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CME-Fortbildung | Topthema

Kardioanästhesie: Monitoring und


aktuelle hämodynamische Konzepte
Matthias Heringlake, Christian Schmidt, Sebastian Brandt

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Quelle: KH Krauskopf

Die Krankheitsschwere herzchirurgischer Patienten und die Komplexität der Eingriffe


haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dies stellt nicht nur erhöhte An-
forderungen an die neurologische und hämodynamische Überwachung, sondern
macht es auch erforderlich, die hämodynamische Therapie – unter Berücksichtigung
aktueller pharmakologischer Entwicklungen – individuell dem höheren Risikoprofil
der Patienten anzupassen.

Allgemeine Vorbemerkungen Überwachung der Anästhesietiefe


Die demografische Entwicklung bringt es mit sich, dass in Merke
der Herzchirurgie immer ältere und oft mit vielen Komor- Da die klinischen Zeichen einer intraoperativen Auf-
biditäten belastete Patienten versorgt werden müssen, wachreaktion wie Tachykardie und Hypertonie auf-
die sich zudem zunehmend komplexeren Kombinations- grund einer medikamentösen Vorhandlung mit Beta-
eingriffen unterziehen müssen. Zudem werden nicht we- blockern und/oder einer zugrunde liegenden struk-
nige Patienten präoperativ unzureichend diagnostiziert, turellen Herzerkrankung u. U. nur diskret oder nicht
insbesondere im Hinblick auf die rechtsventrikuläre Funk- beobachtet werden, stellen herzchirurgische Patien-
tion und/oder das Vorliegen einer pulmonal-arteriellen ten ein Risikokollektiv für intraoperative Awareness
Hypertonie [1]. Vor diesem Hintergrund wird die anäs- dar.
thesiologisch-intensivmedizinische Versorgung herzchi-
rurgischer Patienten immer anspruchsvoller. Die aktuelle Studienlage [2] legt nahe, bei Patienten, die
mit einer totalen i. v. Anästhesie (TIVA) behandelt wer-
den, perioperativ eine Überwachung der Narkosetiefe

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plikationen sind multifaktoriell und nicht selten auf em-
K A SU IST IK bolische Ereignisse (aortale Atherome, Thrombembolien
Teil 1: Vorgeschichte, Aufnahme und Prämedika- bei Vorhofflimmern) zurückzuführen, können aber auch
tion der Patientin als Folge einer zerebralen Hypoperfusion auftreten [7].
Eine 57-jährige Patientin (168 cm Körpergröße; Bei elektiven Patienten treten Typ-I-Komplikationen in
85 kgKG) wird zum kombinierten Aortenklappen- 1 % (Koronarchirurgie) bis 3 % (Klappenchirurgie) der Fälle
ersatz mit Trikuspidalklappenrekonstruktion über- auf. Bei großen Gefäßeingriffen und unter Notfallbedin-
wiesen. Die Patientin war in einem externen Kranken- gungen (z. B. Typ-A-Dissektion) kann die Inzidenz bis zu
haus wegen kardialer Dekompensation aufgenom- 10 % betragen.
men worden. Der Befund der transösophagealen
Echokardiografie (TEE) beschreibt eine bikuspide, Komplikationen vom Typ II sind in der Regel nicht mit of-
schwer kalzifizierte Aortenklappe, eine Trikuspidal- fensichtlichen persistierenden neurologischen Störungen
klappeninsuffizienz 3. Grades, eine schwer reduzierte verbunden, im Hinblick auf das Outcome aber keines-
links-, eine moderat reduzierte rechtsventrikuläre wegs trivial (verlängerte Behandlungsdauer, erhöhte Rate

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Funktion sowie eine moderate pulmonal-arterielle allgemeiner Komplikationen, höhere Sterblichkeit im
Hypertonie. Bei Aufnahme klagt die Patientin weiter- Langzeitverlauf) [8, 9]. Pathophysiologisch scheinen ne-
hin über Luftnot bei leichter Belastung. Das Plasma- ben anamnestischen Faktoren (vorbestehende zerebrale
Kreatinin liegt bei 188 µmol/l, der Hämoglobingehalt Defizite, eingeschränkte kardiopulmonale Leistungsbrei-
(Hb) bei 114 g/l, das Albumin bei 28 g/l. Die Infek- te) und Inflammation insbesondere Störungen der zere-
tionsparameter sind unauffällig. In Anbetracht der bralen Perfusion für die Entwicklung eines Delirs bzw.
ausgeprägten myokardialen Funktionseinschränkung einer POCD von Bedeutung zu sein.
erfolgt ab 16 Uhr des präoperativen Tages eine prä-
Zerebrale Oxymetrie mittels
operative Behandlung mit Levosimendan (12,5 mg in
Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)
einer Dosierung von 0,1 µg/kg/min).
Merke
In zahlreichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass
eine perioperative zerebrale Desaturierung (Abfall
mittels prozessiertem EEG durchzuführen [3]. Ob Patien- der mittels NIRS bestimmten regionalen zerebralen
ten unter einer balancierten Anästhesie mit volatilen Sauerstoffsättigung unter den präoperativen Aus-
Anästhetika ebenfalls von einer solchen Überwachung gangswert) mit einer erhöhten Rate an Delir oder
profitieren, ist nicht abschließend geklärt. Daten, die ei- POCD einhergeht und dass die Vermeidung zerebraler
nen Zusammenhang zwischen niedrigem Bispektralindex Desaturierung diese Komplikationen reduziert [10].
(BIS), erhöhter Letalität [4] sowie erhöhter Rate an Deliri-
um [5] zeigen, legen aber nahe, dass es sinnvoll ist, bei Darüber hinaus korreliert die mittels NIRS erhobene zere-
jedem herzchirurgischen Patienten die Narkosetiefe zu brale Sauerstoffsättigung auch mit der SvO2 und erlaubt
überwachen und – bei Verwendung des BIS – eine Anäs- so – unter Berücksichtigung methodenimmanenter Limi-
thesietiefe im Bereich zwischen 40 und 60 anzustreben. tationen – auch eine kontinuierliche Abschätzung der
systemischen Sauerstoffbalance [11]. Dies erlaubt bei Pa-
tienten mit intermediärem Risiko ggf. auf die Anlage
Überwachung der eines Pulmonalarterienkatheters zur Bestimmung der
zerebralen Perfusion SvO2 zu verzichten.

Häufigkeit neurologischer Komplikationen Unbestritten sind die Vorteile der zerebralen Oxymetrie
Merke bei herzchirurgischen Eingriffen an der thorakalen Aorta
Herzchirurgische Patienten haben ein deutlich er- mit hypothermem Kreislaufstillstand und selektiver Per-
höhtes Risiko für neurologische Komplikationen. fusion der supraaortalen Gefäße; hier dient die zerebrale
Oxymetrie der Überprüfung der adäquaten Kanülenlage
Man unterscheidet neurologische Komplikationen vom: und der Adjustierung des nach zerebral gerichteten Blut-
▪ Typ I: fokale oder globale zerebrale Ischämie, intra- flusses [3].
zerebrale Blutung – mit i. d. R. längerfristig anhalten-
den neurologischen Defiziten oder gar Todesfolge, Welche weiteren herzchirurgischen Patienten mittels ze-
▪ Typ II: postoperative kognitive Dysfunktion (POCD), rebraler Oxymetrie perioperativ überwacht werden soll-
Delir [6]. ten, ist bislang nicht abschließend geklärt. Große Multi-
centerstudien liegen zu dieser Thematik nicht vor; und
Komplikationen vom Typ I zählen zu den am meisten ge- das letzte systematische Review zu dieser Thematik ist in
fürchteten Ereignissen; führen sie doch nicht selten zu seinen Schlussfolgerungen sehr zurückhaltend [12]. Ent-
dauerhaften Behinderungen. Die Ursachen dieser Kom- sprechend wurde in einer aktuelleren Expertenempfeh-

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lung für den deutschsprachigen Raum lediglich für Ein-


griffe an der thorakalen Aorta und für Herztransplanta-
Hämodynamisches Monitoring
tionen sowie bei gleichzeitigen Eingriffen an der
A. carotis eine klare Empfehlung zum Einsatz dieses Mo- Arterielle Blutdruckmessung
nitorings ausgesprochen. Merke
Eine invasive arterielle Blutdruckmessung zählt zu
Als Expertenmeinung wird zusätzlich auch der Einsatz bei den grundlegenden Monitoringverfahren herzchirur-
Patienten mit schwerer arterieller Hypertonie, voraus- gischer Patienten, erlaubt eine kontinuierliche Über-
gegangenem neurologischen Ereignis oder höhergradi- wachung des Blutdrucks in allen Phasen mit potenzi-
gen Karotisstenosen empfohlen [3]. Aus der Sicht der Au- eller hämodynamischer Instabilität und ist zur Be-
toren erscheint dies zu restriktiv. Verschiedene Unter- stimmung des überwiegend nichtpulsatilen Perfusi-
suchungen zeigen, dass insbesondere Patienten mit onsdrucks während der EKZ essenziell.
einem geringeren operativen Risiko von der Vermeidung
einer zerebralen Desaturierung (ScO2 < 50 %) profitieren. Routinemäßig erfolgt in den meisten Zentren – wenn

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Ebenso konnte gezeigt werden, dass eine routinemäßige nicht chirurgische Gründe wie die Entnahme des Gefäßes
zerebrale Oxymetrie zu einer signifikanten Abnahme der als Bypassgraft oder Gefäßstenosen dagegensprechen –
Delirrate und zu einer kürzeren Verweildauer auf der In- primär die Punktion der A. radialis des nicht dominanten
tensivstation führt. Dies legt nahe, jeden herzchirurgi- Armes. Bei Radialispunktion kann es aber, insbesondere
schen Patienten mittels zerebraler Oxymetrie zu überwa- bei hämodynamisch kompromittierten Patienten – nach
chen [13]. der EKZ aufgrund peripherer Vasodilatation zu einem z. T.
ausgeprägten aortoradialen Druckgradienten und einer
Unterschätzung des tatsächlichen zentralen Perfusions-
K A SU IST IK drucks kommen. Bei Risikopatienten sollte daher die ar-
Teil 2: Narkoseeinleitung, intraoperative Befunde terielle Druckmessung eher in der A. brachialis angelegt
und Maßnahmen werden. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hinter-
Bei Narkoseeinleitung zeigt sich die Patientin normotensiv und ta- grund, dass die Femoralarterien ggf. für Kreislaufunter-
chykard (94 Schläge/min). Die pulsoxymetrische Sauerstoffsätti- stützungssysteme (intraaortale Ballongegenpulsation,
gung bei Raumluft liegt bei 92 %, die mittels Nahinfrarotspektrosko- Impella) benötigt werden könnten, und aufgrund des sig-
pie (NIRS) bestimmte bihemisphärische zerebrale Sauerstoffsätti- nifikant höheren Risikos einer Ischämie [14].
gung (ScO2) beträgt bei Raumluft links 52 %, rechts 54 %, nach Ap-
plikation von Sauerstoff links 58 % und rechts 62 %. Es erfolgt die An- Über den optimalen arteriellen Zielblutdruck sowohl vor
lage eines 4-lumigen ZVKs, einer Schleuse und eines Pulmonalarte- und nach, als auch während der EKZ lässt sich gegenwärtig
rienkatheters, welcher zunächst nicht eingeschwemmt wird. Der keine sichere Aussage treffen. Über kontinuierliche Korre-
zentrale Venendruck (ZVD) zeigt eine ausgeprägte V-Welle und liegt lation des mittels transkraniellem Doppler oder zerebraler
bei 24 mmHg. Oxymetrie (als Surrogatparameter des zerebralen Blutflus-
ses) ermittelten zerebralen Blutflusses und des arteriellen
Die bereits präoperativ begonnene Therapie mit Levosimendan wird
Mitteldruckes (MAP) kann der individuelle Blutdruck, ab
intraoperativ mit 0,1 µg/kg/min fortgesetzt. Eine moderate Hypo-
dem der zerebrale Blutfluss autoreguliert wird („lower
tonie nach Narkoseeinleitung kann mit fraktionierten Gaben von
limit of autoregulation“), bestimmt werden. Dabei zeigt
kumulativ 2 Ampullen Cafedrin/Theodrenalin nicht ausreichend
sich, dass das „lower limit of autoregulation“ und damit
behandelt werden. Konsekutiv wird eine Infusion von Vasopressin
der für eine ausreichende zerebrale Perfusion ideale Blut-
(2 U/h) und Noradrenalin 0,04 µg/kg|min gestartet, die im Verlauf
druck individuell sehr unterschiedlich sind und im periope-
auf Vasopressin 1 U/h reduziert werden kann. Zusätzlich erfolgt eine
rativen Verlauf z. T. erheblich variieren [15]. Diese Tech-
inhalative Therapie mit Ilomedin und Milrinon über 30 min vor Be-
nologie ist aber noch nicht routinemäßig verfügbar. Daher
ginn der extrakorporalen Zirkulation (EKZ).
kann derzeit nur empfohlen werden, den Blutdruck zu-
In der TEE bestätigen sich die hochgradige Aortenklappenstenose
nächst orientierend an die präoperative Ausgangslage
sowie die hochgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz; die linksven-
anzupassen und dann individuell anhand des Verlaufs der
trikuläre Ejektionsfraktion wird mit 35 % geschätzt. Der rechte Ven-
zerebralen Sauerstoffsättigung zu optimieren.
trikel ist erheblich dilatiert, die RV‑FAC liegt bei 18 %, der systolische
rechtsventrikuläre Druck wird mit 32 mmHg (plus ZVD) berechnet.
Der Optimierung des Volumenstatus anhand dyna-
Neben einer Erhaltungsinfusion mit balancierter Ringer-Lösung er-
mischer Vorlastvariablen wie Pulsdruck- oder Schlagvolu-
folgt nach Schnitt eine langsame Gabe von 100 ml Humanalbumin
menvariation wird zunehmend Bedeutung beigemessen.
20 %. Zusätzlich werden dem Priming der Herz-Lungen-Maschine
Für den Bereich der Kardioanästhesie ist dabei wichtig,
200 ml Humanalbumin (HA) 20 % zugesetzt.
dass eine korrekte Vorhersage der Volumenreagibilität
mittels dynamischer Vorlastparameter einen geschlosse-
nen Thorax voraussetzt und dass die dynamischen Varia-
blen bei Störungen der rechtsventrikulären Kontraktilität

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[16] und/oder einer pulmonal-arteriellen Hypertonie kei- Merke
ne validen Ergebnisse liefern. Auf die kontinuierliche Überwachung des ZVD sollte
beim herzchirurgischen Patienten keinesfalls ver-
Merke zichtet werden.
Dynamische Vorlastvariablen sind bei herzchirurgi-
schen Patienten häufig nicht einsetzbar (offener
Thorax/eingeschränkte Rechtsherzfunktion).
Transösophageale Echokardiografie
Die transösophageale Echokardiografie (TEE) ist aus der
Zentraler Venendruck Versorgung herzchirurgischer Patienten nicht mehr weg-
Neben dem arteriellen Blutdruck zählt die kontinu- zudenken. Neben der Evaluation struktureller und myo-
ierliche Überwachung des zentralen Venendrucks kardialer Funktionsstörungen, der Unterstützung des
(ZVD) zu den grundlegenden Parametern in der Chirurgen bei der Anlage von Kanülen sowie einer Über-
Überwachung des herzchirurgischen Patienten. prüfung des chirurgischen Ergebnisses insbesondere
nach Klappenersatz oder ‑rekonstruktion erlaubt die TEE

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Der ZVD ist in den letzten Jahren als Parameter der Volu- auch eine orientierende Abschätzung des kardialen
menreagibilität sehr häufig kritisiert worden [17], obwohl Schlagvolumens und damit des Herzzeitvolumens. Die
es durchaus Daten gibt, die bei Patienten mit stark einge- Präzision dieser Messung wird in der Literatur kontrovers
schränkter myokardialer Funktion eine Überlegenheit beurteilt, reicht aber in der Zusammenschau mit der kli-
von ZVD und pulmonal-kapillärem Verschlussdruck zur nischen Einschätzung mittels Basismonitoring und zere-
Vorhersage der Volumenreagibilität im Vergleich mittels braler Oxymetrie intraoperativ in vielen Fällen aus, um
transpulmonaler Thermodilution bestimmter volumetri- den hämodynamischen Status eines Patienten adäquat
scher Variablen zeigen [18]. zu beurteilen.

Unabhängig davon hat die kontinuierliche Überwachung Cave


der ZVD-Kurve aber für den Bereich der Kardioanästhesie Die TEE ist nach der überwiegenden Anzahl publizier-
noch viel weitergehende Bedeutung. Angefangen mit der ter Daten nicht dazu geeignet, den pulmonal-arte-
Überwachung des adäquaten venösen Abflusses (bei Ka- riellen Druck valide zu bestimmen [19].
nülierung der V. cava superior bei Mitral- und Trikuspidal-
klappeneingriffen) über die Optimierung der Einstellung
eines AV-sequenziellen Schrittmachers, bis hin zur Detek-
Pulmonalarterienkatheter
tion der hämodynamischen Relevanz eines AV-Knoten- Die 30-Tage-Letalität verschiedener, häufig durchgeführ-
Rhythmus oder der raschen Detektion einer Trikuspidal- ter herzchirurgischer Eingriffe ist z. T. außerordentlich
insuffizienz liefert die ZVD-Kurve eine Fülle von Informa- hoch (▶ Abb. 1). Daher liegt es nahe, bei Patienten, die
tionen, die für eine angemessene Behandlung herzchirur- sich einem Eingriff mit hohem Risiko unterziehen müs-
gischer Patienten essenziell ist. sen, ein Monitoringverfahren zu nutzen, welches mög-
lichst viele potenziell Outcome-relevante Variablen er-
Zudem konnte gezeigt werden, dass auch der Absolut- fasst und eine zielgerichtete hämodynamische Therapie
wert des ZVD nicht nur im kardiologischen, sondern auch entlang dieser Variablen ermöglicht; diese Anforderun-
im herzchirurgischen Setting ein prognostisch relevanter gen werden auch im 21. Jahrhundert vom Pulmonalarte-
Parameter ist. Inwieweit dies auf eine im Rahmen eines rienkatheter am besten erfüllt.
hohen ZVD reduzierte viszerale und renale Perfusion, also
eine Abnahme des effektiven systemischen Perfusions- Moderne Pulmonalarterienkatheter erlauben neben der
drucks, zurückzuführen ist oder auf eine führende rechts- semikontinuierlichen Bestimmung des Herzzeitvolumens
ventrikuläre Funktionsstörung, kann derzeit nicht ab- (HZV), des rechtsventrikulär-enddiastolischen Volumens
schließend beurteilt werden. (RVEDVI) und der rechtsventrikulären Ejektionsfraktion
(REF) die kontinuierliche Bestimmung des pulmonal-arte-
Im Hinblick auf den Einsatz des ZVD zur Steuerung der riellen Druckes (PAP) und der SvO2 (Zielwerte in ▶ Tab. 1
Volumentherapie liegt es im Setting der Herzchirurgie in Anlehnung an [21]). Darüber hinaus können intermit-
aufgrund der z. T. komplexen hämodynamischen Bilder tierend der pulmonal-kapilläre Verschlussdruck (PAOP)
nahe, den Volumenstatus und die kardiale Füllung primär bestimmt, Sauerstoffangebot und ‑verbrauch kalkuliert
echokardiografisch zu evaluieren, begleitend die Fül- und – unter Verwendung spezieller Katheter – auch der
lungsdrucke zu bestimmen und die weitere Kreislaufthe- rechtsventrikuläre Druck kontinuierlich erfasst werden.
rapie orientierend entlang der so erhobenen Werte
durchzuführen, wobei hohe Werte (ZVD ≥ 15 mmHg) Zwar ist der PAK in den letzten Jahren vielfach als nicht
vermieden werden sollten. mehr zeitgemäß bewertet worden. Verfechter der Echo-
kardiografie argumentieren darüber hinaus, dass man
komplexe kardiale Funktionsstörungen nur mittels Echo

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22,0 20,7

16,5 16,1
Prozent

11,0
9,4
7,9

5,5 4,8
2,9 3,2
1,3

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0
CABG CABG + LVA- MKR MKE AKE CABG + AKE CABG + MKE CABG + AKE
Resektion + MKE

▶ Abb. 1 30-Tage-Letalität nach verschiedenen herzchirurgischen Eingriffen in Deutschland 2016 (nach: Leistungsstatistik der
Deutschen Gesellschaft für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie). AKE: Aortenklappenersatz; CABG: koronare Bypassoperation; CKD:
Chronic Kidney Disease; LVA‑Res.: linksventrikuläre Aneurysmaresektion; MKE: Mitralklappenersatz; MKR: Mitralklappenrekon-
struktion.

▶ Tab. 1 Zielwerte hämodynamischer Therapie bei herzchirurgischen Patienten.

Parameter Zielwert Kommentar


MAD ≥ 65 mmHg ggf. höher bei ScO2 ↓
PAOP < 18 mmHg individuell nach TEE titriert
SVI ≥ 35 ml/m2 –
SvO2 ≥ 65 % (70 %) Wert in Klammern: intraoperativ und in den ersten 8 h postoperativ
ZVD < 15 mmHg individuell nach TEE titriert; Cave: hoher ZVD = reduzierter systemischer Perfusionsdruck
PAOP/ZVD ≥1 –

MAD: mittlerer arterieller Blutdruck; PAOP: pulmonal-kapillärer Verschlussdruck; SVI: kardialer Schlagvolumenindex; SvO2: gemischt-
venöse Sauerstoffsättigung; ZVD: zentraler Venendruck

valide diagnostizieren könne. Letzteres ist völlig unbe- Bei Betrachtung der Letalität komplexerer herzchirurgi-
stritten; man muss aber einschränkend feststellen, dass scher Eingriffen erscheint daher das (überschaubare) Risi-
das diagnostische Instrument TEE spätestens dann seine ko des PAK vertretbar. Bei Einsatz eines PAK ist aber zu
Wertigkeit verliert, wenn man Patienten zur Fast-Track- berücksichtigen, dass der pulmonal-kapilläre Verschluss-
Extubation auf die Intensivstation verlegt. Unbestritten druck bei chronischen Veränderungen der pulmonalen
ist aber auch, dass Monitoring alleine keine Therapie dar- Strombahn (z. B. bei Patienten mit langjähriger postkapil-
stellt, und eine optimale anästhesiologisch-intensivmedi- lärer pulmonal-arterieller Hypertonie) den linksatrialen
zinische Versorgung herzchirurgischer Patienten stets Druck (LAP) nur ungenau widerspiegelt. Dies kann durch
einer auf sinnvolle hämodynamische Ziele ausgerichteten Bestimmung des LAP über einen intraoperativ eingeleg-
Therapie bedarf. ten Katheter umgangen werden und wird in einigen Zen-
tren bei entsprechenden Eingriffen routinemäßig durch-
Merke geführt.
Der PAK ist das einzige hämodynamisches Monito-
ringverfahren, für das jemals gezeigt werden konnte, Merke
dass es im Kontext einer zielgerichteten Optimierung Aufgrund des steigenden Risikoprofils der zu versor-
der systemischen Sauerstoffbalance und des Herzin- genden Patienten und der zunehmenden Komplexität
dex mittels Volumen sowie vasoaktiven und inotropen herzchirurgischer Eingriffe gilt es, für den individuel-
Substanzen Morbidität und Letalität reduziert [20]. len Patienten – unter geschicktem Einsatz der zur

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Verfügung stehenden Überwachungsverfahren – die Flüssigkeits- und Volumentherapie
für die Steuerung der Therapie optimalen Modalitä- Herzchirurgische Patienten weisen nicht selten präopera-
ten auszuwählen. Echokardiografie und erweitertes tiv erhebliche Störungen des Flüssigkeitshaushalts und
hämodynamisches Monitoring sollten dabei nicht als Nierenfunktionsstörungen auf. Daher ist eine individuali-
konkurrierende, sondern als komplementäre Verfah- sierte Flüssigkeitstherapie bei diesen Patienten unver-
ren verstanden werden. zichtbar und sollte nach Einschätzung der Autoren neben
einer Basistherapie mit kristalloider Flüssigkeit auch na-
türliche Kolloide beinhalten.
Hämodynamische Therapie
Obwohl sich eine aktuelle Leitlinie zur Volumentherapie
hier anders positioniert [21], besteht auf europäischer Ex-
K A SU IST IK pertenebene Einigkeit, dass der Einsatz synthetischer Kol-
Teil 3: Anschluss an die EKZ, herzchirurgischer Ein- loide (Hydroxyethylstärke und Gelatine) aufgrund von Si-
griff und postoperative Behandlung cherheitsbedenken obsolet ist [22]. Im Einklang mit den

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Der Anschluss an die EKZ erfolgt unter retrogradem Empfehlungen der Deutschen Ärzteschaft zum Einsatz
Priming (partieller Ersatz des Priming-Volumens der von Blutprodukten, welche für das Priming der Herz-Lun-
EKZ durch retrograd über die Aortenkanüle in die EKZ gen-Maschine und den Volumenersatz eine „Kann“-Emp-
drainiertes Blut); der initiale Hb an der HLM liegt bei fehlung aussprechen, sollte daher, wenn bei herzchirurgi-
72 g/l und steigt im Verlauf auf 82 g/dl an. Während schen Patienten perioperativ die Gabe eines kolloidalen
der EKZ bedarf die Patientin zur Aufrechterhaltung Volumenersatzmittels als notwendig erachtet wird, Hu-
der präoperativen ScO2 eines erhöhten Blutflusses manalbumin appliziert werden.
(130 % des errechneten Herzindex) sowie eines er-
höhten Perfusionsdrucks. Hierzu muss die Dosis der Merke
Vasopressoren vorübergehend gesteigert werden. Zahlreiche Studien der vergangenen Jahre haben klar
herausgearbeitet, dass eine Hypalbuminämie beim
Nach Ersatz der Aortenklappe mit einer biologischen
herzchirurgischen Patienten prognostisch ungünstig
Prothese und Rekonstruktion der Trikuspidalklappe im
und mit einer erhöhten Rate an Nierenfunktionsstö-
kardioplegischen Herzstillstand (Aortenklemmzeit
rungen assoziiert ist.
87 min) gestaltet sich das Weaning nach 45 min Re-
perfusion, in der die inhalative Vasodilatatorenthera-
Der präoperative Ausgleich einer Hypalbuminämie mit
pie repetiert und zusätzlich fraktioniert 3 mg Milrinon
dem Ziel einer Albuminkonzentration von über 40 g/l
appliziert werden müssen, unter mittelhohen Dosen
führt zu einer signifikanten Reduktion postoperativer
von Noradrenalin (0,12 µg/kg/min) sowie Vasopressin
Nierenfunktionsstörungen [23]. Dies unterstreicht die
(2 U/h) unproblematisch. Im Rahmen der postopera-
Bedeutung der Aufrechterhaltung einer normalen Plas-
tiven Volumentherapie ist zusätzlich zur Gabe des im
maalbuminkonzentration. Da höhere Dosen HA 5 % mit
Cell-Saver aufbereiteten Restbluts der EKZ die Ver-
einer großen Chloridlast verbunden sind und so zu einer
abreichung von 500 ml HA 5 % erforderlich.
Reduktion der Nierenperfusion führen können, sollte
Die Patientin wird zur weiteren postoperativen Thera-
nach Ansicht der Autoren (in Anlehnung an aktuelle Sep-
pie auf die Intensivstation verlegt. Die Levosimendan-
sis-Studien [24]) bei Notwendigkeit höherer Dosen Albu-
Infusion wird nach kumulativ 12,5 mg beendet. Im
min präferenziell als HA 20 % in Ergänzung zu balancier-
Rahmen des Weanings von Respirator und nach Gabe
ten Kristalloiden appliziert werden.
von 500 ml Ringer sowie 100 ml HA 20 % kann die
vasokonstriktorische Medikation rasch beendet wer- Inotrope und vasoaktive Therapie
den. Bei ausreichendem kardialem Schlagvolumen
Nicht wenige Patienten, die sich herzchirurgischen Ein-
(36 ml/m2), Herzindex (2,8 l/min/m2) und einer SvO2
griffen unterziehen müssen, bedürfen vorübergehend
von 72 %, aber erhöhtem RVEDVI von 150 ml/m2 und
einer inotropen oder vasoaktiven Therapie.
reduzierter REF (22 %), wird die Therapie mit inhala-
tiven Vasodilatatoren zunächst fortgesetzt. Die Ex-
Merke
tubation erfolgt 2 h nach Aufnahme auf die Intensiv-
Ursache einer perioperativen Störung der myokar-
station.
dialen Pumpfunktion und eines Low-Cardiac-Output-
Bei gutem Gasaustausch und ausreichender Diurese
Syndroms sind neben vorbestehenden myokardialen
(ohne zusätzliche Diuretika) kann die Patientin am
Funktionsstörungen oder passagerem Stunning als
ersten postoperativen Tag auf die Intermediate Care
Folge des kardioplegischen Herzstillstands insbeson-
Unit verlegt werden. Der weitere Verlauf ist regelhaft
dere sekundär-inflammatorisch und neurohumoral
und komplikationslos.
vermittelte Reaktionen auf passagere Phasen der
Hypoperfusion.

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Fluid Lung,
Oxygenierung,
Pneumonie,
DO2 ↓
VO2 ↑

proinflammato- ZVD ↑ PAP ↑ myokardiale


rische Zytokine Depression

primär oder sekundär:


kardiale Funktion Vaso-
(SV↓, MAP↓, ZVD↑,

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dilatation
PAP↑)

proinflammato-
Sympathikotonus ↑↑ rische Zytokine
viszerale Perfusion ↓
Nierenperfusion ↓

Hyperglykämie klassische Katecholamine Flüssigkeitssubstitution

▶ Abb. 2 Der Einfluss klassischer Katecholamine auf den Circulus vitiosus aus eingeschränkter myokardialer Funktion, Inflammation und Organ-
dysfunktion.

Wie in ▶ Abb. 2 dargestellt, führen hämodynamische dass die Gabe klassischer Betamimetika wie Adrenalin
Auslenkungen (z. B. Abnahme des kardialen Schlagvolu- oder Dobutamin mit einer erhöhten Morbidität und
mens aufgrund einer Hypovolämie oder durch Luxation Letalität assoziiert ist [26].
des Herzens im Rahmen einer Off-Pump-Koronarrevasku-
larisation) zu einer Freisetzung proinflammatorischer Zy- Leider lässt sich bei anästhesierten und beatmeten Pa-
tokine, welche auf myokardialer Ebene direkte negativ- tienten eine primär auf arterielle Nachlastsenkung basie-
inotrope Effekte vermitteln. Sekundäre Organdysfunktio- rende klassische Herzinsuffizienztherapie mittels arteriel-
nen – als Folge der so induzierten Pumpfunktionsstörung ler Vasodilatatoren nur selten umsetzen. Daher werden in
– können diese Inflammationsreaktion weiter verstärken der perioperativen Phase neben Substanzen mit inotro-
und letztlich zu einer Multiorgandysfunktion führen [25]. pem Potenzial häufig auch Vasopressoren benötigt.

Klassische Betamimetika wie insbesondere Adrenalin, Merke


aber auch Inopressoren wie Noradrenalin, verstärken die- Sollte sich intraoperativ die Kombination einer redu-
se Inflammationskaskade. Daher erscheint eine primäre zierten myokardialen Pumpfunktion bei erhaltenem
Therapie myokardialer Funktionsstörungen mit Betami- oder hohem arteriellem Blutdruck ergeben, ist nach
metika nicht sinnvoll. Ein Vorschlag mit Behandlungs- Optimierung der Anästhesietiefe die Behandlung mit
optionen, die den Einsatz klassischer Katecholamine re- einem Vasodilatator Therapie der ersten Wahl.
duzieren, ist in ▶ Abb. 3 dargestellt.
PDE‑III-Inhibitoren wie Milrinon oder Enoximon haben
Merke positiv-inotrope und vasodilatierende Eigenschaften und
Im Einklang mit Beobachtungen bei Behandlung stellen eine Alternative bzw. Ergänzung zu klassischen Ka-
einer akut dekompensierten Herzinsuffizienz gilt techolaminen dar. Verschiedene Untersuchungen zeigen
auch für die Versorgung herzchirurgischer Patienten, neben inotropen Effekten eine Reduktion proinflamma-

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perioperativ eingeschränkte kardiale Pumpfunktion

präoperativ bekannt

ja nein

OP-Dauer > 3 h (> 25 µg/kg Levosimendan bis zum Maschinenabgang realistisch bei Laufrate 0,1 µg/kg/min?)

ja nein

12,5 mg Levosimendan RVEF ↓↓ LVEF ↓↓ RVEF ↓↓ LVEF ↓↓


24 h präoperativ

5–12,5 mg Levosimendan 5–12,5 mg Levosimendan Ilomedin/Milrinon p.l. Milrinon i.v.

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OP Ilomedin/Milrinon p.l. Milrinon i.v.

MAP > 70 mmHg (ggf. NIRS-gesteuert höher)

nein ja

Vasopressin* (primär bei eingeschränkter RV-Funktion Noradrenalin (primär Monotherapie)


und CKD) (sekundär bei NA > 0,1 µg/kg/min) (+ Vasopressin* bei NA > 0,1 µg/kg/min)

SVI > 35 ml/m2; SvO2 > 70% bei ausgeglichenem Volumenstatus

nein ja

Dobutamin

▶ Abb. 3 Algorithmus zum perioperativen Management von Patienten mit eingeschränkter myokardialer Pumpfunktion. LVEF: linksventrikuläre
Ejektionsfraktion; MAP: mittlerer arterieller Blutdruck; NA: Noradrenalin; NIRS: Nahinfrarotspektroskopie; RVEF: rechtsventrikuläre Ejektionsfrak-
tion; SVI: Schlagvolumenindex; SvO2: gemischt-venöse Sauerstoffsättigung. * Cave: nicht bei Verwendung der A. radialis als Bypassgraft.

torischer Zytokine bei Einsatz zum Weaning von der EKZ Rahmen einer Ischämie-Reperfusion [28]. Die Substanz
oder bei Behandlung eines Low-Cardiac Output-Syn- unterscheidet sich in ihrer Pharmakokinetik erheblich
droms (LCOS). Eine aktuelle Metaanalyse kommt im Hin- von allen anderen Inotropika, da der Wirkungseintritt
blick auf die Letalität zu einem neutralen Ergebnis [27]. deutlich langsamer erfolgt und die Wirkdauer über meh-
Somit scheint diese Substanzgruppe – zumindest im Kon- rere Tage anhält. Die günstigsten Effekte sind dann zu be-
text der Versorgung herzchirurgischer Patienten – klassi- obachten, wenn die Substanz bereits am Tag vor der
schen Katecholaminen überlegen zu sein. Operation appliziert wird [28]. Leider wurde dies in 2 ak-
tuellen Multicenterstudien bei Patienten mit einge-
Merke schränkter linksventrikulärer Funktion (LEVO‑CTS [29]
Das einzige und gleichzeitig am besten untersuchte und LICORN [30]) nicht umgesetzt und die Therapie erst
Inotropikum, für das bisher ein konkreter Outcome- unmittelbar präoperativ gestartet. Daher erstaunt es
Vorteil im Hinblick auf eine Reduktion von Morbidität nicht, dass beide Studien nur einen numerischen, aber
und Letalität bei herzchirurgischen Patienten gezeigt nicht signifikanten Trend zu einer geringeren Letalität zei-
werden konnte, ist der Kalziumsensitizer Levosimen- gen.
dan.
In einer Subgruppenauswertung der LEVO‑CTS-Studie bei
Levosimendan vermittelt neben inotropen und vasodila- 550 Patienten mit isoliertem koronarchirurgischen Ein-
tatorischen Eigenschaften mittels Aktivierung ATP-ab- griff zeigt sich allerdings neben einer Reduktion von LCOS
hängiger Kaliumkanäle auch organprotektive Effekte im eine signifikante Reduktion der 90-Tage-Letalität [31].

Heringlake M et al. Kardioanästhesie: Monitoring und … Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53: 332–345 339
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Auch wenn noch näher aufgeklärt werden muss, wieso Merke


sich kein vergleichbarer Vorteil bei Kombinationseingrif- Neben einer Steigerung des systemischen Perfusi-
fen zeigte, bestätigt dies, dass eine präemptive Therapie onsdrucks mit dem Ziel, die Koronarperfusion des
mit Levosimendan tatsächlich geeignet ist, Letalität bei rechten Ventrikels zu verbessern, ist es nicht selten
herzchirurgischen Patienten zu reduzieren. erforderlich, über die Gabe inhalativer pulmonal-
arterieller Vasodilatatoren die rechtsventrikuläre
Keinen benefiziellen Effekt hatte die Gabe von Levosi- Nachlast zu reduzieren und so die Funktion des rech-
mendan zusätzlich zu hochdosierten Betamimetika bei ten Ventrikels zu verbessern.
Patienten mit postoperativem LCOS [32]. Da eine Vor-
behandlung mit einem Betamimetikum die inotrope Wir- Die Gabe von Stickstoffmonoxid ist langjährig etabliert,
kung von Levosimendan erheblich abschwächt, ist dies aber technisch anspruchsvoll. Daher hat sich in vielen
auch nicht überraschend und unterstreicht die Notwen- Zentren die inhalative Applikation des Prostazyklinderi-
digkeit eines präemptiven Einsatzes. Da aber – auch unter vats Iloprost, ggf. kombiniert mit inhalativ appliziertem
Berücksichtigung der 3 genannten großen Studien – ak- Milrinon, etabliert. Eine aktuelle Metaanalyse kommt zu

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tuelle Metaanalysen [33, 34] klar zeigen, dass die Gabe dem Ergebnis, dass diese Therapie geeignet ist, den pul-
von Levosimendan bei Patienten mit eingeschränkter monal-arteriellen Druck signifikant zu senken [36]. Inha-
linksventrikulärer Funktion Letalität und Morbidität redu- lative pulmonal-arterielle Vasodilatatoren sind daher zur
ziert, bleibt dies unverändert die einzige inotrope Sub- Unterstützung der rechtsventrikulären Funktion, z. B. bei
stanz, die im Kontext herzchirurgischer Eingriffe geeignet Trikuspidalklappenchirurgie oder Implantation linksven-
scheint, das Outcome positiv zu beeinflussen. trikulärer Assistenzsysteme, unabdingbar.

Bei Gabe von Inodilatoren ist häufig eine vasopressori-


sche Therapie erforderlich. Das hierzu häufig eingesetzte,
Schlussfolgerungen
u. a. auch betamimetisch wirkende Katecholamin Norad- Der Wandel in der Demografie und die höhergradige
renalin ist nicht angemessen im Hinblick auf uner- Krankheitsschwere herzchirurgischer Patienten erfordern
wünschte Effekte und Outcome untersucht und kann seitens der anästhesiologischen Versorgung ein zuneh-
über Freisetzung proinflammatorischer Zytokine eine mend umfangreicheres Monitoring sowohl im Hinblick
myokardiale Dysfunktion triggern. Zur Vermeidung pro- auf die Überwachung der neurologischen als auch der hä-
inflammatorischer Effekte scheint es daher günstiger, pri- modynamischen Funktion. Echokardiografie und erwei-
mär mit nonadrenergen Pharmaka wie Vasopressin zu ar- tertes Monitoring sollten dabei als sich sinnvoll ergänzen-
beiten. de Verfahren betrachtet werden. Eine zielgerichtete Opti-
mierung der systemischen und zerebralen Sauerstoff-
Kleinere Studien zeigen positive Effekte einer präempti- balance erlaubt sowohl intra- als auch postoperativ eine
ven Vasopressintherapie auf den Bedarf anderer Vaso- Anpassung der Therapie an den individuellen Bedarf
pressoren und Inotropika sowie eine verkürzte Intensiv- eines Patienten und scheint geeignet, Morbidität und Le-
verweildauer. Bei primärer Gabe von Vasopressin im Ver- talität zu reduzieren.
gleich mit Noradrenalin zeigen sich zudem eine signifi-
kant verbesserte Nierenfunktion sowie eine geringere In- Synthetische Kolloide sollten nach europäischer Exper-
zidenz von postoperativem Vorhofflimmern [35]. Dies tenmeinung im Herz-OP und auf der herzchirurgischen
legt nahe, bei Bedarf für einen Vasopressors primär bzw. Intensivstation nicht mehr eingesetzt werden. Im Hin-
bei höherem Bedarf an Noradrenalin eine Therapie mit blick auf die inotrope und vasoaktive Therapie legen pa-
Vasopressin zu starten. Dies gilt insbesondere auch für thophysiologische Überlegungen und die aktuelle Stu-
Patienten mit Rechtsherzfunktionsstörungen, weil Vaso- dienlage nahe, diese primär mit nonadrenergen Substan-
pressin im Gegensatz zu Noradrenalin nicht zu einer Stei- zen (Levosimendan, Vasopressin) zu beginnen und nur
gerung des pulmonal-arteriellen Druckes führt. bei zusätzlichem Bedarf auf klassische Katecholamine
(Dobutamin, Noradrenalin) zu eskalieren.
Pulmonal-inhalative Vasodilatatoren
Störungen der rechtsventrikulären Funktion und/oder
eine pulmonal-arterielle Hypertonie sind häufig zu beob-
achtende und prognostisch ungünstige hämodyna-
mische Konstellationen.

340 Heringlake M et al. Kardioanästhesie: Monitoring und … Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53: 332–345
Autorinnen/Autoren
KER NAU SSAG EN
▪ Da herzchirurgische Patienten ein Risikokollektiv Matthias Heringlake
für intraoperative Awareness darstellen, sollte die Prof. Dr. med. 1987–1993 Studium der Hu-
Narkosetiefe kontinuierlich mittels prozessiertem manmedizin an der Freien Universität Berlin.
Seit 1995 Tätigkeit, zunächst als wissenschaftli-
EEG überwacht werden.
cher Mitarbeiter, seit 2002 als Oberarzt und seit
▪ Herzchirurgische Patienten haben ein deutlich er- 2004 als leitender Oberarzt des Bereichs Kar-
höhtes Risiko für neurologische Komplikationen. dioanästhesie an der Klinik für Anästhesiologie
Die Vermeidung eines Abfalls der regionalen zere- und Intensivmedizin der Universität zu Lübeck.
bralen Sauerstoffsättigung unter den präoperati-
ven Ausgangswert kann die Rate an Delir oder Christian Schmidt
POCD reduzieren. Dr. med., 2004–2011 Studium der Human-
▪ Die transösophageale Echokardiografie ist bei medizin an der Universität zu Lübeck. Seit 2011
herzchirurgischen Patienten zur Evaluation der als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Klinik

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für Anästhesiologie und Intensivmedizin des
kardialen Funktion und des operativen Ergebnisses
UKSH am Campus Lübeck tätig, seit 2016 als
nach Klappenersatz/-rekonstruktion ein Standard-
Facharzt für Anästhesie mit den Schwerpunkten
verfahren. herzchirurgische Intensivmedizin und Kardio-
▪ Zur Einschätzung der z. T. komplexen hämodyna- anästhesie.
mischen Bilder herzchirurgischer Patienten ist
nicht selten ein erweitertes Monitoring mittels Sebastian Brandt
Pulmonalarterienkatheter erforderlich. Eine kon- Dr. med., Medizinstudium in Göttingen, Kiel
tinuierliche Überwachung der arteriellen und und Marburg, Facharztausbildung in Kiel und
zentralvenösen Druckkurve ist obligat. am Inselspital Bern. 2009 Schweizerischer
▪ Eine Hypalbuminämie bei herzchirurgischen Facharzttitel für Anästhesiologie (FMH). 2010
Marie-Curie-Fellowship. Anschließend Tätigkeit
Patienten ist prognostisch ungünstig und mit einer
als Facharzt, seit 2016 als Leitender Oberarzt
erhöhten Rate an Nierenfunktionsstörungen asso- der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Univer-
ziiert. sitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck.
▪ Die Gabe klassischer Betamimetika wie Adrenalin
oder Dobutamin ist mit einer erhöhten Morbidität Korrespondenzadresse
und Letalität assoziiert. Der Kalziumsensitizer
Levosimendan hat inotrope und vasodilatatorische Prof. Dr. Matthias Heringlake
Eigenschaften und kann Morbidität und Letalität Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
bei herzchirurgischen Patienten reduzieren. Universität zu Lübeck
▪ Rechtsventrikuläre Funktionsstörungen sind bei Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
herzchirurgischen Patienten häufig und prognos-
Heringlake@t-online.de
tisch ungünstig. Therapeutisch stehen dabei ne-
ben einer Steigerung des systemischen Perfusi-
Wissenschaftlich verantwortlich
onsdrucks eine Reduktion der rechtsventrikulären
gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Nachlast durch Gabe inhalativer pulmonal-arte-
rieller Vasodilatatoren, ggf. supportiert mit Ino-
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungs-
dilatatoren, im Vordergrund. bestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Matthias
Heringlake, Lübeck.

Literatur
Interessenkonflikt
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Matthias Heringlake erhält Berater- und Vortragshonorare u. a. operative monitoring and treatment of right ventricular dys-
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Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53:
[22] Marx G, Schindler AW, Mosch C et al. Intravascular volume
332–345 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
therapy in adults: Guidelines from the Association of the Sci-
ISSN 0939-2661

342 Heringlake M et al. Kardioanästhesie: Monitoring und … Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53: 332–345
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VNR 2760512018154654842

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Frage 1 Frage 3
Welche Aussage trifft auf die Überwachung der Narkosetiefe Welche Aussage trifft zu?
mittels Bispektralindex zu? A Die transösophageale Echokardiografie (TEE) sollte bei der
A Die Überwachung der Narkosetiefe bei herzchirurgischen Pa- Versorgung herzchirurgischer Patienten nur bei ausgewähl-
tienten ist überflüssig, da herzchirurgische Patienten ein sehr ten Risikopatienten zum Einsatz kommen.
niedriges Risiko für „Awareness“ haben. B Bei der Anlage von Kanülen sowie einer Überprüfung des chi-
B Die Überwachung der Narkosetiefe mittels Bispektralindex rurgischen Ergebnisses insbesondere nach Klappeninterven-
zur Vermeidung von „Awareness“ ist insbesondere bei Pa- tionen verwirrt die TEE die chirurgischen Partner mehr, als
tienten wichtig, die mit volatilen Anästhetika behandelt wer- dass sie nützt.
den. C Die TEE ist zur orientierenden Abschätzung des kardialen
C In der Literatur finden sich keine Hinweise, dass eine sehr tie- Schlagvolumens und damit des Herzzeitvolumens generell
fe Narkose (= niedriger BIS) mit langfristig schlechterem Out- nicht geeignet.
come assoziiert ist. D Die TEE ist besonders gut geeignet, den pulmonal-arteriellen
D Bei herzchirurgischen Patienten sollte – bei Verwendung des Druck valide zu bestimmen.
BIS – eine Anästhesietiefe im Bereich zwischen 20 und 40 an- E Unter Zuhilfenahme des Basismonitorings und der zerebralen
gestrebt werden, weil nur in diesem Bereich die Narkose aus- Oxymetrie lässt sich mittels TEE der hämodynamische Zu-
reichend tief ist. stand eines Patienten in aller Regel orientierend einschätzen.
E Bei herzchirurgischen Patienten ist es sinnvoll, die Narkose-
tiefe zu überwachen. Bei Verwendung des BIS sollte eine Frage 4
Anästhesietiefe im Bereich zwischen 40 und 60 angestrebt Welche der folgenden Aussagen trifft nicht zu?
werden. A Die kontinuierliche Bestimmung des zentralen Venendrucks
(ZVD) bei herzchirurgischen Patienten ist völlig überflüssig
Frage 2 und nicht mehr zeitgemäß.
Welche Aussage trifft im Hinblick auf die Gabe von Kolloiden bei B Es gibt Daten, dass bei Patienten mit eingeschränkter myo-
herzchirurgischen Patienten nicht zu? kardialer Funktion ZVD und pulmonal-kapillärer Verschluss-
A Albumin kann bei herzchirurgischen Patienten zum Priming druck mittels transpulmonaler Thermodilution bestimmten
der Herz-Lungen-Maschine und zur Kreislaufstabilisierung volumetrischen Variablen zur Vorhersage der Volumenreagi-
eingesetzt werden. bilität überlegen sind.
B Herzchirurgische Patienten weisen nicht selten präoperativ C Ein erhöhter ZVD führt bei unverändertem arteriellem Mittel-
erhebliche Störungen des Flüssigkeitshaushalts und Nieren- druck zu einer Abnahme der viszeralen und renalen Perfusi-
funktionsstörungen auf. on.
C Eine individualisierte Flüssigkeitstherapie ist bei herzchirurgi- D Die Überwachung der ZVD-Kurve ist insbesondere zur Ein-
schen Patienten unverzichtbar. schätzung des Schweregrads einer Trikuspidalklappeninsuffi-
D Sowohl Hydroxyethylstärke als auch Gelatine sind bei herz- zienz sehr hilfreich.
chirurgischen Patienten gut untersucht und werden insbe- E Der Absolutwert des ZVD ist sowohl im kardiologischen als
sondere zum Einsatz bei Patienten mit einem erhöhten Risiko auch im herzchirurgischen Setting ein prognostisch relevan-
für Nierenfunktionsstörungen empfohlen. ter Parameter.
E Die Gabe von Hydroxyethylstärke ist bei kritisch kranken und
septischen Patienten kontraindiziert.
▶ Weitere Fragen auf der folgenden Seite …

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Fortsetzung …

Frage 5 Frage 7
Welche der folgenden Aussagen trifft zu? Welche Aussage ist falsch?
A Eine Einschätzung, ob bei einem Patienten eine rechtsventri- A Herzchirurgische Patienten haben ein erhöhtes Risiko für
kuläre Funktionsstörung vorliegt, ist nur mittels Echokardio- postoperative neurologische Komplikationen.
grafie möglich. B Postoperatives Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Ursa-
B Bei Patienten, die im Fast-Track behandelt werden, erlaubt chen für die Entstehung einer neurologischen Komplikation
eine unmittelbar vor Extubation durchgeführte TEE eine si- vom Typ I.

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chere Abschätzung des Extubationserfolgs. C Die Inzidenz einer postoperativen neurologischen Komplika-
C Der PAK ist das einzige hämodynamisches Monitoringverfah- tion vom Typ I beträgt bei Elektiveingriffen ca. 5 %.
ren, für das jemals gezeigt werden konnte, dass es im Kontext D Sowohl die neurologische Komplikation vom Typ I als auch
einer zielgerichteten Optimierung Morbidität und Letalität re- diejenige vom Typ II ist mit einer erhöhten Letalität im Lang-
duziert. zeitverlauf vergesellschaftet.
D Insbesondere bei Patienten, die sich einem kombinierten Ein- E Die Entstehung von neurologischen Komplikationen ist ne-
griff mittels Mitralklappenersatz und koronarer Bypassversor- ben anderen Faktoren insbesondere auf Störungen der zere-
gung unterziehen müssen, erscheint das Risiko des PAK un- bralen Perfusion zurückzuführen.
verhältnismäßig hoch.
E Bei der perioperativen Versorgung herzchirurgischer Patien- Frage 8
ten sollte ein Schlagvolumenindex > 35 ml/m2 zwingend ver- Welche Aussage ist richtig?
mieden werden, da dies zu einer Überdehnung des in der A Levosimendan ist ein inhalativ zu applizierendes Prostazyklin-
postoperativen Phase sehr vulnerablen Myokards führen derivat, welches kombiniert mit Milrinon zur Behandlung
kann. einer Rechtsherzdysfunktion eingesetzt wird.
B Die aktuelle Studienlage legt nahe, dass die besten hämody-
Frage 6 namischen Effekte einer Levosimendantherapie dann eintre-
Welche der folgenden Aussagen trifft nicht zu? ten, wenn Levosimendan zusätzlich zu einer hochdosierten
A Die mittels NIRS erhobene zerebrale Sauerstoffsättigung kor- Therapie mit Betamimetika appliziert wird.
reliert mit der SvO2 und erlaubt i. d. R. auch eine orientieren- C Vasopressin ist ein körpereigenes Hormon, welches durch die
de Abschätzung der systemischen Sauerstoffbalance. Aktivierung spezieller Kaliumkanäle einen inotropen und
B Ein perioperativer Abfall der mittels Nahinfrarotspektrosko- vasodilatierenden Effekt hat.
pie (NIRS) bestimmten regionalen zerebralen Sauerstoffsätti- D Bei Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Ejek-
gung unter den präoperativen Ausgangswert ist in der über- tionsfraktion, die sich einer isolierten koronaren Bypassope-
wiegenden Zahl von Studien mit einer erhöhten Rate an Delir ration unterziehen müssen, führt eine präoperativ begonne-
oder POCD assoziiert. ne, über 24 Stunden fortgesetzte Therapie mit Levosimendan
C Der Nutzen der zerebralen Oxymetrie bei herzchirurgischen zu einer signifikanten Reduktion der 90-Tage-Letalität.
Eingriffen an der thorakalen Aorta mit hypothermem Kreis- E Patienten mit rechtsventrikulären Funktionsstörungen und
laufstillstand und selektiver Perfusion der supraaortalen Ge- pulmonal-arterieller Hypertonie sollten besser mit Noradre-
fäße wird kontrovers diskutiert. nalin als mit Vasopressin behandelt werden, da Vasopressin
D Der Nutzen der zerebralen Oxymetrie konnte bislang nicht in den pulmonal-arteriellen Druck zu sehr steigert.
großen randomisierten Multicenterstudien belegt werden.
E Man unterscheidet gegenwärtig 2 Typen von neurologischen
Komplikationen nach herzchirurgischen Eingriffen. ▶ Weitere Fragen auf der folgenden Seite …

344 Heringlake M et al. Kardioanästhesie: Monitoring und … Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53: 332–345
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Fortsetzung …

Frage 9 Frage 10
Welche Aussage ist falsch? Welche Aussage ist richtig?
A Die rechtsventrikuläre Funktion ist in hohem Grad auf einen A Unmittelbar nach Weaning von der EKZ kann der Volumen-
erhaltenen rechtskoronaren Blutfluss angewiesen. status des Patienten am besten unter Verwendung dyna-
B Bei Rechtsherzversgen ist es notwendig, den systemischen mischer Vorlastparameter wie Schlagvolumen- oder Puls-
Blutdruck im niedrig-normalem Bereich zu halten, da es an- druckvariation eingeschätzt werden.
sonsten zu einem Versagen der Autoregulation in der rechten B Dynamische Vorlastparameter sind zur Einschätzung des Vo-

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Koronararterie kommen kann. lumenstatus unmittelbar nach Abgang von der EKZ – u. a.
C Eine postoperative rechtsventrikuläre Dysfunktion kann aufgrund des offenen Thorax – nicht geeignet.
durch Steigerung des systemischen Perfusionsdrucks und da- C Wenn die A. radialis als Bypassgraft verwendet werden soll,
mit einhergehender Erhöhung des rechtskoronaren Blutflus- erfolgt die Entnahme immer vom dominanten Arm des Pa-
ses kompensiert werden und zu einer teilweisen Wiederher- tienten. Daher ist es notwendig, die arterielle Blutdruckmes-
stellung der rechtsventrikulären Kontraktilität beitragen. sung bei diesen Patienten am nicht dominanten Arm zu etab-
D Im Rechtsherzversagen kann es sinnvoll sein, den systemi- lieren.
schen Blutdruck primär mit nonadrenergen Substanzen wie D Nach Weaning von der EKZ kommt es gelegentlich aufgrund
Vasopressin anzuheben, da sie im Gegensatz zu Noradrenalin einer ausgeprägten peripheren Vasodilatation zu einer sig-
nicht zu einer Erhöhung des pulmonal-arteriellen Gefäß- nifikanten aortoradialen Druckdifferenz. Dies kann zu einer
widerstands führen. Überschätzung des tatsächlichen systemischen Blutdrucks
E Da die rechtsventrikuläre Funktion durch die rechtsventriku- führen, da der Druck in der A. radialis falsch hoch gemessen
läre Nachlast mitbestimmt wird, ist es häufig notwendig, den wird.
pulmonal-arteriellen Widerstand durch inhalative Vasodilata- E Die A. brachialis ist keine sinnvolle Lokalisation für die Anlage
toren zu senken. einer arteriellen Blutdruckmessung. Daher sollte bei er-
schwerter Punktion der A. radialis immer auf die A. femoralis
ausgewichen werden.

Heringlake M et al. Kardioanästhesie: Monitoring und … Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53: 332–345 345

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