KLASSIKER
Nakamichi RX-505(E)
Wendehammer
Beim Nakamichi RX-505 E musste man die Cassette nicht mehr umdrehen,
das übernahm der Recorder selbst! Bei anderen Autoreverse-Decks wurden
dieTonköpfe gewendet, hier verdrehte Nakamichi die Köpfe der HiFi-Fans
von Tom Frantzen
ine Tapeseite von 30 oder
E 45 Minuten kann ver-
dammt kurz sein. Das
weiß jeder, der in der Bandära
ein anlehnungsbedürftiger
Teenager war.
Der Wunsch auch der
wöchentlich mit starrer Finger-
haltung etwa vor der WDR-
Schlagerrallye ausharrenden Ta-
pe-Gemeinde, die Aufnahme-/
Abspielkapazität am Stück und
ohne unmittelbare Anwesen-
heitspflicht zu verdoppeln, führ-
te zunächst zur Autoreverse-
Technologie, wobei das Band
respektive die Hälfte der Band-
breite nach Durchlauf in der an-
deren Richtung erneut an den –
am Bandende gedrehten Köpfen
70 STEREO 12/2006
vorbeigezogen und bespielt oder
abgespielt wurde. Akai beispiels-
weise war ein großer Verfechter
dieses Prinzips, bei Bandmaschi-
nen wie Cassetten-Recordern.
Doch monierte mancher, dass
die präzise Azimuth-Einstellung
des Kopfspalts in solchen Fällen
eher einen Kompromiss denn
ein Ideal darstellt, der zu Kon-
taktierungsproblemen, Fre-
quenzgang- und Phasenfehlern
führte. Zudem verschleißt Me-
chanik stets ein wenig, so dass
selbst die anfänglich präziseste
Kopfjustage nach etlichen Wen-
demanövern nicht mehr so hun-
dertprozentig war wie noch
während der Qualitätskontrolle
beim Hersteller. Schnell ist eine
Dejustage eingetreten, die eine
Aufnahme und Wiedergabe von
20 Kilohertz – mit den überra-
genden Nakamichi-Köpfen und
Metallband durchaus realistisch
– unmöglich machte. Die Kopf-
drehung erfordert außerdem zu-
sätzlich einen weiteren Lösch-
kopf für den Rückwärtsgang.
Schon in den 80ern gelang Na-
kamichi ein großer Coup,
denn die hier vorgestellten
Geräte der RX-Reihe, allen
voran das Spitzenmodell
RX-505 E, vermieden die-
ses Problem. Sie waren von
Haus aus akribisch justiert
Die Tonwellen des Dual-
Capstan-Laufwerks sind hier
nicht direkt-, sondern rie-
mengetrieben
beziehungsweise ließen sich per-
fekt justieren – und wendeten
statt der Köpfe einfach selbst-
tätig die Cassette!
Es dürfte kaum ein zweites Hi-
Fi-Gerät irgendeiner Kategorie
geben, das – im Schaufenster
oder auf Messen ausgestellt – für
mehr ungläubiges Staunen ge-
Autoreverse-Tapedeck mit Hinterbandkon-
trolle, Neupreis: 2700,- DM
Bauzeit: 1984-93
Weitere, kleinere Modelle ähnlicher Bauart:
RX-202, RX-303
Status: recht selten, sehr begehrt
Gebrauchtpreise um 500 Euro
Nicht viele Decks zeigen soviel Inhalt
wie ein „Naka“. Die orangenen Kon-
densatoren gelten als Schwachstelle
sorgt oder den Spieltrieb der
Kunden stärker angeregt, ge-
schweige denn aufgrund eines
solchen Ausstattungsdetails zum
Kaufimpuls geführt hat.
Die Cassette wird von den
Bandwickeln gehoben, um 180
Grad gedreht und wieder einge-
setzt, um sogleich weiterzulau-
fen. Dauer dieser Prozedur: kei-
Historisches
Nakamichi zählt zu den Legen-
den der Analog-Ära. Die
Ur-Firma starb, der Name lebt
as Unternehmen Nakamichi
D wurde 1948 von Etsuro Nakami-
chi (Spitzname „Dragon“!) gegründet
und baute portable Radios, Tonarme,
Lautsprecher und Kommunikations-
ausrüstung (Funk, Telefon). Später
übernahmen die Söhne Ted und Niro
die Unternehmensleitung. Erst 1972
folgten Erzeugnisse unter der Marke
Nakamichi, darunter das erste Drei-
kopf-Cassettengerät der Welt. Die
Tapedecks von Nakamichi, schon die
ersten in Pultform, waren für ihre
jeweilige Zeit herausragend gute,
ne zwei Sekunden, also fast ver-
nachlässigbar. Kaum ein Tape-
Fan konnte das schneller! Die
ersten und letzten Bandzentime-
ter sind ja ohnehin nicht nutz-
bar. Die dafür notwendige Me-
chanik musste zwar nicht extrem
präzise sein, war so simpel aber
auch nicht, weshalb die RX-
Decks 202 (mit simplerem
Sankyo-Laufwerk), 303 (4 Mo-
toren, 2 Köpfe) und 505 (4 Mo-
Zwei Gitarren.
toren, 3 Köpfe) von Nakamichi Druckvoll, präzise und sauber –
die einzigen ihrer Zunft blieben dank innovativer Technologien.
Authentisch und in voller Klang-
klanglich überlegene Produkte.
Weniger bekannt als die ambitio-
nierten Cassettendecks wie 680/
breite faszinierend. Jetzt testen.
682ZX, BX, CR, RX, ZX, DR, Dragon,
700 und 1000ZXL (die beiden Letzt-
genannten lassen sich bis in die 70er HECO Celan 800
Stereo 01/06
zurückverfolgen) sind die innovativen
Plattenspieler, Car HiFi und erst
recht die wenigen DAT-Geräte. 1996
Exzellent
HECO Celan 700
Audio 12/05
kam der Bruch, Nakamichi erklärte TESTSIEGER
den Rückzug aus dem europäischen HECO Celan 500
HiFi-Geschäft, um sich auf seine Rol- Plugged 01/06
Makellose Natürlichkeit
le als PC-Zulieferer zu konzentrieren.
HECO Celan 300
1999, mittlerweile von der Grande- Stereoplay 11/05
Gruppe (Singapur) übernommen, Highlight, Spitzenklasse
erfolgte der Relaunch in Europa, und HECO Celan Kino Set
Nakamichi entwarf fortan erneut (800, 500, Center, Sub 38 A)
Heimkino 02/06
innovative, deutlich mehr design- Spitzenklasse, Note 1,1
und massenmarktorientierte HiFi-
HECO Celan Surround Set
und AV-Produkte. (500, 300, Center, Sub 30 A)
AV Magazin.de 12/05
Preis/Leistung: überragend
HECO Celan Sub 30 A
Video 01/06
CELAN
TESTSIEGER Musik neu erleben
 KLASSIKER
und zudem recht kostspielig ver-
kauft wurden. Der von 1984 bis
1993 angebotene Top-Recorder
kostete zum Testzeitpunkt 1984
(STEREO 10/84) immerhin
2700 Mark.
Im Autoreverse-Bereich gibt es
auch nur einen anderen Recor-
der, der – allerdings wiederum
Wie alle großen Nakamichis ist der
RX-505E ein Recorder wie aus dem
Bilderbuch, ausgestattet mit zahlrei-
chen Eingriffsmöglichkeiten und
State-of-the-Art-Technologie
Pressespiegel
Ulrich Wienforth hatte den RX-
505E in STEREO 10/1984 näher
unter die Lupe genommen
nser Recording-Spezialist
U schlechthin (bis heute!) meinte
damals:
„Anhand der Wickeldrehzahlen er-
kennt der RX-505 das nahende Band-
ende. Etwa zwanzig Sekunden vor
„Ultimo“ blendet er auf Wunsch
sanft aus, wendet die Cassette und
blendet sanft wieder ein...
Im Gegensatz zum Dragon werden
allerdings die beiden Tonwellen indi-
rekt angetrieben. Der Gleichlauf er-
reicht erwartungsgemäß nicht ganz
das Dragon-Niveau...Eher noch et-
was besser als der Dragon schneidet
72 STEREO 12/2006
„Zeit, dass sich was dreht“ – und so
geht’s: Ausfahren, Pirouette und
wieder rein unter zwei Sekunden
die Köpfe wendend – noch
etwas besser funktionierte,
nämlich der Nakamichi Dra-
gon aus gleichem Hause, ein
Superlativ von Deck, das statt-
dessen per „N.A.A.C.“ (Naka-
michi Auto Azimuth Correc-
tion) automatisch die Kopf-
justierung nachregelte und noch
mal fast 1500 Mark mehr koste-
te. Im RX-505E finden sich übri-
gens einige identische Baugrup-
pen, denn der Dragon wurde
praktisch zeitgleich gebaut.
Qualitativ setzte das RX-505 E
mit seinem hochwertigen, hier
allerdings kopfüber eingebauten
und indirekt angetriebenen
Dual-Capstan-Laufwerk und
den beinahe konkurrenzlosen
Tonköpfen ebenso Maßstäbe
wie seine Vorgänger 680/682ZX,
ZX-7/9, LX-3/5 oder gar 1000
ZXL, nur eben mit beinahe un-
unterbrochener Gesamtlaufzeit,
der neue Nakamichi in Sachen Dyna-
mik ab. Die exzellenten Tonköpfe
und der rauscharme Wiedergabever-
stärker brechen den Weltrekord aus
dem eigenen Haus! 78 Dezibel
Rauschabstand mit Dolby C, das
schafft sonst keiner... Das Beste vom
Besten bietet dieser Recorder in den
klanglich wichtigen Eigenschaften.
Um ein Haar wäre eine „absolute
Spitzenklasse“ fällig gewesen, unse-
re erste seit Nakamichis Dragon.
Dass es dazu letztlich doch nicht
ganz reicht, liegt an den nicht ganz
standesgemäßen Gleichlaufschwan-
kungen. Wer einen Auto-Reverse-
Recorder anpeilt und vor dieser
Preisklasse nicht zurückschreckt,
sollte umdenken: Nicht Dreh-Kopf,
sondern Wende-Cassette heißt die
neue Devise... Spitzenklasse.“
Deck tot – was tun?
Bei Defekten wird’s schwierig.
Wer kann bei der Wiederbele-
bung helfen?
enn es ein Nakamichi-Deck
W erwischt, ist guter Rat teuer.
Denn Original-Ersatzteile sind für so
eine Maschine kaum noch zu bekom-
men – und wenn, dann nur mit unge-
heurem Zeit- und Mitteleinsatz. Des-
halb sollte man so früh wie möglich
nach defekten Teileträgern oder ver-
sierten und trickreichen Reparateu-
ren Ausschau halten. Ein 482Z etwa,
mit defektem Laufwerk günstig er-
worben, kann als Spender von Wie-
dergabe- und Aufnahmekopf für Dra-
gon, RX-505, 1000ZXL, 700ZXL oder
ZX-7/9 dienen. Hätten Sie das ge-
mittlerweile IEC-Wiedergabe-
entzerrung und hoher Dynamik
dank Dolby C. Nakamichi ist
eben Nakamichi, daran konnten
andere nur selten tippen.
Wo sonst etwa beginnt der un-
vermeidliche Bassabfall – be-
dingt durch die hauseigenen
Was sehen wir denn da? Tuning-
Potential für die Tapeklassiker, um
mit wenig Geld mehr herauszuholen
Tonköpfe – nicht bei 25-30 wie
mit den üblichen Sendust-Ty-
pen, sondern erst ab 12-15
Hertz, also eine volle Oktave spä-
ter?
Beim RX-505 E hießen diese
Köpfe übrigens P-8L (Wiederga-
be, identisch bei Dragon sowie
1000 ZXL), R-8L (Aufnahme,
identisch bei Dragon sowie
1000 ZXL) und E-0K (Lösch-
kopf) – und es gibt sie praktisch
nicht mehr.
Die filigrane Technik mit den
einzigartigen Detaillösungen
(beispielsweise Cue-Wiedergabe
mit 2-3facher Geschwindigkeit)
wusst? Eine Schwachstelle etwa für
einen Kanalausfall stellt die „Orange
Cap Disease“ dar, sprich die leuch-
tend orangenen Kondensatoren sind
oft dafür verantwortlich. Blockiertes
Spulen hängt mitunter mit festge-
fressenen oder im Laufe der Zeit ver-
harzten Teilen von Andruck/ Bandzug
zusammen. Mitunter spinnen auch
die Gleichrichter im Netzteil. Im Falle
des Falles können folgende Servi-
ceadressen (oft) helfen:
www.classic-nakamichi.com (Ersatz-
teile); www.schaltplan-dienst-de
(Schaltpläne, Tel.: 089/15780771);
Audiotronic, Heidelberg (www.
audiotronic-service.de, Tel.: 06221/
28714) und Gast electronic, Bad
Homburg (www.gast-hifi.de, Tel.:
06172/450078). Fragen Sie bitte
stets auch Ihren Fachhändler!
ist indes bei Nakamichi weitaus
komplexer und daher nicht ganz
so robust und unanfällig wie et-
wa bei einem Studer-Revox oder
ASC mit ihren im Sinne des
Studiobetriebs einfacheren
Gusslaufwerken.
Dazu kommt – wie auch beim
großen, eher für die Masse pro-
duzierenden Konkurrenten Akai
– das Problem der Ersatzteile,
denn die heutige Firma Nakami-
chi hat – auch wenn noch das ei-
ne oder andere Familienmitglied
des Gründers mit an Bord ist –
nicht mehr allzu viel mit der al-
ten zu tun, die Teile sind rar.
Noch ein kleiner Hinweis für
Filmfreunde. Wer bei „9 1/2 Wo-
chen“ zumindest gelegentlich
die Augen von Kim Basinger las-
sen kann, was zugegebenerma-
ßen eine schwierige Prüfung ist,
wird – sogar kurz beim Wende-
manöver in Großaufnahme – ein
Nakamichi RX-505 E bei der Ar-
beit entdecken können.
Die einzigartig gelöste (Flip-)
Autoreverse-Funktion war und
ist also beileibe nicht nur etwas
für Teenager...
Nützliche Links:
www.naks.com
www.geocities.com/p9019/
nakamichi/threads.html
http://en.wikipedia.org/wiki/
Nakamichi