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Leitprogramm „Klassische Genetik“

Arbeitsanleitung

Das Leitprogramm "Klassische Genetik" ist ein Heft zum Selbststudium. Wenn Sie sich an die
Anweisungen im Text halten, können Sie selbständig und ohne Hilfe des Lehrers arbeiten. Dabei
werden Ihnen verschiedene Aufgaben gestellt, die Sie gemäss den Anweisungen im Leitprogramm zu
lösen haben. Um diese Aufgaben leichter zu erkennen, werden sie mit Symbolen angekündigt.

Aufgaben lösen:

Sie bearbeiten selbständig die gestellte Aufgabe. Die Lösungen sind


aus dem Text ersichtlich oder finden sich am Ende jedes Kapitels

Recherchieren:

Dazu benötigen Sie ein Buch oder ein anderes Hilfsmittel. Diese
liegen im Schulzimmer bereit.

Handelnd erarbeiten:

Sie können alleine oder zu zweit etwas erarbeiten, wozu Ihnen


Material zur Verfügung gestellt wird.

Nach jedem Kapitel wird Ihr Fortschritt geprüft. Die Aufgaben der Lernkontrollen lösen Sie
schriftlich in ein Heft. Die Antworten sind beigefügt, sodass Sie sie mit den Ihren vergleichen und
allfällige Fehler korrigieren können. Für den Kapiteltest melden Sie sich beim Lehrer.

Wenn Sie gerne in Lernpartnerschaften arbeiten, so steht dem nichts dagegen. Wichtig ist allerdings,
dass Sie die Lernkontrollen allein lösen können, bevor Sie weiterfahren.
Leitprogramm „Klassische Genetik“

Die Fruchtfliege Drosophila : d a s Versuchstier der Genetik

Seit etwa 1915 gehört die Fruchtfliege zu den genetisch am besten erforschten Lebewesen. Im Freien
lebt die etwa 3mm grosse Fliege an Fallobst und ernährt sich von gärenden Pflanzensäften. Sie eignet
sich besonders gut für genetische Untersuchungen, weil

- ihre Zucht einfach ist (z.B. sind Weibchen und Männchen leicht zu unterscheiden)
- ihre Nachkommenschaft gross ist (ein Weibchen legt bis 400 Eier)
- ihre Generationsdauer sehr kurz ist (ca. 14 Tage!)
- ihre Chromosomen leicht zu präparieren und zu beurteilen sind.

Bei Fruchtfliegen gibt es sehr viele Merkmale die bei genetischen Untersuchungen betrachtet werden
können. Dazu gehört die Augenfarbe (rot = dominant, weiss = rezessiv), die Flügelform (normale
Flügel = dominant, Stummelflügel = rezessiv) oder Fühlerlänge (lang = dominant, kurz = rezessiv).

Keine Regeln ohne Ausnahmen - oder:


wie Gene auf Chromosomen kartiert werden

Uebersicht

Sie haben mit der Fruchtfliege Drosophila Bekanntschaft gemacht und kennen deren Eignung für
genetische Experimente.

Thomas Hunt Morgan hat aufgrund von Zuchtversuchen die verwirrende Feststellung machen
müssen, dass offenbar die Mendelschen Regeln häufig nicht stimmen - sind sie deshalb etwa nichts
wert?

Sie werden sehen, dass die scheinbar queren Resultate von Morgan durchaus gesetzmässig sind.
Zudem führen sie auf ein interessantes biologisches Phänomen, das die genetische Variabilität der
Lebewesen bedeutend erhöht.

Gleichsam als Abfallprodukt der neuen Erkenntnisse lassen sich sogar Gene auf den Chromosomen
lokalisieren.

Der Stoff dieses Kapitels ist ziemlich anspruchsvoll. Es ist deshalb empfehlenswert, eine
Lernpartnerschaft einzugehen. Das heisst, Sie suchen sich eine Partnerin oder einen Partner. Sie
können dann zusammenspannen und beispielsweise die Aufgaben gemeinsam lösen.

Lernziele
Sie können erkennen, wann die Mendelschen Regeln gesetzmässig missachtet
werden.

Sie kennen das Phänomen, welches hinter den scheinbar ungesetzlichen


Vorgängen steckt.

Sie können erklären, wie Gene auf Chromosomen lokalisiert werden.


Leitprogramm „Klassische Genetik“

Viele Gene auf wenigen Chromosomen


Es ist eine Tatsache, dass es bei jedem Organismus mehr einzelne Gene gibt als Chromosomen.
Effektiv zeigt sich in verschiedenen Kreuzungsversuchen immer wieder, dass ganze Gruppen von
Merkmalen gemeinsam vererbt werden. Denn die Chromosomen werden ja als ganze Einheiten
weitergegeben.

Solche Gruppen von Merkmalen nennt man Koppelungsgruppen. Die Zahl der durch Züchten
feststellbaren Koppelungsgruppen entspricht präzis dem haploiden Chromosomensatz. Drosophila
weist 4 Koppelungsgruppen auf und hat entsprechend 4 Chromosomen im haploiden
Chromosomensatz.

Aufgabe 6.1 Welche Phänotypen erwarten Sie in der F2, wenn Sie reinerbige Ziegen
mit folgenden Merkmalen kreuzen? (Voraussetzung ist eine
Geschwisterpaarung in der F1.):

Mutter: gefleckt und kurzbeinig, Vater: einfarbig und normalbeinig. In


der F1 sind alle einfarbig und normalbeinig. Erstellen Sie ein
Kreuzungsschema für die F2.

Wenn Sie sich richtig an die Mendelschen Gesetze erinnert haben, so erwarten Sie analog dem
Erbsenexperiment (dort nachsehen!) in der F2 einfarbige-normalbeinige, gefleckte-normalbeinige,
einfarbige-kurzbeinige uns gefleckte-kurzbeinige Ziegen im Verhältnis 9 : 3 : 3 : 1 .

Aufgabe 6.2 Was erwarten Sie hingegen in der F2 , wenn Sie annehmen, dass die Gene
für beide Merkmale auf dem gleichen Chromosom liegen? Zeichnen Sie
als Hilfe die Chromosomen mit den entsprechenden Genen der Eltern!
Mutter: Vater:
................................................................

................................................................

................................................................
Leitprogramm „Klassische Genetik“

Wenn Sie richtig überlegt haben, sind die Gene auf dem gleichen Chromosom gemeinsam vererbt
worden. Entsprechend finden Sie die Phänotypen einfarbig-normalbeinig und gefleckt-kurzbeinig im
Verhältnis 3 : 1. Dies deshalb, weil ja die beiden Merkmale als Einheit verebt werden!

Das entscheidende Experiment von Morgan

Thomas Hunt Morgan (1866 - 1945), ein amerikanischer Biologe, entdeckte Abweichungen von den
Mendelschen Regeln, die jedoch sehr gesetzmässig auftraten.

Um seine Taufliegen genetisch zu testen, machte er eine sogenannte Rückkreuzung. Dabei werden
heterozygote F1 - Tiere mit homozygot-rezessiven Partnern gekreuzt.

Morgan hatte festgestellt, dass die Gene für verstümmelte Flügel (vestigial = vg) und für einen
schwarz pigmentierten Körper (black = b) gekoppelt weitergegeben werden. Sie liegen also auf
demselben Chromosom. Er kreuzte zunächst schwarze-stummelflüglige aus reiner Linie mit Wildtyp-
Fliegen, also normalflügligen-braunen; normalflüglig = vg+ (oder nur +), braun = b+ (oder nur +).
Das + bedeutet Wildtyp.

Aufgabe 6.3

Notieren Sie die Genotypen von P! Benützen Sie dazu die oben
verwendeten Symbole!

P: ................... x ..................

(Achtung: Bei Verwendung eines "nackten" + muss Ihnen immer


klar sein, welche Allele als Partner dazugehören)

Da die beiden Gene gekoppelt sind, haben alle F1 - Tiere ein Chromosom mit den Genen b / vg und
ein Chromosom mit den Genen b+ / vg+ (oder + +). (Stimmt Ihre P-Generation damit über-ein?)

Morgan kreuzte nun diese F1 - Tiere zurück mit homozygoten schwarzen-stummelflügeligen. Was
eigentlich zu erwarten gewesen wäre, finden Sie in der Abbildung 6.1. Was er aber beobachtete, ist
aus der Abbildung 6.2 ersichtlich.
Leitprogramm „Klassische Genetik“

Entsprechende Abbildungen finden Sie in jedem Biologiebuch der


Gymnasialstufe. Wenn Sie sie farbig sehen möchten, schauen Sie in
„Natura 3, s. 116“ nach.

Abbildung 6.1: Erwarteter Erbgang bei gekop- Abbildung 6.2: Beobachteter Erbgang mit den
pelten Genen. entkoppelten Genen (Faktorenaustausch).

Beide Abbildungen aus: W. Miram, K.H. Scharf (Hrsg.): Biologie heute SII. Hannover 1988
(Schroedel).

Bei 19% der F2-Fliegen hat also eine Entkoppelung der Gene stattgefunden. Die Erbfaktoren wurden
irgendwie ausgetauscht. Nach der Chromosomentheorie müsste ein entsprechender Vorgang auch auf
dem Niveau der Chromosomen gefunden werden können. Man wurde tatsächlich fündig!
Leitprogramm „Klassische Genetik“

Die Erweiterung der Chromosomentheorie

Wenn Sie sich den Ablauf der Meiose nochmals vor Augen halten, dann kann eigentlich der
Austausch von Erbfaktoren nur während der Paarung der homologen Chromosomen geschehen. Dann
liegen die beiden Chromosomen genau parallel. Man könnte sich vorstellen, dass in dieser Phase
Erbfaktoren gleichsam ihren Platz auswechseln.

Die Abbildung 6.3 zeigt zwei homologe Chromosomen während der meiotischen Paarung. Die sehr
stark vergrösserten Chromosomen zeigen schön die vier Chromatiden.

Abbildung 6.3: Meiose-Chromosom (homologes Paar) aus den Hoden einer Heuschrecke.
Aus: F. Göltenboth: Chromosomenpraktikum. Stuttgart 1978 (Thieme).

Sie können dabei feststellen, dass die Chromatiden "die Seite wechseln". Dadurch entstehen
Ueberkreuzungsstellen, sogenannte Chiasmen. Sie sind in der Abbildung 6.3 mit dem Buchstaben C1
- C3 bezeichnet. An diesen Chiasmen brechen die Chromatiden voneinander und setzen sich neu
zusammen. Diesen Vorgang nennt man Crossing-over. Es führt zur Entkoppelung der Gene und
damit zu einer viel höheren Variabilität des Erbguts als bei einer strengen Koppelung der Gene.

Sie können mit farbigem Plastillin das Crossing-over nachvollziehen.


1. Formen Sie vier gleich lange Schlangen, aus jeder Farbe zwei.

2. Betrachten Sie die vier Schlangen als Chromatiden und legen Sie sie
wie in der Meiose parallel.

3. Führen Sie ein Crossing-over mit den Chromatiden durch. Bilden Sie
danach die Austausch-Chromosomen.
Leitprogramm „Klassische Genetik“

Lokalisierung der Gene und Genkarten


Nach der Entdeckung des Crossing-overs überlegte sich Morgan folgendes: je weiter zwei Gene
auseinanderliegen, desto häufiger ist mit einem Crossing-over dazwischen zu rechnen. Unter der
Voraussetzung, dass ein Crossing-over zufällig an jeder beliebigen Stelle des Chromosoms auftritt.

Wenn nun die Häufigkeit eines Crossing-overs zwischen zwei Genen gleichgesetzt werden kann mit
der Distanz der beiden Gene voneinander auf dem Chromosom, dann müsste durch Züchterfleiss eine
Art Chromosomenkarte herzustellen sein!

Wie dies funktioniert, sei an einem Beispiel dargelegt. Die Abbildung 6.4 zeigt ein Schema zur
Austauschhäufigkeit zwischen drei Erbfaktoren.

Abbildung 6.4: Austauschhäufigkeiten im Schema.


Aus: A. Kollmann: Genetik. Frankfurt/Aarau 1989 (Diesterweg/Sauerländer)

Von den 10 abgebildeten Crossing-overs führen

6 (= 60%) zur Entkoppelung von A und B


3 (= 30%) zur Entkoppelung von B und C
9 (= 90%) zur Entkoppelung von A und C

Bezeichnet man bei 1% Crossing-over zwischen zwei Faktoren den Abstand als eine Einheit, so
beträgt der Abstand zwischen A und B 60 Einheiten, zwischen B und C 30 Einheiten und zwischen A
und C 90 Einheiten.
Diese Zahlen in Einheiten nennt man Austauschhäufigkeiten oder zu Ehren von Morgan als
Morgan-Einheiten.

Aufgabe 6.4 Wenn Sie nur die Austauschwerte von A-B = 60 E und B-C = 30 E
kennen: wie können sie auf einem Chromosom angeordnet sein? Es gibt
zwei Möglichkeiten:

a) ________________________ b) __________________________

Chromatid Chromatid
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Lernkontrolle
Die folgenden Aufgaben dienen der Ueberprüfung Ihres Lern-
fortschrittes. Sie sollen deshalb selbständig testen, ob Sie den
Stoff dieses Kapitels begriffen haben. Lösen Sie die Aufgaben
schriftlich.

Aufgabe 6.5

Morgan untersuchte zwei Erbfaktoren: Augenfarbe dunkel (gegenüber rot beim Wildtyp) und
Stummelflügel (gegenüber normalflüglig). In der Parentalgeneration kreuzte er reinerbige
dunkeläugige-stummelflüglige mit Wildtyptieren. In der F1 waren alle Wildtyp. Davon kreuzte er
einige Weibchen zurück mit dunkeläugigen-stummelflügligen Männchen.

Aus dieser Zucht ergaben sich 1339 dunkeläugige-stummelflüglige, 1195 rotäugige-normal-flüglige


(=Wildtyp), 151 rotäugige-stummelflüglige, 154 dunkeläugige-normalflüglige.

Welche Aussagen lassen sich von diesem Versuch über die Lage und Anordnung der Gene machen?

Aufgabe 6.6

In einer Standardzucht mit zwei Erbfaktoren finden Sie in der F2 vier verschiedene Phänotypen im
Verhältnis 9 : 3 : 3 : 1.

Welche Aussagen lassen sich über die Lage der Erbfaktoren machen?

Aufgabe 6.7

Welche Bedeutung hat das Crossing-over für die Organismen? Diskutieren Sie die Antwort am
Beispiel der Fruchtfliege Drosophila . Gehen Sie dabei von deren Chromosomenbestand aus.

Aufgabe 6.8

In einem Drosophila-Experiment sind folgende Austauschwerte gefunden worden: L-M = 31%, M-N
= 22%.
.
Wie gross ist der Abstand L-N? Würden Sie das Experiment erweitern?
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Lösungen der Kontrollaufgaben

Aufgabe 6.5 (K4)

Die beiden Erbfaktoren sind gekoppelt, liegen also auf demselben Chromosom. Von den insgesamt
2839 Nachkommen sind 305 neu kombiniert, die mütterlichen Gameten sind also durch Crossing-over
entstanden. Das sind 10,7%; die Gene liegen also 10,7 Morganeinheiten auseinander.

Aufgabe 6.6 (K2)

Die beiden Gene liegen auf zwei verschiedenen Chromosomen. Sie können aber auch auf demselben
Chromosom so weit auseinander liegen, dass die Crossing-over - Häufigkeit zu 50%
Austauschgameten führt.

Aufgabe 6.7 (K5)

Drosophila hat vier Chromosomen, also vier Koppelungsgruppen. Bei der Verteilung der Chro-
mosomen auf die Gameten gibt es 16 verschiedene Möglichkeiten. Mit dem Crossing-over werden
mütterliche und väterliche Chromosomen nach dem Zufallsprinzip beliebig neu kombiniert, es
entstehen also beliebig viele verschiedene Varianten von Gameten. Damit erhöht sich die Variabilität
der Nachkommenschaft.

Aufgabe 6.8 (K3)

Der Abstand L-N beträgt entweder 53 Morgan-Einheiten (L- M - N) oder 9 ME (L- N - M). Man -
müsste einen dritten Versuch für die Bestimmung des Abstands L - N durchführen.
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Additum: Dieses Kapitel ist fakultativ: Wer alle Aufgaben zu


Morgan und der Genkartierung abeschlossen hat, kann hier
weiterarbeiten.

Die Mendelschen Regeln - eine Spielerei?


Ein Blick in die Haustierzucht.

Uebersicht
Sie haben sich während der Bearbeitung der bisherigen Kapitel sicher schon gefragt, welche
Bedeutung die Mendelschen Regeln in unserem Alltag haben. Es ist ja recht interessant und spannend,
diese Versuche von Gregor Mendel mit seinen Erbsen oder die Drosophila-Zuchten - aber sind das
nicht nur akademische Spielereien?

Oder anders gefragt: Was kann man mit diesen theoretischen Kenntnissen überhaupt anfangen?

Diese Frage wird an einigen Beispielen aus der Haustierzucht beantwortet. Dabei werden Sie
erfahren, dass die Praxis der Haustierzucht um vieles komplizierter ist als all die Beispiele an Erbsen
und Fliegen, die Sie bisher kennengelernt haben.

Vorgehen
Generell wie bisher.

Im Gegensatz zu den anderen Kapiteln ist hier der Aufbau nicht zwingend hierarchisch. Das heisst,
Sie können die drei Kapitel 7.1 - 7.3 auch unabhängig voneinander bearbeiten.

Lernziele
Sie können Ihrer Freundin oder Ihrem Freund Beispiele aus der Haustierzucht
erläutern, die den Mendelschen Gesetzen folgen.

Sie können erklären, warum die Mendelschen Gesetze meistens selten direkt
angewendet werden können.

Sie sind fähig, Entwicklungen der Haustierzucht zu beurteilen.


Leitprogramm „Klassische Genetik“

Wozu Haustiere?

Menschen züchten schon seit Jahrtausenden Tiere. Bevor wir untersuchen, wie dies gezielt betrieben
werden kann, wollen wir uns auf die Bedeutung der Haustiere besinnen.

Aufgabe 7.1 Lesen Sie den folgenden Text und schreiben Sie nachher mindestens
drei Gründe auf, weshalb die Menschen Haustiere züchten.

1) ..................................................................................

2) ..................................................................................

3) ..................................................................................

4) ..................................................................................

5) ..................................................................................

Wozu Haustiere?

Die universelle Verbreitung und weltgeschichtswandelnde Bedeutung von Haustieren beruht auf
dem vielfachen Nutzen, den Menschen aus ihnen zu ziehen versteht. Ein elementares Bedürfnis,
für desssen Deckung Haustiere eine entscheidende Grundlage bieten, ist die Nahrung. Anstelle
der mehr Kräfte bindenden und mit Risiken des Misserfolgs behafteten Fleischbeschaffung durch
die Jagd trat allmählich mehr und mehr die weniger mühsame Dekkung dieses Bedürfnisses
durch die Haltung ständig verfügbarer Haustierherden.

In vielfältigster Weise werden Haustiere bei der Gewinnung von Heilmitteln herangezogen. Sie
sind heute unerlässlich als Lieferanten mehrerer Hormone, z.B. Thyroxin für die Therapie von
Schilddrüsenerkrankungen. Mit Haustieren werden Heilseren für Schutzimpfungen gewonnen.
Schweinehaut kann vorübergehend als Hautersatz nutzbar gemacht werden, Herzklappen von
Schweineherzen werden für Menschen verwendet.

Einen wesentlichen Sektor der Haustiernutzung stellt die Gewinnung von Rohstoffen dar. Neben
seiner Rolle für die Bekleidung nahm Leder aus den Häuten der Schlachttiere zu allen Zeiten
einen breiten Raum für andere Verwendungszwecke ein. Heute reichen diese u.a. vom
Bezugsmaterial für Polstergarnituren oder Autositzen über den Grundstoff für Taschen und
Koffer bis hin zum Bucheinband. Aus dem Horn der Hornträger lassen sich Knöpfe, Kämme,
Schmuck fabrizieren, früher Musikinstrumente und Werkzeuge. Haare fanden und finden ihre
zentrale Bedeutung in Form von Wolle, ferner bei der Fertigung von Pinseln und Bürsten, zur
Filzherstellung, zusammengedreht als Stricke und letztlich als wärmeisolierende Füllungen für
Kissen oder Matratzen.

Von unübersehbarer Bedeutung sind die von Haustieren vollbrachten Arbeitsleistungen. Die
Trag- und Zugkraft der grossen Huftiere war durch die Jahrtausende ein entscheidender wirt-
schaftlicher Faktor. Warentransporte über unwegsames Gelände konnten vor der Entwicklung
moderner technischer Möglichkeiten allein mit Hilfe von Tragtieren bewerkstelligt werden.
Einsatz nicht-körperlicher Kraft, sondern spezifischer Verhaltensweisen lassen einige
Haustierarten besondere Arbeitsleistungen vollbringen, wobei hier der Hund im Vordergrund
steht. Als Hirten-, Such- und Jagdhund leistet er hervorragende Dienste.
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Mehr denn je haben Haustiere heute gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen. Nur noch geo-
graphisch begrenzte Bedeutung haben blutige Formen der Freizeitunterhaltung wie Stier- und
Hahnenkämpfe. Von Windhunderennen mit allein tierischer Leistung leitet das Pferderennen zur
sportlichen Verknüpfung der aktiven Leistungen von Mensch und Tier über. Reiten hat gerade in
jüngster Zeit als eine Form der Freizeitgestaltung stark an Bedeutung gewonnen. Das Pferd ist
"Sportgerät", aber auch Kumpan. Eine solche Funktion als Gesellschafter nehmen je nach
räumlichen Möglichkeiten der Behausung zahllose Hunde und Katzen, Meerschweinchen und
Goldhamster eine, bedeutsam in erster Linie für Kinder und Alleinstehende.

gekürzt nach: H. Hemmer: Domestikation .Braunschweig 1983 (Vieweg und Sohn), S.2 - 9.

Wo sich die Mendelschen Regeln bewähren

Wellensittiche sind seit dem 19. Jahrhundert beliebte Hausgenossen und werden weltweit gezüchtet.

Orientieren Sie sich im aufliegenden Lexikon über Wellensittiche!

Aufgabe 7.2 Versuchen Sie sich in die Lage der damaligen Züchter (vor 1900!) zu
versetzen. Ueberlegen Sie sich, warum es nicht gelang, blaue und gelbe
Wellensittiche systematisch zu züchten. Die damalige Situation
schildert der untenstehende Text.

......................................................................................

......................................................................................

"... Da der Wellensittich bald nach seiner Einfuhr nach Europa sehr beliebt und in grosser Zahl
gezüchtet wurde, kam es schon sehr früh zu Farbmutationen (sprunghaft auftretende
Veränderungen in der Gefiederfärbung).

Im Jahre 1872 trat bei einem belgischen Züchter der erste gelbe Wellensittich auf. Das war eine
Sensation! Und als sechs Jahre später, also 1878, der erste blaue Wellensittich auftauchte, kannte
die Begeisterung keine Grenzen. Auch der Blaue war in Belgien aufgetreten. Doch die Blauen
und Gelben in Mengen zu vermehren, gelang noch lange nicht. Diese Vögel behielten bis etwa
1920 Seltenheitswert. ..."

aus: H. Bielefeld: Wellensittiche und Kanarienvögel. (Sonderausgabe Schweiz. Buchzentrum


1981)
Leitprogramm „Klassische Genetik“

Obwohl die Farbmerkmale der Wellensittiche von einzelnen Erbfaktoren bzw. Genen ausgeprägt
werden, blieb die Zucht von Farbschlägen lange erfolglos. Der Grund liegt darin, dass die Züchter die
Mendelschen Gesetze nicht kannten. Zudem wird beispielsweise der Erbfaktor für gelbes Gefieder ge-
schlechtsgekoppelt vererbt, wobei bei den Vögeln erst noch die Weibchen heterogametisch (XY) sind!

Aufgabe 7.3 Mendels Erkenntnisse sind also doch von praktischer Bedeutung!

a) unter welchen Bedingungen?

......................................................................................

b) was hätten Sie als Kenner/in den Wellensittich-Züchtern empfohlen?

......................................................................................

......................................................................................

Im gossen ganzen können Sie davon ausgehen, dass bei allen unseren Haustieren die Färbungen der
Felle und der Gefieder auf einzelne Erbfaktoren zurückzuführen sind und sich deshalb gesetzmässig
nach Mendel vererben. Durch gezielte Inzucht (z.B. Rückkreuzung) und durch Paarung von Tieren,
deren Genotypen man kennt, können Erbfaktoren homozygot und damit phänotypisch sichtbar
werden.

In vielen Fällen können die Züchter jedoch nicht auf die Regeln Mendels vertrauen. Die Vererbung
von sehr vielen Merkmalen erfolgt über mehrere Gene, die sich gegenseitig beeinflussen. Man spricht
dann auch von der polygenen Vererbung!
Beim Menschen ist das zum Beispiel die Körpergrösse, die Hautfarbe oder die Entwicklung des
Körpergewichtes.

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