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Elektrische Kraft-werke
und Netze
Dr.-lng. H. Happoldt
Alle Rechte,
Insbesondere das der "Obersetzung In fremde Sprachen, vorbehalten
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlagesist es auch nicht gestattet,
dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege
{Photolrople, Mikrokopie) zu vervlelfiltlgen
V. Generatorschutz . . 156
A. Allgemeines . . . . 156
B. Auslöser und Relais 157
C. Oberstromschutz . . 160
D. Oberlastschutz . . . 161
E. Wicklungsschlußschutz 163
F. Windungsschlußschutz 165
G. Stator-Erdschlußschutz . . . 166
H. Spannungssteigerungsschutz . 173
I. Rotor-Erdschlußschutz 174
K. Schieflastschu z . 175
L. Turbinenschutz . . . . 175
M. Schnellentregung . . . 177
N. Relais-Prüfeinrichtung .• 179
X. Freileitungen 235
A. Allgemeines . 235
B. Die Seilschwingungen . 249
C. Isolatoren für Freileitungen 253
D. Maste und Lei~ungsanordnungen . 257
E. Bemessung der günstigsten Spannweite 264
F. Erwärmung von Freileitungsseilen 265
Rotor-Amperewindungen e Leitungswiderstand.
resultierende Amperewindungen e Spezifischer Widerstand.
Leitfähigkeit. q; Phasenverschi e bungswinkel.
Verkleinerungsfaktor. rlJ Fluß.
Fiktive Länge. w Winkelgeschwindigkeit, Kreis-
Koeffizient. frequenz.
Kreisfrequenz.
I. Allgemeines zur Elektrizitätsversorgung
Die Versorgung :rhit elektrischer Kraft erfolgt in Europa vorwiegend
mit Dreiphasenwechselstrom von 50 Hz. Andere Stromarten werden nnr
noch in Ausnahmefällen gebraucht, so Gleichstrom im Straßenbahn-
betrieb, für chemische Prozesse, in den Sendeanlagen des Rundfunks,
Einphasenstrom niederer Frequenz (162fa Hz) für Vollbahnen. Die
Bahnstromversorgung mit Einphasenstrom 50 Hz wurde in einigen
Ländern eingeführt. Gleichstrom wird kaum mehr unmittelbar erzeugt,
sondern aus Drehstrom mittels Gleichrichter ge-
wonnen. Einphasenstrom niederer Frequenz wird
heute teilweise in besonderen Einphasengenera-
toren erzeugt und in Einphasenleitungen fort-
geleitet, teilweise aus Drehstrom üblicher Fre-
quenz in besonderen Umformern bzw. in Um-
richtern erzeugt. Infolge der vorherrschenden a b c d
Abb. 1 a-d. Schematische
Stellung des Dreiphasenwechselstromsystems be- Darstellung von Generatoren,
ziehen sich unsere Betrachtungen vorwiegend auf Kraftwerken und Trans-
formatoren.
letzteres. a Generator mit Leitungen,
b Generator mit Leitungen
Um eine einfache Darstellung von Generatoren, symbolisch dargestellt,
Leitungen und Kraftwerken zu erhalten, seien im folgen- cd Kraftwerk symbolisch,
Transformator symbo!lsch.
den einige Symbole geprägt. So sei ein Generator
durch einen Kreis dargestellt (s. Abb. la u. lb), der im Innern ein Frequenz-
zeichen aufweist. Arbeitet ein solcher Generator auf eine Drehstromleitung, dann
müßte streng genommen das Bild gemäß Abb. la aufge-
zeichnet werden. Es ist jedoch in der Mehrzahl der Fälle
überflüssig, alle drei Leiter zu zeichnen, sondern es ge-
nügt, diese durch eine einzige Leitung entsprechend
Abb. lb zu kennzeichnen. Diese Darstellung wird auch
gewählt, falls außer den drei Außenleitern noch ein Null-
leiter vorhanden ist. Vollständige Kraftwerke werden
im folgenden durch einen schraffierten Kreis entspre-
chend Abb. lc dargestellt, Transformatoren durch zwei
sich schneidende Kreise nac},l Abb. ld.
Die Verteilung des Drehstroms für kleinere Ver- Abb. 2. Dreiphasensystem
mit Nulleiter.
braueher und Gewerbetreibende geschieht heute
vorwiegend mit einer Spannung von 380/220 V. 380V ist dabei (s. Abb. 2)
zwischen den Außenleitern R, S und T, 220 V zwtschen den Außen-
leitern und dem geerdeten Nulleiter vorhanden. Die Lichtlast wird
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. I
2 Allgemeines zur Elektrizitätsversorgung
II. Kraftwerke
A. Wärmekraftanlagen
a) Allgemeines
Die in Deutschland erzeugte elektrische Energie stammt zum größten
Teil aus Wärmekraftwerken. Wärmekraftwerke können als Dampf-, Gas-
oder Dieselkraftwerke ausgeführt werden. Größere Bedeutung haben
jedoch nur die ersteren. Diese lieferten etwa 77% des deutschen Energie-
bedarfs, der 1936 42 Milliarden kWh betrug. Dabei erzeugten die Braun-
kohlenwerke 41,5%, die Steinkohlenwerke 35,5%. Die Wasserkr;tft-
werke lieferten etwa 15% und die noch verbleibenden 8% verteilten sich
auf Diesel-, Gaskraftwerke usw. Im Jahre 1954 wurden im Bundes-
gebiet insgesamt 68,52 Milliarden kWh geliefert, wovon auf die öffent-
lichen Kraftwerke 60,5%, auf Eigenanlagen 38,6% und auf Anlagen
der Bundesbahn 0,9% entfielen. Die gesamte Erzeugung verteilt sich
zu 84,2% auf Wärme- und zu 15,8% auf Wasserkraftwerke 1• Die in-
stallierte Kraftwerksleistung der öffentlichen Kraftwerke betrug 9832 MW,
die der Eigenanlagen ca. 6100 MW, zusammen 15932 MW; auf die öffent-
lichen Kraftwerke entfallen somit ca. 62%, und auf Eigenanlagen
ca. 38%.
Gaskraftwerke kommen nur dort vor, wo sehr günstig Gas, z. B.
Hochofengas, zur Verfügung steht. In den Gaskraftwerken wird die im
Gas enthaltene Wärmeenergie in Gaskraftmaschinen, die meist in liegen-
der Bauart als doppeltwirkende Viertaktmotoren ausgeführt sind, in
mechanische Energie umgewandelt. Solche Gasmotoren laufen sehr lang-
sam, meist unter 100 Umdrehungen je Minute. Es ergeben sich daher
große, vielpolige Generatoren. Da das Drehmoment der Gasmaschinen
nicht konstant ist, müssen die in den Generatoren vorhandenen Schwung-
massen besonderen Bedingungen genügen, um unerwünschte Schwin-
gungen zu vermeiden. Wegen der großen Vorteile der mit gleichmäßigem
Moment arbeitenden Dampfturbine und auch mit Rücksicht auf Er-
stellungs- und Unterhaltungskosten wurde in den letzten Jahren die
Großgasmaschine auch in Hüttenwerken durch das Dampfkraftwerk
stellenweise verdrängt.
Neuerdings werden des öfteren auch Verbrennungsturbinen verwendet
(s. S. 31).
1 Elektrizitätswirtschaft Heft 15/1955.
Die Dampfturbine 7
b) Die Dampfturbine
In den Dampfkraftwerken kommen, von Ausnahmen abgesehen, heute
nur noch Dampfturbinen mit unmittelbar gekuppelten Generatoren zur
Anwendung.
In den Dampfturbinen wird ein Teil des Wärmeinhalts des Dampfes
in einer Reihe von Stufen in mechanische Arbeit umgewandelt. Eine jede
Stufe besteht aus einem feststehenden Leitrad mit Leitschaufeln und
einem mit der Welle verbundenen drehbaren Laufrad mit Laufschaufeln.
In jedem Leitradwird ein Teil der Wärmeenergie des Dampfes bei gleich-
zeitiger Abnahme des Druckes und der Temperatur in kinetische Energie
umgewandelt. Aus den Schaufeln des Leitrades tritt der Dampf mit
einer solchen Richtung aus, daß er in die Kanäle der sich drehenden Lauf-
schaufeln möglichst stoßfrei eintritt. In den Laufrädern wird die kine-
tische Energie des Dampfes durch Umlenkung in mechanische Arbeit
umgewandelt. Herrscht am Anfang und am Ende einer Laufschaufel
gleicher Druck, so arbeitet die Turbine nach dem Gleichdrucksystem
(Abb. 9). Erreicht man es dagegen durch geeignete Formgebung der
Laufschaufeln, daß innerhalb derselben der Dampf weiter expandiert,
so besteht zwischen Anfang und Ende der Laufschaufeln ein Druck-
gefälle. In den Laufschaufeln wird also nicht nur die anfänglich vorhan-
dene kinetische Energie, sondern auch ein Teil der Druckenergie des
Dampfes in mechanische Energie umgewandelt. Letzteres System heißt
8 Kraftwerke
temperatur des Kühlwassers von 12° C ein Vakuum von etwa 0,03 ata
erzeugen. Ist ein Fluß für die Lieferung einer genügenden Kühlwasser-
menge nicht vorhanden, so muß das erwärmte Kühlwasser in besonderen
Kühltürmen wieder rückgekühlt werden. Hierbei kommt das Kühlwasser
nicht auf eine derart niedere Temperatur, als wenn man es einem Fluß
entnimmt und man erreicht dann auch nur ein geringeres Vakuum, wo-
durch die im Dampf enthaltene Wärmeenergie schlechter ausgenutzt
wird. Bei der Wahl des Ortes für ein Dampfkraftwerk muß man also
0 0,5 1m
Abb. 12. UD-Gegendruckturbine Bauart Siemens.
Die Verwendung von hohen Drücken hat technisch nur Sinn bei
großen Leistungen. Bei kleinen Leistungen, bei denen infolge des hohen
Druckes die Dampfvolumina sehr klein sind, werden die Schaufeln sehr
kurz. Solche kurzen Schaufeln verschlechtern den inneren Wirkungs-
grad beachtlich. Da eine Hochdruckturbinenanlage weiterhin teurer ist
als eine solche für mittlere Drücke, haben Hochdruckkraftwerke nur
Sinn, falls große Leistungen gebraucht werden und diese praktisch
während des ganzen Jahres gefahren werden können, was z. B. bei Grund-
Iastkraftwerken der Fall ist.
Die Wirtschaftlichkeit einer Dampfturbinenanlage könnte wesentlich
günstiger gestaltet werden, wenn der Wärmeinhalt des Abdampfes noch
verwertet würde. Dies ist häufig der Fall in Industrieanlagen, welche
Heizdampf benötigen. Läßt man hochgespannten Dampf zunächst in
einer Turbine Arbeit leisten und benutzt dann den Abdampf für Wärme-
zwecke, so hat die Turbine, abgesehen von den 1% bis 2% betragenden
mechanischen Verlusten, fast den Wirkungsgrad 1 und die kWh könnte
somit mit dem theoretischen Wert von 860 kcal erzeugt werden. Berück-
sichtigt man jedoch die Verluste, die bei der Dampferzeugung im Kessel
und in den Rohrleitungen auftreten, sowie den Generatorwirkungsgrad
usw., so kommt man praktisch pro erzeugte kWh auf 1100 bis 1200 ·kcal.
Turbinen, welche ihren gesamten Abdampf für Heizzwecke verwen-
den, nennt man Gegendruckturbinen. Da der Heizdampf mitunter
höheren Druck haben muß (z. B. 10 ata), findet man bei solchen Gegen-
druckturbinen Drücke am Turbineneintritt von 100 ata und darüber,
um noch ein genügendes Wärmegefälle für die Stromerzeugung zur
Verfügung zu haben.
Häufig besteht keine Obereinstimmung zwischen der benötigten
Heizdampf-und Elektrizitätsmenge. Im allgemeinen ist der Bedarf an
Elektrizität größer als der 11-n Heizdampf. In solchen Fällen wird man
entweder zusätzlich eine Kondensationsturbine aufstellen oder den Zu-
satzstrom von einem Elektrizitätswerk beziehen. Eine andere Möglich-
keit besteht in der Verwendung von sog. Entnahmeturbinen. Bei diesep
wird die erforderliche Anzapfdampfmenge aus der Stufe der Turbine
entnommen, in der der passende Dampfdruck h~rrscht, während die
restliche Dampfmenge noch in dem Niederdruckteil der Turbine Arbeit
leistet, der seinerseits wiederum als Gegendruck- oder Kondensations-
turbine ausgebildet sein kann. Statt einer können auch zwei Anzapf-
stellen mit verschiedenen Drücken angeordnet sein.
Von großem Interesse ist die Kenntnis der Verluste, welche in einem
Kraftwerk mit Kondensationsturbinen in ihrer Gesamtheit auftreten.
Hierzu sei kurz eine Beschreibung der ersten Verlustquelle, des Dampf-
kessels, vorausgeschickt.
Die Dampfturbine 17
Je nach der zur Verfügung stehenden Kohle werden die Kessel mit
einer Staubfeuerung oder, wie in Abb. 15 dargestellt, mit einer mecha-
nisch beschickten Rostfeuerung ausgerüstet. Auf dem Rost 1 findet die
Verbrennung der Kohle statt. Die entstehenden Heizgase geben ihre
Wärme im Feuerraum an die aus Rohren bestehende Strahlungsheiz-
fläche 2 ab. In der Berührungsheizfläche 3 werden sie weiter abgekühlt.
Die Steigrohre der Strah-
lungs· und Berührungsheiz-
fläche werden aus der Trom-
mel4 über die unbeheizten
Fallrohre 5 mit Wasser ver·
sorgt. lnfolge der Wärme-
aufnahme bildet sich in den
Steigrohren ein Dampf·
Wasser-Gemisch, das zur
Trommel aufsteigt. Dort
trennt sich der Dampf vom
Wasser, das über die Fall-
rohre den Kreislauf von
neuem beginnt. Das Kreis-
laufsystem steht unter dem
verlangtenDruck. DerSatt-
dampf strömt aus der Trom-
mel in die Schlangenrohre
des Überhitzers 6, wird hier
durch die Heizgase auf die
gewünschte Temperatur
überhitzt und verläßt den
Kessel, um durch Rohrlei·
tungen den Turbinen zuge-
führt zu werden.
Da die Überhitzung des
Dampfes immer möglichst Abb. 15. Eintrommei·Stellrohrkessel mit Zonen·
wanderrost (Steinmüller).
hoch getrieben wird, haben
die Heizgase beim Verlassen des Überhitzers noch einen beträchtlichen
Wärmeinhalt. Deshalb wirdhinter demeigentlichen KesselmeisteineNach-
schaltheizfläche 7 angeordnet, in der der restliche Wärmeinhalt der Heiz-
gase teilweise zur Vorwärmung des Speisewassers, häufig bis zur Verdamp-
fungstemperatur, ausgenutzt wird. Wenn das Speisewasser bereits vorge-
wärmt dem Kessel zugeführt wird, entzieht man den Heizgasen die Rest-
wärme in Lufterhitzern, in denen die Verbrennungsluft vorgewärmt wird.
Dampfkessel, in denen .die Heizgase durch Nachschaltheizflächen weit·
gehend heruntergekühlt werden, erreichen je nach Feuerungsart und
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 2
18 Kraftwerke
- Kolik
- - /)(Jm;f
--Strom
- - - Kiiii!MJ.sser
I I I
I I I I f
: I I
1- 1 I I I
~ ~=;ll~..i..l
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i1 - :
I
I I II
~}'-"][----,
c:::=;:I
I I
I
Sc/Jni/1 durc!J
die Brennerebene
mühlen den Brennstoff zu Staub, wobei häufig noch eine Trocknung er-
folgt. DerKohlenstaub wird gebunkert, aus denBunkern mittelsPreßluft
den Kesseln zugeführt und über Staubbrenner im Feuerraum verbrannt.
Bei einer halbzentralen Mahlanlage wird jedem Kessel ein Mahl-
aggregat mit Staubbunker zugeordnet. Dieses Verfahren wird angewandt,
wenn für die Trocknung des Staubes größere Mengen von Heißluft oder
Rauchgasen erforderlich sind.
Allgemeine Anordnung eines Da.mpfkra.ftwerkes 23
'Bei beiden Systemen arbeiten die Mahlanlagen ungeregelt und un-
abhängig von der Belastung der Kessel. Die Feuerleistung wird durch
Änderung der Staubzuteilung aus den Zwischenbunkern geregelt.
Ist der Wassergehalt der Kohle so hoch, daß für die Vortrocknung
erhebliche Mengen an Heißluft oder Rauchgasen benötigt werden, so
verwendet man Einblasemühlen. Diese Mühlen sind als Schläger- oder
Schlagradmühlen ausgebildet und übernehmen die Trocknung, Mahlung,
~--------- ~~ ------------~
Die früher meist übliche Form der Schrägrohrkessel (Abb. 20a) ist
heute nur mehr bei Kleinkesseln und sehr schlechtem Speisewasser üb-
lich. Die heutigen Kesselbauformen sind die Strahlungskessel (Abb.20b),
auch für kleinere Leistungen. Die Kessel werden meist als Natur-
umlaufkessel gebaut; sie haben eine oder mehrere Obertrommeln, in
denen der Dampf sich vom Wasser scheidet. Durch den Auftrieb bei der
Dampfbild1,mg steigt das Damp~- Wasser-Gemisch in den Steigrohren zu
der Trommel auf und fällt durch die Fallrohre wieder nach unten. Dank
des großen Wasserinhaltes haben die Naturumlaufkessel ein gutes Spei-
chervermögen und können 'Belastu:ngsstöße leicht abfangen.
Zwanglaufkessel haben keine Trommeln. Bei Zwangdurchlalifkesseln
(Abb. 2la u. b) wird das Wasser durch'das Rohrsystem hlndtirchgepuinpt,
Allgemeine Anordnung eines Dampfkraftwerkes 27
/Jom,o(kessel
mit
LujlyorwiiiYller
J'petSeJtUSSI!f'-JirJnttiim.
Kesselspeisepvmpe
J',oeisewosser-
Yorrotsbehöller
NischYOtwiiiYller
undEntguser
2. tJbedliidlen -
Vorwiirmer
7.tJbe~iidlen ---~------~~--J f
VorwiiiYller e:..--- ----1
Kil/JIJtUsserpumpe
'----------<& -----'
Kondensolpvmpe
Abb. 24. Dampf- und Kühlwasserkreislauf eines Kondensatlonskraftwerkes.
B. Wasserkraftanlagen
a) Allgemeines
Für die Elektrizitätsversorgung eines Landes war der Gedanke
immer verlockend, die verfügbaren Wasserkräfte auszunutzen, da deren
Energie unentgeltlich zur Verfügung steht. Es zeigt sich, daß der Ausbau
der in Deutschland vorkommenden Wasserkräfte meist ziemlich teuer ist
und die Kosten für das ausgebaute kW eines Wasserkraftwerkes wesent-
lich höher liegen als bei einem Dampfkraftwerk. Die hohen Anlagekosten
sind nicht nur durch den maschinentechnischen Teil, sondern vor allem
durch die notwendigen wasserbauliehen Arbeiten bedingt. Man wird da-
her nur dort Wasserkräfte ausbauen, wo infolge günstiger örtlicher Lage
mit mäßigen Anlagekosten zu rechnen ist. Aber auch in solchen Fällen
liegt, von Ausnahmen abgesehen, der Gestehungspreis eines Wasser·
kraftwerkes höher als eines Dampfkraftwerkes. Da jedoch bei Wasser-
kraftwerken .die Energie nichts kostet, kann trotzdem die Wasserkraft,
wie auf S. 51 gezeigt, wirtschaftlicher sein als die Dampfkraft.
b) Turbinen
Steht eine Wasserkraft mitQ m3 Wasser pro Sekunde (d. h. IOOOxQ
kgfsec), zur Verfügung und ist die ausnutzbare Fallhöhe H Meter, so
ergibt sich, wenn unter 'YJ der Wirkungsgrad der Wasserkraftmaschine
verstanden ist, die abgegebene Leistung in PS zu
N _ IOOOQH1J
PS- (2a)
75
Turbinen 33
Für Überschlagsrechnungen setzt man oft 'YJ = 0,75 und erhält dann die
einfache Formel
Nps= lOQH. (2b)
In Wirklichkeit ist der Wirkungsgrad moderner Wasserturbinen
wesentlich höher und beträgt etwa 85 bis 93%, wobei die höherenWerte
für große Leistungen gelten.
Die Wirkung der Wasserturbinen besteht darin, daß die potentielle
Energie des Wassers in einer Düse oder einem feststehenden Leitrad in
kinetische überführt wird und diese in einem Laufrad sich in mechanische
Energie umwandelt. Es stehen je nach Anforderung verschiedene Bau-
arten von Wasserturbinen zur Verfügung.
Abb. 26. VierdO:slge Doppel-Freistrahlturbine (Volth) B = 858,5; n = 375 U/mln; N = 524.00 PS-
Abb. 27. Francis·Splralturbine (Volth). H =311m; Q = 20,35 m'/s; n = 500 U/min; N = 76000 PS.
deckel angeordnet und nur ein Halslager über Turbinenlaufrad und eines
unter dem Generatorläufer vorhanden ist.
Abb. 28 zeigt eine derartige Kaplan-Turbine mit Schirmgenerator.
Das Steueröl für die Verstellung des Laufrades wird durch das obere
Führungslager eingeführt. In der oberen Tragbrücke des Generators ist
ein Hilfsgenerator eingebaut, der den Enegerumformer speist.
Wir wollen jetzt eine Turbine betrachten, die bei einer Fallhöhe H 0
und einer Wassermenge Q0 die Drehzahl n 0 und die Leistung N 0 besitzt,
3*
36 Kraftwerke
und untersuchen, wie sich diese gleiche Turbine bei einer anderen Fall-
höhe H verhält. Da die Geschwindigkeit v (mfsec) des austretenden
Wassers nach Gesetzen der Mechanik
v=Jf2gH (3a)
ist (g = 9,81 mfsec 2), ergibt sich die neue Drehzahl n, da diese der Ge-
schwindigkeit proportional ist, zu
n = n0 Jf ~ . (3b)
Entsprechend findet sich für die hindurchtretende Wassermenge
Q = Qo Y;o . (3c)
Bei diesen Umrechnungen wird angenommen, daß der Wirkungsgrad
unverändert bleibt.
Da die Leistung proportional Q · H ist, ergibt sich für N
N=N0 ·;·V:.
0 0
(4)
n 8 =ndNI. (6)
Ersetzt man in dieser Gleichung die Werte n 1 und N 1 durch n und N
nach GI. (5), so findet man schließlich für n
bauen, muß dann jedoch in Zeiten mit wenig Wasser einen Teil der
Maschinenanlage unausgenutzt lassen. Das wirtschaftliche Optimum wird
meist in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen liegen.
Für eine Wasserkraft ist es mit Rücksicht auf den Elektrizitätsver-
brauch am günstigsten, wenn im Winter viel Wasser zur Verfügung steht.
Diese Forderung wird einigermaßen von Flüssen, die ihr Wasser aus dem
Mittelgebirge bekommen, erfüllt. Hier fallen in der kühlen Jahreszeit die
meisten Niederschläge, die in den· Flüssen ihren Abfluß finden. Anders
ist es bei Flüssen mit Zufluß aus dem Hochgebirge. Hier finden im Winter
zwar auch Niederschläge statt, jedoch in Form von Schnee, der erst bei
Beginn der wärmeren Jahreszeit schmilzt, so daß die Hochgebirgsflüsse
im Winter wenig, im Sommer dagegen reichlich Wasser führen.
Die einfachste Anordnung eines Laufkraftwerkes ergibt sich, wenn
ein Fluß mit genügendem Gefälle und steilen Ufern an geeigneter Stelle
gestaut wird. Abb. 29 zeigt schematisch ein solches Staukraftwerk. Man
sieht, daß Kraftwerk ebenso wie Stau-
werk quer in den Fluß hineingebaut
sind. Abb. 30a zeigt wie beispiels-
weise ein Laufkraftwerk mit Vertikal-
generatoren und Francis-Turbinen
beschaffen sein kann. Um billig zu
bauen, soll das Gebäude möglichst
niedrig sein. Die Höhe ist jedoch
Abb. 29. Schematische Darstellung
eines Laufkraftwerkes. durch die Krananlage bestimmt, mit
der man einen Maschinensatz ab-
montieren und über die anderen Generatoren wegschaffen können muß.
Die Generatoren sollen also so niedrig wie möglich sein. Man vermeidet
deswegen neuerdings den unmittelbaren Aufbau der Erregermaschine auf
dem Generator, da dies die Generatorhöhe vergrößert. Die getrennt
aufgestellten Erregergeneratoren können durch Getriebe angetrieben
oder als Erregerumformer ausgebildet sein (s. S. 97). Es kann zweck-
mäßig sein, die Schaltanl~:tge nicht unmittelbar mit dem Kraftwerk zu
vereinigen, sondern sie am Ufer zu errichten. Soll der Fluß schiffbar
sein, dann muß, wie in der Abb. 29 schematisch dargestellt, das Kraft-
werk durch einen kleinen Schiffahrtskanal mit Schleuse umgangen wer-
den. Zur Verbilligung des Wasserkraftwerkes kann man auf das
Maschinenhaus verzichten, falls man ein hochbauloses Kraftwerk aus-
führt (s. Abb. 30b).
Abb. 30c·zeigt ein "hochbauloses" Laufkraftwerk mit Kaplan-Turbine
und Freiluftgenerator in Schirmbauweise.
Neuerdings sind auch einige "überflutbare Wehrkraftwerke" mit
hydroelektrischen Einheiten, früher "Unterwasserkraftwerke" genannt,
gebaut worden. Diese Kraftwerke liegen im Stromstich des Flußmutter-
Lauf- und Speicherkraftwerke 39
Abb. 30a. Schnitt durch ein Kraftwerk in Hochbauweise mit Francis·Spiralturbine (Voit h).
H = 311m; Q = 20,35m'fs; n = 500U/min; N= 76000PS.
Gummidichtungen gegen
den Laufradkranz einge-
setzt. Wie Abb. 31 zeigt,
bilden Turbinenlaufrad und
Generatorpolrad konstruk-
tiv eine Einheit; der Stän-
der des "durchflossenen"
Generators unterscheidet
sich nur wenig von dem
einer normalen horizontalen
Maschine.
Eine Weiterentwicklung
der Rohrturbine bedeutet
die Lösung nach Abb. 3la.
Es handelt sich um eine
Kaplan-Turbine mit nahezu
geradem Saugrohr, die mit
einem wasserumflossenen
Generator über ein Plane-
tengetriebe gekuppelt ist.
/
wasserkanal, den man mit möglichst geringem Gefälle ausbildet, geleitet.
Den Abschluß des Oberwasserkanals bildet .daa :{{r.aftwerk, welches
42 Kraftwerke
Ein Maß für die Art der Belastung ist der Belastungsfaktor m, der
sich aus dem Verhältnis von mittlerer Leistung zur Spitzenleistung ergibt.
(9)
Es ist für ein Kraftwerk ungünstig, wenn der Belastungsfaktor klein ist,
denn das Kraftwerk muß für die SpitzenleistungS ausgebaut sein und
100 leistet trotzdem nicht mehr als z. B.
% a ein ideal belastetes Kraftwerk, welches
nur eine ausgebaute Leistung Nm hat,
jedoch den ganzen Tag über voll aus-
genutzt wird. Da die Kosten für die
kWh nicht nur durch den Brennstoff-
verbrauch gegeben sind, sondern einen
recht beachtlichen Teil enthalten, wel-
cher von der Verzinsung und Abschrei-
bung des Anlagekapitals herrührt, kann
100
% b ein Kraftwerk den Strom um so billiger
liefern, je größer der Belastungsfaktarm
ist, d. h. aber, je besser die ausgebaute
Leistung des Werkes ausgenutzt wird.
In der Abb. 36 sind für drei ver-
schiedene Fälle die Belastungskurven
aufgezeichnet. Abb. 36a zeigt die Be-
lastungskurve einer kleineren Stadt,
in der grpßere Industrie nicht vor-
100
% c handen ist, als Stromabnehmer also
nur kleine handwerkliche Betriebe und
größtenteils Haushaltungen (Lichtlast)
in Frage kommen. Die obere Kurve zeigt
die Belastung für den ungünstigsten
Wintertag mit der größten Spitze, die
unterste Kurve dagegen die für den
8 13 16 30 3 ,h Tag kleinster Leistung im Sommer. Es
Abb. 86a-c. BelastllJigskurven filr eine ist noch eine mittlere Kurve eingazeich-
kleinere Stadt(a),einlndustrie!JesWerk(b), net, welche für Frühjahr und Herbst
ein gröBeres Gebiet (c).
gilt. Infolge der vorherrschenden Licht-
belastung ist an diesen Kurven die ausgeprägte Spitze in den Abend-
stunden im Winter und die geringe Belastung im Sommer kennzeich-
nend. Es handelt sich hier wegen der starken Spitzenbelastung um eine
für ein Elektrizitätswerk ungünstige Belastungskurve.
Abb. 36b zeigt die Belastungskurven für ein Industriewerk, und zwar
ebenfalls für Sommer und Winter. Da hier die Lichtbelastung wenig aus-
Der Belastungsfaktor 45
macht, sind die Kurven für Sommer und Winter nicht allzusehr ver-
schieden. An Sonn- und Feiertagen allerdings ist hier die Belastung sehr
klein. Der Belastungsfaktor eines solchen Kraftwerkes ist besser als bei
einem Werk, welches vorwiegend der Lichtstromerzeugung dient.
Um den Belastungsfaktor m eines Kraftwerkes zu verbessern, ist es
günstig, größere Versorgungsgebiete zusammenzufassen und von einem
einzigen oder einigen Kraftwerken aus zu speisen. Die Ausnutzung des
einzelnen Werkes wird dann besser, denn in einem solchen größeren Be-
zirk kommt die Belastung für Licht, Industrie und landwirtschaftliche
Zwecke zusammen. Da die Einzelspitzen nicht alle zeitlich zusammen-
fallen, wird die Kraftwerksspitze kleiner als die Summe der Einzel-
spitzen, der Belastungsfaktor somit auch günstiger.
Folgende Aufstellungl, die innerhalb eines größeren Versorgungs-
gebietes gemacht wurde, zeigt, wie der Belastungsfaktor steigt, falls
Elektrizitätsversorgungen zusammengefaßt werden:
Belastungsfaktor m in %:
Dörfer. . . . 7% 1 Provinz . 42%
Kleinstädte . . . 14% 3 Provinzen . 46-50%
Landkreise . . . • 25%
Die Zusammenstellung zeigt, daß bei Zusammenfassung von kleineren
Versorgungen der Belastungsfaktor stark ansteigt, daß jedoch die Ver-
besserung des Belastungsfaktors, wenn größere Versorgungsgebiete
zusammengeiaßt werden, im allgemeinen nicht mehr so beträchtlich ist.
In Abb. 36c ist die Belastung eines solchen größeren Überlandwerkes
dargestellt. Sie ist verhältnismäßig günstig, denn die Belastungskurven
für Sommer und Winter weichen nicht in dem Maße voneinander ab
wie z. B. im Falle der Abb. 36a.
Da die Belastung eines Versorgungsgebietes auch von den einzelnen
Jahreszeiten abhängig ist und sich erst nach einem Jahr wiederholt
(vorausgesetzt, daß keine Verbrauchssteigerung vorhanden ist), muß man
eigentlich 365 Tagesbelastungskurven für die Beurteilung zugrunde legen.
Für viele Überlegungen und Rechnungen ist es günstiger, nicht mit den
Tagesbelastungskurven, sondern mit der Jahresbelastungskurve zu ar-
beiten. Man trägt in Abhängigkeit der Zeit (in Stunden gemessen) auf,
wieviel Stunden jede Leistung im Jahr vorkommt. Fängt man dabei
mit der größten Leistung, d. h. in den meisten Fällen mit der Winter-
spitze an und trägt dann die immer kleiner werdenden Leistungen sinn-
gemäß an, so erhält man eine geordnete Jahresbelastungskurve gemäß
Abb. 37. Die Länge der Abszisse ist gleich der Stundenzahl eines Jahres,
also gleich 8760 Stunden. Die schraffierte Fläche F stellt die gesamte
b) Die Maschinenreserve
Es genügt nicht, ein Werk für die größte im Jahr auftretende Lei-
stungsspitze S auszubauen, sondern man muß berücksichtigen, daß in-
folge Oberholung oder Reparatur ein Maschinensatz ausfallen kann,
also eine Reserve zur Verfügung stehen muß. Die ausgebaute Leistung
Na (s. Abb. 38) wird damit größer als die Spitzenleistung S, und zwar
um den Reservefaktor r
Na
r=s· (14)
(15)
Diese Gleichurig zeigt, daß die Kosten für die erzeugte kWh um so nied-
riger sind, je größer die Benutzungsdauer h des Kraftwerkes ist.
Um einen Überblick über die tatsächlichen Größenverhältnisse zu
erhalten, sei in großen Zügen ein Beispiel durchgerechnet. Es handle
Der Einfluß der Benutzungsdauer auf den Preis der kWh 49
sich um ein grÖßeres Dampfkraftwerk auf Steinkohlenbasis mit 3 Tur-
bogruppen von je etwa 100 MW, bei dem die Kosten pro ausgebautes kW
auf Preisbasis 1955 a = DM 420,- betragen sollen. Für Verzinsung,
Abschreibung usw. seien pro Jahr 16% aufzuwenden. Es ist als p =
0,16.
Dabei setzt sich p z. B. wie folgt zusammen:
Jährlicher Kapitaldienst bei 7,5% Zinssatz und 20 Jahren Ab-
schreibungszeit . . . . • . . • . 9,8%
Reparaturen usw. . . . . . . . . . 3,0%
Verwaltung, Bedienung usw. . . . . 2,3%
Versicherung, Steuern und Abgaben . 0,9%
zusammen 16,0%
Die reinen Brennstoffkosten pro k Wh seien
b = 0,025DMJkWh.
Dieser Betrag kann näherungsweise wie folgt berechnet werden.
Werden z. B. im Mittel für eine kWh 2500 kcal gebraucht, so entspricht
dies, falls die Kohle einen Heizwert von 7000 kcaljkg hat,
2500
7000 = 0,356 kg Kohle.
Kostet die Tonne Kohlen einschließlich Transport DM 70,-, so ist also
b = 0 •356 . 70 = 0 025 DMJ.kWh
1000 ' •
s
K
= 420. 0,16 + 0,025 h = 67,2 + 0,025 h
Die Kosten für die abgegebenen kWh ergeben sich nach GI. (22) zu
k = 67 •2
h
+ 0' 025
Die Jahreskosten für ein kW ausgebaute Kraftwerksleistung und der
Preis pro erzeugte kWh sind in Abb. 39 und 40 in Abhängigkeit der Be-
lastungsdauer h aufgetragen. Die Abb. 39 zeigt, daß bei kleiner Be-
lastungsdauer die Kapitalkosten ap überwiegen, während bei größerer
Belastungsdauer die eigentlichen Stromkosten bh stärker ins Gewicht
fallen. Wenn ein Elektrizitätswerk billigen Strom erzeugen soll, so ist
nach Abb. 40 notwendig, daß die Zahl der Benutzungsstunden h bzw.
der Belastungsfaktor m möglichst hoch ist.
Wir wollen uns jetzt vorstellen, daß für ein gegebenes Versorgungs-
gebiet, dessen Spitze in kW mit S und dessen Belastungsdauer mit h
Stunden angenommen sei, ein Kraftwerk gebaut werden soll. Man kann
ein Kraftwerk bauen, das einen möglichst kleinen Energieverbrauch hat,
wobei allerdings die Anlagekosten meistens hoch sind oder man kann
ein Kraftwerk billig bauen, das dann im allgemeinen wieder höhere
Energiekosten hat. Um krasse Verhältnisse zu schaffen, sei das eine Mal
Buchhold/Happoldt, Elektrlsche Kraftwerke, 3. Auf!. 4
50 Kraftwerke
DM/li w V
V
/ Dpf/11
JMj
tiJfl / 70
/
/ 1\
9
V \
/ G \
11Jfl / [\.
L r.......
k'-- -- - ---- ~
-- -- -- r-....
f-- 1-- - -- - -- - -- f--
unserem Falle bei einem Wasserkraftwerk a = 1400 DM, das Kapital sei
mit p=0,12 (einschließlich Abschreibungen, Reparaturen, Bedienung
usw .) zu verzinsen. Der Faktor p ist bei dem Wasserkraftwerk niedriger
eingesetzt als bei dem Dampfkraftwerk, denn die Lebensdauer eines
Wasserkraftwerkes liegt wesentlich höher als die eines Dampfkraftwerkes.
Damit erstreckt sich aber auch die Abschreibung des Kraftwerkes über
einen größeren Zeitabschnitt, was eine Verkleinerung des Abschreibungs-
faktors mit sich bringt. Der Faktor p setzt sich in unserem Beispiel aus
folgenden Einzelfaktoren zusammen:
Jährlicher Kapitaldienst bei 7,5% Zins und 40 Jahre Abschrei-
bungsdienst . . . . . . 8%
Reparaturen usw. . . . . . . . . . . . 2%
Verwaltung, Bedienung usw . . . . . . • . . . . . . . 2%
-~:.......
zusammen 12%
Der Einfluß der Benutzungsdauer a.uf den Preis der kWh 51
Die jährlichen festen Kosten pro ausgebautes kW betragen also
DM/kw )1'
I'
11
~~ Dpf/11-~\
I
: wP 70
J
nH~
r--)'f'
- Wosserxrtrll ' /
8
/ «:;?- -
~
s..,., ~{
a
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~
6' \
J ·~ i\. \
-
1QO t:'l!i
~ ~
-
/
"
'
L -- --
~
~~ -
1:!~ - :=_ko-'109011.---<
I
.........
I-- -
w~ I II
0 6DflfJ 'IOfJJ 6'DflfJ UDflfJ U7&ih, 0
Abb. 41. Vergleich der jährlichen Kosten pro kW· Abb. 42. Vergleich der Kosten der kWh zwischen
ausgebaute Kraftwerksleistung zwischen einem einem Dampfkraft· und einem Wasserkraftwerk
Dampfkraft- und einem Wasserkraftwerkin ln Abhängigkelt der Benutzungsstunden.
Abhängigkelt der Benutzungsstunden.
(23a)
4*
52 Kraftwerke
Auf Grund der Kapital- und Energiekosten kann also bei gegebener
Benutzungsdauer stets festgestellt werden, welcher von zwei Vorschlägen
der günstigste ist.
e/e/dr. !.eilung
eine Rohrleitung den Turbinen zu, die die Energie zur Deckung der
Spitzenlast erzeugen. Im Pumpbetrieb arbeitet der Generator, von den
Grundlastwerken gespPist, als Synchronmotor und treibt die jetzt mit
ihm gekuppelte Pumpe an. Diese pumpt über die vorhandene Rohr-
leitung Wasser aus einem Tiefbecken oder einem Fluß in das Speicher-
becken. Die mit dem Generator gekuppelte Wasserturbine ist von der
Rohrleitung abgetrennt und läuft leer mit. Durch ein solches Pump-
speicherwerk können die übrigen, die Grundlast ausfahrenden Kraft-
werke sehr gleichmäßig elektrische Energie erzeugen. Die Kosten pro
kWh werden wegen der hohen Benutzungsstunden der Kraftwerke nied-
rig, wobei ferner zu beachten ist, daß bei gleichmäßiger Benutzung der
Gesamtwirkungsgrad ein besserer ist und besonders bei Dampfkraft-
werken Reparaturen bei stetig belasteten Turbinen, Kesseln und Gene-
ratoren seltener sind als bei nicht gleichmäßig belasteten, bei denen leicht
unerwünschte Wärmespannungen auftreten. Ein Pumpspeicherwerk
kommt allerdings nur dann in Frage, wenn es in nicht allzu großer Ent-
fernung vom Belastungsschwerpunkt liegt, längere Leitungen also nicht
notwendig sind und wenn durch günstige Geländeverhältnisse die wasser-
baulichen Anlagen nicht zu teuer werden. Ferner müssen die reinen
Energiekosten sehr billig sein, da man wegen der doppelt zu zählenden
Wirkungsgrade nur etwa 55 bis 65% der zugeführten Energie aus dem
Speicher herausholen und in das Netz fördern kann. Trotz hoher Ge-
stehungskosten kann ein Pumpspeicherwerk auf lange Sicht gesehen
wirtschaftlich sein, da die teuren wasserbauliehen Anlagen eine sehr
hohe Lebensdauer haben, die Abschreibungen also sehr niedrig sind.
Das Pumpspeicherwerk kann auch mit einem Speicherkraftwerk
vereinigt werden. Nimmt man bei einem Speicherkraftwerk vereinfachend
an, der Wasserzufluß sei konstant und die Belastungen wiederholen sich
jeden Tag in derselben Größe, so muß die pro Tag gelieferte Zahl von
kWh dem Wasserzufluß entsprechen. Man kann jedoch auch, falls die
Maschinenleistung groß genug ist und der Speichersee genügend Wasser-
vorrat besitzt, während einiger Stunden des Tages mehr Energie aus einem
solchen Speicherkraftwerk entnehmen, als dem W asserzufluß pro Tag
entspricht. Man muß jedoch dann zu belastungsschwachen Zeiten die
zuviel entnommene Energie wieder zurückgeben, d. h. die Kraftwerks-
generatoren müssen als Motoren laufen, die mittels Pumpen wieder
Wasser aus einem Tiefbecken in den Speichersee hineinpumpen. Bei
einem solchen kombinierten Speicher- und Pumpkraftwerk müssen also
einige oder alle Generatoren außer den Turbinen noch abkuppelbare
Pumpen erhalten.
Ein Pumpspeicherbecken bietet auch sonst betrieblich sehr große Vorteile und
kann für folgenden Betriebsfall von Nutzen sein: Eine Reihe von Laufkraft-
werken (s. Abb. 49a) arbeiten auf eine Leitung, in die auch mehrere Dampfkraft-
Zusammenarbeit verschiedener Kraftwerke 57
werke speisen. Bei .A befinde sich ein Pumpspeicherwerk. Ist der Energiefluß der
Leitung z. B. von unten nach oben gerichtet und tritt infolge eines Kurzschlusses
ein Auftrennen der Leitung durch den Schalter bei B ein, dann haben die Lauf-
kraftwerke plötzlich für die erzeugte Energie keine Abnahme mehr. Sie müßten
also möglichst rasch ihre Turbinen absperren und das Wasser über die Wehre
abfließen lassen. Haben die Laufkraftwerke größere Zuleitungskanäle (s. Abb. 32),
dann wird der Wasserstand am Kana.lanfa.ng, also auch am Wehr zunächst nicht
geändert, da längere Zeit verstreicht bis das Abstellen der Turbinen sich durch
eine zurückflutende Welle am Kana.lanfang, also am Wehr, bemerkbar macht.
Die Wasserverhältnisse der Unterlieger werden jedoch, da hier jetzt vorüber-
gehend Wassermangel eintritt, gestört. Dies ist besonders unangenehm, wenn
dort Laufkraftwerke anderer Gesellschaften sind, die ein Anrecht auf gleich-
mäßige Wasserlieferung haben und plötzlich in ihrer Energieerzeugung gestört
werden. Solche Störungen lassen sich vermeiden, wenn die plötzlich nicht be-
nötigte Energie der Laufkraftwerke solange in ein vorhandenes Pumpspeicher-
werk geleitet werden kann, bis die Störung beseitigt ist.
Einen von vier Maschinensätzen eines großen Pumpspeicherwerkes
zeigt Abb. 49b. Die Fraucis-Spiralturbine ist starr mit dem Generator
gekuppelt. Bei Pumpbetrieb wird die mit
Preßluft entleerte Pumpe durch eine A,nwurf- rull'werlre
Freistrahlturbine bis zum Synchronismus Abnehmer
hochgefahren, worauf eine Zahnkupplung flmer
zwischen Antriebs- und Pumpenwelle ein-
greift.
Eine interessante vertikale Speicher-
~7
pumpengruppe zeigt Abb. 49c. Sie besteht
aus einer vierdüsigen Freistrahlturbine und
einer 5-stufigen Speicherpumpe, die mit
einem hydraulischen Wandler angefahren und
mittels Zahnkupplung gekuppelt wird. Abb. '9a. Kraftversorgung
mit angeschlossenem
Man hat in einem richtig bemessenen und Pumpspeicherwerk.
nicht restlos entleerten Pumpspeicherwerk
eine sehr wertvolle Momentanreserve, so daß beim Ausfall einer
größeren Maschineneinheit in einem Kraftwerk das Pumpspeicherwerk
in einer Zeit von höchstens 2 min mit voller Leistung einspringen
kann und somit die Energielieferung nicht gestört wird. Bei einem
Pumpspeicherwerk wird es nicht immer möglich seiri., wie im Idealfall
der Abb. 48 angenommen, daß sämtliche Spitzen vom Pumpspeicher-
werk aufgenommen werden, da nicht immer die Möglichkeit besteht, ein
genügend großes Pumpspeicherwerk zu bauen. Aber auch mit einem
kleineren derartigen Kraftwerk kann man, wie die Abb. 50 zeigt, eine
weitgehende Abtragung der Spitzen und eine Ausfüllung der Täler
erreichen.
Es besteht auch die Möglichkeit, ein Dampfkraftwerk mit Energie-
speicher, z. B. mit einemRuths-Speicher, auszurüsten. Derartige Speicher
~,
00
~~
~
Abb.49c. Pumpspeicherwerk mit 2 vierdüsigen Freistrahlturbinen mit stehender Welle für Hn ~ 000 +
070 m; Q = 5,23 ..;. 5,42 m•ts; n = 750 Ufmln; N = 56 400 ..;. 62 800 PS und 2 fünfstufigen Speicher·
pumpen für Hman = 1005 ..;. 8\l5 m; Q= 3,45 ..;. 4,20 m•ts; n ~ 750 U/mln; N = 53 700 + 58 500 PS.
daß sämtliche Werke genau den ihnen angegebenen Fahrplan fahren und
sich nicht um die Frequenz kümmern. Will die Netzfrequenz etwas ab-
sinken, so ist das ein Zeichen für das Spitzenkraftwerk, daß das Netz zu-
sätzlich belastet ist und daß es zur Haltung der Frequenz mehr Energie
abzugeben hat. Das Spitzenkraftwerk wird also zweckmäßigerweise,
sofern nicht besondere Gründe dagegen sprechen, beauftragt, die Fre-
quenz des Netzes zu halten. Die Rolle des frequenzführenden und die
Belastungsschwankungen aufnehmenden Werkes kann dabei innerhalb
eines Tages wechseln. Ist während gewisser Zeiten das· Kraftwerk III
(s. Abb. 52), w~lches als eigentliches Spitzenkraftwerk vorgesehen ist,
außer Betrieb, dann muß das Kraftwerk II die Frequenz halten und Un-
regelmäßigkeiten der Belastungskurve aufnehmen.
:~
I);
Abb. 55&. Schematische Darstellung eines Abb. 55b. Schematische Darstellung eines
Reglers mit statischer Kennlinie. Reglers mit astatischer Kennlinie.
zahländerung d%. Man versteht darunter den Betrag, um den sich die
Drehzahl bzw. die Frequenz in Prozenten ändert, falls die Belastung von
Leerlauf auf Nennlast ansteigt. Es ist also nach Abb. 54
Afo
d% = To . 100% ' {26)
wobei / 0 die Normalfrequenz ist. Ist die dauernde Drehzahländerung
z. B. 5% und die Frequenz bei Leerlauf genau 50, dann ist bei Vollast
die Frequenz 47,5. Man wünscht jedoch über den ganzen Belastungs-
bereich konstant die Frequenz 50. Dies kann in vorliegendem Falle nur
erreicht werden, wenn die Charakteristik stetig mit steigender Last par-
allel nach oben verschoben werden kann, so daß man bei Vollast schließ-
lich die gestrichelte Kennlinie der Abb. 54 erhält.
Abb. 55a zeigt schematischeinen statischen Regler. Das Zentrifugal-
pendel Z arbeitet auf ein Gestänge A 1 und über ein weiteres Gestänge A 2
auf den Steuerschieber R. Nimmt man an, infolge Entlastung steige die
Drehzahl, so wird der Punkt B angehoben. Da der Kolben K im
64 Kraftwerke
V
i
I i
I i
i i
i s!J
i I
i
i +-
I ~2
~L. 1 . o~
I g;J_
!ii ,-I~
:r-,.__· r-----T
L---r-·
- s
Abb. 57a. Prinzipschaltbild für elektrischen Drehzahlreglerkopf.
A. Regelorgan B. Kraftgetriebe C. Stabilisierung
1 Elektrischer Drehzahlregler 4 Vorsteuer-Ventil 6 Vorübergehende Statik
2 Leerlauf-Frequenz-Einstellung 5 Servomotor 7 Dämpfung
mit Hand- und Fernbetätigung 8 Rückführfedern
3 Öffnungsbegrenzung mit Hand- 9 Bleibende Statik
und Fernantrieb
1@ Handbetätigte Anlaß-Vorrichtung
M 2 = kU~w 2 C 2
!JM = M 2 - M1 = kUJ.. (w C
2 2- w•lL•) (28)
1
LIM=O W= VLC (29)
l
[]
Me 0
[)CJ~
CJ r:n~n::J
~ mr:J DESrJ
II II o ;a
. .,
ooo:. ...
000:
...
...
~
••• 11
Jl
Kr=.2K= K 1 + K + K + · ··
2 3 (33)
dann ergibt sich
(34)
oder
Af- iJNr (35)
LJ - Kr •
Setzt man den We.t:t von Llf in die Gleichungen (32b) ein, dann
ergibt sich
(36)
70 K.ra.ftwerke
sollen möglichst klein sein. Man kann für die verschiedenen zur Verfügung
stehenden Maschinen die spezifischen Verluste für die in Frage kommende
Betriebsdauer T und mittlere Leistung Nm berechnen und danach die
Maschine auswählen, welche die kleinsten spezifischen Verluste ergibt.
Obige Betrachtungen gelten auch für Maschinen verschiedener Kraft-
werke, nur muß dann berücksichtigt werden, daß die Energieerzeugungs-
kosten in den einzelnen Kraftwerken verschieden sein können. Bei der
Rechnung interessieren nur die sog. veränderlichen Energiekosten, denn
die festen Kosten, die durch den Kapitaldienst, die Abschreibungen usw.
sich ergeben, bleiben unverändert, einerlei, ob die eine oder andere Ma-
schine in Betrieb gesetzt wird. Sind die veränderlichen Kosten pro kWh
gleich b in DM, dann sind die spezifischen Verlustkosten gleich
folgt, dann ergibt sich, daß GI. (41) immer gleich Null wird, wenn der
Bedingung
aL 1 aL 2 aL3
aN1 = aN2 = aN; (43)
Diese Formel besagt also, daß die Zunahme der zuzuführenden Leistung
in Abhängigkeit der abgegebenen Leistung bei den verschiedenen Ma-
schinen gleich sein muß. I. I. b
a
Betrachtet man zwei Ma-
schinen mit den Leistungs-
kennlinien L1 = f (N1) und
L 2 = f(N 2 ) (s. Abb. 62b).
Die Bedingung
dL1 d L2
dN~= dN2
N N
wird erfüllt für die einge- Abb. 62a u. b. Aufgenommene Leistung in Abhängigkeit
zeichneten Leistungen N 1 der abgegebenen,
a für eine Maschine, b für zwei Maschinen.
und N 2• Würde man die
Leistung auf beide Maschinen gleichmäßig verteilen, daß also jede
die Leistung N 1 ~ N2 abgeben würde, dann wäre eine größere Leistung
L1+ L 2 aufzuwenden, die angestrebte Wirtschaftlichkeit also nicht er-
reicht. Sind die vorhandenen Maschinen in ihren Kennlinien gleich-
artig, dann vereinfacht sich unsere Bedingung und heißt, daß die Last
auf die Maschinen prozentual der Nennleistung gleichmäßig verteilt
werden muß.
Wir haben unsere Wirtschaftlichkeitsbedingungen abgeleitet, indem
wir das Differential dNr gleich Null gesetzt haben. Dies ist jedoch nicht
gleichbedeutend damit, daß ein Minimum vorhanden ist. Beispielsweise
könnte auch ein Maximum auftreten. Ein Minimum ist jedoch auf jeden
Fall vorhanden, wenn dL 1 jdN1 , dL2 jdN2 • •• mit wachsendem N 1 bzw.
N 2 zunimmt, d. h. die Größen
bzw.
positiv sind, also nicht Null oder negativ. Sollte letzterer Fall auftreten,
dann sind Spezialuntersuchungen anzustellen.
74 Die Drehstromgeneratoren
"""·~~~i[~;===~ :=:
~
den die sonst durch das
Gebäude führenden und oft <
>
störenden Luftkanäle ge- .:.:
0
g
spart. ...
CC>
Damit bei Netzstörun- ....
.8
gen, bei denen mechanische ~
1l
f
Pendelungen der Maschinen
auftreten können, die Gene-
ratoren in den Kraftwerken
..."
~
weniger leicht außer Tritt .c.0
fallen (s. S. 91), erhalten sie <
zweckmäßig eine Dämpfer-
wicklung; vielfach genügen
auch massive Pole. Dies
bewirkt auch, daß bei ein-
phasigen Lasten die Span-
nungskurve unverzerrt
bleibt. Bei Turboläufern
werden hierzu z. B. unter
den Nutenkeilen des Rotors
Flachkupferbänder einge-
legt, die an den Enden
unterhalb der Rotorkappen
miteinander verbunden sind
76 Die Drehstromgeneratoren
V
b Flußmaximum hat sich um den Winkel"' gedreht.
3 Wicklungen ein Drehfeld.
Diese Amperewindungen denken wir uns näherungsweise sinusförmig
längs des Luftspaltes verteilt. In Abb. 67a sind die Ströme des Drei-
phasensystems durch das Zeigerdiagramm dargestellt. Dreht sich das
Zeigerdiagramm im Linkssinne,
so werden die erzeugten Ampere- I1
windungen sich ebenfalls im
Linkssinne drehen. Für den
Zeitpunkt der Abb. 67a haben IJ ---------- ,
die räumlich sinusförmigen Am- \
perewindungen der drei Ströme \
die in der Abb. 67b aufgezeich- \12
nete Verteilung und ihre Größe a b
und Richtung läßt sich durch Abb. 67a u. b. Generatordiagramme.
e
die Anker-Amperewindungen n.w a Zeigerdiagramm der Ströme, b Lage der resultierenden
Amperewindungen des Ankers.
kennzeichnen, die die Richtung
des von den Amperewindungen erzeugten Feldes angeben und proportio-
nal dem Strom / 1 sind. In unserem Zeitdiagramm ist also der Strom-
vektor / 1 proportional dem Drehfeld (Amperewindungen) und gibt auch
dessen räumliche Lage an.
Wir wollen annehmen, der vom Läufer erzeugte, ebenfalls räumlich
sinusförmig verteilte Fluß C/J habe die in der Abb. 66a dargestellte Rieb-
78 Die Drehstromgeneratoren
tung und Größe. Dreht sich das Polrad und damit der Fluß im Links-
sinne, so wird in der Wicklung 1, deren Leiter sich unter Polmitte be-
finden, der Höchstwert der EMK E erzeugt; in diese Richtung fällt das
Feld, welches der durch diese EMK erzeugte Strom bei ohmscher Be-
lastung und induktivitätsfreier Wicklung erzeugen würde. Obwohl in dem
betrachteten 'Augenblick die in Wicklung 1 erzeugte EMK am größten ist,
umschließt die Wicklung 1 den Fluß Null. Nach einer gewissen Zeit
hat sich das Polrad um den Winkelex gedreht (s. Abb. 66b) und der Fluß
durchsetzt jetzt teilweise die Wicklung 1. Den Augenblickswert if>a des
von der Wicklung 1 umschlungenen Flusses
kann man durch Projizieren des Vektors if>
auf die Vertikale erhalten. Die in Wick-
lung 1 erzeugte EMK hat sinusförmig ab-
genommen und man erhält den Augen-
blickswert e der EMK durch Projizieren
des EMK-Vektors E auf die Vertikale.
Man kann also die räumlichen Vektoren if>
~ und E der Abb. 66 auch als Vektoren eines
Zeitdiagramms auffassen, wobei der Fluß if>
der EMK um 90° voreilt. Hat man eine
Maschine mit p Polpaaren, dann ist ganz
allgemein der räumliche Winkelrxfp, wenn IX
der zeitliche oder wie man sagt, der elek-
trische Winkel ist.
Abb. 68. Diagramm des Drehstrom-
generators mit zylindrischem Rotor.
Der von der EMK erzeugte Strom I
hat im allgemeinen gegen die Sternspan-
nung U A (U mit dem Index;... bedeutet im folgenden die Phasen- oder
Sternspannung, während U ohne Index die verkettete Spannung ist)
eine Phasenverschiebung cp. Um E zu erhalten, muß man im Zeitdia-
gramm, das man, wenn symmetrische Verhältnisse vorliegen, stets für
eine Wicklung zeichnet (s. Abb. 68), zur Sternspannung U A in Richtung
des Statorstromvektors 11 den ohmseben Spannungsabfalll1 • R, senk·
recht dazu den induktiven Spannungsabfalll1 • X 8 (X8 = Statorstreu-
reaktanz) des Generators auftragen. Die Statorstreuung wird vielfach
aus dem Wert der Spannung ermittelt, die man an den Stator bei heraus-
genommenem Rotor anlegen muß, damit der Generatornennstrom fließt.
Bei diesem Verfahren wird auch die Bohrfeldstreuung mitgemessen. Die
Bohrfeldreaktanz in Ohm läßt sich verhältnismäßig genau nach der
Formel
XB = 0,151 .J... (w ~)210-s (45)
p
rechnen; in dieser Gleichung bedeuten I die Frequenz, l die Eisenbreite
abzüglich Luftschlitze in cm, p die Polpaarzahl, w die Windungszahl
Diagramm des Turbogenerators 79
xa = -UnA
- - . -In- = - -
In
-. (47)
IKunges Un}" IKunges
80 Die Drehstrom generator en
Ix
Im allgemeinen versteht man unter dem Kurzschl ußverhäl tnis In
(auch Leerlauf- Kurzschl ußverhäl tnis genannt) den gesättigt en Wert,
d. h. den auf den Nennstro m bezogenen Kurzschl ußstrom, der dem
Leerlaufe rregerstro m i 0 eines Generato rs mit Sättigung entsprech end
Abb. 70 zugeordn et ist. Man kann den reziproke n Wert dieses Kurz-
schlußve rhältniss esals die gesättigt e synchron e Reaktanz bezeichnen.
Bezeichn et man mit ixn den Erregerst rom, für den der Kurzschl uß-
stromgle ich dem Nennstro m wird, so gilt
Ix _ io (48)
In - ixn ·
Turbogen eratoren sollen entsprech end den Empfehl ungen des VDE ein
Kurzschl ußverhäl tnis von 0,5-0,6 aufweisen, wobei 0,5 fü-r Generato ren
I u
t t
{/
io io
vnges
linie } . Abb. 70a. Veteinfachtes Spannungs·
Abb. 70 · ab Leerlaufkenn
Kurzschluß-Kennlinie emes Synchrongen erators. diagramm des Turbogenerators.
bis 8000 kVA und 0,6 für Generato ren ab 50 000 kVA gilt. Generato ren
mit ausgeprä gten Polen haben in der Regel ein Kurzschl ußverhäl tnis
von etwa 0,8 bis l.
Die Resultier ende von U;..., und 1 1 • Xa ergibt, wie aus Abb. 68 hervor-
geht, die Polradsp annung E 2 , die mit U).., den Polradwi nkel <5 einschließt.
Man kann den Statorstr om 11 in einen Längsstr om 11 d und einen
Querstro m 11q zerlegen, dann ist, da bei Turbogen eratoren die Quer-
reaktanz ungefähr gleich der Längsrea ktanz ist, 11 • Xa die geometrische
Summe von 11 q • Xaq +
11 a · Xaa oder, wenn man wie bei der Längs-
reaktanz die Streureak tanz und die Ankerrüc kwirkung s-Querre aktanz zu
Xq = Xs +
Xaq zusamme nfaßt, gilt auch 11 • Xa = 11 q · Xq 11 a · Xa. +
Senkrech t zu E 2 . liegen die Rotoram perewind ungen 0 2 • Zieht man
hiervon die Statoram perewind ungen 0 1 ab, so ergeben sich die resul-
tierenden Amperew indungen er
Das vereinfac hte Spannun gsdiagram m des Turbogen erators, bei
welchem der Ohms"che Spannun gsabfall vernachlä ssigt ist und I den
Dia.gra.mm des Turbogenerators 81
Statorstrom und E 2 die Polradspannung bedeuten, zeigt Abb. 70a.
Ausgehend von diesem Diagramm ergibt sich
E 2 sin d = I Xa · cos qJ , (49)
N w = UA I · cos qJ , (50)
N _ UA • E 2 • sin 15 (51)
w- Xa '
I _ E 2 ·sinl5 (52)
w- Xa '
I _ E 2 • oos 15 _ UA
b- Xa Xa · (53)
Dividiert man sämtliche Spannungen dieses Diagramms durch Xa und
bezieht diese Stromwerte auf den Nennstrom des Stators In. so erhält
man das Stromdiagramm bzw.
Leistungsdiagramm Abb. 70b.
Das charakteristische Dreieck
wird durch die Seiten
OA = h , AO = _!_
In In
und
00=~
X
a b
Abb. 72 a u. b Ankerrückwirkung bei einem Generator mit ausgeprägten Polen.
a Es sind nur Queramperewindungen vorhanden, b es sind nur Gegenamperewindungen vorhanden.
---- -------
L
-·-- ........,,,
6' II 0
U;JXrA'td.q!JB
%d Xq-
t·ftt.
A(l 'fl
=t
den Nennstrom In. Das Diagramm wurde für eine Längsreaktanz von
Xa =I und für eine Querreaktanz von Xq = 0,65 sowie für L = I
~~ =I auf und unter dem WinkelfP
-:q)
gezeichnet. Man trägt OA =
AG= 11 = I. UA wird= I gesetzt; man trägt dann OG = U A <x.;
n d • q
= 0,538 auf, dann ist GO = la und KG = la , das
e' e
bei dem gewählten
Beispiel sich zu I,78 (Dauerkurzschlußstrom bei Nennerregung) ergibt.
Hält man die Strecke KG, die der Nennerregung proportional ist, kon-
stant, läßt den Winkel <5 variieren und trägt vom Umfang des Kreises
mit dem Mittelpunkt H und dem Radius HO die Strecke KG ab, so
erhält man die Grenzkurve GE für Leistungsfaktoren, die unter dem
Nennleistungfaktor liegen. Der Bogen EG ist nicht mehr wie bei der
Vollpolmaschine der Teil eines Kreises, sondern der Teil einer Pascalsehen
Schnecke. Für höhere Leistungfaktoren und für den kapazitiven Be-
reich liegen die Grenzwerte auf einem Kreis um A mit dem Radius AG.
86 Die Drehstromgeneratoren
Die Punlde der Grenzlinie EO DO können auch aus den Gleichungen (59)
u. ( 61) ermittelt werden. Begrenzt die Antriebsmaschine die Wirkleistung,
so ist wiederum die Gerade CD als Begrenzung maßgebend.
Den Polradwinkel f5 bei Nennlast liest man zu etwa 20° 31' ab. Die
theoretische Stabilitätsgrenze, die für den Grenzwinkel (j = 90° gilt,
ist ebenfalls eingetragen. Sie ergibt sich aus der Differentialgleichung
des Wirkstromes im vorliegenden Falle wie folgt:
.
schwinden, da durch eine Flußah-
nahme (- d(J)jdt) Ströme erzeugt
werden, welche den Fluß aufrecht fJz ~
zu erhalten suchen. Diese Ströme Abb. 730 ' :r~!~~~~"l:=. für Stoß-
fließen teils in der Erregerwicklung
oder in der Dämpferwicklung (falls eine solche vorhanden), teils auch in
möglicherweise vorhandenen massiven Eisenteilen. Diese hierdurch
gebildeten zusätzlichen Amperewindungen ez,
welche im ersten Augen-
blick die Ankeramperewindungen ea
kompensieren, klingen jedoch all-
mählich ab. Damit verschwindet auch der Fluß bis auf einen Betrag,
der der EMK im Dauerkurzschlußzustand entspricht. Da ·bei Kurz-
I
schlußbeginn der Fluß(}) und damit auch die EMK des Normalzustandes
praktisch bestehen bleiben, erhält man für den ersten Augenblick einen
sehr hohen Stoßkurzschlußstrom.
Bei diesem transienten Vorgang verhält
sich der Generator wie ein Transformator. Man
erhält folgendes Ersatzschaltbild (Abb. 73d), Xa.
wobeiX81 dieprimäre (Stator-)Streureaktanz _
und X 82 die sekundäre (Rotor-) Streureaktanz Abb. 73 d. Ersatzschaltung für die
und Xa die Ankerrückwirkungs-(Haupt-) Ermittlung der transienten
Generator· Reaktanz X'.
Reaktanz bedeutet. Bezeichnet man mit a 1
und a2 die auf Xa bezogenen Reaktanzen, so ergibt sich als'Resultierende
die transiente (Übergangs-)Reaktanz. X'= Xs 1 ~:2 ~~~ = Xd · o, +
wobei a' der totale Streukoeffizient gegeben ist durch
a' 1 (66)
=I-
(1 + 0'1) (1 + 0'2)
Ist z.B. Xd = 1
0,6 , a' = 0,12, so wird X'= 0,2. Der Stoßkurzschluß-
Wechselstrom errechnet sich zu__!_ = 5, d. h. zum 5-fachen des Nenn-
0,2
stromes.
Vorgenannte Werte gelten für Generatoren ohne Dämpferwicklung
mit geblättertem Rotor. Alle Turbogeneratoren haben massive Rotoren,
88 Die Drehstromgeneratoren
Funktion (I~ -Ix) · e Tit ab. Die transiente Zeitkonstante T~ ist gegen-
über der Leerlaufzeitkonstante T~ im Verhältnis
0
xaXd kleiner, d. h. es gilt
I
Abb. 73h. Ersatzschaltung für den unsymmetri sch Abb. 73i. Ermittlung des einphasigen
belast eten Drelphasen-Generator. Stromes Je und der SchieflastIef In .
--
Belastung zerlegt werden. Bei unsymmetrischer Belastung ergibt die
2· ~~~-.
Zusammensetzung der drei Ströme entsprechend Abb. 73i nicht ein
lmu l§u
c) Dauerkurzschlußstrom
Der dreipolige Dauerkurzschlußstrom bei Leerlauferregung beträgt
für die ungesättigte Maschine
I I I I_I _ UA
- Kunges- Xa ·
durch die Summe aus der synchrone n Reaktanz, der inversen Reaktanz
und der Nullreakta nz. Für die einzelnen Stromkom ponenten ergibt
sich der Strom zu _ _ u_A___ und der resultieren de Kurzschlu ßstrom
Xa+Xi+ Xo
3 - · - größer als der
ist das dreifache dieses Wertes. Er ist daher ----;-
1-, CJi + CJo
dreipolige Dauerkurz schlußstro m.
Für transiente Vorgänge ist lediglich das erste Glied Xa im Nenner
der Gleichung en für den ein-, zwei- und dreipoligen Kurzschlu ßstrom
durch X~ zu ersetzen.
~ - I
illjl
lo
li= J(/;.
xd (l+IJi"+OO)
ll 3
liu -(7+oi;+rro)
Turbo· 1,67 · · · 2 [ 0,1 · · · 0,15 i 0,15 · · · 0,25 'o,1· · · 0,15. 0,01 · · · 0,08
-m~it~a~~~,~~~[-;ägten -0,~~1,~~~ ~.~-5 ~~ --0,; -~~- 0,2 ~0,45 ~0,~ -~0,: ~- 0,0; ~0,2-
,
~Dämpferwicklung
1
------- --~-----.---
~~
ohne TJ~';;~!erwick- 0,6 ... 1,2[ 0,2 · · · 0,45[ 0,2 · · · 0,45 0,3 · · · 0,61 0,04 · · · 0.25
1
Die Erregung der Generatoren 93
E. Die Erregung der Generatoren
Neuzeitliche Wechselstromgeneratoren beziehen, von Ausnahmen ab-
gesehen, ihren Erregerstrom von unmittelbar angebauten, bzw. über Ge-
triebe angetriebenen Erregermaschinen, die in der Regel als selbst-
erregte Nebenschlußmaschinen ausgeführt sind. Die Regelung des Feld-
stromes i der Drehstromgeneratoren erfolgt durch Widerstände im
Nebenschlußfeld des Erregergenerators. Man hatte früher unmittelbar
im Feldstromkreis des Drehstromgenerators die Widerstände, hat jedoch
heute diese Regelart ver-
lassen, da die Wider- 1/
stände groß sein müssen
und somit erhebliche
Verluste verursachen.
Aus dem Leistungs-
diagramm und den dar-
aus abgeleiteten V-Kur-
ven lassen sich die unge-
fährenErregerströmefür
beliebige Belastungszu-
stände ermitteln. Für die
genauere Bestimmung
des Erregerstroms unter
Berücksichtigung der
Sättigung ist es zweck-
mäßig, dasASA-Verfah- L ErrtyW-
ren (American Standard .rlrtim i
Association) zu Grunde Abb. 7,, Ermittlung des Erregerstromes eines Generators
unter Berücksichtigung der Sättigung.
zu legen, das neben-
stehendem Diagramm entspricht (Abb. 74). Man zieht durch Un eine
Parallele zur Abszisse und trägt auf dieser den Erregerstrom AD für eine
Belastung mit dem Nennstrom In bei cos q; = 0 übererregt auf. Von
D aus trägt man die Strecke DO = o ab, die den Erregerstrom ix~ für
einen Kurzschlußstrom gleich dem Nennstrom darstellt. Da
ist
. . In ·X
~Kn = ~o }Ji = ~0 d
d. h.' die Strecke DO, die Basis des Potier-Dreiecks, kann auch aus dem
Leerlauferregerstrom, multipliziert mit der synchronen Reaktanz, ermit-
telt werden. Durch den Punkt 0 zieht man eine Parallele zur Luftspalt-
kennlinie; vom Schnittpunkt dieser Parallelen mit der Leerlaufkennlinie
94 Die Drehstromgeneratoren
fällt man ein Lot auf die Strecke c; dies ergibt die Potierspannung Ep.
Bei einem Betrieb mit cos ({J = 0 übererregt, d. h. induktiver Last, addiert
sich die Polradspannung Ep zu der Nennspannung OA = Un algebraisch
und damit erhält man die EMK E zu OG. Zieht man eine Parallele zur
Abszisse durch G, so schneidet diese zwischen der Luftspalt- und der
Leerlaufkennlinie die Strecke b ab, die die Erhöhung des Erregerstroms
infolge der Sättigung zur Folge hat. Der weitere Anteil ist gegeben
durch die Strecke a =AB, welche den Erregerstrom i 0 ung88 entspre-
chend der Luftspaltkennlinie bei der SpannungUn darstellt.
Ist der Punkt D, d.h. der Erregerstrom für Belastung mit dem Nenn-
strom In bei cOS({J=Oübererregt'nichtbekannt, somußdiePotierspannung
Ep errechnet werden, worauf das charakteristische Dreieck OHN kon-
struiert wird. Die Potierspannung ist etwas größer als
die subtransiente Reaktanz und erreicht Werte bis zur
Gesamtstreuspannung, die man bei der Bohrfeldprobe
(s. S. 78) mißt.
Der Erregerstrom wurde in Abb. 74 für eine Be-
lastung z. B. mit In und cos ({J = 0 übererregt in 3 Kom-
ponenten a, b und c zerlegt. Für einen beliepigen
Leistungsfaktor und den Strom In erhält man den er-
forderlichen Erregerstrom, indem man auf der Abszisse
die Strecke OM = a = i 0 u11 g88 aufträgt. Von M aus trägt
man unter dem WinkelqJ die Strecke MI= OD = c auf
Abb. 76. Drehstrom-
generator mit und erhält als resultierenden Erregerstrom ohne Sätti-
angebauter Erreger- gung OJ. Der Einfluß de:r SättigUn.g wird näherungs-
maschine.
weise berücksichtigt, ingem man zunächst an OA = Un
unter dem Winkel ({J die Potierspannung Ep. anträgt und vom Endpunkt
von Ep eine Parallele zur Abszisse zieht, die zwischen der Leerlauf- und
der Luftspaltkennlinie den Erregeranteil IX, der für die Sättigung in
Betracht kommt, ausschneidet. Dieser Anteil wird in der Verlängerung
von 01 aufgetragen. OK = OL ist dann die Erregung beim Nennstrom In
und dem Phasenverschiebungswinkel (/J·
Vorstehendes Diagramm ergtbt sowohl bei Maschinen mit Vollpolen als
auch bei Maschinen mit ausgeprägten Polen gute Resultate.
Es sei in folgendem die Regelfähigkeit einer normalen Erreger-
maschine (Abb. 75) untersucht. Die Leerlaufcharakteristik der Erreger-
maschine zeigt Abb. 76. Selbsterregung ist möglich, wenn die unter dem
Neigungswinkel tan IX= R verlaufende Gerade i 8 R mit der Leerlauf-
charakteristik einen SchnittpunktS bildet. Dabei bedeutet i, den Erreger-
strom des Erregergenerators und R den Gesamtwiderstand im Anker-
und Erregerkreis a. Sieht man näherungsweiße vom inneren Widerstand
des Erregergenerators ab, so hat man mit dem Schnittpunkt auch die
Klemmenspannung der Erregermaschine und damit den durch den
Die Erregung der Generatoren 95
Drehstromgenerator fließenden Erregerstrom ] 6 • Um eine kleinere Klem-
menspannung an der Erregermaschine zu erzielen, muß der Widerstand
im Erregerkreis a der Erregermaschine vergrößert werden. Die Wider-
standsgerade wird dann steiler und kann mit dem geradlinigen Teil der
EMK-Kurve zusammenfallen (Abb. 76), d. h. es sind jetzt überhaupt
keine stabilen Verhältnisse mehr vorhanden. Eine Erregercharakteristik
nach Abb. 76 kann also nur Verwendung finden, wenn der Regelbereich
der Erregermaschine klein ist und man stets im gekrümmten Teil der
EMK-Kurve arbeitet. Um die Regelfähigkeit zu verbessern, baut man
Erregermaschinen, bei denen die Pole durch besondere Maßnahmen schon
bei kleinen Strömen ie in den Sättigungsbereich gelangen; z. B. kann man
in die Pole (Regulierpole) Schlitze anbringen wie in Abb. 78. Man erhält
damit eine EMK-Kurve, die schon bei kleinen Erreger-
strömen gekrümmt ist (s. Abb. 77) und auch für kleinere
Spannungen Schnittpunkte mit der Widerstandsgeraden
liefert. Wenn auch mit solchen Spezialpolen die meisten
in der Praxis vorkommenden Regelforderungen erfüll-
bar sind, so sind doch in Fällen, in denen wegen kapazi-
tiver Belastung der Erregerstrom auf sehr kleine Werte
gebracht werden muß, die Erregermaschinen mit Regu-
lierpolen nicht genügend stabil, denn die
Schnitte mit der EMK-Kurve sind im
niederen Bereich verhältnismäßig flach.
Eindeutige Regelverhältnisse erhält
Abb. 78. Regulierpol Abb. 70. Drehstrom-
man, wenn die Erregermaschine durch einer Erregermaschine generator mit Haupt-
einen Hilfserreger mit konstanter Span- mit Querschlitz. und Hilfserreger-
maschine.
nung fremderregt wird (s. Abb. 79).
Wird dann im Erregerkreis b des Haupterregers der Feldstrom ie durch
Widerstände geregelt, so kann die Erregerspannung für den Drehstrom-
generator von Null bis auf vollen Wert stabil geregelt werden.
Eine besondere Hilfserregermaschine ist auch notwendig, falls ein
schnelles Regeln der Spannung gefordert wird, z. B. um die Stabilität
96 I>ie I>rehstroDlgeneratoren
synchron arbeiten sollen, in der Zeit bis zum Abschalten des Kurz-
schlusses nicht allzu stark gesenkt wird, da sonst der Synchronismus ver-
lorengeht. Hier kommt es nicht nur auf die Erregergeschwindigkeit,
sondern auch auf einen genügenden Leistungsüberschuß der Erreger-
maschine an. Im Kurzschluß verursacht nämlich die Ankerwicklung ein
starkes Gegenfeld, welches erhöhte Amperewindungen in der Erregung
zur Kompensierung bedarf, d. h. die Erregermaschine muß eine höhere
Leistung als im Nennbetrieb abgeben. Unter Umständen wird man in
schwierigen Fällen eine Überbemessung der Spannung von 20-50%
gegenüber dem Nennbetrieb vorsehen müssen; die maximal erreich-
bare Spannung des Erregers bezeichnet man als Deckenspannung. (Ameri-
kanische Bezeichnung: ceiling voltage.)
Bei langsam laufenden Wasserkraftgeneratoren mit unmittelbar ge-
kuppelten Erregermaschinen ist die Zeitkonstante besonders groß, da
wegen der kleinen Drehzahl die Erregermaschinen groß ausfallen. Will
man kleinere, rasch laufende Erregermaschinen haben, so müssen sie ge-
trennt von dem Hauptgenerator angeordnet sein, wobei der Antrieb ent-
weder durch ein Getriebe oder durch einen Drehstrommotor erfolgt, der
vom Generator gespeist wird. Die getrennte Anordnung der Erreger-
maschine ist auch erwünscht, um die Bauhöhe der Turbinen klein zu
halten. Die recht schöne Lösung des Erregerumformers bereitet jedoch
die Schwierigkeit, daß bei Inbetriebsetzung des Generators zunächst
noch keine Spannung vorhanden ist, welche den Asynchronmotor für die
Erregermaschine speist.
Eine zuverlässige Sicherstellung der Erregung besteht darin, den
Motor des Erregerumformers durch einen auf dem Hauptgenerator auf-
gebauten Hilfsgenerator zu speisen.
~~'
1
3~2
Abb. 85. Wälzsektorenregler mit zusätzlicher Abb. 86a-c. Diagramm für zusätzliche
Kompoundierung. Kompound.ierung des Wälzsektoren-
reglers.
b) Magnetische Regler
Der hohe Stand der Magnetverstärker-Technik ermöglichte eine viel-
seitige Anwendung von magnetischen Reglern auf den verschiedensten
Gebieten der Regeltechnik, unter anderem auch bei der selbsttätigen
Spannungsregelung von Generatoren. Das Grundelement eines ma-
gnetischen Verstärkers ist die gleichstromvormagnetisierte Drossel, die
je nach dem Grad ihrer Vormagnetisierung einen verschieden großen
induktiven Blindwiderstand abgibt. In verschiedenen Ländern, vor
allem in Schweden, ist auch die Bezeichnung Transduktor gebräuchlich.
Die Entwicklung der Magnetverstärker hat in den letzten Jahren sehr
rasche Fortschritte gemacht, seitdem es gelungen war, weichmagnetische
Werkstoffe mit äußerst günstigen Eigenschaften zu erzeugen. Des
weiteren war es möglich, im Gleichrichterbau Trockengleichrichter mit
hoher Lebensdauer und günstigen Kennlinien zu entwickeln. Dies waren
die Voraussetzungen für eine gute Qualität der Magnetverstärker.
Es wurden im Laufe der Zeit verschiedene Arten von Magnetver-
stärker-Schaltungen mit grundlegend verschiedener Wirkungsweise ent-
wickelt. Man kann diese etwa wie folgt aufgliedern:
I. Magnetverstärker mit Induktivitäts-Bteuerung
II. Magnetverstärker mit Sättigungs-Steuerung
A. Magnetverstärker mit stromsteuernder Charakteristik
B. Magnetverstärker mit spannungssteuernder Charakteristik
1. Steuerung durch Gleichstrom-Vormagnetisierung
2. Steuerung mit Spannungszeitflächen.
Alle diese Varianten haben gemeinsam, daß die Magnetisierungs-
Kennlinie der Eisenkerne nicht linear ist. Der Unterschied zwischen
den beiden Hauptgruppen I und 11 besteht darin, daß jeweils in ver-
schiedenen Bereichen der Magnetisierungskennlinie gearbeitet wird.
Je nach Güte und Verwendungszweck des Magnetverstärkers wird als
Kernmaterial Dynamoblech IV oder hochpermeable Sonderlegierungen
wie Permenorm 5000 Z und Hyperm 50 T verwendet. Der Eisenkern
wird geschlossen ausgeführt und erhält eine oder mehrere Wicklungen.
104 Die Drehstromgeneratoren
Der Gleichung (68a) kann entnommen werden, daßB während der posi-
tiven Spannungshalbwelle zunimmt und während der negativen Halb-
welle abnimmt. Die Gl. {68b) läßt erkennen, daß die gesamte positive
Spannungszeitfläche notwendig ist, um die Induktion im Drosselkern
von Bmin bis Bmax zu ändern. Die negative Spannungszeitfläche bewirkt
dasselbe in umgekehrter Richtung.
Zu Beginn einer positiven Spannungshalbwelle befindet sich der
Drosselkern also immer im Zustand Bmin· Während der auf der Magneti-
sierungskennlinie laufende Arbeitspunkt zwischen Bmin und Bmax hin-
und herpendelt, fließt nur der kleine Magnetisierungsstrom i 0 •
Wenn man nun den Magnetisierungszustand der Drossel so verändert,
daß diese zu Beginn der positiven Spannungshalbwelle sich auf der
106 Die Drehstromgeneratoren
Kurve bei B 1 anstatt bei Bmin befindet, so erhält man folgende Arbeits-
weise:
Der Arbeitspunkt bewegt sich während der positiven Spannungs-
halbwellenach oben und erreicht jedoch schon vor dem Ende der Halb-
welle Bmare; es war nur ein kleinerer Teil der Spa,nnung.szeitfläche not-
wendig, um den oberen Sättigungsknick zu erreichen. Der Kern ist
daher mitten in der positiven Spannungshalbwelle plötzlich gesättigt,
so daß eine weitere Flußänderung nicht stattfinden kann. Die Drossel
nimmt den Rest der Spannungszeitfläche nicht mehr auf, so daß dieser
nun in den Lastwiderstand RB zu liegen kommt. Der Strom i steigt
plötzlich sprungartig an bis zu der Höhe, die durch den Widerstand RB
bestimmt wird.
Der Punkt B 1 wird während der negativen Halbwelle durch die
Steuerquelle festgelegt. Man erreicht dies entweder durch Gleichstrom-
Vorma,gnetisierung oder Spannungszeitflächen-Steuerung. Je höher die
Lage des Punktes B 1 desto länger ist die Zeitdauer der Sättigung und
darmit tritt ein größerer Teil der Spannungszeitfläche an die Last RB, so
daß der Strommittelwert dementsprechend groß wird. Der Kern pendelt
a,lso dauernd zwischen dem gesättigten und ungesättigten Zustand.
Der Einfachheit halber wurden im vorstehenden die Vorgänge an
einer Drossel geschildert. An der anderen, parallel geschalteten Drossel,
ereignen sich dieselben Vorgänge eine Halbwelle später. Die Arbeits-
weise dieser Magnetverstärkerschaltung ergibt, daß bei sinusförmiger
Speisespannung die Spannung und der Strom am Verbraucher RB stark
oberwellenhaltig ist. In den meisten Fällen jedoch ist dieser Umstand
nicht störend.
Der eingangs erwähnten Zusammenstellung über die verschiedenen
grundsätzlichen Magnetverstärker-Schaltungen kann man entnehmen,
daß diese sowohl mit stromsteuernder als auch mit spannungssteuernder
Charakteristik gebq.ut werden können. Im ersten Fall ist die Schaltung
so abgestimmt, daß ein Gleichgewicht zwischen Laststrom und Steuer-
strom besteht. Es wird dann soviel Strom geliefert, wie auf der Steuer-
-seite vorgeschrieben wird, d. h. der stromsteuernde ·Magnetverstärker
gibt unabhängig von Lastschwankungen konstanten Strom ab. Kehrt
man die Richtung des Steuerstromes um, so vertauschen die beiden
Drosseln ihre Rollen; der Laststrom bleibt. jedoch unverändert.
Mit dieser Schaltung erhält man Verstärkungsfaktoren in der Größen-
ordnung von 100. Man kann diese noch verbessern, indem man den
Verstärker rückkoppelt oder, wie man sich noch ausdrückt, selbstsättigt.
Allerdings verliert dadurch der Magnetverstärker seine stromsteuernde
Charakteristik. Die Selbstsättigung wird erreicht, indem man einen Teil
des Laststromes der Drossel zuführt und dadurch einen höheren Sätti-
gungsgrad erreicht als dies durch den Steuerstrom möglich war.
Magnetische Regler 107
Eine weitere Methode zur Selbstsättigung besteht darin, daß man in
die Drosselzweige je ein Gleichstrom-Ventil einfügt. Die Gleichrichter
haben. die Aufgabe, nur in der jeweils positiven Halbwelle Strom durch
die Drossel fließen zu lassen. Der durch die Arbeitswicklung fließende
Strom ist nunmehr ein pulsierender Gleichstrom. Die durch ihn erzeugte
Durchflutung unterstützt die Steuer-Durchflutung, wie es soeben bei der
Rückkopplung des stromsteuernden Verstärkers geschildert wurde.
Im Gegensatz zu der vorhin genannten stromsteuernden Charak-
teristik wurde nun mit Hilfe der Selbstsättigung die spannungssteuernde
Charakteristik erhalten. Der. Steuerstrom bestimmt die Größe der
Spannungszeitfläche, die an die Last Rn tritt. Diese Fläche ist beim
verlustfreien Magnet- 8 Bmar 8 Bmar
verstärker unabhängig
von der Belastung, so
daß die Spannung am
Belastungswiderstand
~~'~------~
tSI to H
_____ 8_1~:------~
H
über den ganzen Bereich
konstant bleibt.
Die Güte eines Ma-
gnetverstärkers wird
nach dem sog. Gütefak-
tor G beurteilt. Dieser
ist definiert zu G = ; ,
Abb. 87d. Magnetverstärker mit Sättigungssteuerung.
wobei v den Verstär- Charakteristik: spannungsteuernd. Steuerung: mit Spannungs-
zeitfläehen.
kungsfaktor und T die
Stellzeit für 63% des Stellbereiches bedeutet. Die Stellzeit ist durch
das Verhältnis Drossel-Induktivität L durch Steuerwicklungswider-
stand Rst definiert. Bei einer plötzlichen Änderung der Steuerspannung
erreicht der Steuerstrom seinen neuen Wert erst nach einer Übergangs-
zeit, die von der Zeitkonstanten T = RL des Steuerkreises bestimmt
St
ist. Man erkennt daraus, daß, um die Zeitkonstante sehr klein zu er-
halten, die Vergrößerung von Rst gegen oo notwendig ist. Dies erfordert
aber auch eine sehr große Steuerleistung, so daß die Zeitkonstante nur
auf Kosten der Verstärkung verringert werden kann.
Schließlich sei noch der Magnetverstärker mit spannungssteuernder
Charakteristik und Spannungszeitflächen-Steuerung anhand der Abb. 87d
näher erläutert, da diese Schaltung sich in zunehmendem Maße durch-
gesetzt hat und gegenüber den sog. klassischen Verstärkern mancherlei
Vorteile besitzt. Der Unterschied zwischen der klassischen Ausführung
und dem neueren Magnetverstärker besteht in der Art des Steuervor.
gangs. Während bisher ein Steuergleichstrom den Magnetisierungs-
Zustand vorschrieb, in welchen die Drossel während der negativen
108 Die Drehstromgeneratoren
wobei im letzten Ausdruck Zähler und Nenner mit (Xtl) erweitert sind.
Zur Berechnung des Dreh-
moments des Generators sei
noch vorausgeschickt: Ist die
Kreisfrequenz des Wechsel-
stromes w, so ist die Winkel-
geschwindigkeit unseres Gene-
rators ebenfalls gleich w, sofern
die Maschine zweipolig ausge-
führt ist. Bei 2 p-poliger Aus-
führung müssen wir uns die
Generatoren stets auf die
zweipolige Type, beiderelektri-
sche und mechanische Winkel-
geschwindigkeit übereinstim-
Abb. 88a u. b. a Generatordlagramm. b lrlechanlsches men, reduziert denken.
lrlodellf1lrelnen Generator. Die mechanische Leistung
in mkgfsec ist gleich Dreh-
moment mal Winkelgeschwindigkeit, also M · w und muß gleich der
elektrisch abgegebenen Leistung sein, sofern wir die Verluste vernach-
lässigen. Da die Leistung N in Watt gegeben ist, muß diese Größe noch
durch g = 9,81 geteilt werden, um sie in mkgfsec zu erhalten. Es gilt
also die Beziehung:
Mw=Nfg
oder
N 3
M = g. (I) = (Xd)g. (I) • I (Xtl). uA COSqJ • (69b)
'-._.-' ~ '-v-'
Ci ~ h
Allgemeines 113
Trennt man diese Gleichung in der ausgeführten Weise auf, so kann man
sie auch unter Benutzung der Abkürzungen wie folgt schreiben:
M = (cix) ·h. (69c)
Diese Gleichung stimmt im Aufbau mit dem Satz aus der Mechanik:
Drehmoment= Kraft (cix) X Hebelarm (h) überein und gestattet, den
Generator durch ein einfaches mechanisches Modell zu ersetzen (siehe
Abb. 88 b). Man wird bald erkennen, daß dieses Modell in anschaulicher
Weise Aufschluß über manche komplizierten Vorgänge geben kann.
Um die Verbindung zwischen Generator und dem mechanischen Mo-
dell (Abb. 88 b) herzustellen, denken wir uns den Vektor E 2 , der der Pol-
mitte des Läufers um 90° nacheilt, fest mit· dem Polrad des Generators
verbunden, so daß er sich auch 50mal je sec dreht. Der Netzvektor UA•
der die gleiche Drehzahl hat, bleibt gegenüber dem Vektor E 2 um den
Polradwinkel {} zurück. Wir wollen annehmen, daß der Generator auf
ein großes Netz arbeite, so daß der Spannungsvektor UA• der zu diesem
Netz gehört, in seiner Größe konstant ist und auch mit konstanter Ge-
schwindigkeit rotiert. (Mitunter ist es zweckmäßig, von dieser gleich-
mäßigen Bewegung der beiden Vektoren abzusehen und nur die Bewegung
der Vektoren gegeneinander zu beachten.) Um vom Generator Leistung
ins Netz liefern zu können, denken wir uns den Endpunkt des Vektors E 2
mit dem Endpunkt des Vektors U A durch eine Feder verbunden, welche
in ungespanntem Zustand (es wird kein Strom übertragen) die Länge
Null besitzt. Ist ihre Federkonstante gleich Ci, so ist die von der
Feder ausgeübte und somit übertragene Kraft, wenn die Feder auf die
Länge x gereckt ist, gleich cix. Um diese Kraft ausüben zu können, muß
der Generator durch ein Drehmoment angetrieben werden, welches gleich
Kraft X Hebelarm ist, also die Größe M = (cix)h besitzt. Da Überein~
stimmung mit der Gl. (69c) besteht, ist unser Modell in Ordnung. Man
erkennt auf Grund dieses Modells, daß, je mehr Drehmoment dem Gene-
rator zugeführt wird, also auch je größer die abgegebene Leistung ist, der
E 2-Vektor dem Spannungsvektor mehr und mehr voreilt. Das größte
Drehmoment, damit auch die größte abgegebene Leistung, wird bei einem
Winkel {} = 90° erreicht; falls {} größer als 90° wird, nimmt das Dreh-
moment wieder ab und wird bei {} größer als 180° sogar negativ.
Treten Pendelungen auf, so finden im Inneren der Generatoren elektro-
magnetische Ausgleichsvorgänge statt, d. h. in der Polradwicklung, in
den Dämpferstäben und im Eisen werden Ströme induziert. Theoretische
Überlegungen und Versuche haben gezeigt, daß man in solchen Fällen
meist nicht mit der synchronen Reaktanz X, sondern mit einer kleineren,
der sogenannten Pendelreaktanz X" rechnen muß, wobei die fiktive
Spannung jetzt E" ist und eine andere Phasenlage hat (Abb. 89). Daß
X" kleiner werden muß, ersieht man, falls man den Grenzfall sehr rascher
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 8
114 Die Drehstromgeneratoren
(70)
Allgemeines 115
m!
quenz v dieses schwingungsfähigen Systems (Abb. 91) wie
aus der Mechanik bekannt:
(72)
V=v' N~.
gro-
(75)
p2
V= 2 nz, z= 1
T; T-- 2vn . (76)
Aus der GI. (75) geht hervor, daß die Frequenz und damit die Schwin-
gungsdauer keine Konstante der Maschine ist, sondern sich mit N., der
synchronisierenden Leistung, welche wiederum nach GI. (7la) keine Kon-
stante ist, verändert. Konstant ist die Schwingungsdauer nur für einen
S*
116 Die Drehstromgeneratoren
Abb. 92a-c. Schwingungsmodell beim Synchronisieren; a vor dem Synchronisieren, b beim Synchroni·
sieren, c falls EMK und Sammelschienenspannung verschieden groß, jedoch in Phase sind.
Abb. 06. Diagramm zur Feststellung Abb. 07. Diagramm zur Feststellung der
des Außertrittfallens. Polradschwingungen bei plötzlichen
Vergrößerungen der Induktlvltit.
(s. Abb. 97), so wird sie nach dem Schaltvorgang etwas niedriger liegen
.[s. Kurve Il, Abb. 97 und GI. (51)]. Da die Antriebsleistung N 0 der Ma-
schine im ersten Augenblick unverändert ist und in der Kurve I I dieser
Leistung ein größerer Polradwinkel {}2 entspricht, wird die neue Gleich·
gewichtslage auch nur mittels Schwingungen erreichbar sein, wobei
unter ungünstigen VerhältniSBen ein Außertrittfallen möglich ist.
Die gebrachten Überschwingdiagramme gelten unter der Vorausset-
zung der Verlustlosigkeit und daß die Generatorreaktanz konstant ist.
Dies trifft annähernd bei Schenkelpolgeneratoren zu, bei denen auch bei
Pendelvorgängen die Pendelreaktanz etwa gleich der Querreaktanz ist.
Bei TUrbogeneratoren muß jedoch bei Pendelungen mit der kleineren
Pendelreaktanz, die bei sehr raschen Vorgängen zur transienten Reak·
tanz wird, gerechnet werden. Die Maschine verhält sich bei einem
Stoß infolge der Pendelreaktanz steifer als ohne Berücksichtigun~
derselben.
Ein anderer Fall: Zwei Kraftwerke I und II sind miteinander durch
eine Kuppelleitung verbunden und speisen einen etwa in der Mitte der
Leitung befindlichen Abnehmer A (Abb. 98a) mit der Spannung U A
Die Lage der Polräder ist durch E 21 und E 211 in Abb. 98 b gegeben. Er-
Pendelungen der Generatoren durch Belastungsänderungen 121
folgt jetzt bei dem Abnehmer A ein Kurzschluß (UA = 0), dann besteht
zwischen den beiden Kraftwerken keine synchronisierende Kraft mehr.
Beide Kraftwerke werden, da die Spannung zusammenbricht und sie nur
Blindleistung in den Kurzschluß hineinpumpen, praktisch entlastet. Im
ersten Moment des Kurzschlusses steht. (solange die Regler der Kraft-
maschinen noch nicht aus-
geregelt haben) weiterhin
die volle Antriebsleistung
zur Verfügung. Die Folge
ist, daß die Polräder sich be- b
schleunigen und hierbei
nach einer gewissen Zeit ~~~n--o.~ 1
eine größere Abweichung
gegeneinander erhalten kön-
nen (erkenntlich durch Eu
undE 211 inAbb.98c). Wird
dann der Kurzschluß durch
den SchalterS abgeschaltet,
Abb. 98a-c. a Zwei Kraftwerke arbeiten auf einen Ver-
so werden die beiden Pol- braucher, b Lage der EMK-Vektoren vor dem Kurzschluß,
räder wieder durch eine ge- c Lage der EMK· Vektoren nach Abschaltung
des Kurzschlusses.
dachte Feder miteinander
verbunden. Im Gegensatz zu Abb. 98 b, in der, wegen der nach A abge-
gebenen Leistung, E 21 und E 211 im Modell ein Drehmoment auf den Vektor
U A übertragen wird, ist dies, da A jetzt abgeschaltet ist, in Abb. 98c
nicht der Fall. U;.., stellt sich hier entsprechend der induktiven Abfälle I a
+
(Xa 1 X1, 1) und Ia (Xa 2 +XL 2) ein.
Das synchronisierende Moment in
Verbindung mit der Dämpfung wird
versuchen, die E 2- Vektoren miteinander
in Übereinstimmung zu bringen. Hierbei
treten Schwingungen der beiden Pol-
räder mit den zugehörigen Vektoren E 21
und E 2 11 gegeneinander auf. Dabei
können je nach .der augenblicklichen
Lage von Eu und Eui die Ausgleich- Abb. 99. zwei Generatoren sind durch eine
ströme I a derart groß sein, daß der Über- Kuppelleitung verbunden und am Ende der
Kuppelleitung erfolgt ein Kurzschluß.
stromschutz in den Kraftwerken I und II
zum Ansprechen kommt und ein Abschalten bewirkt, obwohl die Strecke
I - l i gesund ist und die Generatoren sich fangen würden. Der Über-
stromschutz sollte gegen solche Pendelungen unempfindlich sein, was
jedoch nicht immer der Fall ist.
Es sei jetzt untersucht, in welcher Zeit ein Kurzschluß abgeschaltet
werden muß, damit noch ein rasches und sicheres Fangen der Genera-
122 Die Drehstromgeneratoren
(82)
Pendelungen der Generatoren durch Belastungsänderungen 125
(87)
d. h. aber nach Gl. (75), daß die Eigenfrequenzen der verschiedenen Ge-
neratoren einander gleich sein sollen.
Wir wollen unser Ersatzbild noch für den Fall erweitern, daß das
Netz in größerem Maße durch Asynchronmotoren belastet sei. Diese
haben, vom Schlupf abgesehen, praktisch gleiche Drehzahl wie das Netz.
Sinkt die Netzfrequenz, dann wird auch die Drehzahl dieser Asynchron-
motoren abnehmen. Man kann sich also die Wirkung der Asynchron-
126 Die Drehstromgeneratoren
H. Asynchrongeneratoren
Sobald die Läuferdrehzahl einer Asynchronmaschine diejenige ihres
Drehfeldes übersteigt; kehrt sich mit dem Drehmoment auch die Energie-
richtung um, und die Maschine arbeitet als Drehstromgenerator. Ent-
scheidend für den Betrieb ist die Existenz eines Drehfeldes, das- im
Gegensatz zum Synchrongenerator- vom Netz her erregt werden muß.
Ein Alleinbetrieb eines Asynchrongenerators mit seinen Verbrauchern
ist also ohne besondere Maßnahmen nicht möglich. Er braucht immer
Verbindung mit einem Netz, das die Erregung liefert und die Frequenz
bestinunt. Der mit der abgegebenen Leistung wachsende nachteilige
Blindleistungsbedarf beschränkt die Anwendung des Asynchrongenera-
tors auf Leistungen, die klein sind im Vergleich zur Leistung der im Netz
arbeitenden Synchrongeneratoren. Als Vorzug ist die einfache, betriebs-
sichere Bauart, z. B. als Käfigläufer, und der Fortfall einer Synchroni-
sierungseinrichtung sowie der Erregermaschine mit Regler anzusehen.
Damit ergeben sich Vorteile in;t Gewicht, Platzbedarf, Preis, oft auch im
Wirkungsgrad und hinsichtlich Pendelungen.
Bei gegebener Spannung und Frequenz hängt die abgegebene Lei-
stung nur vom Schlupf ab. Sie ist durch die Drehzahl der Kraftmaschine
einzustellen, die nur wenige Prozente über der synchronen Drehzahl des
Generators liegt. Meistens wird mit fester Drehzahl bzw. Leistung gear-
beitet, da bei Teillast der Leistungsfaktor stark abnimmt. Der Asyn-
chrongenerator wird gewöhnlich leer hochgefahren und dann auf das
Netz geschaltet. Der Schaltstromstoß ist unabhängig von der Einschalt-
drehzahl. Er klingt schnell ab auf den durch den Schlupf bestimmten
Dauerstrom. Beim Kurzschluß sowie beim Abschalten wird der Asyn-
chrongenerator spannungslos, und der entlastete Antrieb ist gegen Durch-
gehen zu schützen oder entsprechend zu bemessen.
Asynchrongeneratoren werden gelegentlich in abgelegenen auto-
matischen oder ferngesteuerten Unterwerken angewandt, wenn bei
kleiner Leistung noch ein Vorteil gegenüber einer Synchronmaschine mit
fernbetätigter Grobsynchronisierung und Erreger bleibt.
Um den Asynchrongenerator netzunabhängig zu machen, wird zur
Erregung ein Kondensator verwendet. Unter Beachtung von kritischer
Die Transformatoren 127
Drehzahl und Kapazität- ähnlich wie beim selbsterregten N ebenschluß-
generator - kann sich die Maschine infolge ihrer Remanenz über die
Kondensatoren selbst erregen auf eine Spannung U 0 , die durch den
Schnittpunkt der Leerlaufkennlinie (Spannung U als Funktion des
Blindstromeslb) und der Kondensatorgeraden (u = Ib ·Xe=:~) in
Abb.100c gegeben ist. Spannungshaltung u U-10 ·XC'
ist leicht möglich durch eine geringe
Drehzahl - bzw. Frequenzsteigerung
mit der Belastung, weil die Kennlinien
in Abb.lOOc sich mit der Frequenz
gegenläufig ändern. Blindstromverbrau-
cher sind bei der Erregerkapazität mit
zu berücksichtigen. Die Anwendung be-
schränkt sich auf kleine Einzelanlagen,
bei denen trotzdes Kondensators noch
Abb. 100 c. Selbsterregter Asynchrongene·
ein preislicher Vorteil gegenüber Syn- rator. Leerlaufkennlinie und Kondensator·
gerade bei konstanter Fiequenz. Bei Fre·
chronmaschinen bleibt. quenzerhöhung gestrichelte Linien.
Stern- und der Dreieckschaltung der Unterschied, daß die erstere eine
lj'V3 -fach kleinere Phasenspannung hat. Da bei gegebenem Fluß bei der
Sternschaltung die Zahl der Windungen ebenfalls lfY3kleinerist, hat
man bei dieser Schaltung bei gleicher Leistung und gleicher verketteter
Spannung y'3 -mal kräftigere Querschnitte (gleiche Stromdichte). Bei der
Sternschaltung ist wegen der geringeren Windungszahl der Isolations-
aufwand geringer als bei der Dreieckschaltung. Deshalb ist die Stern-
schaltung vorwiegend bei höheren Spannungen am Platze. Die Dreieck-
wicklung findet dagegen bei nicht zu hohen Spannungen und bei größeren
Strömen Verwendung. Wird z. B. bei der
Sternwicklung, infolge zu großen Stromes,
der Querschnitt zu groß, so daß man
gezwungen wird, die Wicklung in zwei
Abb. lOla-c. Transformatoren- Abb. 102a-c. Ströme und Flüsse bei Sättigung
schaltungen. des Transformators (Remanenz vernachlässigt).
a Btern-Sternschaltung, b Dreieck- aStromund Fluß in Abhängigkeit der Zeit, b Magneti-
Dreieckschaltung, c Dreieck- sierungsstrom zerlegt in Grund- und Oberwellen,
St.ernschaltung. c Magnetisierungsstrom mit fehlender 3. Harmonischen.
l
Ströme dreifacher Frequenz in den 3 Phasen folgende Größen haben
müßten:
iui, = hn sin 3wt
iui, = hu sin 3 (wt- 120) = hu sin 3wt (88)
iu1• = hn sin 3 (wt - 240) = hii sin 3 wt,
d. h. aber, daß alle drei Phasenströme dreifacher Frequenz der Größe und
Phase nach gleich sind. Da sie sich im Sternpunkt des primärseitig in
Stern geschalteten Transformators nicht zu Null ergänzen können, ver-
mögen sie in einem nicht geerdeten Drehströmsystem überhaupt nicht
zu flief3en. Hierbei ist vorausgesetzt, daß die drei Schenkel des Trans-
formators magnetisch gleich sind. Da jedoch der Fluß im mittleren Schen-
kel einen kleineren magnetischen Widerstand (nur Widerstand des Schen-
kels) hat als der in den beiden äußeren (Widerstand von Schenkel und
Joch), sind die Magnetisierungsströme in den drei Phasen nicht gleich.
Es vermag jetzt, da GI. (88) nicht mehr genau gilt, eine kleine 3. Harmo-
nische zu fließen. Entsprechendes gilt für sämtliche durch 3 teilbaren
höheren Harmonischen. Um diese Harmonischen möglichst zu beseitigen,
empfiehlt es sich, die Anschlüsse der einzelnen Transformatoren an die
Phasen R, S und T nicht gleich, sondern zyklisch vertauscht, vorzu-
nehmen.
Wie erwähnt, vermag, falls man von der Unsymmetrie der drei Kraft-
linienwege absieht, im Magnetisierungsstrom bei Sternschaltung keine
3. Harmonische zu fließen. Wir wollen, um einen sinusförmigen Fluß zu
ermöglichen, annehmen, diese 3. Harmonische sei zunächst vorhanden,
wobei wir sie jedoch wieder kompensieren wollen, indem wir zusätzlich
auf jedem Schenkel die Amperewindungen einer 3. Harmonischen glei-
cher Größe, jedoch entgegengesetzter Richtung, annehmen. Untersuchen
wir zunächst einen Dreischenkeltransformator, so können die zusätz-
lichen Amperewindungen, die in den drei Schenkeln gleichphasig sind,
keinen im Eisen geschlossenen Hauptfluß erzeugen, sondern nur einen
Streufluß, der von den Jochen ausgeht und sich über die Luft und die
Kesselwände schließt. Im großen und ganzen bleibt der Fluß pro Schen-
kel sinusförmig und erhält nur eine durch die Jochstreuung bedingte
kleine Flußkomponente dreifacher Frequenz, die in der Phasenspannung
eine EMK dreifacher Frequenz erzeugt, die sich jedoch bei Bildung der
verketteten Spannung heraushebt. Da der Fluß ziemlich sinusförmig ge-
blieben ist, enthält der zufließende Magnetisierungsstrom dieselbe positive
5. Harmonische, welche die Abb.102c zeigt. (Die 7., ll., 13. usw. Harmo-
nischen müssen bei genauer Betrachtung auch berücksichtigt werden.)
Anders liegen die Verhältnisse, falls man drei im Stern geschaltete
Einphasentransformatoren, von denen jeder einen magnetischen Rück-
schluß hat, oder einen Dreiphasentransformator mit 4. bzw. 5. Schenkel
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 9
130 Die Transformatoren
jetzt über den 4. und 5. Schenkel einen derartigen Fluß zu treiben (kleiner
magnetischer Widerstand!), der bewirkt, daß die Spannung an der
belasteten Phase zusammenbricht.
Die Dreieck-Dreieckschaltung scheidet bei diesen Betrachtungen aus,
da sie keinen Nullpunkt hat, der belastet werden könnte. Die Dreieck-
Sternschaltung ist auf der Sternseite nullpunktsbelastbar (s. Abb.l07),
da die Amperewindungen der Belastung unmittelbar an Ort und Stelle
durch primäre Gegenamperewindungen kompensiert werden können. Zu-
sätzliche aus dem Joch heraustretende Streuflüsse werden hier also nicht
auftreten. Man kann auch die Stern-Sternschaltung nullpunktbelastbar
Allgemeines 133
machen, indem man eine besondere tertiäre Wicklung anordnet. In dieser
wird jetzt ein Strom von der Größe ! (ü = 1 : 1) fließen (s. Abb. 108),
um die bei der Stern-Sternschaltung der Abb.106 den Streufluß ausbil-
denden Amperewindungen zu kompensieren.
Wir kennen noch eine weitere Schaltung, welche voll nullpunktbe-
lastbar ist, nämlich die Stern-Zickzackschaltung (s. Abb.109). Auf der
Sekundärseite ist die pro Phase vorhandene Wicklung in zwei Gruppen
unterteilt. Die eine Gruppe des Schenkels 1 (EMK E 1) ist mit der zwei-
ten Gruppe des Schenkels 2 (EMK Eu) so verbunden, daß die elektro-
motorischen Kräfte sich geometrisch subtrahieren, die Phasenspannung
also E 1 = E 1 /'-.Eu ist (s. Abb. 109b u. c). Es ist
(89)
Bi5---~
wird also in der Zick-
zackschaltung um etwa
14% kleiner, als wenn
man bei gleicher Win-
dungszahl die nor-
7 a V
male Sternschaltung Abb. 109 a-c. a Stern-Zickzack-Transformator bei einphasiger
Belastung. b Diagramm der je Wicklungshälfte erzeugten
gewählt hätte. Man elektromotorischen Kräfte. c Diagramm der Stern-
Zickzackschaltung.
braucht in der Sekun-
därwicklung etwa also 14% mehr Kupfer, da man rd. 14% mehr Win-
dungen aufbringen muß, um gleiche Spannungen wie bei Sternschaltung
zu erzeugen.
Denkt man sich den Transformator auf der Sternseite an Spannung
gelegt, ·SO ist die Magnetisierung erzwungen. Auf der Sekundärseite be-
sitzt jedoch im Gegensatz zu der normalen Sternwicklung der Stern-
punkt gegen Erde das Potential Null, denn die in den Wicklungshälften
der Schenkel 1 und 2 erzeugten 3. Harmonischen, die gleichphasig sind,
verschwinden in der Phasenspannung, da ja diese Wicklungshälften
gegeneinander geschaltet sind. Fließt der einphasige Strom I, dann
können sich die Amperewindungen entsprechend Abb. 109a an Ort
und Stelle aufheben. Die Zickzackschaltung ist daher beliebig null-
punktbelastbar.
134 Die Transformatoren
I~
Transformator.
'{2 a Fluß in Abhängigkeit der Zelt, b Fluß in Ab·
hängigkeit des Strome~, c Verlauf des Einschalt-
....... __ stromes beim leerlaufenden Transformator •
lung nach außen gepreßt, also auf Zug belastet wird. Ungünstig bean·
~prucht sind Transformatoren mit rechteckigen oder elliptischen Spulen.
Deswegen verwendet man heute bei Groß-Transformatoren praktisch nur
runde Zylinderspulen. Bei unsymmetrischer Anordnung der Ober- und
Unterspannungswicklung treten bei Kurzschlüssen zwischen diesen auch
axiale Kräfte auf. Dieser Fall liegt bei Reguliertransformatoren vor,
bei denen Wicklungsteile ab- und zugeschaltet werden müssen. Hier er-
fordert die Beherrschung der Stromkräfte besondere Sorgfalt.
Abgesehen von den Kurzschlußkräften muß mit Überspannungen in-
folge Auftretens von Wauderwellen gerechnet werden. Deshalb werden
oft die Windungen am Eingang und am Sternpunkt stärker isoliert, wobei
darauf geachtet werden muß, daß die stärker isolierten Wicklungsteile
keine von den anderen Wicklungsteilen unabhängige Eigenschwingungen
ausführen (weiteres s. S. 398).
Die Größe der Transformatoren ist durch ihre Transportmöglichkeit,
d. h. durch das Eisenbahnprofil, gegeben. Große Transformatoren 1 wird
man mit Ölfüllung verfrachten und lediglich die Klemmen und das Aus-
dehnungsgefäß werden, sofern sie das Bahnprofil überschreiten, während
der Beförderung abgenommen. Um möglichst große Transformatoren
befördern zu können, verwendet man Spezialwagen mit tief gezogenem
Träger (s. Abb. 128). Man strebt heute danach, auch bei großen Leistun-
gen Transformatoren zu verwenden, bei denen während des Transportes
weder Klemmen noch sonstige Teile abmontiert werden müssen, so daß
eine Aufbereitung des Ölesam Bestimmungsort vermieden wird. Diese
sog. Waudertransformatoren (s. Abb.127 u. 128), die man heute schon
bis über 100 000 kVA bauen kann, zwingen zu speziellen Konstruktionen,
besonders hinsichtlich der Klemmen, damit diese nicht aus dem Bahn-
profil herausragen.
Es sei noch auf folgendes hingewiesen: Arbeitet ein Transformator
z. B. von einem 6 kV- auf ein 380 V-Netz, so wird das Übersetzungsver-
hältnis nicht 6000/380 gewählt, sondern 6000/400. Man wählt normaler-
weise die Sekundärspannung um 5% höher als die Netzspannung, um den
im Transformator und im Netz bei Belastung auftretenden Spannungs-
abfall etwas auszugleichen.
f; /
Primär- und Sekundärwicklung haben ohmseben und induktiven Wider-
stand, der in der Abb.111 eingetragen ist. Abb. 112 zeigt das bekannte
einphasig durchgeführte Transformatordiagramm für
Primär- und Sekundärseite. Dabei ist die primäre Span-
nung U1 , die sekundäre U2• Um das Transformator- I, Xa
diagramm aufzustellen, gehen wir von der Tatsache u. ] 1 '3
(91)
Wir gehen von der EMK E 2 der Sekundärwicklung aus. Zieht man von
dieser den induktiven und ohmseben Spannungsabfall, also J 2 X2 und
/ 2 r2, geometrisch ab, so erhält man die Klemmenspannung U 2• Wir wollen
U 2 , E 2 sowie / 2 X 2 und J2 r 2 mit dem Faktor ü
multipliziert auftragen (s. Abb.112). Man hat
dann den Vorteil, daß E 2 ü auch gleich E 1 ist. Der
Strom / 2 eilt der Spannung U 2 um den Winkel ffJ
nach. Sieht man vom Magnetisierungsstrom ab,
dann müssen die primären und sekundären
Amperewindungen sich aufheben, wobei
11 w1 =12 w2 oder 11 =12/ü (92)
ist. Bei der in der Abb.l11 als positiv ange-
gebenen Stromrichtung von / 1 und / 2 ist das
Amperewindungsgleichgewicht vorhanden, falls
/ 1 und / 2 gleichphasig sind. Die mit ü multipli- Abb. 112. Diagramm
des Transformators.
zierten ohmseben Spannungsabfälle der Sekundär-
seite lassen sich unter Benutzung der Gleichung / 1 = 12 /ü wie folgt
schreiben.
ein Generator mit der Spannung U1 vorhanden, der über ein Leitungsnetz
mit dem ohmseben Widerstand r1 und der Induktivität X 1 und über einen
Transformator ein weiteres Netz speist. An den Stellen I und II werden
die Ströme h und In abgenommen. Zur Berechnung der Spannung U 1
und U11 kann man z. B. alle Widerstände, Spannungen und Ströme der
Sekundärseite auf die Primärseite überführen. Dabei müssen nach GI.
(93) die sekundären Widerstände mit ü 2 , die Spannungen nach Gl. (91)
mit ü und die Ströme nach GI. (92) mit 1/ü multipliziert werden. Für den
Transformator berechnet man R 01 und X 01 und kann dann dasErsatzbild
der Abb. 116b aufzeichnen. Es ist jetzt möglich, in bekannter Weise
U 1ü und U 11 ü, damit aber auch U 1 und Um zu berechnen.
li /n
{/1
b
Ir In
fl., u u
u
Ir In.
Abb. 116a-c. ilberführung zweier durch einen Transformator gekuppelter Netze
auf ein einfaches Schaltbild.
a Anordnung der beiden Netze, b Ersatzbild bei ilberführung der Sekundärseite auf die primäre,
c Ersatzbild bei ilberführung der Primärseite auf die sekundäre.
In der Abb.ll6 können sowohl die Phasen- als auch die verketteten
Spannungen eingetragen sein. Die Spannungsabfälle dürfen jedoch, da
in ihnen die Phasenwiderstände bzw. Phas~nreaktanzen enthalten sind,
im Diagramm nur zu den Phasenspannungen addiert bzw. abgezogen
werden. Zur Vereinfachung denkt man sich oft diese Diagramme mit
y3 multipliziert. Dann kann man die Phasenspannungen zahlenmäßig
gleich den verketteten Spannungen einführen, muß jedoch alle Wider-
stände und Reaktanzen f3-mal größer einsetzen.
Statt die sekundären Leitungsdaten auf die Primärseite zu über·
führen, kann man auch die primärseitigen Größen auf die Sekundärseite
überführen entsprechend Abb. 116c. Die sekundärseitigen Widerstände,
Spannungen und Ströme bleiben jetzt unverändert. Für den Transfor-
mator muß jetzt im Ersatzbild
(97b)
und
(98b)
Zweiwicklungatransformator 141
eingesetzt werden, wobei, falls U2 die verkettete Sekundärspannung ist,
Ux%U2
ZK2 = 100 • V3 • Js (100)
sich (s. Abb. 119) (von den höheren Harmonischen sei abgesehen) in einen Wirk-
strom Iw, der durch die Hysteresis- und Wirbelstromverluste bedingt ist, und in
einen reinen Magnetisierungsstrom Ip, welcher der Spannung um 90° nacheilt,
zerlegt denken. Der Strom Iw fließt im Ersatzbild für den Transformator durch
einen parallel geschalteten Widerstand Rp, I,. durch eine Induktivität Xp, und von
hier über einen widerstandslos gedachten Nulleiter zurück.
Durch den Leerlaufversuch erhält man den Magnetisierungsstrom I 0 und die
LeerlaufverlusteN0 des Transformators. Meist wird I 0 in Prozenten des Normal-
stromE:'s, also als I 0 %, und N 0 in Prozenten der Nennleistung als N 0 % angegeben.
Den Winkel rp0 , den I 01 gegen die Spannung U A01 bildet (s. Abb. 119), kann man
berechnen zu:
1U1 V3
cos rp = I- ut = -Iu,
---
u1va (~:)
0
I01 I1
oder
cos rp0 = -N.%
0 -
Io%
• (102)
(Diese Gleichung gilt auch für Einphasentransformatoren.) Im Falle des Dreh-
stromesgilt für Rp und Xp
R U1 U1
(103)
'P = V3Iw 1 = V3I01 cos rp0
(104)
oder meist annähernd
(105)
b) Dreiwicklungstransformator
Oft liegt das Bedürfnis vor, die Energie in Kraftwerken oder Um-
spannstationen mit mehreren Spannungen zu verteilen. Man kann in
einem derartigen Fall aus Ersparnisgründen einen Transformator mit
mehr als 2 Wicklungen verwenden. Hat die im Kraftwerk erzeugte
Spannung 10 kV und soll die Energie etwa mit 60 und 100 kV verteilt
werden, so bringt man au{ dem Eisenkern Wicklungen für 10, 60 und
100 kV an. Abb.120 zeigt schematisch einen solchen Dreiwicklungtl-
transformator einpolig gezeichnet.
Es ist naheliegend, für einen Dreiwicklungstransformator ein Ersatz-
bild nach Abb.121 zu zeichnen, welches aus den Impedanzen ~to ~ 2 und ~ 3
besteht. Bei einem Dreiwicklungstransformator kann man drei Kurz-
schlußversuche durchführen. Man schließt z. B. (s. Abb. 122) die Trans-
Dreiwicklungstransformator 143
formatorwicklung 2 kurz und führt der WiekJung 1 eine Spannung zu,
während die Wicklung 3 offen ist. Man kann dann auf Grund des Ver-
suches eine Kurzschlußimpedanz ~ 12 in bekannter Weise ermitteln. Führt
man dagegen der Wicklung 2 Spannung zu und schließt die Wicklung 3
kurz, dann ergibt sich eine Kurzschlußimpedanz ~ 23 • In ähnlicher Weise
i.
Abb. 120. Schematische
4~
Abb. 121. Ersatzbild des Abb. 122. Dreiwicklungs-
Darstellung des Drelwick- · Drelwlcklungstrans- transformator mit kurz-
lungstransformatore. formators. geschlossener Wicklung 2.
~23 = ~2 + ~3 ~ xl: X
~31 = ~3+ 31 J
(106)
~ . X
Es ist:
1
oi-
- ~12 + ~31- ~23
2
X~
)C
~
1; •
.
e
X
Damit sind die Impedanzen für das Ersatzbild des Abb. 129. Dreiwicklungs-
Dreiwicklungstransformators berechnet. transformator (strom-
liefemde Wicklung
Bei einem Dreiwicklungstransformator ist anzu- befindet sich In der
Mitte).
streben, falls 1 die stromliefernde und 2 und 3 die
stromverteilenden Wicklungen sind, daß schwankende Strombelastungen
in der Wicklung 3 möglichst keine Spannungsschwankungen in der
Wicklung 2 bedingen. Dies wird erreicht, wenn die stromliefernde
Wicklung zwischen den beiden stromabgebenden Wicklungen eingebaut
ist. Abb. 123 zeigt die drei Wicklungen im Schnitt.
Es seien nur die Wicklungen 1 und 2 in Betrieb und die Ströme in
der Wicklung 2 sollen in die Papierebene hinein (dünne Kreuze) und in
der Wicklung 1 aus der Papierebene heraus (dünne Punkte). gerichtet
sein. Das Streufeld zwischen der Wicklung 1 und 2, welches, falls der
ohmsehe Widerstand der Wicklungen klein ist, den Spannungsabfall
zwischen 1 und 2 verursacht, ist durch die Kurve abcd gegeben.
144 Die Transformatoren
~ .
~. X
Iund 3 und damit auch der Spannungsabfall nur
wenig geändert, und zwar etwas verkleinert hat. Die
il•
~ . Anordnung der Wicklung ist sicher günstig. Wäre
: . , ... 1 dagegen die stromliefemde Wicklung 1 (s. Abb.-124)
.. .
~. außen angeordnet, dann würde sich, falls nur.. die
~· X
IWicklungen 1 und 2 stromdurchflossen sind, das
Streufeld abcd ergeben. Arbeitete dagegen nur die
Wicklung 1 und 3, dann würde das Streufeld ab' c' d'
gelten. Wären sämtliche Wicklungen gleichzeitig im
Betrieb, dann würde das resultierende Streufeld
Abb.t24. Drelwlcklungs· gleich aefgc' d' sein. Jetzt wäre der Streufluß zwi-
transformator (strom-
liefemde Wicklung schen der WIC • klung 1 und 2 ganz erbe blich ver-
befindet sich ausen>- größert worden, d. h. daß Stromschwankungen in der
Wicklung 3, Spannungsschwankungen in der Wicklung 2 bel'Vorriefen.
Die Anordnung der Abb.124 ist also möglichst zu vermeiden. Da:brei-
wicklungstransformatoren meist Transformatoren großer Leistung sind,
bei denen in erster Linie die induktiven Widerstände maßgebend sind,
kann man im Ersatzbild auf die ohmseben Widerstände im allgemeinen
verzichten. Man kann dann näherungsweise die Impedanzen gleich den
Reaktanzen setzen. Es gilt dann:
(108)
Abb.125a u. b. Dreiwicklungstransformator
für Rechenbelspiel.
a Leistungsverteilung, b Ersatzschema. Beispiel: Es sei ein Dreiwicklungstrans-
formator nach Abb. 125 gegeben, der bei
Nennleistung in der Wicklung 1 30000 kVA aufnimmt und diese durch die
Wicklung 2 mit 20000 kVA und durch die Wicklung 8 mit 10000 kV A verteilt.
Die Wicklung 1 hat 100 kV, die Wicklung 2 60 kV und die Wicklung 8 30 kV. Für
die Kurzschlußspannung gelten folgende Wel'te:
10000
I 23 = V3·100 = 57,5 A '
Mit diesen Strömen und den bekannten Kurzschlußspannungen können die auf
100 kV bezogene Kurzschlußreaktanzen [nach Gl. (96)] wie folgt berechnet
werden: 0,1. 100000
X 12 =,....,z12 = ------=50 Q,
V3 • 115
0,045 . 100000
X 13 =,....,z13 = V3. 57,5 = 45 [J,
0,105. 100000
Xz 3 =,....,z~ 3 = -V-- - = 105 Q.
3. 57,5
Unter Benutzung der Gl.(l08) bekommen wir für die Reaktanzen unseres Ersatz-
schaltbildes (Abb.125b):
x
1 = 50+45-105
=- 5 n.
2
x 2 = 105+50-45 = 55 n,
2
Xa = 45+ 105-50 = 50 Q.
2
Interessanterweise ergibt sich bei dieser Rechnung X 1 negativ, so daß es also
den Charakter einer Kapazität hat. Physikalisch ist dies darauf zurückzuführen,
daß, falls die Wicklungen 1 und 2 stromdurchflossen sind und dann die Wicklung 3
hinzukommt, der verkettete Fluß zwischen 1 und 2 etwas abnimmt und damit
auch der Spannungsabfall zwischen 1 und 2.
bespült werden. Das einfachste Mittel ist Frischluft, die man mittels
Ventilatoren durch den Kühler bläst (Abb.l28). Diese Ausführung findet
man in Freiluftanlagen. Bei Platzmangel, besonders in Gebäuden, kann
der Kühler wesentlich verkleinert werden, wenn dem Öl durch Kühl-
wasser, welches durch den Kühler gepumpt wird, die Wärme entzogen
wird. Eine andere, früher oft gebräuchliche, jedoch mehr Platz benö-
tigende Anordnung, verwendet als Ölkühler Schlangenrohre, die in einem
mit Wasser gefüllten Becken angeordnet sind. Dem Becken muß dauernd
soviel Wasser zu- bzw. abgeführt werden, als Kühlwasser zur Abführung
der Verlustwärme nötig ist.
10*
148 Die Transformatoren
von dem Wählerkontakt c2 erfolgt. Soll auf eine noch höhere Stufe geschal-
tet werden, so wird der Kontakt c1 , der jetzt stromlos ist, eine Stufe weiter
geschaltet und dann der Lastschalterd wieder nach links bewegt. Der Vor-
teil dieser Schaltart (Dr. JANSEN) besteht darin, daß das Umschalten ver-
mittels eines Kraftspeichers rasch (etwa 2-3 Per.) erfolgen kann und
dadurch die vorübergehende Spannungsabsenkung, die eintritt, wenn die
Widerstände r 1 oder r2 vorgeschaltet sind, sich kaum bemerkbar macht.
Ferner können bei raschem Umschalten die Widerstände r 1 und r2 klein
gehalten werden, weil dann in ihnen die Verlustwärme klein ist. Da die
Wählerkontakte c1 und c2 sich von den Anzapfungskontakten b funken-
frei abheben, können sie direkt im Transformatorölliegen, während der
Lastschalter d, da er Leistung abzuschalten hat, in einem gesonderten
Ölraum innerhalb oder außerhalb des Transformatorkastens angeordnet
sein muß. Konstruktiv hat der Lastschalter bei größeren Leistungen im
Gegensatz zu Abb. 131 Druckkontakte.
150 Die Tra.nsforma.toren
3E
der drei Phasen gegeneinander nur geringe Span-
nungen, so daß man sie, gegeneinander leicht
isoliert, auf einem einzigen Isolator unterbringen
kann, der im Erdschlußfall die Phasenspannung
aushalten muß.
Abb. 133. Transformator mit
Regelung am Nullpunkt. Bei anderen Ausführungen (s. Abb.132) sind
Lastschalterwiderstände in einem besonderen
Isotierzylinder mit getrennter Ölfüllung koaxial über den Wählern unter
Deckel des Transformators eingebaut. Für die Leitungsausführungen
genügen bei Verwendung dieser Schalter normale Transformatorendurch-
führungen.
Der Antrieb der Wähler und Lastschalter erfolgt durch einen Motor-
antrieb mit dazwischengeschalteter Übertragungskinematik. Es ist dafür
zu sorgen, daß der Schaltmechanismus z. B. durch einen Kraftspeicher,
wie vorerwähnt, nicht in einer Zwischenstellung stehenbleibt.
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Einpilosen - Leislungslronsformoloren
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• Als Bezugsseite für die Schaltungsbilder gilt die Oberspannungsseite. Bei den Wicklungen
ist gleicher Wickelsinn vorausgesetzt.
•• w, und w. sind Strang-Windungszahlen und U L 1 und U L• sind Leiterspannungen.
Abb. 135. Parallelschaltmöglichkeiten der verschiedenen Schaltgruppen. (Nach VDE 0532/7.55.)
Parallelschaltung und Erwärmung von Transformatoren 153
Strom, durch den zweiten Transformator dagegen der gesamte Strom
fließen, d. h. also, daß dieser Transformator überlastet wird. Anzustreben
ist eine Stromverteilung entsprechend der Nennleistung der Transforma-
toren. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die beiden Reaktanzen
umgekehrt proportional der zugehörigen Transformatorleistung sind oder,
was gleichbedeutend ist, daß die Kurzschlußspannungen, in Prozenten aus-
gedrückt, gleich sind. Dabei ist, ohne
llll
daß die richtige Stromverteilung nen-
nenswert gestört wird, eine Abwei-
chung der Kurzschlußspannungen von
100/o zulässig. a b
Streng genommen ist das Ersatz- Abb. 136 a u. b. Parallelschaltung
der Transformatoren.
bild unserer Transformatoren unter a schematische Darstellung, b Ersatzschaltung.
Berücksichtigung derohmsebenWider-
stände das der Abb.137. Unsere Forderung müßte also heißen, daß die
Impedanzen sich in ihrer Größe umgekehrt verhalten wie die zugehörigen
Leistungen. Dies ist ebenfalls gleichbedeutend mit einer Übereinstim-
mung der Kurzschlußspannungen. Außerdem sollte der Impedanzwinkel
bei beiden Transformatoren gleich sein. Hat man jedoch Transforma-
toren, die in ihrer Leistung nicht gar zu sehr abweichen, dann sind auch
die Impedanzwinkel nicht allzu verschieden und es
genügt im allgemeinen die Forderung, daß die Kurz-
schlußspannungen gleich sind. Man soll jedoch mög-
lichst anstreben, daß die Leistungen parallel zu schal-
tender Transformatoren nicht mehr als 3:1 abweichen, Abb. 137. Ersatzschal-
tung zweler parallel
da sonst kleine Unterschiede in der Kurzschlußspan- arbeitender Transfor-
matoren unter Berück-
nung den schwächeren Transformator schon beacht- sichtigung der ohmschen
Widerstände.
lich überlasten können.
Was die Größe der auszuwählenden Transformatoren anbetrifft, so
liegen die Verhältnisse bei Kraftwerkstransformatoren einfach. Ist hier
z. B. ein Generator und ein Transformator zu einer Einheit zusammen-
gekuppelt, so muß die Nennleistung des nach den VDE-Vorschriften
bemessenen Transformators mindestens gleich der des zugehörigen Gene-
rators sein. Es ist zu beachten, daß die Nennleistung eines nach den
VDE-Vorschriften ausgelegten Transformators gleich seiner Leistungs-
aufnahme ist.
Schwieriger liegen die Verhältnisse bei Netztransformatoren. Ist der
Belastungsverlauf gegeben, so kann nach den Methoden in Kap. XXI
ermittelt werden, ob eine zunächst geschätzte Transformatorleistung
in bezug auf Erwärmung ausreichend ist. Man sollte jedoch auf keinen
Fall die Transformatoren zu knapp wählen, da oft im Laufe der Zeit
die Netzbelastung größer wird, ohne daß zunächst ein neuer Transfor
154 Die Transformatoren
F. Quertransformatoren
Bei den normalen Regel- bzw. Zusatztransformatoren wird die Phasen-
bzw. verkettete Spannung vergrößert oder verkleinert. Die Phasenlage
sowohl der Phasen-, als auch der verketteten Spannung ändert sich bei
der Regelung nicht. Es handelt sich also nur um eine Vergrößerung
bzw. Verkleinerung des Spannungssterns.
2
0..1
J
V. Generatorschutz
A. Allgemeines
Die Generatoren in den Kraftwerken stellen große Werte dar und
müssen deshalb so geschützt werden, daß beim Auftreten irgendwelcher
Fehler Schutzapparate ansprechen, welche die sofortige Abschaltung
des Generators veranlassen. Erfolgt dies frühzeitig genug, dann wird in
der Mehrzahl der Fälle die Zerstörung klein bleiben, so daß mit mäßigen
Kosten gerechnet und in kürzester Zeit der Generator wieder in Betrieb
genommen werden kann.
Nach ihrem Zwecke unterscheidet man Schutzeinrichtungen mit
vorbeugenden Maßnahmen, die eine drohende Gefährdung der Genera-
toren vorsorglich signalisieren und andere Schutzeinrichtungen, die bei
entstandenem Fehler früh-
zeitig eingreifen, indem sie
den GeneratorvomNetz ab·
schalten und ihn erforder·
lichenfalls rasch entregen,
um die Zerstörung an der
defekten Stelle möglichst
klein zu halten.
Die Generatoren können
durch folgende Isolations-
fehler gefährdet werden:
a) in der Statorwick-
a b c d lung:
Abb. 140a-d. Fehlermöglichkelten in der Statorwicklung
von Drehstrom-Generatoren. I. Wicklungsschluß, d.h.
a Wicklungsschluß, b Wlndungsschluß, c Erdschluß,
d Doppel-Erdschluß.
Schluß zwischen 2 verschie·
denen Phasen (Abb. 140a).
2. Windungsschluß, d. h. Schluß zwischen Windungen, die derselben
Phase angehören (Abb. 140 b).
3. Erdschluß, d. h. Schluß einer Wicklung mit dem Stator-Eisen
(Abb. 140c).
4. Doppel-Erdschluß. Dieser gefährliche Störungsfallliegt vor, wenn
zu einem Erdschluß im Generator gleichzeitig noch ein Erdschluß einer
anderen Phase hinzukommt (Abb. 140d). Hierbei fließen kurzschluß-
artige Erdschlußströme über die Erdschlußstelle im Generator, wodurch
das aktive Eisen besonders in Mitleidenschaft gezogen wird.
Die Stator-Isolation kann auch durch· Kurzschlußströme in der Ver·
teilungsanlage oder länger andauernde Überströme gefä.hrdet werden.
Auslöser und Relais 157
b) in der Rotorwicklung:
5. einpoliger Erdschluß. Ein Schluß zwischen Wicklung und Eisen
beeinträchtigt die Betriebsfähigkeit eines Generators nicht, weshalb
dieser Fehler im allgemeinen nur signalisiert wird.
6. Windungsschluß. Metallische Berührung zwischen 2 benachbarten
Windungen der Rotorwicklung ist selten, weshalb man auf eine Schutz-
einrichtung zu seiner Erfassung in der Regel verzichtet. Nur bei Ljung-
ström-Generatoren wird ein Rotor-Windungsschluß-Schutz gelegentlich
eingebaut, weil er mit einfachen Mitteln erreicht werden kann.
7. Unzulässige Erwärmung infolge der Rückwirkung unsymme-
trischer Ströme im Stator auf den Rotor.
Es ist nicht möglich, die verschiedenen Fehlermöglichkeiten durch
eine einzige Schutzeinrichtung mit ausreichender Empfindlichkeit zu
erfassen, da die Merkmale der Störungen zu verschieden sind. Es wurden
daher Schutzeinrichtungen gegen die oben erwähnten Störungen ent-
wickelt.
In Verbindung mit dem Generatorschutz wird gewöhnlich auch ein
Rückleistungs-Relais bei Dampfturbinen-Antrieb vorgesehen, das auf
Generator-Rückleistung anspricht, die bei dampfseitigen Störungen auf
der Antriebsseite entstehen und die Turbine gefährden kann, weil der
Generator als Motor wirkend die Turbine ohne Dampfdurchsatz auf
Drehzahl hält. Das Rückleistungsrelais schaltet in diesem Störungsfall
den Generator vom speisenden Netz ab, worauf der Turbosatz ausläuft.
Das Rückleistungsrelais stellt somit einen Schutz für die Turbine dar.
Die Schaltung wird oft in der Weise ergänzt, daß ein Durchgehen der
Turbine bei Betätigung des Schnellschlusses vermieden wird, solange
die Dampfzufuhr noch nicht vollständig aufgehört hat.
t Sekunden und der thermische Grenzstrom gleich I therm• dann kann als
größter beim Kurzschluß in der Wicklung auftretende Strom I= Ithermlft
zugelassen werden. Es tritt dann gleiche Erwärmung auf wie beim ther-
mischen Grenzstrom (Wärmeabstrahlung ist hierbei vernachlässigt).
Itherm kann z. B. das 100- bis 200fache des Nennstromes betragen.
Außerdem ist auch noch angegeben, welcher dynamische Grenzstrom
(Ia11n) im Kurzschlußfall mechanisch ausgehalten werden kann.
Wie gezeigt wurde, besteht ein Zeitrelais aus einem Ansprechglied,
das auf die Störung, z. B. auf den Überstrom, anspricht und einem Zeit-
glied, das vom Ansprechglied zum Ablauf freigegeben wird und nach
m
einer gewissen Zeit den Auslösebefehl gibt. Abb. 144 zeigt schematisch,
wie bei genauerer Darstellung ein Zeitrelais mitunter aufgezeichnet wird.
Der mit A bezeichnete Teil gibt das Ansprechglied an,
As> während der mit S bezeichnete Teil das Zeitglied darstellt.
Es ist nicht unbedingt notwendig, daß das Relais R
der Abb. 143 die Zeitverzögerung enthalten m:uß, viel-
mehr kann das Relais R zunächst einen Hilfsstromkreis
Abb.U••
Symbolische Dar-
schließen, durch den elektrisch ein besonderes Zeitglied
stellu;ng eines Über- freigegeben wird, welches erst nach Ablauf einen Kontakt
stromzeltrelais.
schließt, der den Auslöser des Schalters speist.
Um ein selektives Abschalten zu erzielen, gebraucht man gelegentlieh
Relais, welche wattmetrisch arbeiten. Ein derartiges Relais, welches ge·
eignet geschaltete Strom- und Spannungsspulen besitzt, spricht nur an,
falls ein Überstrom in der einen Richtung, nicht jedoch in der anderen
fließt.
Primärauslöser stellen im Leitungszuge Induktivitäten dar, an denen
beim Auftreffen von Wanderwellen Überspannungen entstehen können.
Sie müssen deshalb dagegen geschützt werden z. B. durch Parallel-
schaltung von Widerständen.
C. Überstromschutz
In Abb. 145 ist gezeigt, in welcher Weise der Überstromschutz eines
Generators ausgebildet sein kann. In zwei Phasen, oder meistens aus
Reservegründen in den drei Phasen, und zwar benachbart dem Stern-
punkt, sind drei Stromwandler eingebaut, welche in vorliegendem Falle
auf drei Überstromzeitrelais arbeiten. Wenn ein Oberstrom, etwa infolge
eines Sammelschienenkurzschlusses, fließt, sprechen diese Relais an und
schließen nach einer eingestellten Zeit Hilfskontakte, so daß von einer
Gleichstromquelle über diese ein Strom zur Auslösespule des Generator-
schalters zu fließen vermag und den Schalter auslöst. Fließt ein Über-
strom infolge eines Netzkurzschlusses, so soll dieser von dem benach-
Überlastschutz 161
hatten Netzschalter abgeschaltet werden. Der Generatorschalter spricht
nicht an, wenn seine Auslösezeit größer ist als die längste Auslösezeit der
im Netz eingebauten Schalter. Hat man im Netz unabhängige Zeit-
relais, die gegeneinander zeitlich gestaffelt sind (s. S. 355), so kann
man unter Umständen (ältere Netze) am Generator auf Zeiten von
5 (bis 10) sec kommen, während welcher der Generator den vollen
Kurzschlußstrom führt. Sollte einmal der vorletzte Netzschalter ver-
sagen, dann wird nach der eingestellten Zeit der Generatorschalter ab-
schalten. Der Überstromschutz des Generators bildet also eine Art
Reserve. Wenn im Generator selbst ein Kurzschluß, d. h. ein Wicklungs-
schluß zwischen zwei Phasen entsteht,
dann sprechen die Überstromrelais an,
lösen jedoch erst nach längerer Zeit den
Schalter aus. Da in dieser langen Zeit
größere Zerstörungen im Generator statt- +---t--
finden können, ist dieser Schutz nicht
gegen innere Schäden geeignet. Arbeiten
mehrere Generatoren parallel auf ein Netz ~
und tritt in einer Maschine ein innerer I§~
·Fehler auf, so werden alle Generatoren ~
auf die Fehlerstelle arbeiten und somit
Überstrom führen. Es kann, wenn nur
Überstromrelais vorgesehen sind, der Fall
eintreten, daß auch die gesunden Genera-
toren abgeschaltet werden, was aber nicht
erwünscht ist. Man muß also nach anderen
Schutzarten suchen, die rascher und selek-
Abb. U5. "Überstromschutz eines
tiver abschalten. Der vorhandene Über- Generators.
stromschutz kommt daher praktisch nur
in Frage zum Schutz gegen Sammelschienen-Kurzschlüsse oder als
Reserveschutz, falls der vorletzte Netzschalter oder der noch zu be-
handelnde Fehlerschutz des Generators versagt.
Prinzipiell kann man die drei Stromwandler auch vor die Wicklung
des Generators legen. Nur wird dann bei einem Fehler im Generator
durch die Stromwandler, falls der Generator allein auf das Netz arbeitet,
kein Strom fließen und der Überstromschutz kann nicht als Reserve
wirken.
D. Überlastschutz
Die Generatoren sind wie die übrigen Betriebsmittel einer Netzanlage,
z. B. Transformatoren, Kabel usw. vorübergehend überlastbar, ins-
besondere wenn sie vorher nicht voll belastet waren. Andererseits kann
bei zu hohen und lang andauernden Betriebsströmen infolge übermäßiger
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 11
162 Generatorschutz
Temperatur die Isolation schadhaft werden und schließlich ein Erd- oder
Kurzschluß entstehen. Um die Überlastungsfähigkeit von Generatoren
sowie _Transformatoren und Kabel voll ausnützen zu können, hat man
den Überlastschutz geschaffen. Er leistet gute Dienste, z. B. bei Aus-
fall parallel arbeitender Maschinen oder wenn plötzlich die Zuschaltung
eines weiteren größeren Verbrauchers dringend notwendig wird. Der
Generator kann überlastet weiter betrieben werden, solange es der Über-
lastschutz zuläßt. Inzwischen können im Netz Maßnahmen zur Ent-
lastung des Generators vom Bedienungspersonal getroffen werden, etwa
durch Zuschaltung einer Maschine oder Abschaltung weniger wichtiger
Verbraucher.
Diese Aufgabe läßt sich nur mit einer Einrichtung erreichen, die
die Erwärmung des Generators während des Betriebes dauernd überwacht
und die zulässige Grenztemperatur meldet, um so die frühzeitige Alterung
der Wicklungsisolation infolge starker Erwärmung zu verhindern. Hierzu
können Widerstandsthermometer oder Thermo-Elemente in der Nut der
Statorwicklung für die direkte betriebsmäßige Messung verwendet
werden. Sie stellen einen Fremdkörper in der Isolation dar, der beson-
ders bei hohen Spannungen unerwünscht ist. Nach dem Einbau sind sie
schwer zugänglich, weshalb man bei Defekten oft auf Ersatz verzichtet.
Zur Vermeidung dieser Nachteile ist man dazu übergegangen, den Ver-
lauf der tatsächlichen Wicklungstemperatur auf indirekte Weise zu
messen, d. h. an einem Modell genau nachzubilden.
Hierzu dient ein thermisches Relais. Es bildet die Temperaturkurve
des Generators getreu nach und mißt die Temperatur. Das Thermo-
Relais kann als Primär-Relais zum direkten Einbau in die zu schützende
Leitung oder als Sekundär-Relais zum Anschluß für Stromwandler aus-
geführt werden, das dann wie ein Überstrom-Zeitrelais nach Abb. 145
angeschlossen wird. Wenn die Erwärmung des Generators ein zulässiges
:Maß überschreitet, schließt es seinen Kontakt. Da in diesem Zustand der
Generator nicht momentan gefährdet ist, ist eine sofortige Abschaltung
entbehrlich, es genügt Signalisierung, damit das Betriebspersonal die
für die Entlastung des Generators notwendigen Maßnahmen ergreifen
kann.
Die Thermo-Relais gestatten die Überlastungsmög1ichkeit der Gene-
ratoren in Notfa.Ilen, z. B. bei Netzzusammenbrüchen voll auszunützen,
solange die überlastete Maschine nicht selber gefahrdet wird und es die
Antriebsmaschine zuläßt. Im allgemeinen reicht ein Thermo-Relais für
den Generator aus. Eine günstige Anordnung zum Schutze des Gene-
rators gegen strommäßige Überbeanspruchungen besteht aus 2 Über-
strom-Zeitrelais für den Kurzschlußschutz und ein Thermo-Relais für
den Überlastschutz in der 3. Phase.
Wicklungsschlußschutz 163
E. Wicklungsschlußschutz
Zur Feststellung eines Wicklungsschlusses eignet sich am besten der
Differentialschutz (s. Abb. 146). Bei diesem sind in jeder Phase an beiden
Wicklungsenden Stromwandler angeordnet, die gleichsinnig miteinander
verbunden sind. Von den Verbindungen führen drei Leitungen a, b, c,
wie aus der Abb. 146 ersichtlich, zu einem Differentialrelais und von
hier eine vierte Leitung zur Erde. Bei normalem Betrieb des Generators
fließen in den Stromwandlern vor und hinter der Wicklung gleiche Ströme.
An den drei Zuleitungen zum Differentialrelais herrscht also die Span-
nung 0 und es wird kein Strom zum Differentialrelais fließen. Tritt
jedoch in der in Abb. 146 gekennzeichneten Weise zwischen den Phasen 1
und 2 ein Wicklungsschluß auf, dann werden Ströme in der gestrichelten
Pfeilrichtung durch den Strom- 3
wandler fließen. Da ferner die 2
parallel arbeitenden Generatoren 1
in die Fehlerstelle hineinspeisen,
werden die oberen Stromwandler -+
der kranken Phase sogar in um- j't I
gekehrter Richtung vom Strom
durchflossen sein. Die in den lJ I ~~
t
Stromwandlern erzeugten Ströme
sind nun nicht mehr gleich, die Oiferentiol-
re!ois zur
Differenz beider Wandlerströme 111 a fnfregung
muß durch das Differentialrelais c b
fließen. Damit wird das Relais 1! I I ' I
ansprechen, den Schalter zur Aus- -- - I-
lösung bringen und die Entregong Abb. 146. Generator mit Differentlalschut.z.
einleiten.
Der Differenl;ialschutz darf mit Rücksicht auf Falschauslösungen nicht
zu empfindlich eingestellt sein, es sei denn, daß besonders abgeglichene
Stromwandler benutzt werden. Im allgemeinenwird bei einem Fehlerstrom
von 10- 20% des Nennstromes das Differentialrelais auslösen. Dieser
Betrag erscheint zunächst ziemlich hoch, ist jedoch durch die Forderung
bedingt, daß bei Netzkurzschlüssen der Differentialschutz nicht an-
springen soll. Da die hierbei fließenden Kurzschlußströme den Maximal-
wert des Nennstromes unter Umständen um das 15fache übertreffen,
können infolge nicht ganz gleicher Sättigungserscheinungen die Strom-
wandler prozentual etwas gegeneinander abweichen. Bei diesen großen
Strömen bedeuten jedooh prozentuale kleine Abweichungen schon beacht-
liche Ströme im Differentialrelais, die unter Umständen den Schalter
zur Auslösung bringen können, obwohl kein Generatorfehler vorliegt.
Will man den Differentialschutz empfindlicher einstellen, so erfordert
11*
164 Generatorschutz
I 1I
(
1 2 1' II' 3'
l t
-
1'1
Abb. 14\l. WindungsschlußEchutz. Abb. 150. Windungsschlußschutz bei
Ljungström ·Generatoren.
G. Stator-Erdschlußschutz
Sehr viele Fehler haben ihre Ursache in Erdschlüssen der Statorwick-
lungen, die innerhalb des Generators. sich ausbilden und die dann unter
Umständen in einen Doppelerdschluß, d.h. meist in einen Wicklungs.
kurzschluß übergehen. Es muß also ein Schutz vorgesehen werden,
der bei einem Schluß der Statorwicklung mit dem Statoreisen, den
Generator abschaltet und ent)."egt.
Die verschiedenen Schaltungen der gebräuchlichen Erdschlußschutz·
Einrichtungen unterscheiden sich durch die Methode, wie der über
,~ die Erdschlußstelle fließende Fehler·
strom auf das für das sichere An-
jb~~====
i= sprechen der Schutzeinrichtung not-
t wendige Maß durch ein Hilfsmittel
i künstlich vergrößert und der bei
i Klemmenerdschluß auftretende Erd-
i schlußstrom zur Schonung der Erd-
i schlußstelle auf einen zulässigen
i Höchstwert begrenzt wird. Arbeiten
i mehrere zu schützende Generatoren
auf eine gemeinsame Sammelschiene,
I
i so muß der Erdschlußschutz selektiv
wirksam sein, wodurch zusätzliche
t Apparate benötigt werden. Dagegen
i ' .
\ --------J können für Stromerzeuger, die direkt
'-·-·-·-·
Abb. 151. Einfacher, selektiver stator-Erd- auf einen Transformator arbeiten, ein-
schluBschutz mit Widerstandserdung fache Erdschlußschutz-Einrichtungen
am Generator·Sternpunkt.
verwendet werden, da die Selektivität
durch die galvanische Trennung des Generators vom Netz gegeben ist
und deshalb die besonderen Hilfsmittel zur Unterscheidung zwischen
generatorseitigen und 'n.etzseitigen Erdschlüssen entfallen können.
Wir wollen zunächst annehmen, daß der Generator auf eine Sammel-
schiene mit anderen Generatoren parallel arbeitet und ein Erdschluß in
einer Phase nicht unmittelbar am Nullpunkt, sondern mehr benachbart
dem Phasenende liegt (bei A in Abb.l51). Arbeitet der Generator auf ein
großes Netz mit genügender Kapazität, dann vermag, genau wie bei
einem sonstigen Erdschluß, ein kapazitiver Erdschlußstrom zu fließen,
der sich über die Fehlerstelle im Generator schließt. Man könnte daran
denken, einen Gestellschluß durch den Differentialschutz mitzuerfassen.
Prinzipiell wäre dj.es möglich, praktisch jedoch meist nicht, da der Diffe-
rentialschutz mit Rücksicht auf Kurzschlüsse nicht zu empfindlich ein-
gestellt werden darf und die Erdschlußströme meistens nicht einen solchen
Betrag erreichen, daß das Differentialrelais zum Ansprechen gelangt. Sehr
Stator-Erdschlußschutz 167
oft sind die durch die Anlage gegebenen Erdschlußströme zu klein,
besonders wenn das Netz durch Erdschlußspulen kompensiert ist, oder
wenn der Generator über einen Transformator auf ein Netz arbeitet
(hier kommt nur die verhältnismäßig kleine Kapazität der Zuleitungen
und der Wicklungen in Frage), so daß der natürliche Erdschlußstrom
allein zum Ansprechen des Schutzes nicht ausreicht. Man muß ferner
bedenken, daß, je näher die Erdschlußstelle am Wicklungs-Nullpunkt
liegt, um so kleiner die auf den Erdschluß wirkenden Spannungen,
also auch die Fehlerströme werden. Im allgemeinen muß man, um
einen brauchbaren Erdschlußschutz zu schaffen, den Erdschlußstrom
künstlich vergrößern, etwa dadurch, daß nach Abb. 151 der Generator-
Sternpunkt über einen geeignet bemessenen Widerstand geerdet wird ..
Die Größe des Widerstandes ergibt sich aus der Forderung, daß bei Erd-
schluß an den. Klemmen, bei dem der größte Fehlerstrom fließt, dieser
nur solche Werte erreicht, daß keinerlei beachtliche Zerstörungen durch
den Erdschlußstrom hervorgerufen werden. ·Dieser Wert liegt etwa bei
5 A. Je näher der Fehler nach dem Wicklungs-Sternpunkt rückt, um so
kleiner wird der durch den Erdungswiderstand fließende Strom, um bei
einem Fehler im Wicklungs-Sternpunkt Null zu sein.
Bei der Schaltung nach Abb.151 wird ein Spannungsrelais und ein
Relais mit Strom- u. Spannungsspule verwendet, das als Sperr-Relais
dient, dessen Aufgabe unten erläutert wird. In die Phasen-Ableitungen
sind 3 Stromwandler e eingebaut, deren Sekundärwicklungen in der sog.
Holmgreen-Schaltung gleichsinnig parallel geschaltet sind, so daß sie die
vektorielle Summe der Betriebsströme messen. Bekanntlich ist in einem
Drehstrom-System die vektorielle Summe der 3 Phasenströme Null,
auch bei Kurzschlußvorgängen oder unsymmetrischen Betriebsströmen.
Fließt dagegen aus dem Dreiphasen-System an einer Stelle ein Strom, z. B.
ein Erdschlußstrom nach Erde ab, so entsteht eine Nullstrom-Kompo-
nente als Reststrom, der in der Summenstromschaltung nach Holmgreen
aus den 3 Betriebsströmen ausgeschieden und in der Schaltung Abb.151
der Stromspule des wattmetrischen Relais zugeführt wird, Seine Span-
nungsspule ist mit dem Spannungsrelais gemeinsam an den Spannungs.
wandler zwischen Generator-Sternpunkt und Erde angeschlossen. An
diesem tritt sowohl bei Erdschluß im Generator oder Netz eine Spannung
auf. Bei einem·Erdschluß im Generator, z. B. an der Stelle a, fließt der
Erdschlußstrom über den Erdungswiderstand an die Fehlerstelle zurück.
Die am Erdungswiderstand hervorgerufene Spannung bringt das Span-
nungsrelais zum Ansprechen, sobald die Erdschlußspannung den An-
sprechwert des Relais überschritten hat. Das wattmetrische Erdschluß-
R-elais hält seinen Kontakt geschlossen, so daß· durch das Schließen des
Kontaktes des Spannungsrelais der Generatorschalter und die (nicht
gezeichnete) Schnellentregongs-Einrichtung betätigt werden.
168 Generatorschutz
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Abb. 152 a u. b. Statorerdschluß mittels Gleichrichterschaltung der Erdschlußrelais (SSW).
H. Spannungssteigerungsschutz
Ein Schutz gegen eine unzulässig hohe Spannungssteigerung ist
manchmal zweckmäßig. Bei einer Lastabschaltung erhöht sich die
Klemmenspannung des Generators sprunghaft um die Spannungserhö-
hung, die der vorausgegangene Laststrom in der transienten Reaktanz
der Statorwicklung hervorgerufen hat. Die Klemmenspannung wächst
noch weiter an, wenn der Generator nach einer Lastabschaltung im
Netz kapazitiv belastet bleibt, z. B. durch eine leerlaufende Hochspan-
nungsleitung. Mit der Entlastung beginnt ein Drehzahlanstieg, der die
Spannungssteigerung verstärkt. Leistungsfähige automatische Span-
nungs-Schnellregler begrenzen die Spannungserhöhung und machen sie
wieder rückgängig.
Schutzrelais gegen gefährliche hohe Spannungssteigerungen sind ins-
besondere dann erforderlich, wenn.die Drehzahl-Regeleinrichtungen der
Antriebsturbinen versagen. Bei Wasserturbinen kann die.Drehzahl beim
174 Generatorschutz
Durchgehen auf das Zwei- bis1 Dreifache der Nenndrehzahl steigen; die
Generatorspannung kollll)J.t in kurzer Zeit auf hohe Werte. Zur Unter-
stützung des automatischen Spannungsreglers im Sinne der Spannungs-
begrenzung ist deshalb ein momentan wirkendes Spannungsrelais vor-
zusehen, das vor Erreichen einer gefährlichen Spannungshöhe den
Generator sofort abschaltet und schnellstens entregt. Bei Generatoren
mit Dampfturbinen-Antrieb kann der Spannungssteigerungsschutz in
der Regel weggelassen werden, da hier wegen des Turbinen-Schnell-
schlusses die Überdrehzahlen zuverlässig auf kleine Werte begrenzt
werden. Generatoren, die aufFreileitungen arbeiten, können auch äußeren
Überspannunge;n, etwa durch Blitzschlag in die Leitungen oder in deren
Nähe, hohen Beanspruchungen ausgesetzt werden. Ihre Höhe wird durph
Überspannungs-Ableiter am Eingang und am Sternpunkt der Stator-
wicklung auf ein unschädliches Maß herabgesetzt. Dieser Schutz ißt
insbesondere bei Generatoren, die ohne Zwischenschaltung eines Trans-
formators auf die Freileitung speisen, notwendig, wird öfters aber auch
bei Generatoren, die über Transformatoren in Blockschaltung auf die
Freileitung arbeiten, vorgesehen.
I. Rotor-Erdschlußschutz
Auch im Rotor kann sich ein Schluß zwischen der Erregerwicklung
und dem Eisen ausbilden. Wenn auch ein solch einfacher Schluß zunächst
keine Gefährdung bedeutet, so wird, falls noch ein zweiter Schluß hinzu-
kommt, ein Teil der Erreger-
wicklung kurzgeschlossen. Die
einzelnen Pole der Maschine
werden dannnicht mehr gleiche
Amperewindungen haben; da-
Abb. 158. Schutz des Rotors. mit werden auch die Flüsse
der einzelnen Pole verschieden
sein. Hierdurch treten einseitig radiale Kräfte am Rotor auf, welche
diesen zu starken Vibrationen bringen können und ihn gefährden. Solche
Gefahren kann man vermeiden, falls man ein Relais vorsieht, welches auf
einen Rotorschluß anspricht. Die Abb. 158 zeigt die Ausführung. Auf
den Erregerkreis wirkt über einen Spannungswandler W und eine
Kapazität 0 eine Wechselspannung. Ist kein Schluß im Rotor, dann
wird durch die Kapazität 0 praktisch kein Strom fließen und das
Relais R nicht ansprechen. Tritt jedoch im Rotor ein Schluß auf, so
vermag über die Kapazität 0 ein Strom zu fließen, der sich über die
Fehlerstelle und die Erde schließen kann. Das Relais spricht jetzt an
und kann ein Warnungszeichen ertönen lassen.
Turbinenschutz 175
K. Schieflastschutz.
Im Abschnitt III "Drehstromgen eratoren" wurde die Schieflast be-
handelt.
Die Gegenkomponente kann durch eine Schaltung entsprechend
Abb.l59 erfaßt werden. Hier wird der Wandler einer Phase auf einen
ohmseben Widerstand und der der zwt::iten, voreilenden Phase auf eine
•111--f-:--t-- +:r------,
J
Abb.159. qegenstromschutzgeg en
unzulässige unsymmetrische Be-
lastung von Generatoren.
1 Generator; 2 Gegenstromrelais;
3 Stromwandler; 4 HUfsstrom-
wand!er; ti Impedanz; 6 Hupe;
7 Hilfsstromquelle.
Impedanz mit dem Impedanzwinkel 60° belastet, so daß das Relais, wie
man aus Abb. 73i erkennen kann, den einphasigen Strom bzw. die Gegen·
strom-Kompon ente mißt. Das Gegenstromrelais ist gegen Frequenz-
abweichungen stabilisiert.
L. Turbinenschutz
Die Schutzeinrichtung für Turbo-Generatoren, die mit einem elek-
trischen Netz parallel arbeiten, können vorteilhaft durch ein Rück-
leistungsrelais erweitert werden, das bei dampfseitigen Störungen eine
Gefährdung der Turbine vermeidet. Wenn aus irgendeinem Grunde
eine Störung in der Dampfzufuhr der Turbine auftritt, so kann die
176 Generatorschutz
M. Schnellentregung
Bei Fehlern im Innern des Generators, namentlich bei solchen, die
einen Lichtbogen hervorrufen, muß die Energiezufuhr zur Defektstelle
sofort unterbunden werden, damit der entstandene Schaden möglichst
nur auf den örtlichen Defekt begrenzt bleibt. Hierfür genügt die sofortige
Abschaltung des Generators voni Netz nicht, sondern es muß noch für
eine rasche Entmagnetisierung gesorgt werden, damit der Generator mit
seiner eigenen Spannung nicht länger auf die Defektstelle arbeiten kann.
Hierzu dient die Schnellentregungs-Einrichtung. Sie hat die Aufgabe,
nach der Abschaltung des Generators
vom Netz einen raschen Feldabbau im
Generator herbeizuführen. Hierzu muß
die magnetische Energie der Läuferwick-
lung in kürzester Zeit vernichtet werden.
Um die Zerstörungsarbeit des Licht-
bogens möglichst klein zu halten, kommt
es entscheidend darauf an, das Feld
anfangs mit höchst zulässiger Geschwin-
digkeit abzubauen, damit die Generator-
a +
spannung so schnell wie möglich unter
die Lichtbogenspannung an der Fehler- Abb. 161 a u. b. Schnell-Entregungs-
einrichtungen.
stelle sinkt und die Zerstörungswirkung a mit Feldschwächung im Erregerkreis (für
aufhört. Andererseits dürfen beim Ent- im kleine Generatoren), b mit Feldschwächung
Erreger- und Rotorkreis (für mittlere
regungsvorgang durch das rasche Ab- Generatoren).
Spannungswund/er
Abb. 163. Schnellentregung nach der Umpol-Methode für extrem kurze Entregungezeiten
für Generatoren größter Leistung.
VI. Transformatorschutz
A. Allgemeines
Auch für die Transformatoren gilt derselbe Grundsatz wie für die
Generatoren, daß ihre Konstruktionen allen betriebsmäßigen Anfor-.
derungen und darüber hinausgehenden Beanspruchungen vorüber-
gehend gewachsen sein müssen, ohne Schaden zu erleiden. Äußere Ein-
wirkungen, wie Stoßspannungen 1 atmosphärischer Herkunft führen
infolge der übermäßigen Beanspruchung der dielektrischen Festigkeit
ohne Erwärmung der Wicklungsisolation früher oder später zu einem
Isolationsdurchschlag. Um einen Transformatorschaden zu vermeiden
oder zu begrenzen, sind Schutzmaßnahmen notwendig, die bei einer
drohenden Gefährdung vorbeugend warnen oder abschalten und bei einem
eingetretenen Defekt immer den Transformator sofort spannungslos
machen. Wieder ist wie beim Generatorschutz die grundsätzliche Auf-
gabe gestellt, daß die Schutzrelais bei inneren Schäden oder bei Stö-
rungen auf den anschließenden Sammelschienen sicher ansprechen und
bei entfernten Netzstörungen eine Fehlauslösung sicher vermeiden. Der
Schutz für Transformatoren ist mit einfacheren Mitteln möglich als
für Generatoren. Die gebräuchlichsten Schutzeinrichtungen für Trans-
formatoren sind:
a) gegen äußere Einwirkungen:
Schutz gegen atmosphärische Überspannungen
Schutz gegen äußere Kurzschlüsse und thermische Überlastungen.
b) gegen innere Fehler:
Buchholzschutz
Differentialschutz.
1 R. ELSNER: Detection of insulation failures during impulse testing of ttans-
l'ormers. CIGRE-Ber. 1954, Nr. 101.- W. RABUS: The impulse volta.ge difference
method for the detection a.nd loca.tion of faults during fullwave impulse test on
transformers. CIGRE-Ber. 1954, Nr. 139.
Überstrom- und Überlastschutz 181
B. "Überspannungsschutz
Gefährliche Überspannungen können durch atmosphärische Stö-
rungen, Schaltvorgänge oder intermittierende Erdschlüsse ausgelöst
werden. Um sie auf ein für die Transformator-Isolation unschädliches
Maß herabzusetzen, werden Überspannungsahleiter vorgesehen und in
der Regel am Eingang der Station in jede Leitung eingebaut. Die Ab-
leiter setzen die ankommende Überspannungswelle bis auf die soge-
nannte Restspannung herab und flachen außerdem die Welle ab, so daß
die zwischen benachbarten Windungen des Transformators auftretende
Spannung ausgehalten werden kann.
I
eine übermäßige Erwärmung zu vermeiden.
Hierzu verwendet man Überstrom-Zeitrelais, die ~ f ~-
bei Überschreiten des eingestellten Überstromes ~mmma·~~·..J.
ansprechen und bei Andauern des Überstromes
Abb. 165. Bimetallrelais
-nach Ablauf der Auslöseverzögerung Kontakt für Transformator.
geben für die Transformator-Abschaltung. Um
den speziellen Schutzrelais gegen Netz-Kurzschlüsse Gelegenheit zum
Ansprechen zu geben, müssen die Überstrom-Zeitrelais auf Zeitver-
zögerung eingestellt werden, die dem Netzschutz augepaßt werden
muß. Sie sprechen auch auf innere Kurzschlüsse an, hab~n jedoch
wegen der Auslöseverzögerung nur eine Grobschutzwirkung. In Not-
fällen kann es wertvoll sein, die volle Überlastungsfähigkeit des Trans-
formators auszuschöpfen.. Hierzu is:t es notwendig, die Wicklungs-
temperatur zu überwachen. Dazu dienen Thermo-Relais, die die Er-
wärmung des Transformators dauernd messen, und ansprechen, sobald sie
einen zulässigen Höchstwert erreicht hat. Besonders bei Transforma-
toren leistet die Anwendung von Thermo-Relais gute Dienste, die durch
Ausnutzung der großen Überlastbarkeit eine in kritischen Versorgungs-
zeiten nützliche Leistungsreserve schaffen. Das Thermo-Relais läßt
man meist auf Signal wirken, damit das Personal für Entlastung des
Transformators sorgen kann, wozu noch Zeit ist, da der Transformator
betriebsmäßigen Überlastströmen kurzzeitig ohne Schaden standhält.
Für den Überlastschutz genügt ein Thermo-Relais in einer Phase. Sind
noch Überstrom-Zeitrelais vorhanden, so empfiehlt sich eine Kombination
von 2 Überstrom-Zeitrelais in 2 Phasen für den Kurzschlußschutz und
1 Thermo-Relais in der dritten Phase für den Überlastschutz des Trans-
formators.
182 Transformatorschutz
D. Buchholz-Schutz
Zur Feststellung innerer Fehler bei Öltransformatoren mit Aus-
dehnungsgefäß eignet sich der nach dem Erfinder benannte Buchholz-
Schutz, der sehr empfindlich arbeitet. Sein Prinzip
beruht auf der Erscheinung, daß jeder Fehler im Öl
von einer Gasentwicklung begleitet ist. Die Gas-
blasen werden in einem Schwimmer-Apparat im
Deckel des Kastens gesammelt, der bei leichteren
Abb. 166· Schematische
Anordnung des
Fehlern ein Warnsignal betätigt, bei schweren den
Buchholz-Schutzes. Transformatorschalter abschaltet.
Das Buchholz-Relais wird in die Verbindungsleitung zum Ausdeh-
nungsgefäß eingebaut (Abb.l66). Das Relais enthält im Innern (Abb.l67)
z. B. zwei Schwimmer. Werden infolge eines inneren Fehlers Gasblasen
gebildet, so steigen diese nach oben und gelangen in das Buchholz-Relais,
in welchem sie allmählich
die Flüssigkeit verdrängen.
Dadurch nimmt der Auf-
trieb des oberen Schwim-
mers ab,er bewegt sich nach
unten und eine Quecksilber-
Schaltröhre schließt einen
Kontakt, durch den ein Si-
gnal ausgelöst werden kann.
Das Personal wird gewarnt
und kann versuchen, die
vom
li-ons- Ursache des Ansprechens
/örmqfor
zu ergründen und gegebe-
nenfalls den Transforma-
tor zwecks näherer Unter-
suchung abzuschalten_
Abb. 167. Buchholz-Relals. Kurzschlüsse im Innern
des Transformators werden
stets mit einer heftigen Gasentwicklung verbunden sein. Hierdurch wird
das Öl stoßartig in das Ausdehnungsgefäß gepreßt und der untere
Differentialschutz 183
Schwimmer durch die kräftige Ölströmung nach unten gekippt. Die
hiermit verbundene Kontaktgabe löst unmittelbar den oder die Leistungs-
schalter aus.
Der Buchholz-Schutz ist ein Überwachungs-Apparat, der auf alle
Fehler innerhalb des Kastens anspricht, und diese schon im Entstehen
meldet. Außer Isolationsfehlern erfaßt er auch Leiterbrüche, schlechte
Kontaktstellen z. B. an den Stufenschaltern, sowie Eisenbrand. Ferner
spricht dieser Schutz auch auf Überschläge unter Deckel an, die meist an
den Durchführungen auftreten. Er arbeitet selektiv, da die Gasent-
wicklung nur durch Vorgänge im zugehörigen Transformator hervor-
gerufen wird. Im Hinblick auf mögliche Störungen außerhalb des Kes-
sels, wie Klemmenüberschläge, bedarf er einer Ergänzung, die meist
durch den Differentialschutz vorgenommen wird.
E. Differentialschutz
Der Differentialschutz kann gemäß Abb. 168 ausgebildet sein. Das
Differential-Relais wird an Stromwandler vor beiden Transformator-
wicklungen angeschlossen und R S T
durch die Differenz ihrer Sekun-
därströme erregt. Bei Kurz-
schluß im Bereich zwischen den
2 •I I~
Stromwandlern fließt ein Strom,
l
in der Auslösewicklung des Re- tr "
~
lais, so daß es anspricht. Es l
werden also auch die Zuleitun- U V w l<
l OJ
gen zu den Transformatorwick- L....J._
Yd5 1~ dreipoties I
lungen innerhalb der Einbau- 1 11 Oifferentia relois 1
stelle der Stromwandler mitge- v~u
schützt. lL lJ 7/J
~.
Kurzschlüssen außerhalb des
Schutzgebietes, das durch die 2 ·II Kl "
beiden Stromwandlergruppen
begrenzt wird, soll das Differen-
tialrelaisnicht ansprechen. Auch
R S T
im Normalbetrieb bei Trans- Abb. 168. Dlfferentialschut.z eines Drehstrom-Trans-
formatoren mit einer Regelwick- formators in Yd 5 Schaltung mit einem dreipoligen
Differentialrelals.
lung darf keine Fehlauslösung 1 Drehstrom-Transfcrmator in Yd 5 Schaltung;
2 Hauptstromwandler; 3 Zwischenstromwandler;
durch den Differentialschutz er- 4 Dreipoliges Differentialrelais.
folgen, wenn der Stufenschalter
in eine andere Stellung gebracht und sich hierdurch das Übersetzungs-
verhältnis des Transformators ändert. Ferner kann der unvermeidliche
Magnetisierungsstrom eine Fehlauslösung bewirken, da er im Normal-
184 Transformatorenschutz
I h '"'"ih -"1
-'1'
renzströme, die zum Fehl-
L~lo>t ansprechen führen können.
u V nJ -·- -j_j
+ Zur Vermeidung von
2 ~h
ILK
l
jl I~ Fehlauslösungen infolge der
vorbezeichneten Ursachen
I,
werden die unten erwähnten
\ -1'
J J D
Maßnahmen am Differential-
relais ergriffen. Bei Stern-
lll R S T
Dreieck-Schaltung, die in
Abb.l68 vorgesehen ist, muß
Abb. 169. Scbaitung der Stromwandler fllr den Differential·
schutzeines Transformators in Stern-Dreleck-Schaltwip; Y5 a. durch entsprechende Schal-
1. Drehstrom-Transformat{)r; 2. Stromwandler; tung von Hilfsstromwand-
3. Differentialrelais; 4. Leistungsschalter.
lern die Phasenverschiebung
sekundär- gegenüber primärseitig berücksichtigt werden. Man kann
auch die Phasenverdrehung durch Dreieck-Schaltung der Primärwandler
entsprechend Abb.l69 erreichen, jedoch ist die Schaltung nach Abb. 168
für solche Fälle vorzuziehen, da hierbei eine gleichwertige Erdung der
3 Sekundärwicklungen im Sinne der VDE-Vorschriften für Stromwandler
in Hochspannungsanlagen über I kV gegeben ist.
Wenn der Nullpunkt einer Transformatorwicklung bei Stern-Stern-
Schaltung des Transformators direkt oder über eine Löschspule geerdet
ist (Abb. 170) kann mit einer Fehlauslösung des Differential-Relais bei
einem Erdschluß außerhalb des durch die Stromwandler begrenzten
Schutzbereiches gerechnet werden, weil hierbei die primären und sekun-
Differentialschutz 185
dären Ströme in jeder Phase des Transformators nicht mehr gleich groß
bleiben und infolgedessen ein störender Nullpunkt-Strom über das
Relais fließt. Das unerwünschte Ansprechen des Differentialrelais läßt
sich durch Dreieck-Schaltung und zwar wieder zweckmäßig der Zwischen-
Stromwandler-Sekundärwick- 'n s r
Iungen erreichen.
Um bei störenden Diffe-
renzströmen ein Fehlanspre-
chen des Differentialschutzes
zu vermeiden, wird dieses, wie 3
folgt stabilisiert.
Bei einem normalen Diffe-
rentialschutz spricht das Relais
(s. Gerade a, Abb. 171) bei 3
einem bestimmten Fehler-
strom I 1 an. Bei einem Trans-
formator ohne Regelbarkeit
wird man I 1 so wählen, daß It
mit genügender Sicherheit R S T
über dem Fehlerstrom I,.., der Abb. 170. Differentialschutz eines Drehstrom-Trans·
formators mit Erd schluß-Löschspule auf der
durch den Magnetisierungs- Oberspannungsseite.
1. Drehstrom-Transformator mit Erdschluß-Löschspule
strom des Transformators und auf der Oberspannungsseite; 2. Hauptstromwandler;
durch Wandlerfehler bei hohen 3. Zwischenstromwandler; 4. Dreipoliges
Dlfferentialrelals.
Strömen bedingt ist, liegt.
Wird die Wicldung geregelt, so verändert sich das Übersetzungsver-
hältnis, und da die Differentialwandler in ihrem Übersetzungsverhältnis
unverändert bleiben, wird sich jetzt ein Fehlerstrom, der durch das
Differentialrelais fließt, ergeben. Dieser zu-
sätzliche Fehlerstrom I/ wird (konstante An-
zapfung vorausgesetzt) proportional dem ab-
gegebenen Strom ansteigen (Gerade b) und
bei einer Stromstärke, die größer als I 0 ist
abgegebener Strom
(s. Abb.l7l), wird das Differentialrelais
Ahb. 171. Fehlerkurve und Ansprach-
ansprechen, obwohl kein Fehler vorliegt. kurve in Abhängigkeit des Stromes.
Günstiger wäre eine Charakteristik des Diffe-
rentialrelais wie in Abb. 172a (Gerade a), d.h. der Auslösestrom soll
mit wachsendem abgegebenen Strom ebenfalls zunehmen. Zeichnet
man in dieser Abbildung den durch den Magnetisierungsstrom und
das veränderte Übersetzungsverhältnis bedingten Fehlerstrom ein
(Gerade b), so erkennt man, daß sich zwischen den beiden Geraden a
und b kein Schnittpunkt mehr ergibt. Das Differentialrelais wird also
nicht ansprechen, sofern nicht ein großer Fehlerstrom auftritt, der
durch einen Fehler im Transformator hervorgerufen wird. Die an-
186 Transformatorschutz
abgege/Jener Strom
Abb. 172a. Gewünschte Ansprech· Abb. 172b. Differentialrelais mit
kurve in Abhängigkelt des zusätzlicher Haltewicklung.
abgegebenen Stromes.
Ruhelage halten will, zu. Es ist jetzt ein größerer Fehlerstrom, der durch
das Differentialrelais R fließen muß, notwendig, um ein Ansprechen
herbeizuführen. Man hat also durch ein solches stabilisiertes Differential-
relais mit zusätzlicher Haltewicklung den Vorteil, auch Regeltransforma-
toren schützen zu können. Selbstverständlich ist ein Differentialrelais
mit Haltespule auch brauchbar, um bei einem· Differentialschutz für
einen Generator das genaue Abgleichen der Wandler vermeiden zu
K
•--I
a b
Abb. 173a-c. Sperrelais für Differentia!Echutz (SSW). a Schaltung, b Relais, c Ansprechbereich.
:~
t
VVV
m~-~D~~~~~D~~~DD~~
~f\/ IJVVVVV VVVV V vV\
~UJ--i.dt
Abb. 1U. Oszillogramm des Einschaltstromstoßes in den 8 Phasen eines Transformators.
die Kraft größer ist als die Haltekraft einer Feder. Die Ansprechkurve
I 2 =/(I1) müßte also eine Hyperbel sein. Praktisch (falls der Anker in
der Ruhelage etwas rechts der Mitte liegt) ergeben sich die Ansprech-
kurven der Abb. 173 c. Be- H s r
trachten wir den mit dem
Differentialrelais R verse-
henen Transformator der
l 1 1-~---r;:::::t;:=tr-----,
5 ~+~-.....,1;;'-[ZJ
sowohl auf den rechten, als auch auf den linken Abschnitt geschaltet
werden kanu. Sind bei geringer Belastung insgesamt z. B. nur zwei
Generatoren eingeschaltet, dann kann es notwendig sein, die Sammel-
schienen zu kuppeln.
In Fällen, in denen die Verteilung mit zwei verschiedenen Span-
nungen erfolgt, wobei jedoch die Spannungen höher als die Generatoren-
spannung sind, empfiehlt sich die Verwendung von Dreiwicklungs·
transformatoren (s. Abb. 179). Während bei der Schaltung nach Abb. 177
zwischen den Generatoren und Transformatoren keine Leistungsschalter
notwendig waren, ·sind sie jetzt erforderlich. Es besteht so die Möglich-
mkv-...,.--H--I
.1okV n
5kV
Abb. 178. Zwei Sammelschienen zur Verteilung Abb. 1711. Generatoren arbeiten über
der elektrischen Energie mit 2 Spannungen. Dreiwicklungstransformatoren
auf 2 Sammelschienen.
toren auf das obere Sammelschienensystem I und die rechten auf das
untere Sammelschienensystem II arbeiten, weiter ist der linke Abzweig
mit dem oberen Sammelschienensystem und der rechte mit dem unteren
verbunden. Durch die Trennung der Systeme werden einmal die Kurz-
schlußströme verkleinert und außerdem kann
man beide Systeme, um verschiedene Span-
nungsabfälle in den abgehenden Leitungen
gegebenenfalls auszugleichen, mit verschiede-
ner Spannung betreiben. Ob man diese Mög-
lichkeit ausnutzt, ist eine Frage, die von
Fall zu Fall zu entscheiden ist.
Günstig ist bei Doppelsammelschienen-
systemen die Verwendung eines Kuppelschal-
ters (s. Abb. 182). Mit diesem kann man den
Übergang von einem Sammelschienensystem Abb.1B2. Doppelsammelschlenen-
auf das andere etwas einfacher gestalten. system mit Kuppelschalter.
Man wird jetzt so vorgehen, daß man den Kuppelschalter und in jedem
Abzweig den offenen Trenner einlegt und hierauf den geschlossenen
herausnimmt. (Man kann die Trenner auch wie früher geschildert
einlegen.) Anschließend wird der Kuppelschalter wieder geöffnet. Die
bei der Anordnung nach Abb. 182 erforderliche Reihenfolge der Schalt-
handlungen, bei deren Nichtbefolgen gelegentlich Trenner unter Last
gezogen werden, braucht hierbei nicht eingehalten zu werden.
192 Die Schaltung von Kraftwerken und Umspannwerken
gekuppelt werden. Letztere Lösung hat weiterhin den Nachteil, daß die
Maschinensätze sehr lang bauen.
Zum Anfahren eines Kraftwerkes muß eine Fremdspannungsquelle
geeigneter Größe zur Verfügung stehen. Diese ist in der Regel infolge der
10 kY- Havetsammelschiene Verbundwirtschaft der einzel-
I nen Energieversorgungsunter-
ii
nehmen und Industriebetriebe
vorhanden. Bei kleineren
Kraftwerken besteht auch die
Verwendungsmöglichkeiteines
Dieselgenerators.
In Abb.189 ist eine Eigen-
bedarfsanJage vereinfacht dar-
gestellt. Es ist dabei nicht ein-
gezeichnet, wie im Störungs-
fall die Umschaltung auf eine
fremde Stromquelle (Leitung
von anderem Kraftwerk bzw.
gröllere Verbravcher-Speisepvmpen, Längstrennung der Haupt-
11iihlen, flehläse
schaltanlage) erfolgt; auch
ist nur eine Einfachsammel-
schiene vorgesehen, obwohl bei
l J80/220V wichtigen Anlagen Doppel-
sammelschienen gewählt wer-
1111
den. Im normalenBetriebwer-
den die Bilisbetriebe von der
Verbraveher Verbraueller 10 k V-Sammelschiene (es ist
kleiner Leistung kleiner Leistvng angenommen, daß eine Reihe
von Generatoren unmittelbar
t-----11 auf diese Sammelschiene ar-
fileiehstrombalterie beiten) über 2 Haustransfor-
Abb. 189. Schaltung der Eigenbedarfsanlage matoren und die Eigenbedarfs-
eines Kraftwerkes.
sammelschiene gespeist. Die
Eigenbedarfsspannung wird von der Größe des Kraftwerkes abhängig
sein; sie beträgt bei größeren Kraftwerken meist 6000 V. Da Hochspan-
nungsmotoren nur für Leistungen von etwa 100 kW ab gebaut werden,
in einem Kraftwerksbetrieb aber auch kleinere Motoren vorkommen und
man aus vielen anderen Gründen auch Niederspannung benötigt, sind
noch 2 weitere Transformatoren vorhanden, welche eine Spannung von
380/220 V liefern.
Aus der Abbildung geht auch hervor, wie die benötigte Gleichspan-
nung für Betätigungszwecke usw, erzeugt wird. Es ist eine Akkumu-
latorenbatterie vorhanden, die heute meist im Pufferbetrieb (höhere
Die Eigenbedarfsanlagen von Kraftwerken 199
Lebensdauer der Batterie) mittels Trockengleichrichter aufgeladen wird.
Der Gleichrichter liefert den Ladungserhaltungsstrom der Batterie und
außerdem den normal benötigten Gleichstrom. Die Höhe dieses Puffer-
stromes kann mittels Wahlschalter eingestellt werden. Würde mehr
Gleichstrom benötigt oder hatte bei einem Wegbleiben der Drehstrom-
spannung die Batterie Notlicht und die oben erwähnten Antriebe zu
versorgen, so schaltet nach Wiederkehr der Spannung der Gleichrichter
automatisch solange auf Starkladung um, bis die Batterie wieder auf-
geladen ist. Hierauf setzt dann selbsttätig der Pufferbetrieb wieder ein.
Bei größeren Kraftwerken stellt man meist mehrere Batterien auf,
damit auch bei Reparaturen an einer Batterie stets gesicherter Gleich-
strom vorhanden ist.
Im modernen Kraftwerksbau setzt sich vor allem bei größeren Lei-
stungen immer mehr die sogenannte Blockbauweise durch, d. h. jedem
Turbosatz ist fest sein Kessel zugeordnet unter Verzicht auf die Mög-
lichkeit von Querverbindungen zu anderen Kesseln bzw. Turbinen.
Eine solche Kessel-Turbineneinheit wird als Block bezeichnet und es
wird dabei auf eine Reservehaltung innerhalb eines Blockes verzichtet.
Hierdurch wird erheblich an Anlagekosten gespart. Bei diesen Block-
kraftwerken wird die Versorgung des elektrischen Eigenbedarfs auch
blockmäßig aufgeteilt. Abb.190 zeigt eine Schaltung z. B. für ein Kraft-
werk mit 3 Blöcken. Die Eigenbedarfssammelschienen jedes Blockes,
meist nur mit Einfach-Sammelschiene, oft aus Platzersparnisgründen in
stahlblechgekapselter Ausführung, werden normalerweise über die
Schalter A direkt von den zugehörigen Blockgeneratoren gespeist. Tritt
in der 100 kV-Schaltanlage ein Kurzschluß auf oder wird das betrachtete
Kraftwerk infolge Ausfalls anderer auf das 110 kV-N-etz arbeitenden
Kraftwerke überlastet, so lösen die 110 kV-Maschinenschalter der
einzelnen Blöcke aus und jeder Generator versorgt den Eigenbedarf
seines Blockes. Wird ein ganzer Block aus dem Stillstand angefahren, so
wird sein Eigenbedarf von der 6 kV-Anfahr- und Allgemeinschiene über
den Schalter B versorgt. Nach Hochfahren des Blockes wird dann B
.aus- und A eingeschaltet. Tritt im Generator selbst oder im zugehörigen
Maschinenumspanner ein Schaden auf, so lösen die zugehörigen 110 kV-
Maschinenschalter und der Schalter A aus, B schaltet sich automatisch
ein, so daß die Eigenbedarfsschiene sofort wieder Spannung erhält und
der Kessel langsam abgefahren werden kann. Sind nur elektrische
Speisepumpen vorhanden, so wird oft die Reservespeisepumpe an die
·6 kV-Anfahr- und Allgemeinschiene angeschlossen. Durch diese Schal-
tung wird also ein sehr hohes Maß an Sicherheit erreicht. An die
·6 kV-Anfahr- und Allgemeinschiene werden ferner die Antriebe ange-
schlossen, die nicht blockgebunden sind, also z. B. Transportanlagen für
Förderung der Kohle vom Kohlenlagerplatz zu den Kesselhausbunkern
200 Die Eigenbedarfsanlagen von Kraftwerken
Am·vA
1 A AIr1
1 I
&"genbedorf ollgemein
Abb. 190. Prinzipschema eines Block-Kraftwerkes.
A. Kabel
a) Papierbleikabel für Nieder- und MittelspannllDg
Mehr als 95% der Starkstromkabel haben eine Isolierung aus imprä-
gniertem Papier, d. h. ihre Leiter sind mit Papierbändern umwickelt, die
mit einer bei niedrigen Temperaturen zähflüssigen Masse auf Mineralöl-
basis getränkt werden. Man spricht daher auch von Massekabeln. Diese
Massekabel sind in den Vorschriften VDE 0255 von I bis 60 kV Nenn-
spannung genormt. Ihre Leiter bestehen aus Kupfer oder Aluminium,
welches den entsprechenden Vorschriften für Kupfer oder Aluminium
VDE 020I/I934 bzw. VDE 0202fi943 genügen muß. Sie können aus
einem einzigen Draht (Massivleiter) oder auch aus mehreren miteinander
verseilten Drähten bestehen und kreisförmigen oder, insbesondere bei
Drei- und Vierleiterkabeln von I bis IO kV Nennspannung, sektor-
förmigen Querschnitt haben.
Für die Leiter der anderen Kabeltypen und der isolierten Leitungen
gilt grundsätzlich das gleiche. Nur bei den Höchstspannungskabeln
finden wir SpeziaJkonstruktionen, auf die noch besonders hingewiesen
wird.
Die Papierisolierung wird in Form von Bändern, die wendeiförmig
aufgesponnen werden, auf den Leiter aufgebracht. Vor dem Imprä-
gnieren muß das Papier durch Anwendung von Hitze und Vakuum sorg-
fältig getrocknet werden. Der Imprägnierprozeß wird bei erhöhter
Temperatur (IIO bis I20° C) vollzogen, weil dabei die Kabeltränkmasse
dünnflüssig ist und in die Hohlräume und Poren der Isolierung eindringen
kann. Bei normaler Temperatur ist das Tränkmittel dickflüssig. Es ist
Papierbleikabel für Nieder- und Mittelspannung 203
erwünscht, daß die Tränkmasse auch bei der Betriebstemper atur des
Kabels noch so zähflüssig ist, daß sie nicht nach tiefer gelegenen Stellen
des Kabels abwandert. Für besondere Anforderungen in dieser Hinsicht
müssen massearme Kabel verwendet werden, z. B. in großen Gefälle-
strecken oder als Schachtkabel im Bergwerk und auch bei Steuerkabeln.
Eine massearme Ausführung ist allerdings nur bei Betriebsspannu ngen
bis etwa 10 kV möglich. Die Tränkmasse besteht aus einem Mineralöl-
Harzgemisch oder neuerdings auch vielfach aus eingedickten Ölen ohne
besondere Zusätze.
Um den Zutritt von Feuchtigkeit zu der Kabelisolierung zu ver-
meiden, muß das Kabel mit einem dichten Mantel umgeben werden;
die Kabelenden müssen durch Kabelendversch lüsse abgedichtet werden.
__
Als Mantelwerksto ff dient heute noch hauptsächlich Blei, das neben
einem kleinen Kupferzusatz für besondere Zwecke noch mit geringen
Mengen Fremdmetallen , wie z. B. Antimon oder Zinn legiert wird. Diese
··---- - .. . ___,,,.,.,.,
Abb. 191. StahJwellmantelkabeJ.
Zusätze machen das Blei härter und weniger anfällig gegen interkristalline
Korrosion wie sie z. B. bei andauernden Erschütterunge n auftreten.
Inzwischen sind auch die Verfahren zum Dropressen der Kabel mit
weichem Aluminium so weit verbessert worden, daß es möglich ist, den
Bleimantel durch einen nahtlosen Aluminiumman tel zu ersetzen. Die
Schwierigkeiten dabei beruhen vor allem darauf, daß Alumimum eine
höhere Erweichungste mperatur als Blei hat. Aluminiumman telkabel
sind natürlich nicht so leicht biegbar wie Bleimantelkabe L Sie zeichnen
sich durch geringeres Gewicht aus.
Der Bleimantel kann auch durch ein Stahlrohr ersetzt werden. Ein
Stahlband von 0,3-0,4 mm Dicke wird über der Kabelisolierung zu
einem Rohr geformt, dessen Innendurchmes ser größer ist als der Außen-
durchmesser der Kabelseele. Die sich überlappenden Kanten des Stahl-
bandes werden elektrisch zusammengeschweißt und anschließend
schraubenförmi ge Rillen in das entstandene Rohr gedrückt, wodurch
das sonst steife Stahlrohr biegsam wird. Wir erhalten dann ein sog.
Stahlwellmante lkabel. (Abb. 191). Die Rillentäler werden so tief ein-
gedrückt, daß sie der Isolierung anliegen.
Über Kabel mit nichtmetallisch em Mantel wird weiter unten noch
betichtet.
Die Aluminium- und Stahlweilmänte l müssen gut gegen Korrosion
geschützt werden. Das gilt auch für die Bleimäntel, es sei denn, daß die
204 Kabel und isolierte Leitungen
b
Abb. 192. Gürtelkabel 3 X iO mm' für 6 kV.
a mit Rundleitern, b mit Sektorleitern.
befinden sich zur Zeit noch im Stadium der Entwicklung. Es ist nämlich
fraglich, ob eine gute Durchverbindu ng des Mantels in den Muffen ge-
währleistet werden kann. Das gilt besonders für Hausanschlüsse , wo der
vierte Leiter fast immer stromführend ist.
W ellmantelkabel wurden bisher nur bis lO k V Betriebsspannu ng
hergestellt.
Die verschiedenen Bauarten der Papierbleikabe l werden mit Kurz-
zeichen benannt, die sich auf die Buchstaben N K bei Kupferleitern,
N AK bei Aluminiumleite rn aufbauen. So bedeutet z. B. N Kein Kabel
mit Kupferleitern und blankem Bleimantel, N KBA ein Bleimantel-
Bleikabel mit Bandeisenbewe hrung und äußere Juteumhüllung1 •
b c
Abb. 194. Kraftlinien verlauf.
a Gürtelkabel, b Kabel mit metallisierten Adern, c Dreimantelkabel.
in VDE 0255/1951, § 5.
Papierbleikab el für Nieder- und Mittelspannu ng 207
bereits 1913 den Vorschlag, jeden einzelnen isolierten Leiter mit einer
geerdeten Metallfolie zu umgehen und die drei Einzelleiter dann mit
einem Bleimantel gemeinsam zu umpressen. Bei dem Höchstädter -Kabel
hat man nur radiale Beanspruchu ng der Isolation in Richtung der
größten elektrischen Festigkeit, außerdem werden Beilauf und Zwickel
elektrisch überhaupt nicht beansprucht (Abb.194b). Das bedeutete für
die Kabelfabrik ation einen grundlegend en Fortschritt und erlaubte den
Übergang zu höheren Betriebsspan nungen.
Da bei diesem Kabel der Beilauf noch mit Kabelmasse getränkt sein
muß und das Kabel infolge des gemeinsamen Bleimantels schwer biegsam
ist, entwickelte man in der Folge das Dreibleiman telkabel (Abb. 195).
Hier hat jeder Leiter für sich
einen BleimanteL Damit er- .----U!J/er
Isolierung
folgt ebenfalls die elektrische me/oll. Popier
Beanspruchu ng der Papieriso- Bleimonlei
lierung stets radial und der
Beilauf wird elektrisch ent-
lastet (Abb. 194c). Zwischen Julcumsptimung
Aderisolierungen und Blei- Buno'eisenormietung
mautel bringt man vielfach Juleumspinnung
auch hier noch eine Metallfolie Abb. 1115. DreimantelkabeL
an (Höchstädte r-Folie), um
einen gleichmäßigen Abschluß des elektrischen Feldes zu erhalten, wenn
der Bleimantel einmal nicht vollkommen anliegen sollte. Die drei einzel-
nen Kabel werden jedes für sich mit asphaltierte n Papierbände rn als
Korrosionsschutz umgeben und dann miteinander unter Ausfüllung
der Zwickel zu einer dreieckförmigen oder runden Form verseilt. Es
folgen Schutzhüllen und Bewehrunge n wie bei den Gürtelkabeln . Drei-
mantelkabel sind bis zu Spannungen von 60 k V in ihrem Aufbau fest
gelegt (VDE 0255).
Die wichtigsten Betriebsdate n eines Kabels sind Nennspannu ng und
Strombelast barkeit entsprechen d den Wanddicken der Isolierung und
den Leiterquersc hnitten.
Die in ungestörtem Betrieb dauernd zulässige Spannung darf
den Wert für die Nennspannu ng um höchstens 15% überschreite n.
(VDE 0255/1951, § 4).
Die Wanddicke der Papierisolierung richtet sich nach der höchst-
zulässigen elektrischen Feldstärke (Gradient). Man rechnet im all-
gemeinen mit der Feldstärke an der Leiteroberfläche, weil sie da am
größten ist. Besonders einfach ist die Berechnung der Feldstärke bei
Einleiter-, Höchstädter - und Dreimantelk abeln, da sie dort nach einer
einfachen logarithmisc hen Funktion zwischen Leiter und Bleimantel
abfällt. (Kondensato r mit konzentrisch en Elektroden.) Bei den nach
208 Kabel und isolierte Leitungen
"'\
so
destens 3-5 betrieben wer-
den.
\~ Die Grenzfeldstärke von
'
--- --
'lU
~ .1
......
~
16 kVjmm ergibt sich aus
1 -- -- -- l__ --
der sog. Zeitdurchschlags-
\
7U
- 1
kurve des Massekabels, die
man erhält, wenn man
die Durchschlagsfeldstärke
über der Zeit der Span-
u 10 m .JU ~ei/u cu 70 80 11..!1'1 nungseinwirkung aufträgt
Abb. 1116. Zeitdurchschlagskurve eines normalen Hochspan- (Abb. 196 untere Kurve).
nungskabels (1) im Vergleich zum Öl- (2) und Druckkabel (3). Bei kurzdauernder Bean-
Die ausgezogenen Kurven gelten bei Raumtemperatur ohne
Strombelastung; die gestrichelte Kurve gUt für Öl- und Druck- spruchung ist die Isolations-
kabel mit normaler Stwmbelastung (nach W. Vogel, Zur Physik
der Hochspannungskabel, F & G-Rundschau, (11150) festigkeit höher. DieDurch-
H. 29, S. 78).
schlagskurve geht beispiels-
weise von etwa 50 bis 60 kVfmm aus, um dann nach einer Zeit zwischen
40 und 100 h in den stationären Wert 16 kVjmm einzumünden. Das
Gebiet unterhalb der Durchschlags-Kurve kennzeichnet den stabilen
Bereich. Wird dieser Bereich überschritten, so schlägt das Kabel infolge
von Ionisierungs- und Glimmvorgängen im Dielektrikum durch. Diese
Ionisierungs- und Glimmerscheinungen werden sehr gefördert, wenn sich
außer den unvermeidbaren kleinen Mengen Restgasen in der Isolierung
dilrch starke thermische Beanspruchung im Kabel weitere Hohlräume
bilden, die mit Gasen lmter geringem Druck angefüllt sind.
Die Hohlraumbildung kann folgendermaßen erfolgen: Wenn sich
das Kabel vom Leiter her erwärmt, dehnt sich die Isoliermasse stärker
aus als das Papier; sie wird daher nach außen unter den Bleimantel
gedrückt, der dabei etwas nachgibt. Wenn das Kabel sich anschließend
abkühlt, die Kabelmasse sich also zusammenzieht, vermag die nach außen
abgewanderte Tränkmasse nur schlecht wieder in das Innere des Kabels
zurückzugelangen. Es besteht dann die Gefahr, daß sich gerade in der
Leiternähe, wo die Feldstärke am größten ist, Hohlräume bilden, die
Papierbleikabel für Nieder- und Mittelspannung 209
unter dem Einfluß des elektrischen Feldes zum Glimmen kommen.
Dadurch werden Zerstörungsvorgänge, u. a. eine Zersetzung der Tränk-
masse eingeleitet. Einzig um diese Hohlraumbildung möglichst zu ver-
meiden, läßt man bei Massekabeln nur relativ geringe Temperaturen zu,
die garantieren, daß die Zeitdurchschlagskurve auch für das Kabel unter
Last gültig bleibt.
Es seihier aber nocheinmal betont, daß nicht die Übertemperatur-
wenn sie in normalen Grenzen bleibt- dem Kabel schädlich ist, sondern
die thermisch-mechanischen Auswirkungen der Lastwechsel, die im prak-
tischen Kabelbetrieb unvermeidbar sind; bei der Wahl des Kabelquer-
schnittes muß dieses berücksichtigt werden.
Ir: ---------- Is
Damit sind wir bei der Frage der Strombelast- (Nr:) (!Ys) 1
r-
z Wiederabkühlen auf 18° Cerhält
man praktisch wieder Kurve l.
Wird das Kabel dagegen inzwi-
schen thermisch und gegebenen-
0 1Q zu !10 '10 so GIJ 70 80 falls auch elektrisch überbean-
"kV/Bietinonlel -
Abb. 198. Verlustfaktor eines neuzeitlieben Hochspan· sprucht, so bekommt man eine
nungs-Masse-Kabels in Abhängigkeit von der Spannung Kurve des Typus 3. Von einer
bri verschiedenen Temperaturen bzw. Betriebszuständen.
1. Verlustfaktor des neuen oder nur mäßig beanspruchten bestimmten Spannung ab (hier
Kabels bei 18° C. 2. Verlustfaktor des neuen Kabels bei
35° c. s. Verlustfaktor des Kabels nach thermischer etwa 20 k V) nimmt der Verlust-
(und ggf. elektrischer) "Überbeanspruchung, faktor plötzlich stark zu. Das
gemessen bei 18° C.
läßt den Schluß zu, daß im
Kabel Hohlräume entstanden sind, die glimmen, wodurch erhöhte Ver-
luste im Dielektrikum auftreten. Man spricht in einem solchen Falle auch
.
von einem Ionisierungsknick der Verlustfaktorkurve bei 20 kV.
Aus GI. (llO) folgt für die dielektrische Verlustleistung:
Nv =Ne· tanö (ll1)
Die Ladeleistung Ne je Ader ist dabei
[VA/km] (112)
mit:
U0 =Phasenspannung bzw. Spannung gegen Erde(= UJV3 in [kV]),
Ob == Betriebskapazität in [p;Ffkm],
ro = 2nf =Kreisfrequenz in [sec-1],
Papierbleikabel für Nieder- und Mittelspannung 211
ergeben. Sie wachsen also proportional mit dem Quadrat der Span-
nung an.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß man bei Kabeln darauf achten
muß, daß, durch die Erwärmung bedingt, sich keine Hohlräume bilden,
um Glimmen und damit eine mehr oder weniger rasch fortschreitende
Zerstörung zu vermeiden. Es ist jedoch auch ein unmittelbarer "Wärme-
durchschlag" möglich. Zum Verständnis dafür sei hier noch die Verlust-
faktorkurve eines Kabels in Abhängigkeit von der Temperatur (bei
konstanter Meßspannung) betrachtet 0,070
(Abb. 199). Man sieht, daß der Ver-
lustfaktor mit steigender Temperatur 0,008
zunächst abnimmt- was auch schon
aus Abb.l98 hervorging- zwischen 35° 0,{}(JC I
und 40° C ein Minimum durchläuft und "' ....... V
.....
dann wieder ansteigt. Nach einer länge- ; O,{}(JIJ -
:-..
~
~~~~~~~ tuflmembron-
lrörper
dene Hohlräume ausgefüllt und die Bil-
dung neuer Hohlräume verhütet. Er-
wärmt sich ein solches Kabel und dehnt
sich damit das Öl aus, so vermag es in
Ausdehnungsgefaße, die auch den Be-
triebsdruck des Ölkabels aufrechterhal-
Abb. 201. Ausgleichgefäß für Ölkabel. ten, auszuweichen. Diese Ausdehnungs-
gefäße können nach Abb. 201 ausgebildet
sein. Beim Eindringen von Öl geben die im Inneren befindlichen dosen-
förmigen Metallkörper membranartig "nach, wobei der Öldruck steigt.
Kühlt das Kabel sich ab, so kann das Öl, da es dünnflüssig ist, wieder in
1 Siehe auch H. GRÜNEWALD: Überspannungsschutz von Kabeln im Zuge von
Mittelspannungs-Freileitungen, Elektrizitätswirtsch. 51 (1952) H. 22. S. 604.
Hoch- und Höchstspannungskabel 213
das Kabel zurückströmen und dasselbe satt ausfüllen. Es muß nur dafür
gesorgt werden, daß alle Strömungswiderstände so klein gehalten werden,
daß auch bei kurzzeitigen Druckschwankungen ein rascher Ölausgleich
erfolgt. Einleiterölkabel dieser Art werden für eine Betriebsspannung
bis 380 k V Drehstrom angefertigt.
Während man die Ölkabel zunächst nur mit verhältnismäßig nied-
rigem Öldruck betrieb, arbeitet man heute, besonders bei den höchsten
Spannungen, mit Drücken bis über 10 atü. Für Spannungen bis 100 kV
wendet man auch Dreileiter- oder Zwickelölkabel (s. Abb. 202) an, die
einen gemeinsamen Bleimantel besitzen, und bei denen das Öl durch
Längskanäle in den Leiterzwickeln strömen kann.
Eine andere Lösung der gestellten Aufgabe bildet das Druckgas- oder
kurz DruckkabeL Es handelt sich dabei um ein Dreibleimantelkabel
- Spif'(J/en
Bleimon/tl
-lfelu/1/Me
..Pupier-
vmwidrlufiJ
Ltiler
Ö!kol1tll
Daher läßt sich bei gleichem Querschnitt mit diesen Kabeln ungefähr
.50% mehr Strom übertragen als mit einem normalen MassekabeL Auf
diese Weise werden diese Spezialkabel, die in ihrem Aufbau zunächst
etwas kompliziert erscheinen, bei höheren Spannungen durchaus wirt-
schaftlich. Man darf aber nicht übersehen, daß die höheren Stromstärken
·auch höhere Stromwärmeverluste (Leiterverluste) bedingen Das ist bei
einer Kabelplanung unbedingt mit zu berücksichtigen.
Auch bei Übertragungsspannungen unter IIO kV verwendet man heute
bei großen Übertragungslängen vielfach mit Vorteil Ölkabel. Bei
kürzeren Kabelstrecken, wie Kabeleinführungen und dergleichen, ist
aber dem Massekabel der Vorzug zu geben, da man hierbei auch größere
Leiterquerschnitte in Kauf nehmen kann. Das Massekabel bietet nämlich
den Vorteil höherer Stoßspannungsfestigkeit, da es dicker isoliert ist,
und die Öl- und Druckkabelisolierung auch keine höhere Stoßspannungs-
festigkeit als 100 kVjmm aufweist.
Beim Überschreiten der zulässigen Grenzfeldstärken hat man es
beim Öl- und Druckkabel wahrscheinlich mit Wärmedurchschlägen zu
tun, und zwar auf Grund der hohen Spannungen und beim belasteten
Kabel noch zusätzlich wegen der hohen Temperaturen, die auch die nied-
rigere Zeitdurchschlagskurve erklären.
Außer der Nennspannung und der Strombelastbarkeit sind für den
Planer von Kabelstrecken noch einige Übertragungsgrößen und Kenn-
werte des Kabels und seiner Isolierung von Interesse. Dazu gehört
·zunächst einmal die Dielektrizitätskonstante des imprägnierten Papier-
dielektrikums. Sie liegt im allgemeinen zwischen 3,6 und 4,2. In einem
Kabelwerk ergaben z. B. etwa 1000 Messungen an Einleiterkabeln
(Massekabeln) einen arithmetischen Mittelwert von e, = 3,8 (zugleich
auch häufigster Wert), 9ei einem Kleinstwert von 3,43 und einem Höchst-
wert von 4,35. Auch für die Ölkabelisolierung ist e, etwa 3,8. Entspre-
chend schwanken auch die Kapazitäten der Kabel und die sich davon
ableitenden Meßgrößen.
Die unten wiedergegebenen Kapazitäten treffen für die mittlere
Dielektrizitätskonstante zu. Da heute zur Fehlerortsbestimmung in
Kabeln vielfach Verfahren angewendet werden, die mit Hochfrequenz-
-signalen arbeiten, ist auch noch die im wesentlichen von der Dielek-
trizitätskonstanten abhängige Ausbreitungsgeschwindigkeit von elektro-
magnetischen Wellen in Kabeln interessant: In erster Näherung gilt für
die Wellengeschwindigkeit (Signalgeschwindigkeit) v:
c
V=--. (ll4)
Ver
Lichtgeschwindigkeit c = 2,998 · lOS [mjsec].
Hoch und Höchstspannungskabel 215
Mit e1 = 3,8 ergibt sich v = 1,538 · 108 [mjsec]. Die Wellengeschwin-
digkeit schwankt zwischen 1,618 · 108 [mjsec] und 1,436 · 108 [m/sec],
Abb. 205. Induktivität und Kapazität von Dreimantelkabeln mit metal!lsierten Adern.
wenn man den oben angegebenen Bereich von e1 zugrunde legt. Wenn
eine höhere Genauigkeit verlangt wird, muß gegebenenfalls auch noch
die Permeabilität der Kabelbewehrung mitberücksichtigt werden. Sollen
216 Kabel und isolierte Leitungen
1,5 0,036
2,5 0,042
4 0,047
6 1 Ieiter
Rund- 0,052 0,13 0,19
I
10 0,060 0,14 0,22 0,33
16 0,067 0,16 0,25 0,38 0,44
25 0,074 0,19 0,28 0,44 0,52
35 0,082 0,20 0,32 0,47 0,57
16 0,085 0,20
25 0,096 0,23 0,35 0,47 0,53
35 0,107 0,26 0,37 0,53 0,58
50 0,120 0,29 0,42 0,60 0,64
70 Sektor- 0,134 0,33 0,47 0,69 0,70
95 Ieiter 0,147 0,36 0,52 0,76 0,74
120 0,158 0,39 0,58 0,83 0,80
150 0,170 0,42 0,62 0,91 0,85
185 0,181 0,45 0,66 0,98 0,91
240 0,196 0,49 0,74 1,07 1,00
300 0,208 0,52 0,79 1,16
Hoch- und Höchstspannungskabel 217
Tabelle 3. Ladeströme von Dreileiter H- oder Dreimantelkabeln.
Leiterquer- Ladestrom in A/km bei den Nennspannungen
schnitt
mm' 15kV 20kV
I 30kV
I 45kV
I 60kV
16 0,57
25 0,68 0,80
35 0,76 0,91 1,09
50 0,90 1,02 1,25 1,55
70 1,00 1,16 1,41 1,71
95 1,14 1,31 1,58 1,88 2,07
120 1,25 1,41 1,69 2,04 2,18
150 1,36 1,56 1,85 2,20 2,28
185 1,47 1,67 1,96 2,37 2,50
240 1,63 1,85 2,18 2,53 2,72
300 1,77 2,03 2,39 2,77 2,94
Die Induktivität eines Kabels ist kleiner als die einer Freileitung.
Sie verändert sich mit Querschnitt und Nennspannung verhältnismäßig
wenig. Man rechnet auch hier am besten mit der sogenannten Betriebs-
induktivität Lb pro Phase. Die Abbildungen 204 und 205 enthalten die
induktiven Widerstände XL= w Lb für f =50 Hz. Diese fallen bei
höheren Leiterquerschnitten durchaus in die Größenordnung der ohm-
sehen Widerstände bzw. übersteigen sie noch.
Bei Kabelanlagen aus drei einzelnen nebeneinander verlegten Ein-
leiterkabeln ist die Betriebsinduktivität natürlich höher. Die induktiven
Widerstände solcher Kabel liegen in der Regel in der Größenordnung
von 0,15 bis 0,17 Qjkm und sind unsymmetrisch. Eine Symmetrierung
kann entweder dadurch erfolgen, daß die Kabel im Dreieck angeordnet
werden, oder daß auf der Kabelstrecke die einzelnen Adern hin und
wieder in zyklischer Vertauschung gekreuzt werden, wie man das auch
bei Freileitungen macht.
Der Erdschlußstrom für den einphasigen Erdschluß eines Kabels
ergibt sich zu IE = 3 · U 0 • w 0 0 • w-s [Ajkm], wobei 0 0 die Kapazität
eines Leiters gegen den Bleimantel (Erde) bedeutet (in,u Fjkm). Für 0 0
gilt als brauchbare Näherung bei Gürtelkabeln:
c
für Querschnitte bis 95 mm 2 0 = 0,53 . cb
c
für größere Querschnitte 0 = 0,6 . cb.
Die Beziehung zwischen Erdschlußstrom und Ladestrom lauten dem-
nach bei Gürtelkabeln
IE = 1,6. h (ll5)
bzw. IE = 1,8 · h.
Bei Höchstädter- und Dreimantelkabeln ist 0 0 =Ob, so daß dort gilt:
IE = 3 h . (ll6)
Die Erdschlußströme können daher aus den angegebenen Werten
für die Ladeströme leicht berechnet werden.
218 Kabel und isolierte Leitungen
•
Gummikabelnliegt darin, daß für den Mantel nur Kautschuk mit geringer
Wasseraufnahme verarbeitet werden darf, der ozonfest und außer-
dem fest ist gegen den
Befall durch tierische und
~~ pflanzliche Lebewesen. Das
-- Schwergewicht liegt ein-
Abb. 206. NYY-Kabel, 4 X 185 mm•, 1 kV. deutig auf der Seite der
KunststoffkabeL Diesesind
folgendermaßen aufgebaut: die kunststoffisolierten Adern werden mit-
einander verseilt, darüber folgt zur Ausfüllung der Zwickel ein Aus-
füllmautel und als Abschluß ein Außenmantel aus einer wasserfesten und
abriebfesten Kunststoffmischung (Abb. 206).
Wenn von Kunststoffisolierung oder Kunststoffmantel die Rede ist,
so handelt es sich fast ausschließlich um Polyvinylchloridmas sen (PVC).
Ausgehend vom PVC-Pulver wird dies unter Zusatz von Weichmachern,
Füll- und Farbstoffen zunächst auf heißen Walzen oder in beheizten
Mischwerken gelatiniert und die thermoplastische Masse dann im Spritz-
verfahren auf das Kabel gebracht. Die IsoHermischung auf dem Leiter
wird hauptsächlich auf die elektrische Festigkeit abgestimmt, die Mantel-
mischung auf die mechanische. Besonderer Wert wird auf eine geringe
Wasserdampf-Durch lässigkeit gelegt.
Die Strombelastbarkeit der Kunststoffkabel ist in VDE 0271 ange-
geben. Die Kunststoffkabel haben gegenüber den Bleikabeln eine ganze
Reihe Vorzüge. Sie haben ein geringeres Gewicht, eine glatte und saubere
Oberfläche und daher ein gefä.Iliges Aussehen und lassen sich leicht
verlegen; es sind kleinere Biegeradien als bei Papierbleikabeln möglich.
In Innenräumen braucht man keine Endverschlüsse, in Gefällestrecken
tritt keine Tränkmassewanderu ng auf wie bei den Papierbleikabeln. Die
Kunststoffkabel sind schwer· entflammbar, widerstandsfähig gegen
chemische Angriffe und alterungsbeständig. Bei einer Beschädigung des
Außenmantels ist das Kabel noch betriebsfähig, da die Aderisolierung
Allgemeine Gesichtspunkte für die Auswahl und den Betrieb von Kabeln 219
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Kurz.so?hßdavl'r -
Abb. 208. Thermische Kurzschlußfestigkeit von Kupferkabeln bis 30 kV (aus BBC-Handb., S. 374).
den Abbildungen 208 und 209 hervor, die die Auswahl des geeigneten
Kabelquerschnittes je nach effektiver Kurzschlußstromstärke und Kurz-
schlußdauer ermöglichen. Bei 1 kV-Kabeln kann der einem um 10% ver-
minderten Kurzschlußstromstärke entsprechende Leiterquerschnitt ge-
nommen werden, bei Kabeln über 30 kV Nennspannung ist dagegen
der zu einer um 25% erhöhten effektiven Kurzschlußstromstärke zu-
gehörige Leiterquerschnitt zu wählen.
Es ist notwendig, sich über die dauernd beim Betrieb eines Kabels
auftretenden Verlustleistunge_n klar zu werden. Im folgenden sind die
222 Kabel und isolierte Leitungen
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Kurzsr:hlvßdauer -
Abb. 209. Thermische Kurzschlußfestigkeit von Aluminiumkabeln bis 30 kV (aus BBC-Handb., S. 375).
Dabei ist zu beachten, daß für den Widerstand R der der Betriebs-
temperatur des Kabels entsprechende Wert eingesetzt werden muß.
(Über den spezifischen Widerstand des Leitermaterials sowie die Tem-
peraturkoeffizi enten siehe VDE 0201 und VDE 0202).
Die Ladeleistung eines Dreileiterkabels beträgt (vgl. auch Gl. (112))
Ne= 3 U~ ·wOb= U 2 ·wOb [VA/km], (117)
U0 bzw. U in [kV]
ob in CuFjkm].
Fernwirk- und Fernmeldekabel 223
Sie sei hier nur der Vollständigkeit halber mit aufgeführt, da die Lade-
leistung an sich rein kapazitiv ist, also eine Blindleistung darstellt. Wie
oben beim Ladestrom schon angedeutet, fällt sie aberins Gewicht, wenn ein
ausgedehntes Kabelnetz viele Wirkstromverbraucher versorgt, der Lade-
strom sich größtenteils geometrisch zu dem Wirkstrom addiert, wodurch
zusätzliche Spannungsabfälle und Wirkverluste in den Stromerzeugungs-,
Übertragungs- und Verteilungsanlagen auftreten. Als Beispiel sei nur an-
geführt, daß bei einem 30 kV-Drehstromkabel mit einem Leiterquer-
schnitt von l50mm2 die Ladesleistung etwa 150 k VA; km beträgt.
Über die dielektrischen Verluste ist bereits oben berichtet und auch
die Formel zu ihrer Berechnung angegeben worden. Bei modernen Hoch-
spannungskabeln liegen die dielektrischen Verluste in der Größenordnung
von nur I% der Leiterverluste. So betragen siez. B. bei einem 30 kV-
Kabel, 3 · 70 mm2 Cu, nur rund 290 Wfkm gegenüber Leiterverlusten-
bei Nennlast-von 30100 Wfkm. Da die dielektrischen Verluste aber
mit dem Quadrat der Betriebsspannung ansteigen, sind sie bei Höchst-
spannungskabeln, deren Verlustfaktoren praktisch nur wenig kleiner
sind, wohl zu berücksichtigen.
Weiterhin treten in Kabeln noch Bleimantelverluste auf. Sie sind
eine Folge der in den Bleimänteln induzierten Wirbelströme oder der
durch die Anordnung der Kabel (z. B. drei Einleiterkabel) bedingten
transformatorischen Ströme in Bleimantellängsrichtung. Bei Gürt-el-
kabeln ist ihr Anteil an den Gesamtverlusten sehr gering, bei gleich-
mäßiger Belastung der 3 Phasen machen sie höchstens 0,2 bis 0,4% der
Leiterverluste aus. Bei Dreimantelkabeln steigt dieser Wert auf l-2%.
Bei drei Einleiterkabeln können die Bleimantelverluste dagegen je
nach Verlegungsart bis auf 5 oder sogar IO% der Leiterverluste ansteigen.
Man muß darauf achten, daß die Schleifen möglichst klein werden, die
Kabeladern also nicht zu weit voneinander entfernt liegen. In jedem
Fall müssen aber sämtliche parallelliegenden Bleimäntel in bestimmten
Abständen miteinander verbunden und geerdet werden, da sonst ge-
fährliche Berührungsspannungen auftreten können.
Schließlich sind noch die Bewehrungsverluste zu erwähnen. Sie
entstehen in dem Bewehrungseisen des Kabels als Hysteresis- und Wirbel-
stromverluste (Magnetisierungsverluste). Sie können nicht genau errech.
net werden. Bei Dreileiterkabeln sind sie nicht von Bedeutung. Einleiter-
kabel dagegen erfordern beim Wechselstrombetrieb eine Bewehrung aus
nichtmagnetischem Material, da sonst beachtliche Magnetisierungs-
verluste zu erwarten wären.
Abb. 214. Einführung eines 220 kV-Ölkabels in einen Abb. 215. Schnittbild eines Transformator-
Transformator (F & G). Einführungs-Endverschlusses (F & G).
Tabelle 4.
I I
DreHeiter-Gürtel- 6bis30 Massearme Massearme
- bei, Höchstädter-
ka. Flach-Endver- Flach-Endver-
1mbei, Dreiblei- schlüsse mit schlüsse mit unbe-
mantelkabel Ausdehnungs- Ausdehnungs- schränkt
raum, Innenraum- raum, Freiluft-
Porzellan- Porzellan-
Durchführungen Durchführungen
Kabelendverschlüsse und Kabelmuffen 231
Tabelle 4. (Fortset zung)
bewicklung erhält. Das ganze ist fest mit einem Mantel aus Blei um-
geben, der dicht verlötet wird. Die auf diese Weise hergestellten einzelnen
Muffen für die 3 Adern befinden sich in einem gemeinsamen Gehäuse aus
Gußeisen (Schutzmuffe }, das mit Vergußmasse gefüllt wird (Abb. 217 b ).
C. Isolierte Leitungen
Die isolierten Starkstromleitungen sind bezüglich ihres Aufbaues in
VDE 0250 erfaßt. Die Vorschriften für ihre Isolierhüllen und Mäntel
aus Gummi oder Kunststoff sind in VDE 0208 und 0209 niedergelegt.
Maßgebend für ihre Anwendung sind die Errichtungsvorschriften; ihre
Strombelastbarkeit ist bei·
spielsweise in VDE 0100 auf-
geführt.
Abb. 218. Kunststoffaderleitungen NY A. Man unterscheidet isolierte
Leitungen für feste Verlegung
und isolierte Leitungen zum Anschluß ortsveränderlicher Stromver-
braucher. Die am häufigsten gebrauchte Leitung für feste Verlegung ist
heute die Kunststoffaderleitung NYA. Sie besitzt einen Leiter aus
Kupfer (seltener aus Aluminium) und eine Isotierhülle aus Polyvinyl-
chlorid (PVC) (Abb.218). Ihre Nennspannung beträgt 1000 Volt. Im all-
gemeinen werden die NYA-Leitungen in Isolierrohren auf oder unter Putz
oder auch in Stahlpanzerrohren verlegt. Sie sind aber auch zur Verlegung
im Freien und in feuchten Räumen auf Isolierkörpern geeignet. Ferner
dürfen sie für feste Verlegung in und an Werkzeugmaschinen sowie als
Meß-, Melde- und Betätigungs-Leitungen in &haltanlagen verwendet
werden. Für den letzten Zweck empfehlen sich allerdings bei höheren
Anforderungen Kunststoffaderleitungen mit verstärkter Isolierung
(NSYA) oder auch Leitungen, die auf dem Leiter zunächst eine Gummi-
isolierung und darüber einen Kunststoffmantel haben (Aufbau GYA)
(Abb. 219). Solche Leitungen sind nur wenig dicker als die einfachen
NSYA-Leitungen, bieten a-ber vor allem im Schaltanlagenbau den
Vorteil, daß sie biegsamer und geschmeidiger sind - besonders in der
Kälte - und sich daher sehr sauber und rasch verlegen lassen ohne daß
Isolierte Leitungen 233
sie elektrisch geringwertiger sind. Die Isolierstoff-Kombination Gummi/
Kunststoff kann man auch vorteilhaft zum Aufbau sog. Dachständer-
leitungen heranziehen. Sie unterscheiden sich von den GYA-Leitungen
nur durch eine dickere Gummiisolierung und im allgemeinen höhere
Leiterquerschnitte. Sie werden als Verbindungsleitung durch das Dach-
ständerrohr zwischen Freileitungsanschluß und Sicherungstafel ge-
braucht. Sie müssen kälte- und wärmebeständig, alterungsfest und
schwer entflammbar (kurzschlußfest) sein. Alle diese Forderungen
werden durch die angegebene Zweischichtenisolierung erfüllt. Als Dach-
ständer-Einführungsleitung wird sonst auch die NSYA-Leitung ver-
wendet. Eine zusätzliche Isolierung und Abstandshalterung erhält man
noch in jedem Fall durch übergeschobene Keramikperlen. In den USA
benutzt man als witterungsbeständige, alterungsfeste und flammwidrige
Isolierung in steigendem Maße den Kunstkautschuk Neopren (über
Daohständer-Einführungen vgl. Fußnote 1 u. 2 ).
Die Kunststoffaderleitungen haben heute praktisch die Gummiader-
leitungen N GA sowie auch die wetterfesten Gummiaderleitungen N GAW
verdrängt. Man muß allerdings berücksichtigen, daß die PVC-Isolierung
in der Kälte empfindlich gegen Schlag und Stoß ist.
Wenn einC(Verlegung in Isolierrohren nicht in Frage kommt (u. a. auch
bei nachträglicher Installation}, so wendet man für feste Verlegung zwei-
bis füpfadrige Leitungen an. Bei der Konstruktion solcher Leitungen
machen sich zwei Richtungen bemerkbar: Einmal wird eine geerdete
Hülle in Form eines Metallmantels gefordert, zum anderen werden
Bedenken gegen diesen Metallmantel erhoben, weil man nicht sicher
gehen kann, daß die Mäntel innerhalb einer Installation überall durch-
verbunden sind. Auch die Mitführung von blanken Beidrähten gibt
keine Gewähr dafür, daß nicht gefährliche Spannungen verschleppt
werden, wenn die Ausführung nicht sachgemäß erfolgt. Man hat daher
die metallische Hülle ganz weggelassen.
Zu der ersten Gruppe gehören die Rohrdrähte und Bleimantellei-
tungen. Beide enthalten heute fast ausschließlich kunststoffisolierte
Adern. Die Rohrdrähte (NYRAM, NYRAMZ, NYRAMA, Nennspan-
nung 380 Volt) besitzen eine gemeinsame Aderumhüllung und Zwickel-
ausfüllung aus Regenerat-Bitumenmischung und darüber einen eng-
anliegenden gefalzten Metallmantel aus Zink oder Aluminium (Stahlband
ist weniger gebräuchlich). Ihre Verlegung darf auf, in oder unter Putz
erfolgen.
X. Freileitungen
A. Allgemeines
Die Kabel haben in technischer Beziehung eine Reihe von Vorteilen.
Da sie im allgemeinen im Erdboden verlegt werden, stören sie die Um-
1 GRÜNFELD, W. u. K. MERTLICH: Über die Belastbarkeit isolierter Stark-
stromleitungen. ETZ.- Bd. 8 (1956) H. 1, S. 13.
236 Frei1eitungen
gebung nicht, sind außerdem gegen Wind und Wetter und gegen elek·
trisehe atmosphärische Einflüsse geschützt. Trotz dieser Vorteile werden
jedoch, abgesehen von besonderen Fällen, z. B. Verlegung von Hoch·
spannungskabeln in Städten, meist keine Kabel, sondern Freileitungen
zur Energieübertragung verwandt. Der Grund liegt in dem wesentlich
niedrigeren Preis der Freileitung. Im folgenden sollen die Größen unter-
sucht werden, welche für die Konstruktion einer Freileitung maßgebend
sind.
Maßgebend für die Auslegung einer Freileitung ist ihr Temperatur-
verhalten. Im Sommer dehnt sich die Leitung aus, ihr Durchhang wird
größer und die im Seil vorhandene Zugspannung nimmt ab, im Winter
dagegen verkürzt sich die Leitung, der Durchhang wird kleiner, die
Zugspannung größer. Man hat das Bestreben, eine Leitung so billig wie
möglich zu bauen und wird demgemäß die Maste so niedrig wie irgend
möglich ausführen. Es besteht jedoch hier die in den VDE-Vorschriften
(VDE 0210, Vorschriften für den Bau von Starkstrom-Freileitungen)
niedergelegte Forderung, daß der geringste Abstand der Freileitung
vom Erdboden nicht weniger als 6 m betragen darf. Bei Wegüber-
kreuzung ist dieser Abstand auf 7 m zu vergrößern. Die Masthöhe muß
also so gewählt werden, daß, wenn die Leitung am stärksten durch-
hängt, die obigen Abstände nicht unterschritten werden. Die genannten
Zahlen gelten für Freileitungen mit verketteten Spannungen bis 110 kV.
Bei größeren Spannungen muß der Abstand um den Betrag Uk~; 110 ,
in m gemessen, vergrößert werden.
Um die Maste klein zu halten, wird man die Leitungen (heute meist
Aluminium- bzw. Stahlaluminiumseile) mit möglichst großer Zugspan-
nung verlegen, da hiermit der Durchhang klein wird. Hierbei dürfen
jedoch die in den Leitungen bei tiefen Temperaturen auftretenden Zug·
spannungen die zulässigen Materialbeanspruchungen nicht überschreiten.
Die zulässigen Materialbeanspruchungen sind ebenfalls vom VDE vor-
geschrieben und werden später in einer Tabelle mitgeteilt. In den VDE-
Vorschriften wird verlangt, daß für normale Verhältnisse das Temperatur-
verhalten in einem Bereich von -20° bis +40° untersucht werden muß.
Ferner ist das Verhalten der Freileitung bei Zusatzlast zu prüfen, die im
Winter bei Raubreif auftreten kann. Erfahrungsgemäß treten diese Zu·
satzlasten weniger bei -20° auf als bei Temperaturen, die in der Nähe
von 0° liegen. Es wird deswegen verlangt, daß die Prüfung des Ver-
haltens der Freileitung bei Zusatzlast bei einer Temperatur von -5°
durchgeführt wird. Es ist von vornherein nicht sicher, ob die größten
Beanspruchungen bei -20° ohne Zusatzlast oder bei-5° und Zusatzlast
auftreten. Der ungünstigste Fall ist für die Leitungsberechnung zu-
grunde zu legen.
Allgemeines 237
Zur Bestimmung des Temperaturverhaltens einer Freileitung werde
zunächst die geometrische Form einer Freileitung berechnet. In Abb. 223
ist eine Freileitung schematisch aufgezeichnet. Die Spannweite sei mit a,
die halbe Spannweite mit a' und der Durchhang mit f bezeichnet. Denkt
man sich die Freileitung an der tiefsten Stelle durchschnitten, jedoch
hier eine Kraft P, die gleich der Seilspannung ist, angebracht, so wird das
System weiterhin sich im Gleichgewicht befinden (s. Abb. 224). Denkt man
sich das bewegliche Seil plötzlich erstarrt, also als festen Körper, so
wird sich an dem Gleich-
gewichtszustand ebenfalls
nichts ändern, wir können
jedoch jetzt die Gesetze
der Mechanik auf das er- r--- -a!. f - -
starrt gedachte Seilstück ~' f-- ·~ • - •. ~ -·. ~- ~"';;_
:~ - -r~ ;.-:; - - - • :
2-- _ 2a_
und
(118 a)
Führt man statt a' die ganze Spannweite a ein, Abb. 224. Freileitung in der
Mitte geschnitten.
dann geht unsere Gleichung über in die Form:
1 G
f=s Pa2. (118 b)
Führt man diese Werte in die Gleichung (ll8b) ein, dann ergibt sich
I g
f=g--pa2. (ll9)
In Abb. 225 ist nochmals die eine Bogenhälfte der Freileitung auf-
gezeichnet. Wir betrachten einen Punkt dieser Leitung im Abstand x
mit der Ordinate y. Denken wir uns diesen Punkt A' in irgendeiner
Weise festgehalten, so wird sich am Verlauf der Kurve nichts ändern.
Wir können jetzt dieselben Gleichgewichtsüberlegungen wie bei der
Abb. 224 anstellen und erhalten das allgemeine Ergebnis
I g
y=2-px2 (120)
_I
cosß
=1/l
V
+(dy)2 =VI+ (Jl.x)2
dx p
ist, folgt
Für das Ende der Spannweite für x = a' = ; gilt Pw= y;+g
2 : 2 •
und pro mm 2 und bezeichnet man als Durchhang I den vertikalen Ab-
stand zwischen Freileitung und Verbindungsgeraden A-B, dann er-
gibt sich als Gleichgewichtsbedingung:
a'
p' (I cos a) = (g' a') 2 .
Allgemein ausgedrückt
ergibt sich der Verlauf
der Freileitung, wenn wir Abb. 226. Freileitw1g in Schräglage.
die Horizontalabstände mit x und mit y die Ordinate entsprechend
Abb. 227 verstehen, die Beziehung y = 2 gx'!.._ .
p cos (X
Auf Grund obiger Beziehung läßt sich also stets, auch bei verschiede-
ner Aufhängehöhe der Leitung, der Verlauf der Freileitung berechnen
bzw. aufzeichnen.
Zur Bestimmung des Temperaturverhaltens der Freileitung ist es
weiter notwendig, die Bogenlänge der Parabel zu berechnen. Ein Bogen-
element dl besitzt bekanntlich die Größe
dl=fl + (dy fdx) 2 dx.
!!
Gelegentlich wird auch diese Gleichung unter Beachtung der GI. (119)
geschrieben
L=a+--·
s r (122)
3 a
Jetzt können wir das Temperaturverhalten der Freileitung bestim-
men. In Abb. 228 sind zwei Parabeln eingezeichnet, welche zwei ver-
Y schierlenen Zuständen ein und derselben
Freileitung entsprechen mögen. Dem l. Zu-
stand liege eine Temperatur t 1 , eine spezi-
fische Beanspruchung p 1 und ein Leitungs-
gewicht g1 , dem Zustand 2 eine Tempera-
tur t2 , eine Zugspannung p 2 und ein Lei-
y tungsgewicht g2 zugrunde. Normalerweise
ist g1 = g2 , da ja das Leitungsgewicht sich
bei Temperaturschwankungen praktisch
nicht ändert. Wir wollen jedoch durch die
verschiedene Bezeichnung zum Ausdruck
~=- bringen, daß im einen Falle auf der Leitung
Abb. 228. Zwei verschiedene Zuständf.
einer Freileitung. Zusatz1asten d urch Raubrei f , Eisbi1dung
usw. vorhanden sein können.
Für jede der beiden Parabeln kann man die GI. (121) anwenden und
erhält:
und
L2=a [ I+ ( P2 24 .
g 2)2a2]
Wir bilden die Differenz der beiden Bögen und erhalten
aa
LI - L2 = 24 Pl -
[(g1)2 (gP22)2] •
Nehmen wir an, daß im Zustand l, der auf den Zustand 2 folge, eine
höhere Temperatur vorhanden ist als im Zustand 2, so wird, da die
Temperatur um t1-t2 zugenommen hat, durch die Erwärmung eine
Längenausdehnung vom Betrage
Lllw = L2 (tl - t2) IX
Allgemeines 241
auftreten. Dabei bedeutet L 2 die Bogenlänge im Zustand 2 und a den
Wärmeausdehnungskoeffizienten. Da bei zunehmender Temperatur der
Durchhang etwas größer wird, wird die Zugspannung etwas kleiner
werden, und zwar um den Betrag p2 - Pt· Die hierdurch bedingte elasti-
sche Verkürzung beträgt
Al - L2 (p2-Pt)
LJ elast- E '
Dies ist die sog. Zustandsgleichung der Freileitung; sie zeigt den Zu-
sammenhang von Temperatur, Gewicht und Zugspannung einer Leitung.
Nimmt man beispielsweise an, die größte Beanspruchung, die gleich
der zulässigen Spannung sein darf, sei bei -20° vorhanden (wann dies
zutrifft, wird später noch gezeigt), dann werden wir in obige Gleichung
t2 = -20° und p 2 = Pzulässiu = Pz setzen. Da keine Eislast vorhanden
ist, setzen wir g2 = g. Auf Grund der Gleichung kann jetzt, sofern wir Yt
ebenfalls gleich g setzen, zu einer beliebigen Temperatur t1 die zugehörige
Zugspannung p 1 ermittelt werden. Diese Lösung führt jedoch zu einer
Gleichung dritten Grades, die umständlich zu lösen ist. Besser geht man
in der Weise vor, daß man verschiedene Werte von p1 annimmt und die
zugehörigen Temperaturen t1 berechnet. Man kann auf diese Weise die
Kurve p 1 = f(t 1) aufstellen.
Da nun für jede Temperatur die zugehörige Spannung Pt bekannt
ist, kann nach Gl. (119) auch der zugehörige Durchhang ermittelt werden.
Hiermit kann man die Kurve f = F(t 1 ) ermitteln.
Die erhaltenen Kurven heißen Montagekurven, da man mit ihnen
feststellen kann, mit welcher Zugspannring und welchem Durchhang
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 16
242 Freileitungen
bei einer gegebenen Außentemperatur bei der Montage das Seil verlegt
werden muß.
Bis jetzt war angenommen, die größte Beanspruchung des Seiles
sei bei -20° vorhanden. Es muß jetzt noch kontrolliert werden, ob
gegebenenfalls bei -5° und Eislast eine größere Zugbelastung vor-
handen ist. Man wird in die Gleichung für den Zustand 2 wieder die
Werte -20° annehmen, für den Zustand l jedoch t 1 =-5° einsetzen
und für das Gewicht g1 = g +L1g einführen, wobei L1g die durch Raub-
reif bedingte spezifische Zusatzlast ist. Rechnet man jetzt p 1 aus, so
erhält man einen Wert entweder kleiner oder größer als Pz· Ist er kleiner,
dann war unsere Annahme richtig, ist er dagegen größer, dann müßte
unsere Rechnung nochmals durchgeführt werden, wobei man jetzt, da
die größten Beanspruchungen bei -5° und Eislast vorhanden sind,
t2 = -5° und g2 = g + L1g und p 2 = Pz einsetzt. g1 wird gleich g ge-
setzt. Die für diesen
Fall ermittelten Mon-
tagekurven
P1 = f{tl)
und
V
oder nach Umrechnung:
a _ p 360tx (l24b)
kr- z(g+L1g)2-g2 •
Es muß jetzt nur noch ermittelt werden, ob bei Spannweiten kleiner
oder größer als akr die größten Beanspruchungen bei -5o und Eislast
oder bei -20° vorhanden sind.
Allgemeines 243
Wir gehen von GI. (123) aus, in der wir uns diesmal tt, t2 und p 2 kon-
stant denken. Verändern wir a um da, dann verändert sich Pt um dpp
Den Zusammenhang zwischen dp1 und da erhalten wir, falls wir· GI. (123)
Meistens hat man es bei Freileitungen jedoch nicht mit massiven Drähten,
sondern mit Seilen zu tun. Bei diesen ist der Durchmesser etwas größer
als dem reinen Querschnitt entspricht und muß daher Tabellen ent-
nommen werden. Sofern solche nicht zur Hand sind, kann man nähe-
rungsweise setzen:
d=1,3yq. (127)
16*
244 Freileitungen
X
1 [ 1/24 ·
= Llg pa, Vas E (Pa -pz) + (g+LJg2
----p;-) -g]• (128)
\ 1\. ~
drey zur Verwendung. ~
!":~~
<V .......
wendet man heute für
Hochspannungsleitun- ~
...... ~P/4'5X77-
gen vorwiegend Stahl- ['.... 1--
,Z.J,f,
Vpfep .95x79 T
Aluminium, während
Aldrey noch nicht in
3
IZJRe,1olumtrum "jxa
dem Maße zur Anwen- 0 700 750 300 350 JOD 350m 1//JO
dung kommt, wie man Spannweite-
Abb. 230. Bruchzusatzlast in vielfachen der VDE-Zusatzlast in
es auf Grund der Kurven Abhängigkeit der Spannweite bei verschiedenen Materialien.
erwarten sollte. Es ist
jedoch zu beachten, daß hochbeanspruchtes Aldreyseil infolge seines
leichten Gewichtes leicht zu Seilschwingungen neigt (s. S. 249), weshalb
man Aldrey meist mechanisch nicht so hoch belasten kann, wie es nach
den VDE-Vorschriften zulässig ist.
Ermittelt man den Durchhang bei -5° und Eislast und bei +40°,
so zeigt sich, daß Aluminium die größten Durchhänge besitzt, daß bei
ihm also die Maste am höchsten werden. Die Durchhänge bei Stahl-
Aluminium und bei Aldrey sind am kleinsten und fast gleich groß.
In der Tabelle 5 sind die wesentlichsten Daten für die verschiedenen
Leitungsmaterialien zusammengestellt.
Neben der Prüffestigkeit und der Dauerfestigkeit ist in der Tabelle 5
noch die zulässige Zugspannung in kg pro mm 2 außer für Kupfer, Bronze
und Aluminium auch für Aldrey und Stahl-Aluminium angegeben.
Aus BEHRENS, MEYER, NEFZGER: Aluminiumfreileitungen. Aluminium-
Verlags-GmbH., Düsseldorf 1954.
246 Freileitungen
für 220 kV zeigt Abb. 232. Das 220 kV-System kann durch Aus-
wechselung der Isolatoren und Ergänzung von 2 Leitern ebenfalls auf ein
Vierfach-Bündel umgestellt werden. Die Bündelleiter verhalten sich hin-
sichtlich Koronaverluste günstiger als Hohlleiter großen Durchmessers;
gleichzeitig ergibt sich der Vorteil, daß die "natürliche" Leistung
(s. S. 510) einer Hochspannungs-
leitung mit Zweifach-J3ündelleitern
etwa 25%, bei Vierfach-Bündel-
leitern etwa 50% größer ist als bei
der Einleiteranordnung.
Bei Anwendung der Stahl-Alu-
miniumseile ist zu beachten, daß in
der Stahlseele Zusatzverluste auf-
treten können. Es werde zunächst
ein Stahl-Aluminiumseil mit nur
einer Lage Aluminiumdrähte, die
das Stahlseil spiralig umgeben, be-
trachtet. Da die Oberfläche der
einzelnen Aluminiumdrähte oxy-
diert ist und somit die Einzel-
drähte gegeneinander isoliert sind,
wird der das Seil durchfließende
Strom, wie bei einer Spule, die
Stahlseele umfließen. Das Stahlseil
wird hierdurch magnetisiert und
es können beachtliche Zusatzver-
luste entstehen, sofern man nicht
ein Stahlseil verwendet, welches
schlecht magnetisierbar ist und vor
allem kleine Eisenverluste aufweist.
Günstig ist auch, eine möglichst
Abb. 232. Freileitungsmast mit Vierfachbündel· große Schlaglänge des Aluminium-
leitern für 380 kV und Zweifachbündelleitern
für 220 kV. seiles zu wählen, da so die magne-
tisierenden AW kleiner werden.
Hat man mehrere Lagen Aluminiumdrähte um das Stahlseil gewickelt,
so bekommen diese im allgemeinen entgegengesetzte Drallrichtung. Da-
durch heben sich die Amperewindungen zum Teil auf. Eine vollstän-
dige Kompensierung erfolgt nicht, da die äußeren Lagen mehr Drähte
aufweisen als die inneren Lagen und die Schlaglänge nicht allzu verschie-
den ist. Es kommt noch hinzu, daß die Stromverteilung auf die einzelnen
Lagen nicht mehr gleichmäßig ist, sondern daß z. B. bei einem Zwei-
Jagenseil die innere Lage eine höhere Stromdichte besitzt als die äußere.
Dies kann man sich grob so erklären, daß die Stromverteilung auf die
Die Seilschwingungen 249
beiden Lagen derart erfolgen will, daß die Amperewindungen sich mög-
lichst kompensieren, im Innern also möglichst nur ein kleiner Fluß auf-
tritt. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die innere Lage, obwohl sie
kleineren Querschnitt hat, praktisch denselben Strom führt wie die
äußere. Das bedeutet aber zusätzliche Verluste auch im AluminiumseiL
So ergab ein Versuch, daß bei einem normal gewickelten dreilagigen
Stahl-Aluminiumseil von 340 mm 2 die Zusatzverluste 8% betrugen.
Wenn man jedoch von vornherein die Schlaglängen der einzelnen Schich-
ten verschieden groß wählt (bei einem Zweischichtenseil müßte die äußere
Lage eine wesentlich größere Schlaglänge haben), kann man es erreichen,
daß die erzeugten Amperewindungen praktisch Null sind und damit Zu-
satzverluste kaum auftreten werden.
In Notzeiten wurden teilweise Cu-Leitungen durch Stahlleitungen
ersetzt. Hier kann man für eindrähtige verzinkte Stahlleitungen eine
Zugbeanspruchung von 11 kgfmm 2 und bei Seilen eine solche von
16 kg/mm 2 zulastlen. Dies gilt für eine Zerreißfestigkeit von 36 bis
50 kg/mm 2• Das Eigengewicht von Stahl ist 7,85 bis 7,87 · I0-3 kgfcm3 •
B. Die Seilschwingungen
Wenn eine Freileitung seitlich durch Wind angeblasen wird, erfährt
sie nicht nur eine seitliche Ablenkung, sondern kann auch in vielen
Fällen zu vertikalen Schwingungen angeregt werden. Auf die Entstehung
dieser Schwingungen sei etwas näher eingegangen. Abb. 233 zeigt einen
Draht im Querschnitt, der von links
angeblasen wird. Hinter dem Draht bil-
det sich ein Windschatten, in welchem
sich Luftwirbel ausbilden können. Diese
Wirbel bleiben, nachdem sie eine ge-
Abb. 233. Schematische Darstellung der
wisse Größe erreicht haben, nicht stehen, Wirbelablösung beieinem Freileitungsseil.
sondern lösen sich ab, jedoch nicht
gleichzeitig, sondern der eine früher, der andere später. Hierdurch bil\'iet
sich ein Zustand heraus, bei dem Wirbelablösungen bald oben, bald unten
stattfinden werden und der in Abb. 233 schematisch dargestellt ist. Durch
diese dauernde Wirbelablösung wirkt auf den Draht eine vertikale Kraft
wechselnder Richtung, welche die Frequenz der Wirbelablösung besitzt.
Infolge dieser periodischen Kraft kann das Seil wie eine eingespannte
Saite in Schwingungen versetzt werden (s. Abb. 234), und zwar in
Schwingungen verschiedenster Wellenlänge, wobei allerdings die Befesti-
gungspunkte des Seiles Schwingungsknoten bilden. Da ein Seil mit ver-
schiedenen Wellenlängen und demgemäß auch mit verschiedenen Fre-
quenzen schwingen kann (die Schwingungszahl ist um so höher je kleiner
die Wellenlänge), findet sich besonders bei großen Spannweiten wohl
250 Freileitungen
_ t:::J_ _
wenn sie eine hohe Zugspannung, geringes Gewicht und einen großen
Drahtdurchmesser aufweist. Besitzt die Leitung eine hohe Zugspannung,
dann liegen die Eigenfrequenzen für die einzelnen Wellenlängen höher
als sonst. Da jedoch die Frequenz der Erregung unabhängig von der
Zugspannung ist, wird jetzt
Resonanz eintreten mit einer
' . Schwingung größerer Wellen-
länge, bei der die Seilbean-
1} ,.. : spruchungen erfahrungsgemäß
Abb. 235. Seilschwingungen größerer Wellenlänge. stärker sind. Dies kann man
sich an Hand der Abb. 234
und 235 erklären: Nimmt man an, die durch die Wirbelablösungen hervor-
gerufenen Kräfte wirken im betrachteten Moment nach oben, dann werden
die Schwingungen bei einem Teil der Halbwellen begünstigt, bei dem
anderen gehemmt. Für grobe Überlegungen kannman sich vorstellen, daß
als resultierende schwingungserregende Kraft auf das Seil die Kraft einer
Halbwelle übrig bleibt. Nimmt die Zahl der Halbwellen zwischen zwei
Aufhängepunkten zu, damit aber die Wellenlänge einer Schwingung ab,
dann verbleibt als resultierende schwingungserregende Kraft ebenfalls
die Kraft einer Halbwelle übrig, die jedoch wegen der jetzt geringeren
Wellenlänge kleiner ist.
1 Siehe "Technische Mitteilungen der Studiengesellschaft für Höchstspan-
Klemme entlastet, außerdem wirken die Stäbe bzw. Beilagen auf die
Seilschwingungen etwas dämpfend.
Durch die bis jetzt geschilderten Mittel können wohl die Auswir-
kungen der Schwingungen auf das Seil gemildert werden, die Schwin-
gungen werden jedoch, wenn
auch verkleinert, meist noch
vorhanden sein. Eine Kon-
struktion um die Ausbildung
der Schwingungen fast ganz
zu unterbinden, ist der sog.
Schwinghebeldämpfer, der in
Abb. 237 dargestellt ist. Man hat
hier einen drehbaren Hebel
A bb. 238 a. Stoßge wichtsdämpfer (HOFMANN).
mit unsymmetrisch gelagertem
Drehpunkt. Wenn da.s Seil ins
Schwingen gerät, kommt der Schwinghebel ebenfalls ins Schwingen
und schlägt gegen die Anschläge und stört hiermit indirekt die Seil-
Abb. 245 zeigt schematisch die Anordnung der Isolatoren als ge-
wöhnliche Tragisolatoren bzw. als Abspannisolatoren. Früher hatte man
für Abspannisolatoren besondere Isolatorentypen, was jedoch heute
nicht mehr notwendig ist. Ist es wirtschaftlich tragbar, so sollte man
bei Tragmasten die gleiche Isolatortype wählen wie für die Abspann-
maste, obgleich die Beanspruchung des Isolators bei einem Seilriß durch
das Ausschwenken des Hängeisolators auf etwa die Hälfte gemindert
wird. Ist dies wirtschaftlich nicht tragbar, so vl'i.rd meist die nächst
kleinere Ausführung gewählt.
An wichtigen Stellen der Leitung z. B. an verkehrsreichen Weg-
kreuzungen wird man zur Erhöhung der Sicherheit die Isolatoren in
Abspannlage als Doppelketten ausbilden.
Man hat festgestellt, daß gelegentlich durch Freileitungen Runcl-
funkstörungen verursacht werden. Eine Nachprüfung ergab, daß die
Ursache stets Glimmerschei-
-llöngeisoloforen Absponnisolflloren
nungen an den Isolatoren
"' 1/fß.o-_
a = k Vf +
--
lk
Un
+ 150 •
Hierin bedeuten:
k ein vom Ausschwingwinkel der Leitung abhängiger Faktor, der folgender
Tabelle zu entnehmen ist:
+
f den Durchgang der Leitungen bei 40° C in m.
tk die Länge der Isolatorenkette einschließlich der senkrecht zur Leitungsrichtung
beweglichen Kettenverlängerungen in m, bei Stützenisolatoren und bei Abspann-
kettenist lk = 0 zu setzen.
U n die Nennspannung in kV.
Buchhcld/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Aufl. 17
258 Freileitungen
Spalte 3 5 1 6
In Abb. 250 ist ein Schnitt durch eine Freileitung in der Mitte der
Spannweite gelegt. Der Isolator wird um den Winkel rAJ aus der Hori-
zontalen ausgelenkt. Die Auslenkung der Leitung, bezogen auf den Auf-
hängepunkt am Isolator, ist rAL· Zieht man vom Aufhängepunkt A des
Isolators eine Verbindungslinie zum tiefsten Punkt S der Freileitung
(s. Abb. 250), so bildet diese mit der Vertikalen einen resultierenden
Winkel rA, der graphisch oder auch rechnerisch ermittelt werden kann.
4 Man berechnet den Windabtrieb für die höchste
Temperatur(+ 40°), bei der der größte Durchhang
vorhanden ist und stellt sich vor, daß bei Wind
dieser größte Durchhang seitlich um den Winkel riL
herumgeklappt wird (s. Abb. 249). Streng genom-
men, ist das Verfahren nicht richtig, denn es be-
rücksichtigt nicht, daß R (s. Abb. 248) größer alsG
ist. Grundsätzlich kann man mit der Zustands-
gleichung auch den tatsächlichen Durchhang unter
Abb. 250. Abgewehte
Freileitung (in Mitte der Berücksichtigung. der zusätzlichen Windkraft be-
Spann weite geschnitten). rechnen, jedoch hat es sich eingebürgert, . diese
genaue Rechnung nicht durchzuführen, da die weiteren oft ungenauen
Angaben diese höhere Genauigkeit nicht rechtfertigen.
Es sei jetzt angenommen, daß die nebeneinander angeordneten Lei-
tungen der Abb. 251 I durch Wind seitlich abgeweht werden (Abb. 251 II).
Hört der Wind plötzlich auf, dann schwingen die Leitungen zurück
und kommen allmählich zur Ruhe. Bei diesem Ausschwingen können
uu n
Abb. 251 I-III. I Freileitung ohne Wind, II abgewehte Freileitung,
III Ausschwingen der Freileitung.
t=t: ::1
Bei in Ordnung befindlicher Freileitung haben bei Windstille die
Maste nur die Freileitungsgewichte aufzunehmen. Resultierende Hori-
zontalzüge grf'ifen an den Masten, sofern man von Winkelmasten usw.
absieht, nicht an. Infolge von Unsymmetrien, z. B. wenn im Winter die
Ei•IMten in den ein-
r:t:~:~::;, ~L
zeinen Spannweiten ' '
Abb. 253 c das oberste Seil gerissen, so wird das verbleibende Seilende
den Mast auf Verdrehung und auf Biegung beanspruchen, und zwar ist
jetzt wegen des großen Hebelarmes größte Verdrehungs- U:nd größte Bie-
gungsbeanspruchung vorhanden. Bei der Anordnung nach Abb. 253 b
ist beim Seilriß an der gleichen Stelle wohl die gleiche Biegungsbean-
spruchung vorhanden, die Verdrehungsbeanspruchung ist jedoch, da der
Seilabstand vom Mast kleiner ist, geringer. In den Abb. 253 und 254
ist durch kleine Kreuze angedeutet, welche Lage etwa vorhandene Erd-
seile haben können. Dabei sind teils ein, teils zwei Erdseile angenommen.
Bei der Anordnung nach Abb. 253 d sind sämtliche Leiter in einer
Ebene angeordnet. Da jedoch aus Symmetriegründen vier Leiter unter-
gebracht werden müssen, kann man den 4. Leiter als Ersatzleiter ge-
brauchen, wenn eine Leitung schadhaft wird, oder auch als ErdungsseiL
Die Anordnung d hat den Vorteil der geringen Masthöhe, daß beim
Hochschnellen der Seile keine Berührungsgefahr besteht und daß die
Montage leicht durchgeführt werden kann.
Die Abb. 254 a und b zeigen zwei Anordnungen für Doppelleitungen.
Von den beiden Anordnungen ist bezüglich Festigkeit (von den Erd-
Maste und Leitungsanordnungen 263
seilen sei abgesehen) die unter a am günstigsten, und zwar auf Grund
von Überlegungen, wie sie bei der Anordnung Abb. 253 b und c ange-
stellt wurden. Abb. 254c zeigt eine Ausführung, bei der die Leitungen
in drei Etagen angeordnet sind. Die Masthöhe wird größer, jedoch ist
das System bezüglich der Breite günstiger als die Ausführungen unter
a und b.
Die Abb. 254d unde zeigen zwei Systeme, von denen das erstere eine
Tannenbaumform, das zweite eine umgekehrte Tannenbaumform be-
sitzt. Von den beiden Formen ist das der Abb. 254d in bezugauf Bean•
spruchung der Maste günstiger. Besser noch als das System d ist oft
die Anordnung c, da sie nicht so breit
baut und somit geringere Verdrehungsbean-
~ ~~ I
Holtestöbe
I I
spruchungen erfährt. Die Abb. 254 f zeigt eine Anordnung, bei der sämt-
liche Leiter in einer Horizontalen liegen. Dieses System ergibt kleine
Maste und bei Seilriß auch kleinste Biegungsbeanspruchung. Die Ver-
drehungsbeanspruchung wird jedoch hier sehr groß.
Die Maste können als Holz-, Rohr-, Beton- oder Gittermaste aus-
gebildet sein. Holzmaste kommen für verhältnismäßig kleine Spann-
weiten und für nicht zu große Seilquerschnitte in Frage, da die Holzmaste
nur für mäßige Mastlängen und Spitzenzüge entsprechend den zur Ver-
fügung stehenden Holzstänimen verwendbar sind. Von Nachteil ist, daß
sie nicht wetterfest und daher nur begrenzt haltbar sind. Von etwa
20 kV ab wird man zu anderen Mastarten, wie Rohr-, Beton- oder Gitter-
masten übergehen. Betonmaste, die an und für sich wetterfest sind und
keinerlei Anstrich wie die Gittermaste benötigen, haben den Nachteil,
daß sie sehr schwer sind und daher der Transport dieser schweren Maste
zur Montagestelle unangenehm und teuer ist.
Um genügend Standfestigkeit zu haben, müssen die Maste fundiert
werden. z. B. durch Betonfundamente (Abb. 255). Bei Holzmasten ge-
nügt tiefes Eingraben. Man muß bei Stahl- und Stahl-Betonmasten
stets für eine gute Masterdung sorgen. Diese kann mit Erdplatten
(Abb. 255), als Banderdung oder Rohrerdung durchgeführt werden (s.
auch S. 401).
264 Freileitungen
I
Nennwert Rein- Aluminium Aluminium
Kupfer Aldrey
mm• aluminium
I 1:6 1:4
16
25
115
151
I 92
121
88
115
90
125
35 174 149 142 145 225
50 232,5 186 177 170 300
70 282 226 215 235 355
95 357 283 269 290 440
120 411 329 313 345 505
150 477 382 363 400 560
185 544 435 414 455 650
240 635 507 484 530 770
300 747 598 568 615 I
Die Kenntnis der Temperatur der Leitung ist bei Kurzschlüssen wich-
tig. Da die hierbei auftretende erhöhte Temperatur, verglichen mit der
des Dauerbetriebes nur kurzzeitig vorhanden ist, darf sie höher sein,
ohne daß Entfestigung eintritt. In beistehender Tabelle sind für die
266 Freileitungen
0 : 39 =
4,18 ... Umrechnungsfaktor von Wärmeeinheit auf elektrische
' Einheit in Wsecfcal (1 cal = 4,18 Ws).
t1 ••• Anfangstemperatur des Seiles in o C.
t2 ••• Kurzschluß-Endtemperatur des Seiles in o C.
g ... spezifisches Gewicht in gfcm3 •
c ... spezifische Wärme in calfg o C.
Berechnet man diese spezifische Kurzschlußarbeit unter Zugrunde-
legung der Materialkonstanten, so ergibt sich
vollständige
0% 5% 20% Entfestigung
tierung seien einige Zahlen mitgeteilt, die für einen konstanten Kurz-
schlußstrom von 3 sec Dauer gelten, während die Umgebungstempera-
tur 20° beträgt. Läßt man überhaupt keine Entfestigung zu, so ergibt
sich für Kupfer eine Kurzschlußstromdichte von 86, bei Aluminium von
51 und bei Stahl-Aluminium 1:4 von 53 Ajmm 2 •
XI. Sicherungen
Sicherungen werden angewandt, um Leitungen, Apparate, kleinere
Transformatoren usw. gegen Überlastung und Kurzschluß zu schützen.
Sie kommen stets dort in Frage, wo sich der Einbau von Überstrom-
schaltern nicht lohnt.
Eine Sicherung ist ein in den Stromkreis geschalteter Schmelzdraht,
der sich durch den Strom erwärmt und bei einem bestimmten Stromwert
durchschmilzt. Sicherungen in dieser Form werden auch heute noch als
Streifensicherungen in Laboratorien und für Sonderzwecke verwandt.
Ihr Nachteil ist der verhältnismäßig große Lichtbogen, der beim An-
sprechen der Sicherung entsteht. Man ist deshalb zu geschlossenen Siehe·
rungen übergegangen. Hier ist der Sicherungsdraht in einer Patrone
aus keramischem Material untergebracht. Dabei hat es sich als äußerst
günstig erwiesen, den Sicherungsdraht in einem Füllmittel, z. B. fein-
gemahlenen trockenen Quarzsand, einzubetten (s. Abb. 258). Tritt bei
Überlastung des Stromkreises ein Durchschmelzen bzw. bei größeren
Strömen ein Verdampfen des Sicherungsdrahtes ein, dann wird der ent-
stehende Lichtbogen durch den Quarzsand derart gekühlt, daß er er-
lischt. Der Stromverlauf sieht dabei (Kurzschluß in einem Gleichstrom-
kreis) entsprechend Abb. 259a aus. Bei starken Kurzschlußströmen wird
eine passend ausgewählte Sicherung derart rasch abschalten, daß der
Kurzschlußstrom überhaupt nicht seine volle Höhe erreicht, die Anlage
also vor den Auswirkungen der Kurzschlußströme geschützt wird. In
dieser Eigenschaft ist die Sicherung jedem Schalter überlegen. Als Ab-
schaltstrom einer Sicherung wird der Strom angegeben, der auftreten
268 Sicherungen
geschlossene Schmelzeinsätze I
6 bis 10 A 1,5 In 1,9 In 1
15 bis 25 A 1,4 In 1,75 In 1
35 bis 60A I,3 In I,6 In I
80 A und darüber I,3 In I,6. In 2
offene Schmelzeinsätze I 1,6 In I,8 In I I
1 Na eh VDE 0660JI944.
Sicherungen 271
Dabei versteht man unter kleinstem Prüfstrom den Strom, den eine
Sicherung mindestens I Stunde aushalten können muß, während bei dem
größten Prüfstrom die Sicherung nach I Stunde durchschmelzen muß.
·· -·····
35 -
~~~ .
~.r·•·•· ·· ·
I
J(onloK!Jrlofl!K! Aus/ösetfrolil llouplsdlme!zleiler /li/ßdlme!deiler
Bei den Sicherungen von 60 bis 200 A bezieht sich der kleinste Prüf-
strom nicht auf I, sondern auf 2 Stunden Prüfdauer, weil hier die Zeit-
konstante der Sicherung bezüglich der Erwärmung wesentlich größer
geworden ist. Der Grenzstrom der
Sicherung ist etwa das Mittel aus
kleinstem und größtem Prüfstrom.
Abschmelzsicherungen werden
auch in Hochspannungsanlagen ge·
braucht, z. B. zur Absicherung von
kleinen Transformatoren, von Span·
nungswandlern usw. Solche Siche-
rungen haben wegen der höheren
Spannung eine wesentlich größere
Länge (Abb. 263). Eine Hochspan-
nungssicherung besteht aus einem
Porzellanrohr, welches an beiden
Enden Metallkappen trägt. In dem
Porzellanrohr befindet sich zwischen
den Metallkappen der Schmelzdraht.
Dieser ist nicht gerade gespannt,
sondern, um für den Lichtbogen eine
größere Bahn zu erhalten, spiralig
eingelegt und von einem Füllmittel
umgeben (z. B. Quarzsand).
Abb. 263 zeigt den Aufbau einer
Hochspannungs-Leistungs-Siehe- Abb. 264. Dreipolige Trennsicherung.
Nen:str. II 3 6
Reihenspannung in kV
10
Netzkurzschlußleistung in MVA
20 30
XII. Schalter
A. Luftschalter
In elektc'ischen Anlagen werden in größtem Umfang Schalter aller
Art benötigt. In den Regeln für Schaltgeräte bis 1000 Volt Wechsel-
spannung und bis 3000 Volt Gleichspannung (VDE 0660/12.52) sind die
Schalter eingeteilt in:
a) Leerschalter zum annähernd stromlosen Schalten von Stromlireisen.
b) Lastschalter mit Nennein- und Nennausschaltvermögen bis etwa den
2-fachen Nennstrom.
c) Motorschalter mit einem Nennein- und Nennausschaltvermögen entspre-
chend dem Motor-Anlaufstrom.
d) Leistungsschalter, deren Nennein- und Nennausschaltvermögen bestimmten
Kurzschlußbeanspruchungen genügen.
Leer- und· Lastschalter werden meistens in der Form als Hebel-
schalter ausgeführt. Diese bestehen aus festen Kontaktstücken, die
isoliert auf einer Grundplatte befestigt sind, und einem Trennmesser.
Luftschalter 273
Die vielfach verwendeten Hebelschalter sind dreipolig für Drehstrom
ohne Momentschaltung und zweipolig für Gleichstrom mit Moment-
schaltung ausgerüstet. Bei Spannungen bis 500 Volt und Stromstärken
bis 400 A kann man dann mit derartigen Schaltern etwa den Nennstrom,
für den sie gebaut sind, abschalten. Höhere Stromstärken lassen sich mit
solchen Messerschaltern schlecht schalten, da die Kontaktmesser und
-federn zu sehr augeschmort werden. Zur Abschaltung
höherer Ströme verwendet man daher oft ein doppeltes
Kontaktsystem, von dem das eine nur zur Übertragung
des Stromes und das andere zur Abschaltung dient.
Abb. 265 zeigt schematisch einen solchen Schalter, bei
dem die Stromübertragung durch einen Lamellenkon-
takt, der aus einzelnen Kupferblechen hergestellt ist
(viele Kontakte), erfolgt, während ein parallel geschalte·
ter Abreißkontakt, der etwas später öffnet, die Ab- Abb. 265. Schalter
mit Lamellenkontakt
schaltung übernimmt. Dieser Abreißkontakt ist hörner· und Funkenhörnern.
artig ausgebildet. Dies hat seinen Grund im folgenden:
Steht der Lichtbogen zwischen den beiden hörnerartigen Kontakten, so
versucht er, die Stromschleife, die er bildet, zu vergrößern, um einen
möglichst großen magnetischen Fluß zu umfassen. Damit wandert er
an den Hörnern nach oben; hierin wird er durch den thermischen Auf.
trieb, den der Lichtbogen erfährt, noch
unterstützt. Der Lichtbogen erhält schließ-
lich eine derartige Länge, daß er abreißt.
Dieses Schaltprinzip wird auch für mittlere
Spannungen bei den Masthörnerschaltern,
die zum Abschalten von Stichleitungen oder
Masttransformatoren dienen, benutzt. Man
kann mit derartigen Hörnerschaltern im
Notfall bei 20 kV 300 A schalten, wobei
allerdings der Lichtbogen beträchtliche
~11·"-~...,...,.... runkenschulz-
Längen erreicht. ~~~izj!ii;;:rj_ kosten
Neuerdings verwendet man bei Motor-
Abb. 266. Schalter mit
schutz- und Leistungsschaltern sowie bei Llchtbogenblasung.
Schützen vielfach Klotzkontakte. Das sind
geeignet geformte Kontaktstücke aus Kupfer, die die Stromleitung und
die Abschaltung übernehmen. Die sich beim Abschalten möglicherweise
bildenden Schmelzperlen sind nicht gefährlich, denn die Kontakte
werden nicht wie bei den Trennmessern ineinandergeschoben, sondern
aufeinandergepreßt; außerdem werden solche Klotzkontakte meist als
Abwälzkontakte ausgebildet.
Bei schwierigen Schaltverhältnissen, z.B. bei Gleichstrom, wendet man
stets Lichtbogenblasüng an. Abb. 266 zeigt den Aufbau eines solchen
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Aufl . 18
274 Schalter
18*
276 Schalter
B. Hochleistungsschalter
a) Allgemeines
Hierunter seien Hochspannungsschalter verstanden, welche imstande
sein müssen, Kurzschlüsse, die die größte Belastung für den SchQ.lter
darstellen, abzuschalten. Hier genügen die betrachteten Luftschalter
nicht mehr; man muß Schalter, die als Schalt-
e::::IT Kurzsclllulfsre!Je
mittel Öl, Wasser oder Druckluft haben, ver-
wenden.
Die schwierigsten Schalterbeanspruchungen
Abb: 274. Generator arbeitet
auf KurzschluBstelle. treten nicht bei ohmscher, sondern bei induktiver
Last auf, da hier beim Stromdurchgangdurch Null
die Spannung ihren Maximalwert besitzt, was die Abschaltup.g erschwe~:t.
(Das Abschalten von Hochspannungskondensatoren wird im folgenden
besonders berücksichtigt.) Diese induktive Belastung ist auch tatsächlich
bei Kurzschlüssen in den Freileitungsnetzen hoher Spannung infolge der
Induktivitäten von Generatoren, Transfor~atoren un,d Leitungen nähe-
Hochleistungsschalter 279
,~,
die Abschaltung des noch
in den Phasen 2 und 3 1
fließenden Kurzschluß- 0..
y3
stromes I 1u2 statt (s.
,_____{/______J
Abb. 278c). Für die beiden
ff
Schaltpole 2 und 3 zusam- 1rny
men ergibt sich ebenfalls JL
p 2 z
eine Abschaltleistung von
Ulzn v; . Die Gesamtab- 3 z,YI.
mz
schaltleistung des Schal- Abb. 278 a-c. Diagramm für die Abschaltung
eines Kurzschlusses.
ters ist also a Strom- und Spannungsdiagramm Im Augenblick des
Stromnulldurchgangs in der Phase 1, b Spannungsdiagramm,
c Strom- und Spannungsdiagramm nach dem Abschalten
Nm= Ulwf3. (131) des Schaltpoles 1.
Dabei hat also der zuerst abzuschaltende Pol die Hälfte der Abschalt-
leistung zu übernehmen.
Die asymmetrische dreipolige Abschaltleistung nach den amerika-
nischen Regeln berücksichtigt auch das Gleichstromglied. Beträgt dieses
80% des Scheitelwertes des Stoßkurzschlußwechselstromes, so ist dies
geometrisch zum Stoßkurzschlußwechselstrom zu addieren und die
asymmetrische Abschaltleistung wird bei einer wiederkehrenden Span-
V
nung gleich der Nennspannung das Y1+(0,8 2) 2 = 1,5 fache der symme-
trischen Abschaltleistung.
Ist ein zweipoliger Kurzschluß vorhanden, so haben, falls der zwei-
polige Kurzschlußstrom lzz ist, die beiden kranken Schalterpole je halbe
verkettete Spannung, als Leistung je I II 2
u abzuschalten. Die Ge-
samtabschaltleistung beträgt somit
Nn= U lu (132)
282 Sohalt er
Ist die Abschaltleistung eines Schalters für zwei-, als auch für drei-
poligen Kurzschluß gleich, so heißt das, daß beim zweiphasigen Kurz-
schluß der abzuschaltende Strom y3-mal so groß ist als beim dreiphasigen.
Dafür ist jedoch die wiederkehrende Spannung Jl/3-mal kleiner. Da ein
Schalter im allgemeinen durch einen größeren Strom mehr beansprucht
wird, ist die zweipolige Abschaltung trotz der etwas kleineren wieder-
kehrenden Spannung die ungünstigere. Es ist
I
I I deshalb keineswegs gesagt, daß eine dreipolige
I I
, I I Abschaltleistung auch zweipolig geleistet wer-
' I I
',I I
den kann. Mit kleiner werdender Spannung
Wennoussc/111/f..i'lj
Ieistung I nimmt allgemein das Abschaltvermögen ab
I I
Nennspannung {J,z-1 1 (z. B. nach Abb. 279). Die Abschaltleistung
u moderner Schalter liegt, dreipolig gemessen, je
Abb. 279. Ausschaltleistung und nach Größe etwa zwischen 100 bis zu einigen
Ausschaltstrom eines Schalters in
Abhängigkeitder Spannung. tausend MVA (1 MVA = 1000 kVA).
Abb. 280 zeigt den Kurzschlußstrom und die in der Maschine vor-
handene EMK in Abhängigkeit von der Zeit. Beide nehmen ab.
Also ist auch die Schaltleistung kleiner, wenn nicht sofort abgeschaltet
wird. Für die wiederkehrende Spannung ist die jeweils bei der Abschal-
tung vorhandene Maschinen-EMK maßgebend, da die Maschinenleerlauf-
spannung infolge der Trägheit des Feldes erst langsam wiederkehrt.
Um die Schaltleistung eines einzubauenden Leistungsschalters fest-
zulegen, soll man, selbst wenn eine Zeiteinstellung von mehreren Sekun-
den vorgesehen ist, diese nicht berück-
sichtigen, sondern zur Sicherheit die
Abschaltleistung für den kleinsten vor-
kom~enden Schaltverzug (0,1 bis 0,25
sec) (Kommandozeit +
Aus Eigenzeit des
Schalters) berechnen. Als wiederkehrende
t Spannung nimmt man sicherheitshalber
Abb. 280. Abklingende EMK die Nennspannung. Wird der Schalter
und Kurzschlußstrom.
auf einen Kurzschluß geschaltet, so ent-
steht ein sehr hoher Stromstoß, den der Schalter thermisch und dyna-
misch aushalten muß.
Gelegentlich müssen Schalter auch Kapazitäten schalten, so beim
Abschalten von langen leerlaufenden Leitungen bzw. beim Abschalten
von Kondensatorenbatterienfür die Blindstromerzeugung. Abb. 281 zeigt
die Schaltanordnung einpolig und das Spannungs- und Stromdiagramm.
Die Spannung der Maschine sei 1; Strom 3 eilt um 90° vor. Auch
hier wird beim Öffnen des Schalters die Unterbrechung beim Null-
durchgang des Stromes erfolgen. Hierbei hat die Spannung ihren Höchst-
wert und der Kondensator ist voll geladen und behält nach dem Ab-
Ölschalter 283
schalten seine Ladung und seine jetzt konstante Spannung 2 (in der
Abb. 281 gestrichelt). Die Spannung 1 verläuft nach wie vor sinus-
förmig und die Differenz zwischen 1 und 2 ist die Spannung, welche
zwischen den Kontakten herrscht. Nach einer Halbperiode erreicht diese
Spannung den doppelten Maximalwert der Spannung 1. Ein Schalter zum
Schalten von Kapazitäten sollte innerhalb der ersten Halbperiode diesen
doppelten Maximalwert der Spannung vertragen, ohne neu zu zünden.
In der Abb. 281 ist der Abschalt-
vorgang bei einem nicht rückzün-
dungsfreien Schalter dargestellt.
~c:u
Man erkennt, daß die Potential-
differenz, welche vor der Rückzün-
dung zwischen Leitung und Netz
bestanden hat, sich in Form einer
Schwingung zwischen der Leitungs-
kapazität und der Induktivität des
speisenden Netzes auszugleichen
sucht. Der Schwingstrom kann im
Schalter bei einem seiner Nulldurch-
gänge wieder unterbrochen werden;
das sind aber diejenigen Zeit-
momente, in welchen sich das Lei- Abb. 281. Abschalten einer leerlaufenden
Leitung mit einem nicht rückzündungs-
tungspotential in einer Extremlage freiem Schalter.
befindet. Auf diese Art kann die
Leitung mit einer Spannung vom Netz abgetrennt werden, welche die
Netzspannung weit übertrifft, und bei mehrmaliger Wiederholung des
Rückzündungsspieles kann sich ungünstigstenfalls das Leitungspotential
auf diese Art auf sehr hohe Werte aufschaukeln.
Im folgenden sollen jetzt die verschiedenen Schalterarten näher be-
trachtet werden.
b) Ölschalter
Der früher ausschließlich in den Schaltanlagen Zl).r Verwendung ge-
kommene Leistungsschalter war der Ölschalter; Abb. 282 zeigt eine
einpolige Ausführung mit Zweifachunterbrechung im Schnitt. Handelt
es sich u~ einen dreiphasigen Ölschalter, dann befinden sich im gleichen
Ölkessel drei solcher Unterbrechungsstellen nebeneinander, wobei zwischen
denselben IsoHerwände eingeschaltet sind. Das Öffnen des Schalters ge-
schieht durch eine nach unten bewegliche Isolierstange, welche das oder
die Messer aus den Kontakten zieht. Nach einem gewissen Kontaktweg
tritt die Abschaltung ein.
Der Abschaltvorgang im Leistungsschalter ist in Abb. 283 für die
einpolige Anordnung in Richtung des Messers gesehen im einzelnen auf-
284 Schalter
--------
-------
--------
------- -------
a b c
Abb. 282. Ölschalter. Abb. 283 a-c. Abschaltvorgang beim Ölschalter.
Schalter heraus kann, steht für das insgesamt entwickeltf'l Gas kein
größeres Volumen als das ursprüngliche Luftvolumen des Schalters zur
Verfügung,- d. h. aber, daß bei weiterer Gasentwicklung der Druck im
Schalte:r so lange ansteigt, bis bei genügend großem Kontaktweg eine
Löschung des Lichtbogens eingetreten ist. Hieraus folgt, daß bei ge-
gebenem Schaltweg und bei gegebener Schaltgeschwindigkeit der im
Schalter erzeugte Druck um so kleiner ist, ein
· je größeres Luftvolum~n man im Schalter vor
dem Schalten hat. Man h at also die Möglich-
keit, den Schalterdruck in gewissen Grenzen
verändern :r.u können. Die auftretenden Schal-
Abb. 284. terdrücke liegen in der Größenordnung von
Yehrfachunterbrechung.
etwa 7 at.
Die geschilderten Vorgänge erfolgen sehr rasch und das nach oben
beschleunigte Öl wird mit großer Geschwindigkeit auf den Deckel auf-
prallen, so daß bei einem schweren Kurzschluß ein Schalter, sofern er
nicht gut befestigt ist, sich nach oben bewegt.
Bei sehr hohen Spannungen muß man jede Phase in einem besonderen
Kessel unterbringen und, um genügend großen Kontaktweg zu erhalten,
mehrfache Unterbrechungen vorsehen (s. Abb. 284). Da das 01 beim
Ölschalter zur Isolierung dient, sind bei großen Spannungen riesige Öl-
mengen notwendig, z. B. bei einem Schalter für 220 kV etwa 20 t 01
Ölscha.lter 285
pro Phase, was unerwünscht ist, da bei Schalterexplosionen diese
großen Olmengen in Brand geraten und ferner die Schalter sehr groß
werden.
Ein Schalter muß nicht nur Ströme unterbrechen, sondern er muß
auch, falls er auf einen Kurzschlußgeschaltet wird, die hierbei auftreten-
den Beanspruchungen ertragen können. Beim Schalten
auf den Kurzschluß treten im ersten Augenblick große m~o~:::_::~i~ieln
Stoßströme auf, die· in der Stromschleife des Schalters L'.. •• ..:J
ein starkes magnetisches Feld erzeugen. Dieses Feld hat ~
das Bestreben, die Stromschleife (s. Abb. 285) zu ver- e!eklrot(ynomische
!(ro/f
größern. Damit treten im Schalter Kräfte auf, die ein Abb. 285.
Schließen des Schalters verhindern bzw. das Schaltmesser Elektrodyna·
mische Kraft·
von den Kontakten abheben wollen. Bei Verwendung ge- wirknng auf das
Schaltmesser.
wöhnlicher Klotzkontakte besteht somit die Gefahr einer
Kontaktabhebung. Hierdurch können leicht Kontaktverschweißungen
auftreten, durch die der Schalter arbeitsunfähig würde.
Um dies zu vermeiden, hat man verschiedene andere Kontaktformen
entwickelt. Eine viel augewandte Ausführung ist der in Abb. 286 dar-
gestellte Lamellenkontakt. Eine Reihe von hinterein-
ander angeordneten Kontaktlamellen werden durch
Spiralfedern iJ.Uf das Kontaktmesser gepreßt. Der Vor-
zug diese,: Ausführung besteht darin, daß durch die links
und rechts im Ko-n takt befindlichen Lamellen parallele,
sich anziehende Ströme fließen, welche die Lamellen
fest auf das Messer pressen. Dieses Prinzip wird auch
angewandt, falls keine. Kontaktmesser, sondern Kontakt- Abb. 2kontakt.
86- Lamellen-
c) Wasserschalter
Die bei den Ölschaltern, besonders bei höheren Spannungen benötigten
großen Olmengen und die bei Ölschalterexplosionen möglichen Olbrände
gaben Veranlassung, nach Schaltprinzipien zu suchen,
bei denen überhaupt kein 01 Verwendung finden sollte.
Ein solcher ölloser Schalter ist der Wasserschalter.
.Abb. 288a zeigt im Prinzip einen
Wasserschalter. Jeder Pol besitzt
eine eigene Schaltkammer, die teil-
weise mit Wasser einschl. Gefrier-
zusatz gefüllt ist. Im Gegensatz zum
Ölschalter bewegt sich der Schalt-
stift nach oben.
Die Wirkungsweise bei der Ab-
&chaltung eines Kurzschlußstromes
ist folgende:
Bei der Trennung des beweg-
a b lichen Schaltstiftes von dem fest-
Abb. 288a u. b. Elastische Schaltkammer für
Expansionsschalter 10 kV (SSW).
stehenden Tulpenkontaktstück a
entsteht ein Lichtbogen, der in der
Rohrkammer b das Wasser zersetzt.
Die Rohrkammer wird durch einen
elastischen Ring c federnd auf die
Dichtungsfläche gedrückt. Erreicht
der von den Lichtbogengasen er-
zeugte Druck einen bestimmten
Wert, so hebt sich die Rohrkammer
an und die überschüssigen Schalt-
gase können entweichen. Wenn der
Kurzschlußstrom sich dem Werte
Null nähert, erfolgt dann dur-ch
intensive Nachverdampfung der
überhitzten Grenzschicht zwischen
der Flüssigkeit und der den Licht~
bogen umgebenden Gaszone eine
intensive Kühlung des Lichtbogen-
kerns. Die Kühlung erstreckt sich
auf das gesamte Volumen des Bogens,
so daß bei der Wiederkehr der Span-
Abb. 289 . Expansionsschalter 30 kV, nung an den Kontakten ·keine neue
Ausscbaltleistung 600 MV A. Zündung erfolgt.
Die in der Abb. 288 dargestellte Löschkammer wird als elastische
Löschkammer bezeichnet. Sie findet Anwendung bis etwa 10 kV.
Wasserschalter 287
Wird ein Wasserschalter auf einen Kurzschluß geschaltet, dann wird
zwischen beweglichem und feststehendem Kontakt infolge der schlechten
Isolierfähigkeit des Was-
sers bereits ein Überschlag
stattfinden, ehe die Kon-
takte sich metallisch be-
rühren. Infolge des im
ersten Moment vorhande-
nen Stromstoßes können
"
dabei bereits beim Ein-
schalten sehr starke Ver-
dampfungen des Wassers
erfolgen, die unerwünscht
sind. Deshalb muß ein
solcher Wasserschalter
sehr rasch, z. B. durch
Federkraft, eingelegt wer-
Abb. 290. Wasserschalter mit Spritzkammer (SSW) .
den.
Abb. 289 zeigt einen Expansions-
schalter für eine Reihenspannung von
30 kV mit einer Abschaltleistung von
600 MVA.
Bei Spannungen höher als etwa
10 kV ist von SSW die sog. Spritz-
kammer entwickelt worden, die in der
Abb. 290 dargestellt ist. Unterhalb des
Tulpenkontaktes befindet sich ein Kol-
ben, der durch eine Feder nach oben
gepreßt wird. Bewegt sich der Kontakt-
stift nach oben, so kann der Kolben
folgen, wodurch Wasser in die Lösch-
kammer gespritzt wird, welches, sobald
der Kontaktstift den festen Kontakt
verläßt, durch den entstehenden Licht-
bogen verdampft wird. Ist ein ge- ,..,
nügend großer Dampfdruck vorhan- I
I
I
I
d) Ölarme Schalter
Man kann für sämtliche Spannungen sog. ölarme Schalter bauen. Im
Gegensatz zum normalen Ölschalter dient das Öl, und zwar in kleinen
Mengen, bei den ölarmen Schaltern zur Löschung
des Lichtbogens, aber nicht für die Isolierung
gegen Erde. Abb. 292 a zeigt die Löschkammer
eines ölarmen Druckausgleichschalters, wie sie
z. B. von der Firma Voigt & Haeffner ausge-
führt wird. Diese Kammer, die in einem mit Öl
gefüllten Isolator eingebaut ist, enthält einen
Differentialkolben a, der durch Federkraft nach
unten gepreßt wird. Wenn der Kontaktstift b
aus dem feststehenden Tulpenkontakt heraus-
gezogen wird, entsteht ein Lichtbogen, der Öl-
gase bildet, welche zunächst beidseitig den Kolben
unter gleichen Druck setzen. Da jedoch in der
Abb. 2112a. Löschkammereines unteren Kammer der Kolben eine größere Fläche
Druckausgleichschalters
(V.&H.) .
hat, wird die nach oben wirkende Kraft am
Kolben überwiegen und ihn nach oben bewegen.
Dabei muß das in der oberen Kammerhälfte befindliche Öl entweichen,
d. h. es wird längs des Lichtbogens in den unteren Raum der Kammer
gepreßt. Da hierbei vorwiegend frisches Öl, also kein Öldampf, in den
Lichtbogen gespritzt wird, ist die Kühlung eine sehr kräftige und der
Druckluftschalter 289
ihre bessere Eignung für diese Fälle beruht darauf, daß der Differential·
kolben a vom Löschraum getrennt angeordnet ist und die Bespülung des
Lichtbogens mit frischem Öl durch einen im optimalen Abstand vom
festen Schaltstück b angeordneten Ringspalt erfolgt.
e) Druckluftschalter
Während die bis jetzt behandelten Schalter als Löschmittel Flüssig·
keiten benutzten, verwendet der Druckluftschalter zum Löschen des
Lichtbogens Druckluft. Abb. 294 zeigt schematisch den Schalter sowie
den Löschvorgang: Ein Zylinder trägt eine Metallkappe, welche den
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 19
290 Schalter
einen Pol des Schalters darstellt; der andere Pol ist der Kontaktbolzen,
der beim Schalten zurückgezogen wird. Der sich hierbei bildende Licht-
bogen wird durch die Druckluft
nach außen geblasen, stark gekühlt
und erlischt nach der ersten bzw.
zweiten Halbwelle beim Nulldurch-
gang des Stromes. Abb. 295 zeigt
die konstruktive Durchführung dieses
Schaltprinzips für einen Schalter
mittlerer Spannung.
Auf eine gußeiserne kastenför-
mige Grundplatte 2 sind vorn die
Polsäulen 4 und oben der Druck-
luftbebälter 1 aufgebaut. Die Grund-
platte enthält außerdem alle Bau-
elemente für die Schaltstiftbewe-
gung, die Löschluftsteuerung und
Abb. 294. Druckgasschaltcr. die Dämpfung.
Abb. 300. Die beiden Löschkammern einer Säule mit den zugehörigen Widerständen
und Hilfsunterbrechungsstellen.
a Geschlossene Schalterstellung; Hilfekontakte offen, b Öffnen der Hauptkontakte; Hilfskontakte
geschlossen (Löschstellung), c Hauptkontakte offen; Hilfskontakte noch geschlossen, d Offene
Sch<e,rstellung; Haupt- u. Hilfekontakte offen ..
f) Hartgasschalter
In kleinen Anlagen, in denen sich die Aufstellung einer besonderen
Drucklufterzeugungsanlage für die Druckluftschalter wirtschaftlich nicht
lohnt, kann, unabhängig vom W asserschalter, bei Spannungen bis zu
20 k V und Abschaltleistungen bis etwa 200 MV Ader sog. Hartgasschalter
benutzt werden. Abb. 301 zeigt die Löschkammer beim Abschaltvor-
gang. Statt eines Kontaktstiftes kommt diesmal ein Schaltrohr zur An-
wendung, welches beim Abschalten einen Lichtbogen mit dem metalli-
schen Abbrennring entstehen läßt. Der Lichtbogen kommt teils mit dem
Löschstift und mit dem Löschrohr in Berührung. Beide sind aus Isolier-
material hergestellt, dessen Oberfläche durch die Einwirkung des Licht-
296 Schalter
bogens stark gast. Das Löschrohr ist mit geeignet dimensionierten Aus-
blasöffnungen versehen. Bei größeren Abschaltströmen wird der Licht-
bogen bereits im ersten Strom-Nulldurch-
gang bei Erreichen der Ausblasöffnungen
gelöscht, während er bei kleineren Ab-
schaltströmen etwas länger auseinander
gezogen und nach einer weiteren Halb-
periode ausgeblasen wird. lnfolge der sehr
intensiven Gasentwicklung ist die Licht-
bogendauer sehr kurz und damit die Ab-
Abb. 301. Hnrtgas- nutzung des Löschmaterials sehr gering.
scnalter mit selbst-
tätiger Löschgas- Ein Auswechseln der dem Abbrand unter-
erzeugung (AEG). worfenen Löschrohre und Löschstifte ist
1 Oberer K~n tr k t ;2Ab-
b~n nrlng: 3 LÜSC]H tift.; daher nur nach sehr hoher Schalthäufig-
4 Lö, cl r 1· r: 5 Kon-
taktroJ r; 6 Oterer Lei - keit bei größeren Abschaltleistungen er-
tungsansch luß.
forderlich.
C. Leistungstrennschalter
Mit normal gebauten Trennschaltern lassen sich nur Ströme schalten
(z. B. Magnetisierungsströme), die wesentlich geringer sind als der Nenn-
strom der Trennschalter. Es ist jedoch für manche Zwecke erstrebenswert,
mit einem Trennschalter auch
Lastströme, unter Umständen
auch Überlastungsströme, ab-
schalten zu können. Diesist mög-
lich, wenn man den einen Pol
des Trennschalters (s. Abb. 302)
als kleine Löschkammer aus-
bildet und diese mit Wasser
oder 01 füllt. Mit solchen Lei-
stungstrennschaltern kann man
die Nennlast des Schalters und
auch Überlastungsströme ab-
schalten. Selbstverständlich ist
es nicht möglich, Kurzschluß-
ströme hiermit bewältigen zu
wollen. Soll z. B. ein kleiner
Hochspannungsanschluß ge-
Abb- 302. Expansionstrennschalter (SSW). SChützt werden, SO Wird man
zunächst einen Leistungstrenn-
schalter vorsehen, der auch Überströme abzuschalten vermag, während
man Kurzschlüsse durch vorgeschaltete Abschmelzsicherungen zur Ab-
schaltung bringt.
Das Ein- und Ausscha]ten der Leistungsscha1ter 297
XIII. }leßwandler
A. Stromwandler 1
In unseren Kraftwerken und Schaltanlagen können Meßinstrumente
und Relais nicht unmittelbar in die Hochspannungsleitungen eingebaut
werden, da sie sich schlecht für große Stromstärken und hohe Spannun-
gen bauen lassen und zudem eine Wartung gefährlich wäre. Man führt
deshalb die Messungen unter Zwischenschaltung von Strom- und Span-
nungswandlern durch. Die Wandler sind kleine Meßtransformatoren,
welche Strom und Spannung auf einen niedrigeren, für die Instrumente
und Apparate brauchbaren Meßwert (5 A, gelegentlich auch 1 A bzw.
100 V oder ~~O V) herabsetzen. Da durch den Wandler die Messung auf
Tabelle 131,
VA cos 'I'
denn I~ · t = I;herm · 1.
Der Wandler muß weiter die beim Stoßkurzschlußstrom auftretenden
elektromagnetischen Kräfte beherrschen. Man versteht unter dem dyna-
mischen Grenzstrom ("Ia 11,t in kA) die maximale Stromamplitude, die
der Wandler mechanisch erträgt. Dieser braucht auf· dem Leistungs-
schild nicht angegeben zu werden, falls er mindestens den Wert
Ia 11n = 1,8 {2 Itherm = 2,5 Itherm
besitzt.
1 Nach Koch & Sterzel.
302 Meßwandler
Glimmen eintreten kann. Durch die Ausfüllung des Wandlers mit Quarz-
sand erreicht man außerdem eine gute Abstützung der Wicklung und der
Einführungen. Die Isolierung des Wandlers übernimmt der Porzellan-
körper. Es sei in diesem Zusammenhang auch erwähnt, daß man in
geschlossenen Schaltanlagen, d. h. bei niederer und mittlerer Spannung,
bestrebt ist, bei Stromwandlern möglichst kein 01 oder Masse zur Iso-
lation zu verwenden, da bei Stromwandlerschäde n 01 und Masse leicht
in Brand geraten können. Ist man jedoch auf ein Isotiermedium ange-
wiesen, dann kann man Gießharzwandler
verwenden (s. S. 305).
Für hohe Spannungen bildet man den
Stromwandler als Stützerstromwandle r
aus (s. Abb. 307), eine Anordnung, bei
der ähnlich wie beim Topfwandler die
Wicklung in ein Olbad, das gut isoliert,
gesetzt wird. Das 01 befindet sich jedoch
dann nicht in einem Gefäß aus Metall,
sondern in einem großen Isolator, dessen
oberes Ende die beiden Leitungseinfüh-
rungen zum Wandler trägt.
Stromwandler sind, sofern sie primär-
seitig einige Windungen besitzen, durch
auftreffende W anderwellen gefährdet, da
sie eine Induktivität darstellen und somit
eine Spannungserhöhung durch Reflexion
der Welle hervorrufen. Um die Reflexion
der W anderwelle zu mildern, damit aber
Abb. 307. Freiluftstützerotrom-. auch die Spannungserhöhung in kleinen
wandirr 150 kY, aufgeschnitten
(8. & H.). Grenzen zu halten, schaltet man parallel
zur Primärwicklung einen spannungsab-
hängigen Widerstand, der bei normaler Spannung sehr groß, bei Über-
spannung jedoch klein ist.
Beim Arbeiten mit Stromwandlern ist darauf zu achten, daß diese
nie sekundärseitig geöffnet werden, da sonst die sekundären Gegen-
amperewindungen in Wegfall kämen und somit der gesamte zu messende
primäre Strom magnetisierend wirken würde. Durch die hierdurch
hervorgerufene hohe Induktion im Eisenkern können lebensgefährliche
Spannungen an den sekundären Klemmen auftreten, der Eisenkern
selbst kann sich unzulässig hoch erwärmen, möglicherweise sogar ver-
brennen. Auf jeden Fall bleibt eine, die Meßgenauigkeit des Wandlers
herabsetzende Restmagnetisierung im Kern zurück, die man nur durch
eine besondere Behandlung wieder beseitigen kann.
Spannungswandler 305
B. Spannungswandler
Die Spannungswandler dienen dazu, die hohen Spannungen unserer
elektrischen Anlagen für Meß- oder Relaiszwecke auf niedere Werte, z. B.
100 V herabzusetzen. Bei der Bemessung der Spannungswandler treten
im allgemeinen nicht derartige Schwierigkeiten auf_ wie beiden Strom-
wandlern, da im Kurzschlußfalle keine erhöhten Beanspruchungen auf
den Spannungswandler wirken. Auch ist zu beachten, daß im Netz der
Strom großen Schwankungen unterworfen ist, die Spannung jedoch an-
nähernd konstante Größe behält, somit der Stromwandler über den gan-
zen Meßbereich möglichst genau arbeiten soll, der Spannungswandler
jedoch (abgesehen von Wandlern für den Distanzschutz) meist nur in
einem kleinen Bereich.
Bei der Transformation der Spannung tritt ebenso wie bei der Trans-
formation des Stromes durch den Meßwandler eine Verfälschung des Meß-
wertes der Größe und Phasenlage nach auf. Man ist bestrebt, diese
Fehler so klein wie irgend möglich zu halten. Die nicht richtige Wieder-
gabe der Spannung hat beim Spannungswandler seinen Grund in den
Spannungsabfällen der Primär- und Sekundärwicklung. Um den Span-
nungsfehler klein zu halten, wird man die Wicklungen der Wandler
mit reichlichem Querschnitt ausführen und die Streuung der Wicklung
möglichst klein halten. Dadurch wird auch der Fehlwinkel zwischen
primärer und sekundärer Spannung klein. Jeder Spannungswandler
besitzt eine Nennleistung in VA, die dauernd abgegeben werden kann,
ohne daß die Fehlergrenzen der jeweiligen Klassen überschritten werden.
Normal sind Nennleistungen von 15, 30 und 60 VA bei cos rp = 0,8.
In der Tabelle 14 sind
Tabelle 14. Fehlergrenzen bei Spannungs-
die Klassen mit den zuge- wandlern.
hörigen zulässigen Fehlern Spannungs· Fehlwinkel
angegeben. Ist U1 und U2 Klasse Spannung fehl er in mln
die Primär- bzw. Sekundär-
spannung, so ist der Fehler 0,1
I
0,8-1,2 Un
in%
±0,1 ± 5
-
0,2 0,8-1,2 Un ±0,2 ± 10
des Spannungswandlers 0,5 0,8-1,2 Un ±0,5 ±20
_ 100 . Usü-U1 1 0,8-1,2 Un ± 1,0 ±40
f oYo- ul · 3 1,0 u ±3,0 -
Über die Anwendung der einzelnen Klassen siehe S. 300.
Spann~gswandler können sowohl als Trocken-, als auch als Öl- bzw.
Massewandler ausgebildet sein. Man ist bestrebt, wenn irgend möglich
Trockenspannungswandler zu verwenden; Abb. 308a u. b zeigen einen
Trockenspannungswandler, wobei die Wicklungen in einem anshärtbaren
Kunststoff vollständig eingebettet sind.
Neuerdings verwendet man auch Gießharzwandler, bei denen die
Hochspannungswicklung, Isotierkörper und die angegossenen Hoch-
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, S. Aufl. 20
306 Schalter
Wird für Meß- oder Relaiszwecke nur eine verkettete Spannung be-
nötigt, dann genügt ein zweipoliger isolierter Einphasenwandler, der
zwischen zwei Phasen ange-
schlossen wird. Werden die
drei verketteten Spannungen
benötigt, z. B. für Leistungs-
messungen, dann kann man
mit zwei Spannungswandlern
auskommen, wenn diese in
V-Schaltung angeordnet sind
(s. Abb. 312). Die Abb.313
zeigt einen Doppelspannungs-
wandler, der in einem gemein-
samen Gehäuse zwei in V
zusammengeschaltete Einpha-
senwandler enthält. Man kann
auch einen Dreischenkelwand-
ler mit drei Wicklungen ver-
wenden, jedoch darf dann
primärseitig der Nullpunkt
nicht geerdet sein. Die Sekun-
därwicklung ist dagegen stets
geerdet. Benötigt man bei
Erdschlußmessungen die Span- Abb. 311. Frelluf~spannungswandler 220 kV (S & H).
nung gegen Erde, dann können
drei im Stern geschaltete Ein-
phasenwandler gewählt wer-
den, deren Sternpunkt geerdet
wird. Will man statt 3 Ein-
phasenwandler einen Drei-
UIJllJ
Hat etwa die PhaseSeinen Erdschluß (s. Abb. 314a), also gegen Erde
die Spannung Null, dann muß der durch die Phase S des Wandlers
bindurchtretende Fluß ebenfalls Null sein. Die Spannung der beiden
anderen Phasen ist auf den verketteten
Wert angestiegen. Die Summe ihrer Flüsse
s
T 4-
ist daher nicht Null, sondern entspricht
w
ln
II V
~.:~------
/'~ß
*a:
111•
t: ; ---- 5
l_j e ' '-,
'
A ......................\
U ' V W
Abb. 314 a. Fünfschenkelwandler. Abb. 314 b. Diagramm des Fünfschenkelwandlers
bei Erdschluß.
der Summenspannung SA (Abb.314 b). Es muß also für den Fluß die
Möglichkeit bestehen, sich durch einen 4.- und 5. Schenkel schließen zu
können. Ist dies nicht möglich, wie etwa bei einem
Dreischenkelwandler, dann bilden sich große
Streuflüsse aus und erzwingen riesige Magneti-
sierungsströme, durch die ein Verbrennen des
Wandlers erfolgen kann. Bringt man auf dem
4. und 5. Schenkel eines Fünfschenkelwandlers
zwei in Reihe geschaltete Wicklungen geeigneter
Windungszahl auf, so kann man hiermit die Span-
Abb. 315. 3 einpolig isolierte
Elnphaeenwandler mit sekun- nung des Nullpunktes gegen Erde messen. Bei
därer Meßwicklung und offener
Dreieckwlcklung. Verwendung von 3 einpoligen Wandlern kann
man hierfür eine offene Dreieckwicklung benutzen
(Abb. 315); in der Regel wird sekundär noch eine Maßwicklung vor-
gesehen. Erdungsspannungswandler führen ferner etwaige statische
Ladungen eines Netzes ab.
XIV. Schaltanlagen
A. Allgemeines
Die Verteilung der in den Kraftwerken erzeugten elektrischen Energie
erfolgt durch die Schaltanlagen. Diese können in Gebäuden unterge-
bracht werden oder als Freiluftanlagen ausgebildet sein. Die Unterbrin·
gung der Schaltanlagen in Gebäuden wird bis etwa 45 k V meist die
zweckmäßigste sein. Oberhalb dieser Spannung werden die Leitungs-
abstände, damit auch das Gebäude, sehr groß. Die Folge ist ein An·
wachsen des Anteils der Gebäudekosten an den Gesamtkosten. In diesem
Falle ist dann die Freiluftanlage, bei der die Anlage im Freien aufgestellt
wird, und damit also die Gebäude gespart werden, die wirtschaftlichere.
Schaltanlagen in Gebäuden 309
Die Apparate werden zwar in der Freiluftausführung etwas teure.r (Sicher~
heit gegen Witterungsunbilden), jedoch wird dies durch den Wegfall der
Gebäude ausgeglichen.
Unter Umständen ist es notwendig, auch bei höheren Spannungen
die Anlage in einem Gebäude unterzubringen, und zwar dann, wenn rillt
derart staubhaltiger Luft zu rechnen ist, daß eine unzulässige Verschmut·
zung der Isolatoren eintritt und somit Überschläge zu befürchten sind.
B. Schaltanlagen in Gebänden
Soll in einem Kraftwerk erzeugte Energie in einem Schalthaus ver·
teilt werden, so wird oft das Schalthaus getrennt vondem Maschinenhaus
aufgestellt. Man erreicht damit, daß man in der Führung der ein- bzw.
abgehenden Leitungen insbesondere bei Freileitungen unabhänger ist,
da man die verschiedenen Fronten des Schalthauses benutzen kann.
Ferner werden die Lichtverhältnisse im Schalthaus günstiger und man
kann von allen Seiten an das Gebäude gelangen, was meist für das
Einbringen bzw. Ausbauen der Apparate und Transformatoren not·
wendig ist.
Wird die im Kraftwerk erzeugte Energie in Transformatoren hoch-
gespannt, so können die Transformatoren grundsätzlich im Maschinen-
haus oder im Schaltbaus eingebaut sein. Da man heute, wenn möglich,
Generator und Transformator zu einer Einheit zusammenfaßt und die
Leistungsschalter und Sammelschienen erst hinter den Transformatoren
anordnet, bekommt man in diesem Falle eine gute Leitungsfübrung, falls
die Transformatoren am Maschinenhaus angeordnet sind.
Prinzipiell besteht kein Unterschied zwischen einem Schalthaus, wel-
ches die im Kraftwerk erzeugte Energie verteilt und einem Schalthaus,
welches losgelöst von der Energieerzeugung an einer beliebigen Stelle des
Netzes die Energieverteilung vornimmt. In diesem Falle wird dann meist
noch eine Umspannung in eine andere Spannung mit vorgenommen
(s. Abb. 187).
Eine Schaltanlage ist die materielle Verwirklichung eines Schaltbildes,
wie es auf S. 188 behandelt wurde. Der Kernpunkt einer Schaltanlage
ist das Sammelschienensystem, welches heute bei wichtigeren Anlagen
meist als Doppelsammelschienensystem ausgebildet ist. Zu diesem Sam-
melschienensystem führen die einzelnen Zuleitungen bzw. Abgänge mit
ihren Leistungs· und Trennschaltern und Spannungs- und Stromwand-
Iern. Man betrachtet alles das, was zu einer Zuleitung, bzw. Ableitung
zur Sammelschiene gehört, als eine Schaltzelle. Liegt eine solche Schalt-
zelle in ihren Abmessungen fest, so sind auch unter Berücksichtigung der
Gänge und gewünschten Nebenräume die Maße des Schalthauses be-
stimmt Für die Größe einer Schaltzelle ist die Höhe der Spannung
310 Schal'tanlag'en
,. --- - - --,
i
--- -- ---~- -
'
'
''
''
'
'
----..1.' --.1.-------..1'
'
J
Abb. 322. Hochspannungsschrankanlage für Freiluftaufstellung
als Netztransformatorenstation ausgebildet, Reihe 10.
z Erwelterungsrichtung, 2 Trafo 10/0,38 kV,
1 Hochspannungs-Schaltanlage, 3 Niederspannungs-Schaltanlage des Trafos.
Für niedere Spannungen und auch bei mittleren Spannungen bis etwa
6 kV werden in der Industrie und in Kesselhäusern oft gekapselte Schalt-
anlagen verwendet, die aus einzelnen fabrikfertig aufgebauten Einzel-
feldern oder Einzelkasten für Sammelschienen oder Geräte zusammen-
316 Schaltanlagen
C. Freiluftschaltanlagen
Bei höheren Spannungen und zwar von etwa 60 k V ab, wird man meist
die Schaltanlagen als Freiluftanlagen bauen. Diese haben einmal den
euerschnitt
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Abb. 327. Freiluft-Schaltanlage mit Druckluftschnell schaltern. Halbhohe (klassische) Bauweise.
Freiluftschaltanlagen 319
Vorteil, daß sie, da das Schalthaus wegfällt, billiger werden, daß sie
rascher gebaut werden können und daß es keine Schwierigkeiten macht,
die Anlage zu vergrößern, falls man genügend Bodenfläche zur Verfügung
hat. Die Entwicklung der Freiluftanlagen ist in Deutschland bestrebt,
möglichst an Eisen und Isolatoren zu sparen und übersichtliche Anlagen
zu erhalten. Im folgenden seien drei typische Freiluftanlagen behandelt:
Abb. 327 zeigt eine Freiluftanlage in halbhoher sog. klassischer Bau-
weise für 60 bis 220 kV. Parallel zur ankommenden Freileitung ist ein
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freileilung
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Abb. 328. Freiluft·Schaltanlage mit Druckluftschnellschaltern. Reihen- QuerbauweiEe (RWE).
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6rundriß
D. Schaltwarte
Während bei kleinen Schaltanlagen die Betätigung der Leistungs-
schalter und der Trennschalter vom Bedienungsgang aus erfolgt, genügt
dies für größere Schaltanlagen allein nicht mehr. Hier muß eine Fern-
betätigung der Schalter von
einer zentralen Kommando- r- ··; r-- .,
stelle, der sog. Schaltwarte, I'' :'' ' '
aus vorgesehen werden. Zu '' '''
' '
' r·--·,
diesem Zweck führt man L ... :
von den Schaltern der An-
lage Betätigungsleitungen in
die Scbaltwarte, desgleichen
noch Meßleitungen zur Über-
wachung sämtlicher Strom-
kreise. Damit kann man von
der Schaltwarte aus jede
Schalthandlung vornehmen
und überwachen, außerdem
kann das Personal an Hand
der Anzeige der Meßinstru-
mente Entscheidungen tref-
Abb. 330. Schaltwarte.
fen, ob Schaltbandlungen
ausgeführt werden müssen (z. B. Inbetriebsetzen einer Maschineneinheit
bei ansteigender Last). Um in der Schaltwarte eine gute Übersicht zu
bekommen, ordnet man jeder ankommenden und abgehenden Leitung,
sowie jedem Maschinensatz ein besonderes Feld zu. Abb. 330 zeigt sche-
matisch, wie diese Zuordnung sein kann. Die Betätigungsschalter für die
Fernbetätigung können dabei auf den Scbaltwänden, falls hier kein Platz
vorbanden ist oder die Übersichtlichkeit leidet, auf Schaltpulten ange-
ordnet werden, die vor den Schalttafeln aufgestellt sind. Auf diesen
Schaltwänden bzw. Schaltpulten befindet sich dann auch meist ein Schalt-
bild der Anlage.
Buchhold /Happoldt, Elektrieche Kraftwerke, 3. Auf!. 21
322 Schaltanlagen
E. Das Bedienungsschaltbild
Es ist unbedingt notwendig, daß der Schaltwärter einer Schaltanlage
sich jederzeit über den Schaltzustand der Anlage bzw. des Netzes ein
Bild machen kann. Hierzu dient das Bedienungsschaltbild. Es ist dies
ein Schaltbild, welches in vereinfachter Form auf den Instrumenten-
tafeln oder auf einem Pult der Schaltwarte angebracht ist. Das Bedie-
nungsschaltbild kann aufgemalt oder die Leitungen können durch
farbige Leisten gekennzeichnet sein. An dem Schaltbild muß der Wärter
jederzeit erkennen können, ob ein Schalter ein- bzw. ausgeschaltet ist.
Dies kann z. B. durch Zeigermelder, auch Schauzeichen genannt, erfolgen.
Ein solcher Zeigermelder besteht z. B. aus einem dünnen, schmalen
Rechteck (schwarzer Strich}, welches drehbar angeordnet ist. Befindet
sich der schwarze Strich in Richtung des Leitungszuges, so heißt dies,
daß der zugeordnete Schalter geschlossen ist
(Abb. 331 a). Steht der Zeigermelder dagegen
senkrecht zur Leitungsrichtung(s. Abb.331 b},
so ist der entsprechende Schalter geöffnet.
Zur Betätigung des Zeigermelders dient
ein kleiner Elektromagnet mit einer Ein- und
einer Aus-Spule. Das Schauzeichen ist also
Ein Aus J/J:f.1eo:f.~ sowohl in der Ein-, als auch in der Aus-
a b c Stellung stromdurchflossen. Liegt jedoch im
Abb. 331a-c. Schalterstellungs- Meldekreis ein Schaden vor, so daß der
anzeiger im Blindschaltp!an.
Zeigermelder stromlos ist, dann wird durch
die Federkraft der Zeiger in eine schräge L!lge (Abb. 33lc}, welche
Störung bedeutet, gebracht. Um die Lage des Zeigermelders in Über-
einstimmung mit der Lage des zu meldenden Schalters (Trenner- oder
Leistungsschalter) zu bringen, müssen vom Zeigermelder zum Leistungs-
schalter Meldeleitungen verlegt sein. Am Schalter selbst sind Hilfskon-
takte vorzusehen, durch welche je nach dem Schaltzustand die Ein-
oder Aus-Spule des Zeigermelders stromdurchflossen ist. Zur besseren
Unterscheidung werden für Trenner und Leistungsschalter meistens ver-
schieden große Zeigermelder angewendet.
Statt Stellungszeiger kann man im Leitungszug auch zwei verschie-
denartige Lampen anordnen. Leuchtet z. B. die rote auf, dann heißt dies
"Schalter ein" leuchtet dagegen die grüne, so bedeutet dies "Schalter
aus"
Obwohl man mit den b1s jetzt beschriebenen Meldeeinrichtungen den
Schaltzustand der Anlage genau nachbilden kann, ist es jedoch leicht
möglich, daß, falls ein Leistungsschalter infolge Überlastung ausfällt,
dies vom Schaltwärter überhaupt nicht bemerkt wird, da im Blindschalt-
bild meist eine Reihe von Schaltern ausgeschaltet ist. Maukat deswegen
Das Bedienungsschaltbild 323
noch zusätzliche Einrichtungen vorzusehen, etwa eine Hupe, die ertönt;
falls der Schaltzustand der Anlage sich ändert und die vom Wärter ab-
geschaltet werden kann, nachdem er von der Schaltänderung Kenntnis
genommen hat. Aber auch in diesem Falle ist es bei umfangreichen
Schaltungen nicht einfach, herauszufinden, welcher Leistungschalter ge-
fallen ist.
Einfach wird das Auffinden eines gefallenen Schalters, falls man
im Blindschaltbild Melde- oder Quittungsschalter benutzt. Es sind
dies kleine, im Blindschaltbild angebrachte Knebelschalter, die, falls
"Schalter ein" in Richtung des Leitungszuges, falls "Schalter aus"
jedoch senkrecht hierzu stehen. In Verbindung mit einem solchen Melde-
schalter ist noch eine Lampe erforderlich,
die z. B. im Meldeschalter selbst ange-
bracht sein kann. Diese Lampe brennt
z. B. ruhig, wenn die· Stellung des Melde-
schalters der tatsächlichen Stellung des
Leistungsschalters entspricht. Fällt jedoch
der Leistungsschalter aus, so wird, da der
Meldeschalter noch in der Einschaltstellung
sich befindet, die zugeordnete Meldelampe
blinken und dem Schaltwärter zeigen, daß
der Leistungsschalter ausgefallen ist. Wenn
er jetzt den Meldeschalter in die Aus-
stellung bn'ngt, Wl'rd dl'e Meldelampe Abb. 332. Blindschaltplan für Schalt-
warten mit Schalterstellungsanzeiger.
wieder ruhig brennen, da jetzt die Stellung
des Meldeschalters mit der des Leistungsschalters wieder übereinstimmt.
Der Vorteil dieses Systems besteht darin, daß normalerweise sämtliche
Kennlampen ruhig brennen. Blinkt jedoch eine Lampe auf, so weiß der
Wärter sofort, daß hier der Schaltzustand geändert wurde. Er "quittiert"
die Kenntnisnahme, indem er die Stellung des Schalters mit dem jetzt
vorhandenen Schaltzustand in Übereinstimmung bringt. Man kann
einen solchen Melde- bzw. Quittierschalter auch mit einem Steuer-
schalter vereinigen.
Abb. 332 zeigt einen einfachen Blindschaltplan für ein Doppel-
schienensystem, auf welches zwei Generatoren G 1 und G 2 arbeiten.
Zwischen jedem Generator und den Sammelschienen sind ein Leistungs-
schalter und zwei Trenner vorgesehen. Im Blindschaltplan ist die
Stellung der Trenner durch die Zeigermelder T 1 und T 2 dargestellt,
während die Stellung des Leistungsschalters durch den Knebel des
Steuerquittierschalters S zu ersehen ist. Stimmt die Stellung des Steuer-
quittierschalters mit der tatsächlichen Stellung des Leistungsschalters
überein, so ist der Knebel von innen ruhig beleuchtet, während er bei
Nichtübereinstimmung Blinklicht erhält. Soll beispielsweise der Leistungs-
21*
324 Schaltanlagen
A. Übertragungskanäle
a) Niederfrequenzkanäle über Drahtleitungen
Zur Übertragung der Nachrichten werden grundsätzlich alle Möglich-
keiten und Wege verwendet, die auch in normalen Fernmeldeanlagen
benutzt werden. Die gewöhnliche Telefon{reileitung tritt trotz ihrer
Billigkeit wegen der ungenügenden Betriebssicherheit mehr und mehr
zurück. In Nieder- und Mittelspannungsnetzen werden noch Fernmelde-
Freileitungen, die auf den Hochspannungsmasten unterhalb der. Hoch-
spannungsleiter verlegt sind, benutzt. Dabei müssen besondere Vor-
kehrungen gegen die Beeinflussung der Fernsprechleitung durch Span-
nung und Strom der Hochspannungsleitung getroffen werden. Durch
die Hochspannung wird die Fernmeldeleitung elektrostatisch
beeinflußt. Die Ladeströme werden durch Erdungsdrosseln abgeführt.
Im Normalbetrieb, d. h. bei symmetrischer Strombelastung der 3 Phasen
und symmetrischer Lage der Fernmeldeleitung zu den 3 Hochspannungs-
leitern (regelmäßige Verdrillung) heben sich die durch induktive Beein-
flussung in der Fernmeldeleitung entstehenden Längsspannungen auf.
Tritt dagegen ein Doppelerdschluß so auf, daß die Hochspannungsleitung
bevorzugt wie ein einziger Leiter mit sehr große~ Strom wirkt (während
sich der Stromkreis über andere weiter abliegende Wege schließt), so
können erhebliche Längsspannungen und bei nicht symmetrischer Lage
der Fernsprechleiter zum stromführenden Hochspannungsleiter auch
Querspannungen auftreten. Die Fernmeldeleitung muß also durch Über-
trager abgeriegelt werden, deren Isolation der größten auftretenden
Spannung gewachsen ist. Um die Spannung zu begrenzen, werden außer-
dem Überspannungsahleiter eingebaut, die in Verbindung mit Schmelz-
sicherungen die Übertrager vor Überlastung schützen. Die in dem ge-
schilderten Fall auftretenden Querspannungen werden durch häufiges
Auskreuzen (Symmetrieren) der Fernsprechadern auf ein erträgliches
Maß herabgesetzt.
In neuerer Zeit werden solche, insbesondere vorhandene Telefonfreileitungen
auf Hochspannungsgestängen auch mit Trägerstromkanälen zusätzlich belegt. Da.
der unmittelbar durch die Hochspannungsleitung verursachte Störpegel (Ober-
wellen von 50 Hz) vorwiegend im Niederfrequenzbereich liegt. haben die Trägar-
stromkanäle eine fühlbare Verbesserung mit sich gebrarht. Diese Möglichkeit
Übertragungskanäle 329
besteht vor allem dann, wenn die Telefonadern nicht aus Eisen, das bei hoher
Frequenz erhebliche Dämpfungen besitzt,sondern aus Kupfer oder Bronze bestehen.
Für Fernmeldekabel im Einflußbereich von Hochspannungsleitungen
entfallen die elektrostatische Beeinflussung (wegen des leitenden und
geerdeten Mantels) und die Querspannungen (wegen der durch den Kabel-
aufbau erreichten Symmetrie), dagegen können auch hier im Doppel-
erdschlußfan erhebliche Längsspannungen auftreten, deren Höhe beim
Aufbau der Anlage berücksichtigt und gegen die Maßnahmen zum Schutz
des Kabels und der angeschlossenen Verbraucher getroffen werden
müssen.
Kabel werden heute im Elektrizitätsversorgungsbetrieb sowohl als
Erdkabel (hohe Anlagekostcn) wie als Luftkabel auf dem Hochspannungs-
gestänge und zum Teil als Blitzseilkabel verwendet. Die Kabel haben
mit der größeren Leitungskapazität auch größere Dämpfung, die durch
Einschaltung von Induktivitäten (Pupinspulen) herabgesetzt werden
kann. Dabei wird jedoch der für die Übertragung ausnutzbare Frequenz-
bereich eingeengt und zwar um so mehr, je größer die Spulenfeldlängen
und die eingeschalteten Induktivitäten sind. In neuerenAnlagen pupini-
siert man daher weniger stark oder verzichtet ganz darauf, um die Kabel
durch zusätzliche Trägerstromkanäle mehrfach ausnutzen zu können.
Die höchste Ausnutzbarkeit erreichen Breitbandkabel, die im allge-
meinen als Koaxialkabel verlegt werden. Als Hinleitung dient eine Ader,
als Rückleitung der konzentrisch zu ihr liegende Kabelmantel.
b) Trägerstromkanäle
Verändert man die Höhe einer Hochfrequenzspannung Up von der
Kreisfrequenz Wp, d. h. Up = A · sinwp · t (Abb. 336a) nach einem
niederfrequenten Gesetz (Abb. 336b) sin WN t z. B. durch einen ver-
änderlichen Widerstand, durch ein Mikrophon ode-r einen sonstigen
Modulator, so kann die sich daraus ergebende Spannung geschrieben
werden als
Ures = A [l - m sin WN t] · sin Wp t . (Abb.336c)
Hieraus ergibt sich
Ures= A sinwp t -
m
2 cos (wp-WN) t + 2m cos (Wp + WN) t,
d.h. neben der ursprünglichen Hochfrequenz A · sinwp t (Trägerfrequenz)
treten noch zwei weitere Frequenzen auf, die um die Frequenz WN nied-
riger und höher als die Frequenz der Trägerschwingung liegen. Beim= 1
(Modulgrad 100%) ist die Amplitude jeder dieser beiden "Seitenfre-
quenzen" halb so groß wie die Amplitude der ursprünglichen Träger-
schwingung. Wird unter WN nicht eine einzige Frequenz sondern ein
ganzes Frequenzband (z. B. Sprechband von 0,3-2,4 kHz) verstanden,
330 Fernmelde-und Fernwirktechnik fiir den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
so spricht man von dem oberen und unteren Seitenband und bei Mit-
übertragung dieser beiden Seitenbändern von Zwei-Seitenbandanlagen.
Man kann auf diese Weise Nachrichten, die durch Frequenzen im
Niederfrequenzband dargestellt werden, bequem in eine andere zur
Übertragung gut geeignete Frequenzlage umsetzen. Auf der Gegenseite
werden die Nachrichten durch einen analogen Vorgang in das Nieder-
frequenz band zurückversetzt.
i,
Will man mehrere Nachrich-
a ~~Av~AVA;v\AvA#vAJfvAvAvAvAvAJ\A? A
tenverbindungen erstellen, so
kann man die Umsetzung aus
dem Niederfrequenzband in
L"<K ~ verschiedene Lagen des Hoch-
b 7 ""'=/ frequenzbandes verlegen und
so über eine einzige Draht-
,~l'
leitung mehrere Fernmelde-
kanäle ohne gegenseitige Stö-
rung nebeneinander übertra-
gen. Auf der Empfangsseite
7
z. TFH-G'ci'Öf
1 Ooppc!phoscn-Kopplung L Zwischcn-ßysfcm-Kopplung
-i 1-Kopplungs-Kono'cnsofol' ,..,..,...,..._HF-J'perl'c CJ Lcifungsiibcf'fl'ogcl'
(Ankopplungsgcl'iif)
Abb. 337. Kopplungsarten.
c) Drahlose Übertragung
Die Technik der Ultrakurzwellen hat für die Elektrizitätsversorgung
ebenfalls neue Wege eröffnet. Rundstrahlende Sender erlauben es, in
großen Bezirken die zur Störbehebung eingesetzten Trupps und Fahr-
zeuge jederzeit zu erreichen. Dadurch können die durch die Leitungs-
störungen bedingten Lieferpausen erheblich herabgesetzt werden. Die
Mitbenutzung solcher UKW-Anlagen für die Übermittlung von Meß-
werten, Schaltermeldungen und Schaltbefehlen ist inzwischen bereits
verwirklicht worden.
Für sonstige große Nachrichtenbündel wird auch die Richtstrahl-
technik im cm- und dcm-Bereich eingesetzt und erscheint bezüglich
Betriebssicherheit und Anlagekosten konkurrenzfähig.
Fernsprechen 333
B. Fernsprechen
Die am vielseitigsten verwendbare Nachrichtenverbindung, die dem
entsprechend im weitesten Umfang eingesetzt wird, ist die Fernsprech-
anlage. Wenn mit Gleichstrom ausnutzbare Drahtleitungen, wie z. B.
innerhalb des Postnetzes, vorliegen, werden Zentralbatterie- (Hand-
betätigungssystem) oder auch normale Wähler-Anlagen mit Gleichstrom-
wahl und Wechselstromruf eingesetzt. Müssen die Leitungen abgeriegelt
werden, so genügt bei Handbetrieb die OB (Ortsbatterieanlage) mit
Wechselstromruf und Wechselstromschlußzeichen und gegebenenfalls
bei Wählanlagen die Induktiv- oder Wechselstrom-Wahl. Für Träger-
frequenz auf Hochspannungsleitungen haben sich verschiedene Verkehrs-
arten entwickelt. Dazu gehören zunächst die Einzelverbindungen,
bestehend aus lediglich zwei Endgeräten, die durch Hochfrequenz mit-
einander verbunden sind, aber auf der Niederfrequenz mit anderen
Fernsprechanlagen zusammengeschaltet werden können. Dabei ist
jedem Gerät eine feste Sendefrequenz zugeordnet, der auf der anderen
Seite die Empfangsfrequenz entspricht. InAnlagen mit mehr als 2 Hoch-
frequenzgeräten in einem Hochfrequenzbezirk kann mit Hilfe von
Frequenzwechsel der beliebige Untereinanderverkehr zwischen je zwei
334 Fernmelde-und Fernwirktechnik für den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
C. Fernschreiben
Als allgemeines Nachrichtenmittel, die jede Art Nachrichten, jedoch
mit schriftlichem Beleg zu übertragen gestattet, ist "der Fernschreiber
zu nennen. Die Übertragung erfolgt über einen normalen Hin- und
RücktelegrafiekanaL Die zu übertragenden Zeichen (Buchstaben, Ziffer
usw.) werden nach einem Code in Impulsen dargestellt, nach denen z. B.
eine oberhalb des Sprachbandes liegende Tonfrequenz getastet, d. h.
ein- und abgeschaltet wird. Die Impulse werden auf der Gegenseite
empfangen und in den Fernschreibmaschinen wieder in druckbare Buch-
staben und Ziffern umgesetzt. Wichtige Stationen werden teils über
das öffentliche teils über das betriebseigene Fernschreibnetz verbunden.
D. Fernmessen
Werden mehrere Versorgungsnetze zusammen geschaltet, so entstehen
Probleme über den Maschinen- und Leitungseinsatz. Um die Austausch-
leistungen nach vereinbarten Plänen einstellen zu können, muß man
über die an den Übergabestellen fließenden Leistungen am Ort der
Maschine oder am Ort des Lastverteilers laufend unterrichtet sein.
Hierfür sind Fernmeßanlagen entwickelt worden.
a) Gleichstrom-Intensitätsverfahren
Durch in der Zwischenzeit neu entwickelte Meßwertumformer Abb. 338
wird eine beliebige in ein Drehmoment umsetzbare Meßgröße durch das
Gegendrehmoment eines sich selbsttätig einregelnden Gleichstromes
kompensiert, der über eine Fernleitung in einem normalen Drehspul-
instrument mit entsprechender Eichung angezeigt wird. Diese Meß-
wertumformer sind besonders geeignet, wenn es nötig ist, aus mehreren
Werten eine Summe oder Differenz zu bilden. Da es sich um eingeprägte
Gleichströme handelt, können die Ausgänge derartiger Meßwertum-
Impuls-Frequenzverfahren 335
b) Impuls-Frequenzverfahren
Die Meßgröße könnte beispielsweise in einem Motorzähler, dessen Dreh-
zahl sich proportional mit der Leistung ändert, in einer fortlaufenden
Impulsfolge abgebildet werden, deren Frequenz. um so höher wird, je
höher die Leistung ist. Fließt die Energie in zwei Richtungen, so wird
die Impulsgebereinrichtung mit einem Vortrieb versehen, so daß die
Impulsfrequenz niemals negativ wird. Neuerdings werden Impulsgeber
nach dem Kompensationsverfahren dafür eingesetzt, entsprechend
Abb. 339 a. Das Leistungsmeßwerk (1) ist über die Regelfahne (2) mit
dem Drehspulmeßwerk (6) mechanisch gekuppelt. Eine Verstärker-
röhre (3) ist als Hochfrequenzgenerator geschaltet. Durch die Bewegung
der Regelfahne wird der Kopplungsgrad der Rückkoppelungsschalter (4)
verändert. Der hierdurch gesteuerte Ausgangsstrom der Verstärkerröhre
fließt über einen Hochfrequenztransformator (5) zu einem polarisierten
Steuerrelais (7), das in Selbstunterbrecherschaltung arbeitet und dem
ein Begrenzungs-Kondensator parallelgeschaltet ist. Dieses Relais
steuert mit seinem Kontakt gleichzeitig ein Kompensationsrelais (8)
und ein Senderelais (9).
Vom Kompensationsrelais wird das Drehspulmeßwerk (6) über eine
Kondensator-Lade- und -Entladeschaltung mit einer Hilfsspannung in
336 Fernmelde-und Fernwirktechnik für den Elektrizitätsvers orgungsbetrieb
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wandelt, die die Meßgröße abbilden und zur Speisung der Empfangsgeräte
dienen.
Dieses Fernmeßsystem hat den Vorteil, daß lediglich die Impulszahl
je Sekunde richtig übertragen werden muß, daß es aber nicht von
Schwankungen der Übertragungsenergie auf der Leitung oder kleineren
Verzerrungen des Impulsverhältnisses abhängt. Die üblichen Impuls-
frequenzen liegen zwischen 2 und 25 Impulsen/Sekunde. Die Über-
tragungszeitkonstante· richtet sich nach der kleinsten verwendeten
Impulsfrequenz. Die Impulsfrequenz ist nach oben durch die Forderung
begrenzt, daß die Übertragung über die normalen WT-Kanäle (WT =
Wechselstrom-Telegrafietechnik) möglich sein soll und daß die gegebenen-
falls verwendeten Relais dem Betrieb dauernd standhalten müssen. Bei
Übertragungen über abgeriegelte Leitungen oder Hochfrequenzanlagen
werden Tonfrequenzen im Rhythmus der Impulse ein- und ausgeschaltet.
Die Übertragung mehrere Meßwerte über einen Hochfrequenzkanal ist
möglich, indem man jedem Meßwert eine von den anderen Meßwerten
abweichende Tonfrequenz zuordnet, die einerseits im Rhythmus der
Impulse getastet wird. Dabei werden Frequenzen verwendet, die sich
1
aus dem Schema 60 n 1 Hz ergeben. Bei Mehrfachübertragungen
über Kanäle, deren gradliniger Aussteuerungsbereich begrenzt ist, muß
mit zunehmender Anzahl von Übertragungen, der Aussteuerungsbereich
je Kanal herabgesetzt werden, damit der gradlinige Bereich und damit
Klirrfrequenzen und gegenseitige Störungen der Übertragungen ver-
mieden werden. Auf diese Abnahme der Aussteuerspannung muß wegen
der in jedem einzelnen Fall zu überbrückenden Dämpfung Rücksicht
genommen werden.
e) Frequenzvariations-Verfahren
Die Meßgröße wird in eine Tonfrequenz umgewandelt, deren Höhe
sich mit dem Meßwert ändert. Die Meßgröße wird z. B. als Winkel-
ausschlag in einem Zeigerinstrument dargestellt, an das ein Variometer
gekoppelt ist. Jeder Winkelstellung entspricht somit eine bestimmte
Induktivität des Variometers, das seinerseits im frequenzbestimmenden
Kreis eines Tonfrequenzoszillators liegt (Abb. 340a). Die abgegebene
Tonfrequenz steht dann in einem eindeutigen Zusammenhang mit der
ursprünglichen Meßgröße. Bei Strom- und Spannungsmessungen kann
anstelle eines Geberinstrumentes mit Variometer eine gleichstrom-
magnetisierte Meßdrossel MD als frequenzbestimmendes Element ver-
wendet werden. (Abb. 340a, untere Hälfte.)
Auf der Empfangsseite wird durch eine Diskriminatorschaltung ein
Gleichstrom eingestellt, der seinerseits abhängig von der empfangenen
Frequenz ist (Abb. 340b). Damit ist die Größe des auf der Empfangs-
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 22
338 Fernmelde-und Fernwirktechnik für den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
seite eingestellten Gleichstromes ein eindeutiges Maß für die auf der
Senderseite erfaßten primären Meßgröße.
Die in Anspruch genommene Bandbreite liegt bei ± 71/ 2 % der mitt-
leren Frequenz des Kanals, also beispielsweise von 2210--2580 Hz. Die
Zeitkonstante der Übertragung
ist außerordentlich klein. Siebe-
trägt für den Empfänger 30 ms
und für den Sender 50 ms, wenn
anstelle des Anzeigeinstruments
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mit gekuppeltem Variometer eine
durch Gleichstromvorerregung
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veränderliche Induktivität als
Fernmeßgeber verwendet wird.
Durch die geringe Zeitkon-
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stante ist es möglich, eine Mehr-
fachübertragung in der Weise
durchzuführen, daß eine große
Anzahl von Meßwerten zeitlich
Abb. 340a. Frequenzvarlatlons-Fernmeßverfahren.
Fernmeß-Sender. gestaffelt zyklisch nacheinander
übertragen werden. Elektronische
Einrichtungen (abnutzungsfreie Kaltkathodenglimmschaltröhren) ge-
statten unter Vermeidung von Relais die Übertragung von 8 Werten
bei einem Abtastrhythmus von 1 Sekunde bzw. von 18 Werten bei
einem Abtastrhythmus
von 2 Sekunden. Nach
jeweils 2 Sekunden ist
also der volle Umlauf
über 18 Werte abge-
schlossen, so daß jeder
einzelneWert nach 2 Se-
kunden wieder nachge-
tiefere Frequenz
stellt wird.
F. Fernsteuern
Die Schaltanlagen und Kraftwerke sind in den meisten Fällen mit
besonderen Schaltwarten verbunden, von denen aus die Schalter in den
Schaltanlagen gesteuert werden. Bei den für Höchstspannung gebauten
Schaltanlagen sind wegen der notwendigen großen Abstände die Anlagen
räumlich so ausgedehnt, daß es nicht mehr zweckmäßig ist, die weit
entfernt liegenden Schalter von der Schaltwarte aus nach einem Direkt-
verfahren zu betätigen. Dann ist es erforderlich, auf indirekt arbeitende
Verfahren unter Verwendung von Zwischenrelais - also auf Fern-
steuerverfahren- überzugehen.
Oft besteht auch der Wunsch, mehrere zu einem Versorgungsnetz
gehörende Schaltstationen von einer zentralen Schaltwarte aus fern-
zubedienen und fernzuüberwachen. In diesen Fällen können die zwischen
Kommandostelle und den einzelnen Unterstationen auftretenden Ent-
fernungen bis zu 20 km betragen.
Für größere Überlandnetze und Verbundnetze besteht auch oft
die Aufgabe, von einer Lastverteilerstelle aus an wichtigen entfernten
Knotenpunkten der Netze oder in den speisenden Kraftwerken Schalt-
handlungen vorzunehmen. In diesem Falle liegen die Entfernungen in
der Größenordnung von 100 km und darüber.
Die Fernsteuereinrichtungen müssen allen diesen unterschiedlichen
Aufgabenstellungen gerecht werden. Es ist verständlich, daß es not-
wendig war, dafür verschiedene Verfahren zu entwickeln. Je nach
Aufgabenstellung ist in jedem Einzelfalle zu entscheiden, welches Ver-
fahren eingesetzt werden soll und welche Lösung zu einem technisch-
wirtschaftlichen Optimum führt. Man darf dabei nicht nur die Ent-
fernung zwischen Kommandostation und den Unterwerken betrachten,
man muß auch die Zahl der in den Unterstationen zu steuernden Schalter
und die von dort abzusetzenden Meldungen berücksichtigen. In den
letzten Jahren ist dabei das Bestreben zu erkennen, für die Verbindung
zwischen Kommandostation und Unterstation Nachrichtenkanäle, also
Fernmelde-Erdkabel, Ultrakurzwellen-Verbindungen und Trägerfre-
quenzverbindungen über Hochspannungsleitungen oder über Spezial-
kabel (z. B. Luftkabel) zu benutzen.
22*
340 Fernmelde-und Fernwirktechnik filr den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
Die wichtigsten Fernsteuerverfahren sind: Die Zweidra.htschaltung,
die Eindrahtschaltung und die verschiedenen Ausführungen des
Wähler-Fernsteuerverfahrens.
a) Zweidrahtschaltung
Für die Betätigung eines Schalters, die Rückmeldung seiner Stellung
und für die Auslösung eines akustischen Signals bei einer Stellungs-
änderung werden bei direkter Steuerung sieben Adern benötigt. Der
Querschnitt der Adern darf nicht zu gering gewählt werden, damit der
Spannungsabfall am Kabelwiderstand nicht unzulässig groß wird.
1
+-r;---------==:1:::~---+!:~==~===-rr-
b) Eindrahtschaltung
Das Eindrahtverfahren kann bei nicht allzu großen Entfernungen
zur Anwendung kommen; es hat den Vorzug, daß für jeden zu steuernden·
Schalter und für jede Meldung nur eine Ader benötigt wird. In Abb. 342
ist das Grundschaltbild für die Eindrahtschaltung dargestellt. Als
gemeinsame Ädern für das ganze Unterwerk sind zwei Leitungen er-
forderlich. Damit braucht man für die Steuerung oder Stellungsmel-
dung von n-Schaltern:
x = n +2 Leitungen.
Die Schaltung weicht von der Zweidrahtschaltung nur darin ab, daß
die Melderelais und die Steuerrelais nicht je in einem besonderen Strom-
kreis liegen, sondern daß der Steuerstromkreis und der Meldestromkreis
zusammengefaßt sind und Steuerung und Rückmeldung nacheinander
abgewickelt werden.
Soll in der dargestellten Schaltung der Schalter Sch eingeschaltet
werden, so ist der Druckknopf DE zu drücken. Dadurch wird von
342 Fernmelde- und Fernwirktechnik für den Elektrizitijtsversorgungsbetrieb
Minus über die Leitung L 1 und über das Steuerrelais RE der Stromkreis
nach Plus geschlossen. Die Schaltspule SE bewegt den Schalter auf Ein.
Mit dem Einschalten von Sch wird auch der Hilfskontakt HK um-
geschaltet, so daß nach Loslassen von DE der Stromkreis von Minus
über HK, das Steuerrelais RA, die Leitung L 1 und das Melderelais ME
nach Plus geschlossen wird. Da aber das Melderelais ME mit einer
hochohmigen Wicklung hoher Windungszahl versehen ist, das Steuer-
relais aber eine niederohmige Wicklung geringer Windungszahl besitzt,
wird die Batteriespannung zum weitaus größten Teil an ME liegen.
ME zieht an und die Meldelampe LE wird eingeschaltet. Das Steuer-
relais RA erhält nur eine so geringe Spannung, daß es nicht anziehen
kann. Die Eindrahtschaltung arbeitet nur zuverlässig bei kleinem
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Abb. 342 Grundsätzliches Schaltbild
der Elndrahtschaltung .
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Leitungswiderstand. Das Eindrahtverfahren kann also nur bei relativ
kurzen Entfernungen zwischen Kommandostelle und Unterwerk ein-
gesetzt werden.
Zu berücksichtigen ist ferner, daß die Gefahr von Fehlschaltungen
oder Fehlmeldungen besteht, wenn durch einen Isolationsfehler gleich-
zeitig bei der Fernleitung und bei ~inem Pol der beiden Hilfsleitungen
ein Erdschluß auftritt. Bei Beachtung aller betrieblichen Eigenschaften
beider Schaltungen kommt man zu der Überzeugung, daß die Zweidraht-
schaltung gegenüber der Eindrahtschaltung unbedingt den Vorzug
verdient.
Bei der Zweidraht- und Eindrahtschaltung besteht eine galvanische
Verbindung zwischen der Schaltwarte und der Unterstation. Solche
Verbindungen sind in hohem Grade störanfällig, wenn die Steuerleitungen
in der Nähe von Hochspannungsleitungen verlegt worden sind und auf
der Hochspannungsleitung eine Störung, z. B. ein Doppelerdschluß,
auftritt. Die dann auf den Steuerleitungen induzierten Längsspannungen
gegen Erde können solche Werte erreichen, daß das Bedienungspersonal
und die Isolation der Geräte gefährdet sind. Man wird deshalb in allen
Fällen, in denen mit Hochspannungsbeeinflussung gerechnet werden
muß, von der Verwendung dieser beiden Schaltungen Abstand nehmen.
Wählerfernsteuerung 343
c) Wählerfernsteuerung
Wenn die Aufgabe besteht, eine Anzahl von Steuerbefehlen oder
von Signalmeldungen über größere Entfernungen zu übertragen, so
setzt man zweckmäßig eine Wählerfernsteuerung ein. Der grundsätzliche
Vorteil der Wählerfernsteuerverfahren besteht darin, daß sie für alle
Steuer- und Meldevorgänge nur eine zweidrahtige Drahtverbindung
(Freileitung oder Fernmeldekabel) benötigen. Als Steuerverbindungen
kann auch eine Hin- und Rück-UKW-Verbindung oder ein Gegensprech-
Trägerfrequenzkanal über Hochspannungsleitung oder über Spezial-
kabel benutzt werden. Gegenüber den adersparenden Verfahren, wie
Zweidraht- und Eindrahtschaltung, haben die Wählerverfahren den
einzigen Nachteil, daß infolge der Zwischenschaltung von Wähler-
einrichtungen zwischen dem Steuerkommando und der Befehlsaus-
führung bzw. zwischen Schalterstellungsänderung und deren Meldung
in der Schaltwarte immer eine Zeit von meist einigen Sekunden ver-
streicht. Dafür ist die Sicherheit gegen Störungen außerordentlich groß;
sofern das Wählerverfahren die erforderlichen Sicherstellungsvor-
kehrungen enthält, wird bei ihm entweder die richtige Steuerung aus-
geführt oder es wird keine Änderung des bestehenden Schaltzustandes
vorgenommen. Wegen der großen Sicherheit, die mit einer Wähler-
fernsteuerung zu er.zielen ist, greift man oft zu diesem Verfahren selbst
dann, wenn die Entfernung zwischen der Kommandostation und der
Unterstation so gering ist, daß Wirtschaftlichkeitsüberlegungen eigent-
lich zu Gunsten der Zweidrahtschaltung ausfallen.
Der Befehl und die Meldung werden durch Impulsgruppen über-
mittelt. Eine Wählerfernsteuer-Schaltung ist in ihrem grundsätzlichen
Aufbau in Abb. 343 dargestellt. Darin bedeutet A die Sende- und B
die Empfangsstelle. Sowohl in A als auch in B befindet sich ein
Wähler, der auf einer gemeinsamen Welle je vier Hebel a besitzt,
welche teilweise als Kontakthebel benutzt werden. Diese Hebel können
sowohl auf der Geberseite A und der Empfängerseite B durch einen ge-
meinsamen Stromimpuls durch je ein elektromagnetisches Schrittschalt-
werk schrittweise gedreht werden. Die gezeichnete Anlage sei für die
Übermittlung von 18 Steuerbefehlen ausgerüstet und der Leistungs-
schalter Nr. 5 möge eingeschaltet werden. Hierzu wird der Kontakt b6
eingeschaltet. Gleichzeitig mit dieser Einschaltung wird der Relaisunter-
brecher d in Betrieb gesetzt, durch den die Wähler in der Sendestelle und
in der Empfangsstelle Stromimpulse bekommen und sich schrittweise
drehen, bis die Nullstellung wieder erreicht ist. Gleichzeitig mit den
Wählern erhält auch das sog. Pausenempfangsrelais g Impulse. Es be-
sitzt eine solche Abfalldämpfung, daß es bei der raschen Impulsfolge
seinen Kontakt g' dauernd angezogen, also unterbrochen hält. Gelangt
nun der Wähler in der Sendestelle A auf die Stellung 5 (zweiter Hebel a
344 Fernmelde-und Fernwirktechnik für den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
gestrichelt gezeichnet), so kann jetzt Strom von Plus über 5 zu dem sog.
Pausensenderelais e fließen. Dieses beeinflußt den Relaisunterbrecher d
derart, daß eine kurze Sendepause eintritt. In dieser kann das Pansen-
empfangsrelais g abfallen, wodurch der Kontakt g' schließt. Auf der Emp-
fangsseite B fließt jetzt Strom von Plus über den gestrichelt eingezeich-
neten zweiten Hebel a 2 über den Kontakt 5 zum Relais h5 über g' nach
Minus. Das Relais h 5 zieht seinen Anker an, hält sich selbst und betätigt
seine Kontakte h~ und h~'· Nach Ablauf der kleinen Pause laufen die
Wähler wieder weiter.
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Man richtet es so ei:n, daß beim Sender der Kontakt 5 mit dem Kon-
takt 13 einer weiteren Kontaktreihe verbunden ist. Dabei ist dieser
zweite Kontakt so gewählt, daß er spiegelbildlich zum Kontakt 5 liegt.
Dies ist bei 18 Stellungen beim Kontakt 13 der Fall, da 13 = 18- 5 ist.
Gelangen die Wähler jetzt an die Stelle 13, so wird Strom von Plus
(Hebel a von A) über den Kontakt 13 über b5 zum Pausensenderelais e
gelangen und es wird wieder eine Schaltpause eingelegt, durch welche
das Pausenempfangsrelais g seinen Kontakt g' abfallen läßt und ihn da-
durch schließt. Obwohl beim Empfänger B der Schalthebel a 3 eine Ver-
bindung zwischen Plus und Kontakt 13 herstellt, vermag der Strom nicht
weiterzufließen, da der Kontakt h~ unterbrochen ist. Ist jedoch zwi-
schen Geber und Empfänger infolge eines Fehlers oder Beeinflussung von
außen eine Differenz der Stellungen eingetreten, z. B., daß der Empfän-
"\Vählerfernsteuerung 345
ger statt auf Kontakt 13 erst auf Kontakt 12 steht, so wird von Plus aus
über Kontakt 12, über den geschlossenen Kontakt h~, über das Relais i
Strom über g' nach Minus fließen. Das Fehlerrelais i spricht an, hält sich
selbst und wird seinen Kontakt i unterbrechen und wie noch zu ersehen,
verhindern, daß der Schaltbefehl durchgegeben wird. Ist jedoch der
Kontakt 13 synchron erreicht, so kann das Fehlerrelais i nicht anspre-
chen. Nach der kleinen Schaltpause werden dann die Impulse so lange
weitergegeben, bis sämtliche Hebel sich wieder in der Ruhestellung be-
finden. In diesem Falle wird beim Empfänger B Strom von Plus über
den Hebel a4 über das Relais F 5 , über den Kontakt i' und über den jetzt
geschlossenen Kontakt g' nach Minus fließen können. Das Relais F 5
spricht an und schließt seinen Kontakt f~, wodurch das Relais r 5 anzieht
und das Einschalten des gewünschten Leistungsschalters 5 vornimmt.
Bei der geschilderten Steuerung wird also 2mal geprüft (auf Stel-
lung 13 und nach Erreichen der "Null"-Stellung), ob Gleichlauf zwi'schen
Geber und Empfänger vorhanden ist. Erst dann wird das Schaltkom-
mando gegeben.
Wenn eine Differenz der Stellungen beim Geber und Empfänger vor-
handen ist, derart, daß der Geber seine "Null"-Stellung erreicht hat, der
Empfänger jedoch nicht, so wird kein Schaltkommando gegeben werden
können.
Hätte das Fehlerrelais i angesprochen, also i' geöffnet, so könnte das
Einschalten nicht stattfinden. Sollte i nicht angesprochen haben, am
Schlusse jedoch der Synchronismus verlorengegangen sein, etwa daß der
Geber auf Null, der Empfänger jedoch nur bis 18 gekommen sei, so kann
der Schalter nicht eingeschaltet werden. Diese scharfe Überwachung ist
notwendig, damit nicht durch Felder- oder Fremdbeeinflussungen Fehl-
impulse zustande kommen und t::in falscher Schalter betätigt wird.
Es gibt noch einige andere Wählerfernsteuerverfahren. Allen ist
gemeinsam, daß sie durch entsprechende Sicherstellungs-Vorrichtungen
eine Fehlschaltung praktisch verhindern. Wegen der großen Zuverlässig-
keit, mit der die Fernsteuerung über Wähleranordnungen sich durch-
führen läßt, wird sie in Fernbedienungsanlagen-meist in Verbindung
mit Fernmeß- und Fernsynchronisieraufgaben - mehr und mehr ver-
wendet.
Wenn für die Übertragung der Fernsteuerimpulse und der Fernmeß-
werte nur ein Leitungskanal oder eine Hochfrequenzverbindung zur
Verfügung steht, so kann man den betreffenden Kanal mehrfach aus-
nutzen, wie das im Abschnitt A beschrieben worden ist. Falls aber zwei
Leitungen vorhanden sind, und die Fernmeßwerte nicht dauernd,
sondern nur "auf Abfrage" zur Verfügung zu stehen brauchen, so bedient
man sich auch der Fernsteuereinrichtung, um die jeweils gewünschte
Meßstelle anzuwählen und den Meßwert über die Meßleitung zu über-
346 Fernmelde-und Fernwirktechnik für den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
tragen. Man kann also ein und dieselbe 1\leßleitung nacheinander für
die Übermittlung beliebig vieler Meßwerte benützen.
Soll z. B. die Aufgabe gelöst werden, eine Fernsynchronisierung vor-
zunehmen, so kann mit der Fernsteuereinrichtung am Empfangsort eine
automatische Synchronisierei~richtung auf die Maschine geschaltet wer-
den, welche synchronisiert werden soll. Die Synchronisierung erfolgt
dann automatisch und nach erfolgter Synchronisierung mittels Fern-
steuerung die Rückmeldung.
Soll in die Ferne eine stetige Regelung übertragen werden, so kann
durch eine Fernsteuerungseinrichtung ein Aderpaar auf das zu regelnde
Aggregat geschaltet werden. Die Regelung kann dann von der Sende-
stelle über das durchgeschaltete Aderpaar erfolgen.
G. Tonfrequenz-Rundsteuerung
In Niederspannungsnetzen liegt oft die Aufgabe vor, an einer größeren
Zahl beliebig im Netz verteilter Verbraucher von einer zentralen Stelle
aus Schalthandlungen vorzunehmen. Wenn es sich darum handelt, die
Straßenlampen einer Stadt zu schalten, die Umschalter in Doppeltarif-
zählern zu betätigen, gewisse Verbrauchergruppen während der Bela-
stungsspitze vom Netz abzutrennen oder Alarmsignale auszulösen, so ist
es praktisch nicht möglich, zu jedem Verbraucher besondere Steuer-
leitungen zu verlegen. 1\lan setzt dann das als Tonfrequenz-Rundsteu-
erung bezeichnete Fernsteuerverfahren ein, bei dem das Versorgungsnetz
selbst als Fernsteuernetz verwendet wird.
An einer zentralen Stelle des Netzes werden der Netzspannung Ton-
frequenzimpulse überlagert, die sich über den ganzen von dieser Stelle
aus erfaßten Netzteil ausbreiten. Sofern die Frequenz und die Spannung
der Impulse richtig gewählt wurden, ist es möglich, an jedem Punkt des
Netzes Empfangsrelais zu betätigen, mit denen die gewünschten Schal-
tungen ausgeführt werden können.
Wegen der in jedem Netz vorhandenen Oberwellen, insbesondere
wenn Quecksilberdampf-Gleichrichter betrieben werden, sind nur wenige
Tonfrequenzen für die Rundsteuerung geeignet. Sie liegen praktisch in
den Frequenzbereichen der Vielfachen der 3. Harmonischen, die im all-
gemeinen von Oberwellen frei sind. Somit werden heute nur die Fre-
quenzen 475Hz, 725Hz, 1050Hz, 1350Hz und1800Hz verwendet. Die
Entscheidung, ob einer höheren oder einer tieferen Frequenz der Vorzug
zu geben ist, richtet sich nach der Art und nach dem Umfang des zu
steuernden Netzes. Während man bei mittleren städtischen Kabel-
netzen auf Grund der Erfahrungen mehr dazu neigt, eine Frequenz über
1000Hz einzusetzen, kommt bei weitverzweigten Überlandnetzen nur
eine tiefere Frequenz in Frage. Es ist auch schon eine Steuerfrequenz
Tonfrequenz-Rundsteuerung 347
unter 200 Hz vorgeschlagen worden. Die tieferen Frequenzen können in
Netzen mit vielen Phasenschieberkondensatoren eingesetzt werden, ohne
daß alle großen Kondensatoren grundsätzlich durch Sperrkreise für die
Steuerfrequenz abgeriegelt werden müssen.
Für hohe Steuerfrequenzen können große Phasenschieberbatterien
so kleine Impedanzen darstellen, daß die für das betreffende Netz erfor-
derliche Tonfrequenzleistung unzulässig groß sein müßte. Abgesehen
davon bilden Kondensatoren mit der Streuinduktivität der Transfor-
matoren oder mit der Induktivität der Leitungen Reihenresonanz.
kreise. Die Resonanzbedingung kann für tiefe Frequenzen ebenso erfüllt
sein wie für hohe; die gleichmäßige Versorgung aller Teile des Netzes mit
Steuerspannung ist dann nicht mehr gewährleistet. Bei der Berechnung
der Sendeanlage müssen diese Gesichtspunkte berücksichtigt werden; es
ist also nicht zulässig, sich mit einem Rundsteuerverfahren auf eine
bestimmte Steuerfrequenz festzulegen. Die günstige Steuerfrequenz muß
nach den Gegebenheiten des Netzaufbaues und der Netzbelastungen im
Einzelfalle bestimmt werden.
Die einzuspeisende Tonfrequenzleistung richtet sich in erster Linie
nach der 50-Hz-NetzbeJ.a.stung. Die für das Ansprechen der Empfangs-
geräte notwendige Tonfrequenzspannung wird als Spannungsabfall des
Tonfrequenzstromes an den Netzverbrauchern erzeugt, deren Impedanz
gegenüber der Eingangsimpedanz der Empfangsgeräte klein ist. Bei
Steuerverfahren, deren Empfänger-Ansprechspannung bei 1,5 Volt liegt,
genügt meist eine Tonfrequenzleistung von 0,50fo0 der höchsten Netz-
belastung. Bei Überlandnetzen mit relativ langen Freileitungen und bei
Netzen mit mehreren Spannungsstufen muß eine etwas höhere Leistung
eingespeist werden. Dp. außerdem die in den nächsten 10 Jahren zu
erwartende Belastungssteigerung des Netzes bei der Bemessung der
Tf-Sendeanlage berücksichtigt werden muß, liegt die Ausbauleistung der
Sendeanlagen je nach dem augewandten Verfahren zwischen 10fo0 und
30fo0 der heutigen 50 Hz-Netzbelastung.
Die Überlagerung der Tonfrequenz kann in kleinen Netzen mit nur
einigen Verteiltransformatoren zwischen Sternpunkt der Transformatoren
und dem Nulleiter vorgenommen werden. In den meisten Fällen wird
die Tonfrequenz in das Mittelspannungsnetz eingespeist. Auf diese
Weise ist es möglich, auch größere Netze von einer Sendestelle aus zu
steuern. Die Tonfrequenz wird dem Netz entweder durch Serienankopp-
lung oder durch Parallelankopplung zugeführt. Die Parallelankopplung
verwendet man vor allem bei höheren Frequenzen, bei denen die Im-
pedanz der das Netz speisenden Hochspanriungsseite groß ist gegen-
über der Impedanz des zu steuernden Netzteiles. Die Tonfrequenz wird
dabei dem Mittelspannungsnetz über Ankopplungskondensatoren zuge-
führt, deren Blindstrom durch vorgeschaltete Drosselspulen kompensiert
348 Fernmelde-und Fernwirktechnik für den Elektrizitätsversorgungsbetrieb
ID
HochspQnnong NittelspQnnongsnetz
110kV 20kV
Ankopplongs-
Ki.vmpensat:70ns- Kondensoruren Rondsteoer-Emnfönfler
Drosseln r :t'
rn Trenn-
r rr
transformQtor
Hondsfel/er-Empfönger
Sletlersc/Jüfz
XVI. Netzstörungen
A. Störungen im Netz durch Kurzschlüsse
Zu den unangenehmsten Netzstörungen gehören die Kurzschlüsse.
Kurzschlüsse werden meist durch Phasenüberschläge, etwa bei schlechter
Isolation, oder beim Auftreten von Überspannungen, eingeleitet. Je
nachdem, ob der Kurzschluß sich zwischen zwei oder zwischen drei
Phasen ausbildet, spricht man von einem zweipoligen oder dreipoligen
Kurzschluß. In Netzen, deren Sternpunkt geerdet ist, führt ein Über-
schlag nach Erde ebenfalls zu einem Kurzschluß (einpoliger Kurzschluß).
In den mit isoliertem Sternpunkt arbeitenden Hochspannungsnetzen
(bzw. Sternpunkt ist über eine Erdschlußdrossel geerdet) führt ein
Überschlag nach Erde zu einem Erdschluß (s. S. 384). Der Doppel-
erdschluß, wie ihn die Abb. 345a zwischen den Phasen S und T zeigt,
hat jedoch ähnliche Wirkung wie ein zweipoliger Kurzschluß. In
Netzen mit isoliertem Sternpunkt sind die meisten Kurzschlüsse zwei-
350 Netzstörungen
a e.-------------R
R
± -b =-
sind. An der Kurzschlußstelle c
f ist das Spannungsdreieck zu
einem Punkt entartet. Bei
-- - einem Kurzschluß unmittelbar
T
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:~4,-i=~=--=-~.! s~=~~
::to:n ::s :::~
b fi a h
! J%
R Stelle das Spannungsdreieck
s ebenfalls zu einem Punkt zu-
c 1 sammen. Die EMK des Gene-
rators arbeitet dann allein auf
die Reaktanzen der Maschine.
Abb. 345c zeigt die Verhält-
nisse bei einem zweipoligen
Kurzschluß zwischen den Pha-
R
s sen S und T. An der Speise-
T stelle a ist das Spa.nnungs-
Abb. s•5a-c. a Doppelerdschluß, b drelpcl!ger dreieck unverzerrt (streng ge-
Kurzschluß, c zwelpcllger Kurzschluß.
nommen wird infolge der
Generatorinduktivität auch hier bereits eine Verzerrung vorliegen). Die
Spannung zwischen S und T nimmt nach der Kurzschlußstelle bis auf
den Wert Null ab. Die Phasenspannung der gesunden Phase R bleibt
dagegen erhalten, so daß die Spannungsdreiecke bei b und c die in der
Abb. 345c aufgezeichnete Gestalt besitzen. ·
Ein Kurzschluß muß wegen seiner schädlichen Auswirkungen auf elek-
trische Maschinen, Apparate und Anlagen rasehestens abgeschaltet wer-
den. Besteht z. B. ein dreipoliger Kurzschluß längere Zeit, so gelangen
sämtliche Drehstrommotoren an der Kurzschlußstelle und in der Nach-
barschaft zum Stillstand. Bei einem zweipoligen Kurzschluß besteht die
Möglichkeit, daß Motoren, wenn sie schwach belastet sind, als zweiphasig
gespeiste Motoren weiterlaufen. Stark belastete Motoren werden dagegen
auch in diesem Fall zum Stillstand kommen. Wird aber der Kurzschluß,
der in einer Abzweigleitung liege, rasch abgeschaltet, dann können die
Auswirkungen auf die nicht in diesem Abzweig liegenden Motoren und
übrigen Verbraucher unwesentlich sein.
Kurzschlußschutz in Netzen 351
Bei einem Kurzschluß können sehr hohe Ströme auftreten, welche die
Leitungen und Kabel erwärmen, und zwar um so mehr, je längere Zeit
bis zum Abschalten des Kurzschlusses vergeht. Auch aus diesem Grunde
ist ein rasches Abschalten erwünscht, besonders da bei Freileitungskurz-
schlüssen die Möglichkeit besteht, daß der mit dem Kurzschluß ver-
bundene Lichtbogen Leitungen durchschmilzt und diese dann herunter-
fallen. Infolge der bei einem Kurzschluß fließenden großen Ströme treten
in den Maschinen, Transformatoren, Apparaten usw. hohe mechanische
Kräfte auf, die ausgehalten werden müssen, was eine besondere Bemes-
sung der elektrischen Maschinen und Apparate mit Rücksicht auf den
Kurzschlußfall erforderlich macht. Tritt ein Kurzschluß auf, so ist im
ersten Augenblick des Kurzschlusses der Strom am größten (der Stoß-
kurzschlußstrom eines Generators kann bei 12% Streuspannung das
l5fache vom Maximalwert des Nennstromes sein) und klingt nach einer
gewissen Zeit (etwa 5 sec) auf den kleineren Dauerkurzschlußstrom ab
(s. Kap. XX). Der Dauerkurzschlußstrom kann, wenn der Kurzschluß
sich unmittelbar an einem Turbogenerator befindet, eine Größe haben,
die beim einpoligen Kurzschluß gleich dem Fünffachen, beim zweipoligen
Kurzschluß gleich dem Dreifachen und beim dreipoligen gleich dem Zwei-
fachen des Nennstromes ist. Beachtet man, daß die elektrodynamisch
erzeugten Kräfte mit dem Quadrate des Stromes anwachsen, so heißt das,
daß die im Kurzschlußfall im ersten Augenblick auftretenden elektro-
dynamiseben Kräfte etwa l5 2 =225mal so groß sein können wie die
maximale Kraft bei Nennstrom. Diese Kräfte haben schon oft schwere
Schäden an Maschinen, Transformatoren, Stromwandlern usw. hervor-
gerufen.
B. Kurzschlußschutz in Netzen
In den Verteilungsnetzen der elektrischen Kraftversorgung treten
gelegentlich Kurzschlüsse auf, die rasehestens abgeschaltet werden müssen.
Dabei soll möglichst nur die kranke Strecke abgeschaltet werden, nicht
jedoch gesunde Netzteile. Man bezeichnet einen Netzschutz, der nur die
kranke Strecke zur Abschaltung bringt, als selektiven Netzschutz. Es
gibt verschiedene Schutzsysteme mit mehr oder weniger guter Selek-
tivität, die im folgenden behandelt werden sollen.
liehst nur die kranke Strecke abzuschalten. Abb. 346 zeigt den Einbau
der Sicherungen in zwei strahlenförmigen Verteilungsnetzen, welche von
je einer Transformatorenstation aus gespeist werden. Man erhält bei der-
artigen Strahlennetzen einen selektiven Netzschutz, wenn die hinterein-
ander geschalteten Sicherungen in ihrer Nennstromstärke bzw. ihrer
Charakteristik so abgestimmt sind, daß, falls beiKein Kurzschluß erfolgt,
nur die Sicherung bei a anspricht. In größeren Verteilungsnetzen wird
man oft an Stellen, an denen zu verschiedenen Niederspannungsnetzen
eines Kraftwerkes gehörende Leitungen sich treffen, diese des besseren
Lastausgleiches wegen miteinander verbinden, oder die Möglichkeit einer
Verbindung vorsehen (s. Abb. 346). Solche Verbindungsleitungen wird
man ebenfalls durch Sicherungen an den beiden Enden schützen bzw.
Ansprech- I I
sfrom
Abb. 351. Charakteristik eines Abb. 352. Charakteristik eines begrenzt
stromabhängigen Zeitrelais. stromabhiingil;en Zeitrelais.
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Abb. 360a u. b. Schutz einer Ringleitung bzw. einer zweieeitig gespeisten Leitung.
~I
prinzips sei zunächst der einfache
b Fall einer einseitig gespeisten
t Strecke (Abb. 366a) betrachtet,
Abb. seoa u. b. Spannung und Impedanz einer
Leitung bei KurzschluB. die nur am E:ride eine Belastung
habe. Tritt auf der Leitung ein
Kurzschluß auf, dann wird der fließende Kurzschlußstrom eine konstante
Größe haben (vorausgesetzt, daß bei A und B keine Ströme entnommen
werden), die Spannung wird jedoch von der Kurzschlußstelle bis zum
Kraftwerk ansteigen(Abb. 366b). Die ImpedanzZ= U ).Jefl, welche man
an den einzelnen Stellen des Netzes messen kann, ist am Kurzschlußort
Null (satter Kurzschluß vorausgesetzt) und wird in Richtung nach dem
Un~l:
z~ I.J--:-:=::]z
Abb. 867. Spannung und Impedanz beieiner Abb. 368. Schutz eines
zweiEeitig gespeisten Leitung. vermaEchten Netzes.
abstände sehr viele Relais gebraucht werden, also Wert auf größte
Billigkeit der einzelnen Schutzanordnungen gelegt werden muß.
Abb. 369 zeigt eine Ausführungsform, die SSW bei seinen Impedanz-
relais zur Anwendung bringt, bei der nur ein Impedanzrelais und ein
Richtungsglied zum Schutze der drei Leitungen benötigt werden. Weiter-
hin sind drei Stromwandler und ein Spannungswandlersatz (nicht. ein-
gezeichnet), durch den die Spannungen zwischen den einzelnen Phasen
und für den Fall der Erfassung des Doppelerdschlusses die Spannung
zwischen Phase und Erde gemessen werden können, vorhanden. In den
Phasen R und T der Stromwandler liegen zwei Droschaltrelais a 1 und a 2•
Spricht das Relais a 1 an, dann wird der-Schalter b1 nach rechts und der
Schalter b]. nach links, spricht das Relais a 2 an, dann wird der Schalter b2
R s 1 nach rechts gelegt. In der Nulleitung der
drei Stromwandler ist ein weiteres Relais a3
vorgesehen, welches den Schalter b3 be-
tätigt. Das Relais a3 tritt nur bei Er-
fassung eines Doppelerdschlusses in Tätig-
keit. Bei Kurzschlüssen zwischen den
Phasen RS und RT und beim Drei-
phasenkurzschluß RST spricht stets das
Relais a1 an und schaltet den Kontakt b1
nach rechts. In diesen Fällen fließt der
Wandlerstrom der Phase R durch das
Richtungsglied und durch das Impedanz-
relais. Nur bei einem Kurzschluß zwischen
den Phasen S und T bleibt der Um-
Abb. 3611. Einrelais-Impedanzschutz
(SSW). schalter b1 in der gezeichneten Lage und
der durch die Phase T fließende Strom
wird jetzt durch das Richtungsglied und durch das Impedanzrelais
hindurchgeführt. Bei zweipoligen Kurzschlüssen ist es für ei:qe ein-
wandfreie Impedanzmessung, wie auch für das richtige Arbeiten des
Richtungsgliedes wesentlich, daß stets die Spannung der beiden kurz-
geschlossenen Phasen zur Messung benutzt wird. Eine Kontrolle zeige,
daß das Schaltbild stimmt. Besteht ein Kurzschluß etwa zwischen den
Phasen R und S, so wird der Schalter b1 nach rechts bewegt, also der
Strom der Phase R gemessen. Ferner wird der Schalter b~ nach links
bewegt. Man sieht, daß an die Spannungsspulen des Richtungsgliedes
und der Impedanzrelais die Spannung URS gelegt wird. Das Impedanz-
relais mißt einen Impedanzwert Z = U Rsf I 8 , das ist aber beim zweipoligen
Kurzschluß die zweifache Impedanz einer Phase: Z=2ZR· ·Ist ein drei-
phasiger Kurzschluß vorhanden, dann wird, weil der Schalter b1 um-·
gelegt wird, der Strom der Phase R gemessen. Weiter wird der Schalter bi
und der Schalter b2 betätigt. Man mißt in diesemFalle die Spannung U RT
Schutz der Hochspannungsnetze 365
und erhält als Impedanz dieGrößeZ= U RTIIR. Da die Leitungsimpedanz
jedoch in diesem Falle gleich
UAR
ZR=-----y;;-(U AR= Phasenspannung von R) (135)
und
(136)
ist, ergibt sich, daß die gemessene Impedanz y3-mal größer als die Lei-
tungsimpedanz ist.
URT -UAR ,;-
Z= IR =y3 IR =r3ZR. (137)
Im vorhergehenden Falle, beim zweiphasigen Kurzschluß, war die ge-
messene Impedanz 2 ZR gewesen. Da beide Werte sich nicht stark von-
einander unterscheiden, ist diese Abweichung, die nur kleine Unterschiede
M
:pfo-413
·. ~
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Abb. 370a u. b. Doppelerdschluß.
in der Laufzeit der Relais ergibt, zulässig. Tabelle 16 zeigt, wie bei den
einzelnen Kurzschlußarten die Anregung erfolgt und welche Impedanz
gemessen wird.
Tritt in einem Netz ein Doppelerdschluß auf, so ist dies gleichbedeu-
tend mit einem Zweiphasenkurzschluß. Abb. 370a zeigt die zunächst
einseitig gespeiste Strecke, welche bei A und B zwischen den Phasen R
und S einen Doppelerdschluß haben soll. In der Station M befinden
sich drei Stromwandler in Asymmetrieschaltung, in deren Nulleitung die
Stromspule eines Relais liegt. Im Falle des angenommenen Doppelerd-
schlusses ist in M nur die Phase R stromdurchflossen (vom normalen
Belastungsstrom sei hierbei abgesehen), das Relais mißt den Erdstrom I 0 ,
der in diesem Falle gleich dem Phasenstrom IR ist. Der Strom I 0 kann
also zur Anzeige für einen vorhandenen Doppelerdschluß benutzt werden.
Der Strom IR fließt bis zur Erdschlußstelle A in der Phase R und von da
in der Erde zurück, bis er bei B von der Phase S wieder aufgenommen
wird. Dieser teils in der Leitung, teils in der Erde fließende Strom ver-
ursacht einen Spannungsabfall, zu dessen Berechnung die zwar nicht ganz
exakte, aber einfache Annahme zweckmäßig ist, daß zwischen M und A
in der Leitung die normale Phasenimpedanz ZR und in der Erde eine
Io-iir+Ik weitere Impedanz ZE vorhanden ist.
In ~? f ;; lf R Die Spannung in der Station M
a 1; " ! ;k !:l~ (Abb. 370b) zwischen der Phase R
.s
' und Erde hat also die Größe
.
.,. : mI
11211/r;
112 ftrKt
;; R
T
R
u RO = IR(ZR+ ZE)~
Setzt man annähernd ZE=ZR (mei-
(138)
Dieser Wert ist jetzt nicht mehr wie bei der einseitig gespeisten Strecke
gleich ZR+ZE, sondern unterliegt je nach der Größe von I 0 Schwan-
kungen. Diese bedingen eine Veränderung der Auslösezeit, die jedoch
meist noch tragbar ist.
Aus diesen Betrachtungen folgt, daß für den Fall des Doppelerd-
schlusses die Spannung der Phase gegen Erde gemessen werden muß.
Die hierfür notwendigen Umschaltungen werden durch das Relais a 3 der
Abb. 369, welches nur anspricht, wenn ein Doppelerdschluß vorhanden
ist, vorgenommen. Das Relais a 3 betätigt den Schalter b3 • Tritt z. B.
(s. Abb. 371 b) ein Doppelerdschluß zwischen den Phasen RundS auf,
so werden die Schalter b1 , b~ und b3 der Abb. 369 betätigt. An die Span-
nungsspule des Impedanzrelais kommt, wie das Schaltbild zeigt, die
Spannung U RO zu liegen und auf die Stromspule wirkt IR· Das Relais,
das auf den Schalter K 1 wirkt (s. Abb. 371 b), spricht an und trennt den
Doppelerdschluß auf. Die beiden Netzhälften können für sich weiter im
Betrieb gehalten werden, denn die Kurzschlußströme, die durch den
Doppelerdschluß bedingt waren, sind beseitigt. Jede Netzhälfte weist
jedoch einen einfachen Erdschluß auf, der bei vorhandenen Erdschluß-
Löschvorrichtungen meist gelöscht wird oder zumindest gestattet, daß
man eine gewisse Zeit mit bestehendem Erdschluß fahren kann. Das
Relais, das dem Schalter K 2 links von den Sammelschienen zugeordnet ist
spricht nicht an, weil das Richtungsglied sperrt. Es ist wesentlich, daß
nicht die Schalter K 1 und K 2 zusammen ansprechen, da sonst die
Sammelschiene M und die daran hängenden Verbraucher keine Span-
nung mehr hätten. Hat der Doppelerdschluß die in der Abb. 371 c ge-
zeichnete Lage, so wird das Richtungsglied des Impedanzrelais, welches
zum Schalter K 2 gehört, richtig stromdurchflossen und der Schalter K 2 ,
nicht jedoch der Schalter K 1 löst aus. Ist ein Doppelerdschluß zwischen
den Phasen T und R vorhanden (Abb. 37ld), dann arbeitet ebenfalls
nur der Schalter K 1 , weil zunächst nur der Strom der Phase R gemessen
wird und nur das Richtungsglied, welches zum Schalter K 1 gehört, im
richtigen Sinne stromdurchflossen ist. In der Tabelle 16, S. 366 ist
angegeben, wie beim Doppelerdschluß die einzelnen Anregungen und die
gemessenen Impedanzen sind.
Der Einrelaisschutz erreicht kürzeste Abschaltzeiten von etwa 0,1
bis 0,06 sec. Erheblich kleinere Zeiten lassen sich nicht erzielen, da die
Ansehaltung des Meßgliedes an die richtige Phase eine gewisse Zeit
368 Netzstörungen
benötigt. Bei Relais für sehr kurze Abschaltzeiten, z. B. dem sog. EiD-
periodenrelais (BBC), welches für solche Höchstspannungsnetze vor-
gesehen ist, bei denen mit Rücksicht auf die Stabilitätsverhältnisse Kurz-
schlüsse sehr rasch abgeschaltet werden müssen, wird auf jede Um-
schaltung im Relais verzichtet und für jede Phase ein Meßglied vor-
gesehen (Abb. 372). Mit einem
solchen Relais lassen sich Aus-
lösezeiten von 0,01 bis 0,03 sec
erzielen.
ß) Kennlinien. DieDistanz-
relais können mit verschiede-
nen Charakteristiken ausge-
rüstet werden. Man verwendete
früher meist stetige Kenn-
linien, bei denen die Laufzeit
der Relais direkt proportional
der Entfernung ist. Es sei eine
einseitig gespeiste Strecke mit
dem eingezeichneten Distanz-
relais versehen (Abb. 373). Die
Auslösezeit des Relais I wird
bei einem Kurzschluß am An-
fang des Streckenabschnitts
Null sein und proportional mit
der Strecke zunehmen. Man
hat also durch die schräge
Kurve I-1 ein Maß für die
Auslösezeit t1 bei einem Kurz-
schluß an jeder Stelle der
Strecke. Entsprechend kann
man die Auslösezeiten für die
Relais I I und I II ermitteln und
bekommt die Kurven II-II
Abb. 372 . Elnperioden·Distanzrelais LG 3
nach dem Drehfeldprinzip (BBC).
und I11-11I. Man erkennt,
daß unabhängig davon, ob
der Kurzschluß an der Stelle K 1 , K 2 oder K 3 ist, die Auslösezeiten
nicht sehr verschieden sind. Man erhält also gegenüber dem Staffel-
schutz mit starr eingestellten Zeiten kurze Abschalt7,eiten unabhängig
von der Zahl der hintereinander geschalteten Leitungen. Im ersten
Falle spricht das Relais I, im zweiten Falle das Relais II und im
dritten das Relais III an. Sollte bei einem Kurzschluß in K 1 das
Relais I versagen, dann wird nach einer etwas längeren Zeit das
Relais II die Abschaltung übernehmen. Der Impedanzschutz bietet
Schutz der Hochspannungsnetze 369
also ebenso wie der normale Staffelschutz eine Art Reserve. beim Ver-
sagen eines Relais.
Bei einer zweiseitig gespeisten Strecke (Abb. 374) verlaufen die
Staffelkurven entsprechend. In der Abbildung sind die Staffelkurven für
die Relais, welche bei einem Strom- tr,
durchfluß nach rechts ansprechen,
oberhalb der Abszisse und die Kur- t
ven für die Relais, die nach links
ansprechen, unterhalb derselben
aufgetragen. Es ist angenommen, 1
daß die Relais auch bei der Impe•
danz Null eine kleine Zeit zum
Impedanz
Ansprechen benötigen (Abb. 376). ELeifungslünge
Ferner ist vorgesehen, daß jedes Abb. 1173. Auslösezeiten auf einer Leitung in
Relais eine größte Laufzeit hat, Abhängigkeit der Impedanz.
die auch bei beliebig großer Impedanz nicht überschritten wird.
Weniger gut arbeitet ein Distanzschutz, falls entsprechend Abb. 375
die Streckenlängen sehr verschieden sind. Während auf der kurzen Strecke
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Abb. 37 4. Auslösezeiten des Distanzschutzes bei doppelseitig gespeister Strecke.
die Abschaltzeiten sehr klein sind, werden dieselben bei längeren Strecken,
falls der Kurzschluß am Ende der Strecke erfolgt, verhältnismäßig lang.
In krassen Fällen können die Zeiten t1 1
und t 2 der Relais] und II (Abb.375)
sich nur wenig voneinander unter-
scheiden, so daß hierdurch unter
Umständen Fehlabschaltungen er-
folgen können. I][ n
Aus diesem Grunde rüstet man Abb. 375. Auslösezelten in Abhängigkeit der
die Relais mit stetiger Charakteristik Impedanz bei unterschiedlichen Streckenlingen.
mit einem "Eilkqntakt" aus, wodurch erreicht wird, daß, wenn der Fehler
innerhalb einer gewissen Strecke liegt, eine Auslösung mit einer kurzen,
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 24
370 Netzstörungen
über die betreffende Strecke konstanten Zeit erfolgt. Erst wenn der
Fehler außerhalb dieses Bereiches liegt, kommt die stetige Kennlinie
in Frage.
Es sei, um die Wirkungsweise des Eilimpedanzrelais klar zu er·
kennen, der Schutz einer einseitig gespeisten Strecke entsprechend
Abb. 376 betrachtet. Den einzelnen Impedanzrelais wird man eine
Charakteristik geben, daß auf etwa SOO/o jedes Streckenabschnitts
(Streckenlänge entspricht der Impedanz in Ohm) die Eilzeit t0 vorhan-
den ist. Erst dann beginnt mit einem kleinen Zeitsprung t, die anstei-
gende Charakteristik des Relais. Tritt z. B. ein Kurzschluß an der
Stelle K 1 auf, dann erfolgt die Auslösung mit der Grundzeit t0• Erst
wenn der Kurzschluß ziemlich am Ende der Strecke bei K 2 ist, wird
nach einer größeren Zeit t2 ausgelöst. Ist der Kurzschluß bei K3 , also
ganz am Anfang der
I
Strecke, dann erfolgt
die Auslösezeit eben-
falls mit der Eilzeit t 0 •
Das vorgeschaltete Re-
lais III kommt nicht
zum Auslösen, da des-
sen Zeit um den Be-
Abb. 876. Auslösezeiten einer durch Impedanzrelais mit Eilkontakt trag t~ größer ist als
geschützten Leitung.
die Zeit des Relais II.
Um auf jeden Fall ein Auslösen des Relais III zu vermeiden, mußt~
eine bestimmte Größe haben. Man erkennt, daß man diesen Wert
durch entsprechende Wahl des Zeitsprungs t, (Parallelverschieben der
Auslösekennlinie !) beim vorgeschalteten Relais I I I verändern kann.
Sollte bei einem der angenommenen Kurzschlußfälle das Relais oder
der Schalter versagen, dann wird, allerdings mit einer größeren Zeit,
das dem vorhergehenden Streckenabschnitt zugeordnete Relais I li
ansprechen und wenn auch diese versagen sollte, mit einer noch etwas
größeren Zeit das Relais IV. Man hat also bei dem Impedanzschutz eine
Reserve, da stets jedes Relais von dem davorgeschalteten geschützt wird.
Sollte bei einem Kurzschluß an der Stelle K 4 das Relais IV versagen, so
muß das vor den Sammelschienen im Kraftwerk angeordnete Relais die
Abschaltung übernehmen. Bei der Festlegung der Kennlinien der ein-
zelnen hintereinander geschalteten Relais muß man, um Fehlauslösungen
zu vermeiden, darauf achten, daß keine Überschneidungen vorkommen
und daß benachbarte Relais genügenden Zeitabstand gegeneinander auf-
weisen.
Eine andere Möglichkeit, die sehr oft angewendet wird, da sie die
kürzesten Auslösezeiten ergibt, ist die Ausführung der Relais mit einer
Stufencharakteristik (s. Abb. 377). Die erste Stufe umfaßt im allge-
Schutz der Hochspannungsnetze 371
meinen 80bis85% der zu schützenden Teilstrecke und ist im vorliegenden
Beispiel auf eine Auslösezeit von 0,1 sec eingestellt. Die weiteren Zeit-
stufen werden hinsichtlich Meßdistanz und Auslösezeit den Netzverhält-
nissen angepaßt. Die letzte, hier die fünfte Zeitstufe wirkt als Endzeit-
begrenzung.
Beim Distanzschutz ist zu beachten, daß die Distanzrelais nicht die
tatsächliche Impedanz oder Reaktanz der Leitung messen, sondern einen
Wert, der durch die Strom- und Spannungswandler gegeben ist. Ist z. B.
A B c 0
r----- --..
1""----- ___ _..r-------""
I
..------ ---
1 ___J r ·----------..: r ---
Primiirreokfunz Ohm/Pilose
Abb. 377. Distanzrelais mit Stufencharakterist!k.
Es besteht also, da UJJI =Z ist, zwischen der gemessenen und der tat-
sächlichen Impedanz die Beziehung
Z' = Z ~~.
uu
(143)
in den Kreis ein und verläßt ihn beim Kippunkt. Es erfolgt daher eine
Auslösung nur in einer Richtung, von der Station aus gesehen. Diese
Meßanordnung umfaßt also Entfernungsmessung und Richtungsmessung
zugleich.
Der Strom e in der Meßschaltung ist umgekehrt proportional dem
Einstellwiderstand r. Dieser wiederum steigt mit dem Ausdruck __!__
C08 qJ
linear an. Es gilt nun
Z2 2 1
R = R + R = x sin 2 rp = R
Z .x 2
r = cos rp = cp ·
cos 2 (14 7)
Die beiden letzten Quotienten zeigen, wie der Einstellwiderstand bzw.
der Strom e von x bzw. R abhängig ist. sin 2 cp ändert sich z. B. zwischen
30 und 60° nur etwa um ± 7 %, d. h. bei konstanter Fehlerortsentfernung
hat der Wirkwiderstand nur geringen Einfluß auf dieFehlerortsmessung.
Ist dagegen der Winkel spitzer als 60°, dann nimmt der Wert sin 2 cp
sehr rasch ab. Aus diesem Grunde eignet Auslöseseite J'perrseite
sich das Konduktanzrelais vor allem für ~ u
~lr,·
Mittelspannungsnetze. Bei Höchstspan- lt:z-I=i r=-"
+or$
----,.,;-
nungsnetzen sind die Querschnitte, die rf1 Fi1
Induktivität und damit auch die Win- L<f-'
kelcp größer, bis zu 85 °, weshalb das reine Abb. sso. Konduktanzmessung mit
Konduktanzrelais hierfür ausscheidet. verstärkter Ricbtungsangabe.
Felllo
SptiRRU.
Abb. 381. Einstellmöglichkeiten der Abb. 382. Grundsitzliehe Schaltung des Meßkreises
01
Kennlinie eines Schnelldlstanzrelais. des Schnelldistanzrelais SD' (AEG).
SD' (AEG).
• Einstellung der Kippimpedanz der Trockengleichrichter
Schnellstufe (2 Z ) R, R1 , R, Festwiderstände
t1 Einstellung der Ji!ppimpedanz der R8 , Rz Einstellwiderstände
Staffelstufe (2 Z,) T Zeltlaufwerk
Einstellung der Staffelzelt (11 )
Einstel,lung der Anfangszelt des Z Me.ßglled
Stetigteils (t,) • Rt , Zeltproportionaler Widerstand
0 Einstellung der Grenzzelt (tg)
"J Einstellung der Steilheit des
Stetigteils (a)
größer und die Spannung E meist kleiner werden, so daß die Differenz-
spannung Ea positiv wird. Liegt der Kurzschluß dagegen rechts von a
bei a", so wird der Strom, der durch Z0 fließt, kleiner, also die Differenz-
spannung E 11 negativ. Ist dagegen der Kurzschluß außerhalb der zu
schützenden Leitung und zwar links von A bei a"', so wird, da I negativ
ist, nach Gl. (148) E 11 auch negativ.
Die Spannung E 11 ist also nur positiv, falls der Fehler innerhalb
von Aa liegt. Ein besonderes Richtungsrelais ist also für diese Ermitt-
lung nicht notwendig.
Führt man nun die Differenzspannung E 11 der Spule 3 eines Ferraris-
systems zu und hat man eine weitere senkrecht daran liegende Spule,
welche an einer Vergleichsspannung liegt, die eine Phasenverschiebung
gegen E 11 hat, so entsteht ein Drehmoment, welches positiv ist, falls der
Kurzschluß innerhalb von Aa liegt und das zur Kontaktgabe benutzt
werden kann.
Verkleinert man die Spannung auf der Sekundärseite des Wandlers 2,
dann wird bei einem kleineren I Z0 die Differenzspannung U a Null; d. h.,
es muß ein kleinerer Strom fließen, was einer größeren Streckenlänge,
376 Netzstörungen
also einer größeren Impedanz entspricht. Man kann also leicht den
Streckenbereich für das Ansprechen einstellen.
Infolge der Möglichkeit, den Ansprechbereich (Ansprechimpedanz)
leicht verändern zu können, kann man dem Relais unter Benutzung eines
Zeitwerkes mit Kontakt, eine stufenförmige Kennlinie nach Abb. 383 b
geben. Liegt ein Kurzschluß zwischen Aa, so wird ein Überstrom bzw.
eine Unterimpedanzanregung ansprechen (in Abb. 383a nicht ein-
gezeichnet) und das Drehfeldrelais 3 einschalten, welches positiv aus-
schlägt und Kontakt gibt und den Leistungsschalter auslöst. Die kürzeste
Zeit, welche vom Anregebeginn bis zum Abschalten des Kurzschlusses
vergeht, beträgt bei Benutzung guter Leistungsschalter etwa 0,1 sec. Ist
der Kurzschluß jetzt rechts von a bei a", so ist Ed negativ und das
Drehfeldrelais dreht sich entgegengesetzt gegen einen Anschlag, gibt also
keinen Kontakt. Man hat nun ein Zeitwerk, welches bei Beginn des
Kurzschlusses zu laufen anfängt und schaltet dieses z. B. nach 0,4 sec
die Sekundärseite des Spannungswandlers 2 auf eine kleinere Spannung
um, die einem größeren Schutzbereich, z. B. für die Strecke Ab ent-
spricht, so ist jetzt das Moment im Drehfeldrelais wieder positiv und es
kann Kontakt gegeben werden. Ein Kurzschluß, der auf der Strecke ab
liegt, wird also nach 0,4 sec abgeschaltet. Gibt man dem Zeitwerk noch
einen weiteren Kontakt, der nach einem weiteren Zeitintervall den Span-
nungswandler nochmals umschaltet, so kann noch eine dritte Zeitstufe
(evtl. auch eine vierte und fünfte) vorgesehen werden.
In einem Drehstromnetz wird man für jede Phase je ein Anregeglied
haben. Durch diese wird beim Ansprechen das nur einmal vorhandene
Drehfeldrelais in dem kranken Stromkreis eingeschaltet. Die Wicklung 4
für die Vergleichsspannung des Drehfeldrelais wird derart zwischen zwei
Phasen gelegt, daß ein möglichst großer Phasenwinkel mit der Differenz-
spannung Ed vorhanden ist.
Abb. 38,, Auslösezelten des Impedanzschutzes bei einem Netz mit zwei Spannungen.
5. Der Stromvergleichsschutz
Wenn es sich darum handelt, eine kranke Leitungsstrecke schnell
abzuschalten oder wenn der Distanzschutz wegen zu geringer Länge und
zu großem Querschnitt der Leitung
nicht in Frage kommt, kann ein Ver-
gleichsschutz angewandt werden.
Ähnliche Verhältnisse können ge- Abb. 385. Stromvergleichsschutz.
legentlich auch bei Hochspannungs-
leitungen vorliegen, falls die unter Zwischenschaltung von Strom- und
Spannungswandler in den Distanzrelais gemessenen Impedanzen zu klein
werden [s. Gl. (141)]. Abb. 385 zeigt einpolig eine mögliche Schaltung.
Bei gesunder Leitung muß der in die Leitung hineinfließende Strom
gleich dem herausfließenden sein. Im normalen Zustand werden also die
Relais 1 und 2 nicht stromdurchflossen sein. Tritt jedoch in der Leitung
378 Netzstörungen-
ein Kurzschluß auf, so werden von beiden Seiten in die Leitung Ströme
hineinfließen (gestrichelte Pfeile), die beiden Differentialrelais werden
vom Strom durchflossen und werden damit den Schalter auslösen. Dieser
Schutz kann bei beliebig geschalteten Netzen zur Anwendung kommen,
die Auslösezeiten können sehr klein gehalten werden. Unangenehm sind
die benötigten Hilfsleitungen, welche besonders bei großen Entfernungen
den Schutz verteuern, so daß, falls keine zwingenden Gründe vorliegen,
der Vergleichsschutz dort nicht zur Anwendung kommt. Bei Kabel-
leitungen, die meistens kleinere Längen haben und bei denen der Distanz-
schutz oft nicht angewandt werden kann, läßt sich der Schutz mit Vorteil
verwenden. Man muß beachten, daß, falls durch den an sich gesunden
Abschnitt größere Kurzschlußströme fließen, die Wandlerströme etwas
verschieden sein können, so daß hierdurch die Relais irrtümlicherweise
zur Auslösung kommen können [es handelt sich hier um die gleiche Er-
scheinung wie beim Differentialschutz der Generatoren und Transfor-
I~ tl
a
a
~I
Abb. 886. Stromver{deichsschutz
mit WiderstAnden.
I~( ~
Eil
Abb. 387. Achterschutz.
6. Der Richtungsvergleichsschutz
Beim Stromvergleichsschutz geht man von der Tatsache aus, daß ein
Streckenabschnitt einer Übertragungsleitung nur dann gesund ist, wenn
der in den Streckenabschnitt hineinfließende Strom gleich dem heraus-
fließenden ist. Ist jedoch eine Strecke krank, dann weichen die Ströme
am Anfang und am Ende der kranken Leitung voneinander ab. Durch
.,.
Vergleich der Ströme am Anfang und am Ende der Leitung konnte die
fehlerhafte Strecke ermittelt wer- a ~
den. Hierzu waren besondere,
I· , 11 A nj
w--+---...._-:.r~-:r----4
•HI.-· ,,I
längs der Leitung verlaufende
A ~,.
Hilfsleitungen notwendig, die b -t---T-----.--~
4
von Wechselströmen, welche von
Stromwandlern erzeugt wurden, .,f ·l I
•f-tol·-...-.-----+t--r----+
A B
durchflossen waren. Entsprechend c
der Größe der Meßströme mußten
die Verbindungsleitungen bemes-
'
Abb. 3811 a-c. Stromverlauf bei krankem
Streckenabschnitt.
sen sein. Man kann jedoch auch einen Vergleichsschutz ausbilden, bei
dem nicht die Größe der Ströme am Anfang und Ende eines Abschnitts
miteinander verglichen werden, sondern die Richtungen der Ströme. Die
Abb. 389a und b zeigen die Verhältnisse bei einseitiger und zweiseitiger
Speisung der Leitung. Ist bei einem auf einer Leitung liegenden Kurz-
schluß ein Streckenabschnitt gesund, dann ist die Richtung des Kurz-
schlußstromes am Anfang und am Ende der Leitung gleich, nicht jedoch
im Streckenabschnitt, in dem der Kurzschluß sich befindet. Es zeigt sich,
daß man jetzt mit Hilfsleitungen auskommt, die weniger Anspruch an
380 Netzstörungen
reichliche Bemessung stellen. Man braucht außerdem für alle drei Phasen
des Systems nur zwei durchgehende Leitungen. Ferner kommt die beim
Differentialschutz oft notwendige Stabilisierting, um Fehlauslösungen bei
großen Kurzschlußströmen zu vermeiden, in Wegfall. Man kann weiter-
hin den Schutz so ausbilden, daß, falls auf irgendeinem Streckenabschnitt
ein Schalter oder ein Relais versagen sollte, ähnlich wie beim Zeitstaffel-
schutz, das dem Abschnitt vorgelagerte Relais einspringt und, allerdings
dann nach einer etwas längeren Zeit, die Abschaltung bewirkt.
Abb. 390 zeigt, wie ein Richtungsvergleichsschutz beschaffen sein
kann. In den beiden Stationen A und B sind je ein Schalter S und je
ein Stromwandler 1 vorhanden. Jeder arbeitet über je eine Spule 2 eines
Überstromrelais auf die Spule 3 eines Richtungsrelais. Zwischen den
A 8
1 s s 1
7. Die Kurzsehlu.Bfortsehaltung
Untersucht man die Störungen eines Hochspannungsnetzes, so fallen
rd. 700/o auf Erdschlüsse und etwa 30% auf Kurzschlüsse. Die Erdschlüsse
führen in der Regel bei vorhandenen Erdschlußspulen nicht.zu Betriebs-
störungen; das Abschalten der Kurzschlüsse verursacht jedoch solche.
Untersucht man die Kurzschlüsse genauer, so findet man, daß nach dem
Abschalten der Kurzschluß meist nicht mehr vorhanden ist und nur
etwa 25% der auftretenden Kurzschlüsse bleibender (metallischer) Art
ist. Man kann also Netzstörungen noch weiter verkleinern, falls man
beim Auftreten eines Kurzschlusses diesen schnell abschaltet und den
Schalter dann rasch wieder einschaltet. In den meisten Fällen ist der
Kurzschluß verschwunden und der Betrieb merkt von der kurzen Unter-
brechung nichts. Sollte jedoch nach dem Wiedereinschalten der Kurz-
schluß noch vorhanden sein, so wird man den normalen Netzschutz ein-
schalten, der dann die endgültige Abschaltung bewirkt.
Wie erwähnt, soll nach dem Abschalten des Kurzschlusses möglichst
rasch wieder eingeschaltet werden. Allerdings muß soviel Zeit vergehen,
daß der Lichtbogen entionisieren kann. Hierfür wird bei 10 kV eine
Zeit von 0,1 sec gebraucht, während bei größeren Spannungen dieser
Wert auf 0,2 bis 0,25 sec ansteigt. Diese Zeit muß man also ver-
streichen lassen, bis das Wiedereinschalten erfolgt. Am einfachsten
läßt die Kurzschlußfortschaltung sich in einem einseitig gespeisten Netz
durchführen (Abb. 392a). Von den verschiedenen im Netz vorhandenen
Schaltern, welche in Abb. 392a nicht eingezeichnet sind, wird man den
Schalter S mit Kurzschlußfortschaltung versehen. Tritt ein Kurzschluß
ein, z. B. bei Tc, so wird durch den Schalter S dieser abgeschaltet und
nach etwa 0,25 sec das Netz wieder eingeschaltet. Beim Weiterbestehen
Schutz der Hochspannungsnetze 383
des Kurzschlusses werden dann die Schalter des Netzes durch ihren
Netzschutz beeinflußt.
Abb. 392 b zeigt ein Netz, welches von einer Doppelleitung gespeist
wird. Infolge ihrer Bedeutung soll diese eine Kurzschlußfortschaltung
erhalten und zwar muß diese bei jedem Schalter der Doppelleitung vor-
handen sein. Tritt bei k ein Kurzschluß auf, so müssen beide Schalter S 1
und S 2 möglichst gleichzeitig auslösen und nach kurzer Zeit wieder ein-
schalten. Am einfachsten läßt sich dies durchführen, falls man einen
Stromvergleichs- oder
Richtungsvergleichs-
schutz hat, bei dem
allerdings besondere
Hilfsleitungen benötigt b
werden. Hat man eine
zweiseitig gespeiste Lei-
tung mit Zwischensta-
tion (Abb. 392c), und
c
e
A
will man eine Kurz-
Schlußfortschaltung "' lfr ~~~ '118
vorsehen, die keinerlei , i
Hilfsleitungen oder +t Sr r•••·---•-
d I • !
Hochfrequenzverbin- _n--s~-------ito o--·:;:;
dungen benötigt, dann
kann auch ein rasch -~---D ~------------W%
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s.
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arbeitender Impedanz- l
+ s, r-----1-,
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schutz entsprechend e 1 r--------··--.J • r- 11 -
\-.J SJ .r J Ss
ausgebildet werden. . .i I
Abb. 392d zeigt die ~~-rj I r ____B_! _____ " : s,
s". ---L-----~ s6 :
normale stufenförmige ;, iJ
Kennlinie eines Impe-
Abb. 3112 a-e. Kurzschlußfortschaltung.
danzschutzes für den a Strahlenförmiges Netz, b Doppelleitung, c Zweifach gespeiste
Leitungsabstand AB, Leitung, d Dazugehöriger Staffelplan für Impedanzschutz,
e Geindrter Staffelplan für Kurzschlußfortschaltung.
der bei k einen Kurz-
schluß haben soll. Normalerweise wird etwa 85% der Strecke mit der
Grundzeit t0 durch den Impedanzschutz geschützt; erst wenn der Fehler
dicht bei der Station B liegt, wird der Schalter S3 eine größere Auslösezeit
als der Schalter S4 haben, so daß in diesem Bereich eine Kurzschluß-
fortschaltung, welche gleiche Zeiten für beide Schalter erfordert, nicht
richtig arbeiten kann. Man muß deshalb für die Kurzschlußfortschaltung
den Schutzbereich der Grundzeit t0 größer wählen, z. B. zu 115% der
Leitungslänge und bekommt dann die Zeitstaffelung nach Abb. 392e.
Ist zwischen A und B ein Fehler vorbanden, so wird bei der Kurzscbluß-
fortschaltung dieser stets erlaßt. Ist der Kurzschluß in der Mitte der
384 Netzstörungen
C. Erdschluß in Leitungen
a) Der Erdschluß und seine Kompensierung
Wird eine Freileitung durch die in Stern geschaltete Sekundärwick·
lung eines Transformators oder durch einen Genera.1;or gespeist, so besitzt,
sofern die Leitung gut verdrillt ist, der Sternpunkt das Potential Null
gegen Erde. Bei Dreieckschaltung besitzt. der gedachte Nullpunkt des
Systems das Potential Null. Die drei Phasen der Leitung weisen gegen
Erde die Phasenspannung auf lind es gilt für' .di:e Potentiale der Spannungs·
sternder Abb. 393, wobei der Sternpunkt M da;s Potential Null hat.
Erfolgt in der Phase 3 ein Oberschlag nach ·Erde (s. Abb. 395) bzw.
komtnt die Leitung 3 mit der Erde in Berührung, so wird die Phase 3 das
Potential Null erhalten und da. die verketteten Spannungen zwischen
den einzelnen Phasen unverändert bestehen bleiben, gilt der Spannungs·
stern der Abb. 394. Der Sternpunkt besitzt jetzt gegen Erde die Phasen·
spannung - U}..s• während die Leitungen 1 und 2 gegen Erde die ver·
kettete Spannung annehmen. Erfolgt der Erdschluß durch einen Ober-
schlag, dann wird sich ein Erdschlußlichtbogen ausbilden, der periodisch
löscht und zündet, wodurch stoßartige Überspa.nnungen auf die Leitung
kommen. Durch diese Oberspannungen und da die Potentiale der
Leiter 1 und 2 auf die verkettete Spannung gegen Erde gehoben sind, ist
Erdschluß in Leitungen 385
es leicht möglich, daß auch an den anderen Phasen Überschläge auf-
treten. Erfolgt der erste Erdschluß bei I (s. Abb. 396) und tritt noch
ein zweiter Erdschluß bei II durch Überschlag hinzu, dann sind die
Phasen 1 und 3 über die Erde kurzgeschlossen. Ein derartiger Doppel-
erdschluß ist gleichbedeutend einem zweiphasigen Kurzschluß und
seinen Folgen. Es besteht ferner die Gefahr, daß bei einem normalen
Erdschluß der Erdschlußlichtbogen, der beachtliche Längen erreichen
kann, die benachbarten Phasen berührt und hierdurch zu einem Kurz-
schluß führt.
Da die angedeuteten Störungen durch Erdschlüsse hervorgerufen
werden, soll im folgenden untersucht werden, ob es nicht Mittel und
Wege gibt, einen sich bildenden Erdschluß derart zu löschen, daß schäd-
liche Auswirkungen vermieden werden.
(152)
=iJf=
einen Transformator, der in Stern-Stern geschaltet ist, dann werden
diese gleichgerichteten Ströme, da sie von der Primärseite nicht kompen-
siert werden können (s. Abb. 403), gleic7ige Amperewindungen er-
3~ _
-f -
_
_
::~~~~?u~:J~~::!~s~~~~~
Da dieses unzulass1ge
StrömeundErwärmungen
Vi. -It I in benachbarten Eisen-
-:;:- "'='" teilen hervorbringt, darf
Abb. •os. Stern-Stern-Trans· Abb. •o•. Stern-Drelecli T f
formator bei Erdschluß Transformator bei Erd· ein solcher rans Ormator
(kompensiert). schluß (kompensiert). nur mit einer Erdschluß·
leistungvon etwa 20% der Nennleistung belastet werden. Ist der Trans-
formator jedoch Dreieck-Stern geschaltet (s. Abb. 404), so vermögen in
der Dreieckwicklung entgegengesetzt gerichtete Ströp1e zu fließen, welche
die gleichsinnigen Erdschlußströme kompensieren. Ein solcher Trans-
formator kann mit einer beliebig großen Erdschlußspule versehen werden,
nur muß in bezug auf Erwärmung der Transformator den zusätzlichen
Erdschlußstrom vertragen können. Auch ein Stern-Stern-Transformator
kann voll nullpunktsbelastbar gemacht werden, wenn er eine in Dreieck
geschaltete Tertiärwicklung erhält (s. S. 132).
Es ist zu beachten, daß auf der nicht vom Erdschluß betroffenen
primären Seite des Transformators keinerlei durch den Erdschluß ver-
ursachte Ströme zum Fließen kommen. Die Generatoren im Kraftwerk
erfahren also überhaupt nicht, daß ein Erdschluß vorhanden ist.
Erdschluß in Leitungen 389
Ohne Erdschlußkompensierung würden im Transformator die aus-
gezogenen Ströme der Abb. 398 fließen. Diese unsymmetrischen Ströme
würden auf die Primärseite des Transformators überführt, die Generatoren
unsymmetrisch belasten und es würde infolge der Induktivitäten eine
Verzerrung des Spannungsdreiecks zustande kommen.
Liegt ein größeres Netz vor, dann könnte man grundsätzlich das ganze
Netz durch eine einzige Erdschlußspule kompensieren. Dies hätte jedoch
eine beachtliche zusätzliche Erwärmung der zugehörigen Transforma-
toren durch die Erdschlußströme zur Folge. Es ist deshalb günstiger, die
Erdschlußspulen im Netz zu verteilen, und zwar möglichst so, daß, wenn
irgendwelche Netzteile aufgetrennt werden, die jetzt bestehenden ein-
zelnen Bezirke für sich kompensiert sind.
Es wurde bereits erwähnt, daß in Netzen gelegentlich Schaltverän-
derungen vorkommen und daß dann, um eine gute Erdschlußkompen-
sierung zu haben, die Anzapfungen der Erdschlußspulen verändert
werden müssen. Es fragt sich, in welcher Weise eine Kontrolle über die
Kompensierung möglich ist. Hier führt folgende Überlegung zum Ziel.
Im normalen Betriebe soll der Sternpunkt des Drehstromsystems gegen-
über der Erde das Potential Null haben. In Wirklichkeit wird jedoch
infolge der nie ganz wegzubringenden Unsymmetrien der Leitung der
Sternpunkt ein gewisses Potential gegen Erde haben. Ist am Sternpunkt
eine Drosselspule vorhanden, dann ist (wie man nachweisen kann), bei
genauer Abstimmung der Drosselspule mit der Leitungskapazität das
Nullpunktspotential am größten. Man braucht also nur die Spannung an
der Erdschlußspule bei verschiedenen Einstellungen zu messen und die
Einstellung zu wählen, welche größte Spannung ergibt. Ganz genau ist
dieses Verfahren nicht, da man hier im ungesättigten Teil der Drossel
arbeitet, während im normalen Erdschlußfalle die Drossel schon eine
kleine Sättigung hat. Man muß also noch eine Korrektur vornehmen.
Es gibt jedoch heute besondere Meßeinrichtungen, sog. Kompensometerl,
mit denen man sehr genau den Kompensierungsgrad messen kann und die
im Prinzip so arbeiten, daß bei der Messung dem Nullpunkt eine beson-
dere Spannung zugeführt und festgestellt wird, ob der dem System zu-
fließende Strom voreilend oder. nacheilend ist. Richtige Kompensierung
ist vorhanden, wenn überhaupt kein Blindstrom fließt, denn in einem
richtig abgestimmten Resonanzkreis fließt bekanntlich nur ein Wirk-
strom. Man kann ferner die Erdschlußspule mit einem regelbaren Luft-
spalt ausführen, so daß eine stetigeRegelungmöglich ist und man die An-
zapfungen spart. Obige Regelung kann man, durch Relais überwacht,
auch automatisch vornehmen lassen.
b) Erdschlußanzeige
Wenn in einem Netz ein Erdschluß auftritt, so ist es erwünscht, daß
dieser dem Betriebspersonal angezeigt wird. Für die Erdschluß-
anzeige gibt es eine Reihe von Lösungen. Eine Ausführung zeigt die
Abb. 405a für den Fall, daß ein Sternpunkt,
etwa an einem Tra~sformator, zugänglich ist.
Schaltet man zwischen Sternpunkt und Erde
einen Spannungswandler und läßt dies~n auf
ein Relais arbeiten, so wird das Relais
normalerweise keine Spannung haben. Tritt
jedoch ein Erdschluß auf, dann wird das
Potential des Sternpunktes auf die Phasen-
spannung gehoben. Das Relais spricht hierauf
an und kann eine Hupe, eine Fallklappe oder
eine sons.tige Anzeige betätigen. Ist kein
Abb. 4'05a u. b. Schaltung
zur Erdscblußanzelge. Sternpunkt zugänglich, dann kann ein hoch-
spannungsseitig geerdeter Spannungswandler
(Fünfschenkelwandler) verwandt werden (s. Abb. 405b), dessen im
Dreieck geschaltete Sekundärwicklung die Erdschlußspannung mißt
(s. S. 308) und ein Relais betätigen kann.
Diese Anordnungen zeigen nur den Erdschluß an, nicht jedoch die
betroffene Phase. Ist dies wesentlich zu wissen, dann kann eine Anord-
nung nach Abb. 406 gewählt werden. Auf der Sekundärseite des Wand-
lers sind in jeder Phase ein Spannungsanzeiger und eine Lampe ange-
ordnet, ferner ist ein Relais vorgesehen. Die Spannungszeiger gestatten
im normalen Betrieb eine genaue Überwachung der Spannungen gegen
Erde und lassen auch Unsymmetrien erkennen. Die Lampen leuchten
~m normalen Betrieb alle gleichmäßig. Erfolgt ein Erdschluß, so erlöscht
die zur erdschlußbehafteten Phase gehörende Lampe, das Relais· spricht
Erdschlußanzeige 391
an und betätigt z. B. eine Hupe. Man kann dann sofort an der gelösch.
ten Lampe erkennen, welche Phase Erdschluß hat. Sind in einem Netz
eine Reihe von Stationen, die alle Erdschlußanzeigevorrichtungen be-
sitzen, so werden diese, sofern es sich um ein galvanisch zusammen-
hängendes Netz handelt, alle ansprechen.
Man möchte oft jedoch nicht nur wissen, daß
ein Erdschluß vorhanden ist, sondern auch in
welchem Leitungsahzweig derselbe sich be-
findet, denn in ungelöschten Netzen will man
den kranken Abschnitt sofort abschalten,
während man in gelöschten Netzen, falls der
Erdschluß nicht löscht, zunächst versuchen
wird, das Netz so umzuschalten, daß möglichst
keine Verbraucher ausfallen, wenn dann an-
Abb. 406. Schaltung zur Erd-
schließend die erdschlußbehaftete Strecke schlußanzeige der einzelrum
abgeschaltet wird. Phasen.
d _*_tt.,..~..,l-J-=-;=-~...,~,......=:-=.*_,b-,....~I.,.-J-'/(--
o-o
a
Abb. 410 a u. b. Stromverlauf (SU1111118111118SSung) Im ver:maschten Netz
beim ErdschluB.
mal auf den Wirkstrom ansprechen, eingebaut sind und man bei einem
Erdschluß feststellt, wo die roten und wo die grünen Fallklappen gefallen
sind. In der Leitung, in der beide roten Fallklappen gefallen sind, ist
Erdschluß vorhanden. Es sei erwähnt, daß die Ausbildung der watt-
metrischen Erdschlußrelais und das Zusammenarbeiten mit den Summeu-
stromwandlern hohe Forderungen an Genauigkeit stellt, da die zu
messenden Fehlerströme klein sind und leicht durch Wandlerfehler
falsche Resultate vorgetäuscht werden. Es kann deshalb gelegentlich
zweckmäßig sein, die Wirkströme zu erhöhen, indem z. B. in Reihe mit
einer Erdschlußdrossel ein kleiner Widerstand geschaltet wird.
fache der verketteten Spannung erreicht. Dies ist sichergestellt, wenn das
Verhältnis der Nullimpedanz zur Mit- bzw. Gegenimpedanz nicht größer
als 3 und das Verhältnis des Wirkwiderstandes zur Mitreaktanz nicht
größer als 1 ist.
Damit der Erdkurzschluß im starr geerdeten Netz den Netzbetrieb
nicht stört, wird die sogenannte Kurzschlußfortschaltung (s. S. 382) ange-
wendet, mit der die gestörte Strecke einige Zehntel Sekunden lang vom
Netz getrennt wird. In dieser Zeit kann der Erdschlußlichtbogen, falls
er durch einen Überschlag entstanden ist, mangels Energie von selbst
löschen; nach der Wiederzuschaltung ist die Strecke dann störungsfrei
und kann in Betrieb bleiben. Wenn jedoch die Störung weiter besteht,
wird eine nochmalige Abschaltung vorgennommen, die dann endgültig ist.
Die starre Sternpunkterdung erfordert in der Auslegung der Erdungs-
anlagen von Stationen und Leitungsmasten besondere Maßnahmen, um
die Schritt- und Berührungsspannung im Störungsfalle zu begrenzen.
In Stationen wird der Erdungswiderstand durch ein möglichst ausgedehn-
tes Erdleitermaschennetz aufWerte unterhalb l Ohm begrenzt. Bei den
Masten sind Strahlen- und Ringerder erforderlich, durch die ebenfalls ein
ausreichend geringer Erdungswiderst~nd erzielt, durch die aber ins-
besondere ein sanfter Abbau des Spannungstrichters unterhalb des
Mastes erreicht werden kann.
Ladung, also auch die Überspannungen, werden nach beiden Seiten der
Leitung abfließen, und zwar in Form von Wauderwellen mit Licht-
geschwindigkeit. Diese Überspannungen können in Mittelspannungs-
netzen, seltener dagegen in Hochspannungsnetzen (wegen der besseren
Isolierung) zu Überschlägen führen. Man kann diese influenzierten
Spannungen durch Erdseile auf den Masten mildern.
Am gefährlichsten ist der oft vorkommende Fall, daß der Blitz un-
mittelbar in die Leitung einschlägt. Hierdurch erhält die Leitung plötz-
lich eine sehr hohe Spannung und es können Überschläge nach Erde,
d. h. nach den Masten oder dem Erdseil auftreten. Ist das Erdseil
genügend hoch über den Leitungen angeordnet, so werden, wie man in
den letzten Jahren experimentell festgestellt hat, die BÜtze, welche in
die Leitung schlagen wollen, meist durch das Erdseil aufgefangen. Ein
Blitzschlag in das Erdseil wird
keinerlei Störung verursachen,
sofern der Blitzstrom möglichst
a widerstandsfrei in die Erde ab-
fließen kann. Dies ist jedoch nicht
immer der FaJI. Man hat durch
Versuche festgestellt, daß, wenn
ein Blitzschlag auf einen Mast
trifft bzw. auf das Erdseil in
Abb. 413& u. b. Blitzstromverteilung unmittelbarer Nähe des Mastes,
in Hochspannungsleitung•. rd. 600/o des Blitzstromes durch
den Mast fließen und nur der Rest über das Erdseil nach den übrigen durch
das Erdseil parallel geschalteten Masten. Dies hat seinen Grund darin,
daß durch den Wellenwiderstand des Erdseiles der Strom am Abfließen
über das Erdseil gehindert wird. Abb. 413a zeigt die Blitzstromverteilung
beim Einschlag des Blitzes in den Mast und Abb.413b die Verteilung
beim Einschlag des Blitzes in das Erdseil in der Mitte der Spannweite.
Man hat für den Fall der Abb. 413 a Mastströme von 40 000 A, ja
sogar von 60000 A (Spitzenwert) festgestellt. Nimmt man z. B. an,
daß der Übergangswiderstand des Mastes gegen Erde 20 Q beträgt, so
bedingt dies, daß der Mast bei einem Strom von 60 OOO.A sich auf ein
Potential von 60000 · 20 = 1200000 V hebt. Infolge dieser hohen
Spannung können jetzt rückwärtige Überschläge vom Mast bzw. dem
Erdseil nach den Leitungen auftreten. Um solche rückwärtigen Über-
schläge zu vermeiden, muß also der Übergangswiderstand des Mastes
gegen Erde so klein wie irgend möglich gehalten werden, so daß stets
Blitzstrom mal Erdübergangswiderstand kleiner ist als die Stoßspannung
Erdleitung nach Abb. 414 1 zunächst frei führen und dann erst am Mast
entlang, so daß alle Ausleger noch durch Holz isoliert sind. Durch
obige Konstruktion werden sicher viele Blitzschläge, welche ohne Erdseil
in die Leitung treffen würden, abgefangen und Überschläge an den Eisen-
masten und in den Stationen vermieden. Trotz aller Maßnahmen wird
man mit gelegentlichen Überschlägen zu rechnen haben. Dabei ist es
besser, wenn diese im Netz als in einer Umspannstation auftreten. Des-
wegen sollte man den Isolationsgrad der Station stets höher wählen als
den der Leitung, was jedoch bis heute
wegen der zu hohen Kosten kaum durch-
führbar ist.
Es ist zu beachten, daß bei kurz-
zeitigen Überspannungen nicht die Über-
schlagsspannung allein maßgebend ist,
sondern daß der Entladeverzug der Iso-
latoren eine Rolle spielt. Trifft eine
Stoßspannung genügender Höhe auf einen
Isolator, so benötigt er eine kleine, aber
meßbare Zeit zum Überschlag. Hat man
zwei Isolatorentypen mit gleicher Über-
i~
l
I ' ,.·-. .').:"' ~ .'.
~V
~ 2
I J..,..o- ~
y y
a b
2
1 2. 3 11 kA 1 2 3 9 5 6 7 e 9 10/rA
z- i-...
Abb. 417. Oharakterlstlk eines Resorbitableiters.
einem solchen Teil durch einen Fehler in Berührung, so wird ei.n Erd-
schlußstrom fließen. Der Widerstand der Erdung soll nach den Vor-
schriften jedoch so klein gehalten sein, daß Erdungswiderstand mal Erd-
schlußstrom (in gelöschten Netzen der Reststrom) kleiner ist als 125 V.
Diese Spannung scheint hoch. Als selten gefährlich für Menschen
betrachtet man Spannungen nur bis zu 65 V. Man muß jedoch bedenken,
daß normalerweise die berechnete Spannung von 125 V nicht ganz auf
den Berührenden entfällt, da dieser im allgemeinen ja auch nur über
Widerstände mit der eigentlichen Erde in Verbindung steht. In Spezial-
fällen (gut leitender Boden usw.) muß man selbstverständlich unter dem
Wert von 125 V bleiben.
F. Oberwellen in Hochspannungsnetzen
Es ist anzustreben, daß in den Netzen möglichst sinusförmige Span-
nungen und Ströme vorhf!,nden sind, da Oberwellen Verluste mit sich
bringen und den Wirkungsgrad von Leitungen, Motoren usw. ver-
schlechtem. Auch bereiten Oberwellen in der Spannungskurve der
Erdschlußkompensierung Schwierigkeiten und rufen Störungen in der
Hochspannungsleitung benachbarter Fernsprechleitungen hervor. Es
wird daher heute bei modernen Generatoren vorgeschrieben, daß die Ab-
weichung der tatsächlichen Spannungskurve von einer mittleren sinus-
förmigen nicht mehr als 5% des Grundwellenscheitelwertes betragen
darf. Von den Oberwellen sind, da stets die negative Halbwelle der
Spannungskurve spiegelbildlich gleich der positiven ist, sämtliche un-
geradzahligen möglich. Praktisch aus"irken können sich im symmetrisch
belasteten Drehstromsystem, sofern die Nullpunkte nicht unmittelbar
geerdet sind, jedoch nur die 5., 7., 11., 13. usw., d. h. nur die Oberwellen,
welche nicht durch drei teilbar sind. Dies kann man leicht einsehen.
l
Betrachtet man z. B. die dritte Oberwelle, so würden die Ströme in den
drei Phasen folgende Größen haben:
i 1 = hn sin 3 wt
i 2 = hn sin 3 (wt- 120) = hn sin 3 w t (153)
i 3 = I ur sin 3 (wt- 240) = lrrr sin 3 wt.
Die drei Ströme in den drei Phasen sind also gleich. Da bei einem Dreh-
stromsystem, falls eine Rückleitung fehlt, die Summe der drei Ströme
Null sein muß, können Ströme der dreifachen Frequenz oder (wie sich
genau so zeigen läßt) einem Vielfachen davon nicht fließen. (Bei On-
symmetrie. im Drehstromsystem sind auch bei fehlender Rückleitung
durch 3 teilbare höhere Harmonische möglich, s. S.129.) Auch in den ver-
ketteten Spannungen können beim Dreiphasensystem keine durch 3 teil-
baren Oberwellen vorhanden sein, denn sollten solche in der Phasen-
spannung vorkommen (was möglich ist), so heben sich diese (wegen der
Oberwellen in Hochspannungsnetzen 407
gleichen Phasenlage) in der verketteten Spannung heraus. Von den
Oberwellen interessiert deshalb besonders die 5., 7., 11., 13. usw. Har-
monische.
Zwei Generatoren, die parallel geschaltet sind, kann man durch das
Ersatzbild der Abb. 419 darstellen. Man nimmt für die Grundwelle einen
besonderen Generator an, ebenso für jede Oberwelle, jedoch ist in unserer
Abb. 419 nur der Oberwellengenerator für die 5. Harmonische ein-
getragen. Sind die beiden parallel geschalteten Generatoren gleich ge-
baut, so daß also die in ihnen auftretenden
Oberwellen gleichphasig sind, so werden
innerhalb der Generatoren keine Aus- •II
gleichströme fließen. · Die in das Netz
fließenden Ströme der 5. Harmonischen
sind im allgemeinen klein, da die Reak-
Abb. 419. Ersatzbild zweier Genera-
tanzen in den Generatoren und im Netz toren mit 5. Harmonischen.
im Vergleich zum 50periodigen Strom die
fünffache Größe besitzen. Sind die beiden Generatoren nicht gleich,
·so sind die höheren· Harmonischen im allgemeinen nicht gleichphasig
und es vermögen dann innerhalb der Generatoren Ausgleichströme zu
fließen, die jedoch keine Rolle spielen, da sie durch die Streureaktanzen
der Generatoren, die mit dem fünffachen Wert in Rechnung zu setzen
sind, klein gehalten werden. Durch moderne Generatoren kommen heute
kaum höhere Harmonische in die Netze.
In der Hauptsache sind es heute die Transformatoren, die die Ober-
wellen erzeugen. Die Drehstromtransformatoren nehmen, falls ihnen
eine sinusförmige verkettete Spannung
aufgedrückt wird, aus dem Netz einen
Magnetisierungsstrom auf, der eine 5.,
7. usw. Harmonische besitzt (Abb.420).
Diese Harmonischen im Strom sind um
so stärker, je höher der Transformator Abb. 420. Magnetisierungsstrom
eines Transformators.
gesättigt ist. Die höheren Harmoni-
schen müssen durch die Primärinduktivität des Transformators, die
Induktivität der Leitung und auch durch die Streuinduktivität der
Generatoren fließen und bewirken in diesen Spannungsabfälle. Dadurch
wird die Klemmenspannung der Generatoren und auch die Spannung im
Netz, selbst wenn die EMK der Generatoren sinusförmig bleibt, durch
die fließenden Oberwellen verzerrt. Die ursprüngliche Annahme, daß
am Transformator eine sinusförmige Spannung liegt, stimmt jetzt nicht
mehr ganz 1•
Für manche Überlegungen, bei denen man feststellen will, welchen
Einfluß im Netz die vom Transformator erzeugten höheren Harmoni·
Siehe E. HuETER: ETZ 1933, S. 747.
408 Netzstörungen
[JUlJ b
a
Abb. 423a u. b. Schematische Darstellung Abb. 424a-c. Magnetlslerungs-AW mit
eines Transformators mit slnusfönnlgem 5. Harmonischen.
Magnetislerungsstrom.
wobei 11 die 1. Harmonische des Stromes ist. Man erkennt also, daß
unabhängig von der Schaltung des Gleichrichters, beim Vorhandensein
höherer Harmonischer diese bei gleicher Ordnungszahl immer dieselbe
Größe haben und daß mit steigender Ordnungszahl deren Größe ab-
nimmt. Die nach obigem Gesetz berechneten Oberwellen sind etwas
größer als sie die Messung ergibt, da, wie bereits erwähnt, die Trans-
formatorinduktivität vernachlässigt worden ist.
Will man die Oberwellen klein halten bzw. Oberwellen niederer Ord-
nungszahl, da diese meist die unangenehmsten sind, ganz vermeiden, so
muß man einen Gleichrichter höherer Phasenzahl wählen. Diese Maß-
nahme ist jedoch mit erhöhten Kosten verbunden, da bei größerer
Phasenzahl die Typenleistung des Gleichrichters und des Transformators
und vor allem auch dessen Kompliziertheit bezüglich der Schaltver-
bindungen zunimmt. Hat man mehrere Gleichrichter, so kann man be-
stimmte Oberwellen im Netz vermeiden, indem man verschiedene Schalt-
gruppen für die Transformatoren wählt. Ein sechsphasiger Gleichrichter
erzeugt bekanntlich eine 5. und 7., eine 11. und 13. usw. Harmonische.
Man kann die 5. und 7. Harmonische für das Netz zum Verschwinden
bringen, wenn man etwa den einen Transformator primärseitig im Drei-
eck, den anderen primärseitig im Stern schaltet. Die Verhältnisse liegen
dann ähnlich wie bei der Vermeidung der Oberwellen im Magnetisierungs-
strom der Transformatoren.
Man darf jedoch nicht den Schluß ziehen, daß jeder vorhandene
Gleichrichter in einem Netz stören muß. Aufmerksamkeit erfordern
nur solche Fälle, wo Großgleichrichter, z. B. für Großelektrolyseanlagen,
an ein Netz angeschlossen werden. In einem solchen Falle sind Kontrollen
durchzuführen, ob nicht im Netz Störungen durch Resonanz der Ober-
wellen auftreten können. ·
Fließen durch Generatoren beachtliche Oberwellen hindurch, so er-
fordert die Dämpferwicklung eine besondere Bemessung. Durchfließt
z. B. eine 5. und 7. Oberwelle einen Generator, so erzeugt die 5. ein invers
rotierendes und die 7. ein gleichsinnig rotierendes Statordrehfeld. Beide
schneiden, wenn auch in entgegengesetzter Richtung, die Stäbe der
Dämpferwicklung mit der sechsfachen Frequenz, so daß hier Ströine
sechsfacher Frequenz entstehen, welche die erzeugenden Felder aus-
löschen wollen. Diese Ströme müssen von der Dämpferwicklung, die ja im
Idealfalle stromlos ist, in bezug auf Erwärmung ertragen werden können.
In Netzen, die einen schlechten cos rp haben, führt man oft, um die
Leitungen von den Blindströmen zu entlasten, die geforderte Blind-
leistung an Ort und Stelle durch Kondensatoren zu. Durch die Konden-
satoren wird die Eigenschwingungszahl des Netzes verändert und man
muß darauf achten, daß keine Resonanz mit irgendeiner im Netz vor-
Koordination der Isolationen 413
J
I
II b ~
2
1 I
1/
' 1\1\
I ,(
i/ r 2 \
V V Lli 070
V \ \
070 80 90 100 110 % 120 80 90 % 100
v- v-
Kurve 1- Überschlagswahrscheinlichkeit Kurve t=Die 50%·Ansprechspai1Dung des Ab-
der Funkenstrecke. leiters ist 15% unter der 50%-Überschlag-
Kurve 2 = Ansprech·Wahrschelnlichke!t spannung der Funkenstrecke eingestellt.
des Able!ters. Kurve 2 = Die 110%-Ansprechspannung des Ab-
leiters ist 20% unter der 50%· Überschlag-
spannung der Funkenstrecke eingestellt.
Abb. 425 a u. b. Versagerwahrscheinlichkeit bei gegeneinander abgestuften lsolatlonspegeln.
A. Die Erwärmungsgrenze
Der Fall, daß die Erwärmung für die Bemessung eines Leiterquer-
schnittes ausschlaggebend ist, kommt oft bei dem Entwerfen von Kabel·
netzen vor. Da die zulässigen Übertemperaturen für Kabel sehr niedrig
liegen, muß man oft zu größeren Leiterquerschnitten übergehen, obwohl
mit Rücksicht auf den zulässigen Spannungsabfall ein kleinerer Quer-
schnitt genügen würde.
Der Spannungsabfall 419
Bei der Bemessung von Freileitungen tritt der Fall, daß die zulässige
Temperatur, welche hier nach S. 265 40° C beträgt, den Leiterquerschnitt
bestimmt, seltener auf, da die sich mit Rücksicht auf den Spannungs-
abfall bzw. die Wirtschaftlichkeit ergebenden Stromwehten (z. B.
-1 A/mm2 bei Al) so tief liegen, daß eine gefährliche Erwärmung nicht
in Frage kommt. Eine Ausnahme können kurze Verbindungsleitungen,
bei denen weder der Spannungsabfall, noch die wirtschaftliche Strom-
dichte eine Rolle spielen, bilden. Hier würde dann für die Bemessung
der Leitung die zulässige Erwärmung maßgebend sein. Die zulässige
Übertemperatur kann auch erreicht werden, falls die eine Hälfte einer
A/m mZ vr5 IJ
5
v ...... 5
:~2
v .\
1\.
""' -
_l,..ß 5
,........,. ......_,_
1\.
----
,........,.
......_,_
r-... ...._
-
J
2 ...... 1-- IRttr.
:...- f-- ['.. '-.. -..... 60
--
2
.............. f/0
..J. .......... 20
1 1 '0-
0
0 102030/{()50 0 f/0 80 120 160 ß/0 21{() 280 J20 31/0 '100
Stahl in% rles Ruerstilnilles Set71f11erschnill mm 2
Abb. 426. Kurventafel zur Ermittlung der "Ubertemperatur von Freileitungsseilen
[nach J. Inst. Met. (1929) Nr. 2].
Doppelleitung ausfällt und somit die andere Hälfte den doppelten Betriebs-
strom übernehmen muß. Aus Abb. 426 kann die Übertemperatur für
verschiedene Materialien und Querschnitte in Abhängigkeit von der Be-
lastung entnommen werden.
B. Der Spannungsabfall
Die Bemessung mancher Leitungen und Netze, besonders bei Nieder-
spannung, hat unter ZugruJ;J.delegung des zulässigen Spannungsabfalls
zu erfolgen. Es wird gefordert, daß beim Abnehmer mit Rücksicht auf
Lampen und Motoren eine von der Belastung des Netzes möglichst unab-
hängige konstante Spannung vorhanden ist. Besonders Glühlampen
1 Ordinate der rechten Abbildung gilt für Aldrey. Als Ordinate für Kupfer
gilt die mittlere Sk.aJa. Die Ordinate für Stahl-Aluminium ergibt sich durch die
Schnitte einer Senkrechten im linken Kurvenbild mit den Geraden konstanter
Stromdichte.
27*
420 Richtlinien für die Bemessung elektrischer Leitungen und Netze
~ ~r~~
Läßt man jetzt noch im
Netz (z. B. vom Punkte a')
einen Spannungsabfall von
a 3% und in den Anschluß-
leitungen ebenfalls einen
Spannungsabfall von3% zu,
dann hat der ungünstigste
Abnehmer eine Spannung
Abb. 428a u. b. Spannungsverlauf auf einer Mlttelspaunungs- VOn 95%.
Ieitung, be~~ ~:n~~~r!~~::,aunungsselte Von Wichtigkeit zu wis-
sen ist noch, welcher Ge-
samtspannungsabfall auf der Mittelspannungsleitung (z. B. 10 kV) auf-
treten darf. Zunächst müssen wir beachten, daß in den Transformatoren
selbst ein Spannungsabfall vorhanden ist. Dieser Spannungsabfall wird
jedoch annähernd ausgeglichen, da die Transformatoren nicht auf die
Netzspannung 380/220 V, sondern z. B. von 10 000 auf 400/231 V, also auf
Spannungen, die 5% oberhalb der Nennspannung liegen, übersetzen.
Nehmen wir näherungsweise an, der Spannungsabfall der Transforma-
toren werde hierdurch ausgeglichen, dann muß im betrachteten Falle,
damit im angeschlossenen Niederspannungsnetz der zulässige Spannungs-
abfall von ±5% nicht überschritten wird, die Spannung auf der Hoch-
spannungsseite am Anfang auf + 9% eingestellt werden, um längs der
Leitung bis auf - 3% abzunehmen, es würde also ein zulässiger Span-
nungsabfall von 12<>/o vorhanden sein.
In städtischen Mittelspannungskabelnetzen wird dieser im Idealfall
mögliche Spannungsabfall von 12% bei weitem nicht erreicht, da mit
Rücksicht auf die Kabelerwärmung größere Querschnitte gewählt werden
müssen. Man braucht also bei den Hochspannungsleitungen der Kabel-
netze nicht nach dem Spannungsabfall zu bemessen, sondern maßgebend
Bemessung der Leitungen auf Wirtschaftlichkeit 423
ist entweder die Erwärmung der Kabel oder sind wirtschaftliche Gesichts-
punkte (s. Abschnitt C). Bei Freileitungen, welche die Ortsnetztrans-
formatoren von Dörfern beliefern, ist es wegen der wesentlich größeren
Längen und der größeren Induktivität der Freileitungen möglich, daß
der Spannungsabfall für die Bemessung der Leitung maßgebend ist.
Die. Abb. 428b zeigt die Spannungsverhältnisse für den extremen
Fall, daß die Belastungen Null sind, auf der Mittelspannungsleitung also
kein Spannungsabfall eintritt. In diesem Falle muß am Anfang der
Leitung der die Mittelspannung liefernde Regeltransformator seine
Spannung erniedrigen.
Es ·sei noch erwähnt, daß, falls in manchen Teilen von Netzen, was
sich nicht immer in der Praxis vermeiden läßt, dauernd eine zu hohe
Spannung vorhanden ist, man Lam-
pen für eine höhere Nennspannung
(z. B. 225 V) einbauen muß. Für
schwierige Fälle kann es dagegen oft
zweckmäßig sein, einen Netzregler
einzubauen. Es handelt sich hier um
einen Spartransformator mit inner-
halb gewisser Grenzen veränder-
lichem Übersetzungsverhältnis, wel-
ches automatisch so gesteuert wird,
daß praktisch konstante Spannung
vorhanden ist.
Abb. 429. Hochspannungs· und Mittel·
Als weiteres Beispiel sei noch das spannungsnetz
Hochspannungsnetz der Abb. 429
betrachtet. Ein Kraftwerk A versorgt ein eigenes Netz und über zwei
60 kV-Leitungen zwei 10 kV-Überlandgebiete. Die Spannung an den
Speisestellen der Überlandgebiete muß bei B und C entsprechend den
aufgestellten Forderungen geregelt werden können, so daß also hier
Regeltransformatoren anzuwenden sind. Der Spannungsabfall in den
60 kV-Leitungen kann prinzipiell beliebig groß sein, sofern der Regel-
bereich der Reguliertransformatoren diesen Spannungsabfall auszuregeln
gestattet. Selbstverständlich ist zu prüfen, ob dieser Spannungsabfall
nicht zu große Werte annimmt, da sonst die Regeltransformatoren zu
groß und unter Umständen unausführbar werden.
auf, die Kosten verursachen. Auch muß das Kraftwerk um die Verlust-
leistung größer gebaut sein, so daß der jährliche Kapitaldienst vergrößert
wird. Will man diese Verlustkosten klein halten, so muß die Leitung mit
größerem Querschnitt ausgeführt werden, sie wird dadurch teuerer.
Läßt man größere Verluste zu, dann kann die Leitung mit kleinerem
Querschnitt gebaut werden und die Leitung wird damit billiger. Man
kann zeigen, daß die jährlichen Kosten für die Verluste und die Kosten
für Verzinsung und Amortisierung des Kapitals für Leitung und Kraft-
werksvergrößerung bei einem bestimmten (wirtschaftlichen) Querschnitt
am kleinsten sind (s. S. 494). Sollte dann eine Nachprüfung ergeben, daß
bei diesem wirtschaftlichen Querschnitt der Spannungsabfall in der
Leitung unzulässig groß wird, dann ist die angenommene Übertragungs-
spannung nicht richtig und man muß zu einer höheren übergehen.
f___ -----1t
t.._
rr
t
durch Wechselstrom mit einer Phasenverschiebung
q;= 0 über induktivitätsfreier Leitung erfolge. Be-
sitzt die Leitung mehrere Stromverbraucher i 1, i 2
Abb. 436 . Hin- und Rück- usw. (s. Abb. 437) und haben die Widerstände fl
Ieitung mit Strom- · der einzelnen Leitungsstücke, die für Hin- und
verbraueher.
Rückleitung jeweils gleich seien, die in der
Abb. 437 angegebenen Werte (h• e2 • •• , dann ergibt sieb der Spannungs-
abfall am Ende der Leitung zu
L1U=2 (11 e1+12 e2+13 e3+14 e4). (156)
In dieser Formel bedeuten / 1 , / 2 usw. die Ströme, die in den jeweiligen
Leitungsstücken fließen. Meist sind jedoch nicht diese Ströme bekannt,
t, iz i, iv
1;::,
!! -!f-
fb
r;~
f!a
rJ
l!J {!9
r,
Abb. 436. Spannungsverlauf Abb. 437. Leitung mit mehreren Verbrauchern.
für Hin- und Rückleitung.
11 = i1
12=
+ ~2 + ~ + ~4~
~+ ~+ ~, {157)
1s= is+ i4
14= i4.
Setzt man diese Werte in GI. {156) ein, dann erhält man
LJU= 2 [(il + i2+ia+ i4) €?1 + {i2+ ia+ i4) e2+ (ia+ i4) es+ i4 e4J
oder
LJU= 2 [i1 e1 + i2 (et + e2) + is (et + e2+ ea) + i4 (~?t + e2+ es+ e4)] ·
Die einseitig gespeiste Leitung 429
Da nach Abb.437 e1 =T1 ; e1 -/--Q2 =T2 ; e1 -/--e2 -/--e3 =T3 usw. ist, er-
gibt sich: AU= 2 [it T1 -/-- i 2 T2 -/-- i 3 r3 -/-- i 4 TJ
oder allgemeiner:
AU=2.2iT. (158a)
Oft ist längs der Leitung konstanter Querschnitt q vorhanden. Bezeichnet
man die Entfernungen vom Speisepunkt bis zu den einzelnen Abnehmern
mit l 1, l 2 , la usw., dann kann man, z. B. für T2 schreiben: T2 = Za/x q.
Dies auf GI. (158a) angewandt, ergibt die Beziehung:
Oit sind statt der Ströme die Leistungen N, die entnommen werden,
gegeben. Bei symmetrisch belastetem Drehstromsystem mit der ver-
ketteten Spannung U ist i=Nffä U. Setzt man dies in GI. (161) ein,
dann folgt
Die GI. (160) und (161) zeigen, daß man den Spannungsabfall Au erhält,
indem man die durch die einzelnen Ströme bedingten Spannungsabfälle
einander überlagert. Die Größen i ·l der GI. (161) bezeichnet man als
Strommomente. Die Abb. 438a zeigt eine einseitig gespeiste Strecke mit
drei Stromverbrauchern. In den Abb. 438 b, c und d sind die Spannungs-
abfälle, die jeder Strom auf der Strecke für sich allein erzeugen würde,
430 Die Berechnung elektrischer Netze
t~jj
sich auf die Spannung am Anfang oder
am Ende der Leitung, oder auf die Nenn-
spannung bezieht). Gesucht ist dann der
"""~....;-
Abb. 4.88a-f. LeitUDg mit mehreren
Querschnitt der Leitung. Es ist
Stromverllrauehem, sowie die hierdurch
bedingten Spimnungsabfälle auf
Eil
der Leitung.
q= "·Liu • (163)
Nach GI. (165) war I'=.2i-I". Setztman für I" den Wert nach Gl.(164)
ein, dann erhält man
I ,_""._ I: il _ (i1 +i 2 +i3)L-i1 l 1 - i2 l 2 - i8 l 8
-..,:;.;~ L - L
I ,_4~-~+~~-~+~~-~
- L
oder
I ' - I;i(L-l) (166)
- L .
Man kann also I' in ähnlicher Weise wie I" erhalten, nur muß man die
Summe der Strommomente vom anderen Ende der Leitung aus bilden.
Die ideellen Ströme I' und I" nennt man auch die Stromkomponenten.
Es sei eine Leitung vorhanden, bei der pro m Länge gleichmäßig ver-
teilt die Stromstärke j abgenommen werde. Gefragt wird, wie groß der
Spannungsabfall im Abstand x von der Speisestelle ist. Man legt durch
die Leitung (s. Abb. 440a) bei x einen Schnitt. Aus der Schnittstelle
wird der Stromj (l- x) fließen (Abb. 440b). Denkt man sich die auf der
Strecke x gleichförmig verteilte Strombelastung auf die Enden des Strek-
kenabschnitts gebracht (Abb. 440c), so erhält man für die Stromkompo-
432 Die Berechnung elektrischer Netze
nente J' und J" je den Wert (j • xj2). Der Spannungsabfall an der Stelle
ist dann gleich
L1u:IJ =3!_·(jx-l--J'fl-x
'Jeq 2 I
)) •
oder
(167)
tiillllllllllll~llliilllllllli~~~
den Spannungsabfall am Ende der
• Leitung
i l2
(168)
L1u =2-x q.
also
10 • 50 + 22 . 100
q= 56 • 3,3 = 14,6 mm2 .
Gewählt wird der genormte Querschnitt q = 16 mm2 • Der Spannungsabfall ist
SOm dann
J
toA
14 •6 . 3
16
= 2,74% •
Abb. "1. Strom-
belastungen für Beispiel. Die Ströme der Abb. 441 belasten jetzt sym-
Beispiel.
metrisch ein Drehstromsystem, dessen verkettete Spannung
380 V, die Phasenspannung also 220 V beträgt. Da nur auf der Hinleitung
Spannungsabfall auftritt, ist
3
Llu = 100 · 220 = 6,6 V.
Es ist somit
- 10 • 50 + 22 • 100 - 7 3 2
q- 56 • 6,6 - ' mm •
Gewählt wird der genormte Querschnitt 10 mm2, so daß der Spannungsabfall
7,3 3 = 2,20/10 1St.
1Q' •
. d - 0,114 . 400 2 - 9 5 2
Es w1rd ann q - 2 . 34 ,8 . 4, 4 - 5 , mm .
Es wird q = 70 mm 2 gewählt.
Da bei Il die verkettete Spannung 10 V höher ist, besteht zwischen II und I eine
Differenz der Phasenspannung von 10fV3 = 5, 78 V. Der Widerstand zwischen I I
Verteilung der Netzbelastungen auf die Knotenpunkte 435
und I ist r = 34 ~5 ~ 35 = 0,205 !J. Es fließt also von l i nach I ein Ausgleichs·
strom
Ia = 05~~~ = 28,2A.
'
Insgesamt fließen von II aus 80+28=108A (s.Abb.443b).
Im Abschnitt 1-2 fließen dann 108-100=8A und im Abschnitt I-1
8-50=-42A.
Im Punkte 1 ist, da er von beiden Seiten gespeist wird, der größte Spannungs-
abfall. Er ist, falls man von I aus rechnet
100.42
Llu = -34,8 . 35 = 3,5 V.
3 5· y3- 100
Prozentual ist der Spannungsabfall dann ' 380 = 1,59%, also klein.
a
Abb. 445a-c. Leitungsstern.
oder
(171)
Berechnung von sternförmigen Netzgebilden 437
Setzt man
Uo=ro(ul+
r
u2+ ~s-l)=ro(-2_!!_-J).
r 1 2r 13
(172)
Nachdem jetzt u0 bekannt ist, kann man die Stromverteilung und die
Spannungsabfälle der einzelnen Schenkel des Sternes ermitteln, denn
jeden Schenkel kann man als zweiseitig gespeiste Strecke auffassen.
Es sei erwähnt, daß in einem beliebigen Netz für jeden Knotenpunkt
eine solche Sternpunktsgleichung, in der die Eckpunktspotentiale u1 ,
u2 , u3 usw. vorkommen, gilt. Sind einige dieser Eckpunkte Speisepunkte,
dann sind hier die Potentiale bekannt. Die anderen Potentiale sind zu-
nächst unbekannt, können jedoch berechnet werden, da man ebenso viele
.780/220
I
1
nm n
a .798/2Jfl 230
I[r = 4 ~~ 6 = 24 A , I[1 = 40 - 24 = 16 A
U0 =ro(.27--J);
438 Die Berechnung elektrischer Netze
hierin ist
1 1 1 1 1 1 1 23
-=-+-+-~=-+-+-=-;
r0 r1 r2 r3 6 10 2 30
hieraus ist r 0 = 1,3 Q. Es ist also
)
u0 = 220 230
1,3 ( i j + lO + T240 - 34 = 189,9 V.
E. Netzumwandlungen
Es soll im folgenden versucht werden, kompliziertere Netzgebilde in
einfachere, die der Berechnung besser zugänglich sind, zu verwandeln.
Da bei solchen Umwandlungen auch als Aus-
I u,
gangsgebilde Netzsterne in Betracht kommen
r, und es dabei hinderlich ist, wenn im Stern-
punkt ein Strom I (s. Abb. 447a) abgenom-
men wird, soll als erstes clieser Stromwert I
vom Sternpunkt auf die Eckpunkte über-
I führt werden. Dabei können diese Eck-
a b punkte I, II und III mit einem beliebigen
Abb. 447a u. b. Überführung einer Netz in Verbindung stehen. Wir nehmen zu-
Stempunktbelastung auf die
Eckpunkte.
nächst an, daß die Punkte I, II und III
gleiches Potential haben. Die drei Punkte
können dann zusammengeiaßt werden. Man erhält drei parallel ge-
schaltete Leiter mit den Widerständen T1 , T2 und T3 (s. Abb. 447b) und
der Stromabnahme I am Ende. Der Ersatzwiderstand Ta für die drei
Netzumwandlungen 439
parallel geschalteten Widerstände berechnet sich aus
__!__
ro
= __!__
rl
+ + _!_ra •
__!__
Tz
J
a
Abb. 449 a u. b. Widerstandstreue Umbl!dung eines VIelecks in elo Vlelselt.
(174)
Da im Netz der Abb. 449 für die Ströme nur die Potentialunterschiede
maßgebend sind, nicht jedoch die absoluten Größen der Potentiale,
können wir deren Nullpunkt so wählen, daß beispielsweise das Potential
des Punktes 3 gleich Null ist, d. h. u3 =0. Der dem Punkt 3 durch den
Widerstand r3 zufließende Strom 13 hat dann den Wert
(175)
Wir betrachten jetzt das Vieleck der Abb. 449 und berechnen ebenfalls
die Ströme, welche dem Punkt 3 zufließen. Besitzen diese Ströme zu-
sammen die Größe I~, so gilt:
(176)
Sind Vieleck und Stern widerstandstreu, dann muß 13 gleich 13 sein, und
zwar bei beliebigen Potentialen der anderen Eckpunkte. Die Überein-
stimmung der GI. (175) und (176) ist unter diesen Voraussetzungen nur
gegeben, wenn folgende Beziehungen bestehen:
T _ 1 T _ 1 T _ 1
-0 - - , -0 - - , -0 - - . (177a)
T1 Ta T1s Ts Ta Tsa Ta T4 Tat
Wir können also stets einen Stern mit gegebenen Widerständen in ein
Vieleck verwandeln. Die Größen der Widerstandswerte der Vieleckseiten
lassen sich nach GI. (177b) berechnen.
Die Umwandlung eines Vielecks in einen Stern erscheint zunächst
ebenfalls durchführbar, ist jedoch im allgemeinen nicht möglich. Das
allgemeine Viereck nach Abb. 449b hat z. B. 6 Seiten, es ergeben sich also
6 Gleichungen entsprechend GI. (177b), aus denen wir jedoch nur die vier
Sternseiten, also vier Unbekannte ermitteln wollen. Die Aufgabe der
Umwandlung eines Vielecks in einen Stern ist daher überbestimmt, so
daß die Umwandlung im allgemeinen nicht möglich ist. Eine Ausnahme
macht die Umwandlung eines Dreiecks in einen Stern, da hier die Zahl
der Widerstände sowohl beim Dreieck und beim Stern gleich 3 ist, eine
Überbestimmung der Gleichungen damit nicht vorliegt.
Netzumwandlungen 441
Da die Umwandlung eines Sterns in ein Dreieck bzw. umgekehrt oft
vorkommt, seien die Formeln hierfür noch angegeben. Nach GI. (l77b)
gilt für den Fall des Dreiecks:
ri2 =r 1-
r 2 = rlr2 ( -1 + -1 + -1 ) = -r 1r 2 + rl + r2.
ro rl ra ra ra
Für die übrigen Dreiecksseiten gelten sinngemäße Formeln. Es ist:
r12=-
r1r2
ra +rl + r2, 1
r2a=- r2rs+ r2 + ra' (178)
rl r
rarl + '
rai = T;- ra i r1 · J
Um nun den Stern aus den gegebenen Dreiecksseiten r12, r23 und r31
berechnen zu können, gehen wir von folgenden drei Gleichungen aus:
oder
(179)
. I'!Zieren
Mu Itlp . . d'1e GIew
Wir . h ungen r 12 = -rlr2 un d r23 =rsrs .
- m1tein·
ro ro
ander, dann ergibt sich
(180)
Durch Division dieser Gleichung durch Gl. (179) erhält man schließlich:
Sinngemäß gilt für die anderen Sternseiten ähnliches, so daß wir für die
Umwandlung eines Dreiecks in einen Stern folgende Beziehungen er-
halten:
r2lral
rl=
r12 + rsa + r31 '
r32r12
1181)
r2=
+
r12 r2a r31 + '
____rlo.ea_,r2"'-a__
ra-
+
r12 r2a r31 +
Ein Beispiel möge den Rechnungsgang bei einer Netzumbildung zeigen: Ge-
geben ist das Netzgebilde der Abb. 450a. Bringt man die Belastungen durch
Ermittlung der Komponentenströme auf die Knotenpunkte, dann ergibt sich
442 Die Berechnung elektrischer Netze
Abb. 450b. Ersetzt man da.s linke und das rechte Dreieck durch einen wider-
standstreuen Stern, der nach GI. (181) berechnet werden ka.nn, so geht da.s Netz.
gebildein die Form der Abb. 450c über. Bringt man die Ströme auf die Knoten-
punkte x und y, so entsteht Abb. 450d. Jetzt ka.nn man die beiden parallel
geschalteten Leitungen zu einer Resultierenden zusammenfassen (Abb. 450e).
Da die Potentiale ur und urr. die verblei-
benden beiden Stromabnahmen lx und ly
undsämtliche Widerstandswerte bekannt sind,
können die Potentiale Ux und -uy, man hat
jetzt eine zweiseitig gespeiste Strecke vor
sich, berechnet werden. Nachdem Ux und Uy
ermittelt sind, bilden wir unser Ersatzbild in
I das der Abb. 450c zurück. Da die Potentiale
in Ux und Uy, die Widerstandsverhältnisse
und auch die Ströme il' i 2 , i 3 , i 4 bekannt sind,
c können die Potentiale der Eckpunkte ul' u 2,
I n u 3 und u 4 berechnet werden. Man kann die
zwischen x und y liegenden Leitungen wieder-
iJ ig um als zweiseitig gespeiste Strecken auf-
d~24
1 x ll
fassen. Die ermittelten Potentiale ul' u 2 , u 3
3 'I
und u 4 stimmen mit den Eckpunktspoten-
tialen der Abb. 450 a überein, so daß man
e 1:1 t4 ,n nun zur Ausgangsform des Netzes zurück-
I= ·x Y
kehren kann. Falls noch die Potentiale bzw.
Abb. '50 a-e. Belspiel für Spannungsabfälle zwischen den Eckpunkten
Netzumblldung.
bei gegebenen Stromabnahmen gesucht sind,
kann man diese jetzt auch berechnen, wobei man nur die Gesetze für die zwei-
seitig gespeiste Strecke anzuwenden hat.
Wir wollen noch den Beweis liefern, daß man jedes beliebige Netz-
gebilde mit der Methode der Netzumbildung berechnen kann. Es sei
der Betrachtung das Netz der Abb. 451 mit den drei Speisepunkten J,
l
Strecke ist,
oder
(182)
J
444 Die Berechnung elektrischer Netze
Da sowohl die Stammstrecke, als auch der fiktive Leiter vom gleichen
Strom I durchflossen wird, erhält man das Ersatzbild nach Abb. 452b.
Je nachdem, ob wir den Querschnitt der Stammstrecke l 0 groß wählen
(s. Abb. 452c) und den Querschnitt der Strecke it entsprechend klein be-
messen, haben wir es in der Hand, bei gleichem Gesamtspannungsabfall
Llu den Spannungsabfall Llu0 im Punkte A verändern zu können. Es ist
jedoch einleuchtend und läßt sich auch streng mathematisch nachweisen,
daß das kleinste Gesamtvolumen bei gegebenem Spannungsabfall vor-
handen ist, wenn sowohl der Querschnitt auf der Stammstrecke, als auch
der Querschnitt auf der fiktiven Strecke gleich sind. Bei gleichem Quer-
schnitt q0 für beide Strecken gilt dann
qo = I~+~
HAu.
8
(1 7)
( .du= !i_ =
uq
lj).
"
Beispiel. Es sei die Drehstromleitung (220/380 V) nach Abb. 453a so zu
bemessen, daß der Materialaufwand möglichst klein sei und der Spannungsabfall
etwa 3% betrage.
Ermittlung der Komponentenströme
." = _!5. 100 = 10 A i~= 15 -10=5A.
to 150 '
." 10·50+20·100
t, = 100 25A, i{ = (20 + 10)- 25 =5A.
i~ =25A,
Es ist der Strom der Stammstrecke
I = (i{ + i; + i;) + i; + i; = 5 + 0 + 10 + 25 + 25 = 65 A.
Es ist die fiktive Länge
i. = l/ .E
I
il2 = 1 j 25 · 1002 + 25 · 80 2 = 79 m .
V 65
446 Die Berechnung elektrischer Netze
Dann wird
65
Llu 0 = 70 · 4,32 = 4 V.
Für die Abzweigleitungen verbleibt dann Llu' = 6,6 - 4 = 2,6 V. Es wird
100 ' 25 -276
lliT -- 34
- "Liu'
gl- ,8 . 2,6 - , gewa"'hlt w1r
. d g1--25 mm2 ( evt l. ~tue h q1--35 mm1) •
l
abfall Llu gleich der Streckec-d gesetzt werden darf. Es kann dann für
den Spannungsabfall geschrieben werden:
Llu=Ircosrp+IXsinrp,
(194)
Llu=Ircosrp(I+ ;tanrp)·
Setzt man
X
I+ - tanrp = k, (195)
r
Aus dieser Gleichung folgt, daß man bei Berücksichtigung der tatsäch-
lichen Leitungsverhältnisse annäherungsweise so rechnen darf, als ob
von der Leitung nur Wirkströme abgenommen würden und der ohmsehe
Widerstand der Leitung um den Faktor k größer wäre. k ist 1, wenn die
Induktivität der Strecke bzw. die Phasenverschiebung gleich Null ist.
Sonst ist k größer als 1, z. B. bei einem 95 mm2-Dreiphasenkabel aus
Kupfer bei cos fP = 0,9 ist k = 1,18, bei cos qJ = 0,8 hat k den Wert 1,28.
Weist die betrachtete Strecke konstanten Querschnitt auf, dann ist
lk
Llu=lw~· (198)
xq
Zur Berechnung des Faktors k benötigt man die Reaktanz der Leitung.
Für ein Niederspannungskabel (1 kV isoliert) ergibt sich beispielsweise
die Induktivität pro km und
Phase in Abhängigkeit vom
Querschnitt aus Abb. 458. Es
istX=wL=2nfL. Beif=50
ergibt sich X = 314 L. Es
ist L in Henry einzusetzen
1 (1 mH = 10-3 Henr~·).
Die Betrachtungen, die wir
.
bis jetzt für einen einzigen Ab-
nehmer durchgeführt haben,
0 ta'{} ~00 .JOO mm, I{(}(}.
fuersehniff gelten auch, falls mehrere Ab-
Abb. 458. Induktivität eines 1 kV Dreileiterkabels nehmer vorhanden sind.
(niiherungsweise gültig auch für Vlerleiterkabel). Die angenäherte Berech-
nung des Spannungsabfalls
unter Berücksichtigung der Leitungsinduktivität und der Phasenver-
schiebung zwischen Strom und Spannung läßt sich allgemein auf die ein-
seitig gespeiste Strecke anwenden, auf die zweiseitig gespeiste Strecke
jedoch nur, wenn das Verhältnis von Leitungsinduktivität und ohmscheu
Widerstand über die ganze Leitung konstant ist (s. S. 487).
Bei Netzberechnungen wird man meist so vorgehen, daß man mit
einem mittleren Wert für k, der sich aus einem mittleren cos fP und einem
mittleren Querschnitt q ergibt, rechnet. In die Berechnung einzuführen
sind, wie abgeleitet, nur die Wirkströme und der ohmsehe Widerstand
der Leitung (Au= lwr). Der sich dann ergebende Spannungsabfall ist
um den Faktor k zu vergrößern. Soll der Querschnitt q einer Leitung
berechnet werden, so muß der Faktor k, der ja vom Querschnitt ab-
hängig ist, zunächst geschätzt werden. Es sei betont, daß die gebrachten
Näherungsrechnungen nur gelten, falls der Spannungsabfall nicht zu groß
ist. Ist dies jedoch der Fall, so sind die im Kapitel K gebrachten Me-
thoden anzuwenden.
Niederspannungsmaschennetze 451
I. Niederspannungsmaschennetze
In Großstädten, in denen die Straßenzüge meist quadratisch oder
rechteckig angeordnet sind, wird man die Niederspannungsverteilungs-
kabel längs dieser Straßenzüge verlegen. Dabei erweist es sich als zweck-
mäßig, wenn an den Kreuzungsstellen die Kabel miteinander verbunden
werden, so daß ein vermaschtes Netz entsteht. Die Abb. 459a-d zeigen
quadratisch angeordnete Niederspannungskabelnetze, welche mit der Lage
der Straßenzüge zusammenfallen sollen.
Die kleinen eingezeichneten Kreise seien
die Einspeisestellen der Transforma- a
torenstationen. In der Abb. 459a ent-
fällt auf den Flächeninhalt einer Masche
(schraffierte Fläche), also auf die
Größe l 2 , eine Transformatorenstation;
das Netzgebilde hat die spezifische
Maschenzahl m = 1. In der Abb. 459b
sind weniger Transformatorenstationen
angeordnet. Hier entfällt eine Trans-
formatorenstation auf den doppelten
Flächeninhalt einer Masche, die spezi-
fische Maschenzahl ist damit m = 2.
Die Abb. 459c und d zeigen die Anord-
nung der Transformatorenstationen bei
spezifischen Maschenzahlen m = 4 und
m = 8. Es ist selbstverständlich, daß
die Straßenzüge nicht wie in den d
Abb. 459 dargestellt, quadratisch ange-
ordnet sein müssen; sie können auch
rechteckig sein, auch können die Trans-
Abb. 459a-d. Maschennetze mit verschie-
formatorenstationen anders eingesetzt dener Zahl und Lage der Spe!sepunk.te.
sein, etwa wie die Abb. 460 zeigt.
AufS. 426 war darauf hingewiesen worden, daß das Maschennetz in
bezugauf Spannungsabfall sehr günstig ist. Ein Vorteil der vermaschten
Netze besteht ferner darin, daß man zu belastungsschwachen Jahres-
zeiten (Sommer) eine Reihe von Transformatorenstationen außer Betrieb
nehmen kann, so daß Leerlaufverluste vermieden werden. In Maschen-
netzen ist es unnötig, jede Transformatorenstation mit zwei Transfor-
matoren zu versehen (s. S. 426), da bei Ausfall einer Transformatoren-
einheit die übrigen Stationen die Speisung des zum kranken Transforma-
tor gehörenden Netzbezirkes übernehmen. Man kommt daher mit einem
Transformator in jed~r Station aus. Ein weiterer Vorteil des Maschen-
netzes ist, daß, wenn ursprünglich das Netz mit verhältnismäßig wenig
29*
452 Die Berechnung elektrischer Netze
][ I
I
I
li c I
1--Z- I
I
a b lA
I
I
I
][ i
a
daß sie nicht geleistet werden kann. Man ist deshalb bei vermaschten
Netzen darauf angewiesen, sie entweder in Modellen nachzubilden und
sie experimentell zu untersuchen oder man muß sich die Maschennetze
in bezugauf ihre Gestalt und Belastung derart vereinfachen, daß sie mit
einem vernünftigen Rechenaufwand gelöst werden können.
Wie eine solche Rechnung durchgeführt wird, sei an Hand der
Abb. 460 a gezeigt. Es sei dabei vorausgesetzt, daß pro m Straßenlänge der
abgenommene Strom die Größe j habe. In unserem Beispiel ist weiterhin
angenommen, daß die Straßenlänge konstant und gleich l sei. Es ist,
wenn man die Abbildung betrachtet, leicht einzusehen, daß der größte
Spannungsabfall im Punkte A vorhanden ist. Um diesen Spannungs-
abfall berechnen zu können, legen wir eine Reihe von Symmetrieschnit-
ten, und zwar die Schnitte I-I, II-Il, Ill-III und IV-IV. Durch
den Schnitt I-I wird die linke Netzhälfte von der rechten getrennt. Der
Schnitt II-Il, desgleichen die Schnitte III-III und IV-IV werden
so gelegt, daß sie längs der Leitung verlaufen. Damit wird der Leitungs-
zug in zwei Leitungen, die je halben Querschnitt aufweisen und auch nur
halbe Belastung führen, aufgetrennt. Abb. 460b zeigt, welches Leitungs-
gebilde für unsere Berechnung übrig bleibt, nachdem die oben erwähnten
Niederspannungsmaschennetze 453
Wenn für eine Stadt ein Maschennetz entworfen werden soll, ist zu-
nächst unbekannt, wieviel Transformatorenstationen man vorsehen soll.
Nimmt man wenig Stationen, so ergeben sich große Leiterquerschnitte.
Wählt man die Zahl der St.ationen groß, dann können die Leiterquer-
schnitte klein werden, aber die Transformatorenstationen in ihrer Ge-
samtheit werden teuer. Es gibt also sicher eine günstigste Zahl der Trans-
formatorenstationen, bei der größte Wirtschaftlichkeit vorhanden ist.
Von verschiedenen Verfassern sind unter vereinfachenden Annahmen
hierzu Berechnungen durchgeführt worden. So kommt z. B. MENNY in
seiner Arbeit: "Die wirtschaftliche Bemessung städtischer Drehstrom-
Niederspannungsmaschennetze" zu den in der Abb. 461 gebrachten
Werten. Da~ei geht er von einer symmetrischen Anordnung des Netzes
entsprechend Abb. 459 aus. Die Länge der Straßenzüge ist mit l = 200m
eingesetzt. Unsere Zeichnung gilt für
~f(J
einen Gleichzeitigkeitsfaktor g = 0,55,
.~~~_,___,~~---+---; und g = 1 (s. Abb. 461), d. h. es wurde
120~_,~~~~--~~-; angenommen, daß im Falle g = 0,55
die Summe der Einzellasten, welche ja
~ 101--7-s+'"----+-+----l---l
nicht alle gleichzeitig auftreten 1/0,55
~Q = 1,82 größer ist als die Kraftwerks-
Abb. 461. Zabl der Transformatoren- belastung. Der Berechnung liegt weiter
stationen/km• in Abhängigkeit zugrunde, daß das Hochspannungsver-
der Fliichenbelastung.
teilungsnetz mit 10kV betrieben wird
und daß für Hoch- und Niederspannung als Leitermaterial Kupfer 'ZUr An-
wendung kommt. Es ergeben sich dann in Abhängigkeit von der als gleich-
mäßig angenommenen Belastungsdichte (kW, bezogen auf das Kraft-
werk/km2) die in Abb. 461 aufgezeichneten Kurven. Diese Kurven lassen
sichjedoch auch auf von obigen Voraussetzungen abweichende Verhältnisse
näherungsweise übertragen, da die wirtschaftlichen Maxima flach ver-
laufen. Man wird also beim Entwurf eines Netzes so vorgehen, daß man je
nach der vorliegenden mittleren Flächenbelastung nach Abb. 461 die Zahl
der Transformatorenstationen pro km2ermittelt, entsprechend dieser Zahl
die Transformatorenstationen im Netz einzeichnet und dann den Quer-
schnitt der Leitung in bezugauf den Spannungsabfall bestimmt. Oft muß
jedoch mit Rücksicht auf die Erwärmung der Kabel ein höherer Quer-
schnitt gewählt werden. Es ist zweckmäßig, für die Hauptverkehrsstraßen
mit einem Querschnitt auszukommen. Für die schlechter belasteten
Nebenstraßen wird man einen weiteren, kleineren Querschnitt wählen.
Im folgenden sollen noch einige Angaben über die Kosten gemacht
werden, die beim Ausbau eines Maschennetzes entstehen. Nach den Be-
rechnungen von MENNYl ergeben sich diese wie folgt:
1 Siehe K. MENNY: Die wirtschaftliche Bemessung städtischer Drehstrom·
Niederspannungsmaschennetze. Dissertation Hannover 1935.
Die Berechnung der Induktivität und Kapazität von Netzen 455
Tabelle 17. Netzkosten (nach Perechnung von MENNY)
Anlagekosten je kW für g = 0,75
Belastungs·
dichte Niederspannungs- Transformatoren-~ Gesamtkosten
netz I stationen Hochspannungsnetz
kW/km' % I % % %
500 74 8 18 100
1 000 68 12 20 100
2 000 60 18 22 100
4 000 51,5 26 22,5 100
6 000 48 30 22 100
8 000 46 33 21 100
10000 44 35 21 .100
12 000 41 39 20 100
15 000 41 40 19 100
20000 40 43 17 100
Wir betrachten den Kraftlinienfluß B · (dx · 1), der die Fläche von der
Breite dx und der Länge 1 cm an der Stelle x durchsetzt. Dieser Fluß
umschlingt nicht den Gesamtstrom i, sondern nur den Strom ia:· Er ist,
wenn wir die Kraftlinienverkettung auf den Strom i der Leitung beziehen
wollen, mit dem Faktor ia:/i = x2fr2 zu multiplizieren. Wir erhalten also
als Kraftlinienverkettung des Stromes i mit dem Flusse Bdx den Wert
(201)
Die Berechnung der Induktivität von Leitungen 457
Um sämtliche Kraftlinienverkettungen innerhalb des Leiters zu erhalten,
muß dW' von Null bis r integriert werden. Es ergibt sich dann:
,
(/J' = !1
0
2' 3 •
~ :, dx = ; · 10-1 • (202)
In einer Entfernung x' außerhalb des Leiters (s. Abb. 462) ergibt sich
die Kraftliniendichte B m Gauß nach GI. (199), indem iz = i gesetzt
wird, zu
B = 2i 10-1. (203)
x'
Da jetzt alle Kraftlinien mit dem vollen Strom i verkettet sind, erhalten
wir die Kraftlinienverkettung (/J" außerhalb des Leiters, wenn wir Bdx'
von r bis zu einer großen Entfernung R integrieren, zu
JBdx' = J!~ ·
B B
(/)" = 10-ldx' = 2i · 10-1 (ln R- ln r) bzw.
r r
W" = 2i · 10-11n !!_.
r
Die Gesamtkraftlinienverkettung des Leiters ist
(204)
I
I
/// / /
I
/
/
1
/
/
.....-....
...
,",..... -
damit I I I
erzeugt werden, ihn umschlingen, und zwar die Kraftlinien, die in der Ab-
bildung gestrichelt eingezeichnet sind (im Abstand d12 von Leiter 2 ab).
Zur Kraftlinienverkettung des Leiters 1 zählen ferner die vom Strom i 3
erzeugten Kraftlinien, soweit sie strichpunktiert eingetragen sind. Die
Verkettung des Leiters 1 mit den vom Strom i 2 herrührenden Kraftlinien
läßt sich nach Formel (204) berechnen, falls dort r glei<'h dem Abstand
der beiden Leiter, also gleich d12 gesetzt wird. Entsprechendes gilt für
die vom Strom i 3 herrührende Kraftlinienverkettung. Die gesamte Kraft·
Iinienverkettung des Leiters 1 ergibt sich damit zu:
wobei man z. B a11 als Feldkoeffizient des Leiters 1 und a 12 als Feld-
koeffizient des Leiters 1 gegen den Leiter 2 bezeichnet. (Statt mit natür-
lichen kann auch mit Briggsehen Logarithmen gerechnet werden, nur
muß man beachten, daß In x = 2,3log x ist.) Die Kraftlinienverkettun-
gen, gemessen in Vsec pro km Länge, können damitbei Anwendung der
eingeführten Abkürzungen wie folgt geschrieben werden:
lP1 = i1 an + i2 ai2 + ia a1s )
lP2 = i1 a21 + i2 a22 + ia a2a (208)
Wa = it aal + i2 aa2 + ia aaa ·
Diese Gleichungen, welche für drei Leiter ab~eleitet wurden, gelten in
sinngemäßer Erweiterung auch für beliebig viele Leiter. Die Anwendung
dieser wichtigen Gleichungen ergibt sich aus folgenden Beispielen:
Die Berechnung der Induktivität von Leitungen 459
1. Einphasenleitungen (s. Abb. 464)
Es gilt hier für den Leiter 1
Wt = i1 au is a12 • +
Da in diesem Falle i 2 = - i 1 ist, erhält man, wenn man für die Koeffi-
zienten die Werte nach GI. (207) einsetzt
Für die Induktivität von Hin- und Rückleitung zusammen ist der dop-
pelte Wert einzusetzen.
2. Symmetrische Drehstromleitung
Für eine symmetrische Drehstromleitung nach Abb. 465 gilt für die
Kraftlinienverkettung des Leiters 1
+ +
W1 = i 1 a 11 i 2 a 12 i 3 a 13 • Q/km
Beachtet man, daß 0,50
"'
3)
~~
/ ~r-..
8
~.Jd't t-..
0,30
V .......... ........
'?o 100 100 300 '100 GOO BIKJ 1000 1500 425
.f<.-
Abb. 465. Symmetrische Abb. 466. Reaktanz und Betriebskapazität
Drehstromleitung. einer Drehstrom.Ieitung.
Es ist
a11 = 2 · 1o-4 (In ! + !)
1
a12 = 2 · 1o-4 In a,-,
12
1
a 2 a = 2 · 1o- 4 In a,-,
2a
1
aal = 2 • I0-4 In d- .
al
Somit ergibt sich
r 4 3 d 12 d 23
-)J
W1 = i1 · 2 • I0- 4 [In__!__ + __!__ - __!__(In _1_ + in _1_ + in - 1
d 31
oder
wobei d der geometrische Mittelwert aus den Phasenabständen ist, dann ergibt
sich für die Phaseninduktivität in Henry der unsymmetrischen, jedoch ver-
drillten Drehstromleitung (s. Abb. 467)
I ][
a
J t 1 11 2 1 3 1
1 2 3
~~a
&A'a2't1'2'
dt2
J ~-l'
d;~n
d,J 3
d31 rl3t1 1 dj,,t' dJ/fJ't'
b J 2
Abb. 467. Dreh- Abb. 468a u. b. Doppel- Abb. 469. Doppeldreh-
stromleitung drehstromleitung stromleitung mit
verdrillt. verdrillt. Spezialverdrillung.
Systems I I auf den vom Strome i 1 durchflossenen Leiter müssen ebenfalls berück-
sichtigt werden. Da die Beeinflussungen in jedem Abschnitt der Verdrillung
andere sind, werden auch hier Mittelwerte aus den Koeffizienten gebildet. , Es
ergibt sich damit für die Kraftlinienverkettung des Leiters I vom System I durch
das System I! folgender Wert:
".. _. (an,+a22'+aaa') +.f2 (a12'+a2a'+aav) +.fa (ala'+a2v+aa2')
3 ·
"'lh- f1 3- - - - 3
Hierin bedeutet z.B. a 22 , den Feldkoeffizienten des Leiters 2' gegen Leiter 2, also
a221 = 2 · IO-! ln l/d22', wobei d22' (s. Abb. 468 b) der Abstand des Leiters 2
gegen 2' ist. Da die beiden letzten Klammern der Gleichung gleich sind und
(i 2 + i 3 ) = - i 1 ist, findet sich
lI
Setzt man zur Abkürzung
d= ~ dladud81
d' = Vdu,dBS,dal' (212)
3,--:---,----;;---
d" = Ydu,daa,daa' .
dann erhält man für die Phaseninduktivität in Henry pro km:
Gegenüber den Werten von L bei der Einfachieitung ist L bei der Doppel-
leitung etwas größer (5 bis 15% ).
Für die Ströme i 1 und i 8 vom System Il, die auf i 1 vom System I einwirken, er-
+ +
geben sich genau gleiche Klammerfaktoren. Da jedoch i 1 i 1 i 8 = 0 ist, ist
der Einfluß der drei Ströme des Systems II auf das System I gleich Null. Es
gilt also für die Induktivität in Henry einer vollkommen verdrillten Leitung
die in Gl. (211) angebeneue Formel:
~ = 2 · lo-' In ( ~ + !) . (214)
Induktivität einer Stromschleife, bei der ein Draht die Hinleitung und
die Erde die Rückleitung bildet, ist bis jetzt exakt nicht durchgeführt
worden, denn selbst Näherungslösungen führen mathematisch zu BAssei-
schen Funktionen, deren Kenntnis wir nicht voraussetzen wollen. Es
ergibt sich durch Messungen und auch durch die erwähnten Näherungs-
rechnungen, daß die Reaktanz, gebildet aus dem Draht als Hinleitung
und der Erde als Rückleitung größenordnungsmäßig zwischen 0,6 bis
0,8 .Qjkm)iegt. Dabei gelten die kleinen Werte für größere Leitungsquer-
schnitte bzw. umgekehrt. Für manche Überlegungen ist die Vorstellung
zweckmäßig (wenn auch nicht ganz exakt), daß in der Hinleitung die
normale Phasenreaktanz wirksam ist, welche normalerweise etwa 0,4 .Q
je km beträgt. Für die Rückleitung in Erde verbleibt damit eine Reak-
tanz im Betrage von 0,2 bis 0,4 .Qjkm, ein Wert, der 50 bis 100% der
Phasenreaktanz ausmacht.
Der Strom hat in der Erde neben induktivem Widerstand auch ohm-
sehen Widerstand zu überwinden. Dieser ist, wie man ableiten kann,
gleich 1 R 8= fn 2 • w-o· 105 .Qjkm (/=Frequenz in Hertz). In dieser Formel
kommt die spezifische Leitfähigkeit des Erdbodens sonderbarerweise nicht
vor. Einen Anhaltspunkt für diese Erscheinung gibt folgende Erklärung:
Betrachten wir in der Erde zwei Stromfäden, von denen der eine unmittel-
bar dicht an der Erdoberfläche verläuft, der andere dagegen in einem größe-
ren Abstand, dann ist sicher der Kraftlinienfluß, der von der Hinleitung
und dem ersten Stromfaden umschlungen wird, kleiner als der Kraftlinien-
fluß, der von der Hinleitung und dem zweiten Stromfaden umschlungen
wird. Der zweite Stromfaden hat also einen größeren induktiven Wider-
stand, seine Stromdichte wird also, da bei beiden Stromfäden eine gleiche
treibende Spannung zur Verfügung steht, kleiner sein als im ersten Falle.
Hieraus folgt, daß der Strom sich nicht beliebig tief im Erdreich aus-
breitet, sondern in einer der Erdoberfläche benachbarten Schicht mäßiger
Ausdehnung verläuft. Ist der Erdwiderstand größer, dann ist die für die
Rückleitung sich bildende Schicht stärker als bei besserer Leitfähigkeit,
so daß also die schlechtere Leitfähigkeit durch einen größeren Quer-
schnitt ausgeglichen wird. Bei f = 50 Perioden findet man den Erdwider-
stand zu 0,05 .Qjkm. Zu diesem Widerstand muß noch der Erdübergangs-
widerstand beim Stromeintritt und -austritt hinzugezählt werden. Letz-
terer ist sehr veränderlich und liegt größenordnungsmäßig zwischen eini-
gen wenigen Ohm bis einigen 100 .Q. Denkt man sich den Erdwiderstand
durch den Widerstand eines Kupferdrahtes ersetzt, so würde ein Draht
von 21,4 mm 0 gleichen Widerstand wie die Erde (abgesehen von den
Erdübergangswiderständen) besitzen. Bei höheren Frequenzen nimmt
der Erdwiderstand stark zu.
1 RÜD1!1lffilllRG: Elektrische Schaltvorgänge in geschlossenen Stromkreisen von
St".rk.stromanl.a.gen. 4. Aufl. BerlinJGöttingenfHeidelberg. Springer 1953.
464 Die Berechnung elektrischer Netze
f.
(s. Abb. 471). Wenden wir unsere Potentialgleichung auf
diesen Fall an und berechnen wir das Potential u auf der
Erde, dann erhält man: 0
Setzt man das Potential der Erde gleich Null, so daß also q
die Potentiale der Leitungen gleich den Leiterspannungen Abb. 471. Linien·
förmige Ladung
gegen Erde werden, dann ergibt sieb die Integrationskon- und Spiegelbild.
stante 0' = 0.
Die Einführung des spiegelbildlich anzuordnenden Leiters gilt auch
sinngemäß bei beliebig vielen Leitungen (s. Abb. 472a). Es soll im fol-
genden das Potential auf der Oberfläche des Leiters 1, der den Radius r1
habe, berechnet werden. Die Ladung q1 sei dabei im Mittelpunkt kon-
zentriert angenommen. Wir wollen weiter näherungsweise annehmen,
daß in nicht zu großemAbstand vonder linienförmig gedachtenLadungq 1
die Potentialflächen Kreise sind und daß eine solche Potentialfläche mit
unserer Leitoberfläche zusammenfällt, da auf dieser konstantes Potential
herrschen muß. Für das Potential an der in der Abb. 472a markierten
Stelle auf dem Leiter 1 ergibt sieb unter Beachtung der in der Abb. 472a
eingetragenen Bezeichnungen die Beziehung:
In dieser Gleichung müßte z. B. d12 der Abstand sein, den die betrachtete
Stelle der Oberfläche des Leiters 1 vom Mittelpunkt des Leiters 2 hat.
Dieser ist jedoch praktisch gleich dem Abstand der Mittelpunkte der
Leiter 1 und 2 (s. Abb. 472b). Führt man folgende Abkürzungen ein
dann kann man die soeben aufgestellte Gleichung für das Potential
des Leiters 1 und auch sinngemäß die Gleichungen für die Potentiale der
Leiter 2 und 3 schreiben:
ode:t;
a,,. =In [4 ~~ + 1] 9 ·10 8• (226)
Der Ausdruck für den Potentialkoeffizienten a11 bzw. ~2, a33 allgemein
geschrieben, ergibt sich nach Gl. (223) wie folgt:
a,, = 2ln 2 "• · 9 · 106
r,
(227)
(233)
K- 1 (234)
n - "tt + 2C~tl
(235)
Auf Grund dieser Beziehung kann man die Auffassung entwickeln, daß
die auf dem Leiter 1 sitzende Ladung q1 zustande kommt durch die Erd-
kapazität Kn des Leiters1, welche an der Spannung u1 gegen Erde liegt
und durch die Gegenkapazitä~n K 12 del'ILeiters 1 gegen die Leiter 2 und 3,
an welchen die Potentialunterschiede (u1 - u 2) und (u1 - u3) herrschen
(s. Abb. 475).
Man kann die GI. (236) auch schreiben:
q1 = u1 K 11 + (2u1- tts- ?J.3)K12 •
Beachtet man, daß bei einem symmetrischen Drehstromsystem (ohne
Erdschluß !)
a 121 = In [( d')
2h
+ 1 · 9 · 106 .
\2 ]
(246)
470 Die Berechnung elektrischer Netze
Hierin bedeutet:
(247)
den mittleren Abstand, den ein Leiter im linken System gegen einen nicht gleich-
phasigen Leiter im rechten System hat. Man kann Gl. (243) auch schreiben:
(248)
Erdseil li Setzt man zur Abkürzung
Au = au + au,, } (249)
Au= au +
au,,
dann ergibt sich
U1 =Auql + A1da+ Auq3 • (250)
Entsprechende Gleichungen gelten
für u1 und u8 • Die letzte Gleichung
hat genau gleiche Form wie die
Gl. (232), so daß die dort abge-
leiteten Werte für die Erdkapazi-
tät, für die Gegenkapazität und
für die Betriebskapazität sinn-
gemäß angewandt werden können.
Es ergibt sich dann unter Be-
achtung der Gl. (234), (235), (241)
und (238)
•1'
den mittleren Abstand des Erdseiles von den drei Leitungen. Die 4. Gleichung
gilt für das Potential des Erdseiles, welches Null ist. Es ist hierin, falls r8 der
Radius des Erdseiles ist,
2h8
ass = 2 l n - · 9 · 106 • (255)
rs
Der in der letzten Zeile der GI. (252) in Klammer geschriebene Faktor 2 gilt nur
für den Fall der Doppelleitung, da dann sowohl die Ladung q1 im rechten, als
auch im linken System einen Einfluß auf das Potential des Erdseiles ausübt. Bei
der Einfachleitung ist der Faktor 2 durch den Faktor 1 zu ersetzen. Multipli:r.iert
man die letzte Beziehung der GI. (252) mit a 18 fa 88 und zieht sie von der ersten
ab, dann erhält man
Ist die Zahl der Erdseile gleich z, dann ergibt sich a8 zu1
a18 = In [2 ~~;~hs + 1] • 9 · 10 6 ,
a 88 = 2ln [ 2 r~ 8 ] • 9 · 106 •
z 1 2 3
2 3
hs hs Vh 11 hq Vh 11 hqh 8
3
ds - dpq Vdps dsq dqp
·v •
8
d'8 3
V dsl ds2 dsa VvaPl aP2 dpa aq1 dq2 dqa VvaPl aP2 °pa V dql dq2 dqa V dsl ds2 dsa
E = 2q • 9 · 106 • (263)
r
Die Ladung q ist
q= u)... cb, (264)
also kann man die Feldstärke auch schreiben
E =---;:-2 u;.. cb. 9. 106 • (265)
Wenn man E = 21 400 Vjcm einsetzt, ergibt sich für die Spannung U)..,
in Volt, falls r in cm und Cb in F/km eingeführt wird,
r
U;.. = 1,19 0 b ·10- 3 • (266)
Diese errechnete Spannung, bei der das Glimmen in ~er eine-tJ. ideal
glatten Leiter umgebenden Luft einsetzt, berücksichtigt-:poch nicht, daß
die Leiteroberfläche Rauhigkeit besitzt oder daß ein Einfluß der Witte-
rung vorherrscht. Man pflegt diese Einflüsse durch die Einführung
eines Faktors, der kleiner als 1 ist, in GI. {266) zu berücksichtigen.
Dieser Faktor beträgt für normale Leiteroberfläche, die bereits dem Ein-
fluß der Alterung im Betrieb unterworfen gewesen ist, und starken Regen
etwa 0,7, für trockenes Wetter etwa 0,9.
Bei Leitern großen Durchmessers kann man von einem ausgesproche-
nen Glimmeinsatz überhaupt kaum sprechen, da die Entladungen an
Ober Zusatzverluste und die Koronaerscheinung an Hochspannungsleitungen 4 75
I 1- - Nl
va . ul. cos Cfl
Bei Berechnung der Spannungsabfälle auf der Strecke 0-1 in r1 und X 1,
muß beachtet werden, daß diese Widerstände vom geometrischen Sum-
menstrom I 1 .f- I 2 durchflossen werden. Durch Addition dieser ohmseben
und induktiven Spannungsabfälle zu UAl erhält man die an der Speise-
stelle vorhandene Spannung U )...o (Abb. 478 b).
Auch die zweiseitig gespeiste Strecke nach Abb. 479a ist berechenbar,
falls die Stromverteilung von vornherein gegeben ist. Stellt man beispiels-
U. ~; X1 r2 Xz
~~
. a .Lr1 4+
Nr,vr i\1,vz
Abb. 478a u. b. Leitung mit zwei Abb. 4.79 a u. b. Zweiseitig gespeiste Leitung
Stromverbrauchern. mit gegebener Stromvertellung.
Ist die Spannung beispielsweise in I gegeben, sie sei gleich UAt• dann
muß man, um U ,1.1 zu erhalten, den durch I 1 bedingten ohmscheu und
induktiven Spannungsabfall von UAI geometrisch abziehen (s. Abb. 480 c)
Die Spannung U)...II in I I ergibt sich dadurch, daß man die durch den
Strom h~I1 bedingten Spannungsabfälle von UAt abzieht usw. Auf
diese Weise können unter Benutzung der in Abb. 480 b eingetragenen
Ströme sämtliche Spannungen ermittelt werden.
Beim Konstruieren der Spannungsdiagramme denkt man sich diese
oft mit y3multipliziert. Dadurch kann man statt der Phasenspannungen
e
~.II[
][
[,
c
Abb. 480a-c. Mehrfachgespeiste Leitung mitgegebener Stromvertellung.
muß der gebildete Vektor U gleich der Wechselspannung sein, die den
Strom 3 durch den ohmscheu Widerstand r und den induktiven Wider-
stand X treibt. Hat man umgekehrt einen Spannungsvektor ll= U eifJ.
(s. Abb. 481 b) und teilt diesen durch die Größe 3 = zei'l', so ergibt sich
ein Vektor
3=·u = u~fJ. =!!__ efCfJ.-<p>, (273)
3 ze1 '~' z
der gegen U um den Winkel cp zurückgedreht ist (s . .Abb. 481 b) und dessen
Größe und Richtung mit den Forderungen der Wechselstromtheorie über-
einstimmt. Wir können also das ohmsehe Gesetz auch auf Wechselstrom,
480 Die Berechnung elektrischer Netze
d.h. auf Vektoren anwenden, sofern man statt der Widerstände die
Impedanzen als Vektoren in die Gleichung einführt. Liegt die Span-
nung U an einer Reihenschaltung von einem Widerstand r, einem in-
duktiven Widerstand XL= wL und einem kapazitiven Widerstand
Xe= 0010 , so ist in die Rechnung als Impedanz der. Wert
Vektors erhält, hidem man die Winkel der beiden Vektoren (von der
reellen Achse aus gemessen) addiert, daß man zwei Vektoren durchein-
ander dividiert, indem man die absoluten Beträge dividiert und die Rich-
tung des neuen Vektors durch Subtraktion der Winkel erhält. Die Addition
und Subtraktion von Vektoren ist selbstverständlich geometrisch durch·
zuführen.
Der große Vorteil der symbolischen Behandlung von Wechselstrom-
aufgaben besteht darin, daß sämtliche bis jetzt für rein ohmsehe Wider-
stände abgeleiteten Beziehungen zwischen den Spannungen und Strömen
unver.ändert übernommen werden können, sofern man sie ins Geome-
tris<>he übersetzt. Beispielsweise gilt für den Ersatzwiderstand r 0 von
zwei Widerständen r 1 und r2
-=-+-·
1
ro
1
r1
1
'"•
Sinngemäß berechnet sich die Ersatzimpedanz 3o zweier parallel geschal-
+
teter Impedanzen (Abb. 482a) 31 = r1 jXL und 3s= r 2 - jX0 aus
-=-+-·
1
3o
1
31
1
3a
Leitungen mit gesuchter: Stromverteilung 481
Wir wollen 5o graphisch ermittflln und bilden zunächst 1/51" Da 51 =z1 e:i'l',
ist (Abb. 482b), wird_!__=_!__ e/(-<p,J. Man ersieht hieraus, daß die Rich-
3t Zt
tung des Vektors 1/?n durch den Winkel -q;1 bestimmt ist, also durch
Spiegelung von 51 in bezug auf die reelle Achse erhalten wird (Abb. 482 c).
Der absolute Betrag von 1/51 ist gleich 1fz1 , kann also berechnet werden.Ent-
sprechendesgiltfür1/52· Die geometrische Summe von! +_!_ergibt1/3o·
Öl ÖB
Um 5o zu erhalten, muß 1/3o in bezug' auf die reelle Achse gespiegelt
werden und die absolute Größe z0 = (l;zo) berechnet werden. (1fz 0 kann
L '
it '
'' 2
',
' ',32
' 1
\
\
\
\ 1
b 1 1j
lO
Abb. 483 a-d. Bestimmung der Mittelpunktspannung
eines unsymmetrischen Drehstromsystems.
aus Abb. 482c abgegriffen werden.) Der so gebildete Vektor 5o ist in der
Abb. 482b eingezeichnet. In ähnlicher Weise kann man beliebige Impe-
danzkombinationen geometrisch ermitteln. Selbstverständlich kann
man 3o auch rechnerisch ermitteln, indem man für 31 und 32 die reellen
und imaginären Bestandteile einsetzt.
Ein weiteres Beispiel zeige die Anwendung der symbolischen Rech-
nung auf Netzaufgaben. Es sei ein Impedanzstern (Abb. 483a) mit den
Impedanz~n 31, 32 und 53 gegeben, deren Größen und Richtungen aus der
Abb. 483b entnommen werden können. Die Potentiale der Punkte 1, 2
und 3 sind durch das Potentialdreieck 1, 2, 3 der Abb. 483c gegeben oder,
wenn wir für unsere Betrachtungen das Potential des Punktes 2 will-
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 31
482 Die Berechnupg elektrischer Netze
kürlieh gleich 0 setzen, sind die Potentiale von 1 und 3 durch die Vek-
toren U1 und U3 (Abb. 483c) gegeben. Die Sternpunktsglei chung Gl. (172)
geht unter Beachtung, daß U2 = 0 gesetzt ist (desgleichen ist die Strom-
abnahme im Sternpunkt gleich 0), über in
11n = 00(U1 + Ua) .
01 5s
Um diesen Ausdruck zu konstruieren, muß zunächst &o auf Grund der
Beziehung _!_ = _!_
5o
_!_
51
+ 52 + 5s
_!_gebildet werden. Diese Konstruktion ist in
Abb. 483b durchgeführt worden. Man benötigt ferner die Vektoren U1/ö1
und U3 /~3 , die man addieren muß. Da U1 , U3 und 51 , &a bekannt sind, kann
(U1 + Us) er:r;nittelt werden (s. Abb. 483c). Multipliziert man jetzt 1 (U + Ua)
Ös
01 3s 31
mit der resultierenden Impedanz Öo• welche nach Abb. 483b gebildet
wird, dann f'rhält man das Potential U0 des Sternpunktes und damit
auch die an den drei Impedanzen ö1 , ö2 und öa wirkenden Spannungen U~,
u~ und u~ (s. Abb. 483d), so daß die Berechnung der Ströme 31• 32 und 3s
möglich ist. Beispielsweise ist 31 = U~/31 •
a
+J +j +j
u.._!u...
~u.~.o
gleich. Dieser Fallliegt vor bei einem einseitig gespeisten Ring, den man
aus der Abb. 484a erhält, wenn man die Punkte I und II zusammenfallen
läßt. Es sind die Stromabnahme n 31 und 32 , sowie die Leitungsimpe-
danzen ö1 , 32, 3o nach Abb. 484d und c gegeben. Man kann weiterhin bilden
31= Öl
32= 31 +52
.Bo = &1 + 32 + 5o •
Leitungen mit gesuchter Stromverteilung 483
Da sämtliche Größen bekannt sind, lassen sich 0" bzw. 0' berechnen
bzw. geometrisch konstruieren. Ist die Spannung in I und I I bekannt,
sie sei gleich U;..0 , so läßt sich jetzt bei bekannter Stromverteilung die
Spannung im Punkt l ermitteln.
ll},l = ll,Ao- 0' Öt·
In gleicher Weise erhält man die Spannung UA 2
ll;,2= ll;_t- (0'- 01lö2·
Im allgemeineren Falle sind U.Az und U;.,rr nicht gleich (Abb.484e),
sondern voneinander verschieden. Dies bedingt einen zusätzlichen Aus-
gleichsstrom von der Größe
0! U}..r-U;.,rr (278)
o\.Sa = o
<00
'
wobei als positive Richtung für den Ausgleichsstrom die Richtung von I
nach II gilt. Man erhält jetzt für die einzelnen Spannungen folgende
Werte:
ll;.,1 = UA.I- (0' + 0al &1 } (279)
ll.,\2= U;..l- (0' + 0a- 01)&2·
Diese Spannungen können ebenfalls leicht geometrisch gebildet werden.
Da man in Hochspannungsnetzen meistens wesentlich größere Span-
nungsabfälle hat als in Niederspannungsnetzen, kann man, wenn nicht
die Ströme, sondern die Leistungen beim Abnehmer gegeben sind, zur
Berechnung der Ströme nicht annehmen, daß die beim Abnehmer vor-
handene Spannung und Phasenanlage gleich der der Speisestelle ist. Dies
geht an und für sich schon nicht, wenn zwei Speisestellen (Abb. 484) mit
verschiedenen Spannungen und verschiedenen Phasenlagen vorhanden
sind. Man muß sich dann so helfen, daß man die Spannungen an den
Abnahmestellen (Abb. 484f) in bezugauf Größe und Phasenlage schätzt
und aufzeichnet und hiernach mit den bekannten Leistungen N (in W)
und bekannten cos rp die Ströme I berechnet und ebenfalls ins Diagramm
einträgt. Mit diesen Strömen konstruiert man in bekannter Weise die
Spannungen an den Abnahmestellen und muß nun feststellen, ob die-
selben stark von den angenommenen Spannungen abweichen. Sollte dies
31*
484 Die Berechnung elektrischer Netze
der Fall sein, so wird man mit den neuen Spannungen aus den bekannten
Leistungen nochmals die Abnahmeströme berechnen und mit diesen die
Rechnung durchführen. Diese zweite Rechnung ergibt dann meist die
Spannungen mit genügender Genauigkeit. In der Mehrzahl der Fälle
wird man schon mit der ersten Rechnung genügend genaue Ergebnisse
erzielen.
bzw. schätzen muß, kann man auch gleichzeitig die Ladeströme 3o der
Leitung (s. Abb. 485d) berechnen. Im Punkt 1 greift damit (unter Be-
rücksichtigung der konzentrierten Leitungskapazität) als Gesamtstrom
der Strom (Abb. 485e)
31 = 31o 3o1 + (281)
an. Da die Belastungs- und Ladeströme für die übrigen Abnahmestellen
genau so bestimmt werden können, kann die Berechnung der Leitung
nach den bisherigen Grundsätzen erfolgen.
- J• ]"w _L
01." -
o\5 I
_ · "' 1w 8
I"b-J..:."-- + ..:."-·
"' I b 8 (287)
8o 8o
Verluste in einer Fernleitung 487
Nehmen wir an, daß die einzelnen Impedanzen der Leitung ß1, ,&, ß, .8o
(s. Abb. 488b) gleiche Richtung haben, dann wird:
Man kann also GI. (287) in diesem angenommenen Falle auch schreiben:
J"I"+
w I"--. I:lwr+ -
TJ-J-- I:lb·X
---.
Ro Xo
Hieraus folgt:
und (288)
Weiter ist:
und
Nach diesen Formeln können wir also Wirk- und Blindströme für sich
getrennt betrachten und auch die Wirk- und Blindströme auf die Lei-
tungsendan überführen. Voraussetzung für die getrennte Betrachtung
der Wirk- und Blindströme, welche auch auf ganze Netze übertragen
werden kann, ist allerdings, daß auf den Leitungen die Größe Xfr kon-
stant ist, was normalerweise gleichbedeutend mit konstantem Quer-
schnitt der Leitungen ist. Oft wird man, um obiges Rechenverfahren
ausführen zu können, näherungsweise annehmen können, da~ Xfr kon-
stant ist. Prinzipiell ist obiges Rechenverfahren identisch mit dem auf
S_. 482 gebrachten, so daß die jetzt bewiesenen Einschränkungen auch
dort gelten.
Drehstromsystem zu:
(289)
Sollen die Verluste nur o:-mal der abgegebenen Leistung sein, also
Nv=o:N, (291)
dann geht die GI. (290) über in die Form:
Nl
lX= •
U2 -xq cos 2 rp
r2 = 1?1 + 1?2
R= !h + ed- ea
ist, so ergibt sich na<>h kleiner Umrechnung
I~= lhlri+Ib2r2 = };lbr. (294)
R R
I~ erhält man aus der Beziehung I~ = L,Ib - I~.
Wir erhalten also die geringsten Verluste, falls die von den Kraft-
werken zu liefernden Blindströme nach diesen Gleichungen, die dem
gleichen Gesetz gehorchen wie die Beziehungen zur Bestimmung der
Komponentenströme, aufgeteilt werden.
Das Optimum der Verluste ändert sich nicht, falls wir jetzt noch die
abgenommenen Wirkströme betrachten und annehmen, daß die zufließen-
den Wirkströme von vornherein fest gegeben sind und entsprechend der
Leistung der beiden Kraftwerke ermittelt wurden. Die Verluste der
Wirkströme überlagern sich den Verlusten der Blindströme, da, falls I
der durch eine Leitung fließende Strom ist, die Beziehung gilt
I!+ I~= J2.
Sollte man auch die Verteilung der Wirkströme auf die beiden Kraft-
werke beliebig vornehmen können, dann ergeben sich günstigste Ver-
laste, falls der vom Kraftwerk II zufließende Wirkstrom /~
I~= };lwr (295)
R
und der von I zufließende Wirkstrom
(297)
und
(298)
Statt die Kapazität am Ende der Leitung vorzusehen, kann man sie
auch bei einem Zwischenverbraucher anbringen. Es ist dann in Gl. (298)
für X 0 die von der Speisestelle bis zum Ort der Kapazität vorhandene
Reaktanz einzusetzen.
Durch· Verwendung einer .Kapazität (bzw. eines Phasenschiebers)
können auch die Verluste in einer Leitung verkleinert werden. Abb. 492
zeigt nochmals die einseitig gespeiste Strecke. In der Abbildung sind nur
die Blindströme eingetragen. Denken wir uns am Ende der Strecke eine
Kapazität, die, wie erwähnt, als.:Slindstromerzeugerwirkt, so kann für den
Blindstrom die Leitung als zweiseitig gespeist aufgefaßt werden. Auf
Abb. 491. Leitung mit angeschlossener Abb. 402. Leitung mit angeschlossener
Kapazität. Kapazität.
S. 489 war gezeigt worden, daß die Leitungsverluste durch den Blind-
strom am kleinsten werden, wenn I;, welches in unserem Falle dem I 0
entspricht, gleich wird:
(299)
Bemißt man also die Kapazität derart, daß dieser Blindstrom abgegeben
wird, so herrschen in der Leitung kleinste Verluste. Die erforderliche
Kapazität pro Phase kann leicht auf Grund der Beziehungen
(301)
492 Die Berechnung elektrischer Netze
Wenn auch nach Gl. (299) die Leitungsverluste durch eine Parallel-
Kapazität bzw. einen Phasenschieber verkleinert.werden können, so sind
die Verluste trotz allem immer noch größer, als wenn überhaupt keine
Blindströme in den Leitungen vorhanden wären. Man muß deshalb be-
strebt sein, die Blindströme möglichst ganz von der Leitung fernzuhalten
und sie unter Umständen an Ort und Stelle des Blindstrombedarfes durch
Kondensatoren oder Phasenschieber zu kompensieren.· Abb. 493a zeigt
eine Umspannstation (Verbraucher), welche den benötigten Blindstrom
über die Leitung bezieht. Die Hochspannungsleitung kann vom Blind-
strom entlastet werden, wenn der Blindstrom auf der.Hochspannungsseite
des Abnehmers durch Kapazitäten oder Phasenschieber erzeugt wird
(Abb. 493b). Bei dieser Anordnung ist zu beachten, daß der Blindstrom
durch den Transformator hindurchfließen muß und diesen nach wie
vor erwärmt. Erfolgt die Blindstrom-
erzeugung auf der Unterspannungsseite
des Transformators (s. Abb. 493c), dann
wird auch der Transformator von den
Blindströmen entlastet, so daß er nur
Wirkströme zu übertragen hat, er somit
Abb. (03a-c. Verechiedene Möglich-
keiten der Blindstromzuführung. weniger erwärmt wird bzw. man ihn
stärker mit Wirkleistung belasten kann.
Da der Blindstrombedarf zeitlich meist nicht konstant ist, sondernstarken
Schwankungen unterliegt, muß in einem solchen Falle die Kapazität
regelbar sein.
Die heute in Netzen zur Anwendung kommenden Kondensatoren sind
Papierkondensatoren. Zum Aufbau dieser Kondensatoren verwendet
man ein dünnes, aus Sicherheitsgründen aus mehreren Lagen bestehendes
Papierband, welches beidseitig von einer dünnen Aluminiumfolie um-
geben ist. Dieses Band wird über einen Dorn gewickelt und nach Ent-
fernen desselben zusammengepreßt. Eine Reihe solcher Wickel werden
in einem MetaJlkasten bzw. Kessel parallelgeschaltet. Um hohe elek-
trische Festigkeit des Papieres zu erhalten, wird dieses z. B. mit Öl,
welches den ganzen Kessel ausfüllt, getränkt. Man kann die Konden-
satoren sehr günstig für einen Spannungsbereich von etwa 550 V bis
etwa 6 kV bauen. In dem obengenannten Spannungsbereich ist der
Raumbedarf pro kV A Blindleistung praktisch g~eich. Bei kleineren Span-
nungen, z. B. 220 V, benötigt man mehr Raum, weil man mit der Papier-
dicke der Kondensatoren unter bestimmte Beträge nicht heruntergehen
kann. Hat man höhere Spannungen, so wird man eine Reihe von Konden-
satoren, z. B. solche von 6 kV in Reihe schalten. Um zu vermeiden, daß
dabei zu hohe Spannungen der Kondensatorbeläge gegenüber dem Kasten
auftreten, werden die einzelnen Kästen gegeneinander und gegen Erde
durch Isolatoren isoliPrt. Damit kann man Kondensatoren für 100 kV
Die Verwendung von Kondensatoren bzw. von Phasenschiebern 493
und noch höhere Spannungen bauen. Abb. 494 zeigt eine Kondensatoren-
batterie für 100 kV.
Um die Größe der Kapazität der vom Netz benötigten Blindleistung
anzupassen, wird man diese in etwa 5 bis 7 Stufen regelbar ausführen.
Beim Zuschalten einer Kapazität an eine Spannungsquelle mit unendlich
großer Ergiebigkeit würde theoretisch der Kondensator seine Lade-
leistung in unendlich kurzer Zeit aufnehmen. Dies würde einen unendlich
großen Strom bedingen. Wegen der im Netz vorhandenen Widerstände
und der beschränkten Ergiebigkeit der Spannungsquelle kann ein unend-
lich großer Strom nicht fließen. Immerhin vermögen jedoch kurzzeitig
die höheren Verluste also nicht viel ausmachen. Bei höheren Spannungen
für welche sich Phasenschieber nicht bauen Jassen, müßte man noch b8-
sondere Transformatoren verwenden, so daß ein wirtschaftlicher Vergleich
zugunsten der Kondensatoren ausfällt.
Die jährlichen Leitungsverluste sind also Nv·h kWh. Kostet die kWh
b DM, so sind die jährlichen Kosten Kv, die für die Vergrößerung des
Kraftwerkes und für die Verluste in der Leitung aufzubringen sind, gleich
Kv= NvkK+ Nvhb. (303)
Trägt man die Anlagekosten pro km Fernleitung bei gegebener Spannung
in Abhängigkeit vom Querschnitt auf, so erhält man als Ergebnis, wenn
als Abszisse der Querschnitt und als Ordinate der Preis aufgetragen wird,
eine gerade Linie. Man kann daher für die Kosten von 1 km Leitung
setzen
(304)
Beträgt der Kapitalfaktor p 2 , so sind die jährlichen Kosten für die Leitung
K~= AL+ BLq, (305)
wobei man zur Abkürzung AL= p 2 A und BL = p 2 B gesetzt hat.
Die Gesamtkosten der Leitung pro Jahr belaufen sich damit auf:
K = Nv (kK+ hb) + l(AL+ BLq). (306)
Setzt man für Nv den Wert aus GI. (290) ein, dann ist
N l
K= us cos8
s
rpuq
(kK+hb)+l(AL+BLq).
.
(307)
Differenziert man diese Gleichung nach q und setzt den Differential-
quotienten gleich Null, so erhält man
dK = 0=-
dq
N•z
U8 cos 8 rpuq2
(kK+ hb) + l BL
oder
bzw. - I l r3 vkK+hb
q- B • (308)
'K. L
496 Die Berechnung elektrischer Netze
(309)
Da I und h somit bekannt sind, kann wiederum Gl. (308) zur Ermittlung
des wirtschaftlichen Querschnittes
q=h'3
'
V- - -
kK+hB
"BL
angewandt werden.
Nv= - = a
312 l
"q
y3- U I cosq;.
Da j = I j q ist, ergibt sich weiterhin
U= V3 _!j_. (312)
"cx costp
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 32
498 Die Berechnung elektrischer Netze
N. Ringleitungen
Oft arbeiten eine Reihe von Kraftwerken auf eine Hochspannungs-
leitung, an der außerdem Abnehmer angeschlossen sein können. Es be-
steht so die Möglichkeit, daß zu Zeiten geringen Elektrizitätsbedarfes un-
günstig arbeitende Kraftwerke abgeschaltet werden und der Strom von
den restlichen Kraftwerken geliefert wird. Auch kann auf diese Weise
ein Wasserkraftwerk bei Wassermangel über die Hochspannungsleitung
den für das eigene Versorgungsgebiet benötigten Strom von den anderen
angeschlossenen Kraftwerken beziehen. Oft
wird eine solche Hochspannungsleitung, so-
fern die örtlichen Verhältnisse es gestat-
ten, zu einem Ring zusammengeschlossen
(s. Abb. 498a). Man hat dann als weiteren
Vorteil, daß nach Abschalten einer gestörten
Leitung der Strom dem beziehenden Werk
von der anderen Seite geliefert werden kann.
Von Interesse sind die Strom- und
Abb. 498 a u. b. Leitungsring.
Spannungsverhältnisse in einem solchen
Ring. Die abgenommenen und die dem Ring zugeführten Ströme seien
gegeben. Da nirgends Str0m verlorengehen kann, müssen die in den
Ring hineinfließenden Ströme gleich den abgenommenen sein. Man
kann die Strom- und Spannungsverteilung in einem solchen Ring nach
dem auf S. 482 gebrachten Verfahren genau ermitteln. Man braucht sich
nur an einer Stelle den Ring aufgeschnitten zu denken, z. B. in der
Abb. 498a am oberen Kraftwerk. Denkt man sich nun die Leitung aus-
gebreitet, so entsteht die zwei-
seitig gespeiste Strecke der
I'
.J -
.r ]1
Abb. 499, deren Endpunkte
gleiches Potential haben. Man
kann, da die Leitungsimpedan- c-----
------~~Xo--------~·
I
zen bekannt sind, den von links Abb. 499. Leitungsring geschnitten.
und den von rechts zufließenden
Strom I' und I" ermitteln. Damit kennt man auch die in den übrigen
Leitungen fließenden Ströme und man kann die Spannungen in den
einzelnen Punkten berechnen. Man muß nur beachten, daß die in die
Leitung hineingespeisten Ströme (in Abb. 499 der Strom I 2 ) als negative
Abnehmer in die Gl. (276) eingesetzt werden müssen.
Wenn die Ströme I 1 , I 2 , I 3 tatsächlich geliefert bzw. entnommen
werden sollen, müssen die einzelnen Kraftwerke genau die Spannung
halten, die sich für die Punkte 1, 2 und 3 ergeben. Die Phasenlage und
die Größe dieser Spannungen stellt sich richtig ein, wenn jedes Kraftwerk
die ihm zukommende Wirkleistung abgibt und wenn die absolute Höhe
32*
500 Die Berechnung elektrischer Netze
der Spannung durch Veränderung der Erregung auf den verlangten Wert
gebracht wird. Die einzelnen Kraftwerke bzw. Abnehmer müssen also
um die gewünschte Leistungsabgabe bzw. Leistungsentnahme zu er-
zwingen, ihre Spannungen um gewisse Beträge gegenüber der Sollspannung
verändern. Da jedoch die Kraftwerke meistens noch ein eigenes Netz zu
versorgen haben, würden diese Spannungsabweichungen unmittelbar
auch auf das eigene Netz gelangen. Ist dies unerwünscht, so sind Regel-
transformatoren notwendig, die je nach Zweckmäßigkeit entweder für
das Mittel- oder das Hochspannungsnetz (s. Abb. 498b) vorzusehen und
sinngemäß zu regeln sind.
Auf die Stromverteilung innerhalb des Ringes hat man keinen Einfluß.
Je nach den Widerstands- und Induktivitätsverhältnissen wird sich dü~se
einstellen.
Sollte aus irgendwelchen Gründen in der Ringleitung eine andere,
natürlich mit den Kirchhoffscben Gesetzen verträgliche Stromverteilung
erwünscht sein, dann wird damit auch I' und 1" entsprechend festgelegt.
4u Ma.n kann dann wieder vom Punkt I mit der Spannung U,v
"A~rn!JJ (Abb. 499) ausgehend, berechnen, welche Spannungsabfälle
'J..z in den Punkten 1, 2, 3 und II vorbanden sind. Die Span-
nung U;,.n im Punkt II wird jetzt mit der Spannung UAI in I
nicht mehr übereinstimmen, sondern die in der Abb. 500 ge-
s~~~- zeichnete Lage haben. U)..r und UArr unterscheiden sich um
dlagramm. die Spannung .:1 U. Sollen jetzt die Punkte I und I I zum Ring
zusammengeschlossen werden, dann muß, wenn die gewünschte Strom-
verteilung bleiben soll, in den Ring eine EMK eingebracht werden, welche
.:1 U nach Größe und Phase kompensiert. Da diese EMK (nach Abb. 500)
annähernd um 90° gegen UAI phasenverschoben ist, kann sie durch einen
normalen Transformator nicht erzeugt werden, sondern muß durch einen
Quertransformator gebildet werden (s. S. 154).
Prinzipiell sind sämtliche Aufgaben über die Strom- und Spannungs-
verteilung in einem Ring lösbar. Es sei jedoch die Aufgabe noch von
einem anderen Gesichtspunkt aus behandelt, um einen besseren physi-
kalischen Einblick zu gewinnen. Wir nehmen wieder an, die abgenom-
menen bzw. zugeführten Ströme seien der Größe und Phasenlage nach
gegeben. Wir denken uns sämtliche Ströme in Wirk- und Blindströme
zerlegt. Wir wollen, um die Verhältnisse ganz klar zu gestalten,, zunächst
annehmen, es seien nur Wirkströme lw vorhanden und die Leitung besitze
nur Induktivität. Da diePunkte I und 11 gleichesPotential haben, müssen
die Spannungsabfälle auf der Leitung (Abb. 499) addiert Null ergeben.
Abb. 501 a zeigt die Spannungsabfälle. Den von links in die Leitung zuflie-
ßenden Strom!~ und den von rechts zufließenden Stromi~kann man nach
der Beziehung
(314)
Ringleitungen 501
berechnen. (Der Strich über der Größe X soll darauf hinweisen, daß die
Reaktanz von I bis zur Abnahme von Iw gemessen wird.) Die Ableitung
obiger Gleichung, die auf S. 433 nur für ohmsehe Widerstände durch-
geführt ist, läßt sich in gleicher Weise auch für Induktivitäten durch-
führen. Wir wollen mit der so ermittelten Stromverteilung jetzt auch die
ohmseben Spannungsabfälle berücksichtigen. Es entsteht dann das Bild
der Abb. 501 b. Der Linienzug wird sich im allgemeinen nicht mehr
schließen, da die Ströme gegeben sind und die Widerstände beliebige
Werte haben können. In diesemFall kann die ursprünglich angenommene
Stromverteilung nicht stimmen, denn wenn wir die Punkte I und II
.in Abb. 501 b miteinander verbinden, wird durch die Restspannung vom
Betrage der Strecke I - l i einAusgleichsstrom erzeugt werden, der eine
Phasenverschiebung gegen die Spannung UAI besitzt und der sich dem
in die Leitung fließenden Strome überlagert. Unser Linienzug schließt
sich jedoch immer, wenn die ohmseben Widerstände proportional den
induktiven sind, was
z.B. bei einer Leitung,
die mit konstantem
Querschnitt und kon-
stanten Phasenabstän-
den ausgeführt wird, zu- .r.vx,
trifft. In einem solchen
Falle hat der Linienzug a b c
den Verlauf der Abb. Abb. 501 a-c. Spannungsdiagrammfür Ringleitung.
501 c. Dieser Fall ist
sehr wichtig und sollte, wie aus den folgenden Gründen hervorgeht,
möglichst angestrebt werden. Da die ohmseben Widerstände, wie ange·
nommen, proportional den induktiven sein sollen, kann man für die Be-
rechnung von I~ und I~ statt GI. (314) auch folgende Formel anwenden:
I "_ Elwr
w- Ro •
I' ~I
w =..:::..
,,
w- 1w• {315)
Auf S. 489 wurde gezeigt, daß bei obiger Stromverteilung die Gesamt-
verluste in der Leitung am kleinsten sind. Es ergibt sich also das inter-
essante Ergebnis, daß in einem Ring, in welchem in allen Teilen die ohm-
sehen Widerstände proportional den induktiven sind, die Stromverteilung
sich so einstellt, daß die LeitungsverlÜSte ein Minimum wer4en. Ist die
Bedingung, daß die ohmseben Widerstände proportional den induktiven
sind, nicht erfüllt, dann ergibt sich eine andere Stromverteilung und es
treten erhöhte Kupferverluste auf. Selbstverständlich kann in einem
solchen Falle jederzeit durch eine in den Ring hineingebrachte Zusatz-
EMK, die für die Verluste günstigste Verteilung nach GI. (315) erzwungen
werden.
502 Die Berechnung elektrischer Netze
Wir haben bis jetzt nur die Wirkströme betrachtet. Sind jedoch auch
Blindströme im Ring vorhanden, so lassen sich die für die Wirkströme
aufgestellten Ergebnisse genau auf die Blindströme übertragen. Zeichnet
man für die Blindströme ein Polygon entsprechend Abb.50lc auf, so
wird sich dieses ebenfalls schließen, falls die induktiven Widerstände den
ohmseben proportional sind. Die Stromverteilung ergibt sich dann ent-
sprechend der Beziehung:
I" - J:lbr
b--~,
I'b=..::..
"'I b- I"b• (316)
Ro
Abb. 502. Zwei Netze mit Kupplungsleitung Abb. 503. Beispielfür Fahrplan·
und Kupplungstrafo. steuerung (schematisch).
~
treten auf, wenn drei Netze durch einen Ring mit-
einander verbunden sind (Abb. 506) und zwischen
Werk A und Beine bestimmte Obertragungsleistung
eingehalten werden muß und weiter das Werk C vom
G~:u~;~~a ~~~~. Werk A und vom Werk B je einen bestimmten Betrag
beziehen soll. Will man hier die an das Werk C zu
liefernde Leistung zwingen, in gewünschter Weise die Leitungen A-C
und B-0 zu durchfließen, so muß in einer dieser Leitungen ein Quer-
transformator eingebaut werden 1•
Man wird im allgemeinen versuchen, überbestimmte Kupplungen
nach Abb. 505 u. 506 zu vermeiden und Anordnungen nach Abb. 504
-· ·---~ ". wählen, bei denen die Zahl der Kupplungen um eins
·- , kleiner ist als die Zahl der Netze. Die geschilderte Zu-
sammenarbeit von Netzen und deren Unterteilung in ein
~--
Abb. 505. zwei Netze Frequenz- und in Fahrplannetze erfolgt nur zufrieden-
m~:;~~~r stellend, falls das Frequenznetz groß im Vergleich zu den
übrigen Netzen ist.
Ordnet man einem Netz die Frequenzhaltung und dem anderen die
Einhaltung der Obergabeleistung (z. B. nach Fahrplan) zu, so treten
leicht Überregelungen auf, die erst allmählich ausgeglichen werden.
EineidealeRegelung besteht darin, daßwenn z.B.
2 Netze zusammen geschlossen sind und in dem einen
Netz eine Laständerung auftritt, die Regelmaschine
nur dieses Netzes zum Ausregeln eingreift. Dieses Ziel
wird durch die Netzkennlinienregelung erreicht.
Ein Kriterium dafür, in welchem Netz dieLastände-
Abb. 506. Drei Netze rung auftritt, erhält man durch Gegenüberstellung der
du~r=:!~ng Frequenzänderung t1f und der Übergabeleistung t1N
in beiden Netzen. Betrachten wir zwei Netze I und li
(s. Abb. 507a) und nehmen wir an, vom Netz I und Netz li werde die
Leistung NG als Obergabeleistung abgegeben. Erfolgt im Netz li ein
1 Siehe A. ScHMoLz: Betrieb von vermaschten Höchstspannungs-Dreh-
stromnetzen zur einheitlichen Versorgung von großen Gebieten. Dissertation
München 1933.
Zusammenschluß von verschiedenen Großversorgungen 505
Laststoß iJN, so wird im Netz I und im Netz II die Frequenz um den
Betrag iJf absinken, wobei die Übergabeleistung um den Betrag L1Na zu-
nimmt. Bezogen auf das Werk II wollen wir dieser Leistung, als einer
aufgenommenen Leistung, das negative Vorzeichen geben.
iJNa wird erhalten, indem meßtechnisch die Übergabeleistung mit
der Sollübergabeleistung verglichen wird. Wir wünschen, daß nur das
Werk II seinen eigenen Belastungsstoß ausregelt, der Frequenzregler des
Werkes I dagegen gesperrt ist. Diese Sperre ist schaltungstechnisch
möglich auf Grund der Tatsache, daß das Produkt aus iJf und iJNa im
Netz I negativ ist, während es im Werk II positiv ist. Betrachten wir
jetzt den Fall, daß im Netz II eine Lastabnahme auftritt (Abb. 507b), so
steigt die Frequenz und die aufgenommene Übergabeleistung wird um Na
P- i (' tlp"
a -df,+L1Ju~-t1};-t1
~
p~!/up
-.11/f'
b +t1f, -tlfu M +Jf, +t1
I ll n
11J/
r~1r
c -4f,-Llfü ~ -Jj, +Ll
I Nu
JJf
f~J/P n
d r4f,+Llt/ü - +Af, -J
I ~ ll
Abb. 507 a-d. Zwei gekuppelte Netze bei Lastschwankungen.
kleiner; mit anderen Worten: iJNii wird für Werk II positiv, für Werk I
dagegen negativ. Wir wünschen, daß auch diesmal der Regler des
Werkes I gesperrt ist, wobei als Kennzeichen dienen kann, daß auch hier
das Produkt aus iJf und L1Na negativ ist. Ähnliche Überlegungen gelten
auch für die Fälle Abb. 507c und d.
Beim Netzkennlinienverfahren wird der Begriff der Netzstatik ein-
geführt. Die Netzstatik ist nichts anderes als die resultierende Statik,
bezogen auf die Summenleistung aller Generatoren des Gesamtnetzes.
Die Verhältnisse lassen sich anhand eines Zahlenbeispiels einfach über-
blicken.
Netz I mit 100 MW Gesamtleistung und einer Statik 8 = 4% sei
mit einem Netz II von 200MW mit einer Statistik 8 = 2% gekuppelt.
Zwischen den beiden Netzen sei eine Übergabeleistung von 50 MW von
Netz I zum Netz II vereinbart. Die Leistungszahl Kr des Netzes I
(s. S. 69) und damit die Statik der Übergabeleistung, bezogen auf dieses
Netz, beträgt 1 ~0 MWjHz, oder bezogen auf die Übergabeleistung
506 Die Berechnung elektrischer Net:r.e
~1
MW/Hz. Die Leistungszahl Ku des Netzes II beträgt 201 MW/Hz
.
°
oder bezogenaufdie Übergabeleistung ~~ MWjHz. DieFrequenzänderung
bei einer Leistungsänderung ist durch die Summe der Leistungszahlen,
50MW
100MW
S='l%
!(,
r
= 100 MW
z Hz
K.n=zoo MW
1 Hz
Kü= s: ~~ /(;·-_.§!!.
u- f'l
MW
Hz
I:= so+ zoo= zso Mw=AJ- P
1 1 1 Hz M
Abb. 508. Beispiel für Netzkennlinien-Regelung.
t..... w~
"'"'
0,8
~q5
"'
'I
-- --
'2 ' ...-
0 ~ 1t:- ~ ~0
...- 75
Ag-
~~
-41
.,
~
Bia ~ Bu 20MW
-Q 0 10 20 30 '10 50 60 70 MW MW 50 50 '10 30 ?IJ 10 0
+- -+
Abb. 509. Regelvorgang bei Netzkennlinlen-Regelung.
10
zahl von ~ = 2°mit 20MW an der Deckung der zusätzlich benötigten
2 0
1
10
Die Hochspannungsleitung ohne Spannungsabfall 507
Leistung. Die Steigung der Netzkennlinie des Netzes I beträgt I: 50 und
!
die des Netzes II :50.
Die Leistung von 20 MW (Abb. 509) erscheint beim Netz I als auf-
genommene Leistung. Der Punkt Bra fällt außerhalb der Kennlinie, das
Produkt -LINa -Lij ist positiv entsprechend Abb. 507c. Der Netz-
regler des Netzes I wird daher eingreifen und die Kennlinie so lange
parallel verschieben, bis der Punkt B wieder auf die Netzkennlinie zu
liegen kommt (BJb). Llj ist im Endzustand wieder zu Null geworden.
Netz I hat vollständig die Zusatzlast von 25 MW (75-50) MW über-
nommen und Punkt Bu ist nach Au zurückgewandert, der dem Aus-
gangspunkt 50 MW bei Sollfrequenz entspricht.
Während für die Verteilung der Wirkströme in den Netzen vorwie-
gend die Energiezufuhr in den Kraftwerken maßgebend ist, ist für die
Verteilung der Blindleistung die Spannungshaltung in den Netzen
bestimmend. Will man z. B. Blindstrom von A nach B übertragen, so
muß die Spannung in A höher als in B sein. Dies erkennt man am besten
aus dem zweiten Glied der Gl. (286).
Wir erkennen, daß wir durch eine Leitung, die Induktivität besitzt,
bei konstanter Spannung 'Wirkstrom zuführen und Wirkstrom abnehmt>n
können. Auf Grund ähnlicher Dreiecke ergibt sich nach Abb. 510 b die
Beziehung
oder
(318}
Diese Gleichung sagt aus, daß die induktive Blindleistung der Leitung
gleich der kapazitiven sein muß. Führt man die Maximalwerte UAm und
I 0 m in die GI. (318) ein, dann erhält man
UA=l/~ (320)
10 Y0'
Bis jetzt haben wir an den Leitungsenden die benötigten Kapazitäten
zusätzlich angebracht. Es fragt sich, da ja eine Leitung verteilte Kapa-
zitäten besitzt und man sich diese· bei nicht zu großen Leitungslängen
auf die Enden gebracht denken kann, ob diese Leitungskapazitäten unter
Umständen die erforderliche Größe besitzen, um die Lei!!tung ohne Span-
nungsabfall über die Leitung zu schicken. Set?..en wir in GI. (320) L = L 0 l
und 0 = 0 0 l dann ergibt sich
(321)
Die Hochspannungsleitung ohne Spannungsabfall 509
also \
(322) Abb. 511a u. b. Leitung ohne Spannungsabfall,
am Ende belastet.
In diesem Falle kann der Strom über beliebig lange Leitungen ohne
Spannungsabfall übertragen werden. Der Strom I hat dabei stets gleiche
Phasenlage wie die Spannung, ist also stets Wirkstrom (s. Abb. 511 b).
Es sei noch berechnet, wie groß der Winkel {} ist, den die Spannung
im Abstande l gegen die Spannung am Leitungsanfang hat. Der Bogen,
welcher die beiden Spannungsvektoren miteinander verbindet, hat die
Größe I wL0 l. Teilt man diesen Wert durch die Spannung U)..• dann
erhält man den Winkel zu {} = 1 ~LcJ_ oder da ; = ~= V 1 ist,
A J... L 0/Co
{} = w 1 • Beachtet man, daß 1 =v die Lichtgeschwindigkeit
1VLoCo VLoCo
ist (s. S. 516), so kann man auch schreiben
fJ=wl. (323)
V
N= 3(v~r ].
Setzt man R = Z, so folgt
U2
Nn=y· (324}
I
Tabelle 20.
Verkettete
Spannulll( in kV
I Leistung
Natürliche
in kW
Verkett.ete
Spannung in kV
I Leistung
Natürliche
in kW
Z= V~:=~:- (325)
Wird N kleiner als die natürliche Leistung Nm dann müßte der Wellen-
widerstand der Leitung größer werden. Man kann ihn jedoch nur da-
durch veränderlich machen, daß man Zusatzinduktivitäten bzw. Zusatz-
kapazitäten einschaltet. Um den Wellenwiderstand zu vergrößern, müßte
man beispielsweise die Kapazi tä t C verkleinern. Die Lei tungskapazi tä t C0
ist jedoch gegeben und eine Verkleinerung ist nur möglich, indem man
Drosselspulen LI L ·parallel zur Leitung schaltet, da diese dann einen Teil
des von den Leitungskapazitäten abgegebenen Stromes kompensieren
(s. Abb. 512a). Der Wellenwiderstand kann auch vergrößert werden,
indem man die Induktivität vergrößert, d. h. zur LeitungsinduktivitätL0
noch besondere Induktivitäten LI L 0 hinzufügt (s. Abb. 512b). Str~ng
genommen müßten diese Kompensierungsmittel unendlich fein verteilt
in die Leitung eingeführt werden. Praktisch genügt es jedoch, wenn die
Die Hochspannungsleitung ohne Spannungsabfall 511
(327)
So ideal die letzte Kompensierungsart erscheinen mag, so groß ist jedoch der Auf-
wand an Kapazitäten und Drosselspulen, so daß aus wirtschaftlichen Gründen
diese Lösung ausscheidet.
512 Die Berechnung elektrischer Netze
L111 = UA w 0 1 , c - .111 l
I
1- wU;...
(329)
L112 = u).. w 02 ' 02= .1/2 .
wU)..
c ~FI.====~u=z;l,-----~j _____-:-f~:~t~
Bei der Bewegung des
Kontaktstückes a wird
stets links von a zwischen
· ~I~·i
a ,b :r
den beiden Leitungen die
volle Spannung u, rechts
von a dagegen die Span-
a
1::::_-:]~
;b :r
nung Null sein. Bei kon- '
stanter Bewegung des a Leitungsanordnung,
Abb. 516a-d. Wanderwellen aufeiner Leitung.
b Spannungs- und Stromwelle, c für
Kontaktstückes läuft also Reflexion benötigte von rechts kommende Hllfswelle,
d Wanderwelle bei Reflexion.
eine Spannungswelle u
(Abb. 516b) und auch eine Stromwelle i mit der Geschwindigkeit v über
die Leitung.
Es werde jetzt die Kapazität 0 0 pro Längeneinheit berücksichtigt.
Hat die Leitungslänge x die Kapazität 0 0 • x, so ist die hierauf sitzende
Ladung gleich
(335)
Bewegt sich eine Spannungswelle u nach rechts, so werden immer mehr
Kapazitätselemente an Spannung gelegt, also die Ladung q vergrößert.
Hierdurch fließt ein Strom i' = dq
dt
., = 0 oUdt=
~
d:x; 0 oUV. (336)
Dieser Strom fließt durch die Leitung und schließt sich an der Stirn der
Spannungswelle über das Kapazitätselement, welches gerade aufgeladen
33*
516 Die Berechnung elektrischer Netze
wird. Wählt man die Geschwindigkeit v so groß, daß der durch die In-
duktivität bedingte Strom i gerade so groß ist wie der durch die Kapa-
zität bedingte i', dann kann die Kontaktverbindung a weggelassen werden.
Es muß dann gleichzeitig gelten:
\ .
u = Lo~V } (337)
i= C0 uv.
Multipliziert man die beiden Gleichungen miteinander, so findet sich:
1
V=-- (338)
VLoGo
und dividiert man sie durcheinander, so erhält man:
~ = 1/Lo = z. (339)
i VG0
Aus unseren Überlegungen können wir folgendes schließen: wird die
Spannung u auf die Leitung geschaltet, so wandert bei vorhandenem L 0
und C0 eine rechteckige Spannungs- und Stromwelle über die Leitung.
Die sich einstellende Geschwindigkeit ist v = . 1 und zwischen Span-
VLoGo
nung und Strom besteht die Beziehung u = iZ.
Es werde zunächst ausgerechnet, wie groß die sich einstellende Ge-
schwindigkeit ist, mit welcher sowohl die Spannung als die Stromwelle
über die Leitung läuft. Für die Induktivität einer Phase gilt nach S. 459:
L 0 = 2 · 10-4 (In! +.0,25)Hfkm.
Verzichtet man auf den Summanden 0,25, der gegenüber In!:__ klein ist.
r
so ergibt sich:
d
L 0 = 2 · 10-4 In - . (340)
r
Die Betriebskapazität hat nach S. 469 die Größe
Co=-1-= 1 .-1-Ffkm.
au-al2 2ln~ -ln(4h2+1) 9·106
r d2
Vernachlässigt man den Summanden 1 unter dem 2. Logarithmus im
Nenner (1 ist klein gegen 4 h2fd2), so erhält man:
1 1
Co= - d - · 9 . 106 · (341)
2ln-
r
Setzt man L 0 und C0 in die GI. (338) für v ein, so ergibt sich
1
V= -;====::;====:;=
l/ 2 · 10iln!:__ 1
V r d
2ln- · 9 ·106
r
oder v = 300000 kmfsec • (342)
Leitungen großer Länge 517
v ist also gleich der Lichtgeschwindigkeit und unabhängig von der be-
sonderen Ausbildung der Freileitung. Bei Kabeln spielt die Dielektri-
zitätskonstante des Isoliermaterials für die Kapazität des Kabels eine
besondere Rolle, deswegen ist hier v keine Konstante. v liegt bei Kabeln
etwa in der Größenordnung von
v = 150000 kmjsec.
Z= V d d
2 · I0-4 ln- · 2 ln - · 9 · 106
r r
oder
d
Z= 60ln-. (340)
r
Wähltmanz.B. d=300cm und r=0,6cm, dannergibtsichZ zu3750hm.
Dieser Wert ist für die meisten Hochspannungsleitungen annähernd eine
Konstante, da dundrunter dem Logarithmus vorkommen. Für Kabel
ist der Wellenwiderstand wesentlich kleiner und liegt größenordnungs-
mäßig etwa bei 35 bis 40 Ohm. Obige Werte von Z gelten für eine Phase
gegen Erde, d. h. auch für Drehstrom. Für solche W anderwellen, bei
denen zwei Leitungen die Hin- und Rückleitung bilden, gilt, falls u die
Spannung· zwischen beiden Leitungen ist, für Z der doppelte Wert, also
bei Freileitungen etwa 750 und für Kabel etwa 70 bis 80 Ohm. Die
Geschwindigkeit v bleibt unverändert.
Wir betrachten in Abb. 516c eine Leitung von endlicher Länge l,
welche an Spannung gelegt wird, so daß über sie eine Spannungs- und
eine Stromwelle läuft. Es interessiert die Veränderung der Strom- und
Spannungswelle, falls sie das Leitungsende b erreicht. Am besten stellt
man sich vor, daß in Abb. 516c von rechts nach links ebenfalls eine
Strom- und Spannungswelle läuft. Treffen beide Spannungswellen zu-
sammen, so tritt eine Verdoppelung der Spannung auf, wie sie Abb.516d
zeigt. Die beiden entgegengesetzt verlaufenden Stromwellen ergeben
jedoch den resultierenden Strom Null. Die Grenzbedingungen, daß für
das Leitungsende b der resultierende Strom stets gleich Null und am
Leitungsanfang die Spannung stets u ist, wird also bei der Überlagerung
der beiden Wauderwellen erfüllt. Abb. 516d zeigt die bei der sog. Re-
flexion der Wauderwellen am Leitungsende entstehenden Wellenumbil-
dungen. Es entsteht also beim Auftreffen einer Spannungswelle am
Leitungsende eine Verdoppelung der Spannung.
Ist das Leitungsende durch einen beliebigen Widerstand abgeschlossen,
so kann auch hier die Reflexion durch das Zusammenwirken einer nach
rechts und einer nach links verlaufenden Wanderwelle, die jedoch ver-
518 Die Berechnung elektrischer Netze
/·'13-'
~/~------
.'
1\
x
die Leitung laufen, deren Addition eine
sinusförmige Wanderwelle ergibt. Auch
bei einer solchen gilt wegen der Super-
position für jede Stelle das Gesetz:
Abb. 517. Zerlegung einer slnusförmigen
Wanderwelle in Rechteckwellen. ~=Z= 1/l:J~.
i VCo
Daraus folgt, daß in Verbindung mit der Spannungswelle stets eine
gleichphasige Stromwelle über die Leitung läuft. Dies gilt für eine un-
endlich lange Leitung, oder falls diese mit einem Widerstand R abge-
schlossen ist, der gleich dem Wellenwiderstand Z ist. Bei einem anderen
Widerstand müßte eine entgegengesetzt laufende, sinusförmige Welle
a superponiert werden, so
Go....,. v 2n=a daß eineRefle..rion statt-
u -.?.-- - 7 c findet.
i :u f :. u,~uffu Ist eine Leitung mit
' c I einem Widerstand R = Z
' 'I
-,ii--->r-----+---' abgeschlossen .(Abb.
,, , 518a), so sind die Maxi-
,, b malwerte von Strom und
_"' Spannung an allen Stel-
Abb. 518a-c. Slnusförmige Wanderwelle. len der Leitung gleich
a Leitung ist mit Wellenwiderstand abgeschlossen, b Strom·
und Spannungswelle Iings der Leitung, c Vektordlagramm. groß unddieübertragene
Leistung ist gerade die
natürliche, welche auf S. 510 behandelt wurde.. Denkt man sich die Span-
nungswelle nach rechts über die Leitung laufend, so wird an der Stelle x
die Spannung zu einem späteren Zeitpunkt ihren Maximalwert erreichen
als am Leitungsanfang (Abb. 518b).
Führt man den Begriff Wellenlänge ein, so ist diese
A=;' (344)
d.h. bei einer Frequenz /=50 ergibt sich bei v=300000 km eine Wellen-
länge von 6000 km und dieser Wert entspricht bei der Sinuskurve einem
Leitungen großer Länge 519
Winkel 2 :n;. Ist die Entfernung gleich x, so wird der an der Stelle x
I
wirksame Spannungsvektor U um den Winkel {} gegen U0 (Abb. 518c)
verdreht sein. Es ist
{} = _x__ • 2:rc
l
oder da = _!_
Ä.
I
(345a)
xw fL 0 C0 =
X W --
{}=- 2:rcf= X-= X!X
V V
falls man
(345b)
setzt.
Die Leitung habe jetzt ohmsche- und auch Ableitungsverluste, deren
Einfluß, verglichen mit dem der Induktivität und Kapazität, jedoch
nicht allzu groß sein soll. Betrachten wir wieder den Fall der recht-
eckigen Weile, so wird deren Rücken bei Vorhandensein von Verlusten
nicht mehr horizontal sein, sondern nach dem Leitungsanfang hin zu-
nehmen. Betrachtet man die Stelle x, so ist hier die Spannung u und
der Strom i vorhanden, d. h. durch den Leitungsquerschnitt wird die
Leistung u·i transportiert. Ist an der Stelle x+dx die Spannung u+du
und der Strom i + di, so ist die austretende Leistung jetzt
Wir wollen nun näherungsweise annehmen, daß, obwohl infolge der Ver-
luste die Spannungs- und Stromwelle längs der Leitung abnimmt, zwi-
schen u und i die Beziehung nach GI. (339) gilt:
. u
~= z·
520 Die Berechnung elektrischer Netze
du+ zu dU = - (u-z2T
UZ
2
r . GU ~) dX
du=
u
_ _!_(~-+-
2 z '
G z) dx (347)
-f(i-+az)x
u=u0 e
wobei u0 die Spannung am Leitungsanfang ist. Gleiches Gesetz gilt auch
für die Stromwelle. Man ersieht, daß die Spannungswelle mit größer
werdender Entfernung vom Leitungsanfang exponentiell mit der Dämp-
fungskonstanten
und (349)
In den meisten Fällen (von Koronaverlusten sei abgesehen) sind die
Ableitungsverluste klein, so daß näherungsweise geschrieben werden
kann:
(350)
Hat man am Anfang der Leitung eine sinusförmig sich ändernde Span-
nung, so kann man sich diese durch sich überlagernde kleine Spannungs-
stöße (s. S. 518) ersetzt denken. Jeder Stoß erregt eine Rechteckwelle,
welche bei Vorhandensein vonVerlustenexponentiell abklingt. Demgemäß
ist bei sinusförmiger Spannung am Leitungsanfang die über die Leitung
laufende Welle eine Sinuswelle, deren Werte mit l-x abnehmen. Be-
deutet in Abb. 519b u:A den Spannungsvektor am Anfang der Leitung,
so wird an einer Stelle a, welche die Entfernung x vom Leitungsende,
also l-x vom Leitungsanfang hat (Abb. 519a), der neue Spannungs-
vektor, falls keine Verluste vorhanden sind, gleiche Größe haben, jedoch
nach Abb. 519b um den Winkel &=tx(l-x) zurückgedreht sein. Da
jedoch Verluste vorhanden sind, wird die Größe des neuen Spannungs-
vektors (Abb. 519b):
(351)
und die des Stromvektors
(352)
Leitungen großer Länge 521
sein. Man kann nun diesen neuen Spannungsvektor unter Berücksich-
tigung seiner Größe und Phasenlage wie folgt schreiben:
(353a)
falls man
y=ß+jtx (353b)
setzt.
Wir wollen nun gleichzeitig eine von rechts nach links in der Leitung
laufende Wanderwelle untersuchen. Hat diese am Leitungsende den
Wert U~A• so kann man den Spannungsvektor an der Stelleaschreiben
(Abb. 519c):
(354)
a
~~-
L_
-z-:r: z--~
.1. :r:_j
(357)
(358)
l
Multipliziert man die zweite Gleichung mit Z und addiert bzw. sub-
trahiert sie von der ersten, so ergibt sich:
' e-yl_
Ut,l.. -
11a.l.+3aZ
2 '
(359)
_ _
U,2}.- u.;.-3.z
_2 ___ •
coshyx= e"z+e-yz
.
2
e"z-e-Y"'
, l
Berücksichtigt man, daß der hyperbolische Cosinus und Sinus
(361)
sinh yx = - -2- - .
(362a)
Setzt man die Werte nach GI. (359) in (357) ein, so ergibt sich, falls / 2
der Strom am Leitungsende ist:
Die beiden Gl.(362a) u. (362b) gestatten, falls der Strom und die Span-
nung am Ende gegeben sind, die Berechnung des Stromes und der
Spannung an einer beliebigen Stelle der Leitung und auch für den
Leitungsumfang.
Sollten der .Strom 31 und die Spannung U1,1.. am Anfang der Leitung
gegeben sein und ist jetzt x der Abstand vom Leitungsanfang, so erhält
man nach ähnlicher Rechnung:
(366)
(368)
524 Die Berechnung elektrischer Netze
UJ-- ll2,.l. = - 2
ro2l2
1 ~ lt 2A == (•u
J 2Y -lC0-
2
ro) (J·w lL)o • (369)
In der letzten Gleichung ist j U2J- l 0;C:: der kapazitive Strom, der durch
die Leitungsinduktivität lL0 fließt, falls wir uns nach Abb. 521 die gleich-
l----~---'-{/)_:..;;~:...-_,-~-----]~
der Klammerausdruck der GI. (368) wird ( 1 - 0•5242 ) = 0,863. Der tat-
2
sächliche Wert des cosinus von 30 o ist 0,866, so daß die Übereinstimmung
mit der Näherungslösung sehr genau ist. Bei geringeren Ansprüchen an
die Genauigkeit kann dieses Verfahren auch auf Leitungen mit Längen
größer als 500 km angewandt werden. Die Überführung der Leitungs-
kapazität auf die Enden gilt auch, falls die Leitung belastet ist.
Es sei eine beidseitig gespeiste leerlaufende Leitung betrachtet
(Abb. 522). Sind die Spannungen an beiden Enden gleich, so wird in
der Mitte der Leitung der Ladestrom von beiden Seiten zufließen und der
Leitungen großer Länge 525
Strom hier gleich Null sein. Wenn man sich an dieser Stelle einen Schnitt
durch die Leitung denkt, erhält man zwei einseitig gespeiste Leitungen.
Betrachtet man wieder eine Gesamtlänge von l = 500 km, so entspricht
der halben Entfernung, die für unsere einseitig gedachte Speisung in
Frage kommt, eine Länge von 250 km oder ein Winkel von 15°. Es ist
cos 15 ° gleich 0, 96, d. h. daß die Spannung UA an den beiden Speisestellen
um nicht ganz 4% kleiner als die Spannung 112 A in der Mitte der Leitung
ist. Man kann daher in diesem Fall annehmen, daß in der Leitung durch
die Kapazität praktisch keine Spannungserhöhung eintritt. Man macht
also im Falle der zweiseitig gespeisten Leitung, falls man sich ebenfall&
die glPichmäßig verteilte Kapazität der ganzen Leitung auf die beiden
Enden verteilt denkt, einen Fehler von 4%.
Kurzschluß der Leitung. Es sei die Leitung im Kurzschluß unter-
sucht. Man muß jetzt in den GI. (365) U2A gleich Null setzen und erhält
dann:
UJ.. = i32Z sin lXX
3 = 32 COS CX"X.
b c
~I
Abb. 523a-c. Leitung Im Kurzschluß.
a Stehende Stromwelle, b Vektordiagramm füreine Leitungslänge kleiner
als 1500 km, c Vektordiagramm füreine Leltungs!ii.nge zwischen 1500
undSOOOkm.
also
oder
~
2
= UoA
j(Z sin 01Z +X cos 01Z]
(371)
r
und die Frequenz haltenden Generatoren enthält, so kann die Leitungs-
a x länge beliebig groß sein. Ein sog. Sta-
bilitätsproblem gibt es hierbei nicht.
fi1 ~ H}~ ~A Anders sind die Verhältnisse, falls das
_ _ zu speisende Netz eigene Generatoren
b X besitzt. Deshalb sei jetzt der Fall unter-
~ t sucht, daß ein Kraftwerk über eine
Eßi~ 1r.t Leitung auf ein großes Netz mit der als
starr angenommenen Spannung U2;..
arbeite. In einem Ersatzbild 525a sei
das Kraftwerk durch einen Generator I
mit der inneren EMK E 21 (s. S. 78) und
Abb. 525a-c. Stabilität zwischen 2 Kraft· das Netz mit der starren Spannung U2;..
werken, welche über eine Leitung, die
nur Induktivität hat, miteinander durch den Generator II dargestellt. Die
verbunden sind.
a Schaltanordnung, b die Spannung des
Reaktanz der Leitung einschließlich der
Kraftwerkes li wird Null gesetzt, c die Reaktanzen der Generatoren und Trans-
Spannung des Kraftwerkes I wird
Null gesetzt. formatoren (s. Abb. 525} sei X. Wir
denken uns nun den Spannungsvektor E 21
gegenüber dem Spannungsvektor U2 ;.. um den Winkel {} vorgedreht.
Welche Leistung wird dem Kraftwerk II zugeführt 1 Wir denken uns
zunächst die Spannung des Kraftwerks li gleich Null gesetzt, so daß
das Ersatzbild 525b gilt. Der Generator l wird mit seiner Spannung E 21
einen Kurzschlußstrom It'k liefern. Jetzt sei die Spannung des Gene·
rators I gleich Null gesetzt und die Spannung U2;.. wieder wirksam.
Es gilt jetzt Abb. 525 c und der Generator II wird einen Kurzschluß-
strom l 21e erzeugen. Überlagßrn wir die in Abb. 525b und c' aufgt>zeich-
neten Zustände, so bekommen wir den dem Kraftwerk II zugeführten
Strom 12 zu
12 = l 11e /'.. l 21e • (372}
Abb. 526a zeigt die beiden Spannungsvektoren E 21 und U2 j... Der von der
Spannung E 21 erzeugte Kurzschlußstrom 11k eilt um 90° na.ch. Ent-
sprechend eilt l 21e der Spannung U2 um 90° nach. Nach GI. (372) muß l 21e
jedoch entgegengesetzt aufgetragen werden. Abb. 526 a zeigt, daß 12 auf
Die Stabilität von Leitungen 527
einem Kreis liegt und daß nur der Kurzschlußstrom l 11c mit der Span-
nung U2 einen Wirkstrom bildet, nicht jedoch der Kurzschlußstrom 12Tc·
Man kann für die übertragene Wirkleistung nach Abb. 526a schreiben:
(373)
und man erkennt (Abb. 526b), daß die Leistung sinusförmig mit dem
Voreilwinkel {} zunimmt. Die größte Leistung wird bei einem Winkel
{f = 90° übertragen. Steigert man die mechanische Antriebsleistung
des Generators I, bis der Winkel {} größer als 90° wird, die elektrische
Leistung also abnimmt, so ist ein stabiler Betrieb nicht mehr möglich,
da der Generator I sich beschleunigt und außer Tritt fällt.
Die gebrachte Ableitung für die Gl. (373) hat allgemeine Gültigkeit und
beschränkt sich nicht nur darauf, daß zwischen den beiden Kraftwerken I
Es sei jetzt der Fall geprüft, daß unsere Reaktanz in Abb. 525 (ver·
allgemeinert das Netzwerk) Widerstand besitze. E~ seien gleiche Über-
legungen wie in Abb. 526a angestellt, nur eilen diesmal die Kurzschluß-
ströme nur um 90°- d nach. Das aufgezeichnete Diagramm Abb. 527a
zeigt, daß infolge der Verluste eine Verkleinerung des Wirkstromes 1111~
eintritt und die maximale Leistung schon bei einem Winkel 90°- d
auftritt. Für die Wirkleistung kann man schreiben:
Nw 2 = 3 U2)... [11 k sin (D+ d)- 12 k sind]. (374)
Diese Formel gilt auch für ein beliebiges Netzwerk zwischen den Kraft-
werken I und II.
N
verlustlos ist, folgt, daß dadurch die Stabilität verbessert ist. Die
Magnetisierungsströme der im Zuge der Leitung' vorhandenen Trans-
formatoren wirken wie solche Drosseln .
.Ähnlich wie oben läßt sich zeigen, daß Kapazitäten parallel Zll ul
die Stabilität verschlechtern.
In Abb. 530a sei jetzt parallel zu U1).. eine Wirklast vorhanden. Das
Diagramm Abb. 530 b zeigt, daß der durch r bedingte zusätzliche
z
I J[
c
Abb. 531 a-c. Kraftwerkauf eitet über iB:eak~z und über eine lange Leitung
lloUf ein starr~ll Kraftwerk.
a Schaltplan, b Vektordlagramm, c tlbertragene Leistung in Abhängigkelt
vom Vorell~el.
Nach GI. (377) besteht Z aus einer Induktivität und einem nega
tiven Wirkwiderstand. Man kamr die GI. (37~) anwenden, muß jedoch
beachten, daß ~ jetzt negativ ist~
.s: Xa+X (378)
tanu=- Xa·X r.
Man erhält, falls man t1 =-«50 setzt, wobei ~0 positiv ist:
N w1 = 3 E 21 [12k sin ({} +6 0) - ltk sin 60] • (379)
Hieraus folgt, daß für N wt die Stabilitätsgrenze bereits bei einem
Winkel 90°- 60 erreicht wird.· Nw 2 erreicht zwar bei einem späteren
Winkel sein Maximum, jedoch wird die Stabilität hier nur durch N tot
bestimmt. ·
Es sei jetzt (Abb. 53la) der Fall einer langen, jedoch verlustfreien
Leitung untersucht, welche von einem Kraftwerk mit der inneren
EMK E 21 gespeist wird, welche über die Generator- und Transformator-
reaktanz X über die Leitungslänge l auf das Netz limitder starren
Spannung U2 arbeite. Am Anfang der Leitung herrscht die Spannung U1
34*
532 Die Berechnung elektrischer Netze
Aus der Gleichung folgt, daß bei konstantem zulässigem f}0 eine Er-
niedrigung der Frequenz eine größere Leitungslänge l zuläßt. Von diesem
Verfahren wird man jedoch kaum Gebrauch machen.
Schaltet man in regelmäßigen Abständen parallel zur Leitung In-
duktivitäten, so nimmt der Ladestrom ab und die scheinbare Kapazi-
tät G8 pro km Leitung wird kleiner. Es gilt:
(383)
die Wirkung, daß diese kleiner wird. Um auf den alten Wert zu kommen,
müßte man die Spannung erhöhen, was jedoch oft nicht möglich ist.
Man kann ferner die Leitungsinduktivität L 0 durch in regelmäßigen
Abständen in Reihe geschaltete Kondensatoren scheinbar verkleinern.
Ist die scheinbare Induktivität L 8 , so gilt:
(385)
Wird also L8 verkleinert, so kann bei konstantem f}0 ebenfalls die Lei-
tungslänge vergrößert werden. Die natürliche Leistung
N= U2VCo (386)
Ls
wird jetzt vergrößert. Diese Lösung wurde in Schweden ausgeführt.
Ideal wäre es, sowohl die Leitungsinduktivität als auch die Leitungs-
kapazität teilweise zu kompensieren. Man erhält dann für den Winkel
(387)
N = ij21(0;. (388)
V:Ls
Bei gegebener Spannung, Leitungslänge, Leistung und 0 0 können aus
diesen beiden Gleichungen die Größen L 8 und G8 ermittelt werden. Da
man L 0 und C0 kennt, weiß man dann, welche zusätzlichen Kompen-
sationsmittel notwendig sind. Man wird selbstverständlich nicht, wie bei
der prinzipiellen Überlegung, die Kompensierung zu feinstufig durch-
führen, sondern diese aus preislichen Gründen in möglichst wenig Stufen
534 Die Berechnung elektrischer Netze
erfolgen lassen. Allerdings wird dann die Spannung bzw. der Strom nicht
mehr an allen Stellen der Leitung gleich sein.
An Reihenkondensatoren liegt bei einem Leitungskurzschluß eine so
hohe Spannung, daß diese gefährdet sind. Man muß deshalb Funken·
strecken oder Drosselspulen parallel schalten, die so ausgelegt sind, daß
sie bei zu großer Spannung am Kondensator sich stark sättigen und
dadurch die Spannung begrenzen.
Abb. 532 c zeigt bei Gleichstrom die Hin- und Rückleitung, die gegenein-
ander die Spannung Uu haben. Dabei ist angenommen, daß die Gleich-
spannungserzeugung in der Mitte geerdet ist, also jeder Leiter gegen Erde
nur die Spannung ~u hat.
Wir gehen von der Drehstromübertragu ng aus und deren Leitungs-
durchmesser sei so gewählt, daß kein Glimmen eintritt. Maßgebend für
das Glimmen ist der Maximalwert der Phasenspannung gegen Erde, also
die Größe U Ay2. Wird das Gleichstromsystem mit gleichem Durchmesser
ausgebildet, so dürfte u
u V'3 I\·
2(/ = UAy2 (389)
I \
.----------- I \
I
Ul
sein. .1iJr--t--.•I--- ---- I
I
(393)
LJ
af(~-~-a""~' -I
b ~ZWI t;t;'tJ
o n Gi!tersp!IIIHUII!fAnot!e 1 ~
V
lf
d
0
2 2
1/
g
'
Im ------'I
~~
b IJ/eic/Jsponnung zwisc!Jen .!nuntf-
~
Abb. 534au. b. Gleichrichterschaltung für hochgespannten Gleichstrom.
a Reihenschaltung der Gleichrichter, b Spannung der Gleichrichter.
Zusammenfassung
Hat man große Leistungen auf große Entfernungen zu übertragen, so
erfordert das Drehstromsystem aus Stabilitätsgründen zusätzliche Ein-
richtungen. Diese können in der Regel in dicht besiedelten Ländern ent-
Die Berechnung des Stoßk:urzschlußstromes 541
fallen, da hier die Möglichkeit gegeben ist, in gewissen Abständen die
Leitung an fremde Netze anzuschließen, welche die Spannung stützen
und dadurch den Betrieb der Fernleitung stabil gestalten. Ist jedoch
die Möglichkeit solcher von Natur aus gegebenen Stützungen nicht mög-
lich, so hat das Gleichstromhochspannungssytem Vorteile, da Stabili-
tätsschwierigkeiten nicht vorhanden sind und die Möglichkeit besteht,
Gleichstromhochspannungskabel zu verwenden.
Hierin bedeuten:
U = Betriebsspannung des Netzes
R = Wirkwidersta.nd der gesamten Kurzschlußbahn
X = Blindwiderstand der gesamten Kurzschlußba.hn.
Der größtmögliche Stoßkurzschluß ergibt sich zu
JB = U ·{2' J~ • (396}
Der Faktor " kann rechnerisch oder näherungsweise entsprechend den
Vorschriften VDE 0670 nach Abb. 535 ermittelt werden.
Dieser Stoßkurzschlußstrom J, tritt beim· Einschalten auf einen
Kurzschluß auf und bestimmt die dynamische Beanspruchung der in der
Kurzschlußbahn ·liegenden Maschinen und Geräte.
Hindesfscholtverzug ...o'Sicherun!/)
' "'~:::::- -
1jJ
\ qs ~~
\ r-- -a
,,_
tqa47 ....... --....
-
r\. ['.. ..... lJ
..._
',
-
/1
~ r-C
,z
1. o,B
~
,0 0,5
1. 0 42 411 4G (),8 1jJ 0 1 z J 11 5 G 7 8 9 10
R/X- 11
Ix/In.-
Abb. 535. Reduktion des größt- Abb. 536. 1 11 /Ig -p,abhinglg von 1K}111 •
möglichen Stoßkul'zschlußstromes,
abbingig von R/ X. a lflndestscbaltverzug ,.. 0,05 Sekunden; b Ylndestschalt-
verzug ""'0,1 Sekunden; o lflndestschaltverzug ;;;: 0,25 Sekunden.
Irri-
- IKunges- UA.
- xd. (398)
I -I UA.
lll - Kunges -
-
Xd + XN
(399)
544 Berechnung der Kurzschlußströme
i
Bei höherer Erregung i ist dieser Wert im Verhältnis-.,----- zu ver-
iounuea
größern.
Ist die äußere Rea.ktanz XN groß, so empfiehlt es sich, durch ein
graphisches Verfahren nach Abb. 537 den Einfluß der Sättigung auf die
Höhe des Dauerkurzschlußstromes nachzuprüfen. Man trägt auf die
Abszisse die Erregung als Vielfaches der Leerlauferregung v 0 = 1 auf
und zwar zunächst o - a = Vxn = i~n = 11n = Xa auf. Auf der
~o K
Ordinate trägt man die relative Statorstreuspannung X, auf und
erhält damit den Punkt b der Leerlaufkennlinie. Die Erregung VKn kann
r
I
u c
:::! :-....
~
~
~"'
•!
~
IS Va
1
v-
ß
I'-.
t- Ia'
'Wn
v,'
a
Abb. 537. Diagramm zur Ermittlung des drelpoligen Dauerkurzschlußstromes
bei Kurzschluß im Netz.
in den Anteil v8 für die Statorstreuung und in den Anteil Va für die
Ankerrückwirkung, die dem Strom proportional ist, zerlegt werden.
Der Kurzschlußstrom erfolge jetzt nicht unmittelbar am Generator,
sondern im Netz. Je Phase ist dann die Streureaktanz X,+ XN vorhan-
den (XN = Netzreaktanz). Führt man den Begriff der numerischen
Kurzschlußentfernung a ein,
(400)
IK I - I nVa
- (401)
va I I I - Va ·
b) Zweipoliger Kurzschluß
Der zweipolige Kurzschlußstrom von Generatoren beträgt entspre
chendAbschn. III. D· c. über Generatoren ungefähr das Y3-fache des drei-
poligen Kurzschlußstromes.
Fließt beim dreipoligen Kurzschluß der Strom In, dann ist die
erzeugte Streuspannung pro Phase InXs oder bezogen auf die verkettete
Spannung gleich f3 InX 8 • Beim zweipoligen Kurzschluß, bei dem die
Streuspannungen der beiden Phasen sich addieren, ergibt sich beim
Nennstrom In die Streuspannung zu 2 InX8 • Die Streuspannung ist also,
bezogen a1,1f gleichenNennstrom, im Falle des zweiphasigenKurzschlusses
2/Y3-mal so groß geworden, hat also die Größe
2
Xsn= Xs - . (403)
Y3
Unser Ziel ist, zur Ermittlung des zweipoligen Kurzschlußstromes,
möglichst die für den dreipoligen Kurzschlußstrom gefundene Kon-
~
1.9~
c
~
1
t ~ r-..,
'.i' u
lh
~~{ r--- 1---
11~~ 1---
!.:::. e I
0 1 2 J
Va v-
I va'
Vn
V :1
Abb. 538. Diagramm zur Ermittlung des zweipoligen Kurzschlußstromes.
struktion verwenden zu können. Dies ist möglich, wenn wir uns die Ströme
beim zweipoligen Kurzschluß V3-mal so groß gewählt denken wie beim
dreipoligen. Die Ankerfelder sind dann gleich, während die Streuspan-
nung doppelt so groß wird, also 2 x 8 bzw. im Falle des Netzkurzschlusses
2ax8 • Die bisherige Konstruktion zur Ermittlung des dreipoligen Kurz-
schlußstromes kann dann auf den zweipoligen Kurzschluß übertragen
werden, nur muß beachtet werden, wenn vom Ankerfeld auf den zwei-
poligen Strom geschlossen wird, daß der Faktor V3 hinzukommt. Für
den zweipoligen Kurzschlußstrom gilt also nach Abb. 538 (Kurzschluß
im Netz!) ,
lx ' 11 = In va Vä. (404)
va Va
Abb. 539. Mehrfach gespeistes Netz Abb. 540. Mehrfach gespeistes Netz mit
bei Kurzschluß. zwei gedachten Generatoren A und B.
Gegeben ist das Netz der Abb. 539. Im Punkte a trete ein dreipoliger
Kurzschluß auf. Ist kein Kurzschluß vorhanden, dann kann man sich
an der Stelle a den ·widerstandslos Xa_"bez.~
gedachten Generator A, der die in - II•
diesem Punkte herrschende Span-
nung + U A haben muß, angebracht
denken, ohne daß sich an der Gesamt-
stromverteilung des Netzes irgend
etwas ändert (Abb. 540). Wird jetzt
zusätzlich ein weiterer Generator B
mit der Spannung - UA an der glei-
chen Stelle hinzugeschaltet, so erhält Abb. 541. Mehrfach gespeistes Netz mit
der Punkt a das Potential Null und gedachtem Generator A an Kurzschlußstelle
und Ersatz der Kraftwerksgeneratoren
die jetzt fließenden Ströme sind die durch Reaktanzen.
gewünschten Kurzschlußströme. Man
muß also, um die im Kurzschluß auftretenden Ströme zu erhalten, die
durch den Generator B erzeugten Ströme berechnen, welche sich den
ursprünglichen Strömen überlagern (letztere vernachlässigt man oft).
Dabei muß man sich die Generatoren], 2 und 3 durch Reaktanzen
ersetzt denken (s. Abb. 541). Die Größe dieser Generatorreaktanzen,
die außerdem nicht konstant sind, da sie von der Sättigung der Genera-
35*
548 Berechnung der Kurzschlußströme
toren abhängen, sind vorläufig unbekannt. Für die Berechnung des Stoß-
kurzschluß-Wechselstromes kann man mit genügender Genauigkeit für
die Generatorreaktanzen die subtransienten Reaktanzen x;
einsetzen.
Berechnet man jetzt den Ersatzwiderstand Z des ganzen Netzes, so
ergibt sich der Strom an der Kurzschlußstelle zu
" -u- .
1K=
vaz (406)
(408)
•
P= 2,04 T·I0-
·s
8 kgfcm Leiterlänge. (412)
E. Kurzschlußerwärmung
Es sei zunächst die Erwärmung eines Körpers durch den Dauerkurz-
schlußstrom bei Nennerregung berechnet. Ist die Stromdichte ia =lxnfq
und wird ein Leiterelement v;on 1 mm1 Querschnitt und 1m Länge
untersucht, dann ist die in t sec erzeugte Wärmemenge gleicb. (! j~t.
Wird angenommen, daß keine Wärmeabstrahlung und Ableitung an die
Umgebung stattfindet, dann muß die Wärmemenge (!jät zur Temperatur-
erhöhung des Leiters dienen. Ist die spezifische Wärme des Leiter-
materials bezogen auf 1 cm3 gleich c (in Wsect C cm3 ), so stellt sich
eine Temperatur{} ein.
_n e ·2 t .
-v=-Ja (413)
c
Für Kupfer mit einer mittleren Erwärmung um 90° (von 20° auf 200° C) ist
e= 1/41,5 und c = 3,5.
Dies in GI. (413) eingesetzt, ergibt
;je
IJcu= 145. (414)
Für Alunünium findet man für eine
mittlere Erwärmung um 80° (von 20°
auf 180° C) (! = 27~ 3 = c 2,42
Llt=( I, ) 2 T. (417)
1,sy2 Ixn
In dieser Formel wird man beim dreipoligen Klemmenkurzschluß für
T.-0,3 sec einsetzen. Dieser Wert nimmt bei entfernteren Kurz-
Erwärmung von Ma.schinen und Apparaten 551
schlüssen bis auf 0,1 sec ab. Die entsprechenden Werte beim zweipoligen
Kurzschluß sind 0,6 bzw. 0,2 sec 1 •
Falls man die Erwärmung eines Leiters genauer ermitteln will, kann
man so vorgehen, daß man sich den Verlauf des Kurzschlußstromes in
Abhängigkeit von der Zeit ermittelt und hieraus die entwickelte Wärme-
menge und Temperatur bestimmt.
Die im Kurzschlußfalle zulässige, stets nur kurzzeitige Erwärmung
ist wesentlich höher, als die des normalen Betriebes. Sie liegt etwa bei
100-160° 0 bei Kabeln, 300° 0 bei blanken Leitungen (Cu),
130-180° C bei Freileitungen 2, 250° C bei blanken Leitungen (Al),
200° C bei Stromwandlern.
Körpers in cm 2 , dann gilt unter Beachtung, daß die in der kleinen Zeit
dt zugeführte Wärmemenge Q dt einmal dazu dient, um die Temperatur
des Körpers um df} zu erhöhen, zum anderen um die durch die Tempe-
ratur f} bedingten Wärmeabgabeverluste an die Umgebung zu decken,
die Beziehung
+
Q dt = c G df} eF IJ dt (418)
oder nach Umformung
_g__f}
d{} Q - e F {} Fe
dt= ----ca-= cG (419)
eF
_!?_ist gleich der Endtemperatur De, da dann ddf} = 0 ist. Es gilt also
eF t
Q
ße = --. (420)
(!F
Widerstand, der bei der Temperatur fJz vorhanden ist, rechnet, den
Wert haben
(426)
Man wird also die Vertikale II-II, auf der die Endtemperaturen auf-
gezeichnet sind, mit den Strömen, welche die jeweiligen Endtemperaturen
ergeben, beziffern. Die Bezifferung mit den Strömen hat einen quadrati-
schen Charakter (s. Abb. 547). Diese Konstruktion hat den Vorteil, da
die Belastungsströme meist bekannt sind, daß man sofort weiß, wohin
man die HUfsgeraden zu zeichnen hat. Oft weiß man nicht wie groß {}z
ist. In einem solchen Fall setzt man die zu Ia gehörige Temperatur
1 fJz= lOOOfo und führt die Rechnung prozentual durch.
(} Bis jetzt war angenommen, daß die Erwärmung in
'7
u einem homogenen Körper erfolgt, der an allen Stellen
~ ------- 1d gleichmäßige Temperatur annimmt. Unsere Maschinen,
Transformatoren, Apparate, Kabel usw. sind jedoch
komplizierte Gebilde, die im Innern an verschiedenen
Stellen verschiedene Temperaturen besitzen und in denen
1 verwickelte Wärmeströmungen stattfinden. Nimmt man
etwa für eine bestimmte Wicklung den Temperaturver-
Abb. 547. Hilfsdia-
lauf auf, so erhält man eine Erwärmungskurve, bei der
gramm mit quadratl- man, wenn man die Zeitkonstante ermitteln will, ver-
scher Stromskala. •
schwdene Werte von Z erh''l . nac h dem an welcher
a t, Je
Stelle der Kurve man sich befindet (Abb. 548). Dabei ist im allgemeinen
die Zeitkonstante zu Erwärmungsbeginn meist viel kleiner als nach
längerer Erwärmungsdauer. Um trotzdem einigermaßen den Temperatur-
verlauf abschätzen zu können, ist man
in einem solchen Fall gezwungen, sich
eine mittlere Zeitkonstante zu bestim-
f
men, um die Erwärmungsrechnung
durchführen zu können.
Um einen Überblick
t welcher Größenordnung zudiehaben, in
so be-
Abb. 548. Temperaturverlauf bei
veränderlicher Zeltl<onstante. stimmten Zeitkonstanten liegen, sei
Tabelle 21 angegeben 1.
Für genauere Erwärmungsrechnungen ist man unter Umständen
gezwungen, zwei Erwärmungsvorgänge zu überlagern. Abb. 549a zeigt
beispielsweise, wie die Erwärmung des Öles in einem Transformator erfolgt
(Kurve 1). Für den Verlauf kann man näherungsweise eine Exponential-
kurve annehmen. Die Übertemperatur, welche die Wicklung für sich
gegen das Öl annimmt, ist durch die Exponentialkurve 2 näherungs-
weise dargestellt. Die tatsächliche Temperatur als näherungsweise
1 Siehe E. KROHNE: Die wirtschaftliche Erzeugung der elektrischen Spitzen-
kraft in Großstädten. Berlin: Springer 1929.
Erwärmung von Maschinen und Apparaten 555
Tabelle 21.
Zeit!<ons~ante Z
I mmm
Überlagerung der Kurve 1 und 2 zeigt die Abb. 549 b. Erfolgt jetzt plötz•
lieh eine starke Zunahme der Belastung, die kurz darauf wieder ver·
schwindet, so wird das Öl infolge " b
seiner großen Zeitkonstanten sich
" a
t t
Abb. 549 a u. b. Temperaturverlauf eiues Öltransformators.
tr:r=r
Kupfer auftreten können.
b
Oft hat man es mit periodisch sich
wiederholenden Belastungsänderungen
zu tun. Ist z. B. die in einem Körper
erzeugte Verlustwärme durch die Flächen
t
der Abb. 550a gegeben, so kann man Abb. 550 a u. b. Belastungsspiel
eine mittlere gleichmäßig zugeführte und Temperaturverlauf.
sekundliehe Verlustwärme Qm annehmen,
bei der, bezogen auf die Gesamtzeit, gleiche Verluste wie in Wirklichkeit
vorhanden sind. Bei den mittleren Verlusten Qm würde nach längerer Zeit
eine konstante Endtemperatur {}m eneicht werden (s. Abb. 550b). In
Wirklichkeit wird jedoch wegen der intermittierenden Belastung die
556 Über die Gefährdung durch den elektrischen Strom
(427)
oder allgemein
Im= yr~:t.
Ist der Dauerstrom Id, bei dem die zulässige Temperatur fJz etwa eines
Motors erreicht wird, bekannt, dann ist die sich einstellende mittlere
Temperaturgleich &m=(~;)zfJz· (428)
1. Kleinspannungen
Die ungünstigsten Verhältnisse liegen vor, wenn mit elektrischen
Geräten in einem Kessel, einer Rohrleitung oder in ähnlich engen Räu-
men mit gut leitenden Bauteilen gearbeitet wird, da hier dermenschliche
Isolierung 559
Körper großflächig Metall berühren kann. Hier verwendet man Span-
nungen, die unter 65 Volt liegen und zwar kommen als genormte Span-
nungen 42 bzw. 24 Volt in Frage. Bei Wechselstrom werden diese Span-
nungen durch einen Transformator erzeugt, während bei Gleichspannung
ein besonderer Umformer notwendig ist.
2. Isolierung
Nach Abb. 551 kann man leicht der Überzeugung sein, daß bei nicht
geerdetem Transformator (Abb. 552), wobei r 0 = oo und die Berührungs-
spannung Ub gleich Null ist, eine Gefährdung nicht stattfindet. Diese
Überlegungen gelten nicht für einen Transformator, der ein größeres
Netz speist, da die angeschlossenen Stromkreise Ableitungswiderstände
haben, wobei pro Stromkreis als zulässiger
Grenzstrom ein Ableitungsstrom von 1 mA ~~~----------R
gilt. Da oft Tausende von Stromkreisen vor- ~~~---------3
~~4-~--~~~r
handen und viele Verbrauchsgeräte ange- m
schlossen sind, kommt man auf beachtliche
Fehlerströme. Man muß deshalb in Abb. 552
an den drei Phasen AbleitungswiderständeR Abb. 552. Drehstromnetz ohne
ErdUDg des Transformators.
einzeichnen, zu denen außerdem parallel die
Kapazitäten der Leiter liegen. Sind die Ableitungswiderstände gleich,
so hat der Nullpunkt des Transformators Erdpotential, sind sie ver-
schieden, so hat der Nullpunkt Spannung gegen Erde.
Nimmt man in einer Phase einen Schluß an, z. B. an einem Isolier-
rohr, so vermag über den Widerstand des menschlichen Körpers Tm, über
den Erdwiderstand T und über die Ableitungswiderstände R und Kapazi-
tät C ein Strom zu fließen, so daß an Tm eine Berührungsspannung auftritt.
Um die Berührungsspannung herunterzusetzen, kann man in der
Nähe von elektrischen Geräten den Fußboden isolieren. Diese Maß-
nahme hat nur Wert, falls sich nicht in der Nähe ein geerdeter Metallteil,
z. B. eine Wasserleitung oder Heizung befindet. In diesem Falle könnte
die eine Hand auf dem Spannung führenden Gerät liegen, während die
andere die Wasserleitung berührt und so trotz isolierter Aufstellung
Strom durch den Körper fließt.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der vollständigen Isolierung der
elektrischen Geräte. Wird z. B. eine elektrische Handbohrmaschine
nach außen isoliert verkleidet, so kann im Innernein Schluß auftreten,
ohne daß der Bedienende Spannung erhält. Allerdings läßt sich eine
vollständige Isolierung nur bei kleinen Geräten durchführen.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verwendung von Isolier-
Transformatoren, welche oft das Übersetzungsverhältnis 1 : 1 haben.
Diese dürfen jedoch nur Einzelanschlüsse speisen, da bei einem Ver-
560 Über die Gefährdung durch den elektrischen Strom
3. Erdung
EinMittel zur Vermeidung von Berührungsspannungen besteht in der
Erdung der Gehäuse elektrischer Geräte. In Abb. 553 ist ein ungeerdetes
Drehstromnetz aufgezeichnet, welches allerdings über die Ableitwider-
stände R (Kapazitäten sind nicht eingezeichnet) mit der Erde verbunden
ist. Ein Motor M habe mit der Phase R Schluß. Das Gehäuse des Mo-
tors ist geerdet (Erdwiderstand r). Wird das Gehäuse berührt und steht
der Berührende in guter Verbindung mit
AMN-;------r---- -R
f"M'Y-t-r--t-r--- S' der Erde, so bekommt er die Berührungs-
~N-~~--~+-r--T spannung Ub. Diese hängt von dem Strome
ab, welcher durch den Widerstand r und
~ die Ableitwiderstände fließt. Der Span-
nungsabfall I · r = Ub soll nicht größer als
65. Volt sein. Die Größe des durch r fließen·
d!;ln Stromes ist nicht angegeben, da die
Abb. 553. Ungeerdetes Netz mit
Motor, der Körperschluß hat. Größe R der Ableitwiderstände unbekannt
-j'st und sich auch ändern kann. Es ist ferner
möglich, daß auch die Phase S Schluß mit der Erde hat, so daß jetzt die
verkettete Spannung auf r wirkt. Der größtmögliche Strom ist durch
die vorgeschaltete Sicherung begrenzt. Es wird vorgeschrieben, daß bei
größtmöglichem Strom keine größere Spannung am Widerstand r als
65 Volt entstehen darf. Die Zeitdauer für das Schmelzen einer Sicherung
ist jedoch von der Größe des hindurchfließenden Stromes abhängig. Da
eine längere Einwirkung des Stromes als 0,2 sec vermieden werden soll,
wird man als Abschaltstrom in der Regel den Strom wählen, welcher
eine Sicherung in 0,2 sec zum Ansprechen bringt. Bei normalen
Sicherungen für Nennstromstärken von 6-25 Ampere sprechen diese
bei etwa dem 2,5fachen Nennstrom nach 0,2 sec an. Hat man träge
Sicherungen, so erfolgt deren Ansprechen nach 0,2 sec etwa bei dem
6fachen Nennstrom. Auf Grund obiger Forderung ergibt sich die
Größe des Erdungswiderstandes zu :
65 Volt
r = Abschaltetrom · (430 )
Setzt man den Abschaltstrom als 2,5fachen Nennstrom ein, so ergibt
sich ein Erdübergangswiderstand bei 6 Ampere Nennstrom von 4,3 Q
und bei 25 Ampere Nennstrom von 1,04 Q.
Erdung 561
Es bereitet oft Schwierigkeiten, einen niedrigen Erdungswiderstand
zu erzielen. Dieser ist von dem spez. Widerstand des Erdbodens und in
hohem Maße von den geometrischen Abmessungen des Erders abhängig.
Um klar zu sehen, was man unter Erdungswiderstand versteht, soll in
Abb. 554a bei A und B ein Rohr als Erder im Boden vorhanden sein.
Befinden sich die Erder A undBin einem genügend großen Abstand und
wird durch beide ein Strom geschickt und mißt man vom Punkte m aus
die Spannung, welche der Erdboden hat, so ergibt sich eine Kurve nach
Abb. 554b. Man sieht, daß in der Nähe der Erder die Spannung gegen-
überM, welches die Erdspannung Null habe, trichterartig zunimmt.
Diese Zunahme der Spannung ist zu erklären, weil die Stromlinien sich
in der Nähe der Erder konzentrieren, während in größerem Abstand von
den Erdern ein sehr großer Querschnitt für den Stromdurchgang zur Ver-
fügung steht, der Spannungsabfall dann
praktisch gleich Null ist. Um den Erdungs-
widerstand zu erhalten, muß man also den
Strom und dessen Spannungsabfall messen.
Dabei genügt es, die Spannung zwischen a
dem Erder und einer Gegenelektrode zu
messen, die in einem Abstand von etwa
20m angebracht ist, so daß man dann damit b
rechnen kann, daß diese das Erdpotential
Null hat. In unmittelbarer Nachbarschaft
Abb. 554 a u. b. Messung der
des Erders ist, wie Abb. 554b zeigt, ein Spannung an Erdem.
größeres Spannungsgefälle vorhanden, wel· a Schaltanordnung, b Spannung
der Erder.
ches bei größeren Strömen, wie sie gelegent-
lich in Hochspannungsanlagen auftreten können, gefahrbringend sein
kann. Befindet sich ein dahin schreitender Mensch an dieser Stelle, so
ist zwischen den beiden Füßen eine Schrittspannung vorhanden, welche
einen Strom durch den Körper treibt. Allerdings ist es hier günstig, daß
der durch das Herz fließende Stromanteil verhältnismäßig klein ist.
Ungünstiger sind Tiere daran, z. B. Kühe, die wegen ihrer körperlichen
Größe große Schrittspannungen überbrücken und bei denen auch das
Herz im Stromverlauf liegt. Beim Vorliegen solcher Gefahrenmomente
muß die Umgebung des Erders geschützt sein.
Maßgebend für den Erdungswiderstand ist einmal der spez. Wider·
stand des Erdbodens. Dieser ist bei
Qm
Moorboden . . . . . 50
Acker- und Lehmboden 100
Sandboden 600
Kiesboden . . . . . . 1000
Felsboden . . . . . . 3000
Buchhold/Happoldt, Elektrische Kraftwerke, 3. Auf!. 36
562 Über die Gefährdung dur<ih den elektrischen Strom usw.
Vergleicht man die Leitfähigkeit des Ackerbodens mit der von Kup-
fer, so findet man, daß Ackerboden 5,7 X 108 mal schlechter leitet als
Kupfer.
Als Erder kommen Tiefen- bzw. Oberflächenerder in Frage. Tiefen-
erder sind Rohre, welche in größerer Länge in den Erdboden eingetrieben
werden, Oberflächenerder sind z. B. Seile oder Eisenbänder, welche in
einer Tiefe von etwa 0,5 m meist strahlenförmig im Erdboden verlegt sind.
Dann.gibt es auch noch Plattenerder, bei denen eine quadratische Erd-
platte in den Boden eingebaut wird. Zur Orientierung seien die Erdungs-
widerstlinde einiger Erdungen bei verschiedenen Bodenarten angegeben:
4. Nnllung
Eine weitere Möglichkeit, die Gefahr zu verringern, ist die der Nullung.
Diese kommt bei Netzen mit Nulleiter in Frage. Hier werden die Gehäuse
mit dem Nulleiter verbunden (Abb. 558a), während der Nulleiter in der
Station geerdet ist (Erdwiderstand r 0). Bekommt das Gehäuse mit einer
Phase Schluß, so fließt über die Phase und über den Nulleiter ein Kurz-
schlußstrom, der die vorgeschaltete Sicherung ausschalten soll. Damit
auch wirklich die vorgeschaltete Sicherung ausgeschaltet wird, muß
nach den Vorschriften geprüft werden, ob der Kurzschlußstrom tat-
sächlich größer als das 2,5 fache des Nennstromes ist.
lx= 2,5 ] 5 • (432)
5. Schutzschalter
Bei diesen wird der zu schützende Apparat a (Abb. 562) über eine
Auslösespule mit der Erde verbunden. Die Auslösespule wirkt auf einen
III
dem Apparat vorgeschalteten Schalter,
~F
falls zwischen Gehäuse und der Erde
eine Fehlerspannung auftritt. Da die
Auslösespule hochohmig ausgeführt sein
~~-P'~
kann, ist an die Güte der Hilfsarde
keine besonders hohe .Anforderung zu
stellen. Diese Schutzschaltung wird
a
oft in Netzenohne Nulleiter angewandt,
in denen die normale Erdung nicht
Abb. 662. Schutzschalter.
durchgeführt werden kann, weil die
Erzielung der geringen Ohmwerte zu hohe Kosten verursacht. Die
Schutzschaltung kann auch in Netzen mit Nulleiter angewandt werden,
in denen die Nullung nicht zulässig ist. Bei der Benutzung von Schutz-
schaltern ist großer Wert darauf zu legen, daß ihre Ausbildung zuver-
lässig ist und diese betrieblich in Ordnung bleibt, da sonst der Schutz-
wert verschwindet.
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Sachverzeichnis
Ableiter, tlberspannungs- 403, 415 Dampfgehalt, spezifischer 15
- Löschrohr- 404 Dampfturbine 7
Abschaltleistung 280, 542 Dampfverbrauch 18
- asymmetrische 281 DeckeilSpannung (ceiling voltage) 97
Abspannmast 261 Diagramm
Achterschutz 378 - i-s- 13
Anlaufzeit 122 - Generator-Erregung 93
Asynchrongenerator 126 - Leitung 449, 477, 478
Auslöser · 157 - Potier93
- , Primär- 158 - Schenkelpolgenerator 83
-, Sekundär- 158 - Stromwandler 298
Ausnutzungsfaktor 47 - Turbogenerator 78
Außertrittfallen von Generatoren 120 - Transformator 137
- - Kraftwerken 123, 529 Differentialschutz
Austenite 15 - für Generator 163
-für Leitungen 378
-für Transformatoren 183
Bedienungsschaltbild 322
Distanzrelais 362
Belastungsfaktor 43
- , Schnell- 373
Belastungskurven 2, 43, 44, 54, 55 Drahtlose Übertragung 332
- , geordnete 46, 52, 53, 494 Drehzahlregelung 62
Bensenkessel 26 Drehzahlreglerkopf 66
Benutzungsdauer 46 Drehzahl, spezifische 37
Benutzungsstundenzahl 47 Dreiwicklungstransformator 142, 190
Berechnung von Netzen 418, 428, 448,
Drosselspulen 118, 193, 313
455, 476
Blitzstrom 400 Eigenbedarfsanlage 195
Bohrfeldreaktanz 78 - Umschaltung 200
Buchholz-Schutz 182 Eigenverbrauch von Meßgeräten 301
Bündelleiter 246 Elektrischer Drehzahlregler 66
Bürde 300 Einrelais-Impedanzschutz 363
Energieversorgung, Verteilung der- 6
Dämpferwicklung 75, 76, 91' Enthalpie (Wärmeeinheit) 12
Dampfkessel, Benson- 25 Entladeverzug 402
- , Eintrommel-Steilrohr- 17 Entregung, Schnell- 177
- , Strahlungs- 22, 26 - , Schwingungs- 178
- , Schrä.grohr- 23 Entropie 12
- , Zwanglauf- 26 Erdboden-Widerstand 561
-, Feuerung mit Einblasemühlen 22 Erdschluß
- , Ros'tfeuerung 17, 19 - , allgemein 384
- , Schmelzfeuerung 25 - , Anzeige 390
- , Zyklonfeuerung 25 - , Doppel- 385
Dampfkraftwerk 19, 27 - , Kompensation 386
- , Eigenbedarf 29, 195 - , Reststrom 387
- , Feuerung 17, 19 - , Ströme bei Kabeln 217
- , Kohlebedarf 18 Erdschlußschutz
- , Kosten31 - für Generatoren 166, 174
574. Sachverzeichnis
37*
Berichtigung.
S. 471 Zeile 15 lies: (A~ 2 - (2) a~") q3 statt (A~ 2 + (2) a~") q3 •
ass ass