigkeit

d~ = 1.85 m T = 300 Jahre, etwa Mittelwert

f(37.6) = 0.65

d0 = 1.85. 0.65 = 1.20 m

C2. 1 Durchflussmenge (rechteckförmiges Anrissgebiet)

v0 = 1.20 . 1‘OOO (sin37.6 — 0.155 cos37.6) = 24.18 m/s

Q = 200. 1.20 24.18 = 5‘803 m3/s

C4. 1 Anfangspunkt Auslaufstrecke

Lage Punkt P: 1720 m Ü.M. (gern. Tabelle 5)

— 26 —
C4.2 und 4.3 Geschwindigkeit und Fliesshöhe in P

Massgebende Neigung vor P, B~, Vp und d~ (Fall 2 gern. 4.3.2)

Lage Punkt A: 1‘750 m iLM.

Begri~ndung: Von 1‘720 bis 1‘750 m iLM. beträgt auf einer Länge von 160 rn die
Neigung

tg ‘~bA = —~ = 0.19 ~A = 10.6° <12.3° gern. Tabelle 5


160

Ab 1‘750 m ü.M. wird die Neigung wesentlich grösser.

Annahme für ~ (ab Punkt A)

1‘750 — 1‘810 rn ü.M. x~‘ = 150 m (Grundriss)

Daraus = 21.8°

x..U = 150 =162m


cos2l.8

Lawinenbreite B~ = 80 m (in 1‘780 rn ü.M. etwa auf diese Breite kanalisiert)

Vp = VA 5‘803 1‘OOO (sin2l.8 — 0.155 cos2l.8) 1/3 (13)


80

Vp = 25.46 mIs

= 5‘803 = 2.85 m (14)


80 25.46
.

Kontrolle: x..U = 0.7 9.81 2.85 = 203 m — 162 m (18)

Das vorhandene x~ ist nur unwesentlich zu kurz. Ein Einbeziehen des Steilabsturzes ober
halb 1‘810 m tLM. würde unrealistisch stark erhöhen.

—27—
C5 Auslaufstrecke

Beobachteter Auslauf 1‘720 — 1‘660 m ü.M., Länge 510 m.

Daraus tg~b5 = = 0.12 = 6..71° <~bk = 8.8°

d
5
= 2.85 + 25.462
lOg
= 9.46 m (19)

V2 = 9.46 1‘OOO (0.155 cos6.71 — sin6.71) = 350.91 m2/s2 (20)

s = 9.46 • ~‘~oo in 1 + 25.462 = 505 m


2g 350.91
Entspricht gut der beobachteten Länge von etwa 510 m!

— 28 —
-~ -~
~ ‘1 ~~—_~--

~ ~-;*~

~~J/ .~4
3. PARDENN / KLOSTERS (23.2.1970)
Charakterisierung

— Anrissgebiet nicht rechteckförmig

— Im Anrissgebiet Flächenlawine, in der Sturzbahn kanalisiert, Grosslawine


(K 4.6. 105 rn3)

= 1‘OOO rn/s2 (im kanalisierten Teil gern. Tabelle 6 zu überprüfen)


p = 0.155

— Fliessiawine rnit starkern Staubanteil (s. Auslaufgebiet im Plan)

— Fall 2 (gern. Abschnitt 4.3.2)

— Zwei Neigungen im Auslaufgebiet

Cl Anrissgebiet
Cl.1 Ausmass

Meereshöhe 2‘460 2‘700 rn ü.M.


Mittlere Neigung ~om = 30.0v (Mittel über Fläche)

C1.2 Anrissmächtigkeit

d~ = 2.10 m T = 300 Jahre, Grösstwert (Windeinfluss)

f(33.0) = 0.78

= 2.10. 0.78 = 1.65 m

C2.2 Durchflussmenge (beliebiges Anrissgebiet)

Anrissfläche Grundriss F‘ = 236.15 103 rn2

Anrisshöhe h = 1.65 = 1.97m


~ cos33.0

Kubatur K = 236. 15 103. 1.97 = 4.646 105 m3

— 29 —
Weiteste Distanz = 485 m (Grundriss)

Mittlere Neigung längs t: = 26.3w

Weiteste Distanz = 485 = 541 m (schief gemessen)


cos26.3

V = 1.65 1‘OOO (sin26.3 — 0.155 cos26.3) = 22.40 m/s (4)

= 541 = 24.15 s (6)


22.40

= 4.646 105 = 19‘238 m3/s (5)


24.15
C4.1 Anfangspunkt Auslaufstrecke

Lage Punkt P: 1‘420 m ü.M. (gern. Tabelle 5)

C4.2 und 4.3 Geschwindigkeit und Fliesshöhe in P

Massgebende Neigung vor P, B~, Vp und d~ (Fall 2 gern. 4.3.2)

Lage Punkt A: 1,480 m iLM.

Begri~ndung: Von 1‘470 bis 1‘480 m ü.M. beträgt auf einer Länge von 50 m die
Neigung

tg ~bA = = 0.20 = 11.3 <12.3~ gern. Tabelle 6


50

Ab 1‘480 m u.M. wird die Neigung grösser.

Annahme für ~ (ab Punkt A)

1‘480 — 1‘700 m ü.M. x~‘ = 560 m (Grundriss)

Daraus = 21.45

x~= 560
~ cos2l.45 =602m

— 30 —
Idealisiertes Sturzbahnprofil in 1‘600 m u.M.

79m

40m

Mit dem gegebenen Q ergibt sich nach einer Iterationsrechnung eine Fliesshöhe von 8.69 m.

Kontrolle: F = 517.21 m2
U= 82.73m
R ._517.21 =6.25m
82.73

Vp = 6.25 1‘OOO (sin2l.45 — 0.155 cos2l.45) = 37.20 m/s (15)

Q = 517.21 • 37.20 = 19‘240 m3/s = °geg

Kontrolle ~ x~ = 0.7 1000 8.69 = 620 m — 602 m (18)


9.81
Vorhandenes x~ entspricht also dem angenommenen.

Lawinenbrejte zu Fliesshöhe etwa 10: 1 (s. Tabelle 7)

Umwandlung der Runsenlawine in eine Flächenlawine ohne seitliche Ausbreitung:

B~ = 19‘238 1,000 (sin2l.45 — 0.155 cos2l.45) = 82.75 m (16)


37.23

d~ 19‘238 = 6.25 m (17)


82.75. 37.2

— 31 —
C5 Auslaufstrecke

Beobachteter Auslauf:

— Erster Teil 1‘470 — 1‘450 m ü.M., Länge x = 150 in.


— Zweiter Teil 1‘450 — 1‘440 m ü.M., Länge 415 m

Erste Auslaufstrecke (ab Punkt P1 1‘470 m ü.M.)

tg~b5 = = 0.13 = 7.6° <~k = 8.8°


1 150 1

d5 = 6.25 + 37.22 = 20.36 m (19)


1 lOg

V12 = 20.36 1‘OOO (0.155 cos7.6 — sin7.6) = 435.34 m2/s2 (20)

si = 20.36 1‘OOO in 1 + 37.22 = 1‘200 m (21)


2g 435.34

Zweite Auslaufstrecke (ab Punkt P2 1‘450 m ü.M.)

tg‘~b5 = —~ = 0.024 ~b = 1.38° < = 8.8°


2 415 S2

Geschwindigkeit in P2 (Distanz P1 — P2 = 150 m)

V2p2 = 37.22 1 — 150 = 1‘211 m2/s2 (22)


1‘200

Vp2 = 34.80 m/s

d =d =20.36m
Si

V22 = 20.36 • 1‘OOO (0.155 cosl.38 — sinl.38) = 2‘664.5 m2/s2 (20)

S2 = 20.36 ~ in 1 + 34.82 = 389 m (21)


2g 2‘664.5

— 32 —
Totale Auslaufstrecke (ab Punkt P1)

s = 150 + 389 = 539 m

Gegenüber der beobachteten totalen Auslaufstrecke von ca. 600 m ist die berechnete etwas
zu kurz (s. Plan). Dazu ist zu bemerken, dass die im Plan eingezeichnete Auslauffläche die
jenige von Fliess— und Staubanteil darstellt, also eher zu gross ist (vor allem auch seitlich).
Oertliche Feststellungen zeigten jedoch einen Fliessanteil bis nahe zur Höhejikurve 1‘440 m
vor der Gegensteigung.

— 33 —
PARDENN / KLOSTERS
4. GROSSI CHIRCHENLAUI / MURGTAL

Charakterisierung

Die grösste beobachtete Lawine innerhalb ca. 20 Jahren wies eine Auslaufstrecke von 50 —

55 m auf.

— Durchgehende Flächenlawine, kleine Lawine (K 2.4• 10~ rn3)


= 0.3

— Auslaufgebiet mit zwei Neigungen:


— für erste Auslaufstrecke ~ = 500 m/s2 (meterhohe Felsen und Baumgruppe)
— für zweite Auslaufstrecke ~ = 1000 rn/s2 (flächig)

— Im Anrissgebiet und Sturzbahn


= 1‘000rn/s2

— Lawine kommt sowohl als trockene Fliessiawine wie auch als Nassschneelawine (nach
starken Regenfällen)

— Fall 1 (gern. Abschnitt 4.3.2)

Cl Anrissgebiet
C1.1 Ausmass

Meereshöhe 1‘770 1‘200 m ü.M.


Mittlere Neigung = 39.4° (Mittel über Fläche)

Mittlere Breite B0 = 30 m

C1.2 Anrissmächtigkeit

d~ = 1.1 m ca. Mittelwert, T 20 Jahre (beobachtet)


-~

(Werte für T = 30 Jahre eingesetzt gemäss Tabelle 2)

f(39.4) = 0.61

= 1.1~0.61 = O.7m

— 34 —
C2. 1 Durchflussmenge (rechteckförmiges Anrissgebiet; massgebend orographisch
linker Arm)

v0 = 0.7. 1‘OOO (sin39.4 — 0.3 cos39.4) = 16.8 rn/s

0 = 30 0.7 16.8 = 353 m3/s

C4. 1 Anfangspunkt Auslaufstrecke

Lage Punkt P: 1‘lOO m iLM. (gern. Tabelle 5)

C4.2 und 4.3 Geschwindigkeit und Fliesshöhe in P

Massgebende Neigung vor P, B~, vp, und d~ (Fall 1 gern. 4.3.2)

1. Annahme für

1‘lOO — 1‘170 rn ü.M. x~‘ = 115 rn (Gnrndriss)

Daraus ~ = = 0.61 ib~ = 31..3


115

x~ = 115 = 135 m (schiefe Länge)


cos3 1.3

Lawinenbreite B~ = 50 m

Vp = 1‘OOO (sin3l.3 — 0.3 cos3l.3) 11/3 = 12.3 rn/s (13)


50 j

d~ = ________ = 0.57 m (14)


50 12.3

Kontrolle: x..U = 0.7 9.81 0.57 = 40.6m < 135 m (18)

neue Annahme notwendig!

— 35 —
2. Annahme für

1‘100—1‘l2Omü.M. x..‘ =35m


Daraus = 29.7 x~ = 40 m

B~ =50m

Vp = 11.8m/s d~ = O.6m

Kontrolle: x..U = 0.7 9.81


1000 0.6 = 42.8 m — 40 m

in Ordnung!

C5 Auslaufstrecken

Beobachteter Auslauf: 1‘lOO — 1‘090 m ü.M., Länge 50 —55 m

— Erster Teil 1‘lOO 1‘090 m ü.M.,


— Länge x = 40 m
— Zweiter Teil ab 1‘090 m ü.M., Länge 30 m

Erste Auslaufstrecke (ab Punkt P1 1‘lOO m ü.M.)

tg~ = = 0.25 ‘z~b = 14‘ <~ = 16.7‘


S1 40 1

d = 0.6 + 11.82 = 2.0 m (19)


Si lOg

V2 = 2 . 500 (0.3 cosl4 — sinl4) = 49.17 m2/s2 (20)

si = 2 500 in 1 + 11.82 = 69 m (21)


2g 49.17

Zweite Auslaufstrecke (ab Punkt P2 1‘090 m ü.M.)


= 0‘ < 16.7°

Geschwindigkeit in P2 (Distanz P1 — P2 = 40 m)

—36—
Vp2
2
= 11.82 1 ~
69j
1 = ~ m2/s2 (22)

Vp2 = 7.7 m/s

d =d =2.Om
S2 Si

V22 = 2.0 1‘OOO (0.3 cos0 — sin0) = 600 m2/s2 (20)

S2 = 2.0 ~ in 1 + = 10 in (21)
2g 600
Beachte hier ~ = 1‘OOO mis2

Totale Auslaufstrecke (ab Punkt P1)

s = 40 + 10 = 50 m

Stimmt sehr gut mit der beobachteten Auslaufstrecke von 50 —55 m überein.

— 37 —
1:10000

Das könnte Ihnen auch gefallen