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Inflation und wie man sie misst

Quelle: Beck, H., A. Prinz. Allgemeinbildung Wirtschaft. 2021

Sie kennen das: Sie gehen einkaufen und schon wieder ist alles teurer geworden. Aber
stimmt das wirklich? Um diese Frage zu beantworten, müssen Sie zwei Arten von
Preisveränderungen unterscheiden:
 die Veränderung einzelner Preise und
 die Veränderung des Preisniveaus.
Die Veränderung von einzelnen Preisen geht in der Regel darauf zurück, dass sich die
Nachfrage nach den jeweiligen Produkten ändert. Steigt die Nachfrage nach Wohnungen in der
Innenstadt an, werden die Bruttokaltmieten je Quadratmeter steigen. Es kann auch zu
Preissenkungen kommen, wenn neue Anbieter das Produkt kostengünstiger produzieren können,
wie man bei Computerchips, Solarzellen und Smartphones sehen kann.
Diese Veränderungen einzelner Preise sind das Ergebnis des Zusammenwirkens von
Angebot und Nachfrage auf den einzelnen Märkten. Demgegenüber bestehen Veränderungen im
Preisniveau darin, dass der Durchschnitt aller Preise sich ändert.
Niemand kann die Preise aller Güter ermitteln, auch nicht das Statistische Bundesamt in
Wiesbaden, das Daten aus der ganzen Republik zusammenträgt. Aber immerhin – die Preise für
Mieten, Nahrungsmittel, Bekleidung, Kraftfahrzeuge, Friseurbesuche, Reinigung oder
Reparaturen werden im Verbraucherpreisindex (VPI) für die Bundesrepublik Deutschland
berücksichtigt. Alle Haushaltstypen, alle Regionen und sämtliche dort nachgefragten Waren und
Dienstleistungen werden zur Berechnung der Inflationsrate herangezogen; zudem wird der
Warenkorb ständig aktualisiert. Rund 600 Preiserheber schwärmen jeden Monat in 188
Gemeinden aus, um die Preise der gleichen Produkte in den immer gleichen repräsentativen
Geschäften zu ermitteln, das macht monatlich rund 300.000 Einzelpreise. Und woher weiß man,
welchen Anteil ein konsumiertes Produkt am Warenkorb einer Person in Deutschland hat?
Diesen Anteil ermittelt man mit einer umfangreichen Befragung, der sogenannten Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe, bei der 60.000 Personen über ihre Haushaltsausgaben befragt werden.
Man ermittelt also den typischen Warenkorb eines Durchschnittsbürgers.
Das statistische Bundesamtфедерална стАТИстическа служба ermittelt die
Veränderung des Durchschnitts aller Preise, die Inflationsrate, den harmonisierten
Verbrauchspreisindex (HVPI). (ХИПЦ)
Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) misst die Veränderung der
durchschnittlichen Preise für Güter und Dienstleistungen in einem Land von Jahr zu(на) Jahr,
jeweils bezogen auf das Vorjahr. Der HVPI bestimmt in der EU die Inflationsrate.
Wie berechnet man den HVPI, also die Inflationsrate? Im Prinzip ganz einfach: Stellen
Sie sich vor, Sie gehen einkaufen. Sie legen verschiedene Waren in verschiedenen Mengen in
den Korb – zwei Tafeln Schokolade, vier Bananen, drei Päckchen Nudeln und so weiter. Dann
bezahlen Sie an der Kasse einen Gesamtbetrag, und das ist der Wert Ihres Warenkorbs. Nun
gehen Sie einen Monat später wieder in das gleiche Geschäft, kaufen exakt die gleichen Waren
in den gleichen Mengen und bezahlen wieder an der Kasse. Zahlen Sie nun sagen wir 1 Prozent
mehr für den Warenkorb, dann sind die Preise in Ihrem Warenkorb im Schnitt um 1 Prozent
gestiegen – das ist dann die Inflationsrate.
Genau das macht das statistische Bundesamt:
 Es ermittelt zuerst den Warenkorb, den der durchschnittliche Bürger im Monat
konsumiert (mithilfe der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe).
 Dann ermittelt das Amt den Preis des gesamten Korbes, es geht sozusagen an die
Kasse und bezahlt.
Wenn der Gesamtwert des Warenkorbs von einem Jahr zum nächsten beispielsweise um
2 Prozent gestiegen ist, beträgt die Inflationsrate eben 2 Prozent.
Warum ermittelt man dann die Preissteigerungsrate? Weil sie eine gesamtwirtschaftliche
Größe ist, die über die Wirtschaft insgesamt etwas aussagt. Das kann für Sie von Bedeutung sein,
wenn Sie die Veränderung Ihres Einkommens mit der Inflationsrate vergleichen. Steigt Ihr
Einkommen um weniger als die Inflationsrate, dann ist Ihre Kaufkraft gesunken – steigt Ihr
Einkommen um 5 Prozent, die Preise aber steigen um 10 Prozent, dann können Sie mit Ihrem
Einkommen weniger einkaufen als bisher. Ihr Realeinkommen, also das Einkommen gemessen
in Gütern, sinkt. Nimmt Ihr Einkommen stärker zu als die Inflationsrate, dann steigt Ihre
Kaufkraft – aber eben nur im Durchschnitt.
Gesamtwirtschaftlich spielt die Inflationsrate eine wichtige Rolle bei Tarifverhandlungen,
Wechselkursen und der Geldpolitik.
Bei Tarifverhandlungen ist das Mindestziel der Arbeitnehmerseite der sogenannte
Inflationsausgleich: Die Kaufkraft der Einkommen soll zumindest nicht sinken. Für die
Wechselkurse sind die Unterschiede zwischen den Inflationsraten der Länder mit
unterschiedlichen Währungen wichtig. Steigt in den USA das Preisniveau gegenüber dem
chinesischen Yuan an, dann sinkt die Kaufkraft des Dollars in China, während die Kaufkraft des
Yuan in den USA ansteigt. Das wiederum führt dazu, dass der Yuan gegenüber dem US-Dollar
aufwertet. Für einen Yuan erhält man mehr Dollar beziehungsweise 1 Dollar kostet weniger
Yuan.
Für die Geldpolitik ist in der EU und insbesondere in der Eurozone die Inflationsrate,
gemessen am HVPI, sogar eine Zielgröße. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als oberstes
Ziel die Aufrechterhaltung des Geldwertes. Um das zu erreichen, strebt sie eine Inflationsrate an,
die nahe bei 2 Prozent im Jahr liegt. Anders ausgedrückt, ein stabiler Geldwert liegt nach der
Definition der EZB bei einer moderaten Inflationsrate von 2 Prozent.
Eine stark steigende Inflationsrate deutet auf eine schwere Wirtschaftskrise hin.
Irgendetwas läuft dann grundlegend schief.
 Zu viel Geld jagt eine zu geringe Menge an Gütern und Dienstleistungen.
 Kommen die Einkommen nicht nach, sinkt der Wohlstand der Arbeitnehmer.
 Der Außenwert der Inlandswährung sinkt mit der Folge, dass importierte
Produkte teurer werden.
 Sind diese Produkte Rohstoffe oder Vorprodukte für die inländische Produktion,
dann sinkt diese.

Nur zur Information, nicht zum Übersetzen!


Die deutsche Hyperinflation
Die meisten von uns kennen nur moderate Inflationsraten von 2, 3 oder 5 Prozent – das
geht auch anders. In den 1920er-Jahren wütete() in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg in
der Weimarer Republik eine Hyperinflation. Die Inflationsrate war so hoch, dass die Löhne
täglich ausgezahlt und sofort wieder ausgegeben wurden, da sie am nächsten Tag kaum noch
etwas wert waren. Zum Schluss kostete eine Zeitung mehrere Millionen Reichsmark. So hohe
Inflationsraten haben alle Geldvermögen vernichtet – Ersparnisse, die Bürger in Jahrzehnten
angehäuft hatten, waren innerhalb von Monaten verschwunden. Beendet wird eine
Hyperinflation mit einer Währungsreform, die wegen der Folgen für das Geldvermögen sehr
unbeliebt ist, um es vorsichtig auszudrücken.
Vereinfacht gesagt werden einfach die Nullen hinter den Preisen gestrichen – aus einer
Zeitung für 10 Millionen Reichsmark wird dann wieder eine Zeitung für 10 Groschen.
Unterschätzen Sie nicht die Macht der Inflationsrate: Bei einer Inflationsrate von jährlich 2
Prozent kostet ein Produkt, das heute 1.000 Euro kostet, in fünf Jahren schon 1.104,08 Euro –
das bedeutet eine Preissteigerung von rund 10 Prozent. Und nun überlegen Sie mal, was das für
Ihre Ersparnisse bedeutet, die Sie auf zehn, zwanzig Jahre festlegen. Im Internet finden Sie
Inflationsrechner, die Ihnen ausrechnen, bei welcher Inflationsrate Sie wie viel Geld verlieren.

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