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Ertrinken

- Sonderform des Erstickens bei Flüssigkeitsaspiration

Wichtige Fragestellungen:
- Todeseintritt im Wasser oder Verbringung einer Leiche ins Wasser?
- Tod durch Wasser: z.B. Ertrinken, z.B. Badetod
- Liegen vitale Verletzungen oder eine toxikologische Beeinflussung vor?
- Typisches oder atypisches Ertrinken?

1. Pathophysiologie

Stadien des typischen Ertrinkens:


- Inspiration (evtl.)
- Apnoe
- Dyspnoe
- Krampfstadium
- Atemlähmung
- Schnappatmung
Dauer: 3-5 min

2. Befunde bei typischem Ertrinken


- Schaumpilz
- weißlich schaumiger teils wässriger Inhalt in den Atemwegen
- akutes Lungenemphysem (Emphysema aquosum) bei Süßwasser
- Lungenödem (Ödema aquosum) bei Salzwasser
- manchmal verwaschene subpleurale Blutungen (Paltauf-Flecken)
- häufig zusätzlich Aspiration von Erbrochenem
- verwässerter Mageninhalt (Wydler´sches Zeichen = Dreischichtung des asservierten
Mageninhalts)
- Sehrt´sche Magenschleimhauteinrisse durch Erbrechen
- Ertrinkungsflüssigkeit in der Keilbeinhöhle
- Diatomeen in Ertrinkungsflüssigkeit und Knochenmark oder Lebergewebe

3. Atypisches Ertrinken
Typische Ertrinkungszeichen fehlen bzw. sind schwach ausgeprägt!

Ponsold unterscheidet 3 ätiologische Gruppen:


- Atypisches Ertrinken nach nervösem Schock
- Atypisches Ertrinken nach Kreislaufkollaps, auch sog. Badetod
- Atypisches Ertrinken bei natürlichem Tod, z. B. Infarkt im Wasser, Schlaganfall,
floride Carditis.

3.1. Atypisches Ertrinken nach nervösem Schock


- Kehlkopfschock: Wasser gelangt an den Kehlkopf, löst einen Stimmritzenkrampf aus,
hierdurch entsteht Panik. Der Krampf löst sich zwar wieder, aber bei dem nun
folgenden Ertrinken erfolgt keine Gegenwehr.
- Schmerzschock, z.B. ausgelöst durch starke Reizung des Plexus solaris, etwa beim
Hineinspringen klatscht der Schwimmer mit dem Bauch gegen die Wasseroberfläche
(auch Bauchklatscher) oder gegen einen Baumstumpf o. ä..
- Trommelfellruptur. Eindringendes Wasser kann Drehschwindel auslösen und
hierdurch bedingt Orientierungslosigkeit mit nachfolgendem Ertrinken.
- Kälteschock ausgelöst durch periphere Vasokonstriktion oder Kälteantikörper.

3. 2. Badetod
alle Arten der primär rhythmogenen Synkopen mit Bewusstlosigkeit im Wasser
- Ebbecke-Reflex: Reflexogene Zone ist die Gesichtshaut (N. trigeminus, 2. Ast).
Besonders kaltes Wasser ist wirksam. Nach Eintauchen werden ausgelöst:
Schluckreflex, Bradykardie, Atemstillstand. Der Reflex wird auch durch einen kalten
Luftstoß ausgelöst (Wind-/Wetter-Reflex). So wurden Tötungen von Kindern durch
Heraushalten in den Fahrtwind diskutiert. Dieser Reflex ist insbesondere auch beim
Springen ins kalte Wasser von Bedeutung („Eintauchreflex“).
- Aschnerscher Bulbusdruck-Reflex: Drücken auf den Bulbus führt zu Bradykardie:
Oculo-cardialer Reflex.
- Heringscher Nasenschleimhaut-Reflex: Chemische oder thermische Reizung der
Nasenschleimhaut führt zu Bradykardie. Höchstwahrscheinlich bedeutsam für einige
Tötungsdelikte in der Badewanne (Zug an den Beinen führt zu raschem Untergehen
mit dem Kopf und starker Exposition der Nase bei Überraschungseinatmung).
- Diskutiert werden auch die Pressatmung im Wasser, die zu hämodynamischen
Auswirkungen wie im Valsalva-Versuch (Kreislaufkollaps im Wasser) führen kann
sowie
- der Goltzsche Reflex (Schlag gegen die Magengrube führt zu Bradykardie).

3.3. Atypisches Ertrinken bei natürlichem Tod


Plötzlicher krankheitsbedingter Tod, zu dem es nur zufälligerweise beim Aufenthalt im
Wasser kommt

4. Unterschiede Süß-/Salzwasserertrinken
Süßwasser: führt zu Hydrämie, Hypervolämie, Abnahme der Plasmakonzentrationen an Na,
Cl, Ca und Proteinen, Hämolyse, Emphysema aquosum

Salzwasser: führt zum Einströmen von Flüssigkeit aus dem Blut in die Lungen mit rascher
Abnahme des zirkulierenden Blutvolumens und zur Ausbildung eines Ödema aquosum,
Hämokonzentration mit Zunahme der Elektrolyte des Serums und zum hypovolämischen
Schock

5. Besonderheiten von Wasserleichen


- Totenflecke ventral entsprechend des Treibens in Bauchlage
- Waschhautbildung an Händen und Füßen
- Treibverletzungen
- Schiffsschraubenverletzungen
- Tierfraß
- Bergeverletzungen
- Algenrasen
- Fettwachsbildung

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