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Wachstum und Züchtung von Einkristallen

1. Was sind Kristalle ?


2. Warum züchtet man Kristalle ?
3. Warum bilden sich Kristalle ? (Thermodynamik)
4. Wie schnell können Kristalle wachsen? (Kinetik)
5. Die wichtigsten Kristallzüchtungsverfahren
(Verfahrenstechnik)

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
im Forschungsverbund Berlin e.V.
Wachstum und Züchtung von Kristallen

1. Was sind Kristalle ?


2. Warum züchtet man Kristalle ?
3. Warum bilden sich Kristalle ? (Thermodynamik)
4. Wie schnell können Kristalle wachsen? (Kinetik)
5. Die wichtigsten Kristallzüchtungsverfahren
(Verfahrenstechnik)

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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Was ist ein Kristall ?
aber:
Charakterisierung eines Kristalls landläufig: Synthetische Kristalle

ein von ausgeprägten geometrischen Flächen


begrenzter Festkörper
manchmal noch: mit hoher Lichtbrechung
(„Kristallglas“)

GaAs-Einkristall

natürlicher Quarz (Bergkristall)

Ti-dotierter Saphir

K. JACOBS
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„Kristallglas“ ?

Daniel Swarovski (* 1862; † 1956): österreichischer


Glasschleifer böhmischer Herkunft und Gründer des
Unternehmens SWAROVSKI, das sich zum Weltmarkt-
führer für geschliffenes Kristallglas entwickelte.
Der im böhmischen Georgenthal geborene Daniel
Swarovski erfand 1892 eine Glasschleifmaschine.

Bereits im 15. Jahrhundert wurde in Venedig kristall-


klares Glas („cristallo“) hergestellt. Später ging diese
Bezeichnung auf alle glänzenden, farblosen Gläser
mit hoher Lichtbrechung über.

Der Begriff Kristallglas, abgeleitet von Bergkristall,


bezeichnet hochwertiges farbloses Glas, das oft
Bleioxide enthält. Die Erfindung des sogenannten
Bleikristalls im Barock wird den Engländern zuge-
schrieben.

Im physikalischen Sinne ist der Begriff


„Kristallglas“ unsinnig – entweder „Glas“
oder „Kristall“!
K. JACOBS
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Kristall ↔ Glas

SiO2 SiO2
(Quarz) (Kieselglas)

Kristall: Glas:
Periodisches Gitter Nahordnung, aber
fehlende Fernordnung

Kochsalz NaCl Na-Silicatglas

K. JACOBS
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Kristallines und amorphes Si - Struktur und Eigenschaften

kristallines amorphes
Silicium Silicium

Atomabstand: 2.52 Å

einkristallines Si a-Si:H

Bandabstand 1.1 eV 1.7 eV

Elektronenbeweglichkeit 1300 cm2V-1s-1 1 cm2V-1s-1

Löcherbeweglichkeit 500 cm2V-1s-1 3×10-3 cm2V-1s-1

n-Leitfähigkeit 102 Ω-1cm-1 10-2 Ω-1cm-1

p-Leitfähigkeit 102 Ω-1cm-1 10-4 Ω-1cm-1

K. JACOBS
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Kristalle: Korrespondenz zwischen Habitus und innerem
Aufbau?
Schon sehr früh existierte Vorstellung, dass makroskopische äußere Gestalt den
internen Aufbau auf atomarer/molekularer Ebene reflektiert

HAÜY 1822 kubisch-flächenzentriertes Gitter


K. JACOBS
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Anisotropie von Kristalleigenschaften: Beispiel Spaltbarkeit

Charakteristische Kristalleigenschaft:
Anisotropie (Richtungsabhängigkeit) der Eigenschaften
K. JACOBS
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Was sind „Kristalle“ ?

[griechisch: κρυσταλλωζ = „Eis“]


landläufig:
von Flächen bestimmter Geometrie begrenzte Festkörper
(z.B. Edelsteine)

Kristalle sind anisotrope homogene Festkörper, die aus identischen


kleinsten Baueinheiten („Elementarzellen“) bestehen, welche
streng periodisch (i.a. dreidimensional) angeordnet sind.

• Materie im höchsten Ordnungszustand


• Elementarzellen wiederum bestehen aus Atomen, Ionen oder
Molekülen
• Eigenschaften richtungsabhängig
• Einkristalle zeigen typische Festkörpereigenschaften und -effekte
besonders sauber und gut ausgeprägt
• kommen in der Natur vor oder werden „maßgeschneidert“ gezüchtet
(und/oder bearbeitet)

K. JACOBS
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Elementarzelle
kleinstes von drei Vektoren aufgespanntes Parallelepiped, durch dessen periodische
Wiederholung (Translation) das gesamte Raumgitter aufgebaut wird.

Elementarzelle kann relativ willkürlich gewählt werden. Zweckmäßigerweise erfolgt


Auswahl des Grundmotivs nach folgenden Prinzipien:
• Elementarzelle sollte höchstmögliche Symmetrie besitzen
• Volumen und Oberfläche der Elementarzelle sollten möglichst klein sein
• Winkel in der Elementarzelle sollten möglichst 90 Grad betragen
• Ursprung der Elementarzelle liegt in einem geometrisch ausgezeichneten Punkt

K. JACOBS
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Kristallstruktur = Gitter + Basis
Kristalle sind Festkörper, deren kleinste Baueinheiten (Atome, Ionen oder Moleküle) auch
über lange Reichweiten immer in gleicher Weise angeordnet sind: Verschiebung der kleinsten
Baueinheiten („Elementarzellen“) um die gleiche Strecke und in die gleiche Richtung führt
stets zu einer ununterscheidbaren Anordnung („Translationssymmetrie“).

Raumgitter ist mathematische Abstraktion.

Daraus wird ein Kristall, wenn jeder Gitter-


punkt mit einer „Basisgruppe“ aus
Atomen/Ionen/Molekülen besetzt wird:

Kristallstruktur = Gitter + Basis


Im NaCl-Gitter sind Na- und Cl-Ionen wechselseitig okta-
edrisch von je 6 Nachbarn umgeben. Betrachtet man Kat-
ionen und Anionen getrennt, so findet man zwei kubisch
flächenzentrierte Gitter, die um 1/2,0,0 gegeneinander
verschoben sind. Das NaCl-Gitter läßt sich auch als ku-
bisch dichte Packung von Cl--Ionen sehen, deren Oktae-
NaCl-Gitter derlücken mit den kleineren Na+- Ionen besetzt sind.
K. JACOBS
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Woher kennen wir den regelmässigen Kristallaufbau ?
Beugung/Interferenz von Röntgenstrahlen

konstruktive
Interferenz

λ
n = d × sin θ
2
n - Ordnung der Interferenz
λ - Wellenlänge der Röntgenstrahlung
d - Netzebenenabstand
θ - „Glanzwinkel“

K. JACOBS
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Zusammenfassung: Was sind „Kristalle“ ?
[griechisch: κρυσταλλωζ = „Eis“]
landläufig:
von Flächen bestimmter Geometrie begrenzte Festkörper (z.B. Edelsteine)

Kristalle sind anisotrope homogene Festkörper, die aus identischen kleinsten


Baueinheiten („Elementarzellen“) aufgebaut sind, die streng periodisch
(i.a. dreidimensional) angeordnet sind.

• Materie im höchsten Ordnungszustand


• Elementarzellen bestehen aus Atomen, Ionen oder Molekülen
• Eigenschaften richtungsabhängig
• Einkristalle zeigen typische Festkörpereigenschaften und -effekte besonders
sauber und gut ausgeprägt
• viele Kristalle kommen in der Natur vor,
• für die technische Verwendung werden aber nahezu ausnahmslos
„maßgeschneidert“ gezüchtete (und bearbeitete) Kristalle verwendet

K. JACOBS
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Wachstum und Züchtung von Kristallen

1. Was sind Kristalle ?


2. Warum züchtet man Kristalle ?
3. Warum bilden sich Kristalle ? (Thermodynamik)
4. Wie schnell können Kristalle wachsen? (Kinetik)
5. Die wichtigsten Kristallzüchtungsverfahren
(Chemie/Verfahrenstechnik)

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Natürliche und synthetische Kristalle

Natürliche Kristalle (z. B. Mineralien; Edelsteine; Blasen-, Nieren-, Gallensteine; Viren; Vitamine; „Salze“;
...) :
zeigen viele mikroskopische und makroskopische Baufehler und irreguläre Gestalt, so
daß ihre technische Verwendbarkeit eingeschränkt oder verhindert wird

Halit (NaCl)

Dolomit (CaMg(CO3)2) Bergkristall (Quarz)

Synthetische Kristalle:
Reinheit, Perfektion und Abmessungen in notwendiger Güte, d.h. sie werden für
spezifische technische Anwendungen bezüglich dieser Eigenschaften
„maßgeschneidert“.

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Einkristalle-Polykristalle-Gläser

Einkristall: gesamter Festkörper ist ein einziges „Kristallkorn“

künstlicher Kristall

Eisenmeteorit Gussblock

amorph

Polykristalle:
Aggregate aus vielen kleineren, über Korngrenzen miteinander verwachsenen Kristallen,
die unterschiedlich gegeneinander orientiert sind.
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Warum Einkristalle ?

Ordnungszustände in anorganischen Festkörpern:

Glas – Keramik – Polykristalle – Einkristalle

Glas: fehlende Gitterperiodizität, lokale Schwankungen in Dichte, Zusammensetzung, Eigenschaften


Keramik: regellos gepackte Kristallite, amorphe Zwischenbereiche, Poren, Korngrenzen, ...

Polykristalle: willkürlich gegeneinander verdrehte Kristallite mit zweidimensionalen Korngrenzen

Einkristalle: gesamter makroskopischer Körper ist ein einziges Kristallkorn; ohne Grenzen im Innern
(allerdings nicht notwendig frei von ein- und nulldimensionalen Baufehlern)

Baufehler aller Art wirken sich aus auf Fortbewegung von Photonen, Elektronen,
Phononen, ... : Streuung, Absorption, ...

⇒ in Einkristallen „reinste“ Ausprägung von festkörperphysi-


kalischen Effekten

K. JACOBS
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Kristallbaufehler: eine Auswahl

a) Interstitial (Zwischengitteratom) e) Ausscheidung/Einschluss


b) Stufenversetzung f) Versetzungsschleife aus Vakanzen
c) Selbst-Interstitial g) Versetzungsschleife aus Interstitials
d) Vakanz (Leerstelle) h) substitutionelles Störstellenatom
Weitere Defekt-Typen: Antisite-Defekte; Schraubenversetzungen; Korngrenzen, ...
Abbildung: H. FÖLL, http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/def_en/index.html

K. JACOBS
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Auswirkung von Kristall-Baufehlern - I
Schallausbreitung, Wärmeleitung, elektrische Leitfähigkeit:
elastische Eigenschaften:
durch Gitterschwingungen; Kristall
vorstellbar als System von über Federn
miteinander gekoppelter Atome:

Elektronen stoßen mit Gitterionen und Defek-


ten zusammen, werden abgebremst oder ein-
gefangen. Mit steigender Temperatur und zu-
nehmend gestörtem Gitter sinkt die mittlere
Stoßzeit zwischen zwei Kollisionen, was ab-
nehmender Leitfähigkeit entspricht.

Baufehler aller Art wirken sich (meist nachteilig) aus auf Fortbewegung von Phononen,
Photonen, Elektronen, ... :
Streuung, Absorption, ... ⇒ Verschlechterung der technisch gewünschten Eigenschaften

in Einkristallen „reinste“ Ausprägung von festkörperphysikalischen


Eigenschaften und Effekten
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Auswirkung von Kristall-Baufehlern
Wärmeleitung durch Gitterschwingungen
Kristall sei System von über Federn
miteinander gekoppelter Atome:

Baufehler aller Art wirken sich (meist nachteilig) aus auf Fortbewegung von Phononen,
Photonen, Elektronen,, ... :
Streuung, Absorption, ... ⇒ Verschlechterung der technisch gewünschten Eigenschaften

in Einkristallen „reinste“ Ausprägung von festkörperphysikalischen


Eigenschaften und Effekten
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Auswirkungen von Kristallbaufehlern – II:
Polykristalle: Ladungsträger-Streuung an Korngrenzen

0.005

Streuung an Korngrenzen führt zu


Widerstands-Erhöhung

mittlere freie Weglänge kann durch


Korngrenzen limitiert sein
Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006
K. JACOBS
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Auswirkungen von Kristallbaufehlern – III : Solar-Mover in Berlin-Adlershof
Verschiedene Formen elementaren Siliciums
a)

b)

c)

a) einkristallines Si
b) polykristallines Si
c) amorphes Si

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Auswirkungen von Kristallbaufehlern – IV:
Einkristalle ↔ Polykristalle ?

Baufehler aller Art wirken sich aus auf Fortbewegung von Photonen, Elektronen,
Phononen, ... : Streuung, Absorption, ...

⇒ in Einkristallen „reinste“ Ausprägung von festkörperphysi-


kalischen Effekten

Beispiel Solarzellen:

Gegenwärtiger Wirkungsgrad von Solarzellen aus unterschiedlichen


Silicium-Materialien [%]:

im Labor im Alltag
monokristalline Si-Zelle 24 16-17
multikristalline Si-Zelle 17 12-13
amorphe Si-Zelle 14 6-7

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Auswirkungen von Kristallbaufehlern – V:
Kristallines und amorphes Si - Struktur und Eigenschaften

kristallines amorphes
Silicium Silicium

Atomabstand: 2.52 Å

einkristallines Si a-Si:H

Bandabstand 1.1 eV 1.7 eV

Elektronenbeweglichkeit 1300 cm2V-1s-1 1 cm2V-1s-1

Löcherbeweglichkeit 500 cm2V-1s-1 3×10-3 cm2V-1s-1

n-Leitfähigkeit 102 Ω-1cm-1 10-2 Ω-1cm-1

p-Leitfähigkeit 102 Ω-1cm-1 10-4 Ω-1cm-1

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Auswirkungen von Kristallbaufehlern – VI:
Überstrukturen: Beispiel Cu-Au-System

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

• Cu und Au kristallisieren im kubisch flächenzentriertem (fcc) Gitter


• bilden lückenlose Mischkristallreihe ( rAu = 144.2 pm, rCu = 127 .8 pm) mit statistischer
Verteilung der Cu- und Au-Atome auf Gitterplätze
• bei bestimmten Zusammensetzungen können Überstrukturen auftreten:
•alle Ecken mit Au, alle Flächenmittelpunkte mit Cu besetzt: Cu3Au;
•alle Ecken und 4 Seitenflächen mit Au, Deckflächen mit Cu besetzt: CuAu)
K. JACOBS
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Anforderungen an synthetische Kristalle

• einkristallin

• hohe strukturelle Perfektion


(z.B. versetzungsfrei, „zwillingsfrei“, frei von Hohlräumen; ...)

• extreme Reinheit
(z.B. weniger als ein Fremdatom unter 10 Millionen Wirtsatomen)

• wohldefinierter Einbau von Fremdatomen


(exakt eingestellte Konzentration, homogene Verteilung, Einbau auf Gitterplätzen, ...)

• exakte Einstellung von Eigen-Punktdefekten (Art und Konzentration)


(Fehlstellen oder Zwischengitteratome im Wirtsgitter)

• Homogenität der Eigenschaften in Längsrichtung und Querschnitt


(z.B. bis zu 2 m lange Si-Kristalle mit 30 cm Durchmesser)

• spannungsfrei
(um bruchfreie spätere Bearbeitung zu ermöglichen)

• möglichst groß, (rund,) „Standard“-Abmessungen (manchmal: möglichst klein!)

• möglichst wirtschaftlich in der Herstellung

• hohe Qualität bearbeiteter Oberflächen


(Reinheit, Rauhigkeit, Parallelität, Orientierung, ...)

K. JACOBS
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Welche Eigenschaften synthetischer Kristalle sind nutzbar?

Vielseitige technische Nutzung von Kristall-Eigenschaften und ihrer


Beeinflussbarkeit möglich, z.B. Ausnutzung folgender Eigenschaften:

– Atomabstände: Beugung, Quanteneffekte, Biologische


Wechselwirkungen, ...
– mechanische Eigenschaften: Härte, Biege- und Zugfestigkeit;
Elastizität, ...
– elektrische Leitfähigkeit: Halbleiter, Supraleiter, ...
– Magnetismus: Ferromagnetika, Permanentmagneten, ...
– optische Eigenschaften: Brechung, Transmission, Polarisation, ...
– Emission von Licht: LEDs, Halbleiterlaser...
– Kombinationen solcher Eigenschaften sowie von direkten und
reziproken Effekten: z.B. elektrooptische Effekte, Piezoelektrizität,
Pyroelektrizität, ...
– ...

K. JACOBS
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Beispiele für Verwendung von Einkristallen

Silicium Mikroelektronik, Leistungselektronik, Solarzellen


Quarz Piezoelektrik, Akustoelektronik, Optik
Zirkoniumoxid Schmucksteine
GaAs (InP, GaP) Leuchtdioden, Mobilkommunikation
Rubin (Cr:Al2O3) Laser, Lagersteine, Schmuck
Saphir Substrat für GaN-LEDs, Fenster, Laser (mit Ti-Dotierung)
LiNbO3 / (LiTaO3) nichtlineare Optik, Akustoelektronik
Granate Laser, Schmucksteine
Diamant Trennen und Schleifen, Hartlager, Schmuck
CdTe, (Cd,Hg)Te, (Cd,Zn)Te Solarzellen, IR-Detektoren, Röntgendetektoren
PbWO4 Szintillatoren
Metalle Turbinenschaufeln
K. JACOBS
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Verwendung von Einkristallen

geschätzte Welt-Produktion an Einkristallen (1999): 20 000 t


Quelle: H. J. SCHEEL, J. Crystal Growth 211(2000)1-12

andere Schätzung:
ca. 12 000 t/a Si; ca. 3000 t/a Quarz
Quelle: J. R. VIG, US Army Communications-Electronics Research, Development&Engineering Center, Fort Monmouth, NJ

K. JACOBS
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Wachstum und Züchtung von Kristallen

1. Was sind Kristalle ?


2. Warum züchtet man Kristalle ?
3. Warum bilden sich Kristalle ? (Thermodynamik)
4. Wie schnell können Kristalle wachsen? (Kinetik)
5. Die wichtigsten Kristallzüchtungsverfahren
(Chemie/Verfahrenstechnik)

K. JACOBS
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Was kann (Gleichgewichts-)Thermodynamik leisten?

• [Kristallwachstum ist Nichtgleichgewichts-Prozess!]


• [Kristallzüchtung beruht auf bewußter ständiger Störung des
Gleichgewichtes!]
• [aber: Kristallzüchtung wird meist nahe am Gleichgewicht geführt]

Gleichgewichts-Thermodynamik sagt vorher oder beschreibt


• nutzbare Synthesewege und -bedingungen
• vorhandene chemische Spezies und deren Reaktionen im System
• Stabilität von Phasen unter gegebenen Bedingungen (dargestellt in
„Phasendiagrammen“)
• Größe der Triebkraft für Kristallbildung
• Wirkung von Änderungen in den Prozeß-Variablen
• Konzentrationen, die in Ausdrücke für Kinetik eingehen

K. JACOBS
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Warum bilden sich Festkörper in kristalliner Form?
Jede Kristall-Bildung, sei sie Ergebnis eines rein physikalischen Prozesses oder einer
chemischen Reaktion, ist verbunden mit
(a) Freisetzung von Energie (“Kristallisationswärme“), da Kristallbausteine dichter
zusammen rücken, also Bindungsenergie frei wird
− ΔH
(b) Entropie-Abnahme, da Kristall höhere Ordnung aufweist − ΔS

Effekt (a) entspricht „natürlichem“ Verhalten, Effekt (b) ist wider die Natur!

d.h. mit Kristallisation sind zwei konkurrierende Prozesse verbunden:


• Freisetzung von Energie (→ für Kristallbildung)
und
• Zunahme der Ordnung (Entropieerniedrigungung) (→ gegen Kristallbildung).

Wer gewinnt?

aber:
weder Enthalpieänderung (Energieerniedrigung)
+ ΔS (Zunahme der Unordnung)
Entropieänderung
sind jeweils für sich allein hinreichendes Kriterium dafür, ob ein Prozess
spontan abläuft; entscheidende Größe ist „freie Enthalpie“ ΔG
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Triebkraft für die Kristallbildung: Abnahme der freien Enthalpie

• entscheidende thermodynamische Zustandsvariable: ΔG


• Kristallwachstum erfolgt so lange, wie durch die Kristallbildung die freie Enthalpie des
Systems erniedrigt wird
ΔG = ΔH - TΔS
ΔG = (ΔHend - ΔHausg) – T(Send - Sausg)

Endprodukt (Kristall !) dieser Umwandlung zeigt höheren Ordnungszustand (d.h. mehr


identische Baueinheiten auf identischen Plätzen, also weniger unterscheidbare
Mikrozustände), d. h. die Entropie nimmt bei der Kristallisation ab! – Widerspruch zum 2.
Hauptsatz?! Bei Kristallisation stets ΔS = ( S cryst − S ausg ) < 0 , also − TΔS stets positiv

gleichzeitig aber
Freisetzung von Energie infolge Ausbildung von mehr und stärkeren Bindungen:
ΔHend < ΔHausg, also ΔH < 0

Kristallisation tritt dann ein, wenn dabei freigesetzte Kristallisationswärme (- ΔH)


größer ist als die mit der Entropieabnahme gekoppelte Energie-Zunahme
(-TΔS)!
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Freie Enthalpie von reinen Stoffen und Mischphasen

dG = Vdp − SdT (reiner Stoff)

Da G Zustandsgröße ist, gilt dG = f (T , p )


⎛ ∂G ⎞ ⎛ ∂G ⎞
dG = ⎜ ⎟ dP + ⎜ ⎟ dT
⎝ ∂P ⎠T ⎝ ∂T ⎠ P
Koeffizientenvergleich zeigt
⎛ ∂G ⎞ ⎛ ∂G ⎞
⎜ ⎟ =V und ⎜ ⎟ = −S
⎝ ∂P ⎠T ⎝ ∂T ⎠P

Bei Mischphasen außerdem Abhängigkeit der freien Enthalpie von der


Zusammensetzung:
⎛ ∂G ⎞ ⎛ ∂G ⎞ ⎛ ∂G ⎞
dG = ⎜ ⎟ dP + ⎜ ⎟ dT + ⎜ ⎟ dni + ...
⎝ ∂P ⎠T ,ni ,... ⎝ ∂T ⎠ P ,ni ,... ⎝ ∂n ⎠T , P ,nj ,...

dG = VdP − SdT + ∑ µi dni (Mischphasen)


i
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Stabilität von Phasen:
Temperaturabhängigkeit des chemischen Potentials

μ
dG = Vdp − SdT
∂G
= −S
∂T

⎛ ∂μi ⎞
⎜ ⎟ = − Si
⎝ ∂T ⎠ P ,n j
Solid Liquid Gas
S(s)<S(l)<S(g)

d.h.:
T
Tf Tb
μ jeder Phase nimmt ab mit wachsender T,
jedoch unterschiedlich für verschiedene Aggregatzustände
"Steilheit" der Änderung wird durch die Entropie des Zustandes bestimmt: S(g)>S(l)>S(s)

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Grundgleichung zur Berechnung von Gleichgewichts-
beziehungen in Ein- und Mehrkomponenten-Systemen

für Änderung der freien Enthalpie


einer Komponente A in der Mischung: dG A = VA dP − S A dT + RTd ln a A

Zur Berechnung von Gleichgewichten in Ein- und Mehrkomponenten-Systemen:


dG = 0
dGend − dGausg = 0
dGend = dGausg
aend
dG = ΔVdP − ΔSdT + RTd ln =0
aausg
aend
dG = (Vend − Vausg )dP − ( S end − S ausg )dT + RTd ln =0
aausg

Aus dieser Fundamentalgleichung sind alle wesentlichen speziellen Beziehungen


für Phasen-Gleichgewichte einfach ableitbar!
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Berechnung von Gleichgewichten (Bedingungen für die
Koexistenz verschiedener Phasen oder Konzentrationen)

Grundgleichung für die Bestimmung a end


dG = ( V end − V ausg )dP − ( S end − S ausg )dT + RTd ln =0
funktionaler Abhängigkeiten: a ausg

1. Phasengleichgewichte in Einkomponentensystemen
1.1 Gleichgewicht Flüssigkeit/Gasphase
1.2 Gleichgewicht Festkörper/Flüssigkeit
1.3 Gleichgewicht Festkörper/Gasphase

2. Phasengleichgewichte in Mehrkomponentensystemen
2.1 Dampfdruckerniedrigung
2.2 Gefrierpunktserniedrigung
2.3 Siedepunktserhöhung
2.4 Löslichkeitsgleichgewicht
2.5 NERNSTscher Verteilungssatz
2.6 GIBBSsches Phasengesetz
2.7 GGW zwischen flüssigen und gasförmigen Mischphasen
2.7 GGW zwischen festen und flüssigen Mischphasen

3. Chemische Gleichgewichte
K. JACOBS
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Thermodynamik der Kristallisation aus Schmelzen
• bei Tm treten diskontinuierliche Änderungen in Entropie SS, Volumen VS und Enthalpie
ΔHS des Systems auf, d.h. Erstarrung ist Phasenübergang erster Ordnung.

• Schmelze ist weniger geordneter Zustand, d.h. die Entropie der Schmelze ist größer als
die des Kristalls

• beim Kristallisieren wird latente Kristallisationswärme freigesetzt, d.h. der Festkörper


hat geringere Enthalpie als die flüssige Phase

• bei der Schmelztemperatur Tm koexistieren fast immer Kristall, Schmelze und Dampf,
d.h. 3 Phasen (p = 3); nach GIBBSscher Phasenregel (f= c + 2 – p) gibt es also f = c – 1
Freiheitsgrade

• bei T < Tm ist die kristalline Phase stabil, jedoch erfordert die Keimbildung gewöhnlich
eine starke Unterkühlung der Schmelze; diese wird verringert (oder vermieden) durch
Gegenwart eines Keimes

• maximal erreichbare Wachstumsrate wird durch Geschwindigkeit der Abfuhr der


freiwerdenden Kristallisationswärme bestimmt.

K. JACOBS
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Kohäsionsenergien und Daten zum Schmelzen

Quelle: J. I. GERSTEN, F. W. SMITH: The Physics and Chemistry of Materials

Das Verhältnis ΔH m / ΔH c ist relativ konstant – nur wenige Prozente der gesamten Kohä-
sionsenergie sind im Festkörper gespeichert; der größte Teil ist schon in der flüssigen
Phase enthalten!
Das auffallend große Verhältnis beim Si zeigt, dass eine signifikante Änderung in den
Bindungsverhältnissen eintritt; das kleine Verhältnis bei SiO2 zeigt, dass sich die Bin-
dungsverhältnisse in der festen und der flüssigen Phase kaum unterscheiden!
K. JACOBS
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Wärmebilanz bei der Züchtung aus der Schmelze

Wärmemenge aus Schmelze


+
erzeugte Wärmemenge an der fest/flüssig
Phasengrenze
=
durch den Kristall abgeführte Wärmemenge

As ks (dT/dz)s + Ask v L = Akkk(dT/dz)k


v = [Akkk(dT/dz) - As ks (dT/dz)s ] /Ask L

A- Fläche
k- Wärmeleitfähigkeit
dT/dz - Temperaturgradient
L- latente Kristallisationswärme

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
im Forschungsverbund Berlin e.V.
Wachstum und Züchtung von Kristallen

1. Was sind Kristalle ?


2. Warum züchtet man Kristalle ?
3. Warum bilden sich Kristalle ? (Thermodynamik)
4. Wie schnell können Kristalle wachsen? (Kinetik)
5. Die wichtigsten Kristallzüchtungsverfahren
(Chemie/Verfahrenstechnik)

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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Thermodynamik ↔ Kinetik

¾ Thermodynamik beschreibt oder sagt vorher:


•nutzbare Synthesewege und -bedingungen
•vorhandene chemische Spezies und deren Reaktionen im System
•Stabilität von Phasen unter gegebenen Bedingungen (Phasendiagramme)
•Größe der Triebkraft für Kristallbildung
•Wirkung von Änderungen in den Prozess-Variablen
•Konzentrationen, die in Ausdrücke für Kinetik eingehen

¾ Kinetik beschreibt oder sagt vorher


•Zeitabhängigkeit von Masse- und Wärme-Transportvorgängen

¾ oft werden unter „Kinetik“ auch Mechanismen der Transportvorgänge,


d.h. der Ablauf des Stofftransports auf atomarer/molekularer Ebene,
subsummiert (obwohl die Zeitabhängigkeit dabei keine Rolle spielt)

K. JACOBS
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Teilschritte beim Kristallwachstum

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Limitierung der Wachstumsrate - Grenzfälle

Limitierend für den Gesamtprozeß ist der langsamste Teilschritt

(1) Zufuhr von Ausgangsmaterial (thermodynamisch kontrolliert)


(2) Masse-Transportprozesse in der Nährphase
(Diffusion, Konvektion) (Transport-kontrolliert)
(3) Prozesse an/auf der Oberfläche
(Adsorption, Desorption, Keimbildung, Ad-Atom-Diffusion, Einbau-
Reaktion, Chemische Reaktion,…) (kinetische Kontrolle)
(4) Abfuhr der Kristallisationswärme
(Wärmeleitung, Wärmestrahlung) (Wärmetransport-kontrolliert)

K. JACOBS
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Prozesse auf der Kristalloberfläche

Abbildung aus: BUDEVSKI et al. 1996, S. 17

K. JACOBS
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Kristallwachstum auf einem Substrat

Schritte (GILMER, GHEZ, CABRERA):


1. Antransport der Bausteine an Phasengrenzfläche
2. Adsorption auf Oberfläche (eventuell Desolvatation)
3. Oberflächendiffusion
4. Anlagerung an Stufe
5. Diffusion entlang Stufe
6. Einbau in Halbkristallposition

alternativ (BURTON, CABRERA, FRANK):


4. Anlagerung an Stufe einer Schraubenversetzung
5. Spiralförmige Verschiebung der Stufe

alternativ (bei stärkerer Verkippung):


5. Bündelung von Monostufen zu Makrostufen
weiter wie Schritte 5 und 6 oben

K. JACOBS
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Wachstum und Züchtung von Kristallen

1. Was sind Kristalle ?


2. Warum züchtet man Kristalle ?
3. Warum bilden sich Kristalle ? (Thermodynamik)
4. Wie schnell können Kristalle wachsen? (Kinetik)
5. Die wichtigsten Kristallzüchtungsverfahren
(Chemie/Verfahrenstechnik)

K. JACOBS
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Phasenumwandlungen für Kristall-Bildung

prinzipiell können Kristalle aus jeder denkbaren Ausgangsphase dargestellt


werden
Gas (g) → Fest [s]
PVT A(g) → A(s)
CVD AHn → A(s) + 1/n Hn(g) ;
AX(g) + HB(g) → AB(s) + HX(g)

Flüssig (l) → Fest [s]


– aus Schmelzen A(l) → A(s)
– aus Lösungen {A/C}(l) → A(s) + C(l)
eutektische Erstarrung {A/C}(l) → A(s) + C(s)
peritektische Erstarrung B(l) + A(s) → C(s)

Fest (s) → Fest [s]


Ausscheidung [C(B)](s) → C(s) + B(s)
eutektoide Umwandlung [B/C](s) → C[s] + B[s]
peritektoide Umwandlung A(s) + B(s) → C(s)
Ordnungs-Umwandlung C‘(s) → C(s)
...

K. JACOBS
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Übersicht über Kristallzüchtungsverfahren
CZOCHRALSKI-
Züchtung

aus Schmelzen Floating Zone

BRIDGMAN-
Züchtung
aus flüssiger
Phase
bei normalen
Temperaturen

aus
Schmelzflüssen

aus Lösungen

Volumen- aus metallischen

Kristallzüchtungs- kristalle
Lösungen

methoden Epitaxie- Hydrothermal-


schichten züchtung

Physikalische
Verfahren
aus der
Gasphase Transport
Chemische
Verfahren
Synthese

aus der
festen Phase

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Volumenkristallzüchtung: wesentliche Verfahren (Überblick)

Verfahren Charakteristik Material (Beispiele)


Synthetische Edelsteine
VERNEUIL Schmelzen in Knallgasflamme, Erstarren
(Al2O3), ZrO2,
Si, GaAs, Granate, Saphir
CZOCHRALSKI Ziehen aus der Schmelze
(Al2O3), LiNbO3, Fluoride, ...
Erstarren in die Schmelze hinein; für
KYROPOULOS CaF2, Alkalihalogenide
Kristalle mit großem Durchmesser
Formzüchtung (STEPANOV, EFG) Formzüchtung aus Schmelzen Si
Gerichtete Erstarrung durch
BRIDGMAN Metalle
Relativbewegung von Heizer und Schmelze
Gerichtete Erstarrung durch elektronische
Vertical Gradient Freezing GaAs
Verschiebung eines Temperaturgradienten
Verschiebung einer Schmelzzone durch
Float Zone Si
polykristallinen Rohling
Low-temperature Solution Growth Erzeugung übersättigter Lösung KDP (KH2PO4), TGS,
Flux Growth Lösungsmittel: Salzschmelze (PbO, PbF2, ...) hochschmelzende Oxide
Lösungsmittel (H2O, NH3) oberhalb des
Hydrothermal Growth Quarz (SiO2)
Siedepunktes bei 1 bar
Verdampfung ohne flüssige Phase, Re-
Sublimation Growth SiC
Deposition
Synthese durch chemische Reaktion unter
Chemical Vapour Growth GaN, ZnSe
Beteiligung gasförmiger Stoffe

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Epitaxie

EPITAXIE ≡ gesetzmäßig orientiertes Aufwachsen einer kristallinen


Substanz auf einer kristallinen Unterlage (d. h. die Unterlage
vermittelt eine Orientierungsinformation an die aufwachsende
Schicht!)
επι - darauf
τακτοζ - angeordnet
♦Begriff eingeführt von
L. ROYER: Bull.Soc. Franc. Mineral. Crist. 51 (1928) 7

♦ Abgrenzung „Epitaxieschichten“ ↔ „Dünne Schichten“

♦ auch für in der Technik durchgeführte Epitaxieverfahren kommen alle Arten von
Phasenübergängen zum Einsatz

K. JACOBS
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VERNEUIL-Verfahren (Flammenschmelzen)

• Pulverförmiges Material wird


durch eine Knallgasflamme
(etwa 2800 oC heiß) zugeführt.
Kristalle werden gezüchtet,
indem das geschmolzene
Material auf einen Keimkristall
fällt und dort abkühlt.

• einfaches, schnelles Verfahren

• Kristalle sind sehr rein, da


Züchtung tiegelfrei

• allerdings sehr starke Störungen


in Kristallperfektion; daher
praktisch nur für Lager- und
Al2O3 Saphir Schmucksteine, nicht für
Al2O3:Cr Rubin sonstige funktionale
MgAl2O4 Spinel Verwendung.
TiO2 Rutil

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Züchtung aus der Schmelze:–
Voraussetzungen & Vorteile
Voraussetzungen:
– Material muss kongruent schmelzen (keine Änderung der Zusammensetzung beim
Schmelzen)
• z.B. wird Yttrium-Eisen-Granat (YIG) aus Lösungen gezüchtet, da er inkongruent schmilzt.
– Material darf sich nicht zersetzen bevor es schmilzt
• z.B. wird SiC aus der Dampfphase gezüchtet (Sublimation-Kondensation), weil es sich
vor dem Schmelzen zersetzt.
– Material darf zwischen Schmelpunkt und Zimmertemperatur keine Phasenumwandlung im
festen Zustand erfahren
• z.B. wird Quarz (SiO2) aus der Lösung gezüchtet (Hydrothermale Züchtung), da Erstarrung einer SiO2-
Schmelze bei T = 1713 oC zu Glas oder zur h-Cristobalit-Modifikation führt. Beim Aufheizen von Quarz
treten mehrere Phasenumwandlungen auf (bei 573°C α→β-Quarz-Umwandlung, dann bei 867 oC β-
Quarz → β-Tridymit, dann bei 1470 oC β-Tridymit → β-Cristobalit, dann bei 1713 oC Schmelzen)

Vorteile:
• schnell (R ≈ cm/h), da Teilchendichte in der Schmelze praktisch genauso hoch wie im Kristall (kein
Antransport notwendig);
• Wachstumsrate wird von Wärmetransport (nicht von Massetransport) bestimmt.
• verschiedene technisch ausgereifte Verfahrensvarianten verfügbar (z.B. Kristallziehen, gerichtete
Erstarrung und Zonenfloaten).
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Prinzipielle Verfahrensvarianten für Kristallzüchtung aus
Schmelzen
Vorteile:
» hohe Wachstumsraten
» gute Kristallperfektion
» keine Kontamination durch Lösungsmittel

Normalerstarrung: Zonenschmelzen:
komplettes Aufschmelzen, partielles Aufschmelzen,
gerichtetes Erstarren Passage der geschmolzenen
Zone
CZOCHRALSKI-Verfahren:
Herausziehen des Kristalls aus der Schmelze
„Floating-Zone“-Verfahren:
BRIDGMAN-Verfahren: eine Zone des polykristallinen Aus-
Normalerstarrung mit Verschiebung von Heizer gangsmaterials wird aufgeschmolzen;
und Schmelze relativ gegeneinander Schmelzzone wird durch den Kristall
geschoben und erstarrt dabei einkristallin
Gradienten-Freezing:
Verschiebung der Phasengrenze durch
progressive Verminderung der Heizleistung

KYROPOULOS-Verfahren:
"Hineinwachsen" des Keims in die Schmelze durch
progressive Verminderung der Heizleistung

K. JACOBS
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Das Czochralski-Verfahren (I)

geb. 23. 10. 1885 in Kcynia (PL)


1904 Studium in Berlin
1907 Angestellter im Kabelwerk
Oberspree in Berlin
1916 - 1917 Entwicklung des
Ziehverfahrens aus der Schmelze
1917 Frankfurt a. M., Laborleiter der
Metall Gesellschaft AG
1919 Gründung u. erster Präsident
der Deutschen Gesellschaft für
Metallkunde
1929 Professor der Univ. Warschau
Jan Czochralski (1929)
gest. 22. 04. 1953 in Kcynia (PL)
erste publizierte Verfahrensskizze von J. Czochralski
Z. Phys. Chem 92 (1918) 219

K. JACOBS
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CZOCHRALSKI-Verfahren (CZ)

Konservativer Prozess: kein Hinzufügen oder Entfernen


von Material während des Prozesses

Rohmaterial-Beschickung wird bei Temperatur leicht


oberhalb des Schmelzpunktes gehalten.

Keim wird vorsichtig in die Schmelze eingetaucht und


langsam in kältere Region herausgezogen.

Vorteile:
• Kristall kann beobachtet werden.
• erzwungene Konvektion leicht aufzuprägen
• hohe Produktivität; große Kristalle herstellbar
• relativ hohe Kristallperfektion erzielbar
• relativ gute radiale Homogenität
• Wachstum mit frei verschiebbarer Oberfläche (kontinuierliche Anpassung an
Volumenänderung)
Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

K. JACOBS
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Cz-Züchtung von Si: Anfangs- und Endzustand

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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Einbau von O und C bei der CZOCHRALSKI-Züchtung von Si

Graphit-Heizer (und
Isolationsmaterial) als C-
Quelle

Quarz-Tiegel als Quelle für O-


Einbau

dagegen
FZ-Verfahren:
• tiegelfrei
• induktive Heizung!

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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Seed, neck and cone of FZ- and Cz- Si crystals

X-ray topography of FZ-Si Czochralski-grown Si


Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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Grenzen/Probleme des CZOCHRALSKI-Verfahrens
Materialien mit hohem Dampfdruck nicht ohne
weiteres ziehbar.

Chargen (Batch)-Prozess: nur schwer für


kontinuierliches Züchten auszulegen; führt zu
axialer Segregation.

Kristall muß rotiert werden; auch Tiegelrotation


wünschenswert.

Prozess verlangt kontinuierliche Aufmerksamkeit


(Ankeimen, Hals-Ziehen) und ausgefeilte
Regelung.

Schmelze ist thermisch “upside down”.

große Temperaturgradienten rufen


hohe thermische Spannungen hervor

Kristallform und –größe sind bei niedrigen


Temperaturgradienten schwer regelbar

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

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CZOCHRALSKI-Verfahren

Quelle:

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CZOCHRALSKI – Züchtung für Halbleiter und Oxide

PbMoO4 - Kristall und daraus gefertigte


akustooptische Transduktoren

•für Si: Kieselglas-Tiegel


•für GaAs: pyrolyt.-BN-Tiegel
•für hochschmelzende Oxide:
Pt- oder Ir-Tiegel

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Cz-Si-Einkristallzüchtung bei (WACKER) Siltronic AG

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Si-Einkristalle – "state of the art" 2001

Y. SHIRAISHI et al.: J. Crystal Growth 229 (2001) 17-21

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Si-Einkristalle – das Mögliche

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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Verfahren zur Si-Einkristalzüchtung

CZOCHRALSKI-Verfahren
für > 90 % allen Siliciums
(Si für Mikroelektronik)

Floating Zone - Verfahren


für < 10 % allen Siliciums
(Si für Leistungselektronik)

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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Zonenschmelzen und Zonen-Floating

• Nicht-konservativer Prozess:
Geschmolzener Zone wird Material
hinzugefügt.

• Nur kleiner Teil der Beschickung wird


aufgeschmolzen (Keim gar nicht).

• Axialer Temperaturgradient entlang


der Tiegellänge aufgeprägt.

• Schmelzzone (Grenzfläche) wird


bewegt durch Verschiebung von
Beschickung oder
Temperaturgradient.

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

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FZ (floating zone)-Prozess
• angespitzter polykristalliner Formstab wird oben
eingespannt.

• von unten wird Kristallkeim gegengesetzt.

• mit Hilfe einer Induktionsheizung (“Spule” aus einer


Windung) wird polykristallines Material aufgeschmolzen

• über den Keimkristall wird Wärme abgeführt, so daß das


Material als Einkristall erstarrt

• “Spule” wird über die ganze Länge des polykristallinen


Rohlings nach oben verschoben(bzw. Kristall wird nach
unten bewegt), so daß das ursprüngliche polykristalline
Silicium das “Nadelöhr” passiert und einkristallin erstarrt.
⇒ tiegelfreies Verfahren,
besonders reines Si, gut geeignet für Leistungselektronik
schnelleres Wachstum, kürzere Aufheiz- und Abkühlzeiten
aber: teurer polykristalliner Rohmaterial-Stab
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Zonenfloating-Verfahren zur Si-Einkristallzüchtung

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Vorteile und Grenzen von ZM/ZF
Vorteile:
‰ Reinigung durch wiederholten Zonendurchgang (Zonenreinigung).
‰ Kristalle können in abgeschmolzenen Ampullen oder ohne jeden Behälter (Floating zone)
gezüchtet werden.
‰ Quasi-stationäres Wachstum möglich.
‰ Zonen-leveling möglich; kann zu verbesserter axialer Homogenität führen.
‰ Prozess erfordert kaum Aufmerksamkeit (Wartung).
‰ einfach: Kristallform muß nicht geregelt werden.
‰ große radiale Temperaturgradienten.

Grenzen:
• allseitig eingesperrtes Wachstum (ausser Zonen-Floating)
• Ankeimen und Kristallwachstum praktisch nicht zu beobachten.
• Erzwungene Konvektion kaum aufzuprägen (ausser bei ZF).
• Materialien mit hohem Dampfdruck können mittels ZF nicht gezüchtet werden.

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

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Vergleich von Cz- und FZ- Züchtung von Si

Merkmal CZOCHRALSKI FZ
Wachstumsrate [mm/min] 1 bis 2 3 bis 5
Versetzungsfrei? 9 9
Tiegel? 9 nein
Verbrauchsmaterialkosten hoch niedrig
Aufheiz-/Abkühlzeiten lange kurz
axiale Gleichmäßigkeit des Widerstands schlecht gut
Sauerstoff-Gehalt [Atome/cm3] >1x1018 <1x1016
Kohlenstoff-Gehalt [Atome/cm3] >1x1017 <1x1016
metallische Verunreinigungen höher niedriger

Minoritätsträger-Lebensdauer [ms] 5-100 1000-20000

mechanische Härtung 1017 Sauerstoff 1015 Stickstoff


Durchmesser (Produktion) [mm] 200-300 100-150
Operator-Geschick weniger höher
Form des polykristallinen Rohmaterials beliebig rissfreier Stab
Energiebedarf [kWh/kg] 60 30

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KYROPOULOS-Verfahren

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

• zur Züchtung von kurzen Kristallen mit großem Durchmesser:


• Heizleistung wird abgesenkt, so dass Kristall in die Schmelze hinein wächst
• relativ geringe Temperaturgradienten, aber schwierig zu beherrschende
Temperaturfelder
• wenig Schmelzenbewegung; nahezu vollständiger Verbrauch der Schmelze

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Formzüchtung von Kristallen

Gestalt des zu ziehenden Kristalls


wird durch Apertur des
Schwimmkörpers vorgegeben

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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EFG-Si-Züchtung

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Formzüchtung: RWE-SCHOTT-Solar GmbH
SmartSolarFab® SSF EFG-Waferfertigung

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BRIDGMAN-Verfahren

P. W. BRIDGMAN 1882 - 1961

Einsatzgebiete
• Schmelzen mit flüchtigen Konstituenten:
III-V- (GaAs, lnP, GaSb) und II-VI-
Verbindungen (CdTe)
• Ternäre Verbindungen (Ga1-xInxAs, Ga1-
xInxSb, Hg1-xCdxTe)
• für Kristalle, an die besonders hohe
Qualitäts-Ansprüche gestellt werden (z.B.
für Laserdioden)

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BRIDGMAN-Verfahren

https://www.tu-freiberg.de/~mineral/ mineralogie/techmin/lehre/intern/vorlesung11kurz.pdf
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VGF –Verfahren (vertikales Gradienten-Freezing)

keine mechanische Relativbewegung


Temperaturfeld wird durch Regelung der Heizer elektronisch verschoben
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Horizontales BRIDGMAN-Verfahren

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Gerichtete Erstarrung: Vertikales BRIDGMAN-Verfahren

1. Rohmaterial und Keim werden in den


Tiegel eingebracht.

2. Konservativer Prozess: Während des


Prozesses wird kein Material
hinzugefügt oder entfernt, weder in
der festen noch in der flüssigen Phase
(außer durch Kristallisation) (R. A.
LAUDISE).

3. Entlang der Tiegelachse wird ein axialer


Temperaturgradient aufgeprägt.
Züchtungsgefäß und
Temperaturgradient werden relativ
zueinander verschoben.

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

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Gerichtete Erstarrung: Vertikales BRIDGMAN-Verfahren

4. Ankeimen: Keim wird 5. Wachstum: Grenzfläche wird verschoben


teilweise durch Bewegung von Behälter oder Tem-
aufgeschmolzen peraturgradient (Ofen bzw. Wärmequelle).

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt


K. JACOBS
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CaF2 -Linsen für die UV-Mikrolithographie

IC‘s mit Stegbreiten von nur noch 193 (157) nm

400 mm ∅
oberer Heizer

Schmelze

Kristall

m
5m
unterer Heizer

38
Keimkristall

SCHOTT ML
GmbH Jena/D
Bridgman-Stockbarger (2000)
Methode

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CaF2-Züchtung nach dem BRIDGMAN-Verfahren

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GaAs –Züchtung nach LEC- und VGF-Verfahren

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

LEC (Liquid Encapsulated Czochralski) VGF (Vertical Gradient Freezing)


B2O3-Abdeckschmelze verhindert As4-Abdampfen gewinnt zunehmend an Bedeutung,
aus der Schmelze; trotzdem noch steile Tempera- da infolge flacherer Temperaturgradienten
turgradienten Kristallperfektion besser
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Charakteristika des BRIDGMAN-Verfahrens
Vorteile:
1. Allseits begrenzender Behälter bestimmt Kristallform.
2. Keine radialen Temperaturgradienten zur Kontrolle der Kristallform erforderlich.
3. Geringe thermische Spannungen führen zu niedrigem Niveau spannungsinduzierter
Versetzungen.
4. Kristalle wachsen in abgeschmolzenen Ampullen (damit leichte Kontrolle der Stöchiometrie von
Schmelzen mit flüchtigen Bestandteilen).
5. Relative geringes Niveau natürlicher Konvektion; die Schmelze ist stabilisierenden
Temperaturgradienten ausgesetzt (nur VB).
6. Prozess erfordert wenig Wartungs-/Überwachungsaufwand.

Nachteile
• allseitige Begrenzung: Behälter übt beim Abkühlen Druck auf den Kristall aus.
• Ankeimen und Kristallwachstum visuell praktisch nicht zu beobachten.
• Grad der natürlichen Konvektion ändert sich mit Abnahme der Schmelze;
erzwungene Konvektion nur schwer aufzuprägen.
• Produktivität eingeschränkt durch aufwendige Behälter- und Keimpäparation,
Verschließen (Abschmelzen) usw.
Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

K. JACOBS
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Züchtung aus Lösungen:
angewandt für Materialien, die
(i) nicht kongruent schmelzen oder
(ii) sich vor dem Schmelzen zersetzen oder
(iii) vor dem Schmelzen einer Phasenumwandlung im festen Zustand
unterliegen oder
(iv) einen sehr hohen Schmelzpunkt besitzen

Grundvoraussetzung: Existenz eines hochreinen Lösungsmittels, welches sich selbst


in dem Kristall nicht löst.

Vorteil:
Züchtung bei Temperaturen wesentlich unterhalb des Schmelzpunktes

Klassifizierung nach Art des Lösungsmittels


• Züchtung aus wässrigen/wasserähnlichen Lösungsmitteln (bei normalen
Temperaturen)
• Züchtung aus metallischen Lösungsmitteln
• Züchtung aus Salzschmelzen (Flux-Züchtung)
• Züchtung aus wässriger Lösung bei erhöhten Temperaturen und Drücken
(Hydrothermalzüchtung)
K. JACOBS
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Ideales Lösungsmittel

* keine chemische Reaktion mit dem gelösten Material oder mit dem Züchtungsreaktor
* Ausreichende Löslichkeit, aber moderate Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit dS/dT
* Niedrige Viskosität ist günstig für Massentransport und Homogenität der
Züchtungslösung
* niedriger Dampfdruck bei der Züchtungstemperatur
∗ ungiftig
∗ preiswert
∗ in hoher Reinheit verfügbar
* as-grown Kristalle müssen geeigneten Habitus aufweisen

K. JACOBS
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im Forschungsverbund Berlin e.V.
Parameter für Lösungszüchtung
Wichtigste Material-Parameter für Lösungszüchtung:
• absolute Löslichkeit
• Temperaturkoeffizient der Löslichkeit

Gleichgewichts-Sättigungs-Temperatur: To

absolute Übersättigung: Δcmax = c(To ) − c(T )


c(To ) − c(T )
relative Übersättigung: σ =
c(To )

Methoden zur Erzeugung der Übersättigung :


• Temperaturänderung (Zu- oder Abnahme, je nach Vorzeichen von (∂c / ∂T ) )
• Verdampfung des Lösungsmittels
• Temperaturgradient zwischen Nährgut und Wachstumszone
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
im Forschungsverbund Berlin e.V.
Lösungszüchtung bei normalen Temperaturen

Grundprinzip:
Kristallisation einer gelösten Komponenten aus der Lösung (Lösungsmittel+Gelöstes)
durch Erhöhung der Konzentration des Gelösten über die Gleichgewichts-
Sättigungskonzentration hinaus

Einsatz zur Kristallisation von


• inkongruent schmelzenden Verbindungen
• thermisch empfindlichen, instabilen Verbindungen
• Verbindungen mit hohen Dampfdrücken

Vorteile:
• relativ einfache Handhabung
• niedrige Temperaturen

Nachteile/Grenzen:
• relativ geringe Wachstumsraten ( um 1 mm/d)
• möglicher Einbau von Lösungsmittel

https://www.tu-freiberg.de/~mineral/ mineralogie/techmin/lehre/intern/vorlesung11kurz.pdf
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
im Forschungsverbund Berlin e.V.
„Rapid crystal growth from solution“

temperature ranges from 5 to 80 °C, supersaturation levels


of up to 40 %, growth rates exceeding 50 mm/d, and crystal
sizes of up to 90 cm

General schematic of a crystallizer used


for rapid crystal growth:
(1) growth tank; (2) air-sealed lead;
(3) stirrer; (4) heater; (5) thermocontroller;
(6) water bath; (7) platform with the seed;
(8) growth solution; (9) water cup seal. http://crystals.llnl.gov/nif-kdp.html
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
im Forschungsverbund Berlin e.V.
Züchtung aus metallischen Lösungen

“Liquid Phase Epitaxy” (LPE) – für Epitaxieschichten der III-V-Halbleiter mit hoher
Qualität (Reinheit, Punktdefekt-Konzentration, strukturelle Perfektion)
– z.B. GaAs aus Ga-Lösung (Schmelzlösung mit > 50% Ga).
– ternäre III-V-Halbleiter (feste Lösungen der III-V-Verbindungen):
• Ga1-xAlxAs, Ga1-xInxAs, GaAsyP1-y

Vorteile:
– Züchtung deutlich unterhalb des Schmelzpunktes;
– gute Qualität der Schichten (strukturell, elektronisch, …)

Grenzen:
– langsam → kleine Kristalle, dünne Schichten
– da (im Gegensatz zu Gasphasenprozessen) kein Nachfüttern erfolgt, ist bei von Eins
abweichenden Verteilungskoeffizienten keine konstante Zusammensetzung von
Mischkristallen erreichbar

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Ga-As-Phasendiagramm
•nur eine Verbindung mit 1:1 Stöchiometrie
•senkrechte Linie entspricht der Soliduskurve
•in Wirklichkeit sehr geringe Stöchiometrie-
Abweichungen bei hohen Temperaturen (s. u.)
•Diese sind verantwortlich für wichtige halb-
leiterphysikalische Eigenschaften
•Solidus-Phasenfeld wird durch Eigendefekte
(„intrinsic point defects“) hervorgerufen:
VAs, VGa, GaAs, AsGa, Asi, Gai)

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Flüssigphasenepitaxie (LPE)

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Lösungszüchtung aus Salzschmelzen (Flux-Züchtung)

gängige Lösungsmittel: PbO, PbF2, B2O3, KF


angewandt für Züchtung von Oxiden und Fluoriden (die sehr hohe Schmelzpunkte
aufweisen / inkongruent schmelzen / sich zersetzen / einer Phasenumwandlung im
festen Zustand unterliegen)

Grenzen/Probleme
– langsam ⇒ kleine Kristalle oder dünne Schichten
– Reinheit
– Pt- oder Ir-Tiegel erforderlich
– Stöchiometriekontrolle schwierig
– Trennung von Kristall und Flux

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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Hydrothermalzüchtung
i. a. wässrige Lösung bei hoher Temperatur und hohem Druck
– z.B. Quarz-Züchtung (SiO2) bei 2000 bar und 400°C, da bei 583°C α→β-Quarz-Umwandlung
erfolgt).
– [für andere Materialien auch andere Lösungsmittel möglich! (z.B. NH3)]

„Superkritische Lösungsmittel“:
Lösungsmittel bei Temperaturen und Drücken oberhalb des kritischen
Punktes, oberhalb dessen keine Verflüssigung mehr möglich ist; gasförmiger
und flüssiger Zustand sind nicht mehr unterscheidbar – es existiert nur eine
„fluide“ Phase mit sehr speziellen Eigenschaften

Beispiele:
• Quarz-Hydrothermalzüchtung aus wässrigen Lösungen im superkritischen
Zustand T cr ,H O = 647.3 K ( 374 oC ), pcr ,H O = 22.12 MPa
2 2

• Superkritisches Kohlendioxid als Lösungsmittel für organische Substanzen


und Polymere T cr ,CO 2 = 304.2 K ( 31 oC ), pcr ,CO 2 = 7.38 MPa
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Industrielle α-Quarz-Züchtung

industrieller Autoklav

direkte Löslichkeit

Lösungsmittel : H2O + Mineralisator


Mineralisator : NaOH, KOH, NaF, KF, NH4F, Na2CO3
T = 350oC

NaOH 1M SiO32-, Si3O72-


T ≈ 350 oC ΔT ≈ 10 - 30 oC
p ≈ 1000-1500 bar
T = 360oC Keime : YZ-Platten α-Quarzkristall

ca. 2000-4000 t/a


Quarzkristalle aus
industrieller Produktion

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Züchtung aus der Gasphase

für Volumenkristalle nur dann sinnvoll, wenn


andere Methoden nicht anwendbar sind
– (z. B. SiC- oder AlN-Züchtung durch
Sublimation/Kondensation, da diese
Verbindungen sich vor dem Schmelzen
zersetzen)

extensiv genutzt für dünne Schichten , z.B.


für physikalische oder chemische
Gasphasenepitaxie

Quelle: ase.tufts.edu/mechanical/thermal/ crystal_growth/tufts-rpic-crystal.ppt

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Gasphasen-Kristallzüchtungsverfahren
vorwiegend für Epitaxie eingesetzt,
Sublimation/Kondensation
da Materialdichte in der Gasphase nur gering →
Geringe Wachstumsraten
Flash Verdampfung

Physikalische Sputtern
Verfahren

Hot-wall Epitaxie

Molekularstrahlepitaxie (MBE)
Wachstum aus
der Gasphase

Transportmethoden

Chemische
Verfahren

Synthesemethoden

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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SiC-Züchtung aus der Gasphase 35 mm-SiC - Kristalle und
Kristallschnitte
Modified-Lely-Method (MLM)

Pulverquelle nach der


Züchtung

Längsschnitt: Abdampfkanäle senkrecht zu


den Isothermen, d.h. in Richtung der
Temperaturgradienten
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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Züchtung von SiC-Kristallen aus der Dampfphase
Halbleiter mit einem Schmelzpunkt bei TS = 2830 °C
Anwendungen: Hochtemperatur-Mikroelektronik, Substrat für GaN-Epitaxie

Keimplatte
Kondensations- wachsender SiC
temperatur TK - Kristall

Gas-
Transportraum

SiC - Pulver
Verdampfungs- Graphit-
temperatur TV container

Hochfrequenz - SiC-Kristall aus dem IKZ-Berlin mit


Heizspule einem Durchmesser von 35 mm
sehr langsames Wachstum
Züchtungsdauer über Wochen

Volumenkristalle werden nur wenn unumgänglich aus der Gasphase gezüchtet.


Es wird aber großindustriell bei der Epitaxie zur Herstellung von kristallinen Dünnschichten für die
Mikroelektronik eingesetzt.
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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MOCVD: Beispiel (Al,Ga,In)As, dotiert mit Si und Zn
Metalorganic Chemical Vapour Deposition

Summarische Reaktionsgleichung: Ga(CH 3 ) 3 + AsH 3 → GaAs + 3CH 4

Metallorganika werden
mit Trägergas (H2) in
Abscheidungszone
transportiert; dort
Pyrolyse und Reaktion
mit AsH3

TMGa – Ga(CH3)3
TMI – In(CH3)3
TMA – Al(CH3)3
DEZ – Zn(C2H5)2

Abbildung aus: „Springer Handbook of Electronic and Photonic Materials“, 2006

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MOVPE von GaAlAs

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GaAsP-Gasphasenepitaxie nach dem Hydridverfahren

Quellenzone:

Ga(l ) + HCl( g ) ⎯≈⎯ ⎯→ GaCl( g )


o
900 C

AsH 3( g ) → 1 4 As4 ( g ) + 3 2 H 2 ( g )
PH 3( g ) → 1 4 P4 ( g ) + 3 2 H 2 ( g )

Abscheidungszone:
≈800 o C
GaCl( g ) + (1 − x) 1
4 As4 ( g ) + x 1
4 P4 ( g ) + 1
2 H 2 ( g ) ⎯⎯ ⎯→ GaAs1− x Px ( s ) + HCl( g )
K. JACOBS
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Chemische Gasphasen-Abscheidung (CVD):
Beispiel GaN nach dem HVPE-Verfahren

Ga( l ) + HCl( g ) → GaCl( g )


GaCl( g ) + NH 3( g ) → GaN ( s ) + HCl( g ) + H 2 ( g )
K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Molekularstrahlepitaxie

zur Abscheidung dünner Schichten mit Präzision


von einer Atomlage
• UHV-Kammer;
Hintergrund-Restgasdruck
< 10-11 Torr

• mittlere freie Weglängen im


Bereich von (Dezi)Metern

• Verdampfung aus KNUDSEN-


Zellen mit Shuttern

• RHEED-System
(Reflection/High-Energy Electron
Diffraction): [Elektronenstrahl fällt
unter sehr flachem Winkel
streifend ein; Intensität des
gebeugten/reflektierten Strahls
wird detektiert] ermöglicht
Atomlagen-weise in situ-
Verfolgung des Wachstums

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
Institut für Kristallzüchtung Einführung für Chemiker 2007
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Molekularstrahlepitaxie

K. JACOBS
Wachstum und Züchtung von Kristallen
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