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Pü Merli Fall 4

Öffentliches Recht (Universität Wien)

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Merli, Öffentliches Recht (FÜM) –SS 2019–Fall 4: Pubbetreiber Puck protestiert


gegen Polizeipräsenz
Das Pub „Peinlich!“ in Wien Simmering ist gerüchteweise ein Umschlagplatz
illegaler Drogen. Die Polizei möchte sich nun einen Eindruck verschaffen und
zugleich Präsenz zeigen, um mögliche Täter von weiteren kriminellen
Aktivitäten abzuschrecken. Eines Tages betreten daher zwei Exekutivbeamte
das Lokal während der Öffnungszeit, schauen sich um und kontrollieren dann
die Ausweise der Gäste.
1) Puck fürchtet, dass derartige Polizeibesuche die Gäste vertreiben. Er
möchte daher rechtliche Schritte unternehmen, damit so etwas nicht
noch einmal passiert.
Was kann Puck tun und wie sind seine Erfolgsaussichten?
Puck möchte keine Polizeibesuche und Ausweiskontrollen mehr.
- Zulässigkeit
a)Ausweiskontrolle:
Rechtsakt: Es könnte eine Maßnahme gegen die Ausübung unmittelbarer
verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs 1 Z 2 B-VG) sein.
Ein solcher Akt liegt vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der
Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt
gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist.
Voraussetzungen für AuvBZ:
- Hoheitlich (Nicht privatwirtschaftlich)
- Verwaltungsorgan: Polizist ist ein Hilfsorgan, der der Behörde
(Sicherheitspolizei  Verwaltungsorgan) zugerechnet wird. Beim Hilfsorgan-
System bedient sich ein Verwaltungsorgan einem Sicherheitsorgan, also hier
die allgemeine Sicherheitspolizei (öffentliche Sicherheit) einem Polizisten.
- Unmittelbar: = wenn es keinen Akt zuvor gibt, der die Befehls- oder
Zwangsgewalt anordnet
- Außenwirksam
- Normativ: Befehls- und Zwangsgewalt; Befehl = Anordnung
Zwei Interpretationsmöglichkeiten, ob ein Befehl vorliegt oder nicht:
1) Jeder rechtliche Nachteil (auch Verwaltungsstrafe), der an solch einen Befehl
geknüpft ist, macht aus ihm einen sanktionierten Befehl und damit einen
AuvBZ.
2) Nur wenn eine unmittelbare zwangsweise Durchsetzung droht, dann liegt ein
AuvBZ vor. (hL)
Unmittelbare zwangsweise Durchsetzung der Ausweiskontrolle?
Gem. §35 VStG dürfen jene Personen festgenommen werden, die auf frischer Tat
betreten werden und sich nicht ausweisen können.
Es gibt keine direkt Zwangsdrohung hinter dieser Ausweiskontrolle, da keiner
verpflichtet ist einen Ausweis mitzuführen (keine allgemeine Vorschrift oder auch
sonst nichts im SV) und kein Grund dafür vorliegt es mit Zwang durchzusetzen.
Es ist eine schlichte Verwaltungshandlung.

[[Exkurs: wenn eine Zwangsdrohung vorliegen würde und somit ein AuvBZ 
Rechtsmittellegitimation im nächsten Schritt prüfen: der Ausweis des Puck selber ist
ja nicht kontrolliert worden und somit ist er nicht in seinen subjektiven Rechten
verletzt, daher würde es dann bei der Rechtsmittellegitimation scheitern]]

Bezüglich der Ausweiskontrollen ist keine Beschwerde zulässig.

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b)Betreten und Umschauen:


Rechtsakt: wieder kein AuvZB, weil keine Zwangshandlung. Nicht jedes faktische
Handeln ist automatisch ein AuvBZ.
Es handelt sich um eine schlichte Verwaltungshandlung
Rechtsmittel: gibt es auch ein Rechtsmittel gegen schlichtes Verwaltungshandeln?
Gem. §88 Abs. 1 SPG können Beschwerden gegen AuvZB vorgenommen werden
§88 Abs 2 SPG: auch andere Handlungsformen können angefochten werden,
nämlich wenn man in „anderer Weise“ durch Besorgungen der
„Sicherheitsverwaltung“ in seinen Rechten verletz worden ist. (Sondervorschrift)
Aber nur, wenn §88 Abs. 2 anwendbar ist, und es in den Bereich der
Sicherheitsverwaltung fällt.
Was in den Bereich der Sicherheitsverwaltung fällt ist in §2 Abs 2 SPG definiert und
darunter fällt auch die Sicherheitspolizei. In §3 SPG ist die „Sicherheitspolizei“
genauer bestimmt. Sie besteht demnach aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen der örtlichen Sicherheitspolizei, und
aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht.
In diesem Fall handelt es sich um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit,
da auch die Gefahrenabwehr darunter fällt und die Verhinderung von Verstößen
gegen das StGB und andere strafrechtliche Vorschriften (wo auch das
Suchtmittelgesetz darunter fällt).
Die Polizisten handeln also im Bereich der Sicherheitsverwaltung und somit ist §88
Abs. 2 SPG anwendbar.
Daher kann auch Beschwerde erhoben werden, auch wenn es sich um keine AuvBZ
handelt.

Beschwerdelegitimation:
Puck könnte in seiner Erwerbsfähigkeit verletzt sein oder es könnte ein Eingriff in
sein Eigentum sein.
Jedoch ist ein Pub/Gasthaus ja dafür vorgesehen, dass Leute hineingehen. Und er
erlaubt es ja, dass Gäste kommen, wenn er geöffnet hat.
2 Meinungen:
- wenn die Gaststätte offen ist, dann wirklich für alle (hA)
- die Gaststätte ist nur für Gäste zum Konsum geöffnet

Wenn man der hA Ansicht folgt, dann ist er nicht in seinen Rechten verletzt, weil er
es ja für alle geöffnet hat und somit nicht in sein Eigentum eingegriffen wird. Daher ist
keine Beschwerde zulässig.

2)Sicherheitshalber bringt Puck ein Schild vor dem Pub an, auf dem steht:
„Gäste willkommen! Polizisten müssen leider draußen bleiben!“ Das scheint
die Polizei aber eher anzuspornen als abzuhalten. Polizistenführen nun
regelmäßig Kontrollen im Lokal durch. Dem Puck erklären sie, man werde ja
sehen, wer dies länger aushalte.
Wie sieht es nun mit Pucks Rechtsschutz aus?

1) Zulässigkeit
Rechtsakt: schlichtes Verwaltungshandeln  Art. 130 Abs. 2 Z1 VwGVG
Rechtsmittel: wie oben bereits geprüft ist §88 Abs. 2 SPG anwendbar
Rechtsmittellegitimation:

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Gem. §88 Abs. 2 SPG kann Beschwerde erhoben werden, wenn man behaupten
kann, dass man auf andere Weise (als AuvBZ) durch die Besorgung der
Sicherheitsverwaltung in seinen Rechten verletzt wurde. Hier liegt ein Eingriff in das
Eigentum von Puck vor. Er ist beschwerdeberechtigt, weil er behauptet in diesem
Recht verletzt worden zu sein.
Frist: Gem. §53 VwGVG sind die Regelungen über Maßnahmenbeschwerden
(AuvBZ) auf Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens gem. Art. 130
Abs. 2 Z1 B-VG sinngemäß anzuwenden.
Die Frist zur Beschwerdeerhebung für die Maßnahmenbeschwerde beträgt gem. §88
Abs. 4 SPG 6 Wochen ab Kenntnis der Rechtsverletzung.

Gem. §7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist jedoch 4 Wochen (1. Satz „wegen
Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze“)

Die Frist ist durch zwei Bestimmungen unterschiedlich geregelt. Hier wird dann das
lex specialis Vorrang haben.
SPG ist lex specialis, weil VwGVG ganz allgemein von einer Verhaltensbeschwerde
spricht und das SPG in §88 Abs. 2 eine besondere Verhaltensbeschwerde normiert
und genau für diese auch eine spezielle Frist mitregelt.
Die Frist zur Einbringung der Beschwerde beträgt also 6 Wochen.

Gem. §88 Abs.4 SPG sind die Beschwerden direkt beim Landesverwaltungsgericht
einzubringen. SPG ist wieder lex specialis.
Aber auch gem. §20 VwGVG ist die Beschwerde gegen die AuvBZ unmittelbar beim
Landesverwaltungsgericht einzubringen.

Beschwerdeinhalt gem. §9 VwGVG:


- Belangte Behörde: Sicherheitspolizei ist ein Hilfsorgan einer Behörde und wird
somit der Sicherheitspolizei zugerechnet. Gem. §9 Abs. 4 VwGVG tritt bei
Beschwerden gegen AuvBZ anstelle der Bezeichnung der belangten Behörde
eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat
(Dienstnummer des Polizisten etc.)
- Sachverhalt
- Begehren: Feststellung der Rechtswidrigkeit
- Begründung.

Die Beschwerde ist zulässig.

2) Begründetheit: anderes Prüfungsschema beim SPG:


 §87 SPG: sicherheitspolizeiliche Maßnahmen nur, wenn SPG dies vorsieht
 §28a Abs. 2 SPG: Erfüllung ihrer Aufgaben
 §28a Abs. 3 SPG: Eingriff nur wenn andere Mittel nicht ausreichen

1) Gibt es eine polizeiliche Aufgabe? (Zuständigkeit)


Aufgaben der Sicherheitspolizei in §§19ff SPG geregelt (Ausnahme bei §28a, der bei
den Befugnissen steht).
Die Aufgabe wird hier in der Gefahrenerforschung gem. §28a SPG zur Feststellung
einer Gefahrenquelle liegen. Wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer
Gefahrensituation rechtfertigen, obliegt den Sicherheitsbehörden die
Gefahrenerforschung.

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Es ist allgemein bekannt, dass das Lokal vermutlich ein Umschlagplatz illegaler
Drogen ist. Ob dies stimmt, wissen wir nicht. Es gilt ein Gerücht auch als bestimmte
Tatsache, die es rechtfertigt zu überprüfen, ob hier eine Gefahr vorliegt.
Solang wir nicht wissen, dass wirklich eine Gefahr vorliegt, kommt die Gefahrabwehr
nicht in Frage.
Aufgabe: Gefahrenerforschung gem. §28a SPG

2) Gibt es eine Befugnis?


In §39 Abs. 1 SPG ist die Befugnis zur Betretung zur Abwehr eines gefährlichen
Angriffs oder zur Erfüllung einer allgemeinen Hilfeleistungspflicht normiert.
Unter „gefährliche Angriff“ iSd §21 SPG fällt gem. §16 Abs. 2 SPG auch der
Drogenhandel. Aber hier liegt kein gefährlicher Angriff vor, da garnicht bestätigt ist,
dass hier wirklich Drogen verkauft werden. In §39 liegt aber keine Befugnis zur
Gefahrenerforschung.

Es liegt keine Befugnis zur Gefahrenerforschung vor.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Gem. §28 Abs 6 VwG hat das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren wegen


AuvBZ diese Befehls- oder Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und
gegebenenfalls aufzuheben.
Spruch des VwG: Es wird festgestellt, dass der Puck durch das Betreten durch die
Polizisten des Lokals in seinem Eigentumsrecht verletzt wurde.

 Daher bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit durch das VwG:


- Wegen generalpräventiver Wirkung
- Für persönliche Genugtuung, dass diese Handlung verboten war.
- Vorteil im Zivilprozess (zB bei Amtshaftung, Rufschädigung)

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