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Die Translatologie ist die Wissenschaft vom Dolmetschen und Übersetzen.

Als
Unterscheidungskriterium gilt hierbei die Möglichkeit der wiederholten
Korrigierbarkeit. Der wesentliche Unterschied zwischen Übersetzungs- und
Dolmetschdiensten besteht im Sprachmedium. Beim Übersetzen wird im
Allgemeinen Text von einer Sprache in eine andere übertragen.
Beim Dolmetschen hingegen werden gesprochene Worte in einer anderen Sprache
wiedergegeben.
Die Translatologie kann in einen theoretischen, einen deskriptiven und einen
angewandten Zweig gegliedert werden:
Die deskriptive Translatologie beschreibt die beobachtbaren Vorgänge beim
Dolmetschen und Übersetzen und die dabei
entstehenden Translate (Verdolmetschungen oder Übersetzungen). Sie kann
beispielsweise produktorientiert (Beschreibung von Translaten, etwa in Form eines
Übersetzungsvergleichs), prozessorientiert (Beschreibung des Translationsvorgangs,
etwa durch Introspektion mit( Think-Aloud-Protokollen)
oder funktionsorientiert (Beschreibung der Auswirkungen und der gesellschaftlichen
Bedeutung von Translaten) sein.
Die angewandte Translatologie beschäftigt sich mit praktischen Problemen im
Zusammenhang mit Translation, etwa mit der Dolmetscher- und
Übersetzerausbildung, mit Werkzeugen für Translatoren.
Die theoretische Translatologie sucht in ihrer allgemeinen Form nach
Erklärungsmodellen für den Übersetzungs- oder Dolmetschvorgang an sich. Auf
diesem Gebiet liegen die Berührungspunkte zwischen der Translatologie und
den Kognitions- und Neurowissenschaften. z. B. mit einem bestimmten Problem wie
der Übersetzung von Metaphern oder mit einem bestimmten Sprachen- bzw.
Kulturpaar.
Der Äquivalenzbegriff
Die Definitionen für Äquivalenz sind vielfältig, allerdings wird darunter für
Beziehung zwischen dem Ausgangstext (dem „Original“) und dem Zieltext (dem
Translat) verstanden. Es gibt verschiedene Arten von Unterscheidungen.
Äquivalenzarten nach Koller
1-Eine denotative Äquivalenz besteht, wenn der Zieltext die gleichen
außersprachlichen Sachverhalte abbildet wie der Ausgangstext.
2-Eine konnotative Äquivalenz besteht, wenn die Art der Verbalisierung von
Sachverhalten in Ausgangs- und Zieltext vergleichbare emotionale und assoziative
Reaktionen hervorruft.
3-Eine textnormative Äquivalenz besteht, wenn der Zieltext in gleicher Weise wie
der Ausgangstext Sprach- und Textnormen erfüllt oder bricht.
Ein Beispiel ist die Übersetzung von Packungsbeilagen für Arzneimittel. Hier
müssen in Ausgangs- und Zielland unterschiedliche rechtliche Anforderungen
erfüllt werden. Wenn der Ausgangstext eine akzeptable US-amerikanische
Packungsbeilage ist, muss der Zieltext eine akzeptable deutsche Packungsbeilage
sein, um textnormative Äquivalenz herzustellen, auch wenn dafür Textteile
weggelassen, ergänzt oder umgestellt werden müssen.
4-Eine pragmatische Äquivalenz besteht dann, wenn die Ausgangs- und Zieltexte
in gleicher Weise ihre kommunikative Funktion (Information, Unterhaltung,
Herstellung von Gemeinschaftsgefühl etc.) in einer bestimmten Situation erfüllen
Funktionale Translatologie, Skopostheorie und translatorisches Handeln

Die Skopostheorie geht nun davon aus, dass der Zweck eines Translats, eine
bestimmte Funktion zu erfüllen, der bestimmende Faktor ist, auf den der
Translationsprozess ausgerichtet sein muss. Die Bewertung einer bestimmten
Funktion als „gut“, „sinnvoll“ oder „ethisch“ bleibt zunächst außen vor. Daraus ergibt
sich die Auffassung von Übersetzungen und Verdolmetschungen als zielsprachliche
und -kulturelle Informationsangebote über andere Informationsangebote in
Ausgangssprache und -kultur. Die Qualität eines Translats kann grundsätzlich nur
bezüglich seiner Funktion bewertet werden.

Folgende Punkte bilden wichtige Prinzipien der Skopostheorie:

1. Der Zieltext ist skoposbedingt;


2. Der Zieltext ist ein Informationsangebot in einer Zielkultur und -sprache über
ein Informationsangebot in einer Ausgangskultur und -sprache;
3. Der Zieltext bildet ein Informationsangebot nicht-umkehrbar eindeutig ab;
4. Der Zieltext muss in sich kohärent sein;
5. Der Zieltext muss mit dem Ausgangstext kohärent sein;
6. Die angeführten Regeln sind untereinander in der angegebenen Reihenfolge
hierarchisch geordnet („verkettet“).
Konstruiertes Beispiel

Es sind also für jeden Ausgangstext je nach Zweck der Übersetzung viele
verschiedene Herangehensweisen denkbar. Ein wissenschaftlicher Artikel erscheint in
einer englischsprachigen Fachzeitschrift. Der Inhalt des Artikels ist auch für
Wissenschaftler interessant, die es bevorzugen, Artikel in deutscher Sprache zu lesen.
Also soll eine Übersetzung angefertigt werden.Diese Übersetzung könnte das Ziel
haben, in der Zielsprache und -kultur möglichst ähnliche Funktionen zu erfüllen wie
der Ausgangsartikel, dann würde sie nach Fertigstellung in einer deutschsprachigen
Fachzeitschrift zum gleichen Fachgebiet erscheinen.

Sie kann aber auch verschiedene andere Funktionen erfüllen. So könnte sich ein
einzelner, der englischen Sprache nicht mächtiger Experte über den Inhalt des Artikels
informieren wollen und eine Informationsübersetzung anfordern. In diesem Fall
würde weniger Wert auf die sprachliche und äußere Form der Übersetzung gelegt. Ein
anderer Wissenschaftler hat vielleicht Englischkenntnisse, findet es aber mühsam,
komplexe Artikel in der Fremdsprache zu lesen. Er möchte erst wissen, ob sich die
Mühe lohnt, und lässt eine knappe Zusammenfassung in der Zielsprache. Ein dritter
hat gerade viel Zeit und will seine Englischkenntnisse verbessern. Er bittet einen
Übersetzer, eine philologische Übersetzung für ihn anzufertigen, die die
grammatischen Strukturen und die Textnormen der Ausgangssprache in der
Zielsprache abbildet, um sie zu verdeutlichen.

Translatorisches Handeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das translatorische Handeln (Justa Holz-Mänttäri 1984) stellt eine Erweiterung der
Skopostheorie dar und ist ein Erklärungsansatz, der auch die berufsethisch korrekte
Haltung des professionellen Translators einbezieht. Auch hier wird davon
ausgegangen, dass von einem Ausgangstext viele verschiedene Translate mit
verschiedenen Zielsetzungen angefertigt werden können. Zusätzlich wird vom
Translator gefordert, dass der Auftraggeber eines Translats darüber beraten wird, ob
eine Verdolmetschung oder Übersetzung überhaupt nötig ist, und wenn ja in welcher
Form und mit welcher genauen Absicht. Das nennt man Produktspezifizierung und
sollte möglichst detailliert sein. Nach einer solchen Klärung kann der Translator
entsprechend das notwendige Zusatzmaterial anfordern, einen Zeitplan und
Kostenvoranschlag erstellen etc. Der Translator als Textdesigner hilft also, das
gewünschte Produkt zunächst zu spezifizieren, es dann herzustellen, und die Qualität
zu sichern.

Funktionale Ansätze
Als funktionale Ansätze werden zusammenfassend alle Zweige der Translatologie
bezeichnet, die davon ausgehen, dass die Erfüllung des Zwecks des Translats der
bestimmende Faktor im Translationsprozess ist. Hier ist darauf hinzuweisen, dass die
funktionale Translatologie durchaus auch funktionskonstante Translation (im Beispiel
oben die Übersetzung eines wissenschaftlichen Zeitschriftenartikels in einen
wissenschaftlichen Zeitschriftenartikel ähnlichen Niveaus) vorsieht und nicht, wie von
ihren Gegnern gelegentlich wahrgenommen, grundsätzlich für „abweichende“, „freie“
oder „untreue“ Translate steht.

Durch ihre Berücksichtigung der sprachlich-kulturell-historischen Situation


(Explizieren der Anforderungen an ein Translat) haben funktionale translatologische
Ansätze einen hohen Erklärungswert bei der Untersuchung von historischen
Übersetzungen (mit teilweise von heutigen Vorstellungen abweichenden
Anforderungen) und von Übersetzungen oder Verdolmetschungen außerhalb des
Mainstream (mit teilweise von „allgemeingültigen“ Vorstellungen abweichenden
Anforderungen, etwa feministische Bibelübersetzungen).

Auch für die Qualitätssicherung und Qualitätsbewertung sind funktionale Ansätze


eine Möglichkeit, da teils unklare oder implizite Anforderungen an Translate durch
eine genaue Bestimmung ihres Zwecks und ihrer Funktion expliziert werden können.

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