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CE9 L2 S3

 Wichtiges anatomisches und


physiologisches Grundwissen über
die Leber (stark vereinfacht)
 Alkoholabhängigkeit
 Leberzirrhose
 Korsakow-Syndrom

Dozentin: Dr. J. Ehmke-Meißner


1
Leber (Hepar)
• Die rot-braune Leber liegt im rechten Oberbauch
direkt unter dem Zwerchfell.
• Sie wiegt ca. 1,5 – 2 kg und ist an ihrer Außenseite
von einer derben Bindegewebskapsel überzogen.
• Die Leber gliedert sich in 4 Leberlappen:
 den größeren rechten Leberlappen,
 den kleineren linken Leberlappen,
 von der Eingeweideseite her kann man noch
einen Lobus quadratus und Lobus caudatus
erkennen.

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• An der Unterseite des rechten Leberlappens liegt die
birnenförmige Gallenblase.
• An der Unterseite liegt die Leberpforte:
 die Leberarterie tritt hier in die Leber ein. Sie versorgt
das Lebergewebe mit sauerstoffreichen Blut.
 die Pfortader leitet hier sauerstoffarmes aber
nährstoffreiches Blut aus dem Bauchraum (Dünn-
Dickdarm, Pankreas, Magen …) in die Leber.
 der Gallengang leitet die von der Leber gebildete
Gallenflüssigkeit aus der Leber heraus zur Gallenblase
ab. Dort wird sie gespeichert und bei Bedarf wird die
Galle an das Duodenum abgegeben (->
Fettverdauung).
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4
5
Aufbau und Funktionen der Leberläppchen
• Die Leberzellen (Hepatozyten) sind in der Leber
zu sechseckigen Leberläppchen angeordnet.
• Durch jedes Leberläppchen zieht in der Mitte
eine sog. Zentralvene.
• Um die Zentralvene herum sind die Leberzellen
strahlenförmig angeordnet und werden als
Leberzellbälkchen bezeichnet.
• Zwischen den Leberzellbälkchen befinden sich
die Lebersinusoide. Dabei handelt es sich um
erweiterte Kapillaren.
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• In die Lebersinusoide fließt Leberarterienblut
und Pfortaderblut. Während beides durch die
Lebersinoide fließt vermischt sich das Blut, so
dass nährstoffreiches arteriell-venöses
Mischblut entsteht.
• Das Endothel der Sinusoide weist große Poren
auf, so dass es zum Stoffaustausch zwischen
den Leberzellen und dem Mischblut kommt.
Nachdem Stoffaustausch wird das nun
nährstoffarme, rein venöses Blut über die
Zentralvene abgeleitet.
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• Die Zentralvenen vereinigen sich zu größeren
Venen und verbinden sich schließlich zu den drei
großen Lebervenen. Sie verlassen die Leber nicht
an der Leberpforte, sondern etwas weiter hinten
zwischen dem rechten Leber-lappen und dem Lobus
caudatus. Sie münden alle in die untere Hohlvene .
• Die in den Leberzellen gebildeten fettlös-lichen
Giftstoffe werden an die Gallen-flüssigkeit
abgegeben. Diese wird über den Gallengang zur
Gallenblase abgeleitet und dort gespeichert.

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Die drei portokavalen Anastomosen
Einige Verdauungsorgane können ihr venöses Blut nicht
nur durch die Leber zum Herzen zurück leiten, sondern
haben noch einen zweiten alternativen venösen
Abflussweg direkt in die obere oder untere Hohlvene.

1. die Venen von Speiseröhre und Magens leiten ihr


Blut in die Pfortader oder in die obere Hohlvene.
2. die Venen des Kolons leiten ihr Blut entweder in die
Pfortader oder in die obere Hohlvene.
3. die mittlere und untere Vene des Rektums leiten ihr
Blut in die Pfortader oder in die untere Hohlvene.
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Eine Leberzirrhose kann der Grund dafür sein,
dass das Blut durch die porto-kavalen
Anastomose geleitet wird:

• Bei einer Leberzirrhose sterben Leberzellen ab


und werden durch Bindegewebe ersetzt. Dabei
wird die Struktur der Leberläppchen zerstört.
Dies erschwert den Blutfluss durch das
Lebergewebe.
• Ein Teil des Blutes geht dann den Weg des
geringeren Widerstandes und weicht über die
Anastomosen aus. 11
• Dadurch, dass nur noch ein Teil des Blutes
durch die Leber fließt, wird es schlechter
entgiftet. Giftiges Ammoniak sammelt sich im
Blut an und schädigt das Gehirn.
• Wenn die Anastomose-Gefäße wegen des
Pfortaderhochdrucks mehr Blut erhalten als
gewöhnlich, weiten sie sich. Dadurch entste-
hen Krampfadern, die auch bluten können. Am
häufigsten sind die Ösophagusvarizen und die
Rektumvarizen.
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Leberfunktionen

1. Bildung der Galle aus Cholesterin. Die Gallen-


flüssigkeit ist wichtig für die Fettverdauung.

2. Beteiligung an der Blutbildung des ungeborenen


Kindes (bis etwa zum 7. SSM).

3. Abbau alter oder nicht mehr funktions-tüchtiger


Erythrozyten. Dabei entsteht durch den Abbau
des Hämoglobins das Bilirubin. Bilirubin wird in
die Gallenflüssigkeit ausge-schieden und verleiht
ihr die typische gelb-grüne Farbe. 13
4. Entgiftungsfunktion:
Das giftige Ammoniak wird in der Leber zu dem
wasserlöslichen Harnstoff abgebaut und kann so über die
Nieren ausgeschieden werden.
Östrogene werden in der Leber abgebaut. Bei Leber-
zirrhose wird das hormonelle Gleichgewicht gestört und
das überwiegende Östrogen führt bei Männern zu
Gynäkomastie, Bauchglatze und Hodenatrophie. Alkohol
wird in drei Stufen abgebaut: Im 1. Schritt wird Alkohol
durch das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH) zu
Acetaldehyd umgewandelt, das für den Körper sehr
schädlich ist. Im 2. Schritt wird Acet-aldehyd mittels des
Enzyms Aldehyddehydrogenase (ALDH) in Essigsäure
umgewandelt, die im 3. Schritt zu Kohlendioxid und Wasser
umgewandelt und über Lunge bzw. Niere ausgeschieden
werden. 14
In der Leber wird das Bilirubin an die Gallensäuren
gebunden und so über die Gallenflüssigkeit ausge-
schieden. Das Bilirubin gelangt mit der Galle in den
Darm und wird dort von den Darmbakterien weiter
abgebaut. Es entsteht hauptsächlich Sterkobilin
(Stuhlfarbstoff), das dem Stuhlgang seine braune
Farbe verleiht. Es wird mit dem Stuhl ausge-schieden.

5. Speicherfunktion: Glycogen, Triglyceride,


Aminosäuren, Vitamine, Eisen, Schwermetalle …
werden in der Leber gespeichert.

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6. Immunologische Aufgaben (z. B. Bildung von
Faktoren des Komplementsystems)

7. Beteiligung an der Blutgerinnung: einige Gerin-


nungsfaktoren (II, VII, IV und X) werden in der Leber
hergestellt. Stehen sie nicht ausreichend zur
Verfügung (z.B. bei Leberzirrhose) kann es zu
lebensgefährlichen Blutungen kommen.

8. Bildung von Hormonen, z.B. Angiotensinogen spielt


eine wichtige Rolle bei der Blutdruckregulation
durch die Niere (RAAS).
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9. Stoffwechselfunktion der Leber
Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan im
Eiweiß- Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel:

Kohlenhydratstoffwechsel der Leber:


 Glukoneogenese: Neubildung von Glukose aus
Milchsäure, Aminosäuren oder aus Glyzerin.
 Glycogenbildung: Bei Hyperglykämie Speicherung
der Blutglukose in Glykogen.
 Glykogenabbau: Bei Unterzuckerung kann die Leber
das Glycogen wieder in Glukose umwandeln.

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Fettstoffwechsel der Leber:

 Lipogenese/Lipolyse: bei Energieüberschuss wandelt die


Leber überschüssige Glukose in Fettsäuren um und
speichert es. Bei Energiemangel können die Fette zu
Ketonkörpern abgebaut werden. Keton-körper sind
wasserlösliche, energiereiche, saure Verbindungen, die von
vielen Organen, besonders dem Gehirn, anstelle von
Glukose zur Energie-gewinnung verwendet werden können.
 Bildung von Lipoproteinen: Damit die Fette von der Leber
zu anderen Organen befördert werden kön-nen, werden sie
mit einer Proteinhülle umgeben und damit wasserlöslich
gemacht. Hülle und umhüllte Fette werden gemeinsam als
Lipoproteine bezeich-net. Es gibt verschiedene Typen: VLDL,
LDL und HDL.
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Eiweißstoffwechsel der Leber

Proteine (Eiweiße) stellen die Grundbausteine


aller menschlichen Zellen dar: Muskeln, Verdau-
ungsenzyme, Gerinnungsfaktoren, Hormone, die
Komplementfaktoren, Antikörper usw. bestehen
aus Eiweißen. Sie spielen im Körper bei vielen
lebenswichtigen Prozessen (u.a. Verdauung,
Abwehrsystem, Zellregeneration) eine entschei-
dende Rolle. Leidet der Körper an Eiweißmangel
geht er an seine Eiweißreserven und baut
Muskelmasse ab. 19
 Bildung der Bluteiweiße: das Bluteiweiß
Albumin ist für den kolloidosmotischen Druck im
Blutplasma verantwortlich. Bei Eiweiß-mangel
entstehen Ödeme und Ascites.
Auch dienen die Bluteiweiße zum Transport von
verschiedenen Stoffen im Blut (z.B. Bilirubin,
Calzium, Medikamente, Hormone, Eisen ...) Bei
Mangel können diese Stoffe nicht hinreichend
transportiert werden (z.B.: gelangt das Eisen nicht
ins Knochenmark, wo es für die Blutbildung
gebraucht wird und Hormone oderMedikamente
gelangen nicht zu ihren Zielorganen).
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Alkoholismus (Alkoholkrankheit)

Der Verzehr von Alkohol ist in unserer Gesellschaft


allgegenwärtig. Alkohol wird wegen der psych-ischen
Auswirkungen auf das ZNS konsumiert.
Der Konsument erlebt im Anfangsstadium des Trinkens
(in Abhängigkeit von der Grundstimmung) einen
Rauschzustand mit allgemeiner Entspannung,
Stimmungsanhebung sowie emotionaler Enthem-mung.
Ein übermäßiger Verzehr von Alkohol kann zu
Alkoholmissbrauch oder zur Alkoholabhängig-keit
führen.
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1. Alkoholresorption

• 2 % des konsumierten Alkohols wird direkt von der


Mundschleimhaut aufgenommen.
• 20 % von dem getrunkenen Alkohol wird über die
Magenschleimhaut resorbiert.
• Der restliche Alkohol wird erst im Dünndarm resorbiert.
Aus diesem Grund dauert es in der Regel eine Weile, bis
man die Wirkung des Alkohols spürt. Die Resorptionsphase
des getrunkenen Alkohols ist spätestens 2 Stunden nach
Trinkende abgeschlos-sen. Die Alkoholaufnahme hängt von
der Trink-geschwindigkeit, Füllstand des Magens sowie von
der Art der Nahrung ab.

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2. Abbau und Ausscheidung:
• Bis zu 5 % wird unverändert abgeatmet (Alkohol-fahne).
• Ca. 2 % wird unverändert mit dem Urin ausge-schieden.
• 1 - 2 % des Alkohols wir über die Haut ausgeschwitzt.
• Über 90 % wird in der Leber in drei Stufen abgebaut:
Im 1. Schritt wird Alkohol durch das Enzym Alkohol-
dehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd umgewandelt,
das für den Körper sehr schädlich ist. Im 2. Schritt wird
Acetaldehyd mittels des Enzyms Aldehyddehy-
drogenase (ALDH) in Essigsäure umgewandelt, die im 3.
Schritt zu Kohlendioxid und Wasser umgewandelt und
über Lunge bzw. Niere ausgeschieden werden.

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Da Alkohol für den Körper in größeren Mengen ein Gift ist, wird
der Alkohol mit Priorität abgebaut. Während dieser Zeit wird
weniger Fett vom Körper verbraucht und mehr Fett in der Leber
eingelagert (-> Fettleber). Alkohol enthält nach Fett die meisten
Kalorien. Jedes Gramm Alkohol liefert 7 kcal. Ein Liter Bier
enthält ca. 470 kcal und eine Flasche Sekt (0,75 Liter) ca. 600 kcal.
Zum Vergleich: Eine Tafel Schokolade liefert ca. 530 kcal.
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Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 25
Nach der ICD 10 (= Internationale Klassi-
fikation psychischer Störungen) soll eine
Diagnose "Abhängigkeit" nur dann gestellt
werden, wenn bei einer betroffenen Person
während des letzten Jahres mindestens drei
der in Tabelle 46 aufgeführten Kriterien
gleichzeitig für mindestens einen Monat lang
bestanden haben (oder für kürzere Zeit
wiederholt innerhalb eines Jahres).

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• Für eine psychische (seelische) Abhängigkeit von
Alkohol sprechen:
– Craving,
– Kontrollverlust,
– Abstinenzunfähigkeit
– und psychische Schäden

• Für eine physische (körperliche) Abhängigkeit von


Alkohol sprechen:
– Toleranzentwicklung,
– Entzugssymptomatik
– und körperliche Schäden.

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Vom Begriff Abhängigkeit muss man den
„Missbrauch“ abgrenzen:

Unter „Missbrauch“ versteht man den anhaltenden


und übermäßigen Gebrauch von Alkohol, der zu
körperlichen und psychischen Schäden führt (z. B.
Hepatitis, Leberzirrhose und Korsakow-Syndrom). Das
sind aber nur zwei Kriterien.
Für die Diagnose Alkohol-Abhängigkeit müssen aber
mindestens drei Kriterien gleichzeitig für mindestens
einen Monat lang bestanden haben (oder für kürzere
Zeit wiederholt innerhalb eines Jahres).
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Entstehung einer Abhängigkeit

Die Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung ist immer ein


schleichender Prozess, insbesondere beim Konsum legaler
Suchtmittel wie Alkohol und Tabak.
Der Verlauf lässt sich folgendermaßen beschreiben: Konsum -
> Genuss -> Gewöhnung -> Missbrauch ->
Abhängigkeit.
Die Übergänge sind fließend und bauen nicht zwingend
aufeinander auf. Jedes individuelle Suchtverhalten hat seine
eigene Geschichte, in der individuelle und gesellschaftliche
Faktoren und suchtmittelspezifische Faktoren ihre Bedeutung
haben.

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Warum entsteht Sucht?

Alkohol und andere Substanzen, die abhängig


machen, wirken auf das Belohnungssystem im
Gehirn. Dort wird Dopamin ausgeschüttet, was ein
angenehmes, euphorisches Gefühl zur Folge hat.
Dieses Gefühl merkt sich das Gehirn und es
entwickelt ein Suchtgedächtnis (hier sind übrigens
neben Dopamin noch andere Boten-stoffe wie
Glutamat beteiligt). Man möchte dieses
Wohlbefinden immer wieder empfinden, was für die
Aufrechterhaltung des Suchtmittel-konsums der
entscheidende Schritt ist.
Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 31
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Das Zirrhoserisiko steigt für Männer bereits
bei einem täglichen Konsum von 30 Gramm
Alkohol pro Tag - dies entspricht 300 ml Wein
oder der doppelten Menge Bier.

Frauen droht eine Schrumpfleber sogar schon


bei der Hälfte dieser Menge. Auch Überge-
wichtige entwickeln schneller eine Leber-
zirrhose.

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Wirkungen auf den Gehirnstoffwechsel

Bis der Alkohol über die Blutbahn im Gehirn ankommt,


dauert es etwa zwei Minuten. Alkohol setzt verstärkt
Botenstoffe frei, die zum Belohnungssystem gehören.
Dies sind v.a. Dopamin, Serotonin und Endorphine, die
Glücksgefühle hervorrufen können. Alkohol wirkt
entspannend, angstlösend und in höheren Dosen sogar
narkotisierend. Bei ständigen Alkoholkonsum kommt es
zur Toleranzentwicklung.
Wird der Alkohol plötzlich nicht mehr zugeführt, fehlt die
„dämpfende Regulierung“. Dies führt zu Über-erregung,
Angstgefühlen, Zittern, Halluzinationen bis hin zu
Krampfanfällen (Entzugssymptome).
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Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 35
Bei der Leberschädigung durch Alkohol werden drei
Stadien unterschieden:

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CAGE-Test
ist im Rahmen der Anamnese zur Aufdeckung eines
pathologischen Alkoholkonsums geeignet.
• Cut down: Haben Sie (erfolglos) versucht, den
Alkoholkonsum zu reduzieren?
• Annoyed: Haben Sie sich geärgert, weil Ihr Trink-
verhalten von anderen kritisiert wird?
• Guilty: Empfinden Sie Schuldgefühle wegen Ihres
Trinkverhaltens?
• Eye Opener: Benutzen Sie Alkohol, um morgens in Gang
zu kommen?
Werden mehrere der vier Fragen vom Patienten mit "Ja"
beantwortet, ist eine Alkoholsucht wahrscheinlich.
Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 37
Das "Jellinek - Schema„
Professor Dr. E.M. Jellinek untersuchte im
Auftrag der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) mehrere tausend Fallgeschichten
von Alkoholikern (vorwiegend Männer).
Diese erste und bis heute grundlegende
Untersuchung über die Krankheit
Alkoholismus mündet in ein Schema von fünf
Konsumtypen.

Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 38


Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 39
Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 40
Jellineks Alkoholikertypologie ist nur
als grobe Unterscheidung von
verschiedenen Formen des Trinkver-
haltens zu verstehen und es gibt
zahlreiche Übergangs- und
Mischformen.

Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 41


Die Behandlung verläuft phasenhaft:

1. Kontakt- und Motivationsphase: Der 1. Kontakt


muss vom Alkoholkranken selbst hergestellt
werden.

2. Entgiftungsphase: Die stationäre Entgiftung


dauert meist 1- 3 Wochen. Der Entzug von Alkohol
erfolgt abrupt und kann zu einem Delir führen.
Dies erfordert die Gabe eines Benzodia-zepins (z.B.
Clomethiazol in Distraneurin). Es sediert und wirkt
antikonvulsiv..
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Das Alkoholdelir ist eine sehr schwere Form des
Entzugssyndroms, das lebensbedrohlich sein
kann und auf der Intensivstation behandelt
werden muss. Die Entzugssymptome treten
meist 4–12 Stunden nachdem letzten Alkohol-
konsum auf und halten rund 1 Woche an.
Typisch sind vegetative Beschwerden (u. a.
Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Tachykardie),
neurologische Symptome (z.B. Tremor, Krampf-
anfälle, Sensibilitätsstörungen, Ataxie und
optische Halluzinationen).
Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 43
3. Entwöhnungsphase (psychischer Entzug)
Hier lernt der Abhängige, ohne sein Sucht-
mittel zu leben. Sie dauert sechs Wochen bis
drei Monate. Viele psychiatrische Kliniken
bieten die sogenannte qualifizierte Entgiftung
an, bei der neben dem körperlichen Entzug
bereits die Entwöhnungsphase eingeleitet
wird.

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4. Rehabilitations- und Nachsorgephase
Ziel ist eine berufliche und soziale Wiederein-
gliederung und die Vermeidung von Rück-
fällen. Zur Rückfallprophylaxe wird zur Zeit
Campral® (Acamprosat) am häufigsten
verordnet. Es reduziert das Verlangen nach
Alkohol. Die Nachsorge erstreckt sich über viele
Jahre. Als sehr stabilisierend hat sich die
Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe bewährt
(z. B. Anonyme Alkoholiker, Guttempler, Blaues
Kreuz, Kreuzbund … ).
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Die Rückfallquote ist nach einem Entzug
sehr hoch. Nach einer Entgiftung werden
ca. 80 % der Patienten rückfällig.

Die Lebenserwartung verkürzt sich bei


Alkoholikern um durchschnittlich 12
Jahre.

Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 46


Leberzirrhose (Schrumpfleber)

Darunter versteht man einen chronisch


fortschreitenden - nicht reversiblen -
bindegewebigen Umbau der Leber
(Zirrhose).

Die Leberzirrhose stellt das Endstadium


verschiedener chronischer Lebererkrankungen
dar.

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Häufige Ursachen einer Leberzirrhose:

• häufigste Ursache ist Alkoholmissbrauch


• Hepatitis B oder C (ca. 25 % aller
Betroffenen)
• Chemikalien oder Arzneimittelgifte: z.B.
PVC, Benzol, Paracetamol ...
• Gallenwegserkrankungen mit Gallenstau
• Stauungsleber bei chron. Rechtsherz-
insuffizienz erstellt von Dr. Ehmke-Meißner 49
Krankheitsentstehung

 Unterschiedliche chronische Reize (z.B.


Alkohol), können zum Absterben von
Leberzellen (Leberzellnekrose) führen.
 Das nekrotische Lebergewebe lockt Entzün-
dungszellen aus dem Blut an. Durch die
Entzündungsreaktion kommt es zum binde-
gewebigen Umbau der Leber (Zirrhose).
 Der Untergang von Leberzellen führt zum
Verlust der normalen Synthese-, Entgiftungs-
und Ausscheidungsfunktion der Leber(sog.
Leberinsuffizienz).
erstellt von Dr. Ehmke-Meißner 50
 Die Zerstörung der Leberläppchen erschwert den
Blutfluss durch die Leber. Das Blut staut sich vor der
Leber zurück und der Druck in der Pfortader steigt
(Pfortaderhochdruck).
 Es fließt weniger Blut durch die Leber. Blut, dass
nicht durch die Leber fließt, wird nicht entgiftet und
so entsteht eine hepatische Enzephalopathie.
 Das gestaute Blut fließt über sog. Anatomosen
(Umgehungskreisläufe) zum Herzen zurück. Als
Zeichen einer Venenerweiterung in der Bauchhaut
entsteht der Medusenkopf und es bilden sich
Varizen in Speiseröhre und Magen.

erstellt von Dr. Ehmke-Meißner 51


Symptome:
Eine Leberzirrhose macht sich erst im fortgeschritte-
nen Zustand bemerkbar.
 Zu Beginn untypische Allgemeinbeschwerden wie
verminderte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und
Gewichtsverlust
 Leberhautzeichen: z. B. Spider naevi (Gefäß-
sternchen der Haut), Lackzunge, Petechien
(stecknadelkopfgroße Blutungen in der Haut),
Palmarerythem (gerötete Handinnenflächen),
Medusenhaupt, Ikterus (Gelbfärbung von Haut,
Schleimhaut und Skleren durch Einlagerung von
Bilirubin)
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erstellt von Dr. Ehmke-Meißner 53
erstellt von Dr. Ehmke-Meißner 54
 Hormonelle Störungen: Beim Mann Gynäkomastie,
Bauchglatze (Verlust der männlichen Bauch- und
Schambehaarung), Hodenatrophie und Potenz-
störungen; bei der Frau Menstruationsstörungen
und Sterilität.

 Aszites (krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit im


Bauchraum). Durch die Flüssigkeitsansammlung im
Bauchraum wird Druck auf die umgebenden Organe
ausgeübt, sodass sich Appetitlosigkeit, Übelkeit und
Erbrechen, hartnäckiger Schluckauf, Sodbrennen und
Atemnot einstellen können, auch Verstopfung und
Blähungen sind möglich.
erstellt von Dr. Ehmke-Meißner 55
• Lebensgefährliche Sturzblutungen aus
Speiseröhren- und Magenvarizen,
• Entstehung eines Leberzellkarzinoms,
• Hepatopulmonales Syndrom (HPS): schwere
Störung der Lungenfunktion
• Hepatorenales Syndrom (HRS): funktionelles
Nierenversagen
• Milzvergrößerung: gesteigerter Abbau der
Blutzellen führt zu Anämie, erhöhter Blutungs-
neigung und einer erhöhter Anfälligkeit für
Infektionen.
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• Hepatische Enzephalopathie mit Leberkoma:
Das beim Eiweißabbau anfallende (ZNS-
toxische) Ammoniak wird normalerweise
von der Leber zum ungiftigen Harnstoff
umgewandelt. Bei fortgeschrittener Leber-
schädigung sinkt die Entgiftungsleistung der
Leber zunehmend; zusammen mit den
Umgehungskreisläufen bei Pfortaderhoch-
druck steigt dadurch die Konzentration von
Ammoniak im Blut an.
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Bei der hepatischen Enzephalopathie kommt es
zu einer Minderung der Wachheit (Vigilanz). Es
gibt es folgende Abstufungen:
 Benommenheit: Der Patient ist verlangsamt
und schläfrig, aber trotzdem leicht
aufzuwecken.

 Somnolenz: Der Patient ist schläfrig und


benommen. Man kann ihn aber durch lautes
Ansprechen oder Anfassen wecken.

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 Sopor: Der Betroffene ist sehr schläfrig und
nur mit starken Schmerzreizen aufzuwecken.
Er ist nicht mehr orientiert und eine
Kommunikation nicht möglich.

 Koma: Der Patient ist bewusstlos, seine


Reflexe sind erloschen, er ist nicht aufzu-
wecken.

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Die Lebenserwartung von Patienten mit
einer fortgeschrittenen Leberzirrhose ist
gegenüber Gesunden deutlich verkürzt.
So stirbt jeder zweite Patient mit
alkoholbedingter Leberzirrhose inner-
halb von 5 Jahren, wenn er weiter
Alkohol trinkt.

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Die 4 Säulen der Therapie sind:

1. Allgemeinmaßnahmen: vitaminreiche,
kochsalzarme, kalorisch ausreichende
Mischkost, Weglassen leberschädigender
Substanzen, bei hepatischer Enzephalopathie
Verminderung der Eiweißzufuhr und
Stuhlregulierung mit Laktulose (Bifiteral®).
2. Therapie der Grunderkrankung
3. Behandlung der Komplikationen
4. Lebertransplantation
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Wernicke-Korsakow-Syndrom (WKS)
Häufige Ursache ist ein langjähriger Alkohol-
konsum.

• Die akute Phase beim WKS wird zumeist


Wernicke-Enzephalopathie genannt.

• Der chronische Verlauf wird als Korsakow-


Syndrom oder Korsakow-Psychose
bezeichnet.
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Wernicke-Enzephalopathie
Es handelt sich um eine Erkrankung des Gehirns, die
durch einen anhaltenden Mangel an Vitamin B1
(Thiamin) verursacht wird.

Ursache für den Vitaminmangel sind:


 mangelhafte Zufuhr von Milch, Obst, Gemüse …
Alkoholiker „ernähren“ sich fast ausschließlich über
den Alkohol.
 Außerdem erhöht Alkohol den Thiaminbedarf im
Körper und vermindert gleichzeitig die Aufnahme
von Vitamin B1 im Dünndarm.
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Innerhalb weniger Tage entstehen:

 Augensymptome (Blicklähmungen mit


Doppelsehen, unkontrolliertes Augenzittern,
Pupillenstarre mit verschwommenem Sehen)
 Unruhe
 Verwirrtheit (kann nicht mehr klar denken)
 Desorientierungsstörungen
 Merkfähigkeitsstörungen
 Übergroßes Schlafbedürfnis (Somnolenz)
 vegetative Symptome: Tachykardie, orthostatische
Hypotonie, Hypothermie
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Therapiemöglichkeiten und Prognose:

• Wenn die Krankheit nicht rechtzeitig mit hohen


Dosen von Vitamin B1 (Benerva®300 mg)
behandelt wird, endet sie in wenigen Tagen
tödlich. Auch bei entsprechender Behandlung
liegt die Todesrate bei 10-20 %.

• Die Wernicke-Encephalopathie geht bei ca. 84%


der Betroffenen in eine Korsakow-Psychose
über.
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Beim Korsakow-Syndrom tritt meist eine typische
Symptom-Trias auf:

1. Gedächtnisstörungen: betroffen sind v. a. die


Merkfähigkeit und das Kurzzeitgedächtnis.
2. Die Gedächtnislücken füllen sie typischerweise durch
Phantasiegeschichten, sogenannte Konfa-bulationen,
auf. Darunter versteht man das Erfinden von Dingen,
Personen oder Ereignissen ohne bewusste
Täuschungsabsicht. Ihre „Lügen-geschichten“
erfinden sie, da sie sich selbst gar nicht bewusst sind,
keine Erinnerung mehr zu haben.
3. Orientierungsstörung
Erstellt von Dr. J. Ehmke-Meißner 70
Zusätzlich können weitere Symptome
auftreten:
 Antriebslosigkeit mit Verlust der Spontanität
 Abstumpfung
 Müdigkeit
 Depression
 Polyneuropathie
 unangemessene Euphorie
 Zittern der Augen
 Sprachstörungen
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Therapie und Verlauf
Durch die Gabe von Vitamin B1 und strikter
Alkoholabstinenz kann sich der Zustand einiger
Patienten leicht verbessern.
Ein voll ausgeprägtes Korsakow-Syndrom führt
jedoch in der Regel zu bleibenden Hirnschäden.
Mann spricht auch von einer sekundären
Demenz (Korsakow-Syndrom).

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