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Digitale Klausur zur Einführung in die Ältere deutsche Literatur

Sommersemester 2020

(Studierende)

Name, Vorname
Matrikelnummer
E-Mail-Adresse
Studiengang (L2/L3/BA)
Seminarleiter*in des Begleitseminars

(Lehrende)

Beurteilung:

Vorlesungsteil:

Seminarteil:

Bemerkungen:

Punkte insgesamt:

Note:

Zum Bestehen der Prüfung müssen im Seminar- wie im Vorlesungsteil jeweils mind. 50% der
(Prozent-)Punkte erreicht werden
Allgemeine Informationen:
Insgesamt soll Ihre Ausarbeitung eine Länge von 10 PC-Seiten, 1,5-zeilig nicht überschreiten,
so dass für jeden der beiden Teile (VL und Grammatik) ungefähr 5 Seiten zu veranschlagen
sind.

Im Zentrum der Ausarbeitung steht dabei im ersten Teil das zusammenhängende Reproduzieren
des Vorlesungswissens sowie des Wissens aus der Einführung von Gert Hübner im Sinne einer
eigenständigen Argumentation. Aus diesem Grund sind die Fragen zwar themenbezogen, doch
tendenziell offen formuliert.

Den zweiten Teil der zu erbringenden Leistung macht die Übersetzung einer mhd. Textpassage
sowie die Reproduktion des von Ihnen innerhalb der Einführungsseminare erworbenen
grammatikalischen Wissens zu Sprachgeschichte, zur Laut- und Formenlehre sowie zur
mittelhochdeutschen Syntax und Semantik aus. Diesen grammatikalischen Aufgabenteil
bearbeiten Sie bitte mit Hilfe Ihrer Seminarunterlagen sowie der Ihnen bekannten Hilfsmittel
(Wörterbücher, Grammatiken, etc.).

Bitte füllen Sie das Deckblatt dieses Dokumentes mit Angaben zur eigenen Person,
Matrikelnr., Studiengang, etc. aus und hängen Sie dieses zur Information und Zuordnung als
erste Seite an Ihre eignen Ausarbeitungen. Vergessen Sie auch nicht, als letzte Seite Ihrer
Ausarbeitung eine unterschriebene Eigenständigkeitserklärung anzufügen. Wir weisen noch
einmal darauf hin, dass die Klausur selbstständig zu bearbeiten ist: Nachweisliche Kooperation
kann für beide Beteiligten zum Nicht-Bestehen der Klausur führen.

Wie bereits angekündigt, senden Sie Ihre vollständigen Ausarbeitungen bitte als PDF-Datei bis
zum 31. August 2020 an den/die SeminarleiterIn Ihres Einführungsseminars.

Wir wünschen Ihnen bei der Bearbeitung viel Erfolg!


Vorlesungsteil
Nutzen Sie für die schriftliche Ausarbeitung unbedingt die Einführung von Gert Hübner: Ältere deutsche Literatur,
Tübingen 2015.

→ online über das Suchportal der Universitätsbibliothek aufrufbar:


https://hds.hebis.de/ubffm/Record/HEB369305159

Es ist Ihnen unbenommen weitere Forschungsliteratur zu verwenden. Achten Sie bitte insgesamt auf die
Zitationsregeln. Auf die Vorlesungsfolien müssen Sie nicht verweisen.

1. Ordnen Sie die ÄDL historisch, sprach- und kulturgeschichtlich ein und skizzieren Sie
Verknüpfungsmöglichkeiten bzw. Berührungspunkte mit der Beschäftigung mit moderner
Literatur / Texten der Moderne.
(15%)

2. Was versteht man unter dem Strukturmuster des Artusromans? Gehen Sie bei der
Beantwortung der Frage zunächst auf die Leistung Chrétiens de Troyes ein und erläutern Sie
dann das Erzählmuster in seinen Details.

(25%)

3. Erläutern Sie in einem ersten Schritt, auf welche Weisen Bedeutung, etwa im Artusroman,
narrativ aufgebaut werden kann. Beschreiben Sie in einem zweiten Schritt, welche Rolle
Erzählmuster wie das Strukturmuster des Artusromans für die kompositorische Motivierung
spielen. Veranschaulichung Sie Ihre Überlegungen anhand eines Artusromans Ihrer Wahl.

(30%)

4. Charakterisieren Sie prägnant die mediengeschichtliche Situation mittelalterlicher Literatur.


Gehen Sie dann vergleichend auf die Aufführungspraxis des Minnesangs und des weltlichen
Spiels ein.

(30%)
Seminarteil
1. Übersetzen Sie den folgenden Textausschnitt in angemessenes Neuhochdeutsch (43,5
P.)!

Ein Scholar Marias Bräutigam

1 In einer schuole ein schuolære was,


der dâ sanc unde las,
untz an kunst er gedêch.
sîn herze sich des nie verzêch,
5 ez enhete lieb Marien.
di reinen wandels vrîen
gruozte er dicke hî und dâ
mit dem Âve Maria,
unser vrouwen gezît,
10 di maniger noch sprechen pflît,
di sprach der schuolære alle tage.
Nû entstuont im ein clage,
di im ein teil swêre wart,
wand im des todes hervart
15 vater unde muoter nam.
daz erbe gar ûf in kam,
wand er was ein einic sun.
der vriunde rât muoste er tun,
wand ir wille was dâr an,
20 er solde von den buochen lân
und zu der ê grîfen
oder im begunde entslîfen
ûz den henden sin guot.
sie überwunden sînen muot,
25 er volgete irem râte.
dô wart ouch im vil drâte
getrûwet offenlîch ein brût,
di man im schône und überlût
êrlich zu hûse brachte.
2. Bestimmen Sie die Ablautreihe der Verbform verzêch (V. 4) und geben Sie die
Stammformen an. (3 P.)
3. Bestimmen Sie die Ablautreihe der Verbform wart (V. 13) und geben Sie die
Stammformen an. (3 P.)
4. Zu welcher Verbgruppe gehört die Verbform entstuont (V. 12)? Erklären Sie die
Besonderheit dieses Verbes bzw. der Gruppe. Welches lautliche Phänomen liegt bei der
Form entstuont zusätzlich vor? (3 P.)
5. Zu welcher Verbgruppe gehört die Verbform solde (V. 20)? Geben Sie, wenn möglich,
die Ablautreihe sowie die Stammformen des Verbes an. (1,5 P.)
6. Erklären Sie die Besonderheiten der Syntax im Satz sin herze sich des nie verzêch, ez
enhete lieb Marien (V. 4f.)! Welche Auswirkung hat die Syntax hier auf die nhd.
Übersetzung? (4 P.)
7. Erläutern Sie das semantische Spektrum des mhd. Wortes vrouwe (V. 9)! Wie hat es
sich lautlich zum Nhd. hin verändert? (2 P.)
8. Welche Besonderheit tritt bei schwachen Verben mit Rückumlaut auf? Nennen Sie ein
Beispiel! Wer hat den Begriff ‚Rückumlaut‘ bei schwachen Verben geprägt? Warum ist
der Begriff missverständlich? (3 P.)

9. Folgender Witz wird gerne im süddeutschen Raum erzählt:

Ein Berliner sitzt im Zug mit zwei Nicht-Berlinern zusammen. Der Berliner schwärmt
von seiner Stadt: „Balin, dette ist die scheenste Stadt von da Welt übahaupt!“ Nach
einiger Zeit ist das den Zugnachbarn zu dumm, und der eine wagt einen Einwand: „Ja,
sind Sie denn scho in Züri gsii?“ Der Berliner versteht nicht, der andere wiederholt: „Ja,
sind Sie denn scho in Züri gsii?“ Der Berliner versteht immer noch nicht, da kommt ihm
der dritte zu Hilfe: „Er moint gwää!“

a) Aus welchen Gebieten kommen die beiden Mitfahrer des Berliners?


b) Welche Dialekte sprechen sie?
c) Obwohl die beiden dieselbe Sache meinen, benutzen sie doch unterschiedliche
Formen des Partizips Perfekt. Wie lautet der Infinitiv der beiden Partizipien und wie
kommt es, sprachhistorisch gesehen, zu der unterschiedlichen Bildung der Partizipien?

(9 P.)

10. So, der Grammatikteil ist fast geschaffen… nein, geschafft!* Moment: Beide Partizipien
leiten sich von einem Infinitiv ab, der im Nhd. ‚schaffen‘ lautet.

a) Erklären Sie die unterschiedliche Bildung des Partizips anhand des Mhd.
b) In einem mhd. Text heißt es: got hât uns alle geschaft. Wie würde dieser Vers bei
gleichbleibender Bildung im Imperfekt lauten? Wie würde er bei alternativer Bildung
im Imperfekt lauten?

(5 P.)

*Bitte vergessen Sie trotzdem nicht die Aufgaben auf den nächsten Seiten!
11. Im ältesten deutschsprachigen Kochbuch, dem ,Buoch von guoter spîse‘ aus der Mitte
des 14. Jahrhunderts, finden Sie die beiden folgenden Rezepte:

1. Ein guot spîse.


Mal sol ein huon braten mit spec gewült vnd snit denn aht snitten arme rittere vnd backe
die in ein smaltze niht zuo trüge und schele sur epfele snit die breit in schiben daz die
kern vz vallen backe sie ein wenig in smaltze so mache ein groz blat von eiern daz die
pfannen alle begrif vnd tuo dar zuo würtze so lege die ersten schiht von epfeln dor nach
die armen ritter do noch daz huon das sol cleine gelidet sin tuo vf ieglich schicht ein
wenig würtze vnd mache ein condiment von wine vnd von honige vnd würtze niht alzuo
heiz so lege daz blat zvo sammene vnd stürtze ein schuzzeln dor vf vnd kere die pfannen
vmme snit obene ein venster dar in vnd güz daz condiment dar in vnd gibz hin diz
heizzent hünre von kriechen.

2. Ein guot gerihte, der ez gern izzet.


Wilt du machen ein guot bigeriht.
So nym sydeln sweyz.
daz macht den magen gar heiz.
vnd nim kiselinges smaltz.
daz ist den meiden guot die do sin hüffehaltz:
vnd nim brombeer vnd bresteling.
daz ist das aller beste ding.
bist du niht an sinnen taup.
so nim grün wingart laup.
su solt nehmen binzen.
lübstikel vnd minzzen.
daz sint guote würtze.
für die grozzen furtze.
nim stigelitzes versen.
vnd mucken füzze.
dar macht das köstlin allez süzze.
daz ist guot vnd mag wol sin.
ein guot lecker spigerihtelin.
Ach, vnd versaltz nur niht.
wanne ez ist ein guot geriht.
a) Die Herausgeberin hat den Text nicht in ein normalisiertes Mittelhochdeutsch
gebracht (das macht man bei spätmittelalterlichen Texten nicht mehr), sie hat aber auch
im ersten Rezept überhaupt keine Interpunktion gesetzt (das macht man eigentlich
schon; im zweiten Rezept dafür hinter jeden Vers einen Punkt). Tragen Sie im ersten
Rezept die Interpunktion nach!

b) Bei einem der beiden Rezepte handelt es sich um ein Scherzrezept. Welches ist das?
Begründen Sie Ihre Wahl!

(8 P.)

12. Im Buch der Natur Konrads von Megenberg, einer naturkundlichen Enzyklopädie des
14. Jahrhunderts, findet sich zum Lemma Von dem Weinreben folgender Text:

Vitis haizt ain weinreb. der hieze paz ain staud wan ain paum. wenn man die weinper in ainen
warmen ofen legt und derrt si dar inn, die haizent ze latein uva passa, daz sint geröscht weinper.
des weinreben plüet tœtent die slangen und der weinreben zäher, der dar auz tropfet wenn man
si besneidet, vertreibt die räudichait und die schebichait. sein wurzel vertreibt die unsauberkait
und daz aiter auz den ôrn, wenn man si stœzt. ir saft pricht den stain in der plâtern. nim die
grüen weineste wenn man si absneidet und röscht si in ainem feur, unz si des feurs enpfindent
an ir prunst, und zeuch si dann her wider auz und trück dar auz wazzer, daz ist den wäzrigen
augen guot und den kranken augen, wenn man daz wazzer dar ein tuot.
dû scholt nâch miltem weinlesen wênig trinken und nâch klainem weinlesen trink paz und
milticleicher. daz verstên ich alsô. dû scholt niht den wein trinken dar nâch und dû sein vil oder
wênig hâst: dû scholt den wein dir selber trinken ze nutz nâch rehter mâz. alsô pis den milten
reben arch und den argen milt. slehtez velt pringt mêr weins, aber gepirg pringt edlern wein.
der sudenwint, der auster haizt, edelt den wein in den weinreben dar umb, daz er warm ist; aber
der nordenwint, der aquilo haizt, mêret den wein in den weinreben, die gegen im stênt dar umb,
daz er wäzrig ist. die weinper sint gesünter über drei tag ze ezzen dar nâch und man si gelesen
hât, dann an dem êrsten tag, wan si plæent alsô frisch; wenn aber der plæend dunst auz gereucht,
sô sint si pezzer. wer die weinper behelt und si auf hæht oder si paizt mit honig oder mit zukker
in ainem ofen gerœscht, die fuorent wol. der weinreb hât die art, daz er ain seit an dem ast an
ainem knoden daz weinplat auzscheuzt und ander seit die weinper. wenn die weinreb geprant
werdent von ainem kalten wind, sô mêrent si diu pleter und niht die weintrauben. Jacobus
spricht, der weinreben zäher schad den vergiftigen tieren. mitelmæzig wein ist guot, den schol
man nemen nâch der wal. Galiênus spricht, sô der wein ie elter ist, sô er ie hitziger ist. Aristotiles
spricht, man versuocht an newem wein oder an most, ob wazzer dar zuo gemischt ist oder niht;
wan wer ain ai dar ein legt, ist niht wazzers dâ pei, sô swimt daz ai ob, ist aber wazzer dâ pei,
sô vellet ez ze podem. ganzer most hât zwair lai hitz: ain von seiner aigen nâtûr, die andern von
der stat seiner gepurt, dâ in diu sunn gemacht hât, und diu zwivaltig hitz machet den most
wallend in dem vaz, dar umb swimt daz ai ob; aber die hitz erlescht daz wazzer, dar umb velt
dan daz ai under. Galiênus spricht, süezer wein macht durst, wan er mêret die hitz in dem
menschen. Isidorus spricht, welhe menschen geschickt sint zuo der wazzersucht, die hüeten
sich vor allem süezem wein. ez ist dreier lai wein. der êrsten lai ist wäzrig und dünn, der ander
erdisch und dick, der drit hât ain mitel under den zwain. der lauter wirt schier gekocht in dem
magen und durchgêt die âdern und pringet daz harmwazzer, und dar umb gibt man in den
sühtigen läuten, wan er hitzt niht vast und beraubt der sinn niht und schadet dem hirn niht und
den âdern. ist aber er gemischet, sô leschet er den durst dester paz. Aristotiles spricht, wâ gar
starker wein in ainem vaz ist, der daz vaz zeprechen wil, dâ leg ain wênig kæss ein, sô erlischt
sein überwal, wan der kæs ist kalt und vol löchel, dâ von zeuht er die hitzigen dünst in sich, der
den wal macht, und lescht in mit seiner kelten. Isidorus spricht, die wein, die man auz korn und
auz gersten macht, sint niht zimleich und lâzent sich niht wol kochen in dem magen und
machent pœs dünst und pœs fäuhten in dem leib; si verschoppent die leber und daz milz und
machent den stain in der plâtern und in den niern.

a) Welche medizinische Wirkung hat Wein?


b) Welchen Einfluss haben die verschiedenen Winde auf die Weinreben bzw. den Wein?
c) Wie erkennt man, ob Wein mit Wasser vermischt wurde? Wie wird das Vorgehen erklärt?
d) Wozu wird Käse bei der Gärung von Weintrauben benutzt?
e) Wieso ist Wein aus Korn und Gerste schlecht?

(15 P.)

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