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Rechtsstreite

Subjektiver TB (Handlungsunwert)
H.M.: festzustellen, dass dem Wollen notwendig das Wissen vorausgehen muss. Ein
Täter muss erst etwas wissen, bevor es einen entsprechenden Willen entwickeln
kann.

Bedingter Vorsatz (dolus eventualis) – schwächste Form des Vorsatzes: streitig, ob


voluntative und kognitive Elemente erforderlich sind.

- Einigkeit, dass Täter den Erfolgseintritt für möglich gehalten haben muss
(kognitives Element). Strittig, ob voluntatives Element erforderlich ist.
o Literatur: teilweise ausschließlich auf Wissensseite (kognitiv) abgestellt. =
Wahrscheinlichkeitstheorie & Möglichkeitstheorie
o Rechtsprechung: Einwilligungs- oder Billigungstheorie – stellt auf Wollensseite
(voluntativ) des Täters ab. Danach muss der Täter den Erfolg, wie bei der
bewussten Fahrlässigkeit auch, lediglich für möglich halten. Entscheidend für den
Vorsatz ist aber, dass der Täter diesen für möglich gehaltenen Erfolg gebilligt
oder billigend in Kauf genommen hat (Billigungstheorie) „Na, wenn schon!“.
Es reicht aus, wenn dem Täter der Erfolg zwar unerwünscht ist, er sich aber mit
dessen Eintritt abfindet. (gleicher Meinung die herrschende Literatur vertretene
Ernstnahmetheorie)
o Billigungstheorie setzt Möglichkeitstheorie voraus. Der Täter kann nur das
billigen, was er zuvor gewusst hat.
o = Je wahrscheinlicher obj. Der Erfolgseintritt ist, desto eher wird der BGH dem
Täter unterstellen, dass er diesen Erfolgseintritt billigend in Kauf genommen hat.
o Klausur: Begnügen sie sich mit der oben dargestellten Unterscheidung zwischen
den Theorien, die nur das Wissenselement verlangen und der h.M., die
zusätzlich das Wollenselement verlangt. Sofern sie sich für die h.M. entscheiden,
wird ihre Aufgabe dann vornehmlich darin liegen, aufgrund einer
nachvollziehbaren Argumentation darzulegen, warum ein Täter, der die
Möglichkeit des Erfolgseintritt gekannt hat, mit dolus eventualis und nicht mit
bewusster Fahrlässigkeit gehandelt hat (anhand obj. Umstände des Sachverhalts
orientieren) – vor allem bei Tötungsdelikten ist die Hemmschwelle hoch
 P: Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit
 Unbewusste Fahrlässigkeit: Täter kennt die Möglichkeit der
Tbsverwirklichung nicht.
 Bewusste Fahrlässigkeit: Täter hält nach h.M. die TBsverwirklichung für
möglich, vertraut aber darauf, dass sie nicht eintreten werde. „Es wird
schon gut gehen!“
i. Alternativer Vorsatz
 Wenn der Täter bei Vornahme einer Handlung nicht sicher weiß, ob er durch
diese Handlung zwei unterschiedliche TB oder Erfolge verwirklichen wird, jedoch
beide Möglichkeiten in Kauf nimmt.
 H.M.: muss in allen Fällen der vorliegenden Art unter Bejahung von
Idealkonkurrenz wegen aller erfassbaren Delikte bestraft werden.
 Andere Auffassung: Täter nur wegen des schwereren Deliktes bestraft werden,
weil er nur eine Rechtsgutverletzung wolle, auch wenn er beide in Kauf nehme.
 3. Auffassung: Sofern die Delikte annähernd eine gleiche Schutzrichtung &
Tatschwere haben, soll der Täter nach dem verwirklichten Delikt bestraft werden,
das versuchte Delikt soll in Gesetzeskonkurrenz zurücktreten.
 Klausur: Prüfung des objektiv verwirklichten Deliktes beginnen. Sofern dieses
das mildere Delikt ist, muss der o.g. Streit schon im subj. TB diskutiert werden,
da einer Auffassung zufolge bezüglich dieses Delikts der Vorsatz zu verneinen
wäre. Sofern es das schwere Delikt ist, können sie den Vorsatz ohne große
Diskussion bejahen. Der Streit wird dann bei der nachfolgenden Prüfung des
Versuchs im Tatentschluss dargestellt.

Irrtum über den Kausalverlauf (ungeschriebenes TBsmerkmal)


o Vorsatz muss auch den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Umrissen
erfassen.
o H.M.: nur solche Abweichungen zwischen dem vorgestellten und dem
wirklichen Kausalverlauf wesentlich, die außerhalb der Grenzen des
nach allg. Lebenserfahrung Vorhersehbaren liegen und die eine andere
Bewertung der Tat rechtfertigen. Alle anderen Abweichungen werden als
unwesentlich betrachtet.
o Klausur: sie gelangen in der Klausur häufig nicht mehr zu dieser
Irrtumsproblematik, da die atypischen Geschehensläufe bereits im
Rahmen der obj. Zurechnung berücksichtig wurden und diese
unterbrochen haben. Haben sie den Geschehensablauf nicht als atypische
bewertet, dann ist er in aller Regel auch vom Vorsatz umfasst. Es reicht
dann aus, dass dieser den Kausalverlauf nur in seinen wesentlichen
Zügen erfassen muss.
o BGH: prüft obj. Zurechnung bei den Vorsatzdelikten nicht. -> verlegt die
Prüfung des regelwidrigen Kausalverlaufs in den Vorsatzbereich und fragt
unter Zugrundelegung der Maßstäbe der Adäquanzbeurteilung sowie der
Kriterien der obj. Zurechenbarkeit danach, ob nach der allg.
Lebenserfahrung, der generellen Voraussehbarkeit & der fehlenden
Risikoverwirklichung bei atypischen Geschehensabläufen der
Geschehensablauf im konkreten Fall noch vom Vorsatz umfasst ist.

Aberratio ictus
 Angriffs- und Verletzungsobjekt nicht identisch (anderes Objekt getroffen als das
der Täter treffen wollte)
 H.M.: unabhängig davon, ob eine Ungleichwertigkeit oder eine Gleichwertigkeit
der Objekte -> Zielobjekt = Versuch; ungewollten versehentliche Verletzung
des Zweitobjektes = Vollendung aber kein Vorsatz sondern aus Fahrlässigkeit
 Gegenteilige Auffassung: bei tb-licher Gleichwertigkeit der Objekte = vollendete
vorsätzliche Tötung anzunehmen (Gleichwertigkeitstheorie); Täter nimmt
Gattungseinordnung vor und das getroffene Objekt stimmt mit dem anvisierten
Objekt gattungsmäßig überein. -> Streit unerheblich, wenn dem Täter auch
hinsichtlich des getroffenen Objekts dolus eventualis vorgeworfen werden kann.

Aufeinandertreffen von Aberratio ictus und Error in persona


 Trotz eines Irrtums letztlich doch das Objekt getroffen wird, welches der Täter
ursprünglich treffen wollte.
 Wenn der error in persona unbeachtlich sein soll, dann heißt das, dass sich der
Vorsatz des Täters auf die Person konkretisiert hat, die er zum Zeitpunkt der
Vornahme der Tathandlung als Angriffsobjekt anvisiert hat. Trifft er nun nicht
diese Person, sondern einen Dritten, dann fallen Angriffs- und Verletzungsobjekt
auseinander = Aberratio ictus liegt vor (Distanzfälle, z.B. aus der Distanz
schießen)
 H.M.: unbeachtlicher error in persona – Wenn der Täter sich nicht durch sinnliche
Wahrnehmung selber um die Individualisierung kümmere, sondern diese letztlich
dem Zufall überlasse, trägt der Täter ein Individualisierungsrisiko = Täter haftet
aus vollendeten Vorsatzdelikt (erst recht, wenn Täter sich bei der mittelbaren
Individualisierung irrt).

Rechtfertigungsgrüne = Erlaubnisnormen
- Recht zum Eingriff, Opfer hat Angriff zu dulden -> Keine Notwehr gegen
Notwehr
Rechtsstreit 1
- Umstritten, ob Erlaubnisnormen genauso wie Verbotsnormen sich aus obj.
Und subj. Elementen zusammensetzen
o H.M.: Ja, denn eine tb-mäßige Handlung ist dann gerechtfertigt, wenn
die obj. Voraussetzungen des RFG1 gegeben sind und der Täter
hinaus in Kenntnis und aufgrund der rechtfertigenden Sachlage
gehandelt hat = Lehre von den subj. Rechtsfertigungselementen (zur
Notwehr §32 gehört demnach ein Verteidigungswille, zum
Festnahmerecht der Wille, den Täter der Strafverfolgung zuzuführen)
o Vereinzelt in der Literatur: Nein
- Streitig ist, ob insoweit das Wissenselement, also die Kenntnis der RFG
ausreicht oder ob darüber hinaus auch ein Willenselement erforderlich ist
(aufgrund der RF-Grundlage handeln wollen und nicht aus anderen Motiven)
o Teilweise; Erfordernis eines Willenselement läuft auf ein
Gesinnungsstrafrecht hinaus, da nur der Täter straffrei sei, der auch
„Gutes“ wolle
o H.M.: Täter muss aufgrund der Verteidigungslage handeln
Notwehr
- Prinzip des überwiegenden Interesses (Schutzprinzip und
Rechtsbewährungsprinzip)
1
Rechtfertigungsgrund
- Nothilfe durch den Staat (finaler Rettungsschuss)
o Strittig, ob ein Beamter sich auf §32 berufen darf
 Teilweise in Literatur: nicht möglich, Polizeigesetze der
jeweiligen Länder spezieller, sofern es sich um hoheitliche
Eingriffe handele, da diese einer besonderen öffentlichen-
rechtlichen Ermächtigung bedürften (meistens nicht der Fall)
 Teilweise: Ausnahme für Selbstverteidigungszwecke, hier soll
sich ein Amtsträger auf §32 berufen können, da die
Selbstverteidigung nicht zu den hoheitlichen Aufgaben zähle
 H.M.: §32 anwendbar, da andernfalls sich zwar jeder Dritte auf
§32 berufen könne, nicht aber dafür speziell ausgebildete
Polizisten
 NStZ 2005,31; Wessels/beulke/Satzger Strafrecht AT: Notwehr
zu eigenen Gunsten möglich (§32), wenn z.B. ein
Polizeibeamter angegriffenen wird und sich mit der Schusswaffe
verteidigt
- Nothilfe zu Gunsten des Staates: Angriff auf Rechtsgüter des Staates
o Individualrechtsgüter z.B. Eigentum an Notrufsäulen, §32 anwendbar
o Universalrechtsgüter z.B. Bestand und die Funktionsfähigkeit des
Staates, §32 nicht anwendbar, aber §34
- Angriff durch Unterlassen
o Strittig, ob ein Angriff auch in einem Unterlassen liegen kann
 Teilweise Literatur: Nein, denn der Begriff „Angriff“ setzt ein
aktives Tun voraus
 H.M.: möglich, sofern den Unterlassenden eine Rechtspflicht
zum Handeln trifft; umstritten, ob irgendeine straf-oder
ordnungsrechtlich sanktionierte Pflicht genügt oder ob mit der
h.M. in Anbetracht der weitgehenden Eingriffsbefugnisse des
sich auf §32 Berufenden eine echte Garantenstellung i.S.d. §13
erforderlich ist
- Rechtswidrigkeit: wenn der Betroffene den Angriff nicht zu dulden braucht.
Streitig, ob nur auf den Erfolgsunwert ankommt oder ob auch der
Handlungsunwert eine Rolle spielt
o Teilweise: Verwirklichung eines Erfolgsunwertes als ausreichend
angesehen
o H.M.: Da jedoch gegenüber einem sorgfältig Handelndem kein
Rechtsbewährungsprinzip bestehe, verlangt die h.M. darüber hinaus
auch einen Handlungsunwert. Ein sorgfaltsgemäßes Verhalten stellt
dementsprechend keinen Angriff dar.
o Problematisch: inzidente Prüfungen, da der Angriff keinesfalls
rechtswidrig ist, wenn der Angreifer sich seinerseits auf einen RFG
berufen kann. In diesem Fall muss der Täter („Verteidiger“) den Angriff
dulden. (Keine Notwehr gegen Notwehr)

- Gebotenheit der Notwehrhandlung


o Art. 1 GG: Androhen von Folter
 Streitig: Teilweise RF unter Hinweis auf die Menschenwürde des
Opfers als Privatmann nicht Vertreter des Staates. Drohung
zulässig, Anwendung nicht
 Umstritten, ob Folterverbot auch auf Privatpersonen erstreckt;
Einige Literaturvertreter bejahen dies unter Berufung auf das
Völkerrecht und die Drittwirkung der Menschenwürde; dagegen
wird eingewandt, dass die Foltervebote nur an staatliche Organe
adressiert seien. Eine Einschränkung wird aber zur Vermeidung
von Umgehungsmöglichkeiten für den Fall anerkannt, dass
staatliche Hilfe zur Verfügung steht, den Organen aber die
Hände gebunden sind.
o Besondere Umstände in der Person des Angreifers
 Beschränktes Notwehrrecht -> zurück- und ausweichen, wenn
keine Ausweismöglichkeit besteht = defensive Schutzwehr
before zurückschlagende Trutzwehr (nur unter größtmöglicher
Schonung des Angreifers) – Fall: Irrtum einer Vergewaltigung
beim Filmdreh

 H.M.: Einschränkung des Notwehrrechts auch unter Personen


mit engen persönlichen Beziehungen, die aufgrund ihrer
Beschützergarantenstellung dem anderen gegenüber in
besonderer Weise verpflichtet sind, so insb. Ehegatten (z.b. bei
Gefahr von leichter Körperverletzung) = Misshandlungen
intensiver Art müssen hingegen keinesfalls geduldet werden
 Teilweise Literatur: Notwehrbeschränkung nur bei intakten
Beziehungen, da sich andernfalls ständig drangsalierte
Ehepartner nicht angemessen zur Wehr setzen können
 Verteidigung bei polizeilichen Maßnahmen, wenn Beamter nicht
offensichtlich amtsmissbräuchlich o. bösgläubig handelt und
durch die Vollstreckung kein irreparabler Schaden droht
 Regel: Ausweichen, passive Schutzwehr, danach aktive
Trutzwehr
o Besondere Umstände in der Person des Angegriffenen
 Notwehrprovokation: Verhalten des Angegriffenen vor dem
Angriff
 Absichtlich herbeigeführte Provokation: Täter
provoziert und beabsichtigt dabei den Angriff, um
unter den Deckmantel der Notwehr zu schlüpfen
 Unabsichtlich herbeigeführte Provokation: Täter
provoziert vorwerfbar/rechtswidrig und verursacht
unbeabsichtigt den Angriff
 Umstritten, welche Rechtsfolge die
Absichtsprovokation nach sich zieht
 Eine Ansicht: Provokateur soll Angriff
zunächst ausweichen, wenn unmöglich, soll
das Notwehrrecht erhalten bleiben
 H.M.: Notwehrrecht fällt gänzlich weg
 MDR 1954, 33; BGH 1983, 854: Die
Verteidigung wird als rechtsmissbräuchlich
angesehen, weil in Wahrheit der Verteidiger
der Angreifer sei und von daher kein
Rechtsbewährungsinteresse mehr bestehe
(NStZ 1983, 452). -> Problematisch, wenn der
Provozierte mehr tut, als der Provozierende
erwartet hat = Notwehrrecht entfällt nur auf die
Folgen des beabsichtigten Angriffs. Der
darüber hinaus gehende Exzess stellt dann die
Folge einer isnofern unbeabsichtigten
Provokation dar.
 Unabsichtlich: fahrlässige Notwehrprovokation

 Teilweise: lehnt Notwehrbeschränkung ab


 H.M.: uneingeschränkte Verteidigung wäre
rechtsmissbräuchlich
 Anforderungen an Qualität des Vorverhaltens
sind unterschiedlich:
 Rechtsprechung: sozialethisch
vorwerfbares Vorverhalten reicht aus,
um Notwehrbeschränkung zu
begründen, sofern dieses Vorverhalten
seinem Gewicht nach einer schweren
Beleidigung kommt“
 H.M.: liegt eine unabsichtlich provozierte
Notwehrlage vor, so ist das
Rechtsbewährungsinteresse verringert
mit der Folge, dass wieder das „3 Stufen
Modell“ in Kraft tritt (Ausweichen,
Schutzwehr, Trutzwehr)
 Maß der Beschränkung richtet sich nach der
Kampflage und der Vorwerfbarkeit des
Vorbehaltens: Je schwerer das Übel ist, das
dem Angegriffenen droht, desto geringer sind
die Beschränkungen
 Streitig ist, ob in den Fällen, in denen die
unmittelbar zum Erfolg führende Handlung
gem. §32 gerechtfertigt ist, an das
provozierende Vorverhalten angeknüpft werden
kann und jedenfalls eine Bestrafung aus einem
Fahrlässigkeitsdelikt in Betracht kommen
könnte.
 Vereinzelt: actio illicita in causa –
Verteidigungshandlung zum Zeitpunkt der
Auseinandersetzung grundsätzlich durch
Notwehr gerechtfertigt, für die Strafbarkeit
wird allerdings an das Vorverhalten des
Täters angeknüpft. Je nachdem, ob er die
spätere Verletzung vorhergesehen hat oder
hätte vorhersehen müssen, soll eine
Bestrafung aus vorsätzlichem oder
fahrlässigem Unrecht erfolgen
 BGH: fahrlässige Tötung, weil A durch
seinen Angriff sorgfaltspflichtig und
vorhersehbar die Gefahr der späteren
tödlichen Auseinandersetzung geschaffen
habe. Damit hat er sich des
Rechtsgedankens der actio illicita in causa
bedient.
 H.M.: dass letztlich auch derjenige
Angreifer, der aufgrund einer provozierten
Situation gehandelt hat, sich
eigenverantwortlich selbst gefährde und
deshalb diese Selbstgefährdung nach dem
allg. Zurechnungsregeln nicht dem
Verursacher angelastet werden könne.
Rechtfertigender Notstand, §34
- Konfliktsituation zwischen zweier rechtlich geschützter Interessen und erlaubt
grundsätzlich die Verletzung des von der Rechtsordnung geringer bewerteten
Interesses, wenn der Täter nicht anders handeln kann, um das höherwertige
Interesse zu schützen
- Abwägung zwischen beiden Rechtsgütern erforderlich (Verhältnismäßigkeit)
- Leib, Leben, Freiheit, Ehre und Eigentum -> auch Rechtsgüter der
Allgemeinheit schutzfähig

- prognostisches Element: Beurteilung der Gefahr, ob eine bestimmte Situation sich zu


einem Schaden weiter entwickeln wird, erfolgt nach überwiegender Auffassung ex
ante.
- Umstritten, ob dabei auf die Sicht eines obj. Betrachters o. aber auf tatsächliche
Umstände abzustellen ist.
o H.M. auf das sachkundige Urteil eines obj. Beobachters abzustellen, wobei
neben dem generellen Erfahrungswissen auch etwaiges Sonderwissen des
Notstandstäters zu berücksichtigen sein soll. Sofern dieser sachkundige
Dritte eine Gefahr annimmt, kann das obj. Merkmal „Gefahr“ bejaht werden.
Für einen Erlaubnistb-irrtum ist dann kein Raum
o Andere Auffassung: beim Wahrscheinlichkeitsurteil an Umstände
anzuknüpfen, die zum Handlungszeitraum tatsächlich vorlagen und die als
Anknüpfungspunkt für die Prognose eines zu erwartenden Geschehens
dienen. Die Gefahrprognose soll objektiviert werden. Sofern also nach
sachkundigem Urteil eine Gefahr besteht, die tatsächlich aber nicht gegeben
ist, soll anders als nach der vorgenannten Auffassung (h.M.) bereits dieser
Fall nach den Regeln des Erlaubnistb-irrtum zu lösen sein.

Notstandshandlung
- Angemessenheit (Rechts- und sozialethische Bewertung der Tat)
o Verstoß gegen oberste Rechtsprinzipien
 Nötigungsnotstand ist, wenn ein Dritter durch eine Nötigung eine
Gefahr für den Genötigten hervorruft, durch welche dieser zu
einem Eingriff in Rechtsgüter Unbeteiligter gezwungen wird (A
zwingt B mit geladener Pistole, C im Keller einzusperren, zu
Gunsten B liegt ein Entschuldigungsgrund gem. §35 vor, aber
kein RFG nach §34, sonst dürfte C sich nicht gegen B
rechtmäßig wehren)
 H.M.: Tat, die im Nötigungsnotstand begangen wird, nicht
gerechtfertigt, da auch hier das Interesse an der Wahrung allg.
Rechtsprinzipien und oberster Rechtswerte eine Rechtfertigung
ausschließt. Wäre der Genötigte gerechtfertigt, dann wäre es
dem Unbeteiligten nämlich nicht möglich, sich gegen den Angriff
zu wehren. Denkbar ist in solchen Fällen aber eine
Entschuldigung über §35
 Andere Auffassung: Genötigte verdient die Solidarität der
Rechtsgemeinschaft, so dass eine Berufung auf §34 möglich
sein soll

Selbsthilfe und vorläufige Festnahme


Vorläufige Festnahme:
- Jedermann befugt, einen anderen festzunehmen, wenn dieser auf frischer Tat
betroffen o. verfolgt ist
- Umstritten, ob die Straftat tatsächlich begangen worden sein muss o. ob es
ausreicht, dass dringender Tatverdacht besteht.
o Rechtsprechung: reicht aus, wenn dringender Tatverdacht vorliegt
o Literatur: Straftat wirklich begangen sein muss, weil Polizeibeamten
und der Staatsanwaltschaft bei Abs. 2 bereits bei dringendem
Tatverdacht ein Eingriffsrecht zugesteht. Irrtum wird über Regeln des
Erlaubnistb-irrtums gelöst

Rechtfertigende Einwilligung und mutmaßliche Einwilligung


- h.M.: lediglich Voraussetzung, dass der Betroffene in der Lage war, einen
entsprechenden Willen zu bilden, d.h. es reicht die natürliche Willensfähigkeit.
Unerheblich ist, dass das tb-ausschließende Einverständnis vorliegend durch
Täuschung erschlichen wurde.
- München NJW 1972; SK-Rudolph §123 Rn.18: wonach von einem tb-
ausschließenden Einverständnis nur dann ausgegangen werden könne, wenn
die Willensbildung nicht durch Täuschung oder Nötigungsdruck
gekennzeichnet sei.
- Ausreichend und entscheidend ist allein, dass das tb-ausschließende
Einverständnis zum Zeitpunkt der Tatbegehung vorliegt
- Sofern der Täter irrtürmlich davon ausgeht, das erforderliche Einverständnis
liege vor, befindet er sich in einem Irrtum gem.§16 Abs1 S.1, welcher den TB-
vorsatz entfallen lässt. Liegt umgekehrt das tb-ausschließenden
Einverständnis vor, welches der Täter jedoch nicht kennt, so ist der obj. TB
nicht verwirklicht, es kommt eine Strafbarkeit wg. Untauglichen Versuchs in
Betracht
Die rfg Einwilligung

o Frei von Täuschung, Drohung und Zwang


 Bei einem täuschungsbedingten Irrtum ist umstritten, welcher Art der Irrtum sein
muss

- Engen Auffassung: es stehen nur solche Irrtümer einer rfg Einwilligung entgegen, die
rechtsgutsbezogen sind. Dies soll der Fall sein, wenn das Opfer über Art, Umfang
oder Schwere des Eingriffs irrt. Damit zieht der rechtsgutsbezogene Ansatz den Kreis
wirksamer Einwilligungen sehr weit und versagt in Fällen der erschlichenen
Organspende.
- H.M.: jeder wesentliche, täuschungsbedingte Irrtum bedingt einen relevanten
Willensmangel, der die Einwilligung unwirksam werden lässt. Damit sind auch solche
Einwilligungen unwirksam, die auf einem Motivirrtum beruhen. Diese Auffassung
beruft sich darauf, dass mit der Einbeziehung dieser Irrtümer das
Selbstbestimmungsrecht des Opfers am besten geschützt sei. (§223)
- Bei ärztlichen Heileingriffen muss der Patient über Art, Umfang, Gefahren, Folgen
und Ziele der Operation oder sonstigen med. Maßnahme aufgeklärt worden sein,
damit die Einwilligung wirksam ist.
o Nach h.M.: ein Heilangriff ist eine Körperverletzung, ist aber gerechtfertigt
sofern der Patient eingewilligt hat – frei von Täuschung (fehlerhafte,
lückenhafte Erklärung über med. Eingriff)
BGH: hypothetische Einwilligung = zivilrechtliche Arzthaftungsrecht entwickelte Rechtsfigur,
mit der Aufklärungsmängel „geheilt“ werden können. Danach sollen Aufklärungsmängel im
Rahmen der Einwilligung dann unbeachtlich sein, wenn der Patient auch bei einer den
Anforderungen genügende Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte. Einige
Literaturvertreter wenden diese Rechtsfigur an
- Jäger

Eine solche „ex post“ Klärung birgt vom psychologischen Ansatz her Probleme, da man
hypothetisch nach erfolgter Operation kaum wird klären können, ob man zuvor eingewilligt
hätte. -> Sperrwirkung der tats. Einwilligung gegenüber der mutmaßlichen Einwilligung
unterlaufen und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten geschwächt. Aus diesem Grund
wird dieses Rechtsinstitut in der Literatur zum großen Teil abgelehnt!

Die mutmaßliche Einwilligung


- Subjektiv muss wiederum der Wille vorliegen, im Sinne des
Einwilligungsberechtigten und aufgrund der mutmaßlichen Einwilligung zu handeln.
- H.M.: verlangt gewissenhafte Prüfung für die hypothetische Einwilligung
bedeutsamen Umstände durch den Täter

Irrtümer
- Nach h.M. setzen sich Erlaubnistb mithin, ebenso wie Unrechtstb, aus obj. Und subj.
Elementen zusammen

1. Täter handelt in Unkenntnis der Rechtfertigungslage


- Täter ist obj. Gerechtfertigt, weiß es aber nicht
- H.M.: subj. RF-element notwendig, damit der Täter gerechtfertigt sein kann
- Der Täter will sich nicht verteidigen, da er vom Vorliegen der obj.
Rechtfertigungslage nichts weiß
- Die Vertreter, die ein subj. RFG-element nicht fordern, gelangen zur Rechtfertigung
des Täters
- H.M.: verlangt das subj. RFG-element, beurreilt die Konsequenz des Fehlens
unterschiedlich
- Rechtsprechung & Teile der Literatur: lassen, weil die subj. Voraussetzungen der
Erlaubnisnorm eben nicht vorliegen, die Rechtfertigung einfach entfallen und
bestrafen wegen des vollendeten Delikts
- Gegenmeinung in Literatur: wendet die Versuchsregeln entsprechend an. Nach
dieser Ansicht wird der Erfolgsunwert (obj, TB) durch die obj. Rechtfertigungslage
kompensiert. Was ürbig bleibt, ist wie beim Versuch auch der Handlungsunwert, der
darin zum Ausdruck kommt, was der Täter will. Im obigen Diebfall wäre D wegen
versuchter Sachbeschädigung zu bestrafen. Erfolgsunwert liegt aufgrund der RFG-
lage nicht vor
o Zu Strafbarkeitslücken führt diese Auffassung allerdings, wenn der Versuch
straflos ist. In diesen Fällen kann aber argumentiert werden, dass der
Gesetzgeber das Handlungsunrecht dann eben nicht als strafwürdig
angesehen hat.
- Das Problem wird diskutiert bei dem Prüfungspunkt „subj. RFG-element“.

2. Täter ist ist obj. nicht gerechtfertigt, nimmt es aber irrig an


 Erlaubnistatbestandsirrtum: Täter ist obj. nicht gerechtfertigt, nimmt jedoch irrig an,
dass die tatsächlichen Voraussetzungen des RFG vorlägen
o Zunächst sämtliche infrage kommenden RFG (gründe) geprüft haben.
o Dann hypothetisch die gesamten obj. Vor. Des in Frage kommenden RFG
geprüft werden, ob also bei unterstellter Richtigkeit der tatsächlichen
Annahme des Täters ein z.B. gegenwärtiger rechtswidriger Angriff
vorgelegen hätte und ob dann die vom Täter tatsächlich vorgenommene
Verteidigung die erforderliche und gebotene Verteidigung gewesen wäre!
Erst wenn sie dies bejaht haben, können sie zu der Feststellung gelangen,
dass ein Erlaubnistatbestandsirrtum vorliegt und sich dann fragen, wie dieser
rechtlich zu behandeln ist.
o Diskussion zwischen Rechtswidrigkeit und Schuld als „Zwischenebene“ oder
in der Schuld
o Täter glaubt, sein Verhalten stehe im Einklang mit der Rechtsordnung, es
fehlt ihm die Einsicht Unrecht zu handeln
 Erlaubnisirrtum: Täter irrt sich in rechtlicher Hinsicht, RFG gibt es de facto nicht

Eingeschränkte Schuldtheorie
- H.M.: dem Täter, der sich in tatsächlicher Hinsicht irrt, wird die Nachlässigkeit und
mangelnde Aufmerksamkeit, die er an den Tag gelegt hat und die zu dem Irrtum
geführt hat, vorgeworfen. Diese Nachlässigkeit begründe allerdings einen
Fahrlässigkeitsvorwurf und keinen Vorsatzvorwurf.
- Einig, dass im Ergebnis die Bestrafung wegen vorsätzlicher Tatbegehung entfallen
muss und der Täter lediglich aufgrund des Irrtums wegen einer Fahrlässigkeitstat zu
bestrafen ist, sofern das Gesetz fahrlässige Begehung mit Strafe bedroht.
- Dieser eingeschränkten Schuldtheorie wird entgegengehalten, dass sie nicht zu
hinnehmbaren Ergebnissen bei der Strafbarkeit von Teilnehmern führe, da aufgrund
der Verneinung des Vorsatzes bzw, Vorsatzunrechts eine vorsätzliche rechtswidrige
Haupttat als Voraussetzung der Strafbarkeit des Teilnehmers fehle.
o Hiergegen wird allerdings von den Vertretern der soeben dargestellten
Theorie (Schuldtheorie) ausgeführt, dass die Fälle, in denen eine solche
Teilnehmerstrafbarkeit relevant werde, ausgesprochen selten seien. Erkenne
der Beteiligte den Irrtum des Handelnden, verstärke er ihn sogar oder rufe
ihn hervor, dann liege mittelbare Täterschaft kraft überlegenen Wissens vor.
Unterliege der Beteiligte demselben Irrtum, scheide auch seine Strafbarkeit
aus.
- Übrig bleiben Fälle, in denen der Beteiligte den Irrtum des Handelnden nicht erkennt
und selber nicht irrt
o Herrschend in Literatur (h.M.?): sog. Rechtsfolgenverweisende oder
vorsatzschuldverneinende eingeschränkte Schuldtheorie. Danach kommt
dem Vorsatz eine Doppelfunktion zu als Verhaltensform einerseits, zu prüfen
im subj. TB, und als Schuldform andererseits, zu prüfen in der Schuld. Als
Verhaltensform ist er Träger des Handlungsunwertes, als Schuldform ist er
Träger des Gesinnungsunwert.
 Handelt nun der Täter im Erlaubnistatbestandsirrtum, so entfällt nicht
der TB-vorsatz und damit der Handlungsunwert, sondern der
Vorsatzschuldvorwurf und das der Gesinnungsunwert. Der
Erlaubnistatbestandsirrtum wird nur in seinen Rechtsfolgen dem TB-
irrtum gleichgestellt. Eine Bestrafung wegen vorsätzlichem Unrecht
entfällt. Die Strafbarkeit des Teilnehmer bleibt unberührt, da der TB-
vorsatz und damit die vorsätzliche rechtswidrige Tat bestehen
bleiben.
 Im Hell’s Angels Fall hat der BGH von der Verneinung der
Vorsatzschuld gesprochen, was daraufhin deuten könnte, dass er sich
nunmehr der rechtsfolgenverweisenden Schuldtheorie angeschlossen
hat
Lehre von den neg. TB-Merkmalen
- Folgt entgegen der h.M., einem zweistufigen Deliktsaufbau. Das Unrecht einer
Straftat wird danach zum einen durch die Verwirklichung der im TB positiv
umschriebenen Vor. (pos. TB-merkmale) und zum anderen durch die
Nichtverwirklichung von RFG (neg. TB-merkmale) konstituiert. TB-mäßigkeit und
Rechtswidrigkeit werden zu einem Gesamtunrechtstb zusammengefasst. Daneben
ist die Schuld zu prüfen.
- Zum Vorsatz gehören entsprechend dem Deliktsaufbau die Kenntnis der positiven
und die Vorstellung vom Fehlen der neg. TB-Merkmale. Fehlt letztere, so ist gem.§16
Abs1 (unmittelbar angewendet) der Vorsatz zu verneinen.
- Auch dieser Lehre wird entgegengehalten, dass eine Bestrafung der Teilnehmer nicht
möglich ist und dies zu Ergebnissen führen kann, die mit dem Rechtsempfinden nicht
verneinbar sind, Zudem entspricht der gewählte Aufbau nicht der gesetzgeberishen
Intention, was sie an den Formulieren in §§32 und 34 erkennen können: „nicht
rechtswidrig“. Hätte der Gesetzgeber einen zweistufigen Aufbau vor Augen gehabt,
hätte er geschrieben „nicht tatbestandsmäßig“.

Erlaubnisirrtum
- Strenge Schuldtheorie behandelt den Erlaubnisirrtum wie den
Erlaubnistatbestandsirrtum über §17. Zu demselben Ergebnis gelangen hier auch die
anderen Meinungen, die ebfalls §17 anwenden und nur danach fragen, ob der Irrtum
vermeidbar war. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Täter bei Anspannung seines
Gewissens und/oder durch Einholung von Rechtsrat hätte erkennen können, dass er
unrecht handelt.

Der Doppelirrtum
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