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10.

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Bewältigung

l'),p • Physiologisch • Problemorientiert:


• Umwett • Kognitiv der Stressor wird a.ktiv
-~ • Emotional verändert (z. B. in Sltuation
•Soz181 • Behavioral eingreifen, Sttuation verlassen,
Ressourcen- Informationen suchen etc.)
bewertung • Emotionsorientiert: sich
OimellSion selbst verändern, um di.e
• Intensität • Materiell Emotionen zu beruhigen
• Dauer • Pwa&llch (z. 8. Sport treiben, Drogen
• Häufigkeit • Soml einnehmen, an etwas Schönes
• Vomef'sagban1eit denken usw.)
• Soziale Unterstützung

Abbildung 10.7:St.ressprozess nach Lazerus (adaptiert nach Gerrlg, 2018, S. 473)

Das transak-tionaleStressmodell,das vom US-amerikanischen Psycho-


logen Richard S. Lazarus (1922-2002) und seinem Team entwickelt wur-
de, beschreibt die Art und Weise, wie Menschen auf Stressoren reagieren.
Zentral in diesem Modell ist die Bewertung der Anforderungen und der
verfügbaren Ressourcen. Beides wird subjektiv eingeschätzt, die Einstu-
fungen müssen also nicht der Realität entsprechen. Stress entsteht, wenn
die eigenen Ressourcen zur Bewältigung der wahrgenommenen Anforde-
rungen als unzureichend eingeschätzt werden.

Im transaktionalen Stressmodell beginnt der Stressprozess mit einer ers-


ten kognitiven Einschätzung der Situation (siehe Abbildung 10.7). Verän-
derungen in der Umwelt werden danach beurteilt, ob sie für die Person
positiv, bedrohlich/belastend oder irrelevant sind. Bei Situationen, die als
bedrohlich oder belastend eingeschätzt werden, ist vermehrte Aufmerk-
samkeit gefordert. Es kommt zu einer zweiten Bewertung der verfügbaren
Ressourcen. Scheinen sie zur Bewältigung der Anforderung auszureichen,
wird d.Je Situation als Herausforderung erlebt, was positivem Eustress

'Zl2
IO - PsYChlachOonundholt

Abbildung 10 a w,,nn l'IIHl Aufgnbc ols n,cht oder nur schwer zu bewdlligen erscheint, emphnden wir
nog,,!lven Strc,s.

(vom griech. Präfix eu-,gut) entspricht. Wen.naber ein Schaden und/oder


Verlust droht, setzt dies das Selbstwertgefühl herab und löst Angst, Trauer
oder eventuell Ärger aus. Mit negativen Emotionen verbundener Stress
wird Disstress (vom griech. Präfix dys-,schlecht) genannt.

Bei Disstress versuchen wir die unangenehmen Emotionen zu reduzieren.


Die Stressbewältigung (Coping) kann dabei in drei Bereichen erfolgen:
problembezogen, emotionsbezogen und/oder bewertungsbezogen. Beim
problembezogenen Coping wird die Ursache des Stresses direkt angegan-
gen, indem die belastende Situation oder die Problemursache verändert
oder eliminiert wird (z.B. Lärmquellen durch Schliessen des Fensters
ausschalten). Emotionsbezogenes Coping zielt darauf ab, die ausgelös-
ten Emotionen wie Angst, Ärger oder Trauer zu besänftigen. Die eigene
emotionale Befindlichkeit kann durch Entspannen, Ablenken, Bewegen,
positives Denken («Ich habe noch vier Tage Zeit, um mich mit der Lösung
dieses Problems zu beschäftigen. In der Zeit kann ich viel erreichen!» statt
«Ich habe es in den letzten drei Tagen nicht geschafft, also werde ich es
auch in den nächsten Tagen nicht schaffen!»), aber auch durch Konsum
von Medikamenten oder psychoaktiven Substanzen wie Alkohol verbes-
sert werden. Bewertungsbezogene Stressbewältigung ist eine kognitive
St rategie, durch welche die Sichtweise über die stressauslösende Situation
verändert wird. Dabei kommt es zu einer Neubewertung der Situation:
«Die Worte haben mich zwar sehr verletzt, aber es zeigt auch, dass meine
Freundin mir vertraut und mir gegenüber ehrlich sein kann.»

Soziale Unterstützung kann in allen drei Coping-Bereichen zu einer er-


folgreichen Stressbewältigung beitragen, indem die gestresste Person ent-
stet wird, Trost erhält oder Ermutigung erfährt. Wie Forschungsergeb-
la_
nisse zeigen, reduziert soziale Untersti.itzung das Stressausmass und wirkt

273
gleichsamalsPuffergegendie negativenAuswirkungenvon Stress.Jemehr
sozialeUnterstützungvorhandenist,destogesünderdie Personund desto
höher ihre Lebenserwartung(Perrez& Baumann,2011).

Zur Bewältigung schwierigerSituationenkönnenunterschiedlicheStrate-


gien beitragen.Ob der Stressmit passendenMitteln(das heisst funktio-
nal)angegangenwird,hängtvonder Beschaffenheit der Situationund den
kurz-und langfristigenFolgender Copingstrategieab. Kann die Situation
oder der Stressorbeeinflusstund verändertwerden,dann ist aktiveEin-
flussnahmeeine sinnvolleStrategie.Wenn die Situationallerdingsnicht
beeinflusstwerdenkann,ist eineUmbewertung(alsoeine intrapsychische
Veränderung)zielführender.Fallssichdie Situationvon alleinzum Guten
wendet,kann abwartenund nichts tun ganz in Ordnung sein. BewäJti-
gungsstrategienwieAlkoholund DrogenkönnenkurzfristignegativeGe-
fühledämpfen,langfristigjedochzu gesundheitlichenBeeinträchtigungen
und damit zu zusätzlichemStressführen. Copingstrategiensind alsoje
nach Situationund Wirkungsweise funktionaloder dysfunktional.

Alarm Erschöpfung

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Normales 1
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Widerstandsniveau:
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Zeit
Abbildung10.9:Ve(l4ufdes allgemelnenAdaplallonssyndroms
{Spless,Reif& Sladler,2018,S. 871

Anhaltender,chronischerStress,dernichtodernur ungenügendbewä1tigt
werdenkann, führt in der Regelzu gesundheitlichen Problemen.Hans
Selye(1907-1982) sprach in diesemZusammenhangvom allgemeinen
Adaptationssyndrom als Folgevon chronischemStress.Es umfasstdrei
Stufenund beginntmit der Alarmreaktion{sieheAbbildung10.9). Die
Alarmreaktionversetztden Körperin einenerhöhtenErregungszustand,
um auf eine Gefahrhin sofortreagierenzu können.Durchdie Ausschüt-
tung von Hormonen(z.B.Adrenalinund Noradrenalin)wird der Kör-
per auf eine Kampf-oder-Flucht-Reaktionvorbereitet.Die Atmungwird
schnellerund tiefer,Puls und Blutdrucksteigen,Gefässeverengensich,
es werdenmehrweisseBlutkörperchen produziert,die möglicheInfektio-
nen bekämpfensollen,und anderesmehr.BeiechtenBedrohungen,bei-
spielsweisedurcheinenaggressivkläffendenHund,ist dieseAktivierung
adaptivund sinnvoll.BeialltäglichenStressoren,wennwir zum Beispiel
einen Busverpassthaben,ist einesolcheAktivierungoft wenighilfreich,

274
10 - Psychlsc:heGesundhelt

h ist eine solche Alarmreaktion eine unserer biolooischcmGrund-


oennoc s . .. . er
tungen. Dauert der tressor an, tntt der Korper 10 ein Stadium des
ausstat
Widerstandes, . 1e Erregung au f t·1e1erem
in dem d' ' Niveau anhält. In dieser
kann der Organismus anhaltende Stressoren aushalten und ihnen
phase . d S •d h • . .
'd tehen. Wirkt er tressor Je oc weiterodeJ'1ster mtensiv genug,
w1 ers d K" • d
h die Ressourcen es orpers 1rgen wann zu Neige,und es folgt die
ge :"der Erschöpfung. Das zeigt sich mittelfristig in einer Störung auf
Stu,e · .
kognitiver, emotion~ler, vegetativ-hormoneller und muskulärer Ebene,
. anifestiert sich m verzerrten Wahrnehmungen und Denkweisen,Be-
:e ;,hkeitsstörungen wie Gereiztheit, Ängstlichkeit, Unsicherheit oder
An ressivität, verminderte~ Leistungsfähigkeit, ineffizienten Handlun~-
w:fsen und allgemeiner Uberforderung. Langfristig kann chronischer
Stress zu körperlichen Erkrankungen (z.B. Magengeschwüre), psychi-
schen Störungen (z.B. Burn-out oder Depression) und letztlich gar zu
einem verfrühten Tod führen.

Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion

In den 1970er.Jahren enlwicl<etteJon Kabat- verfahren.bei dem cie Korrzen:ra:ion


auf
Zinn ("1944) ein Anti-Stress-Tranng. das auf verschiedene Kape.beieiche ~t wm
dem Prinzip der Achtsamkeitberuht Acht- Hinzu korMlen Obwlgenund Inhalte z:u
samkeit bedeutet, innezuhalten und sein achtsarneref' ~ So um z:um
Bewusstsein ganz aufs Hier und Jetn zu Beispiel eine Mahm!iladrtsan eingeron-
richten. Es ist eine nichtwerteode Halulg, in men und AchtsalnkeJt gege,üJer- täglich...,
der Gefühle. Gedanken und Körperempfm- Aktivitätenwie dem Abwasch.Duschen odll!r
dungen - ob angenehm oder unangenetvn Zähneputzen~werden.
- so akzeptiert werden, wie sie sind.
Inzwischen 1st das ~t il Praxis ood
In dem Training zut achtsamkeitsbasierten Forschung weltweit ~ Llllf satt be-
Stressreduktion (mlndfulness based sl:ress 6ebt bei ~ten 1hemef\ ~-
reduction, MBSR) lernen die Teilnehmenden slven Symptomen oder Angmus.tlnden.
während eines mehrwöchigen Gruppenkur· Wissenschaftliche ~ haben
ses einfache Yoga- und Meditationsilbun- deo positNen Effekt der Achtsam1 •t lm Al-,.
gen und •Body-$can .., ein Entspannungs• tagbestatigt

Abbildung10.10:Werachtsamlsl, lebt fm Augenbllcll.

Nehmen wir die Erkenntnisse aus der Stressforschung ernst, ist ein guter
Umgang mit den Anforderungen, die an uns gestelltwerden, enorm wich-
tig. Ein erster Schritt kann mit einer realistischen Bewertung der Situation
e_rfolgen.Oft ist es gu nicht nötig, in Stress zu geraten, wenn die Situa-
tion in einem anderen, positiveren Licht betrachtet wird. Falls eine Situa-
tion aber als persönlich genügend relevant eingestuft wird, ist es wichtig,
darüber nachzudenken, wie sich die Situation am besten meistem lässt,
und eine funktionale Copingstrategie zu wählen. Die Möglichkeitsozia-
ler Unterstützung sollte dabei nicht ausser Acht gelassen werden. Einigen
Personen fällt ein adäquater Umgang mit Stress leichter, andere tun sich
schwer damit. Woher dieser Unterschied kommt, wird in Abschnitt 10.4
besprochen.

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