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Kognitive Kontrolle

Kognitive Kontrolle

Kognitive Kontrolle: übergeordnete kognitive Prozesse, die


sensorische, motorische, emotionale und kognitive Prozesse so
modulieren bzw. verändern, dass eine optimale Anpassung an
aktuelle Aufgabenanforderungen oder Zielsetzungen möglich ist

Kognitive Kontrolle ist


i.d.R. gleichbedeutend mit
• Exekutiver Kontrolle
• Exekutiven Funktionen
• Exekutiven Kontroll-
funktionen

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Das Arbeitsgedächtnis
nach Baddeley (2001)

Ein Modell kognitiver Kontrolle kennen wir schon:


Zur Steuerung von Arbeitsgedächtnis-Inhalten

Phonologische Visuell-räumlicher
Schleife Notizblock

Abb. 9.5 aus Myers, 2014 (S. 331): Baddeley 2001 vereinfacht dargestellt
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Modell exekutiver Funktionen
nach Miyake et al. (2000)

Arbeits-
Inhibition Flexibilität
gedächtnis

Aufrechterhaltung Hemmung automatisierter Effiziente Anpassung


und Aktualisierung Handlungstendenzen, an wechselnde
relevanter Information keine Reaktion bei Aufgabenanforderungen
irrelevanter Information

Engl. Updating Engl. Inhibition Engl. Shifting

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Modell exekutiver Funktionen
nach Miyake et al. (2000)

Stand 04.02.2019

→ Einer der einschlägigsten Artikel der kognitiven Psychologie

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Die Bedeutung kognitiver
Kontrolle im Alltag

In welchen Situationen ist kognitive Kontrolle besonders wichtig?

Was sind typische Alltagssituationen, in denen wir kognitive


Kontrolle brauchen?

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Die Bedeutung kognitiver
Kontrolle im Alltag
… in Doppelaufgabensituationen
… zum schnellen und flexiblen
Wechseln zwischen Handlungen

… wenn wir etwas Neues lernen wollen

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Messung Arbeitsgedächtnis

1. Updating-Aufgabe → siehe Folien „Gedächtnis“


2. N-back Aufgabe:

Abb. 19.1 aus Schneider, 2012 (S. 461)


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Messung Inhibition

Abb. 19.2 aus Schneider, 2012 (S. 462)


9
Messung Flexibilität

Abb. 19.3 aus Schneider, 2012 (S. 464)


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Altersunterschiede in
Exekutiven Funktionen

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Altersunterschiede in
Exekutiven Funktionen
N > 450, 7-15 Jahre alt,
querschnittlich betrachtet

3 Altersgruppen
7-9, 10-12, 13–15

Xu et al., 2013

N-P und D-T =


Wechselaufgaben

Modell mit der besten Passung zu den Daten in der Gruppe 7-9 Jahre
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Altersunterschiede in
Exekutiven Funktionen
N > 450, 7-15 Jahre alt,
querschnittlich betrachtet

3 Altersgruppen
7-9, 10-12, 13–15

Xu et al., 2013

N-P und D-T =


Wechselaufgaben

Modell mit der besten Passung zu den Daten in der Gruppe 10-12 Jahre
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Altersunterschiede in
Exekutiven Funktionen
N > 450, 7-15 Jahre alt,
querschnittlich betrachtet

Xu et al., 2013

N-P und D-T =


Wechselaufgaben

Modell mit der besten Passung zu den Daten in der Gruppe 13-15 Jahre
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Altersunterschiede in
Exekutiven Funktionen

Fazit Xu et al., 2013:

– Zusammenhang aller Aufgaben in der mittleren Kindheit spricht für


einen generelle kognitive Ressource
– Vermutlich Ausdifferenzierung der exekutiven Funktionen in der
Jugend
– „Vermutlich“ da es sich um einen Querschnitt handelt

→ Unterstützt die age differentiation hypothesis:


During childhood, the structure of cognitive abilities develops
from a relatively unified, general ability to more differentiated,
specific cognitive abilities (Tucker-Drob, 2009)
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Training
exekutiver
Funktionen
Training

Bessere Leistung in
der trainierten
Aufgabe?

Naher Transfer zu
strukturell ähnlichen
Aufgaben?

Weiter Transfer zu
strukturell unähnlichen
Aufgaben?
Theorie: Praxis:
Welche Mechanismen liegen Entwicklung von Interventions-
Trainings- und Transfereffekten programmen im klinischen und
zugrunde? pädagogischen Kontext
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Training exekutiver Funktionen

Prätest Training Posttest

Trainingsgruppe

Kognitive Kognitive
Testbatterie Aktive Kontrollgruppe
Testbatterie

Passive Kontrollgruppe

Trainingsgewinn

Transfer zu neuen, untrainierten Aufgaben

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Training von
Karbach und Kray, 2009

Exekutives Kontrolltraining mit Kindern, jungen Erwachsenen


und älteren Erwachsenen

Kontrollgruppe:
Einzelaufgabentraining
AAAAAAA… BBBBBBB….
Aufgabe A: Aufgabe B:
Essen Größe
Trainingsgruppe:
Obst Gemüse klein groß Aufgabenwechseltraining
AABBAABB….

N = 168 (56 je Altersgruppe)

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Training von
Karbach und Kray, 2009

Exekutives Kontrolltraining mit Kindern, jungen Erwachsenen


und älteren Erwachsenen

Generelle Wechselkosten
= Einzelblöcke – Wechselblöcke
→ Aufrechterhaltung und Aufgabenselektion
im Arbeitsgedächtnis

Spezifische Wechselkosten
= switch (AB, BA) – stay (AA, BB)
→ Kognitive Flexibilität

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Training von
Karbach und Kray, 2009

Trainingsgewinn: Bessere Leistung in der trainierten Aufgabe?


→ ja, Abnahme der spezifischen Wechselkosten

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Training von
Karbach und Kray, 2009

Naher Transfer zu struktur-


ähnlichen Aufgaben?
→ Reduktion der
generellen Wechselkosten
vom Prätest zum Posttest
→ Größere Reduktion in
der Trainingsgruppe

Abb. 19.4 aus Schneider, 2012 (S. 465)


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Training von
Karbach und Kray, 2009

Zusammenfassung: Es gab nahen und weiten Transfer

Kontrollgruppe

* Trainingsgruppe

Aufgabenwechsel *

Inhibition *
Cohen's d
Arbeitsgedächtnis * Kleiner Effekt: 0,2
Mittlerer Effekt: 0,5
Intelligenz * Großer Effekt: 0,8
(Cohen, 1988)

Effektgröße (d)
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Training von
Karbach und Kray, 2009

Fazit: Hinweise auf einen Kompensationseffekt


• Kinder und ältere Erwachsene haben mehr profitiert
• Sie hatten z.B. größere Transfereffekte zu strukturähnlichen
Wechselaufgaben
• Hinweis, dass Altersunterschiede in der kognitiven Flexibilität
teilweise durch Training kompensiert werden können

Generelles Fazit: Die kognitive Leistungsfähigkeit kann durch


systematische Übung gezielt verbessert werden

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Metakognition

Metakognition: das Wissen über kognitive Zustände und Prozesse


– Wissen über Wissen
– Denken über Denken

Metakognitive Kontrolle: Kontrollvorgänge (z.B. Entscheidungen),


die wir aufgrund der Ergebnisse von Überwachungsaktivitäten
treffen
– z.B. Abgleich IST/SOLL
– z.B. Berücksichtigung aktueller Informationen

Deklarativ: Wissen um Strategien-, Aufgaben- und Personmerkmale


Prozedural: Überwachungs- und Regulationsvorgänge

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Metakognition

Befunde zur Entwicklung des deklarativen Metagedächtnisses

Zu Beginn der Grundschulzeit weiß die Mehrzahl der Kinder, dass


– die Lernzeit die Gedächtnisleistung beeinflusst
– Wiedererkennen leichter ist als Reproduktion
– eine ablenkende Tätigkeit die Gedächtnisleistung beeinträchtigen kann
– …

Übersicht aus Schneider, 2012 (S. 472)


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Metakognition

Befunde zur Entwicklung des deklarativen Metagedächtnisses

Gegen Ende der Grundschulzeit weiß die Mehrzahl der Kinder, dass
− nach Oberbegriffen kategorisierbare Begriffe leichter zu lernen sind als
nicht kategorisierbare
− Wiederholungs- und Organisationsstrategien hilfreich sind
− eine wortwörtliche Wiedergabe eines Textes schwieriger ist als eine
sinngemäße
− ...

Übersicht aus Schneider, 2012 (S. 472)


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Metakognition
und Schulleistungen
Metakognition ist wichtig für das Lernverhalten

Abb. 19.5 aus Schneider, 2012 (S. 471) 29


Metakognition
und Schulleistungen

Metakognition ist wichtig für das Lernverhalten

Beispiel Roebers et al., 2014

– N = 305 Kinder, davon 158 in 3. Klasse und 147 in 5. Klasse


– Sahen Lehrvideo aus Die Sendung mit der Maus
– Danach Test mit 18 Items zum Inhalt
– Kinder beurteilten ihre Zuversicht bzgl. ihrer Antworten
(Monitoring)
– Kinder konnten in anschließender Phase ihre Antworten korrigieren
(Kontrolle)

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Metakognition
und Schulleistungen

Varianzaufklärung

Abb. 1 aus Roebers et al., 2014


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Metakognition
und Schulleistungen

Varianzaufklärung

Abb. 2 aus Roebers et al., 2014


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Exekutive Funktionen (EF)
und Schulleistungen

Individuelle Unterschiede in EF erklären 20-60% der Varianz


(Unterschiede) in Schulleistungen (z.B. Fuhs et al., 2014)

• Gilt von der Grundschule bis ins späte Jugendalter


(z.B. Best et al., 2011)

• Längsschnittliche Vorhersagen sind über Jahre hinweg möglich


(z.B. Clark et al., 2010 und 2013)

• Es gibt direkte und indirekte Effekte (vgl. Roebers, 2017)

• Gilt auch unter Berücksichtigung von Kontrollvariablen


(z.B. sozioökonomischer Status, vgl. Roebers, 2017)

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Zusammenfassend

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Zusammenfassend

„Ein übergreifendes Framework für kognitive Kontrolle und


Metakognition würde zentral auf der Fähigkeit beruhen, Meta-
Repräsentationen der eigenen Kognition und des eigenen Lernens
zu bilden und zu nutzen.“ (Roebers, 2017)

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www.prosieben.de/tv/galileo/videos/2015146-das-grosse-multitasking-
experiment-clip [4.02.19]

Was lernen wir im


Video über die
Entwicklung von
Multitasking?

Info: Prof. Julia Karbach


ist nun an der Universität
Koblenz-Landau
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