FORTBILDUNG
Verletzungen des Fingernagels
und des Nagelbetts
Saskia Maria Katharina Schnabl, Elias Polykandriotis, Adrian Dragu, Ulrich Kneser, Raymund E. Horch
Im chirurgischen Alltag gel-
ten Fingernagelverletzungen
oftmals als harmlose Verlet-
zungen, deren Versorgung
häufig eine Domäne des chir-
urgischen Nachwuchses ist.
Auch wenn es sich um eine
kleine Verletzungszone han-
delt, ist allgemein bekannt,
dass ein subunguales Häma-
tom äußerst schmerzhaft sein
kann. Das Wissen um die
Versorgung solcher schein-
bar geringfügiger Verletzun-
gen kann dazu beitragen,
Schmerzen zu lindern, eine
optimale Heilung zu ermög-
lichen und in etlichen Fällen
Nagelwachstumsstörungen
zu vermeiden. Nach den Sta-
tistiken der gewerblichen
Berufsgenossenschaften be-
treffen 40 Prozent der
Arbeitsunfälle die Hand, die
damit die am häufigsten ver-
letzte Körperregion ist. Der
CHAZ-Beitrag gibt eine aus-
führliche Übersicht über die
möglichen Verletzungsarten
und Komplikationen und
geht detailliert auf konserva-
tive und operative Behand-
lungsmöglichkeiten ein.
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CHAZ • 9. Jahrgang • 4. Heft • 2008
unehmend kommt es auch in der Freizeit zu Chirurgische Anatomie
Z Handverletzungen – hier sind vor allem Heim-
werker und Kinder unter drei Jahren betroffen.
und Physiologie
Häufig verletzt werden die Fingerkuppe und der Fin- Fingerspitze. Die Fingerspitze besteht aus Knochen
gernagel: Schnell ist der Finger in eine schwere Tür und speziellem nagelbildenden Gewebe. Die über-
eingeklemmt, von einer Maschine gequetscht oder ziehende Haut ist dick und sehr strapazierfähig mit
der Hammerschlag verfehlt nur knapp das Ziel und Nervenendigungen und Tastkörperchen, die sonst
trifft den eigenen Nagel. Dabei entstehen dann nur an Zunge und Lippe in dieser Anzahl zu finden
Schnitt-, Riss-, und Quetschverletzungen aller Gewe- sind. Hinzu kommt, dass die Epidermis an dieser
be des Endglieds. Da der Fingernagel auch zu sta- Stelle ein tiefes Papillarsystem besitzt, das durch eine
bilen Weichteilverhältnissen an der Fingerbeere bei- Zusammenfassung zu wenigen großen Leistungs-
trägt, haben Verletzungen dieser Art nicht nur kos- kurven auf den verfeinerten Raumsinn der Finger-
metische Folgen, sondern es ist auch beim Greifen, kuppe eingestellt ist und als Hyponychium die Flä-
Betasten und Halten von Gegenständen mit Ein- che bildet, auf der die distale Nagelplatte aufliegt.
schränkungen zu rechnen. Somit entstehen aus einer Weiterhin ist die Haut der Fingerkuppe besonders
kleinen Unachtsamkeit oft monatelange Beschwer- elastisch und durch besonders gute Durchblutung
den durch subunguale Hämatome, Schmerzen, anpassungsfähig [1].
Infektionen, Nagelfehlbildungen und Bewegungs-
einschränkungen. Schlimmstenfalls droht den Fingernagel. Zum Schutz der Fingerspitze produziert
Patienten eine subtotale oder totale Fingerkuppen- der menschliche Finger zusätzlich den Fingernagel.
amputation [7, 8]. Die Folgen sind Einschränkungen Dieser erhöht sowohl die Geschicklichkeit als auch
in der Durchführung von täglichen Arbeiten, beruf- die Gefühlsempfindung. Ein beschleunigtes Nagel-
liche Nachteile durch Fehlzeiten sowie ästhetische wachstum ist hier vor allem bei ausgeprägter Fin-
Defizite. Daher stehen bei der Versorgung von Fin- gerlänge und während der warmen Jahreszeit zu
gerkuppen-, und Nagelverletzungen sowohl die beobachten. Im Alter nimmt die Geschwindigkeit
Funktionalität als auch der ästhetische Gesamtein- des Fingernagelwachstums dagegen ab.
druck der Hand im Vordergrund. Man sollte
sich bei der Versorgung von Fingerverletzungen Paronychium
immer wieder vor Augen führen, dass sie als
Organ zur Herstellung und Aufrechterhaltung
des psychosozialen Kontakts eine wichtige Hyponychium Nagelwurzel,
Keimmatrix
Funktion erfüllt. Hauptziel der Behandlung jeg-
licher Art von Verletzung im Bereich der Fin- Nagelplatte,
gerspitze und des Fingernagels muss daher die sterile Matrix
Wiederherstellung einer dauerhaft schmerzfreien
Fingerkuppe mit regelhafter Empfindungs- Lunula Eponychium
wahrnehmung und gutem kosmetischem Ausse-
hen sein [7]. Abb. 1 Anatomie des Fingernagels und Nagelbetts
 FINGERNAGELVERLETZUNGEN
Abb. 2 Anatomie des Fingernagels und Nagelbetts im
Querschnitt
Perionychium. Ein weiterer anatomischer Bestandteil
des Fingers ist das Perionychium, das aus dem
Nagelbett und dem umgebenden Weichteilgewebe,
dem Paronychium, besteht. Histologisch hat das
Nagelbett eine enge Beziehung zum Periost der dis-
talen Phalanx. Dieser anatomische Aspekt ist bei der
Versorgung von Verletzungen immer im Hinterkopf
zu behalten, da das Nagelbett auch bei traumatisch
bedingten Nagelabrissen durch die Haftung am
Periost erhalten bleiben kann. Das Nagelbett besteht
aus Keimzellmatrix und steriler Matrix. Der Keim-
zellanteil liegt der palmaren Seite der Nagelwurzel
auf und begrenzt die distale Ausdehnung der Lunu-
la. Im Gegensatz zum Rest des Nagelbetts besitzt
dieser Anteil eine verstärkte Durchblutung und bil-
det 90 Prozent des Nagelvolumens. Die Zellen der
Keimzellmatrix stammen von Basalzellen nahe des
Periost ab, werden dann vervielfacht und wandern
dorsal in Richtung Nagelplatte. Nachdem die Zellen
die Festigkeit eines Fingernagels erreicht haben,
flachen sie ab und bewirken dann ein Längen-
wachstum des Fingernagels. Das Nagelbett und die
Nagelplatte sind in allen Phasen der Nagelproduk-
tion eine Einheit. Die sterile Matrix bildet den
Anteil des Nagelbetts distal der Lunula und hat eine
variable Mitwirkung bei der Nagelproduktion. Im
Bereich der sterilen Matrix ist der Nagel fest mit dem
darunter liegenden, schuppenartigen Gewebe ver-
ankert. An der Keimmatrix haftet der Nagel wesent-
lich weniger. Das Paronychium ist die laterale Gren-
ze des Nagels und bildet eine Hautfalte, die sich um
den gesamten Nagel erstreckt [3].
Hyponychium. Das Hyponychium ist die Verbindung
der sterilen Matrix des Nagelbetts mit der Haut der
Fingerspitze. Es besteht aus Keratinozyten mit reich-
lich neutrophilen und lymphozytären Zellen. Diese
Konstellation bildet eine effektive Barriere gegen
eine mikrobakterielle Einwanderung in die subun-
guale Zone.
Nagelwurzel. Die Nagelwurzel ist der anatomische
Übergang zwischen Nagelbett und Paronychium.
Der palmare Untergrund wird aus der Keimmatrix
gebildet. Der Anteil des Nagelbetts, der dem Nagel
Glanz verleiht, befindet sich am dorsalen Nageldach
der Nagelwurzel. Dieser Anteil des dorsalen Nagel-
dachs kann symptomatisch werden, falls er bei
Nagelentfernungen zurückgelassen wird. Der am
weitesten distal und dorsal gelegene Anteil der
Nagelwurzel nennt sich Eponychium. An dieser
Grenzzone bildet sich ein dünnes Gewebehäutchen, Das Nagelbett besteht
das „nail vest“ genannt wird [2]. aus Keimzellmartix und
steriler Matrix.
Strecksehnenansatz. In einer Studie an Leichen
betrug die mittlere Strecke zwischen Strecksehne und
Keimmatrix 1,2 Millimeter [4]. Die Autoren kamen
zu der Erkenntnis, dass bei Einsicht der Ansatzstel-
le der Strecksehne während der Belastung des dista-
len dorsalen Fingers das Risiko einer Verletzung der
Keimmatrix wesentlich erhöht ist. Folglich sichert
bei einer Ablatio des Nagelbetts eine exakte Inspek-
tion der Strecksehne auch eine komplette Exzision.
Gefäß-Nervenversorgung. Zwei dorsale Äste der
Fingerarterie versorgen das Nagelbett [5]. Ein Ast
tritt im proximalen Anteil der Nagelwurzel ein und
ein anderer, größerer Ast befindet sich im Mittelan-
teil des Nagelbetts und setzt sich dann zur Finger-
beere hin fort. Hier befindet sich proximal der
Nagelwurzel ein ausgedehntes Netz an drainierenden
Venen. Der Fingernerv teilt sich distal des DIP-
Gelenks in drei Äste. Die Äste versorgen hierbei die
Nagelwurzel, die Fingerspitze und die Fingerbeere
[6]. Weiterhin bestehen zahlreiche Kapillarverbin-
dungen und venöse Netzwerke.
Nagelbettverletzungen
entstehen normalerweise nur bei
hoher Krafteinwirkung
Die große Anzahl an verschiedenen Nagelbettver-
letzungen hat zu einer Klassifikation in einfache
Schnitt-Risswunde, sternförmige Schnitt-Risswun-
de, schwerwiegende Quetschverletzung und Abriss
geführt. Alle diese Verletzungsarten können auch
mit distalen Fingerfrakturen und zusätzlichen
Weichteilfingerverletzungen vorkommen. Darüber
hinaus wurde folgende zweite Klassifikation entwi-
ckelt, die eine Hilfestellung bei Therapieentschei-
dungen darstellt und eine Prognose erlaubt [8]
(Tabelle 1).
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 FINGERNAGELVERLETZUNGEN
Tabelle 1 Nagelbettverletzungen: Klassifikation
Typ I Verletzungen mit bis zu 25 Prozent subungualen
Hämatomen
Typ II Verletzungen mit bis zu 50 Prozent subungualen
Hämatomen
Typ III Nagelbett-Rissverletzungen mit assoziierten Frakturen
der Endphalanx
Typ IV Verletzungen mit Nagelbettzertrümmerung
Typ V Verletzungen mit Nagelbettabrissen
Für jeden der angeführten Typen gibt es nochmals
Unterklassifikationen, bei denen entweder die Keim-
matrix oder die sterile Matrix bevorzugt betroffen
ist. Alle diese Arten können mit Verletzungen des
Paronychiums und anderen Weichteilgewebsverlet-
zungen des Fingernagels kombiniert vorkommen.
Nagelbettverletzungen entstehen normalerweise nur
bei Verletzungsmechanismen mit hoher Kraftein-
wirkung [9]. Das Nagelbett ist umgeben von der
Endphalanx und der Nagelplatte. Um die Nagel-
platte zu zerstören ist es notwendig Kraft aufzu-
wenden, die eine dieser beiden Strukturen durch-
trennt. Flächenhafte, stumpfe Einwirkungen ten-
dieren dazu das Nagelbett in multiple Stücke zu zer-
trümmern, wobei scharfe Gegenstände eher lokali-
siert einwirken und Schnitt-Rissverletzungen verur-
sachen. Verletzungen mit Sägen, Rasenmäher und
Bohrmaschinen besitzen sowohl Quetsch-, als auch
Risswundencharakter. Abschleifende Werkzeuge,
Abb. 3 Subunguales Hämatom
verursacht durch eine Quetsch-
verletzung an D III rechts.
Abb. 4 Postoperativer Status
nach Nagelentfernung und Nagel-
bett-Refixation.
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wie Riemen und Schleifmaschinen, erzeugen eher
Abrissverletzungen. Schneefräsenverletzungen, die
beim Versuch entstehen, nassen Schnee per Hand zu
entfernen und regelmäßig die dominante Hand
betreffen, sind durch multiple Fingerverletzungen,
Amputationen und kombinierte Verletzungen der
Knochen, Fingerbeere und Spitze, Perionychium,
Nerven und Sehnen, charakterisiert.
Frakturen sind die häufigsten Fingerverletzungen
gefolgt von Nagelbettverletzungen und Amputatio-
nen. In einer retrospektiven Studie mit 268 Personen
mit Nagelbettverletzungen, waren die meisten
Patienten Kinder und junge Erwachsene, das männ-
liche Geschlecht dominierte [11]. Die meisten Ver-
letzungen beinhalteten sowohl Nagelbett als auch
Verletzungen der Fingerkuppe. Die Hälfte der Fälle
war mit distalen Fingerfrakturen assoziiert. Die
häufigsten Ursachen waren Einklemmungen beim
Zuschlagen der Tür oder Quetschungen zwischen
zwei Gegenständen. Kinder unter vier Jahren, sind
die häufigsten Opfer von Quetschverletzungen mit
Türen und daraus resultierenden Fingerspitzen- und
Nagelbettverletzungen [12]. 25 Prozent der Verlet-
zungen beinhalteten einen Abriss des Nagels vom
Nagelbett oder Amputationen eines Fingerspitzen-
teils.
Durch eine flächenhafte Blutung unter-
halb des Fingernagels kommt es zu
heftigen, durch Klopfen und Pulsieren
gekennzeichnete Schmerzen
Die Beurteilung und das Management von Finger-
spitzenverletzungen folgen Grundlagen chirurgi-
scher Prinzipien. Eine gründliche Anamnese des
Unfallhergangs lässt Vermutungen auf den Grad der
Weichteilverletzung und der Kontamination zu. Die
Untersuchung erfordert oftmals eine gute Analge-
sierung und die Entfernung der Nagelplatte. Eine
Inspektion des neurovaskulären Status der Finger-
spitze und die Prüfung der Funktion von Beuge- und
Strecksehne sollten vor der lokalen Anästhesie erfol-
gen. Die Verletzung sollte lückenlos mit Diagram-
men und Fotos beschrieben und dokumentiert sein.
Die hohe Inzidenz von distalen Fingerfrakturen
erfordert darüber hinaus Röntgenaufnahmen in
mehreren Ebenen.
Bei Einklemmungsverletzungen der Finger in Türen
oder zwischen schweren Gegenständen entsteht
durch Gefäßzerreißungen in der Nagelmatrix sehr
häufig ein subunguales Hämatom. Durch eine flä-
chenhafte Blutung unterhalb des Fingernagels
 FINGERNAGELVERLETZUNGEN
kommt es zu heftigen, durch Klopfen und Pulsieren
gekennzeichnete Schmerzen. Aufgrund der häufig
vorkommenden Frakturen der Endphalanx sei hier-
bei nochmals auf eine nötige Röntgenuntersuchung
hingewiesen [13]. Nach Zook und Brown besteht
eine signifikante Nagelbettverletzung, wenn das
subunguale Hämatom 25 bis 50 Prozent der Nagel-
oberfläche einnimmt. In diesem Fall ist eine Entfer-
nung der Nagelplatte zur Inspektion und Wieder-
herstellung des Nagelbetts gerechtfertigt [14]. Ein
kleinerer Eingriff ist die Trepanation des Fingerna-
gels mit einem Elektrokauter, einer glühenden Büro-
klammer, einer 18er Nadel oder einem 11er Skalpell
zur Druckentlastung und Entleerung des Hämatoms
[15].
Bei kleinen subungualen Hämatomen
ist eine Trepanation des Nagelbetts
nur in Ausnahmefällen zu empfehlen
Die traditionelle Lehrmeinung der Nagelbettexplo-
ration und Nagelentfernung wurde erst vor kurzen
in einer prospektiven klinischen Untersuchung von
Fingernagelquetschverletzungen bei Kindern in zwei
randomisierten, konservativ und operativ versorgten
Studiengruppen hinterfragt [16]. Alle Patienten hat-
ten subunguale Hämatome bei intakter Nagelplatte
und unverletztem Paronychium, sowie keine vorher
bestehenden Nagelveränderungen. Unabhängig von
Hämatomgröße, bestehender Fraktur, Verletzungs-
mechanismus oder Alter zeigte sich kein signifikan-
ter Unterschied im Behandlungsergebnis zwischen
konservativ versorgten Verletzungen und operativen
Nagelbettrekonstruktionen. Die finanziellen Aus-
gaben waren für die operative Gruppe wesentlich
höher. Die Autoren kamen schließlich zu dem
Ergebnis, dass es bei Kinder mit subungualen Häma-
tom mit intaktem Nagel keine gerechtfertigte Indi-
kation für Nagelbettentfernungen und Nagelbett-
explorationen gibt.
Wir empfehlen – auch aufgrund der genannten
Untersuchungen – bei kleinen subungualen Häma-
tomen mit einer Ausbreitung von weniger als 50 Pro-
zent Nageloberfläche Trepanationen nur bei Patien-
ten mit mittelmäßigen bis schweren Schmerzen trotz
Analgesie durchzuführen. Die Entlastungspunktion
bei intakter Nagelplatte, Paronychium und intakten
ossären Verhältnissen, erfolgt durch die Perforation
des betroffenen Nagels mit einem 11er Skalpell oder
einer Injektionsnadel der Größe 16 bis 20. Durch
zwirbelnde Drehbewegungen wird die Hornschicht
des Nagels durchbrochen. Durch das entstehende
Loch wird das Abfließen des Hämatoms gewähr-
leistet. Selbstverständlich ist bei der Durchführung
auf strenge Asepsis zu achten. Um Wachstumsstö-
rungen zu vermeiden, sollte die Perforation peripher
der Lunula erfolgen [13]. Bei Verletzungen, bei
denen 50 Prozent des Nagels von einem darunter lie-
genden Hämatom betroffen sind oder ein hoch-
energetischer Verletzungsmechanismus vorliegt, a
können eine Ablösung der Nagelplatte, eine offene
Exploration und Nagelbettentfernung in Erwägung
gezogen werden. Unter diesen Umständen findet
sich häufig ein sternförmig abgelöstes Nagelbett
[2].
Bei der operativen Versorgung muss
das Gewebe des Nagelbettgewebes so
weit wie möglich erhalten bleiben
b
Eindeutige Indikationen zur operativen Versorgung
sind: Abb. 5a, b Verletzung des D I
links mit partieller Beteiligung
쮿 Nagelbettverletzungen mit assoziierten des Nagels und des Paronychi-
Frakturen der Endphalanx ums.
쮿 Spaltungen der dorsalen Nagelwurzel
쮿 Rissverletzungen des Paronychium
쮿 Verletzung oder Abreißen der Nagelplatte [8]
Die chirurgischen Standardprinzipien, wie ein steri-
les Operationsfeld, antibiotische Therapie und Teta-
nusprophylaxe finden auch bei der Versorgung von
Nagelbettverletzungen ihre Anwendung. Bei der
Wahl des Anästhesieverfahren ist eine Leitungsan-
ästhesie mit Metacarpal-Blockade adäquat, Kinder
erhalten normalerweise eine Vollnarkose. Eine blut-
freie Übersicht ist durch eine vollständige Blutleere a
gewährleistet [2].
Schnitt-/Rissverletzungen. Schnitt- und Rissverlet-
zungen werden nach Abnahme der Nagelplatte
adaptiert. Dabei ist Vorsicht geboten, da die Nagel-
platte normalerweise stark an der sterilen Matrix
haftet. Durch eine atraumatische Ablösung sollten
iatrogene Nagelbettverletzungen auf jeden Fall ver-
hindert werden [8]. Die Verwendung von Scheren zur
Durchtrennung von Sehnen ist zwar in der Literatur b
beschrieben worden, stumpfe Klemmen oder ein Ele-
Abb. 6a Avulsionstrauma D III
vatorium stellen allerdings eine weitaus elegantere mit Zerstörung des Fingernagels
und sicherere Methode zur Unterminierung des (>2/3 der Fläche), des Nagel-
Nagels und zur Ablösung vom Nagelbett dar [17]. betts und der Nagelmatrix.
Weiterhin sollten energische und unkontrollierte b Operative Entfernung des
Irritationen und Débridements unterlassen werden; Nagels, des Nagelbetts und der
das Gewebe des Nagelbettgewebes muss so weit wie Nagelmatrix.
möglich erhalten bleiben.
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Abb. 7 Operative Versorgung von
Frakturen der Endphalanx mittels
Kirschner-Draht-Osteosynthese.
Am Nagelbett haftendes
Verbansmaterial ist
schwierig und nur
unter Schmerzen wieder
zu entfernen.
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FINGERNAGELVERLETZUNGEN
Frakturen. Falls vorhanden, sollten in erster Linie
unstabile und dislozierte Frakturen fixiert werden.
Sind die Frakturstücke groß genug, können hierfür
Kirschner-Drähte in den Stärken 1 bis 1,2 Millime-
ter verwendet werden. Allerdings sollte eine Fixie-
rung des DIP-Gelenks und eine Verletzung des
Nagelbetts durch einen zu dorsal platzierten Draht
vermieden werden. Nichtverschobene Brüche und
Trümmerfrakturen müssen adäquat durch eine
Wiederherstellung der Nagelplatte und Adaption des
Weichteilgewebes stabilisiert werden. Nach der
Nagelbettrekonstruktion und Refixierung offener
Epiphysenverletzungen bei Kindern infolge von
Frakturen der Endphalanx, kann der Nagel als sta-
bilisierende Schiene genutzt werden [2]. Nach der
Wiederherstellung des Nagelbetts und der Ablösung
der Nagelplatte kann eine zusätzliche Fixierung
durch eine dorsale Naht durchgeführt werden. Pro-
ximal erfolgt eine Durchstechung oberflächlich quer-
verlaufend zur Keimmatrix durch die dorsale Nagel-
wurzel mit nichtresorbierbaren monofilem Naht-
material. Im distalen Anteil wird die Naht in gleich-
er Weise nur in entgegengesetzter Richtung durch die
Fingerkuppe distal des Nagels angelegt. Die end-
gültige Fixierungsnaht zeigt dann bei richtiger
Durchführung die Zahl 8 (Achter-Tour), welche
sich dorsal über dem wiedereingesetzten Fingernagel
kreuzt. Die Entfernung des Fadenmaterials erfolgt
nach etwa drei Wochen post operationem [18].
Assoziierte Verletzungen des
Paronychiums und der dorsalen
Nagelwurzel müssen akribisch
rekonstruiert werden
Quetsch- und Abrissverletzungen. Die beste Metho-
de ein gleichmäßiges Nagelbett zu erhalten, ist die
exakte Annäherung der Wundränder mit feinen
Nähten (6-0 oder 7-0) unter Vergrößerung mit Hilfe
einer Lupenbrille oder eines Mikroskops [15]. Bei
Abrissverletzungen, die die Keimmatrix betreffen,
sollte die Darstellung mit Inzisionen durch die dor-
sale Nagelwurzel rechtwinklig zur Grenze des Epo-
nychium erfolgen. Diese Inzisionen helfen außerdem
bei der Beurteilung von Verletzungen, bei denen sich
die proximale Nagelplatte außerhalb der dorsalen
Nagelwurzel befindet. Diese Situation tritt oft bei
Frakturen der Endphalanx, Epiphysenverletzungen
und transversalen Nagelbettabrissen auf. Abrisse des
Paronychiums, die normalerweise die laterale Nagel-
wurzel mit einschließen, sollten mit einer Naht der
Fadenstärke 5-0 adaptiert werden.
Assoziierte Verletzungen des Paronychiums und
der dorsalen Nagelwurzel müssen akribisch rekon-
struiert werden, da sie für das korrekte Fingerna-
gelwachstum verantwortlich sind und ansonsten
Fehlbildungen der Nagelplatte verursachen [2]. Falls
möglich sollte der ursprüngliche Nagel gereinigt,
gegebenenfalls neu zugeschnitten und in die Nagel-
wurzel replantiert werden, um Frakturen zusätzlich
zu schienen, das neu adaptierte Weichteilgewebe zu
schützen und das Nagelbett für den nachwachsenden
Nagel zu formen. Darüber hinaus kann eine Epi-
thelialisierung des Nagelbettes vermieden werden –
was eine Behinderung für das Anhaften eines nach-
wachsenden neuen Nagels ist und eine Deformierung
zur Folge hätte [13]. Am Nagelbett anhaftendes Ver-
bandsmaterial ist schwierig und nur sehr schmerz-
haft wieder zu entfernen [19]. Deshalb sollte – falls
die Nagelplatte nicht mehr verwendet werden kann
– eine Silikonplatte oder ein zugeschnittenes Stück
Folie der Fadenpackung aufgelegt werden. Weiter
wurde in der Literatur das Wiedereinsetzen eines
gebrochenen, mit Gewebekleber reparierten Nagels
beschrieben [9]. Quetsch-, und Abrissverletzungen,
besonders wenn sie mit Frakturen der Endphalanx
assoziiert sind, haben – wie erwartet – eine schlech-
tere Prognose als isolierte einfache und sternförmi-
ge Schnitt-Rissverletzungen. Kommen Verletzungen
des Paronychiums und der Fingerspitze hinzu, ver-
schlechtert sich das Ergebnis nochmals [15]. Eine
proximal abgelöste und abgerissene Keimmatrix
wird in die Nagelwurzel replantiert und mit hori-
zontalen Nähten an der dorsalen Haut der Nagelfalz
fixiert [20].
Teile der sterilen Matrix und der Keimmatrix, die
komplett abgerissen wurden, können an der zuge-
hörigen Defektstelle direkt mit dem Periost der
Endphalanx adaptiert werden. Alle verwendbaren
Anteile des Nagelbetts sollten als Transplantatma-
terial genutzt werden, auch Gewebe von nichtre-
konstruierbaren Fingern bei schweren Traumata.
Bei Fällen in denen Matrixgewebe verloren gegangen
ist, sollte die Nagelplatte auf anhaftendes Nagel-
bettgewebe untersucht werden. Das abgerissene
Gewebe kann mit einem Skalpell vorsichtig abgelöst
werden, um dieses dann als Rekonstruktionstrans-
plantat zu verwenden. Falls ein kleines Fragment der
Nagelplatte einem ähnlich großen abgerissenen
Stück des Nagelbetts anhaftet, so kann die Nagel-
platte mit dem belassenen Anteil an Nagelbettge-
webe an den Rändern zugeschnitten und anschlie-
ßend der entstandene Composite-Graft in den
Defekt eingenäht werden. In der Literatur beschrieb
 FINGERNAGELVERLETZUNGEN
Shepard bei Abrissverletzungen mit dieser Technik
der Nagelbettrekonstruktion zu 85 Prozent gute
Ergebnisse. Rekonstruktionen der Keimmatrix
waren allerdings häufiger mit Nageldeformitäten
und Fehlwachstum assoziiert als Defekte der sterilen
Matrix [20].
Um Deformitäten am Ort
der Transplantatentnahme zu
umgehen, muss das entnommene
Gewebe sehr dünn sein
Abb. 8 Nagelbettfixation und
Aufbringen eines trepanierten
Freie Transplantate. Bei Nagelverletzungen, die zu
Kunstnagels.
ausgedehnten Zerstörungen des Nagelbetts führen
und bei dem kein Gewebe zur Defektdeckung vor-
handen ist, kann ein Spalt-Nageltransplantat von
einem anderen Ort entnommen werden [21]. Die zu
verpflanzende sterile Matrix kann beispielsweise
von einer unverletzten Stelle des betroffenen Fingers
stammen – was leider nur selten realisierbar ist, weil
in den meisten Fällen bei Mitbeteiligung des Nagel-
betts zu wenig intaktes Material zur Rekonstruk-
tion erhalten ist.
Andere Möglichkeiten sind Gewebe eines zu ampu-
tierenden Fingers oder ein freies Nageltransplantat
der Zehen. Hier eignen sich für Langfinger die
Nägel der zweiten Zehe und Teile des Großzehen-
nagels für den Daumen [13].
Um Deformitäten am Ort der Transplantatentnah-
me zu umgehen, muss das entnommene Gewebe sehr
dünn sein. Allerdings sollte eine postoperative
Kontraktion durch die Entnahme eines den Defekt
um ungefähr ein bis zwei Millimeter überragenden
Transplantats einkalkuliert werden. Die Längsach-
se des Transplantats sollte parallel zum Defekt lie-
gen. Der vorher entfernte ursprüngliche Nagel soll-
te wenn möglich anschließend wieder replantiert und
ein fester, den gesamten Wundbereich abdeckender
Verband angelegt werden. Diese Art der Rekon-
struktion mit freien Transplantaten stellt einen
wesentlichen Fortschritt gegenüber früheren Be-
handlungsmöglichkeiten der Defektnagelbettverlet-
zungen dar. Hierzu gehörten Therapieversuche
durch Granulationsgewebe, Defektdeckungen mit
freien und verschobenen Kutislappen, sowie Xeno-
grafts [2].
Verluste der Nagelplatte, des Nagelbetts und des
Periosts über der betroffenen Endphalanx können
mit der oben beschriebenen „Split-thickness nailbed
graft“-Technik ausgeglichen und das jeweilige
Transplantat direkt auf granuliertes dekortikalisier-
tes Knochengewebe aufgebracht werden [22].
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Ist der Defekt relativ gering, können
Verluste von Keimmatrix durch lokale
Verschiebelappen versorgt werden
Unter der Voraussetzung, dass der Defekt relativ
gering ist, können Verluste von Keimmatrix durch
lokale Verschiebelappen versorgt werden [14]. Loka-
le Rotationen von proximal gelegenen Gewebsan-
teilen an sowohl steriler als auch Keimmatrix voll-
ständiger Schichtdicke, wurden erfolgreich dazu
genutzt um devitalisiertes Knochengewebe der End-
phalanx zu decken. Dieser Erfolg ist sicherlich der
ausreichenden Vaskularisierung des proximalen
Nagelbetts zu verdanken. Obwohl die vaskularisier-
te Keimmatrix einer Unterspülung gut Stand hält,
kann man sie nicht weit anheben. Defekte die eine
Größe von mehr als einem Drittel der Keimmatrix
umfassen, können durch Spalttransplantate der
Keimmatrix angrenzender intakter Bereiche oder der
Großzehe behandelt werden. Allerdings zeigen
Spalt- als auch Volltransplantate der Keimmatrix
schlechtere Ergebnisse als Transplantate der sterilen
Matrix. Hierbei bilden sowohl die Spender- als auch
die Empfängerstelle oft bleibende Deformitäten aus
[23].
Bereits seit den 1950er Jahren wurden freie Zehen-
nageltransplantationen zur Rekonstruktion von
angeborenen und traumatisch verursachten Nagel-
bettverletzungen mit guten kosmetischen sowie
funktionellem Ergebnis beschrieben [13]. Fehlt aller-
dings dorsales Nagelwurzelgewebe, so muss beach-
tet werden, dass die dorsale Nagelwurzel speziali-
siertes Epithel enthält, welches in direktem Kontakt
mit dem Nagel steht [15]. Dieses spezialisierte
Matrixgewebe leistet einen gewissen Beitrag zur
Formung des Nagels und verleiht ihm seinen flä-
chenhaften Glanz. Komplikationen, die auftreten
wenn diese Funktion nur eingeschränkt möglich ist,
kann man öfter bei Fingerendgliedamputationen
beobachten, bei denen das zurückgebliebene Gewe-
be häufig schmerzhafte Nagelreste bildet [2]. Rekon-
struktionen bei dorsalen Haut-Weichteildefekten
führt man daher am besten mit dorsalen Rotations-
hautlappenplastiken oder Cross-Finger-Lappen-
plastiken durch [17]. Gute Ergebnisse zur Rekon-
struktion der spezialisierten Matrix der dorsalen
Nagelwurzel konnten durch Transplantation eines
„Split-thickness sterile matrix graft“, adaptiert an die
Unterfläche eines lokalen Rotationshautlappen,
erreicht werden [20].
 FINGERNAGELVERLETZUNGEN
Schlussfolgerungen –
Tipps und Fallstricke
쮿 Im Allgemeinen sind alle oben beschriebenen
Behandlungsprinzipien akzeptiert. Zusammenge-
fasst ist hervorzuheben, dass kleine Unterschiede der
Verletzungslokalisation einen großen Unterschied
im Behandlungsschema verursachen können.
쮿 Der Großteil der Eingriffe kann unter Leitungs-
anästhesie in einem gut ausgestatteten Ambulanz-
raum durchgeführt werden.
쮿 Um das Risiko einer subungualen Kontamina-
tion und eventuell folgenden Infektion und Ent-
wicklung einer Osteomyelitis zu minimieren, sollte
eine ausgiebige Säuberung und Desinfektion des
betroffenen Fingers erfolgen bevor eine Nagelent-
fernung oder Trepanation durchgeführt wird. Es
wird weiterhin eine orale antibiotische Abdeckung
für 24 Stunden empfohlen – allerdings ist der Nut-
zen einer Antibiotikaprophylaxe unter diesen
Umständen nicht bewiesen.
쮿 Eine häufige Komplikation ist die iatrogen ver-
ursachte Verletzung des zu erhaltenen Nagelbetts
durch zu unvorsichtige und ungeduldige Entfer-
nung der Nagelplatte. Um postoperative Hämatome
zu vermeiden, empfiehlt sich nach Adaptation des
Nagelbetts ein kleines Drainageloch in den wieder-
einzusetzenden Nagel zu bohren [2].
Abb. 9a, b Postoperative Komplikationen: Nagelfehl-
wachstum nach Nagelbettverletzung.
쮿 Ein zum Teil abgelöster oder wiedereingesetzter
Nagel sollte proximal tief an der Nagelwurzel und
distal an der Fingerkuppe fixiert werden. Bei
Replantation des kompletten Nagels sollte dies mit
horizontal verlaufenden, übergreifenden U-Nähten
oder Einzelknopfnähten erfolgen [13].
쮿 Die Fixierung mittels dorsaler Nähte, welche
Spannung auf die Nagelplatte ausüben, stellt ein
effektives, minimal-invasives Hilfsmittel zur Stabili-
sierung von Frakturen der Endphalanx dar. Für sehr
unstabile Frakturen eignet sich die Versorgung mit
Kirschner-Drähten.
쮿 Trotz der Unsicherheit über Adaptationszustand,
Vitalität und Infektionsgefahr, wird der Verband
grundsätzlich für sieben bis zehn Tage belassen. Ein
früherer Verbandswechsel verursacht große Schmer-
zen und birgt das Risiko des Abrisses der frisch
adaptierten Nagelplatte [2].
Nachbehandlung: Bei nicht
fakturierten Verletzungen werden
frühe und ausreichende Bewegungs-
übungen empfohlen
Narbenbehandlungen und Fingerdesensibilisie-
rungsübungen können nach etwa zwei Wochen
durchgeführt werden, vorausgesetzt die Wundver-
hältnisse zeigen sich stadiengerecht [8]. Eingesetzte
künstliche Nägel, sowie andere Platzhalter unter der
dorsalen Nagelwurzel werden nach etwa zwei bis
drei Wochen von dem neu wachsenden Nagel ver-
drängt. Bei nicht fakturierten Verletzungen werden
frühe und ausreichende Bewegungsübungen emp-
fohlen. Grundsätzlich ist bei unstabilen Frakturen
der Endphalanx eine geschützte Immobilisation des
DIP-Gelenks für drei bis vier Wochen erlaubt. Die
Entfernung des Kirschner-Drahts kann nach vier
Wochen erfolgen. Zusätzlich kann jedem Patienten
individuell eine Fingerkappe angepasst werden, um
ihm eine schnellere Rückkehr in den Arbeitsalltag
und der Ausführung von täglichen Aktivitäten zu
ermöglichen [2].
Bei der Versorgung von Nagelbett- und Nagelwur-
zelverletzungen kann es durch zu energische Trep-
anation oder Nagelentfernung zu iatrogen verur-
sachten Fehlwachstum des Fingernagels und Defor-
mitäten kommen [9]. Die anatomisch korrekte
Rekonstruktion des Nagelbetts führt normalerweise
zu einer minimalen, feinadaptierten Narbe. Entsteht
allerdings eine breite Narbenfläche, so wird die zel-
luläre Kontinuität unterbrochen und setzt sich dis-
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Nagelbettdeformitäten
sind oft Komplikationen
eines Traumas.
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FINGERNAGELVERLETZUNGEN
tal der Narbe über das gesamte restliche Nagelbett
fort. Die vorhandenen Lücken der breiten Narben
heilen sekundär über die Bildung von Granula-
tionsgewebe ab. Dieses kann je nach Ausmaß zu
Nageldeformitäten wie der Längsfältelung in der
Hornschicht oder breit gespaltenen, gewulsteten
Nägeln oder zur Ablösung führen. Die Folge einer
distalen Ablösung des Fingernagels ist der Verlust
des protektiven Hyponychiums und eine daraus
resultierende Ansammlung von Fremdmaterial unter
dem Nagel mit erhöhter Prädisposition zu Infektio-
nen. Allerdings ist eine Ablösung des proximalen
Nagel-Anteils wesentlich problematischer, da dies zu
einem instabilen, geneigtem Nagel führt, welcher
leicht abgerissen werden kann [2, 13]. Die Verwen-
dung von langsam resorbierbarem Material und
das Setzen von großen Nähten für die Nagelbettre-
konstruktion kann zu Nagelfirstbildungen und
schlechter Anhaftung führen. Assoziierte Frakturen
der Endphalanx erfordern eine geringgradige Kür-
zung des Fingers. Außerdem führt eine schlechte
Anpassung der dorsalen Kortex zu Nagelbettirre-
gularitäten. Bei der Platzierung der Kirschner-Dräh-
te sollte darauf geachtet werden, dass der Draht
nicht zu oberflächlich liegt und das Nagelbett unver-
letzt bleibt. Ansonsten kann dies zu einer Längsfäl-
telung in der Hornschicht führen. In Fällen bei
denen es zu einem Knochenverlust der Endphalanx
kommt, muss darauf geachtet werden, dass das
Nagelbett genug ossäre Unterstützung erhält. Kann
dies nicht gewährleistet werden, so entsteht oft ein
hakenförmiger Schnabelnagel. Ein Korrekturver-
such kann mit der Aufrichtung des Nagels, der
Unterfütterung mit Knochentransplantat und
Deckung des resultierenden Weichteildefekts mit
einem Cross-Finger- oder Thenarlappen unternom-
men werden [2, 17]. Umgekehrt muss die Endpha-
lanx dargestellt werden, wenn Nageldeformitäten
vorliegen [24]. Nagelbettdeformitäten sind oft Spät-
komplikationen eines Traumas. Falsche Stellung bei
Frakturen der Endphalanx oder Knochenvor-
sprünge verursachen regelmäßig Anhaftungspro-
bleme und andere Nagelwachstumstörungen sowie
resultierende Deformitäten. Gelegentlich sind axia-
le CT-Schnitte durch die Endphalanx zur Aufklä-
rung nützlich [2].
Längsverlaufende Narben in der
sterilen Matrix oder der Keimmatrix
sind eine Ursache für die Ausbildung
einer Nageldeformität
Narben. Gründe einer mangelhaften Anhaftung
des Nagels sind meist exzessive Vernarbungen des
Nagelbetts und der Nagelwurzel. Eine Korrektur
kann durch Exzision des Narbengewebes versucht
werden. Rekonstruktionen des Defekts sind durch
Sekundärnaht oder Nagelbetttransplantation mit
mäßigem Erfolg möglich. Darüber hinaus sind Frak-
turen und Vorstehen kleiner Knochenfragmente ins
Nagelbett häufig die Ursache für Nagelwachstums-
störungen und Nagelfirstbildung. Die verursachen-
de Knochendeformität muss erkannt und korrigiert
werden [2, 17].
Spaltnagel. Längsverlaufende Narben in der sterilen
Matrix oder der Keimmatrix sind eine weitere Ursa-
che für die Ausbildung einer Nageldeformität. Hier-
bei bildet sich meist ein Spaltnagel aus. Die Thera-
pie beinhaltet wiederum eine Exzision der Nabe
unter Vergrößerung mit der Lupenbrille oder dem
Mikroskop mit anschließender Nagelbett-Trans-
plantation. Bei Verlusten von mehr als einem mini-
malen Anteil an Keimmatrix, muss diese durch eine
lokale Rotationslappenplastik ersetzt oder durch ein
Keimmatrixtransplantat der Zehe rekonstruiert wer-
den [2]. Verklebungen zwischen der dorsalen Nagel-
wurzel und der Keimmatrix behindern auch das
Haften des nachwachsenden neuen Nagels und füh-
ren zur Bildung eines Spaltnagels. Bei distalen Spal-
tungen kann das Nagelwachstum eventuell durch
Fensterung des Nagels und vorsichtige lokale Exzi-
sion sowie anschließende an gesunde Nagelbettan-
teile adaptierte Nähte, normalisiert werden. Betrifft
die Spaltbildung allerdings den gesamten Nagelbe-
reich, so muss eine Längsexzision des gesamten
betroffenen Nagelbereichs erfolgen. Bei schmalen
Spaltbildungen gelingt oft die direkte Naht der
Exzisionsränder. Ansonsten wird der Defekt mit
einer gestielten Rotationslappenplastik rekonstruiert
[13]. Andere Rekonstruktionsmöglichkeiten entste-
hen durch Transplantation von gespaltener, dünner,
steriler Matrix an die Unterfläche der dorsalen
Nagelwurzel und anschließender postoperativer
Platzhaltereinlage in die entstandene Lücke, um so
eine Anhaftung zu gewährleisten.
 FINGERNAGELVERLETZUNGEN
Besitzt die sterile Matrix nicht
genügend ossären Untergrund,
entsteht ein sogenannter Klauennagel
Gekrümmter Nagel und Schnabelnagel. Ein ge-
krümmter Nagel wächst in seiner Länge bevorzugt
zu einer Seite [17, 24]. Die Ursache hierfür findet sich
meist in der Kontraktion einer Narbe in der sterilen
Matrix auf einer Seite. Nach der Exzision wird hier-
für zur Deckung ein vollständiges Nagelmatrix-
transplantat benötigt. Alle anderen Methoden enden
erneut in der Bildung eines hakenförmigen Nagels.
Eine Verkrümmung des Fingernagels kann aller-
dings auch angeborene Deformitäten der Finger-
kuppe als Ursache haben, meistens stehen aber
posttraumatische Veränderungen im Vordergrund.
Klauennagel (Claw nail). Weiter muss darauf geach-
tet werden, dass die sterile Matrix genügend ossären
Untergrund besitzt. Ist das nicht der Fall entsteht in
der Folge ein sogenannter Klauennagel (claw nail),
bei dem das Nagelbett über den knöchernen Stumpf
auf die Beugeseite gezogen wurde. Im Extremfall
wächst der Nagel dann um die Fingerkuppe herum
und behindert so die Funktion und mindert zusätz-
lich das ästhetische Aussehen der Fingerbeere. Die-
ses Problem tritt gehäuft bei Amputationsoperatio-
nen auf, so dass hier darauf geachtet werden sollte,
dass das distale Ende der sterilen Matrix mindestens
zwei Millimeter proximal des distalen ossären
Anteils liegt. Bei einer Korrekturoperation wird in
einem ersten Schritt der Nagel bis auf Höhe der
Lunula und anschließend das gesamte Nagelbett
mobilisiert. Danach wird durch beidseitig symme-
trisch angelegte Hautinzisionen ein proximal gestiel-
ter Hautlappen gebildet und nach proximal verla-
gert. Der nun an der Fingerkuppe entstandene
Defekt wird anschließend mithilfe einer VY-Plastik
gedeckt. Zur Verminderung der Spannung zwischen
VY-Plastik und verlängerten Nagelhautlappen wird
zusätzlich perkutan für zwei bis drei Wochen ein axi-
aler Kirschner-Draht platziert [2, 13].
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Saskia Maria Katharina Schnabl
Plastische und Handchirurgische Klinik
Universitätsklinikum Erlangen
Krankenhausstraße 12
91054 Erlangen
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