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Psychoakustik | UE 160079 | WS 2023 | Saleh Siddiq

Aufbau des Mittelohrs (Auris media)


1 Paukenhöhle (Cavitas tympani)

In der Paukenhöhle sind die Strukturen des Mittelohrs gelagert. Die mediale Wand der Paukenhöhle ist durch die
Abdrücke des Innenohrs gezeichnet.

Abb. 1: Rechte Paukenhöhle von vorne (anterior) (Schünke et al. 2009, 130).
Auf der medialen Wand sind gut die Abdrücke des dahinter liegenden Labyrints
zu erkennen. Die Wölbung der basalen Schneckenwindung (Promontorium), Die
Wölbung des seitlichen Bogengangs und die beiden Innenohrfenster.

Im Lageverhältnis zum Trommelfell wird die Paukenhöhle in drei„Etagen“ gegliedert:

• Mesotypanon (hinter dem Trommelfell)


• Epitympanon (Paukenhöhlenkuppelraum, „über“ dem Trommelfell)
• Hypotympanon (Paukenhöhlenkeller, „unter“ dem Trommelfell)
Abb. 2: rechte Paukenhöhle von außen (lateral) (Schünke et al. 2009, 133). Abb. 3: schematische Darstellung der rechten Paukenhöhle von lateral
gesehen (n. Schünke et al. 2009, 133). Magenta: Epitympanon, türkis:
Hypotympanon

Nach hinten (posterior) geht der Kupperaum in die Warzenfortsatzhöhle (Antrum mastoideum) über, aus dem sich
die Hohlräume des Warzenforsatzes, die Warzenfortsatzzellen (Cellulae mastoideae). Nach vorne (anterior) geht der
Paukenhöhlenkeller in die Eustachische Röhre über, welche das Mittelohr mit dem Rachenraum verbindet.

Abb. 4: Rechte Paukenhöhle von lateral (Schünke et al. 2009, 131)

Die Knochen und Sehnen hängen nicht nackt in der Paukenhöhle, sondern sind mit einer Schleimhaut (Mucosa)
überzogen.
Abb. 5: Schleimhautüberzug der Paukenhöhle
(Schünke et al. 2009, 133)

1.1 Volumen der Paukenhöhle

Der gesamte Mittelohrraum aus Paukenhöhle und Warzenfortsatzzellen wird auch engl. „middle ear cavity“
(Mittelohrhöhle) genannt.
Das Volumen des Mittelohrs variiert aufgrund der Pneumatisierung von Person zu Person und von Ohr zu Ohr
beträchtlich.

Volumenspanne in Volumen-⌀ in cm3


cm3

Paukenhöhle 0,5–2 —

Mittelohrhöhle 1–22 6,5

Tab. 1: Angaben nach: Békésy & Rosenblith 1951, 1079; Stepp & Voss 2005,
861, 868; Stevens & Hallowell 1938, 249; Voss et al. 2000, 59.

2 Eustachische Röhre (Tuba eustachii)

Die Eustachische Röhre, oder Ohrtrompete (Tuba auditiva), oder kurz „Tube“, ist eine 3,5 bis 4 cm lange Röhre,
welche die Mittelohrhöhle mit dem Rachenraum verbindet.

Das ohrseitige Drittel führt direkt durch den Knochen, während die zwei rachenseitigen Drittel von einem Knorpel
umschlossen sind.
Abb. 6: Frontalschnitt durch den Schädel. Ansicht der Verbindung zwischen Rachen und Mittelohr (Schünke et al. 2009, 131)

Der Knorpel ist hakenförmig eingerollt und auf der Außenseite (lateral) einen Spalt offen ist.
Dieser Spalt ist durch eine dünne Membran überbrückt (Lamina membranacea), wodurch die Röhre abgedichtet ist.

Abb. 7: Ansicht der Eustachischen Röhre von


außen (lateral). Das ohrseitige Drittel ist
knöchern, auf der Rachenseite ist sie knorpelig.
Am Übergang zwischen Knorpelteil und
Knochenteil ist die Tube am engsten (Isthmus).
(Gelfand 2009, 44)
2.1 Öffnung der Eustachischen Röhre

Die Tube dient dem Ausgleich des Luftdrucks vor (Gehörgang) und hinter (Paukenhöhle) dem Trommelfell, indem
sie eine Verbindung zwischen dem Luftraums der Paukenhöhle und dem Umgebungsdruck ermöglicht.

Normalerweise ist die Eustachische Röhre geschlossen. Dafür sorgen:

• die Hakenform des Knorpels


• Der Druck der umliegenden Strukturen
• die Adhäsion der Schleimhaut in der Tube

Dies ist nicht zuletzt auch ein Schutzmechanismus z.B. gegen den lauten Rachenschall beim Sprechen. Oberhalb
des Hakens bleibt jedoch immer eine winzige Öffnung bestehen, das sogenannte „Sicherheitsrohr“.

Lateral (zur Wange hin) der Tube liegt der Gaummenspannermuskel (Musculu tensor veli tympani), medial (zur
Kopfmitte hin) der Gaumenhebermuskel (Musculus levator veli tympani).

Abb. 8: Ansicht der Tuben von vorne. Lateral setzt der Gaumenspanner an
(Gelfand 2009, 45)

Geöffnet wird die Eustachische Röhre automatisch beim


• Schlucken,
• Gähnen und
• Trinken –
• oder absichtlich.

Kontraktionen der Gaumenmuskeln (vor allem des lateralen Gaumenspanners, Musculus tensor veli tympani), deren
Kontraktionen ein Auseinanderziehen des Knorpels bewirken.
Abb. 9: Öffnungsmechanismus der Eustachischen Röhre. Die geschlossene Abb. 10: Öffnungsmechanismus der Eustachischen Röhre. Der
Röhre mit dem Ansatz des Trommelfellspanners (Gelfand 2009, 45). Trommelfellspanner zieht von lateral und öffnet so das Knorpelrohr (Gelfand
2009, 45).

3 Übertragungskette des Mittelohrs

Die Übertragungskette bildet den funktionalen Teil des Mittelohrs, der die Luftschwingungen des Gehörgangs an
das Innenohr überträgt.
Sie besteht aus:

• Trommelfell (Membrana tympani)


• Hammer (Malleus)
• Amboss (Incus)
• Steigbügel (Stapes)

3.1 Trommelfell (Membrana tympani)

3.1.1 Lage des Trommelfells

Das Trommelfell ist eine dünne mehrschichtige Membran, die schräg am inneren Ende des äußeren Gehörganges
(ÄHG) sitzt.

Der Rand des Trommelfells ist zu einem steifen Bindegewebsring verdickt, dem Paukenring (Anulus
fibrocartilagineus).
Dieser ist in eine Nut im Knochen am Ende des ÄHG (Sulcus tympanicus) eingelassen.

Das Trommelfell hat eine „schräge“ Lage. Es bildet mit der Medianebene Winkel:

Richtung Winkel in Grad (°)

nach hinten offen ca. 50

nach oben offen ca. 35–40


Abb. 11: Lage des Trommelfells am Ende des Abb. 12: Lage des Trommelfells am Ende des
Gehörgangs. Frontalschnitt, Ansicht von vorne Gehörgangs. Horizontalschnitt, Ansicht von oben

Abb. 13: Trommelfell am Gehörgangsende im schematischen Frontralschnitt


(Parent & Allen 2010, 154).

3.1.2 Form und Aufbau des Trommelfells

3.1.2.1 Form

Die Fläche des Trommelfell ist etwa ei- oder birnenförmig.


Bei Betrachtung durch den Gehörgang liegt die Spitze etwa 30° nach vorne (anterior) geneigt.

Dort, wo die Ausbuchtung zu dieser Spitze liegt, ist der Paukenring unterbrochen (Incisura tympanica).

3.1.2.2 Umbo

Das Trommelfell ist fest mit dem Hammergriff (langer Hammerfortsatz) verwachsen und durch diesen in die
Paukenhöhle gezogen.
Dadurch ist das Trommelfell „pseudokonisch“ in die Paukenhöhle eingezogen.
Die Spitze des Hammergriffs entspricht der Spitze des Konus, wird als „Mittelpunkt“ des Trommelfells interpretiert
und Umbo (Nabel) genannt.
3.1.2.3 Pars flaccida (Shrapnellmembran)

Vom oberen Ende des Hammergriffs (Prominentia Mallearis) verlaufen zwei auffällige Falten zu den Enden des
Paukenrings bzw. der Incisura tympanica.
Oberhalb dieser Falten und der Prominentia ist das Trommelfell schlaff. Dieser schlaffe Teil wird Shrapnellmembran
(bzw. Pars flaccida) genannt.

Die Shrapnellmembran dient nicht der Schallübermittlung sondern dem Druckausgleich.

3.1.2.4 Pars tensa

Der Teil darunter, der Hauptteil des Trommelfells ist zwischen Hammergriff und Paukenring gespannt. Er wird Pars
tensa genannt.

Abb. 14: Ansicht des Trommelfells von lateral (Schünke et al. 2009, 129) Abb. 15: Schematische Darstellung des Trommelfells (Yost 2007, 69)

3.1.3 Schichtung des Trommelfells

Das Trommelfell besteht aus mehreren Schichten.

3.1.3.1 Pars tensa

• Sehnige Grundschicht (Stratum fibrosum oder Lamina propria)


Sie besteht aus radialen Stratum radiatum und zirkulären Fastern Stratum circulare.
• Stratum cutaneum (dünne haar- und drüsenfreie Haut auf ÄHG Seite)
• Stratum mucosum (Schleimhaut auf Paukenhöhlenseite)
3.1.3.2 Pars flaccida

• Grundschicht nicht einwandfrei belegt – jedenfalls ohne Faserstruktur


(Gelfand 2004, 44, Politzer 1896, 3f.; Siebenmann 1897, 259, Reiss 2003, 598)
• Stratum cutaneum
• Stratum mucosum

Abb. 16: Schichten des Trommelfells (Propst et al. 2004, 229)

3.1.4 Maße des Trommelfells

Größe: 8 bis 9 mm breit, 9 bis 10 mm hoch


(Gelfand 2004, 44; Helmholtz 1896, 219; Politzer 1896, 2)

Shrapnellmembran
2 bis 3 mm breit, 1,75 mm hoch
(Politzer 1896, 6; Siebenmann 1897, 294)

Dicke: 0,05 mm bis 0,4 mm (nahe am Paukenring)


(Békésy 1960, 159; Gelfand 2004, 44; Reiss 2003, 598; Politzer 1896, 9; Siebenmann 1897, 247)

Fläche: 50 bis 90 mm2


effektiv meist: 55 bis 60 mm2
(Békesy & Rosenblith 1951, 1079, 1082; Müller & Frings 2009, 452)
3.2 Gehörknöchelchen

Die Gehörknöchelchen sind drei kleine Kalziumkörper. Sie sind die kleinsten Knochen im Körper.
Der Hamnmer ist mit maximal 8 bis 9 mm Länge der größte und wiegt nur etwa 23 bis 25 mg.

Hammer Amboss Steigbügel


• Hammergriff (langer Fortsatz, mit TF • langer Schenkel • Köpfchen
verwachsen) • kurzer Schenkel (hinten befestigt, • Fußplatte (passt genau ins ovale
• kurzer Fortsatz (vorne befestigt, Rotationsachse) Fenster)
Rotationsachse)

Abb. 20: Detailansicht des Hammers (Schünke et al. 2009, 132)


Abb. 21: Detailansicht des Amboss (Schünke et al. 2009, 132)

Abb. 22: Detailansicht des Steigbügels (Schünke et al. 2009, 132)

3.2.1 Aufhängung der Gehörknöchelchen

• der kurze Hammerfortsatz ist an der vorderen Paukenhöhlenwand befestigt

• der kurze Amboßschenkel ist an der hinteren Paukenhöhlenwand befestigt


(beide Aufhängungen bilden die Rotationsachse von Hammer und Amboss)

• die Steigbügelfußplatte ist durch ein fibröses Ringband (Ligamentum anulare stapedis) im ovalen Fenster
befestigt

Die oberen Aufhängungsbänder von Hammer und Amboß sind vermutlich keine Bänder sondern nur Teil der
Schleimhautdecke (Dirckx & Decraemer 2001, 135; Rosowski 2010, 52; Siebenmann 1897, 282).
Abb. 23: Ansicht der Paukenhöhle von lateral (Schünke et al. 2009, 133). Gut
sichtbar sind die Bänder, an denen die Mittelohrknochen aufgehängt sind.

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