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Strafrecht Allgemeiner Teil

Aufbau der Prüfung – Aufbau einer Straftat am Beispiel des vorsätzlichen Begehungs-
delikts
- 4 Stufen: Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld und Strafe.
I. Tatbestand
- Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs, Handlung, Kausalität, objektive Zurechnung und Vorsatz
1. Erfolg
- Realisierung des tatbestandsmäßigen Erfolgs
2. Handlung
- verursachendes Element
- jedes menschliche, körperliche, vom Willen getragene oder von diesem beherrschbare Verhalten
3. Kausalität
- Äquivalenztheorie: jede Handlung ist kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass
der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele
→ sehr weit, daher eingeschränken
→ 4 Formen unterscheiden:
a) Überholende Kausalität
- Kausalstrang eröffnet, dieser aber von einem anderen Kausalstrang einer anderen Person eingeholt
wird
→ Beispiel: A gibt mit Tötungsvorsatz langsam wirkendes Gift in den Becher des X. Das Gift wür-
de tödlich wirken. Bevor das Gift seine tödliche Wirkung zeigt, erschießt B den X. Es mangelt für
eine Bestrafung nach dem vollendeten Delikt an der Kausalität. Allerdings ist A wegen Versuchs zu
bestrafen.
b) Anknüpfende Kausalität
- Kausalstrang eröffnet, welcher von einem anderen fortgeführt wird (auch fortwirkende Kausalität
genannt)
→ Beispiel: A schießt mit Tötungsvorsatz auf X und verletzt diesen. B findet den X und gibt den
Gnadenschuss ab. Hier liegt Kausalität vor, aber die objektive Zurechnung muss wegen des Eingrei-
fen Dritter in das Geschehen verneint werden. Es bleibt bei der Versuchsstrafbarkeit.
c) Kumulative Kausalität
-zwei Kausalstränge wirken zusammen addiert und nur beide zusammen können den Erfolg bewir-
ken
→ Beispiel: A und B geben unabhängig Gift in den Tee des X. Dieser trinkt den Tee und ist tot. Im
Nachhinein stellt sich heraus, dass die jeweils gereichte Giftmenge nicht für den Tod des X ausge-
reicht hätte. Wiederum ist die Kausalität zu bejahen, aber die objektive Zurechnung wegen des Ein-
greifens Dritter in das Geschehen zu verneinen. Es bleibt bei der Versuchsstrafbarkeit.
d) Alternative Kausalität
- mindestens zwei Kausalstränge bewirken unabhängig voneinander den Erfolg
→ Beispiel: A und B geben Gift in das Glas Wein des X, der den Wein trinkt und daran stirbt. Es
stellt sich heraus, dass jede Giftmenge für sich für den Tod ausgereicht hätte. Die Kausalität liegt
somit vor. Allerdings muss die Betrachtung der Kausalität vorliegend abgewandelt werden und lau-
tet: Wenn mehrere zeitgleich wirkende Bedingungen, welche zwar alternativ, aber nicht kumulativ
hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, so ist jede Bedingung für den Erfolg
kausal.
4. Objektive Zurechnung
- wenn der Täter eine rechtlich relevante Gefahr schafft und diese sich in typischer Weise im Erfolg
niederschlägt
- objektiv zurechenbar, wenn Täter eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat und sich diese im
Erfolg typischerweise niedergeschlagen hat.
a) Rechtlich relevante Gefahr
- entfällt immer dann (damit auch die objektive Zurechnung) wenn ein sozialadäquates Verhalten
vorliegt oder eine Risikoverringerung besteht
→ Beispiele: A begibt sich mit einer Erkältung in eine Menschenmenge, wobei sich jemand an-
steckt. C will mit einem Baseballschläger auf den Kopf des D schlagen. E greift in den Schlagarm
und lenkt den Schlag auf die Schulter des D um. Dieser erleidet eine Schulterverletzung. In beiden
Fällen ist die objektive Zurechnung zu verneinen.
b) Gefahrzusammenhang
- entfällt, wenn ein Dritter in das Geschehen eingreift,
- eine bewusste Selbstgefährdung vorliegt oder
- es sich um einen atypischen Kausalverlauf handelt
→ Beispiele: A fährt dem X über den Fuß. Dieser erleidet einen komplizierten Bruch und muss ins
Krankenhaus gebracht werden. Auf dem Weg dorthin wird der Fahrer des Krankenwagen erschos-
sen, der Wagen verunglückt und X stirbt. Die objektive Zurechnung entfällt in diesem Fall, da ein
Dritter in das Geschehen eingegriffen hat. Kommt X im gleichen Fall im Krankenhaus an, verlässt
dieses aber gegen ärztlichen Rat und bricht daraufhin verletzt zusammen, entfällt die objektive Zu-
rechnung wegen einer bewussten Selbstgefährdung. Beide Beispiele dienen zugleich der Veran-
schaulichung des atypischen Kausalverlaufs, der immer dann vorliegt, wenn ein späteres Geschehen
außerhalb der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit liegt. Auch hier ist die objektive Zurechnung
zu verneinen. Diese Fallgruppen, welche die objektive Zurechnung entfallen lassen, sind nicht ab-
schließend.
5. Vorsatz
- Wissen und Wollen im Hinblick auf die Verwirklichung sämtlicher objektiver Tatbestandsmerk-
male
- Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit wie auch spezielle Irrtümer
- drei verschiedene Formen
> Die Absicht (dolus directus 1. Grades)
> der direkte Vorsatz (dolus directus 2. Grades)
> der bedingte Vorsatz (dolus eventualis).
a) Absicht (dolus directus 1. Grades)
- Wollenselement im Vordergrund
- es kommt dem Täter gerade auf den Eintritt des Erfolgs an
b) Direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades)
- Wissenselement im Mittelpunkt
- Täter will den Erfolg nicht unbedingt
- hat aber sicheres Wissen darüber, dass dieser eintreten wird
→ Beispiel: das Befestigen einer Bombe innerhalb eines Passagierflugzeuges. Kommt es dem Täter
auf den Tod einer bestimmten Person an, so handelt er diesbezüglich mit Absicht. In Bezug auf die
anderen Passagiere handelt er aufgrund des sicheren Wissens mit direktem Vorsatz.
c) Bedingter Vorsatz (dolus eventualis)
- ggf. eine Abgrenzung von der bewussten Fahrlässigkeit nötig
Möglichkeitstheorie
- sog.non-voluntative Theorien
- bedingter Vorsatz gegeben, wenn nur das Wissenselement vorliegt, der Täter also die Möglichkeit
des Erfolgseintritts erkennt und dennoch handelt
Billigungstheorie (h.M.)
- aus einem voluntativen und einem kognitiven Element
- verlangt für das Vorliegen von bedingtem Vorsatz, dass die Möglichkeit des Erfolgseintritts er-
kannt und dieser billigend in Kauf genommen wird
- immer dann gegeben, wenn der Täter sich mit dem Erfolg abfindet, nicht jedoch, wenn er auf das
Ausbleiben des Erfolgs vertraut

Problem: Irrtümer im Vorsatz


1. Tatbestandsirrtum, § 16 I 1 StGB
- in § 16 I 1 STGB geregelt
- liegt vor, wenn der Täter ein Merkmal, das zum gesetzlichen Tatbestand gehört, nicht kennt
→ Beispiel: A nimmt eine fremde bewegliche Sache an sich, denkt aber, es sei seine eigene. Hier-
bei handelt es sich um einen Irrtum über das Merkmal fremd im Delikt des Diebstahls. Generell ist
bei dem Irrtum über Tatumstände stets die Prüfung des Fahrlässigkeitsdelikts zu prüfen, falls ein
solches existiert.
2. Irrtum über den Kausalverlauf und Irrtum über priviligierende Umstände
- in § 16 II StGB geregelt und setzt eine Privilegierungsnorm (Bsp. Widerstand gegen Vollstre-
ckungsbeamte oder Tötung auf Verlangen) voraus
- Täter stellt sich privilegierende Umstände vor und wird daher nach der privilegierenden Norm be-
straft.
- zwei Situationen unterscheiden
a) Grundfall
- Erfolg tritt zwar ein
- aber auf einem anderen Wege als vom Täter vorgesehen
- könnte bereits im Prüfungspunkt der objektiven Zurechnung bearbeitet werden
→ Beispiel: A stößt B mit Tötungsvorsatz von einer hohen Brücke. Dabei geht er davon aus, dass B
durch den Aufprall auf das Wasser sterben werde. B fällt von der Brücke, bleibt jedoch am Beton-
pfeiler der Brückenvorrichtung hängen und verstirbt auf diese Weise. Bei dem Irrtum über den Kau-
salverlauf kommt es darauf an, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Abweichung
handelt. Ist die Abweichung im Irrtum über den Kausalverlauf unwesentlich, entfällt der Vorsatz -
wie hier - nicht.
b) Zweiaktige Geschehensabläufe
- auch noch der Fall des zweiaktigen Geschehens
- wieder zwei Konstellationen unterscheiden
→ Versuch und Fahrlässigkeit
- ersten Akt vorsätzlich herbeigeführt, dieser bleibt allerdings im Versuch stecken
- zweiter Akt wird hingegen vollendet, aber fahrlässig ausgeführt
- Jauchegrube-Fall
→ Täter würgt eine andere Person mit Tötungsvorsatz, das Opfer überlebt und der Täter wirft die
vermeintliche Leiche in eine Jauchegrube, in welcher das Opfer verstirbt.
Eine Ansicht
- geht von zwei Akten aus
- nimmt versuchten Totschlag sowie fahrlässige Tötung an
Andere Ansicht (h.M.)
- einheitliches Geschehen
- aufgrund eines einheitlichen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs ist ein vollendeter Tot-
schlag anzunehmen
→ Fahrlässigkeit und Versuch
- erster Akt ist erfolgreich, wird allerdings fahrlässig begangen
- zu einem zweiten Akt kommt es gar nicht mehr
→ Tat bleibt allenfalls im Versuch stecken
→ Beispiel: Täter gibt Gift in den Tee des Opfers und plant, dass das Opfer den Tee trinkt, ohn-
mächtig wird, an einem anderen Ort erwacht, wo es ein Formular unterzeichnen soll und er das Op-
fer sodann erschießt. Tatsächlich wird das Opfer von dem Gift ohnmächtig, stirbt aber auf dem Weg
in die nächste Stadt. Es kommt daher weder zum Unterzeichen des Formulars noch zum Erschießen
des Opfers. Die herrschende Meinung prüft vorliegend ein vollendetes Delikt und dort innerhalb des
Vorsatzes den Irrtum über den Kausalverlauf. Innerhalb des Irrtums über den Kausalverlauf ist wie-
derum zu erörtern, ob eine wesentliche oder eine unwesentliche Abweichung vorliegt. Wesentlich
ist eine Abweichung im Irrtum über den Kausalverlauf, wenn der Täter mit dem ersten Akt noch
nicht unmittelbar zu dem vorgestellten zweiten Akt ansetzt, wenn also wesentliche Zwischenschritte
hierfür erforderlich sind. Im vorherigen Beispiel ist dies der Fall, sodass der Vorsatz entfällt.
3. Error in persona vel in objecto
- Identitätsirrtum über eine Person bzw. eine Sache.
- reiner error in persona bzw. error in objecto
- Identitätsirrtum über eine Person oder über eine Sache
→ Beispiel: A schießt mit Tötungsvorsatz auf B und denkt aber bei der Abgabe des Schusses, bei B
handele es sich um C. Es ist zunächst ein Totschlag an B zu prüfen und innerhalb des Vorsatzes zu
fragen, auf welche Weise sich der error in persona auswirkt. Der reine error in persona ist bei
Gleichwertigkeit von getroffenem und gedachtem Objekt unbeachtlich. Die Prüfung des Totschlags
hinsichtlich B geht mithin durch. Anschließend ist versuchter Totschlag in Bezug auf C, der eigent-
lich getötet werden sollte, zu prüfen. Hier müsste allerdings der Vorsatz verneint werden, da dieser
bereits einmal hinsichtlich B bejaht und damit verbraucht wurde. Eine erneute Bejahung des Vorsat-
zes würde hingegen dazu führen, dass man den Täter doppelt bestrafte, obwohl dieser nur einen
Menschen töten wollte. Dies hätte mithin keine sachgerechte Lösung zur Folge. Auch auf diesem
Wege wäre der Fall eines error in objecto zu lösen, beispielsweise die Sachbeschädigung des Autos
des B, wobei der Täter davon ausgeht, es wäre das Auto des C.
- Error in persona vel objecto
- Identitätsirrtum über eine Person (error in persona) mit dem Irrtum über eine Sache (error in ob-
jecto) kombiniert
→ Sache und Person verwechselt
→ Beispiel: A schießt mit Tötungsvorsatz auf einen Hund, glaubt aber bei Abgabe des Schusses, es
handele sich bei dem Hund um C, einen Menschen. Zunächst ist eine Sachbeschädigung (§ 303
StGB) an dem Hund zu prüfen. Innerhalb des Vorsatzes ist erneut zu prüfen, wie sich der Irrtum des
A (error in persona vel objecto) auswirkt. Dieses Mal handelt es sich um unterschiedliche Objekte,
die rechtlich ungleichwertig sind. Der error in persona vel objecto ist damit ein beachtlicher Irrtum,
welcher nach § 16 I 1 StGB den Vorsatz entfallen lässt. Allerdings ist anschließend ein Versuchsde-
likt am vorgestellten Objekt zu prüfen, welches üblicherweise bejaht wird. Ähnlich erfolgt die Prü-
fung im umgekehrten Fall des error in persona vel objecto (A schießt auf C und denkt, dieser sei ein
Hund). Hierbei wird der Totschlag an C aufgrund des nach § 16 I 1 StGB entfallenden Vorsatzes
scheitern, die versuchte Sachbeschädigung bezüglich des Hundes jedoch üblicherweise durchgehen.

4. aberratio ictus
- Fehlgehen der Tat
- ganz bestimmtes Objekt, eine Person oder eine Sache konkretisiert, der Schlag verfehlt jedoch sein
Ziel
a) Grundfall
Beispiel: A schießt mit Tötungsvorsatz auf B. Der Schuss geht daneben und trifft den dahinter oder
in der Nähe stehenden C. Bei der Prüfung des § 212 I StGB stellt sich innerhalb des subjektiven
Tatbestands die Frage, wie sich die aberratio ictus auswirkt. Hierbei ist die Rechtsfolge des Irrtums
umstritten.
Formelle Gleichwertigkeitstheorie
- der Vorsatz bleibt, wenn die Rechtsgüter formell gleichwertig sind
→ Wortlaut der Norm, wonach es auf die Tötung eines Menschen, nicht auf die Tötung eines be-
stimmten Menschen ankommt
Adäquanztheorie
- Bejahung des Vorsatzes, da es sich hierbei um den Unterfall eines Irrtums über den Kausalverlauf
handelt
- ist es dunkel, die Sicht schlecht oder besteht eine große Entfernung, liegt es nicht außerhalb jegli-
cher Lebenswahrscheinlichkeit, dass der Schlag fehlgeht.
Konkretisierungstheorie (h.M.)
- Vorsatz regelmäßig verneint
→ Täter hat den Vorsatz auf eine ganz bestimmte Person konkretisiert, daher sei es eine Fiktion,
diesen bezüglich einer anderen Person anzunehmen
→ nach Ablehnung des Vorsatzes wäre versuchter Totschlags an B und fahrlässige Tötung an C zu
prüfen
b) Abgrenzung error in persona / aberratio ictus
- fehlende sinnliche Wahrnehmung
- Sonderproblem der Abgrenzung der aberratio ictus vom error in persona vel objecto
→ Beispiel: A installiert eine Bombe an einem Auto und geht davon aus, ein bestimmter Politiker
werde das Auto am nächsten Morgen benutzen. Nach der Installation macht sich der A aus dem
Staub. Am nächsten Tag nutzt wider Erwarten die Ehefrau des Politikers das Fahrzeug und wird
durch die Detonation der Bombe getötet.
Eine Ansicht
- aberratio ictus, sodass der Vorsatz zu verneinen ist
→ Argument hierfür ist, dass es rechtlich keinen Unterschied machen kann, ob der Täter die Bombe
installiert oder wirft
Andere Ansicht (h.M.)
- keine aberratio ictus, sondern ein error in persona vor, sodass aufgrund der Gleichwertigkeit der
Objekte der Irrtum unbeachtlich ist & Vorsatz damit bestehen bleibt
→ Täter hat seinen Vorsatz auf die Person konkretisiert, die den Wagen betritt und genau diese ist
auch getötet worden
→ kriminalpolitische Erwägung, dass der Täter hochgefährliche Gegenstände aus der Hand gege-
ben und sich danach entfernt hat
5. Umgekehrter Tatbestandsirrtum
- Täter stellt sich Umstände vor, die objektiv gar nicht gegeben sind
-> Beispiel: A nimmt eine Sache mit und denkt, dass diese einem anderen gehöre. Tatsächlich ist es
seine eigene. Es liegt mithin ein sogenannter untauglicher, aber strafbarer Versuch vor.

6. Sonsitge subjektive Merkmale


- im Einzelfall, sonstige subjektive Merkmale
→ z.B. die Zueignungsabsicht beim Diebstahl erweitern
7. Tatbestandsannex
- objektive Bedingungen der Strafbarkeit
- Tatbestandsverschiebungen nach § 28 II StGB
II. Rechtswidrigkeit
- ist der Täter gerechtfertigt
- bestehen sogenannte Rechtfertigungsgründe (Bsp. Notwehr, rechtfertigender Notstand, §§ 32, 34
StGB).

Überblick - Rechtfertigungsgründe
- keine abschließende Anzahl von Rechtfertigungsgründen
- in vier Gruppen unterteilen

1. Aus dem StGB


- Notwehr (§ 32)
- rechtfertigender Notstand (§ 34)
- die wenig klausurrelevante Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen der Beleidigungsde-
likte (§ 193)
Aufbau der Prüfung - Notwehr, § 32 StGB
- Notwehrlage, Notwehrhandlung und Notwehr- bzw. Verteidigungswille
1. Notwehrlage
a) Angriff
- jede drohende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen
→ Beispiel: Leib, Leben, aber auch der Parkplatz.
b) Gegenwärtigkeit
- wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert.
c) Rechtswidrigkeit
- Angreifer seinerseits nicht gerechtfertigt ist
- ggf. inzident die Rechtfertigung des Angreifers
2. Notwehrhandlung
a) Erforderlichkeit
- zur Abwehr des Angriffs geeignet und das mildeste Mittel
aa) Geeignetheit
bb) Mildestes Mittel
- bei gleicher Eignung ein Mittel gewählt, dass per se milder ist als die anderen zur Verfügung ste-
henden Mittel
- beim Einsatz hochgefährlicher Gegenstände, wie bspw. bei einem Schusswaffeneinsatz, Abstu-
fung vornehmen
- Einsatz einer Schusswaffe üblicherweise vier Stufen beachten:
- Schusswaffengebrauch verbal androhen
- Warnschuss erfolgen
- auf Körperregionen geschossen werden, die nicht zu lebensgefährlichen Verletzungen führen
(Fuss, Knie)
- Abgabe eines tödlichen Schusses als ultima ratio zulässig
→ nur dann vornehmen, wenn dem Angegriffenen eine solche Möglichkeit verbleibt
→ Bspw. kann die Abgabe eines Warnschusses, wenn nur eine Patrone vorhanden ist, nicht zuge-
mutet werden
b) Gebotenheit
- nicht sozial-ethisch eingeschränk
- grundsätzlich erfolgt keine Einschränkung des Notwehrrechts
- fünf Fallgruppen der Einschränkung des Notwehrrechts herausgebildet
aa) Krasses Missverhältnis
- eingeschränkt, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen einzelnen Rechtsgütern besteht
→ Beispiel: Ein Junge, der Kirschen von dem Baum seines Nachbarn, welcher im Rollstuhl sitzt,
stiehlt, wird von dem Nachbarn erschossen. Hier steht das Rechtsgut Leben dem Eigentum an ein
paar Kirschen gegenüber.
bb) Angriff erkennbar schuldlos Handelnder
- bei Angriffen erkennbar schuldlos Handelnder
→ Beispiel: Angriffe von Kindern, Geistesgestörten oder Irrenden (Erlaubnistatbestandsirrtum/
Verbotsirrtum).
cc) Familie
- bei Vorfällen innerhalb der Familie oder bei sonst enger Verbundenheit eingeschränkt
→ Beispiel: bei Geschwistern oder Ehegatten
dd) Bagatellangriffe
- solche Angriffe, welche eine sehr geringe Rechtsgutsbeeinträchtung mit sich führen
→ Beispiel: ein leichtes Anrempeln/Umschubsen.
ee) Provokation
- Notwehrprovokation
- wohl klausurträchtigster Fall
- unterscheidet zwischen der Absichtsprovokation und der Fahrlässigkeitsprovokation
> Absichtsprovokation
- Verteidigende schafft eine Notwehrsituation sehenden Auges
- führt Notwehr herbei, um sich unter dem Deckmantel des § 32 StGB verteidigen zu können
- Notwehrrecht entfällt vollständig
> Fahrlässigkeitsprovokation

Problem - Fahrlässige Notwehrprovokation


→ Beispielsfall des BGH: Jemand parkt regelwidrig sein Fahrzeug auf einem Fahrrad- und Fußgän-
gerweg und sitzt noch im Auto. Ein Fußgänger kommt des Weges, ärgert sich über das Verhalten
des Autofahrers und tritt im Vorbeigehen gegen die Beifahrertür. Außer eines dumpfen Knalls ist
nichts weiter festzustellen. Insbesondere liegt keine Beschädigung des Wagens vor. Der Autofahrer
steigt sodann wutentbrannt aus, läuft dem Fußgänger hinter her, um ihn zu würgen. Der Fußgänger
kann sich nicht anders zur Wehr setzen als den Autofahrer zu erschießen, mithin ist die Erforder-
lichkeit seiner Handlung gegeben.
→ Eine Ansicht: Institut der actio illicita in causa
- actio illicita in causa („Handlung vorwerfbar in der Ursache“)
- Rechtfertigung für die vorsätzliche Tötung
- prüft und bejaht jedoch das Fahrlässigkeitsdelikt
- knüpft an das schuldhafte Vorverhalten, also die fahrlässige Notwehrprovokation an
- fahrlässige Notwehrprovokation führt hier zur Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung
→ Andere Ansicht (h.M.)
- Einschränkung des Notwehrrechts
- Täter muss zunächst ausweichen
- ist ihm dies nicht (mehr) möglich
→ Schutzwehr üben, also passiv gegenüber dem Angreifer auftreten (Beispiel: Warnschuss)
- nicht mehr im Rahmen des Möglichen
→ zur Trutzwehr übergehen, sich mithin aktiv verteidigen und damit auch notfalls einen Schuss ab-
geben
- sachgerechte Beschränkung der Notwehr aus kriminalpolitischen Gründen
- die erste Theorie umgehe die Wertung des § 32 StGB, wenn sie den gerechtfertigt Handelnden
wegen eines Fahrlässigkeitsdelikts bestrafe
3. Notwehrwille
- auch subjektives Rechtfertigungselement genannt
- Täter in Kenntnis der Notwehrlage handeln
Notwehrhandlung hat den Zweck der Verteidigung
- Problem der Rechtsfolge für den Fall, dass der Verteidigungswille fehlt

Aufbau der Prüfung - Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB


1. Notstandslage
a) Gefahr
- Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.
b) Gegenwärtig
- jederzeit in einen Schaden umschlagen kann
- Dauergefahr ausreichend
→ Beispiel: Belästigt und drangsaliert jemand eine andere Person über Wochen oder gar Monate ist
dies von § 34 StGB als Dauergefahr erfasst.
2. Notstandshandlung
a) Erforderlichkeit
- Gefahr nicht anders abwendbar
aa) Geeignetheit
bb) Mildestes Mittel
b) Interessenabwägung
- prüfen, ob das geschützte Interesse das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegt
(c) Angemessenheit, § 34 S. 2 StGB)
- spielt eine Rolle, wenn ein Eingreifen bestimmter Personengruppen – wie beispielsweise von Feu-
erwehr oder Polizei – vorliegt
- gewinnt eine Bedeutung, wenn Grundrechte betroffen sind
→ Beispiel: Eine Person liegt schwer verletzt im Krankenhaus und braucht dringend eine Bluttrans-
fusion, um zu überleben. Unglücklicherweise hat der Verletzte eine seltene Blutgruppe, welche das
Krankenhaus nicht vorrätig hat. Im Nebenzimmer liegt jedoch ein Patient mit derselben Blutgruppe.
Dieser weigert sich jedoch auf Nachfrage, einen halben Liter Blut zu spenden. Daraufhin wird ihm
zwangsweise Blut entnommen. In diesem Fall ist die Blutentnahme nicht gerechtfertigt, da sie ge-
gen Art. 1 GG verstößt.
3. Notstandswille
- subjektives Rechtfertigungselement

2. Aus dem BGB


- Defensivnotstand (§ 228)
- Aggressivnotstand (§ 904)
- allgemeine Selbsthilferecht (§ 229)
- Selbsthilferecht des Besitzers (§ 859)
- nicht abschließend

3. Aus der StPO

Aufbau der Prüfung - Festnahmerecht, § 127 StPO


A. Jedermannfestnahmerecht, § 127 I StPO
I. Festnahmelage
- setzt Festnahmelage voraus
1. Frische Tat
- eine Person auf frischer Tat betroffen oder verfolg
→ umstritten.
2. Betroffen oder verfolgt
- unmittelbar angetroffen oder kurz nach der Tat verfolgt wird.
3. Festnahmegrund
- abschließende Festnahmegründe
→ Fluchtverdacht
→ Umstand, dass die Feststellung der Identität nicht möglich
II. Festnahmehandlung
- Verhalten des Festnehmenden (Zupacken, Festhalten) von § 127 StPO gedeckt
- bei dem Erschießen einer Person zu verneinen
III. Festnahmewille
- subjektives Rechtfertigungselement zu prüfen.
B. Festnahmerecht für Polizei / StA; § 127 II StPO
I. Festnahmelage
1. Haft- oder Unterbringungsbefehl
- Vorliegen der materiellen Voraussetzungen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls
- ggf. eine inzidente Prüfung der §§ 112 ff. oder 126a StPO
2. Gefahr im Verzug
- liegt immer dann vor, wenn die Festnahme infolge der Verzögerung durch das Einholen eines
Haft- oder Unterbringungsbefehls gefährdet würde
II. Festnahmehandlung
III. Festnahmewille

Problem – Tat i.S.d. § 127 StPO


→ Beispiel: Der Eigentümer eines uralten Porsches aus den 70er Jahren parkt diesen nachts um drei
in einem Wohngebiet, kommt später angeheitert aus einer Kneipe und stellt fest, dass er seinen
Fahrzeugschlüssel verloren hat. Daraufhin versucht er, die Tür des Porsches aufzubrechen, wird al-
lerdings von jemandem gesehen. Der Beobachter denkt, der Porsche soll entwendet werden und rast
daher wie ein Irrsinniger aus dem Haus und packt den Eigentümer, um ihn der Polizei zuzuführen.
Dies könnte die Tatbestände der Freiheitsberaubung und der Körperverletzung erfüllen. Es stellt
sich folglich die Frage nach der Rechtfertigung des Festnehmenden.
Eine Ansicht (BGH)
- dringenden Tatverdacht ausreichend
- im vorliegenden Fall der Festnehmende gerechtfertigt wäre
→ Argument, es dürfe keine Überforderung des Festnehmenden geben, denn dann würde dieser im
Zweifel gar nicht eingreifen
→ Zivilcourage gerade gefördert
→ Wertung aus § 127 StPO herangezogen, in Absatz 2 sind erhöhte Anforderungen an den Festneh-
menden geregelt, welche in Absatz 1 gerade fehlen.
Andere Ansicht (h.L.)
- Straftat
→ im Beispielsfall läge somit keine Rechtfertigung nach dem Festnahmerecht vor
→ Argument, dass ansonsten die Rechtfertigungsgründe des Festgenommenen abgeschnitten wer-
den
→ wenn der Festnehmende gerechtfertigt sei, könne der Festgenommene nicht seinerseits – wie hier
etwa durch Notwehr - gerechtfertigt sein
→ ihm Rechtfertigungsgründe abgeschnitten
→ kein Erlaubnistatbestandsirrtum möglich
→ würde leer laufen, wenn man den Festnehmenden bereits objektiv rechtfertigt, obwohl dieser nur
denkt, er sei gerechtfertigt

4. Nicht ausdrücklich geregelt


- rechtfertigende Einwilligung
- mutmaßliche Einwilligung
- Pflichtenkollision, welche primär im Rahmen der Unterlassungsdelikte eine Rolle spielt

Überblick – Einwilligung
I. Tatbestandsausschließend
- im Tatbestand bei der jeweiligen Tathandlung geprüft
- nur bei Delikten, welche ein Verhalten gegen oder ohne den Willen voraussetzen
→ Beispiele: Hausfriedensbruch, (§ 123 StGB), Diebstahl (§ 242 StGB ), unbefugter Gebrauch ei-
nes Fahrzeugs (§ 248b StGB)
II. Rechtfertigend
- kommt bei der überwiegenden Mehrheit der Straftatbestände in Betracht
1. Rechtfertigende Einwilligung

Aufbau der Prüfung - Rechtfertigende Einwilligung


- nicht ausdrücklich geregelt
1. Disponibilität
-, ob über das Rechtsgut überhaupt verfügt werden kann
- bei Tatbeständen, welche die Allgemeinheit schützen (Beispiel: §§ 306 ff., 315 ff. StGB) nicht
möglich
-bei Tötungsdelikten ausgeschlossen
Problem – Sterbehilfe
- §§ 216, 211, 212 StGB
1. Grundsätzlich (-)
- Rechtsgut Leben nicht disponibel
- ergibt sich gerade aus § 216 StGB, der ein Handeln auch unter Strafe stellt, wenn der Getötete die
Tötung wollte.
2. Ausnahme: Behandlungsabbruch
- wurden durch die Rechtsprechung des BGH festgelegt
a) Lebensbedrohliche Erkrankung
- nur gestattet, wenn eine Person so schwer erkrankt ist, dass aus medizinischer Sicht der Tod nicht
mehr zu verhindern ist oder
- von lebenserhaltenen Maßnahmen abhängig ist
→ Beispiel: Jemand befindet sich seit Jahren im Koma.
b) Tathandlung
- Aktive Sterbehilfe wäre zum Beispiel die Durchtrennung eines Schlauchs
- Passive Sterbehilfe kann durch ein Einstellen der Ernährung erfolgen
- Indirekte Sterbehilfe liegt beispielsweise in dem Geben hochdosierter Schmerzmittel, die als Ne-
benwirkung den Tod des Patienten verursachen
→ es kommt dem Arzt nicht auf den Tod des Patienten an, er will nur Schmerzen lindern und
nimmt dabei die todbringende Nebenwirkung in Kauf
c) Durch Arzt, Betreuer oder Bevollmächtigten
d) Entspricht dem Willen des Getöteten gen. § 1901a ff. BGB
- in §§ 1901a ff. BGB geregelte Patientenverfügung
e) Wille des Täters i.S.d. Willen des Getöteten zu handeln
- muss aufgrund dieser Erwägung und nicht aufgrund anderer Motive handeln

2. Dispositionsbefugnis
- derjenige, den es unmittelbar betrifft, muss einwilligen können
→ Beispiel: bei einer Körperverletzung kann nur der Inhaber des Rechtsguts – oder dessen gesetzli-
cher Vertreter (Bsp. Eltern des Kindes) – einwilligen
3. Einwilligungsfähigkeit
- Tragweite seiner Entscheidung überblicken können
- Altersgrenze nicht maßgeblich
- wie schwerwiegend ist der Eingriff und wie verstandesreif ist der jeweilige Mensch
4. Einwilligungserklärung vor der Tat
5. Keine Willensmängel
→ Beispiel für Willensmängel: Der Betroffene wurde getäuscht oder bedroht.
6. Keine Sittenwidrgkeit
- nur in Fällen von Körperverletzungsdelikten die Sittenwidrigkeit i.S.d. § 228 StGB zu prüfen
7. Kenntnis
- Handeln aufgrund und in Kenntnis der Einwilligung erfolgt (subjektives Rechtfertigungselement)

Problem – Fehlendes subjektives Rechtfertigungselement


- kann bei allen Rechtfertigungsgründen auftreten
- Vorliegen eines umgekehrten Erlaubnistatbedtandsirrtum
→ Beispiel: Ein Auto wurde in der Sonne geparkt und hat sich mittlerweile stark aufgeheizt. In dem
Auto sitzt ein kleines Kind. Eine Person, die bevorzugt Autos beschädigt, schlägt mit einem Base-
ballschläger die hintere Scheibe des Fahrzeugs ein, ohne von der Anwesenheit des Kindes zu wis-
sen. Hinterher stellt ein Gutachter fest, dass das Kind im Wagen erstickt wäre, hätte es nicht die fri-
sche Luft durch die zertrümmerte Scheibe erhalten. Es ist eine Sachbeschädigung zu prüfen. Der
Täterist im vorliegenden Fall objektiv gerechtfertigt. Allerdings fehlt ihm das subjektive Rechtferti-
gungselement. Wie das Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements zu behandeln ist, ist um-
stritten. Hierzu werden drei Auffassungen vertreten.
Eine Ansicht (M.M.)
- straflos, da er objektiv gerechtfertigt ist
Andere Ansicht (BGH)
- Vollendungslösung
- hier wegen vollendeter Sachbeschädigung bestrafen, da nicht sämtliche Voraussetzungen des
Rechtfertigungsgrundes vorliegen
Andere Ansicht (h.L.)
- Versuchslösung
- nicht wegen vollendeter Sachbeschädigung, sondern nur wegen des Versuchs bestrafen
Stellungnahme
- erste Ansicht leugnet die Existenz eines subjektiven Rechtfertigungselements
- für die zweite Ansicht spricht der Wortlaut der geschriebenen Rechtfertigungsgründe, welcher ge-
rade ein subjektives Rechtfertigungselement fordert
- die dritte Ansicht argumentiert damit, dass das Erfolgunsrecht der Tat entfalle, das Handlungsun-
recht jedoch bestehen bleibe
→ Erfolgsunrecht meint hierbei das objektive Auflehnen gegen die Rechtsordnung, welches vorlie-
gend aufgrund der objektiven Rechtfertigung entfällt
→ unter Handlungsunrecht versteht man hingegen das subjektive Auflehnen gegen die Rechtsord-
nung, welches in diesem Fall mangels subjektiven Rechtfertigungselements bestehen bleibt

2. Mutmaßliche Einwilligung
- prüfen, wenn eine Einwilligungserklärung nicht vorliegt

III.Schuld
- Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründen
- Schuldausschließungsgründe bestehen, wenn der Täter von vornherein keine Schuld auf sich laden
kann
→ beispielsweise das Unrechtsbewusstsein fehlt (§ 17 StGB), oder er schuldunfähig ist (§ 20 StGB)
- Entschuldigungsgründe setzen wiederum voraus, dass der Täter grundsätzlich Schuld auf sich la-
den kann, aber im Nachhinein entschuldigt wird
→ beispielsweise beim Notwehrexzess, § 33 StGB, oder entschuldigender Notstand (§ 35 StGB).

Überblick - Irrtümer über Rechtfertigungsgründe


I. Erlaubnisirrtümer
- Täter hat den Sachverhalt richtig erfasst aber falsch bewertet
1. Erlaubnisexistenzirrtum
→ Beispiel: Eine Person denkt sich einen Rechtfertigungsgrund aus, den es nicht oder nicht mehr
gibt. Der Vater geht beispielsweise davon aus, er könne sein Kind verprügeln. Dabei existiert das
Züchtigungsrecht der Eltern nicht mehr als Rechtfertigungsgrund
- über § 17 StGB gelöst, also als ein Unterfall des Verbotsirrtums behandelt
- Vermeidbarkeit des Irrtums
2. Erlaubnisgrenzirrtum
→ Beispiel: Der Täter kennt den Rechtfertigungsgrund, überdehnt aber dessen Grenzen. Beispiels-
weise glaubt jemand, dass man eine andere Person auch wegen einer Ordnungswidrigkeit festneh-
men darf, obwohl dies nach § 127 StPO nur bei Straftaten der Fall ist
- Unterfall des Verbotsirrtums und über § 17 StGB gelöst
II. Erlaubnistatbestandsirrtum
- Sachverhaltsirrtum
- Betroffener stellt sich also Umstände bzw. Tatsachen vor, die, wären sie gegeben, ihn rechtferti-
gen würden
Problem – Erlaubnistatbestandsirrtum
→ Beispiel: Der A sieht nach Jahren seinen alten Freund B wieder, erkennt ihn jedoch nicht. B
kommt freudestrahlend auf den A zugestürzt, um ihn zu umarmen. A denkt, er werde von dem B
angegriffen und verteidigt sich. Es ist eine Körperverletzung zu prüfen
- Notwehrlage schon objektiv nicht vorliegend
- Irrtumsproblematik erörtern
- ausführliche oder eine klausurpraktische kurze Darstellung
- zunächst die Voraussetzungen und dann die Rechtsfolge thematisieren
A. Ausführliche Version
I. Voraussetzungen
- Täter stellt sich Umstände vor, bei deren Vorliegen sein Handeln gerechtfertigt wäre
II. Rechtsfolge
- Streitig
1. Vorsatztheorie
- Unrechtsbewusstsein gehört zum Vorsatz
- § 16 I 1 StGB anwenden
- aufgrund eines Tatbestandsirrtums entfällt der Tatbestandsvorsatz
2. Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen
- zweistufigen Aufbau, Tatbestand und Schuld
- Rechtfertigungsgründe seien negative Tatbestandsmerkmale
- § 16 I 1 StGB, was den Tatbestandsvorsatz entfallen lässt
3. Unrechtstheorie
- keinen Vorsatz im Hinblick auf das verwirklichte Unrecht
- Vorsatzunrecht fehle
-§ 16 I 1 StGB analog
→ Analogie folgt daraus, dass § 16 StGB nur den Vorsatz bezüglich der tatbestandlichen Merkma-
le erfasst, nicht jedoch das Vorsatzunrecht, welches folglich die Rechtswidrigkeit entfallen lässt
4. Eingeschränkte Schuldtheorie (Rspr.)
- bei Sachverhaltsirrtümern entfällt Unrechtsbewusstsein entfalle (Teil der Schuld)
- § 16 I 1 StGB analog, welcher die Vorsatzschuld entfallen lässt
5. Strenge Schuldtheorie
- Irrtum über Rechtfertigungsgründe
- als Verbotsirrtum zu behandeln
- § 17 StGB anwenden
- Schuld entfällt nur, wenn der Irrtum unvermeidbar war (in der Regel nicht der Fall)
B. Kurze Version
I. Voraussetzungen
II. Rechtsfolge
- entweder kann der Erlaubnistatbestandsirrtum über § 16 I 1 StGB (analog) behandeln
→ Argument hierfür ist die Qualifikation des Erlaubnistatbestandsirrtums als Sachverhaltsirrtum,
da der Täter sich in tatsächlicher Hinsicht irrt
→ lässt den Vorsatz (Tatbestandsvorsatz, Vorsatzunrecht bzw. Vorsatzschuld) entfallen
- oder es erfolgt eine Lösung über § 17 StGB
→ Vermeidbarkeit des Irrtums prüfen
→ Argument hierfür, der Erlaubnistatbestandsirrtum sei ein Irrtum über Rechtfertigungsgründe und
dieser sei immer im Rahmen des § 17 StGB zu lösen
→ Beispielsfall: § 16 I 1 StGB (analog) keine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Körperverletzung,
Prüfung des Fahrlässigkeitsdelikt
→ Gegenauffassung: Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Körperverletzung, sofern der Irrtum ver-
meidbar war.

Aufbau der Prüfung - Notwehrexzess, § 33 StGB


I. Notwehrlage
1. Angriff
2. Gegenwärtig
Problematisch: extensive Notwehrexzess auch von § 33 StGB erfasst?
3. Rechtswidrig
II. Notwehrhandlung
1. Überschreitung der Notwehr
- bei bestehender Notwehrlage verteidigt
- über das erforderliche Maß hinausgeht
→ Beispiel: Der Täter hat sich wirksam verteidigt, ist aber so durch den Wind, dass er, als das Op-
fer bereits am Boden liegt, noch einmal unnötigerweise zutritt
2. Gebotenheit
3. Verwirrung, Furcht, Schrecken
- abschließender Katalog - Verwirrung, Furcht oder Schrecken (asthenischer Affekt)
III. Notwehrwille

Problem – Extensiver Notwehrexzess


→ Beispiel: Der Täter verteidigt sich gegen eine andere Person im Rahmen der Notwehr. Aller-
dings ist der Angriff nicht mehr gegenwärtig oder noch nicht gegenwärtig.
Eine Ansicht
- auch von § 33 StGB erfass
- Wortlaut der Norm
→ „Grenzen“, dies meine auch die zeitlichen Grenzen, also die Gegenwärtigkeit des Angriffs
Andere Ansicht (h.M.)
- nicht von der maßgeblichen Norm erfasst
- „Überschreitung der Notwehr“ nur das Erforderliche der Notwehr gemeint sein könne (Wortlaut)
- historisches Argument, dass der Gesetzgeber ausdrücklich nur den intensiven und nicht den exten-
siven Notwehrexzess von § 33 StGB erfasst haben wollte

Aufbau der Prüfung - Entschuldigender Notstand, § 35 I StGB


I. Notstandslage
1. Gefahr
- entspricht der des rechtfertigenden Notstands
a) Bestimmtes Rechtsgut
- abschließende Aufzählung des § 35 I StGB.
b) Bestimmter Personenkreis
- eigene Person, Angehörige oder sonst nahestehende Personen
2. Gegenwärtigkeit
- auch sogenannte Dauergefahren.
II. Notstandshandlung
1. Erforderlichkeit
- geeignet und das mildeste Mittel
2. Zumutbarkeit
- i.S.d. § 35 I 2 StGB
III. Notstandswille
- subjektives Element.
Aufbau der Prüfung - Übergesetzlicher Notstand
- nicht ausdrücklich geregelt
- nicht, wenn die §§ 34, 35 StGB einschlägig sind
→ Beispiel: Terroristen haben eine Maschine einer bestimmten Fluggesellschaft in die Hand be-
kommen und sind im Landeanflug auf ein Atomkraftwerk in der Nähe von Hamburg. Das Einzige,
was sie wollen, ist das Steuern des Flugzeug in das Kraftwerk. Es wird festgestellt, dass, sollte es
dazu kommen, mindestens 50.000 Menschen sofort sterben werden. Eine einzige Möglichkeit, dies
abzuwenden, bestünde darin, das Flugzeug abzuschießen. Dabei würden allerdings alle Passagiere
sterben. Eine Rechtfertigung nach § 34 StGB käme aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwä-
gung nicht in Betracht. Der entschuldigende Notstand scheitert daran, dass der eingeschränkte Per-
sonenkreis nicht gegeben ist.
I. Notstandslage
1. Gefahr
-gegenwärtigen Gefahr für ein hochrangiges Rechtsgut, beispielsweise das Leben oder die Freiheit
einer großen Anzahl von Menschen
2. Gegenwärtigkeit
II. Notstandshandlung
1. Erforderlichkeit
- Eignung und mildestes Mittel
2. Interessenabwägung
- quantitative Interessenabwägung
→ quantitatives Überwiegen der Rechtsgüter
→ erhebliches Auseinanderfallen der Anzahl
3. Eingriffsgut unrettbar verloren
- im Beispielsfall: das Leben der Passagiere in der Maschine unrettbar verloren, sie müssten somit
dem Tode geweiht sein, also mit Sicherheit sterben
→ nicht der Fall, da die Täter eventuell nur bluffen, überwältigt werden oder vielleicht ihr Ziel ver-
fehlen
III. Notstandswille
- subjektives Element

Aufbau der Prüfung - Schuldfähigkeit


I. Schuldfähigkeit des Kindes, § 19 StGB
- das Alter von 14 Jahren noch nicht erreicht = schuldunfähig
II. Schuldunfähigkeit, § 20 StGB
- abschließend vier Beispiele, welche, wenn sie gegeben sind, die Schuldunfähigkeit einer Person
bedeuten
→ Bsp.: Tiefgreifende Bewusstseinsstörung
zuviel Alkohol getrunken und dies möglicherweise auch geplant
→ möglicherweise dafür bestraft

Problem – Actio libera in causa


- Handlung frei in der Ursache
- Täter führt seine Schuldunfähigkeit durch Betrinken, Spritzen etc. herbei
- begeht in diesem Zustand der Schuldunfähigkeit eine Tat, wegen der er grundsätzlich nicht zu be-
strafen wäre
- wegen seines Vorverhaltens bestrafen
-extra Prüfungspunkt oder in der Schuld
I. Anwendbarkeit
Eine Ansicht
- keine Anwendung, mangels gesetzlicher Regelung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 II
GG verstößt
Ausnahmemodell
- gewohnheitsrechtlich anerkannte Ausnahme zu § 20 StGB
3. Werkzeugmodell (RG)
- wenn eine Deliktsbegehung in Form der mittelbaren Täterschaft möglich ist
- der Täter macht sich selbst zum Werkzeug, wenn er seine Schuldunfähigkeit herbeiführt
- mache sich zum Werkzeug seiner selbst und sei quasi anderer i.S.d. § 25 I 2. Var. StGB
4. Tatbestandsmodell (h.M.)
- verlagert den Zeitpunkt der Beurteilung der Schuld nach vorn auf das Betrinken, Spritzen etc. und
nimmt dieses als Anknüpfungspunkt
- nur für Delikte anwendbar, die nicht verhaltensgebunden sind
→ ganz bestimmtes strafrechtliches Verhalten schon im Gesetzestext geregelt ist
→ Entstehung einer partiellen Strafbarkeitslücke in Bezug auf § 323a StGB
II. Voraussetzungen
Die Voraussetzungen der actio libera in causa sind folgende:
1. Täter muss den Zustand der Schuldunfähigkeit herbeiführen
2. Deliktsbegehung in diesem Zustand
3. Vorsätzlich bezüglich beider Punkte handeln

IV. Strafe
- Strafausschließungsgründe (Bsp. Strafvereitelung, § 258 V, V StGB)
- Strafaufhebungsgründe (Bsp. Rücktritt/ tätige Reue, §§ 24, 306e StGB)
- Strafzumessungsgründe (Regelbeispiele, §§ 243, 263 III StGB)
- Strafverfolgungsvoraussetzungen (Bsp. Strafantrag, §§ 247, 248a StGB) geprüft.

Aufbau der Prüfung – Fahrlässiges Begehungsdelikt


- hier als Erfolgsdelikt dargestellt
I. Tatbestand
1. Erfolg
2. Handlung
3. Kausalität
4. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
- bei objektiver Vorhersehbarkeit
→ auf den Erfolg und den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Zügen bezieht
- wie würde sich ein besonnener Dritter in der Rolle des Täters vernünftigerweise verhalten
→ Verhaltensmaßstäbe, welche in der Regel durch Verhaltensvorschriften konkretisiert werden
→ meistens explizit geregelt, etwa in der Straßenverkehrsordnung (Bsp.: Einhalten einer bestimm-
ten Geschwindigkeit)
5. Objektive Zurechnung
a) Pflichtwidrigkeitszusammenhang
- Verknüpfung zwischen Sorgfaltspflichtverstoß und dem Erfolg
- wäre der Erfolg auch bei sorgfaltsgemäßem Verhalten eingetreten

Problem – Risikoerhöhung
→ Beispiel: Der LKW-Fahrer L fährt mit zu geringem Seitenabstand an einem Fahrradfahrer vorbei
und dieser gerät unter die Räder des Anhängers. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der Radfah-
rer erheblich getrunken hatte, sodass er möglicherweise auch überfahren worden wäre, wenn der
LKW Fahrer den Mindestabstand von 1,50 m eingehalten hätte.
Eine Ansicht
- Pflichtwidrigkeitszusammenhang bejaht, es gäbe eine Strafbarkeitslücke
- Verhalten des Täters führe zu einer Risikoerhöhung, welche zu bestrafen sei, da der Täter das Ri-
siko der Verletzung messbar erhöht habe
Andere Ansicht (h.M.)
- verneint trotz Risikoerhöhung den Pflichtwidrigkeitszusammenhang
- Verletzungsdelikte in Gefährdungsdelikte umgedeutet würden, wenn man jede Risikoerhöhung,
jede Gefährdung ausreichen ließe

b) Schutzzweck der Norm


- welche bereits im Rahmen des Sorgfaltspflichtverstoßes genannt wurde
- entfallen
> Eingriffe Dritter
> Fälle der Selbstgefährdung
>Aufzählung nicht abschließend ist.
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
- Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründen
- subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit
→ iegt bereits eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung vor, kann grundsätzlich auch von einer sub-
jektiven Sorgfaltspflichtverletzung ausgegangen werden
→ Ausnahme: jemand leidet unwissentlich an einem medizinischen Defizit
→ Beispiel: Jemand erleidet einen epileptischen Anfall und fährt deshalb über eine rote Am
pel. Der Betroffene kannte die Erkrankung nicht und konnte diese auch nicht kennen.

Aufbau der Prüfung – Erfolgsqualifikation


- schwere Körperverletzung
- Körperverletzung mit Todesfolge
- Raub mit Todesfolge
- Brandstiftung mit Todesfolge (§§ 226, 227, 251, 306c StGB)
I. Tatbestand
1. Grundtatbestand
- objektive und subjektive Voraussetzungen zu prüfen
2. Erfolgsqualifikation
a) Eintritt der schweren Folge
- Eintritt der schweren Folge, beispielsweise der Tod eines Menschen
b) Kausalität
- Äquivalenztheorie
- Einschränkung dieser Kausalitätsbetrachtung nötig
c) Gefahrspezifischer Zusammenhang
- Eintritt der schweren Folge beruht auf der Verwirklichung des Grunddelikts
- problematisch: Selbstgefährdung des Opfers & Eingriffe Dritter in das Geschehen
- Anforderungen strenger und damit täterfreundlicher sind als in der normalen Prüfung der objekti-
ven Zurechnung

Problem – Gefahrspezischer Zusammenhang


- innerhalb der erfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikte (§§ 226, 227 StGB)
→ Problem des Anknüpfungspunktes
→ Beispiel: A hat in der Hand eine geladene und entsicherte Waffe und will mit dieser dem B auf
den Kopf schlagen und ihn dadurch verletzen. A handelt nicht mit Tötungsvorsatz. Er holt aus,
schlägt mit der Pistole auf den Kopf des B, sodass dieser eine Platzwunde erleidet. Bei dem Auf-
prall löst sich jedoch ein Schuss und die Kugel dringt so unglücklich in den Rücken des B ein, dass
Lunge und Herz verletzt werden und B stirbt. Fraglich ist im gefahrspezifischen Zusammenhang
nun, wo der Anknüpfungspunkt liegt.
Eine Ansicht (h.L.)
- Körperverletzungserfolg als Anknüpfungspunkt
→ Wortlaut der Norm, welcher eine Körperverletzung und damit einen Erfolg voraussetzt
→ gefahrspezifische Zusammenhang zu verneinen, da die schwere Folge - der Tod - nicht aufgrund
der Platzwunde eingetreten ist
Andere Ansicht (BGH)
- gesamte Körperverletzungshandlung
- Argument, dass ein erfolgsqualifizierter Versuch nach der Literaturauffassung nicht möglich wäre
und dadurch Strafbarkeitslücken entstünden
→ Beispiel: Das Grunddelikt bleibt im Versuchsstadium stecken, aber die schwere Folge tritt auf-
grund der Körperverletzungshandlung ein (beispielsweise löst sich während der Ausholbewegung
mit der Waffe ein Schuss). Nach der Lehre kann es hier einen erfolgsqualifizierten Versuch bei An-
knüpfung an einen Erfolg nicht geben. Folgt man der Ansicht des BGH, ist der gefahrspezifische
Zusammenhang zu bejahen, da sich der Eintritt der schweren Folge bereits aus der gesamten
Schlaghandlung ergibt. Auf den Körperverletzungserfolg kommt es somit gar nicht an.
d) Wenigstens Fahrlässigkeit bzgl. a)
- bezüglich der schweren Folge wenigstens Fahrlässigkeit vorliegen, weshalb auch ein leichtfertiges
Handeln in Betracht kommen kann
- § 18 StGB
aa) Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
- Verwirklichung des Grundtatbestands
bb) Objektiver Vorhersehbarkeit
- ausgeschlossen, wenn ein sogenannter atypischer Kausalverlauf vorliegt
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
- Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründen
- subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit

Unterlassungsdelikte
I. Echte Unterlassungsdelikte
- Unterlassungsvorwurf ausdrücklich im Text der Gesetzesnorm verankert ist
→ Beispiele: Hausfriedensbruch, Nichtanzeige geplanter Straftaten und unterlassene Hilfeleistung.

Aufbau der Prüfung - Unterlassene Hilfeleistung, § 323c StGB


I. Tatbestand
1. Notsituation
- Unglücksfall oder eine gemeine Not bzw. Gefahr
- Unglücksfall = Situation, die in der konkreten Ausgestaltung zu nicht ganz unerheblichen Verlet-
zungen führen könnte
2. Nichthilfeleisten
- „Nicht Hilfeleisten“ oder Unterlassen
3. Erfoderlichkeit
- Hilfeleistung erforderlich sein
→ gegeben, wenn es dem zu Rettenden auf anderem Wege nicht möglich ist, gerettet zu werden,
wenn er also sich selbst nicht aus der Position befreien kann oder Dritte keine Hilfe anbieten
4. Zumutbarkeit
- der Hilfeleistung
- nach dem Wortlaut im Tatbestand zu prüfen
- Streit, ob die Zumutbarkeit nicht im Bereich der Schuld zu prüfen sei, ist rein akademischer Natur
5. Vorsatz
- vorsätzliches Verhalten, hier ein Unterlassen
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

Aufbau der Prüfung - Nichtanzeige geplanter Straftaten, § 138 StGB


I. Tatbestand
1. Anzeigeverpflichteter
- objektiv eine bestimmte Person
→ Anzeigeverpflichtete
- jedermann
- Beteiligte der Straftat, die nicht angezeigt wird, nicht Anzeigeverpflichtete
→ nemo tenetur Grundsatz. Danach muss niemand an seiner eigenen Strafverfolgung mitwirken.
- ebenso bzgl. von der Straftat Bedrohten.
2. Vorhaben / Ausführung
- ernstliche Planung einer Katalogtat des § 138 StGB
3. Glaubhaftes Erfahren
- Anzeigenverpflichtete rechnen ernsthaft mit der Ausführung der Tat
4. Zeitpunkt
- noch ausführbar sein oder zumindest deren Ausführung verhindert werden können
5. Möglichkeit
- physisch-reale Möglichkeit, den Erfolg abzuwenden.
6. Zumutbarkeit
- Anzeige der Straftat zumutbar sein
→ insb. § 35 StGB und des § 139 StGB
7. Vorsatz oder Leichtfertigkeit
- Vorsatz oder Leichtfertigkeit vorausgesetzt, vgl. § 138 III StGB
→ leichtfertig = grob fahrlässig handelt bzw. wem sich die richtige Handlungsweise hätte aufdrän-
gen müssen.
II. Rechtswidrigkeit
- spezielle Rechtfertigungsgründe des § 139 II, III 2, 3 StGB
III. Schuld
IV. Strafe
- meist Rücktritt vom vollendeten Delikt, die tätige Reue gemäß § 139 III 1, IV StGB

II. Unechte Unterlassungsdelikte, § 13 StGB


- Pflicht zu Handeln

Aufbau der Prüfung – Unechtes Unterlassungsdelikts, § 13 StGB


I. Tatbestand
1. Eintritt des Erfolgs
2. Unterlassen
- Unterlassen anstelle eines aktiven Tun
- bei doppelt relevanten Verhaltensweisen (Unterlassen und Tun) auf den Schwerpunkt der Vor-
werfbarkeit achten
→ Beispiel: Ein Koma-Patient erhält nur noch gesüßten Tee und stirbt hieran. Man könnte auf das
Geben des Tees abstellen. Allerdings wird der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit auf dem Unterlas-
sen einer vernünftigen Ernährung liegen.
3. Möglichkeit
- physisch reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung
4. Quasi-Kausalität
- leichte Abwandlung der Äquivalenztheorie
- Unterlassen kausal für den Erfolgseintritt, wenn dieser bei Hinzudenken der Handlung entfiele
5. Garantenstellung

Überblick - Garantenstellung
I. Beschützergarant
- Rechtsgut, welchem Gefahren von außen drohen
1. Gesetz
- z.B. Verantwortlichkeit der Ehegatten füreinander, § 1353 BGB, elterliche Sorge, § 1626 I BGB.
2. Vertrag
3. Tatsächliche Übernahme
- Hilfsposition tatsächlich übernommen ( z.B. Babysitter)
4. Gefahrgemeinschaft
- mindestens zwei Personen gehen eine gefährliche Situation ein
- Gefahr realisieren sich
→ füreinander verantwortlich und wissen dies beim Eingehen der Gefahr auch
→ Beispiel: Mehrere Personen nehmen an einer Expedition mit gewissen Gefahrmomenten in die
Antarktis teil. Bricht einer der Teilnehmer in das Eis ein, sind die andere für dessen Rettung verant-
wortlich.
5. Enge persönliche Verbundenheit
-z.B. Verlöbnis
-problematisch bei langjährige Beziehungen oder Freundschaften
→ Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise die Dauer der Beziehung/Freundschaft, ein mögli-
ches Zusammenwohnen der Partner/Freunde, die Intensität der Verbindung etc.
II. Überwachergarant
1. Ingerenz
- Gefahr erhöhendes Vorverhalten

Problem – Ingerenz, Anforderungen


- Vorverhalten nicht rechtswidrig
→ Beispiel: Eine Frau wird von einem Mann in der Absicht überfallen, sie zu vergewaltigen. Das
Opfer wehrt sich mit mehreren Messerstichen und erkennt daraufhin, dass der Täter so schwer ver-
letzt ist, dass er an seinen Verletzungen versterben wird, wenn ihm nicht geholfen wird. Das Opfer
kümmert sich jedoch nicht und verlässt den Ort des Überfalls, sodass der Täter verstirbt.
Eine Ansicht (h.L.)
- abzulehnen
→ Vorverhalten, das eigentlich straffrei sei, nicht durch eine Bewertung eines strafbaren Nachver-
haltens umgehen
→ Wertungswiderspruch
→ die Frau wäre auch ohne die Annahme einer Ingerenz wegen unterlassener Hilfeleistung, § 323c
StGB, strafbar
Andere Ansicht (BGH)
- bejaht
- Annahme eines gefährlichen Vorverhaltens wird damit begründet, dass nach der gerechtfertigten
Handlung - das Einstechen auf den Täter – eine Situationsveränderung, also eine Art Zäsur stattge-
funden habe, nämlich die schwere Verletzung des Täters, der abgeholfen werden muss
→ Opfer hätte Garantenstellung aus Ingerenz inne und sich somit wegen Totschlags durch Unter-
lassen, §§ 212 I, 13 StGB, strafbar gemacht
2. Gefahrenquelle
- z.B. Betreiben einer Baustelle oder eines Atomkraftwerks
- Betreiber dafür verantwortlich, dass andere Personen keinen Schaden erleiden
3. Verhalten Dritter
-z.B. Verantwortlichkeit der Eltern für ihre Kinder
→ Eltern müssen dafür sorgen, dass ihre Kinder niemandem schaden

6. Entsprechensklausel
- bei verhaltensgebundenen Delikten, welche bereits eine ganz bestimmte Verhaltenspflicht im Text
vorsehen, relevant
→ Beispiel: Die Täuschung bei § 263 I StGB oder das Überfallen bei § 224 I Nr. 3 StGB
7. Vorsatz
8. Sonstige subjektive Merkmale
- eventuell sind sonstige subjektive Merkmale (Zueignungsabsicht beim Diebstahl) zu prüfen
(9. Problem - Beteiligung durch Unterlassen (Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme))
- ggf. auf die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme eingehen

Problem - Beteiligung durch Unterlassen


- „Unterlassungsnebentäterschaft“
→ Beispiel: Der Ehemann prügelt sein Kind derart, dass dies nicht mehr im Rahmen des Erzie-
hungsrechts ist. Die Mutter des Kindes sieht das und könnte auch einschreiten, tut dies aber nicht.
Sie könnte sich daher gegebenenfalls durch eine Beteiligung durch Unterlassen strafbar gemacht ha-
ben, da sie Garantin ist. Fraglich ist bei der Beteiligung durch Unterlassen lediglich, ob sie Täterin
oder nur Beihelferin durch Unterlassen ist-
Eine Ansicht
- Mutter ist stets Täteri
→ immer, wenn die Voraussetzungen des § 13 StGB erfüllt sind bestehteine Pflicht aus der Garan-
tenstellung
Andere Ansicht
- stets eine Beihilfe gegeben, da der Unterlassende nur Randfigur des Geschehens
Andere Ansicht (h.L)
- Täter, wer Tatherrschaft hat
- Problem der Beteiligung durch Unterlassen genauso lösen wie die Abgrenzung von Täterschaft
und Teilnahme beim Begehungsdelikt
→ durch die Frage nach der Tatherrschaft
Andere Ansicht (BGH)
- Täter, wer Täterwillen hat
→ heißt die Mutter das Prügeln des Kindes durch den Vater gut oder lehnt sie es ab
Andere Ansicht
- nach Art der Garantenstellung differenziere
→ Beschützergarant aufgrund seiner Nähe zum Rechtsgut immer Täter
→ Überwachergarant aufgrund der größeren Distanz zum Rechtsgut immer Teilnehmer

II. Rechtswidrigkeit
- zusätzlich noch der Rechtfertigungsgrund der Pflichtenkollision möglich
→ zwei Handlungspflichten, kann aber nur einer von diesen nachkommen (wichtigere vorziehen)
→ Beispiel: Ein Arzt kann aus Zeitgründen nur eine von zwei notwendigen Operationen durchfüh-
ren. Der andere Patient verstirbt.
III. Schuld
- Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens
→ Eingreifen als Garant zumutbar, abwägen
→ Beispiel: Jemand, für den man verantwortlich ist, fällt ins Wasser und droht zu ertrinken. Man
selbst kann schwimmen, denjenigen jedoch nur unter Einsatz des eigenen Lebens retten. Dies kann
einem nicht zugemutet werden.

III. Neutrale Unterlassungsdelikte


- können durch aktives Tun und Unterlassen begangen werden, setzen jedoch keine Garantenstel-
lung voraus
- Klausurrelevant sind hier die Untreue, § 266 I 2. Alt. StGB, und die Rechtsbeugung, § 339 StGB
(Beispiel: Nichtbearbeiten einer Akte)

Aufbau der Prüfung - Versuch

I. Vorprüfung
1. Nichtvollendung
- nicht vollendet, wenn irgendein Tatbestandsmerkmal fehlt
2. Strafbarkeit des Versuchs
- ausdrücklich geregelt, wie in § 223 II StGB
- Versuch eines Verbrechens
→ Normen §§ 23 I und 12 StGB zitieren
II. Tatbestand
1. Tatentschluss
- zunächst der subjektive Tatbestand und dann erst der objektive Tatbestand erörtern
- Vorsatz im Hinblick auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale
- Prüfung sonstiger subjektiver Merkmale (Bsp.: Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht)
a) Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmalen

Problem – Untauglicher Versuch, Wahndelikt


- untauglicher Versuch muss ggf zum sogenannten Wahndelikt abgegrenzt werden
I. Untauglicher Versuch
- Sachverhaltsirrtum, umgekehrter Tatbestandsirrtum
- Täter stellt sich tatsächlich Umstände vor, die in Wahrheit gar nicht vorliegen
→ Beispiel: A schießt mit Tötungsvorsatz auf B, aber die Waffe ist nicht geladen, was der A nicht
weiß. Der untaugliche Versuch ist strafbar. Dies ergibt sich aus der Wertung des § 23 III StGB.
Dort ist der grob unverständige Versuch geregelt, bei dessen Vorliegen von Strafe abgesehen oder
eine Milderung vorgenommen werden kann. Wenn bereits der Versuch aus grobem Unverstand zu
bestrafen ist, dann muss dies erst recht der untaugliche Versuch sein.
II. Wahndelikt
- Wertungsirrtum, umgekehrter Verbotsirrtum
- Täter hält sein an sich straffreies Verhalten für strafbar
→ Beispiel: hält eine Person es für strafbar, Sex mit einer 16-Jährigen zu haben und tut dies. Dieses
Wahndelikt ist straflos, da das Verhalten nicht geregelt ist und vor allem eine falsche rechtliche
Wertung vorliegt, die straffrei bleiben muss.

b) sonstige subjektive Merkmale


2. Unmittelbares Ansetzen
- Täter hat aus seiner Sicht die Schwelle zum „Jetzt geht’s los“ überschritten
- seine Handlung mündet ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in den Taterfolg
- aus der Sicht eines objektiven 3. ex ante
- Rechtsgut erscheint bereits konkret gefährdet
Problem – Unmittelbares Ansetzen bei § 25 II StGB
→ Beispiel: Zwei Personen planen einen Totschlag an X. Die Rolle des A ist diejenige des Schüt-
zen, die Rolle des B die des Aufpassers, das heißt, B soll in der Nähe des Tatorts Schmiere stehen,
um aufzupassen, dass sich am Tatort keine Unbeteiligten aufhalten. Die Beteiligten begeben sich
zum Tatort, der A schießt auf X, dieser wird jedoch gar nicht oder nicht tödlich getroffen. Fraglich
ist hier, ob auch B unmittelbar angesetzt hat und somit nach den §§ 211, 22 I, 23, 25 II StGB zu be-
strafen ist.
Einzellösung
- auf die jeweilige Person, die geprüft wird, abstellen
- fragen, ob B selbst bereits unmittelbar zu seinem Tatbeitrag angesetzt hat
- B stand bereits Schmiere, sodass ein unmittelbares Ansetzen nach dieser Theorie zu bejahen wäre
- nicht unmittelbar angesetzt, wenn er noch einen Wagen hätte besorgen müssen, um zum Tatort zu
fahren
→ Wortlaut des § 22 StGB „Wer nach seiner Vorstellung unmittelbar ansetzt“, Vorstellung des Ein-
zelnen maßgeblich
Gesamtlösung (h.M.)
- sobald einer der Täter unmittelbar zu seinem Tatbeitrag ansetzt
- dem anderen wird dieses zugerechnet
→ § 25 II StGB ist eine Zurechnungsnorm, die sich folglich auch im unmittelbaren Ansetzen aus-
wirken müsse

Problem – Unmittelbares Ansetzen bei § 25 I 2. Alt. StGB


→ Beispiel: Ein Arzt hat eine Spritze mit Gift präpariert und gibt diese Spritze einer Kranken-
schwester, die allerdings nicht weiß, dass sich in der Spritze Gift befindet. Er bittet sie, diese Spritze
einem bestimmten Patienten zu geben. Sie begibt sich daraufhin in die Richtung des Zimmers des
Patienten, kommt dort aber nicht an. Im Ergebnis bleibt das Geschehen im Versuch stecken.
Eine Ansicht
- bereits beim Einwirken auf das Werkzeug bzw. Tatmittler
- hier Bejahung des unmittelbaren Ansetzens führen, da der Täter bereits die Spritze übergeben hat
→ Parallele zur Anstiftung, dort reicht das Bestimmen für das unmittelbare Ansetzen
→ strukturgleich, da man sich zur Tatausführung eines anderen bediene
Andere Ansicht
- wenn das Werkzeug unmittelbar ansetzt
→ hier zu verneinen, da die Krankenschwester gar nicht erst zum Geben der Spritze kommt
→ Wortlaut des § 25 I 2. Alt. StGB, der sagt, dass die Tat „durch einen anderen,“ begangen wird,
also komme es auf diesen anderen an
Andere Ansicht (h.M.)
- wenn es aus Tätersicht keiner wesentlichen Zwischenschritte mehr bedarf
- Rechtsgut bereits konkret gefährdet erscheint
→ hier davon abhängig, ob sich der Arzt weitere Zwischenschritte vorstellt, also ein weiteres Medi-
kament in die Spritze gefüllt werden oder die Schwester sich in ein Nebengebäude begeben muss.
→ Parallele zur unmittelbaren Täterschaft
→ strukturgleich, da es sich bei beiden um Täterschaftsformen handle

Problem – Unmittelbares Ansetzen bei § 13 StGB


→ Beispiel: Ein Garant steht an der Elbe und sieht, wie jemand, der nicht oder nicht gut schwim-
men kann, sich im Wasser befindet und auf die Fahrrinne zutreibt. Dort gibt es eine starke Strö-
mung, wo der Betroffene spätestens heruntergezogen und versterben wird. Das erkennt der am Ufer
Stehende auch, handelt jedoch nicht. Die sich im Wasser befindliche Person kann glücklicherweise
dennoch gerettet werden. Hier stellt sich die Frage nach einer Bestrafung wegen versuchten Tot-
schlags durch Unterlassen.
Eine Ansicht
- bejaht bereits mit Verstreichenlassen der ersten Rettungsmöglichkeit
→ hier wäre der Garant somit strafbar, da er sofort hätte einschreiten müssen
- Handlungspflicht beginnt sofort
→ sobald der Garant nichts tue, unterlasse er und mache sich dadurch strafbar
Andere Ansicht
- bejaht erst bei Verstreichenlassen der letzten Rettungsmöglichkeit
→ hier konnte der Betroffene noch gerettet werden, sodass die letzte Rettungsmöglichkeit noch
nicht verstrichen war
→ erst, wenn die letzte Rettungsmöglichkeit verstrichen sei, die Vollendung der Tat beginne
Andere Ansicht (h.M.)
- Parallele zum Begehungsdelikt
- liegt vor, wenn es aus Sicht des Täters keinerlei wesentlicher Zwischenschritte mehr bedarf und
das Rechtsgut bereits konkret gefährdet erscheint
→ hier hängt es mithin davon ab, ob der im Wasser Treibende bereits in der Fahrrinne ist oder er
sich noch weiter von dieser entfernt befindet
→ Wortlaut des § 13 StGB, nach welchem das Unterlassen dem Begehen zu entsprechen hat

Problem – Unmittelbares Ansetzen bei Regelbeispielen


→ Beispiel: Jemand möchte einen Gegenstand aus einem Auto entwenden und ist im Begriff, die
Tür eines älteren Wagens aufzuhebeln. Das klappt jedoch nicht oder er, der Betroffene, wird festge-
nommen. Die Tat bleibt demnach im Versuch stecken. Fraglich ist nun, ob der Täter wegen Ver-
suchs eines Diebstahls oder wegen Versuchs eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall be-
straft wird.
Eine Ansicht (h.L.)
- verneint ein unmittelbares Ansetzen bei Regelbeispielen
→ Versuch von Regelbeispielen nicht möglich
→ Wortlaut des § 22 StGB begründet, nach welchem man zur Verwirklichung eines Tatbestands
ansetzen muss, Regelbeispiele seien keine Tatbestände
Andere Ansicht (BGH)
- bejaht unmittelbares Ansetzen bei Regelbeispielen aufgrund ihrer Tatbestandsähnlichkeit
- den Tatbeständen strukturell ähnlich, da sie über einen objektiven Teil und einen subjektive Teil
verfügten
- unmittelbares Ansetzen von Regelbeispielen muss ausschließlich dann problematisiert werden,
wenn das Regelbeispiel im Versuch stecken bleibt
→ unproblematisch, wenn das Grunddelikt versucht bleibt, das Regelbeispiel aber vollendet wird
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld
V. Strafe
- Erörterung von Strafaufhebung und Strafmilderung
1. Strafaufhebung: Rücktritt, § 24 StGB

Aufbau der Prüfung - Rücktritt vom Versuch – Versuch aus grobem Unverstand
a) Alleintäter, § 24 I StGB
aa) Kein fehlgeschlagener Versuch
- Fehlschlag ist immer dann gegeben, wenn der Täter davon ausgeht, er könne den Erfolg nicht oder
nicht mehr ohne Zäsur herbeiführen

Problem – Mehraktiger Versuch


→ Beispiel: Der A würgt mit Tötungsvorsatz seine Frau B. Diese wehrt sich allerdings und A er-
kennt, dass er mit dem Würgen nicht zum Erfolg kommt. Er nimmt daher seine Ehefrau und stürzt
sie aus dem Fenster ihrer sich im 4. Stock befindlichen Wohnung in den Hinterhof. Auch das ist
nicht erfolgreich. Schließlich läuft A durch das Treppenhaus in den Hof und schlägt den Kopf der B
auf die Steinplatten. Dies führt nicht zum Erfolg. Obwohl A den Tod seiner Frau durch weiteres
Schlagen ihres Kopfes auf den Boden noch hätte herbeiführen können, hört er freiwillig damit auf.
Es stellt sich nun die Frage, ob der Handelnde insgesamt strafbefreiend vom Versuch zurückgetre-
ten ist.
Einzelakttheorie
- Zeitpunkt des jeweiligen Aktes, in diesem Fall das Würgen, das aus dem Fenster Werfen und das
Schlagen des Kopfes auf den Steinboden
- beim Würgen erkennt der Betroffene, dass diese Handlung grundsätzlich zum Erfolg führen könn-
te
→ erkennt allerdings, dass tatsächlich dieses Würgen nicht zum Erfolg führen wird
→ Versuch einmal fehlgeschlagen
→ mehraktiger Versuch würde hier somit zu einer Bestrafung wegen versuchter Tötung führen
→ Argument: Überlegung, dass andernfalls der intelligente Täter, welcher sich immer weitere Mög-
lichkeiten zur Tötung überlege, bevorzugt werde, sonst würde der mehraktige Versuch, behandle
man ihn anders, zur Folge haben, dass der einfältige Delinquent benachteiligt und das Opfer länger
malträtiert werde und dabei leide
Gesamtbetrachtungslehre (h.M.)
- fasst die einzelnen Akte zusammen, sofern sie räumlich und zeitlich zusammenhängen, also eine
natürliche Handlungseinheit bilden
- auf den Zeitpunkt des letzten Ausführungsaktes abgestellt
→ hier das Schlagen auf den Boden
→ Versuch nicht fehlgeschlagen, da der Täter mit weiteren Schlägen den Erfolg hätte herbeiführen
können
- täter- und opferfreundlich bezeichnet
→ spät im Geschehen zurückzutreten, Anreiz bietem, von dem Opfer abzulassenben“
→ Opferschutzgedanke
→ mehraktiger Versuch hat den strafbefreienden Rücktritt zur Folge

bb) Rücktrittsanforderungen (unbeendeter / beendeter Versuch)


- unbeendeter oder beendeter Versuch gegeben
- Unbeendet, wenn der Täter davon ausgeht, er habe noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung
getan
- Beendet, wenn der Täter glaubt, er habe zur Tatbestandsverwirklichung alles Erforderliche getan

Problem – Außertatbestandliche Zielerreichung (Denkzettelfälle)


→ Beispiel: Der A möchte dem B einen Denkzettel verpassen. Er nimmt ein langes Messer und
sticht mit bedingtem Tötungsvorsatz in den Bauch seines Opfers. Nachdem er zugestochen hat, geht
er davon aus, dass der B dies überleben wird, wenn er aufhört zu handeln und lässt freiwillig von
dem B ab. Es stellt sich die Frage, ob er damit wirksam zurückgetreten ist. Folglich wird § 24 I
StGB geprüft. Der Versuch ist nicht fehlgeschlagen. Zudem handelt es sich um einen unbeendeten
Versuch, denn der Täter geht davon aus, er habe zur Tatbestandsverwirklichung noch nicht alles Er-
forderliche getan. Ferner muss er auch die weitere Ausführung der Tat aufgegeben haben. Fraglich
ist, ob die außertatbestandliche Zielerreichung ein solches Aufgeben der weiteren Tatausführung
ausschließt.
Eine Ansicht
- außertatbestandliche Zielerreichung verhindert freiwilliges Aufgeben der Tat
→ Ratio der Norm
→ Täter verdiene den Rücktritt gar nicht, denn er habe alles erreicht, was er erreichen wollte, näm-
lich dem Opfer einen Denkzettel zu verpassen
→ hier Bestrafung wegen versuchten Totschlags
Andere Ansicht (h.M.)
- bejaht die Voraussetzungen des Rücktritts unter Verweis auf den Wortlaut der Norm
- mit dem Aufgeben der Tat könne nur der zu prüfende Straftatbestand gemeint sein
→ sonst würde der Absichtstäter gegenüber dem Täter, welcher eine außertatbestandliche Zielerrei-
chung im Sinn hat und nur mit bedingtem Vorsatz handle, privilegiert, da ersterer zurücktreten kön-
ne, letzterem ein solches Rücktrittsrecht jedoch verwehrt werde
→ Schlechterstellung in Fällen, in welchen der Täter einen Denkzettel verpassen wolle, also eine
außertatbestandliche Zielerreichung erfolge, sei unbillig

Problem – Halbherziger Rücktritt


- Problem beim sogenannten beendeten Versuch
→ Beispiel: A sticht mit Tötungsvorsatz und einem Messer auf B ein. Er erkennt, dass das Opfer so
schwer verletzt ist, dass es an den Verletzungen in kurzer Zeit sterben wird. Kurz nachdem A zuge-
stochen hat, kriegt er jedoch ein schlechtes Gewissen und will den Verletzten zu einem nahe gelege-
nen Krankenhaus transportieren. Allerdings legt der Täter den B 200 m vom Hospital entfernt an ei-
ner Bushaltestelle ab und entfernt sich. B wird zufällig von einem Passanten gefunden und im Er-
gebnis gerettet. Hier stellt sich die Frage, ob A wirksam von seiner Tat zurückgetreten ist.
Eine Ansicht
- Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 24 I 1 2. Alt. StGB
→ nur Zufall zu verdanken, dass das Opfer gerettet wurde, nicht dem Täter
→ Täter verdient damit keine weiteren Schutz
Andere Ansicht (h.M.)
- anerkannt
→ Täter hat eine Kausalkette eröffnet, sodass ihm die Verhinderung des Erfolgseintritts zuzurech-
nen sei
→ Wortlaut der Norm sieht nur vor, dass der Täter die Tatvollendung verhindern müsse, es stehe
dagegen nicht geschrieben, wie dies zu geschehen habe
→ bestmögliches Verhindern sei somit nicht Voraussetzung des § 24 I 1 2. Alt. StGB

cc) Freiwilligkeit
- Freiwillig handelt der Täter immer dann, wenn er aus autonomen, nicht aber aus heteronomen Mo-
tiven zurücktritt
b) Mehrere Beteiligte, § 24 II StGB
aa) § 24 II 1 StGB
- Tat nicht vollendet, was auf dem Zutun des Beteiligten beruht
bb) § 24 II 2, 1. Alt. StGB
- Tat nicht vollendet, allerdings beruht dies nicht auf dem Zutun des Beteiligten
cc) § 24 II 2, 2. Alt. StGB
- Tat wurde vollendet, ein Rücktritt ist aber dennoch möglich
2. Versuch aus grobem Unverstand, § 23 III StGB
- besonders untauglicher Versuch
- drängt sich dem Täter geradezu auf, dass das, was er vorhat, nicht funktionieren kann
→ Beispiele: Abtreibung mittels einer Tasse Lindenblütentee, Tötung mittels eines Stücks Zuckers,
wobei der Täter weiß, dass es sich um Zucker handelt

Problem – Versuch bei erfolgsqualifizierten Delikten


A. Erfolgsqualifizierte Versuch
- Grunddelikt im Versuch stecken bleibt, die schwere Folge allerdings eintritt
- außerhalb der Körperverletzungsdelikte unproblematisch möglich
→ Beispiel: Ein Jugendlicher versucht, einer alten Dame ihre Handtasche gewaltsam wegzuneh-
men. Diese hält die Tasche jedoch fest, sodass der Täter diese nicht entreißen kann. Dabei stürzt das
Opfer jedoch so unglücklich, dass es aufgrund der erlittenen Verletzungen später verstirbt. Dies ist
unproblematisch ein versuchter Raub mit Todesfolge. Der erfolgsqualifizierte Versuch wird wie
folgt aufgebaut:
I. Vorprüfung
II. Tatbestand (des Grunddelikts)
1. Tatentschluss
2. Unmittelbares Ansetzen
III. Erfolgsqualifikation
1. Eintritt der schweren Folge
2. Kausalität
3. Gefahrspezifischer Zusammenhang
4. Fahrlässigkeit bezüglich dem Eintritt der schweren Folge
IV. Rechtswidrigkeit
V. Schuld
B. Versuch der Erfolgsqualifikation
- Grundtatbestand vollendet oder versucht, jedoch bleibt die schwere Folge nur versucht
→ Beispiel: Der Jugendliche will der Dame die Tasche entwenden und nimmt dabei billigend in
Kauf, dass sie die Handtasche festhält und aufgrund dessen stürzt und stirbt. Es kommt jedoch an-
ders. Das Opfer verstirbt nicht und der Täter gelangt in den Besitz der Handtasche. Der Versuch der
Erfolgsqualifikation wird wie folgt geprüft:
I. Tatbestand
1. Grundtatbestand
- entweder im Vollendungs- oder im Versuchsaufbau
2. Versuch der Erfolgsqualifikation
a) Tatentschluss
b) Unmittelbares Ansetzen
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

Aufbau der Prüfung - Mittäterschaft, § 25 II StGB


I. Tatbestand
1. Täterunabhängige Merkmale
- weder dem Täter noch der Tathandlung zuzuordnen
→ Beispiel: Die fremde bewegliche Sache im Bereich des Diebstahls oder das Vorliegen einer Ur-
kunde bei den Urkundsdelikten.
2. Zurechnung der Tathandlung, § 25 II StGB
- gemeinschaftlich getötet, weggenommen, getäuscht etc. worden sein
a) Gemeinsamer Tatplan
Problem – Sukzessive Mittäterschaft
- iim übertragenen Sinne einer der beiden Täter bereits ein Stück des Weges gegangen ist und der
andere später dazu stößt
→ Beispiel: A hat einen Gegenstand nach Einbruch in ein Haus entwendet und ist dabei, diesen Ge-
genstand heraus zu transportieren. Es liegt somit ein Diebstahl vor, der zwar vollendet, jedoch noch
nicht beendet ist. Zu diesem Zeitpunkt kommt ein anderer hinzu, welcher gegen Zahlung der Hälfte
des Erlöses dazu bereit ist, erheblich mitzuhelfen, beispielsweise transportiert er die Ware ab. Nun
stellt sich die Frage: Kann er, da die Tat schon vollendet ist, noch Mittäter werden, ist also eine suk-
zessive Mittäterschaft möglich? Die sukzessive Mittäterschaft spielt auf der Zeitschiene des Straf-
rechts zwischen jeweils Erfolg und Beendigung der Tat eine Rolle.
Eine Ansicht (h.L.)
- lehnt die sukzessive Mittäterschaft ab, da es keinen dolus subsequens (rückwirkenden Vorsatz)
gibt
-keine Tatherrschaft, der Hinzukommende könne das Geschehen nicht steuernd lenkend in den
Händen halten, wenn dieses bereits abgeschlossen sei
Andere Ansicht (BGH)
- bejaht die sukzessive Mittäterschaft, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind
- Dazustoßender braucht Kenntnis von der Tat, billigt diese und leistet irgendeinen Tatbeitrag
→ nicht tatsächlich abgeschlossen, nur weil beim Diebstahl Vollendung und Beendigung auseinan-
der fallen, könne dies aufgrund des rechtlichen Abschlusses der Tat nicht zur Verneinung der Mittä-
terschaft führen.

b) Gemeinsame Begehungsweise

Problem – Abgrenzung Mittäterschaft – Beihilfe


- Scheinproblem, da beide Auffassungen in der Regel zu gleichen Ergebnissen kommen
Tatherrschaftslehre (h.L.)
- über das Kriterium der Tatherrschaft
- Täter, und damit Mittäter, ist, wer Tatherrschaft hat
→ derjenige, der das Geschehen steuernd, lenkend in den Händen hält
→ derjenige, der den Schuss abgibt, aber auch derjenige, der daneben steht und jederzeit eingreifen
könnte oder auch derjenige, der im Auto sitzt, die Straße im Blick hat und das Opfer jederzeit war-
nen könnte
- objektive Theorie.
Andere Ansicht (BGH)
- anhand des Täterwillens
- spezielle Indizien
→ Tatinteresse, der Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft bzw. der Wille zur Tatherr-
schaft
- grenzt über den Täterwillen subjektiv ab, gelangt jedoch über den Umweg der Indizien zur
Tatherrschaft
- genügt, wenn ein Indiz vorliegt, sofern dieses der Tat ihr Gepräge gibt

Problem – Ausstieg vor Versuch


- Personen haben einen gemeinsamen Tatplan geschmiedet
- bevor dieser umgesetzt wird, also bevor einer der beiden in die Versuchsphase gelangt bzw. un-
mittelbar ansetzt, sagt sich einer von diesem Plan einseitig los
→ Beispiel: A und B planen einen Raub auf eine Tankstelle und machen sich auch auf den Weg.
Bevor sie jedoch bei der Tankstelle ankommen, sagt sich einer der beiden Täter los. Der andere
führt die Tat wie ursprünglich geplant aus. Hier stellt sich die Frage, ob der Ausstieg vor Versuch
dem sich lossagenden Täter hilft.
Eine Ansicht
- Verneinung der Mittäterschaft führt
→ Vorsatz, welcher zum Zeitpunkt der Tatausführung vorliegen muss, ist nicht mehr gegeben
Andere Ansicht (h.M.)
- hilft nicht, wenn Tatidentität besteht
→ die geplante Tat ist mit der später ausgeführten Tat im Wesentlichen identisch
→ Beispiel: Die Tat wird am selben Tag, am selben Ort und gegenüber demselben Opfer ausge-
führt. Tatidentität besteht dagegen nicht, wenn die Tat später oder mit einem anderen Täter ausge-
führt wird. Es wird damit argumentiert, dass der Vorsatz zur Zeit des eigenen Tatbeitrags vorliegen
muss. Der Tatbeitrag kann auch in der Planung oder dem Auskundschaften liegen und zu diesem
Zeitpunkt hatte der Betroffene Vorsatz. Liegt jedoch ein Delikt mit überschießender Innentendenz
vor, dann muss die Innentendenz zur Zeit der Tatausführung vorliegen. Wenn jemand im Falle eines
Raubes sich lossagt, liegt trotz Zueignungsabsicht keine Tatidentität vor.

Problem – Fehlende Mitwirkung im Ausführungsstadium


→ Beispiel: Zwei Personen planen irgendeinen Straftatbestand, jedoch führt nur einer die Tat aus.
Der andere bleibt zuhause, beispielsweise der Bandenchef, der alles geplant hat, oder bei Brandstif-
tungsdelikten derjenige, der das Gebäude in Brand gesetzt hat. Es stellt sich somit die Frage, ob ihm
der vom anderen durchgeführte Betrug gegenüber der Versicherung, bei welchem er nicht zugegen
ist, auch nach § 25 II StGB zugerechnet werden kann.
Strenge Tatherrschaftstheorie
- Tatherrschaft wörtlich, also streng als steuernd lenkendes „In den Händen Halten“ zu verstehen
- der, der nicht am Tatort zu gegen sei, hat keine Tatherrschaft und könne daher nur als Beihelfer
bestraft werden
Tatherrschaftslehre (h.L.)
- funktionalen Tatherrschaft
- Tatherrschaft sei teilbar, also könne das Minus in der Ausführung durch ein Plus in der Vorberei-
tungsphase ausgeglichen werden, wenn der Beitrag von einigem Gewicht sei
- fehlende Mitwirkung im Ausführungsstadium ändert somit nichts an der Qualifikation des Han-
delns als ein solches in Mittäterschaft
→ Argument, dass, sollte man zur Beihilfe kommen, dies zu unbilligen Ergebnissen führen würde,
da § 27 II 2 StGB eine zwingende Milderung vorsehe
→ nicht haltbar, wenn der Kopf der Bande oder derjenige, der erhebliche Beiträge leiste, besser
wegkomme, als derjenige, der die Hauptarbeit übernimmt
Andere Ansicht (BGH)
- Täterschaft jedoch am Täterwillen festgemacht
- jeder mit Täterwillen erbrachte Tatbeitrag in der Vorbereitungsphase reicht für das Vorliegen von
Mittäterschaft
→ sonst Unbilligkeit der Ergebnisse

3. Vorsatz

Problem – Auswirkungen des e.i.p. auf den Mittäter


I. Ein Dritter ist betroffen
- Rechtsfolge
→ Beispiel: A und B planen zusammen, den X zu erschießen. B soll dies ausführen und lauert da-
her an einer bestimmten Stelle dem X auf. Anstelle des X kommt jedoch der Y des Weges, welchen
B für X hält und auf diesen schießt. Y verstirbt. Für den Schützen liegt ein unbeachtlicher error in
persona vor. Es ist jedoch zu klären, wie sich dieser Irrtum auf den Mittäter auswirkt.
Eine Ansicht
- für den Mittäter beachtlich
→ Argument, dass sich der Schütze nicht an den Plan gehalten habe
→ Mittäterexzess, welcher dem anderen Mittäter nicht zugerechnet werden könne
Andere Ansicht (h.M.)
- unbeachtlich
- der andere hat sich an den Tatplan gehalten
→ denjenigen erschießen, der zu einer bestimmten Zeit an einer bestimmten Stelle vorbeikommt
→ der andere Mittäter hätte in derselben Situation höchstwahrscheinlich auch geschossen
II. Mittäter selbst ist betroffen
→ Beispiel: Zwei Personen planen einen Diebstahl und für den Fall, dass sie überrascht werden,
planen sie, auf den Verfolger zu schießen und diesen notfalls auch zu erschießen, damit der Dieb-
stahl gewährleistet werden kann. Daraufhin brechen die beiden in ein Haus ein und hören während
des Entwendens ein Geräusch. Sie denken, dieses Geräusch wurde durch den Eigentümer oder den
Nachtwächter verursacht und fliehen in unterschiedliche Richtungen. A läuft nach rechts und B
nach links. B muss jedoch feststellen, dass er links nicht weiterkommt, macht kehrt und läuft dem
anderen Mittäter hinterher. A dreht sich um und denkt, dass der Eigentümer bzw. Nachtwächter ihn
verfolge und schießt mit Tötungsvorsatz auf B, trifft ihn auch und verletzt ihn schwer. B überlebt
glücklicherweise. Der Schütze selbst ist aufgrund der Unbeachtlichkeit des error in persona wegen
versuchten Totschlags zu bestrafen. Fraglich ist jedoch, ob der getroffene Mittäter wegen versuch-
ten Totschlags an sich selbst zu bestrafen ist.
Eine Ansicht (h.L.)
- verneint, niemand könne gleichzeitig Täter und Opfer derselben Tat sein
Andere Ansicht (BGH)
- dem anderen Mittäter zuzurechnen
→ Argument: Tatplan, es war geplant, auf einen etwaigen Verfolger zu schießen und genau dies sei
getan worden
→ untauglicher Versuch an sich selbst
→ nicht strafrechtlich relevant
→ untauglicher Versuch ist nach § 23 III StGB strafbar
→ Betroffene wäre mithin wegen versuchten Totschlag und auch wegen nur versuchter Körperver-
letzung zu bestrafen, da auch hier nur ein untauglicher Versuch an sich selbst vorläge

4. Sonstige subjektive Merkmale


- wenn erforderlich
- z.B. Habgier, Zueignungsabsicht etc.
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

Aufbau der Prüfung - Mittelbare Täterschaft, § 25 I 2. Alt. StGB


(I. Vorüberlegung: kein Ausschluss)
- gedanklich
- bei eigenhändigen Delikten (Bsp.: Straßenverkehrsdelikte, Aussagedelikte)
- bei Sonderdelikten (Delikte, die eine bestimmte Sonderrolle des Täters fordern, Bsp.: Echte Amts-
delikte) &
- bei Fahrlässigkeitsdelikten ausgeschlossen
II. Tatbestand
1. Verwirklichung des objektiven Tatbestandes (jedenfalls teilweise) durch einen anderen
2. Zurechnung der Tathandlung, § 25 I 2. Alt. StGB
a) Wezkzeugqualität des Tatmittlers
- Werkzeugqualität bzw. ein Strafbarkeitsmangel des Tatmittlers, auch Vordermann genannt, vorlie-
gen
Problem – Täter hinter dem Täter
- der Vordermann handelt voll deliktisch
I. Zwei Fallgruppen
1. Vermeidbarer Verbotsirrtum
-. Tatmittler wird etwas vorgegaukelt, sodass er glaubt, rechtmäßig zu handeln
→ Prominentestes Beispiel ist der Katzenkönigfall. Hier wurde einem Polizeibeamten vorgespielt,
er handle rechtmäßig, wenn er eine Blumenhändlerin ersteche, weil er damit dem imaginären Kat-
zenkönig helfen würde. Mit Ausführung der Tat hat sich der Polizeibeamte strafbar gemacht, da er
einem vermeidbaren Verbotsirrtum erlegen ist. Fraglich ist jedoch, wie sich dies auf den Hinter-
mann, also den mittelbaren Täter auswirkt.
2. Ausnutzen organisatorischer Machtapparate
→ Mauerschützenfälle. In diesen Fällen hat jemand die Anweisung gegeben, an der innerdeutschen
Grenze auf Flüchtige zu schießen. Es stellt sich mithin die Frage, wie der Anweisende zu bestrafen
ist. Als organisatorische Machtapparate gelten auch solche der organisierten Kriminalität oder der
Wirtschaftskriminalität.
Wie ist nun das Phänomen Täter hinter dem Täter zu behandeln?
Eine Ansicht
- verneint die mittelbare Täterschaft in derartig gelagerten Konstellationen aufgrund des Selbstver-
antwortungsprinzips
- gibt es eine Person, die selbst verantwortlich sei, so könne es keinen Zweitverantwortlichen geben
→ sachgerechte Bestrafung wegen Anstiftung gemäß § 26 StGB
Andere Ansicht (h.M.)
- bejaht die mittelbare Täterschaft in der Konstellation des Täters hinter dem Täter, da der Vorder-
mann jederzeit austauschbar sei
→ Marionettenartigkeit

Problem – Irrtum über Beteiligungsformen.


I. Objektiv § 26 StGB, subjektiv § 25 I 2. Alt. StGB
1. Grundfall
→ Beispiel: A tötet vorsätzlich den X. B hat den A zu dieser Tat angestiftet, glaubt aber, der A wer-
de die Tötung ohne Vorsatz durchführen, er selbst sei also mittelbarer Täter.
Eine Ansicht
- verneint Anstifterstrafbarkeit
→ Versuch der mittelbaren Täterschaft
→ Argument, dass eine andere Beteiligungsform vorläge
→ der Betroffene will nicht Anstifter, sondern mittelbarer Täter sein
Andere Ansicht (h.M.)
- bejaht die Strafbarkeit wegen vollendeter Anstiftung zum Totschlag
→ Argument des wesensgleichen Minus
→ Mittelbare Täterschaft und Anstiftung stünden in einem Stufenverhältnis, sodass der Vorsatz zur
schwerwiegenderen Beteiligungsform, nämlich der mittelbaren Täterschaft, als wesensgleiches Mi-
nus auch die Anstiftung mit umfasse
2. Aussagedelikte
→ Beispiel: A sagt vor Gericht vorsätzlich falsch aus und macht sich damit einer uneidlichen
Falschaussage bzw. eines Meineids strafbar. B hat den A objektiv zu dieser Falschaussage angestif-
tet, denkt jedoch, A sage vor Gericht unvorsätzlich, also gutgläubig falsch aus.
Eine Ansicht
- lehnt eine Strafbarkeit nach den §§ 153, 154 StGB ab
→ Argument, es liege eine andere Beteiligungsform vor
Andere Ansicht (h.M.)
- verneint eine Strafbarkeit aufgrund der §§ 153, 154 StGB auch, tut dies jedoch aus anderen Grün-
den
→wegen der Eigenhändigkeit der Delikte existiere die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft
nicht
→ bestraft nach § 160 StGB, wobei im Einzelnen umstritten ist, ob wegen versuchten oder vollen-
deten Delikts zu bestrafen ist
II. Objektiv § 25 I 2. Alt. StGB. subjektiv § 26 StGB
- objektiv mittelbare Täterschaft vorliegend, der Betroffene jedoch glaubt, er sei lediglich Anstifter
1. Grundfall
→ Beispiel: A tötet unvorsätzlich den X. B hat den A angesprochen, um den Tatentschluss hervor-
zurufen. Dies ist ihm jedoch nicht gelungen. Diese Konstellation beim Irrtum über Beteiligungsfor-
men ist unstrittig.
a) § 25 I 2. Alt. StGB
- mittelbare Täterschaft prüfen und mit dem Argument verneinen, dass der Vorsatz fehlt
b) § 26 StGB
- Bestrafung wegen vollendeter Anstiftung ist abzulehnen, da es an einer vorsätzlichen rechtswidri-
gen Haupttat fehlt, da für den Angestifteten allenfalls eine Strafbarkeit wegen eines Fahrlässigkeits-
delikts in Betracht kommt
c) § 30 I StGB
- wenn ein Verbrechen vorliegt, eine versuchte Anstiftung nach § 30 I StGB bejahen
2. Aussagedelikte
→ Beispiel: A sagt vor Gericht unvorsätzlich falsch aus. B hat ihn angesprochen und wollte den Ta-
tentschluss hervorrufen, ihn also zur Tat anstiften. Hier greift die Sonderregelung des § 159 StGB,
die versuchte Anstiftung zur Falschaussage. Im Falle eines Meineids ist wiederum § 30 I StGB zu
berücksichtigen, da der Meineid ein Verbrechen ist.

Problem – Auswirkungen des e.i.p. bei § 25 I 2. Alt. StGB


I. Hintermann bestimmt Tatobjekt eindeutig
- dennoch erfolgt ein Irrtum des Werkzeugs
→ Beispiel: Der Arzt gibt der Schwester eine Giftspritze in die Hand, erläutert ihr nicht, dass es
sich bei dem Inhalt um Gift handelt, sondern spiegelt ihr vor, es handle sich um ein Medikament. Er
bittet sie, diese Spritze einer ganz bestimmten Person in Zimmer 17, die er namentlich nennt, zu ge-
ben. Sie tut dies versehentlich bei einem anderen Patienten. Hierbei handelt es sich unumstritten um
eine sogenannte aberratio ictus, ein Fehlgehen der Tat, sodass dieser Irrtum bei § 25 I 2. Alt. StGB
beachtlich ist und man zu einer Versuchsstrafbarkeit am vorgestellten und zur Fahrlässigkeitsstraf-
barkeit am getroffenen Objekt gelangt.
II. Hintermann bestimmt Tatobjekt nicht eindeutig
→ Beispiel: Der Arzt gibt einer Krankenschwester wiederum eine Spritze mit Gift in die Hand und
bittet sie, sie solle diese einer Person in Zimmer 17 geben. Dort liegen jedoch mehrere Patienten,
sodass die Schwester die Spritze einem anderen gibt. In solchen Fällen des Irrtums bei § 25 I 2. Alt.
StGB, in denen der Täter das Tatobjekt nicht ausreichend beschreibt, ist die Lösung umstritten.
Eine Ansicht
- aberratio ictus, da der Täter lediglich ein Werkzeug benutze, sodass die Tat aufgrund des Werk-
zeuges fehlgehe
Andere Ansicht (h.M.)
- Unbeachtlichkeit des Irrtums
- wird dem Hintermann folglich zugerechnet, da keine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf
vorliege
- bei ungenauem instruieren sei es nicht lebensunwahrscheinlich, dass eine falsche Person getroffen
werde

b) Überlegenes Wissen und Wollen


- überlegenes Wissen oder Wollen des mittelbaren Täters bzw. Hintermanns gegenüber dem Werk-
zeug
3. Vorsatz
- Problem, wie sich ein error in persona des Vordermanns auf den mittelbaren Täter auswirkt
→ Möglichkeit, dass ein Irrtum über die Beteiligungsform vorliegt
4. Sonstige subjektive Merkmale
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld

Aufbau der Prüfung - Anstiftung, § 26 StGB


I. Tatbestand
1. Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
- Akzessorietät von Täterschaft und Teilnahme
- auf die bereits geprüfte Haupttat verweisen
2. Bestimmen
- das Hervorrufen des Tatentschlusses
- doppelter Vorsatz, bezüglich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und des Bestimmens

Problem – Omnimodo facturus


I. Aufstiftung
- Anstiftung zur Qualifikation
→ Beispiel: A ist bereits fest entschlossen, den X zu verprügeln. B stimmt ihm zu, fordert A jedoch
auf, einen Knüppel mitzunehmen. A verprügelt den X anschließend mit einem Knüppel und macht
sich dadurch zumindest gemäß den §§ 223, 224 I Nr. 2 StGB strafbar. Fraglich ist, wie B zu bestra-
fen ist.
Eine Ansicht
- verneint eine Strafbarkeit wegen Anstiftung in dieser Konstellation des omnimodo facturus
→ dogmatischen Begründung, dass der Täter bereits zum Grunddelikt entschlossen und ein Bestim-
men daher nicht mehr möglich sei
Andere Ansicht (h.M.)
- bejaht eine Strafbarkeit gemäß § 26 StGB mit dem kriminalpolitischen Argument, dass der Täter
nur in Bezug auf das Grunddelikt ein omnimodo facturus gewesen sei
→ Unrechtssteigerung statt, indem der Entschluss zur Qualifikation hervorgerufen werde.
II. Abstiftung
→ Beispiel: A ist bereits fest entschlossen, den X mit einem Knüppel zu verprügeln. B sagt ihm je-
doch, er solle bitte den Knüppel zuhause lassen. X wird daraufhin nur mit den Fäusten verprügelt.
Es stellt sich wiederum die Frage, wie B zu bestrafen ist. Hier kommt unstreitig § 26 StGB nicht in
Betracht, da der Täter sogar schon omnimodo facturus bezüglich der Qualifikation war.
- Bestrafung wegen Beihilfe verneinen
→ durch die Abstiftung eine Risikoverringerung erfolgt und die objektive Zurechnung somit abzu-
lehnen ist.
III. Umstiftung
→ Beispiel: A ist entschlossen, den X mit einem Baseballschläger zu verprügeln. B rät ihm, statt
des Baseballschlägers einen Gartenschlauch zu verwenden. Dies tut A auch. Wiederum scheidet
eine Strafbarkeit wegen Anstiftung aus, da keine Unrechtssteigerung stattgefunden hat. Es liegt le-
diglich eine andere Form des § 224 StGB vor
- Beihilfe in diesem Fall bejaht, weil er dem Täter den Plan nicht ausgeredet hat, sondern ihn sogar
bestärkt bzw. psychisch dabei unterstützt

3. Vorsatz bezüglich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat

Problem – Auswirkungen des e.i.p. auf den Anstifter


→ Beispiel: A beauftragt den B, eine näher beschriebene Person an einer ganz bestimmten Stelle zu
einer bestimmten Uhrzeit zu töten. B lauert an besagter Stelle zu besagter Uhrzeit der Person auf. Es
kommt auch jemand, welcher der zu tötenden Person sehr ähnlich sieht. Der Schütze verwechselt
die beiden Personen miteinander und schießt, sodass das Opfer stirbt. Er hat sich folglich eines Tot-
schlags bzw. Mordes strafbar gemacht. Wie wirkt sich allerdings dieser Irrtum auf den Anstifter
aus?
Eine Ansicht
- keinen error in persona, sondern eine aberratio ictus,angenommen
- Bestrafung wegen Fahrlässigkeit an dem getroffenen Objekt und eine Versuchsstrafbarkeit an dem
vorgestellten Objekt
- zum Teil umstritten, ob wegen versuchter Anstiftung oder Anstiftung zum Versuch zu bestrafen
ist
→ Blutbadargument. Sollte der Schütze die Verwechslung bemerkt haben, nachdem er das Opfer
kontrollierte, würde er weiter auf der Lauer liegen, und weitere Personen erschießen, bis er die rich-
tige erwische und richte somit ein Blutbad an, sodass man schlimmstenfalls wegen Anstiftung zum
30-fachen Mord bestrafen müsse
→ nicht sachgerech
→ Vergleichbarkeit mit einem Werkzeug
Andere Ansicht (h.M.)
- error in persona an, welcher für den Anstifter jedenfalls dann unbeachtlich sei, bei einer unwesent-
liche Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Kausalverlauf vorliege
→ Bestrafung aufgrund vollendeter Anstiftung zum Totschlag bzw. Mord
→ Argument, dass dem Täter die Individualisierung überlassen worden sei und der Anstifter das
Geschehen aus der Hand gegeben habe, weshalb ihm im Ergebnis der Irrtum des Täters – der error
in persona - auch zugerechnet werden müsse
→ Voraussetzungen einer aberratio ictus nur dann erfüllt, wenn der Betroffene sein Opfer sinnlich
wahrnehme, was in den Fällen der Anstiftung gerade nicht gegeben sei
4. Vorsatz bezüglich des Bestimmen
(5. Tatbestandsverschiebung, § 28 II StGB)
- möglicherweise auf eine Tatbestandsverschiebung gemäß § 28 II StGB eingehen
a) Besonderes persönliches Merkmal
- besondere persönliche Eigenschaften, Umstände oder Verhältnisse
→ täterbezogene Merkmale, wie beispielsweise gewerbsmäßiges Handeln oder Habgier
b) Strafmodifikation
- Schärfung, Milderung oder der Ausschluss der Strafbarkeit

Problem – Anwendbarkeit des § 28 StGB bei den Tötungsdelikten


- in §§ 212, 211, 216 StGB. Die Anwendbarkeit des § 28 StGB kann in drei Konstellationen zu pro-
blematisieren sein.
I. Erste Konstellation
- Täter verfügt über ein Mordmerkmal der ersten oder dritten Gruppe (Habgier, niedriger Beweg-
grund), der Teilnehmer jedoch nicht.
Eine Ansicht (Lit.)
- § 28 II StGB anwenden, sodass es zu einer Tatbestandsverschiebung kommt
→ wegen Anstiftung zum Totschlag bestrafen
→ Argument, das sich aus dem Wortlaut der Tötungsdelikte ergebe, dass § 211 StGB eine Qualifi-
kation von § 212 StGB ist („ohne Mörder zu sein“)
→ beide Tatbestände sprächen von der Tötung eines anderen Menschen
→ mit der Anwendung von § 28 II StGB zu nachvollziehbareren Ergebnissen, da man Tatbestand
immer dorthin schieben kann, wo sich das Mordmerkmal befindet bzw. von dort wegschieben, wo
es sich nicht befindet
Andere Ansicht (BGH)
- BGH wendet § 28 II StGB nicht an, sodass wegen Anstiftung zum Mord bestraft wird, sofern der
Teilnehmer das Mordmerkmal des Täters kennt
- § 28 I StGB aufgrund der Strafbegründung angewandt, sodass es zu einer obligatorischen Milde-
rung kommt
→ Systematik der Tötungsdelikte, wäre § 211 StGB eine Qualifikation des § 212 StGB, so müsste
er im Gesetz hinter diesem, nicht davor stehen
→ Gesetz unterscheidet im Wortlaut zwischen Mörder und Totschläger, sodass von zwei unter-
schiedlichen Tatbeständen auszugehen sei
II. Zweite Konstellation
- der Teilnehmer verfügt über ein Mordmerkmal der ersten oder dritten Gruppe, der Täter jedoch
nicht
Eine Ansicht (Lit.)
- § 28 II StGB anwenden, sodass der Teilnehmer wegen Anstiftung oder Teilnahme zum Mord be-
straft wird, der Täter lediglich wegen Totschlags
Andere Ansicht (BGH)
- lehnt eine Anwendung des § 28 II StGB ab und bestraft den Teilnehmer wegen Anstiftung bzw.
Beihilfe zum Totschlag
-§ 28 I StGB kann nicht angewandt werden, da der Täter nicht über das strafbegründende Merkmal
verfügt, sondern der Teilnehmer
III. Dritte Konstellation
- sowohl Täter als auch Teilnehmer besitzen Mordmerkmale der ersten oder dritten Gruppe
→ Beispiel: Habgier beim Täter, niedriger Beweggrund beim Teilnehmer; Habgier bei beiden aus
unterschiedlichen Gründen, unterschiedliche niedrige Beweggründe bei Täter und Teilnehmer (Hass
und Rache).
Eine Ansicht (Lit.)
- zweifache Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB, sodass sowohl Teilnehmer als auch An-
stifter bzw. Beihelfer wegen Mordes zu bestrafen sind
2. Andere Ansicht (BGH)
- wendet § 28 II StGB nicht an, kommt aber dennoch zur Bestrafung wegen Anstiftung oder Beihil-
fe zum Mord, da es sich hier um den besonderen Fall der gekreuzten Mordmerkmale handele
- Anwendung des § 28 I StGB abgelehnt

II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Strafe
(1. Strafaufhebung, § 24 II StGB)
- Strafaufhebung bei mehreren Beteiligten gemäß § 24 II StGB möglich
(2. Strafzumessung, § 28 I StGB)
- bei Anstiftung nach § 26 StGB ist auch die Strafzumessungsvorschrift des § 28 I StGB zu beach-
ten
(a) Besonderes persönliches Merkmal beim Täter)
- muss strafbegründend sein
(b) Strafbegründend)
- wenn der Tatbestand ohne es nicht verwirklicht werden kann

Aufbau der Prüfung - Versuchte Anstiftung, § 30 I StGB


I. Vorprüfung
1. Keine vollendete Anstiftung
2. Strafbarkeit (Verbrechenscharakter)
- Verbrechenscharakter der Tat

Problem – Person i.S.d. § 30 I StGB


- auf welche Person bei der Bestimmung des Verbrechens abzustellen ist
- klären, in welcher Person das Verbrechen vorliegen muss
→ Beispiel: Der A ist Mitglied in einer Bande, die ihren Lebensunterhalt damit verdient, Sportwet-
ten durchzuführen, dabei jedoch auf manipulierte Spiele zu setzen. Dies führt zu einem Betrug i.S.d.
§ 263 I StGB, wobei das gewerbsmäßige Vorgehen einer Bande in § 263 V StGB geregelt ist. Wie
wird nun derjenige bestraft, der diese Person versucht, zu der Manipulation anzustiften? Es ist
davon auszugehen, dass der Ansprechende gerade kein Mitglied dieser Bande ist, jedoch ein solches
Bandenmitglied darum bittet, wieder einmal auf ein manipuliertes Spiel zu setzen. Der Angespro-
chene kommt der Bitte jedoch nicht nach, sodass die Anstiftung im Versuch stecken bleibt.
Eine Ansicht (h.L.)
- Person des Anstifters abstellen, was im vorliegenden Fall zur Straffreiheit des Anstifters führen
würde
→ nicht Mitglied der gewerbsmäßig handelnden Bande und somit liegt kein Verbrechen in seiner
Person vor
→ Argument, mögliche Anwendbarkeit des § 28 II StGB an, nachvollziehbare, gerechte Ergebnisse
Andere Ansicht (BGH)
- auf die Person des Angestifteten abstellen, also auf denjenigen, der die Manipulation und den
Wetteinsatz durchführen sollte
→ Wortlaut des § 30 I StGB („einen anderen zu bestimmen versuchen, ein Verbrechen zu bege-
hen“), welcher nahelege, dass die Person des anderen, also des Angestifteten relevant für die Ver-
brechensbestimmung sei
→ Strafgrund, es soll im Rahmen der versuchten Anstiftung besonders verwerfliche Taten und nicht
besonders gefährliche Täter bestraft werden
II. Tatbestand
1. Tatentschluss
a) Vorsatz bezüglich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat
b) Vorsatz bezüglich des Bestimmen
2. Unmittelbares Ansetzen
- nach § 30 I StGB
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld
(V. Strafe)
- Strafaufhebung nach § 31 StGB möglich

Aufbau der Prüfung - Beihilfe, § 27 StGB


I. Tatbestand
1. Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
- Akzessorietät von Täterschaft und Teilnahme
2. Hilfeleisten
- jedes Fördern der Haupttat
- Probleme sind hier die sukzessive Beihilfe sowie die neutrale Beihilfe
→ neutrale Beihilfe ist ein Hilfeleisten im Alltagsgeschehen
→ Beispiele: Verkauf eines Messers an jemanden, der damit einen Mord begehen will. Geben von
Anlagetipps durch einen Steuerberater, wobei der Ratsuchende damit eine Steuerhinterziehung be-
gehen möchte
- Streit ist rein akademischer Natur
→ subjektiv zu betrachten
→ weiß derjenige, der die neutrale Handlung vornimmt, dass der andere eine Straftat begehen will,
ist er wegen Beihilfe zu bestrafen
→ in allen anderen Fällen ist ein solches neutrales Verhalten straflos
3. Vorsatz bezüglich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat
4. Vorsatz bezüglich des Hilfeleisten
(5. Tatbestandsverschiebung, § 28 II StGB)
- Tatbestandsverschiebung gemäß § 28 II StGB zu berücksichtigen
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Strafe
(1) Strafaufhebung, § 24 II StGB)
(2) Strafzumessung, § 28 I StGB)

Problem – Sukzessive Beihilfe


→ Beispiel: A bricht irgendwo ein, entwendet einen Gegenstand und ist gerade dabei, diesen aus
dem Haus zu tragen, als zufällig sein Freund B vorbeikommt und dem A hilft, die Sache abzutrans-
portieren. Dies macht er unentgeltlich, erweist dem A einen Freundschaftsdienst. Da hier kein Geld
im Spiel ist und B wohl auch keine Tatherrschaft besitzt, ist ein mittäterschaftliches Vorgehen aus-
zuschließen. Allerdings könnte eine sukzessive Beihilfe zum Diebstahl vorliegen.
Eine Ansicht
- verneint, da es, wenn man wegen Beihilfe bestrafen würde, zu einer Überschneidung von Beihilfe
und Begünstigung gemäß § 257 StGB käme
→ klar abgrenzen, ist das Delikt bereits vollendet, könne das anschließende Helfen nur als Begüns-
tigung eingeordnet werden
Andere Ansicht (h.M.)
- bejaht in derartigen Konstellationen
- kein tatsächlicher Abschluss der Tat erkennbar
→ lediglich vollendet, aber noch nicht beendet
- Abgrenzen nach der inneren Willensrichtung
→ im Vorsatz prüfen, ob der Betroffene lediglich Hilfeleisten oder sogar die Vorteile der Tat si-
chern möchte
Aufbau der Prüfung - Versuchte Beteiligung, § 30 II StGB
I. Tatbestand
1. Tathandlung
- § 30 II 1. Fall StGB enthält das „Sich bereit erklären“, welches die ernst gemeinte Kundgabe der
Bereitwilligkeit zur Begehung eines Verbrechens gegenüber einem anderen bedeutet
- § 30 II 2. Fall StGB regelt die Annahme des Erbietens, liegt vor, wenn der Beteiligte die erklärte
Bereitschaft des Dritten zur Begehung ausdrücklich und ernstlich annimmt
- § 30 II 3. Fall StGB konkretisiert die Verabredung zu einem Verbrechen
→ Willensübereinstimmung von mindestens zwei Personen, welche die in Aussicht genommene
Tat gemeinschaftlich begehen oder einen anderen zur ihrer Ausführung anstiften wollen
2. Vorsatz
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
(IV. Strafe)
- insb. Strafaufhebung nach § 31 StGB

Aufbau der Prüfung - Konkurrenzen


-grds. am Ende der Klausur
- sollten jedoch auch bereits nach jedem Handlungsabschnitt erörtert werden
I. Wieviele Handlungen
- eine oder mehrere
1. Handlungseinheit
- liegt immer dann vor, wenn entweder eine Handlung im natürlichen Sinne, eine natürliche Hand-
lungseinheit oder eine rechtliche Handlungseinheit vorliegt
a) Handlung im natürlichen Sinne
- immer dann gegeben, wenn ein Handlungsentschluss zu einer Willensbetätigung führt
→ Beispiel: Ein Schuss, ein Schlag oder ein Spruch
b) Natürliche Handlungseinheit
- mehrere Willensbetätigungen, also mehrere Handlungen, die aber zeitlich und räumlich zusam-
menhängen und von einem einheitlichen Willen getragen werden
→ Beispiel: Der Täter schlägt mehrfach auf sein Opfer ein und tritt danach noch einmal zu. Der Tä-
ter entwendet ein Gemälde, nachdem er zuvor den Inhaber des Hauses zusammengeschlagen hat
und liefert sich danach eine Verfolgungsjagd mit der Polizei.
c) Rechtliche Handlungseinheit
aa) Zusammengesetzte / mehraktige Delikte
- bestehen aus zwei Straftatbeständen und somit auch aus zwei Handlungen
→ Beispiel: Raub (Nötigung und Wegnahme).
bb) Dauerdelikte
- jemand schafft einen rechtswidrigen Zustand, diesen über einen längeren Zeitraum aufrecht erhält
und das Delikt erst dann abgeschlossen ist, wenn er diesen Zustand nicht mehr aufrecht erhält
→ dann nur einen Straftatbestand erfüllt
→ Beispiel: Freiheitsberaubung, § 239 StGB.
cc) Verklammerung
- gegeben, wenn zwei an sich selbständige Handlungen durch einen Straftatbestand, der die ganze
Zeit vorliegt, zusammengefasst werden
→ Beispiel: Jemand fährt fahrlässig einen anderen Menschen zu Tode (§ 222 StGB), entfernt sich
anschließend unerlaubt vom Unfallort (§ 142 StGB) und fährt die ganze Zeit über mit einem Fahr-
zeug, das er nicht benutzen darf (§ 248b StGB). Der Straftatbestand des § 248 b StGB fasst hierbei
als Dauerdelikt die anderen beiden Straftatbestände zu einer Handlung zusammen, allerdings nur
unter der Voraussetzung, dass das Unrecht dieses Straftatbestandes mindestens an das Unrecht eines
der anderen Delikte heranreicht.
2. Handlungsmehrheit
- mehrere Handlungen vorliegend
II. Gesetzeskonkurrenzen?
- welches Unrecht wurde verwirklicht bzw. welches Schutzgut ist betroffen
- liegen immer dann vor, wenn das Unrecht eines Straftatbestandes in dem Unrecht eines anderen
Straftatbestands enthalten ist
- der erste Straftatbestand wird von dem zweiten Straftatbestand verdrängt
- zwischen Handlungseinheit und Handlungsmehrheit zu unterscheiden
1. Bei Handlungseinheit
a) Spezialität
- wenn ein Straftatbestand begriffsnotwendig alle Merkmale eines andere Straftatbestandes enthält,
aber mindestens ein Merkmal darüber hinausgeht
→ Beispiel: Alle Qualifikationen in ihrem Verhältnis zum Grunddelikt (§ 224 zu § 223 StGB) so-
wie alle Privilegierungen (§ 216 zu § 212 StGB).
b) Subsidarität
- hilfsweise Anwendung für den Fall, dass ein anderer nicht eingreift
- formell, wenn die hilfsweise Anwendung ausdrücklich im Gesetz geregelt ist.
→ Beispiel § 246 StGB („Wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwerer Strafe bedroht
ist“)
-materielle Subsidiarität ist folglich nicht ausdrücklich geregelt und besteht bei sogenannten Un-
rechtsstufenverhältnissen
→ Beispiel: Totschlag durch Unterlassen ist vorrangig vor der unterlassenen Hilfeleistung.
cc) Konsumtion
- erfüllt, wenn ein Tatbestand in einem anderen typischerweise mit verwirklicht wird
→ Beispiel: Der Wohnungseinbruchsdiebstahl verdrängt den Hausfriedensbruch.
2. Bei Handlungsmehrheit
a) Mitbestrafte Vortat
→ Beispielt: Jemand entwendet an einem Montag einen Autoschlüssel und Tage später entwendet
er das dazugehörige Auto. Hier tritt der Diebstahl an dem Schlüssel hinter dem Diebstahl am Auto
als mitbestrafte Vortat zurück.
b) Mitbestrafte Nachtat
→ Beispiel: Auf den Diebstahl eines Autos folgt der Verkauf desselben an einen gutgläubigen Drit-
ten. Dieser Sicherungsbetrug tritt als mitbestrafte Nachtat hinter dem Diebstahl an dem Auto zu-
rück.
III. Ergebnis, wenn keine Gesetzeskonkurrenzen
1. Bei Handlungseinheit
- für den Fall dass im Bereich der Handlungseinheit keine Gesetzeskonkurrenzen vorliegen, besteht
Idealkonkurrenz nach § 52 StGB
→ Beispiel: A schlägt B und nimmt dabei billigend die Beschädigung des Hemdes des B in Kauf.
Körperverletzung und Sachbeschädigung stehen in Tateinheit.
2. Bei Handlungsmehrheit
- besteht Handlungsmehrheit und es liegen keine Gesetzeskonkurrenzen vor, ist Realkonkurrenz ge-
mäß § 53 StGB gegeben
→ Beispiel: Am Montag begeht der Täter eine Körperverletzung, am Donnerstag zerreißt er einer
Person das Hemd (verschiedene Schutzgüter, verschiedene Handlungen).

Aufbau der Prüfung - Wahlfeststellung


I. Die unechte Wahlfeststellung
1. Sachverhaltsungewissheit
- nicht mit Sicherheit feststellbar, durch welche von zwei oder mehreren alternativ fragestehenden
Handlungen ein auf jeden Fall verwirklichter Tatbestand erfüllt wurde
→ Sachverhaltsungewissheit
→ Beispiel: A hat einen Meineid begangen, vgl. § 154 StGB. Es bleibt jedoch unklar, an welchem
Tag der A falsch geschworen hat. Er könnte den Meineid am 4.5. oder 15.5. begangen haben. In
diesem Fall wird A wegen Meineides verurteilt. Es kommt nicht darauf an, an welchem genauen
Tag er diesen begangen hat.
2. Normungewissheit
a) Stufenverhältnis
→ Beispiel: nicht klärbar, ob das Delikt über das Versuchsstadium hinausgelangt ist
- Bestrafung aus der niedrigeren Stufe, hier dem Versuchsdelikt
→ Beispiel: Unsicherheit bezüglich der Tatbeteiligung. Es ist in diesem Fall nicht klar, ob der Be-
schuldigte Täter oder Teilnehmer ist. Stellt sich also die unbeantwortete Frage, ob der Beschuldigte
Beihilfe geleistet hat oder doch bereits Mittäter war, wird er nur aufgrund der Beihilfe verurteilt.
b) Auffangtatbestand
→ Beispiel 1: Es steht fest, dass A den Tod des B verursacht hat. Allerdings bleibt unklar, ob A mit
Vorsatz gehandelt hat. A wird folglich nicht wegen Totschlags gemäß § 212 StGB, sondern wegen
des Auffangtatbestands des § 222 StGB verurteilt.
→ Beispiel 2: Es ist gesichert, dass A vor einer Behörde einen anderen falsch verdächtig hat. Es
bleibt jedoch offen, ob A die für § 164 StGB erforderliche Absicht hatte. Deshalb wird er wegen
Vortäuschen einer Straftat nach § 145d StGB verurteilt.
c) Postpendenzfeststellung
- von zwei rechtlich relevanten Sachverhalten steht der spätere fest
- der frühere Sachverhalt ist nur möglicherweise gegeben
→ Beispiel: A kauft in Kenntnis der Herkunft eine gestohlene Sache an und hat sich damit der Heh-
lerei strafbar gemacht. Allerdings kann nicht geklärt werden, ob A auch als Mittäter an dem Dieb-
stahl der Sache beteiligt war, vgl. §§ 242 I, 25 II StGB. War A an dem Diebstahl beteiligt, kann er
nicht Hehler sein. Steht jedoch das Nachtatverhalten in Form des Ankaufens fest, wohingegen das
Vortatverhalten offen bleibt, wird nur wegen des Nachtatverhaltens, hier der Hehlerei, verurteilt.
d) Präpendenzfeststellung
- von zwei rechtlich relevanten Sachverhalten steht nur der frühere fest
- der spätere Sachverhalt ist dagegen nur möglicherweise gegeben
→ Beispiel: Es steht fest, dass A Mittäter bei einem Diebstahl war, vgl. §§ 242 I, 25 II StGB. Un-
klar bleibt jedoch, ob er in der Kenntnis der Herkunft die Sache von seinem Mittäter angekauft hat,
vgl. § 259 StGB. In diesem Fall wird A nur wegen des gesicherten Vortatverhaltens verurteilt.
II. Echte Wahlfeststellung
1. Voraussetzungen
a) Eindeutige Tatsachenfeststellung nicht möglich
b) Sicher, dass Beschuldigter sich durch jede der beiden (oder mehreren) Alternativen straf-
bar gemacht hätte
c) Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit
- rechtsethische Vergleichbarkeit meint vergleichbares Rechtsgut und vergleichbarer Strafrahmen
- psychologische Vergleichbarkeit meint die gleiche Schuldform (Vorsatz und Fahrlässigkeit)
→ Vorsatzdelikte nur mit Vorsatzdelikten und Fahrlässigkeitsdelikte nur mit Fahrlässigkeitsdelik-
ten vergleichbar
→ vergleichbare Vergehensweise
→ kumulativ vorliegen
→ Beispiel 1: Es ist ungeklärt, ob die Gegenstände, die im Keller des A gefunden wurden, von ihm
selbst entwendet wurden oder ob A diese Gegenstände in Kenntnis ihrer Herkunft aus einem Dieb-
stahl angekauft hat. In diesem Fall wird A wegen Diebstahl oder Hehlerei verurteilt, vgl. §§ 242,
259 StGB
→ Beispiel 2: Es ist geklärt, dass A an Sachen unter Einsatz von Nötigungsmitteln gelangt ist. Hier-
bei bleibt jedoch unklar, ob er diese Gegenstände weggenommen hat oder sich diese hat geben las-
sen. In diesem Fall wird A wegen Raub oder räuberischer Erpressung verurteilt, vgl. §§ 249, 255
StGB
→ Beispiel 3: A ist im Zustand der Fahruntüchtigkeit Auto gefahren. Unklar ist, ob A soviel getrun-
ken hat, dass er schuldunfähig war. Bei Schuldfähigkeit wäre A wegen Trunkenheit im Verkehr zu
verurteilen. Läge diese nicht vor, wäre § 323a StGB einschlägig. Diese Delikte sind schon bereits
wegen ihrer unterschiedlichen Schutzgüter nicht vergleichbar. Außerdem handelt es sich bei Trin-
ken und Fahren um unterschiedliche Begehungsweisen.
2. Rechtsfolge

Problem – Verfassungswidrigkeit der echten Wahlfeststellung


- innerhalb der Senate des Bundesgerichtshofs uneinheitlich beantwortet, weshalb eine Entschei-
dung des großen Senats erfolgen muss
→ Beispiel: Bei A wird Diebesgut gefunden. Es bleibt jedoch unklar, ob A selbst die Gegenstände
weggenommen hat oder ob er sie in Kenntnis der Herkunft angekauft hat. Es stellt sich somit die
Frage, ob A wegen Hehlerei oder Diebstahls verurteilt wird oder ob er straffrei bleibt.
Eine Ansicht
- echte Wahlfeststellung sei nicht verfassungswidrig und kommt daher zu einer wahlweisen Verur-
teilung wegen Diebstahl oder Hehlerei
→ Argument, die Wahlfeststellung diene der materiellen Gerechtigkeit, sei aber prozessualer Natur.
→ Rechtsfolge stamme nicht aus dem materiellen Recht, sondern aus einer prozessualen Lage her-
aus resultiere
→ nicht aufgeklärter Sachverhalt, diese Frage müsse daher prozessrechtlich behandelt werden
Andere Ansicht
- verfassungswidrig
→ Straffreiheit des A
→ Argument Art. 103 II GG
→ Bestrafung ist nach dem Rückwirkungsverbot nur möglich, wenn die dem Täter vorgeworfene
Handlung zur Zeit der Tatausführung auch unter Strafe steht, ist hier jedoch nicht geklärt
→ A weder wegen Diebstahl noch wegen Hehlerei bestrafbar, da keine der beiden Tathandlungen
dem Sachverhalt nach geklärt sei
→ weder Diebstahl noch Hehlerei erfassen diesen ungeklärten Sachverhalt, nicht zu Lasten des Tä-
ters in eine Strafbarkeit ausdehnen
→ richterliche Entwicklung und nicht im Gesetz geregelt, weshalb sie gegen das Gebot der Be-
stimmtheit verstoße

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