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Vorsorgliche, gegebenenfalls vorsorglich weitere

Kündigung des Arbeitgebers

Zu diesem Mustertext:

1. Das nachstehende Formular bedarf der Anpassung auf den Einzelfall. Im Zweifel
fragen Sie einen Arbeitsrechtler der ETL-Rechtsanwälte.
2. Achtung: Der Mustertext stellt einen Sonderfall dar! Es kann aus ganz
unterschiedlichen Gründen erforderlich werden, mindestens ratsam sein, eine
vorsorgliche, gegebenenfalls auch eine vorsorglich weitere Kündigung
auszusprechen.
Beispiel 1: Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer gekündigt. Der Arbeitnehmer
weist die Kündigung nach § 174 BGB zurück und beruft sich auf fehlende
Vertretungsmacht desjenigen, der die Kündigung unterschrieben hat. Sollten hier
auf Seiten des Arbeitgebers Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung bestehen,
kann sich der Ausspruch einer vorsorglich weiteren Kündigung empfehlen.
Beispiel 2: Der Arbeitnehmer „kündigt“ mündlich und weist darauf hin, dass er ab
morgen bei einem anderen Arbeitgeber arbeiten wird. Auch wenn in einem solchen
Fall nicht ohne weiteres Ansprüche des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber
bestehen bzw. deren Geltendmachung zu erwarten ist, kann es doch häufig richtig
sein, die formunwirksame „Kündigung“ zu bestätigen und sodann vorsorglich eine
Kündigung auszusprechen.
3. Am besten ist es, wenn die vorsorgliche Kündigung dem Arbeitnehmer selbst
ausgehändigt wird und die Entgegennahme durch den Arbeitnehmer schriftlich
bestätigt wird. Sodann kommt auch die Übergabe unter Zeugen oder eine Übergabe
per Bote in Betracht. Das Einschreiben mit Rückschein ist grundsätzlich keine gute
Wahl!
Achtung: Das mit dem Boten ist nicht risikolos (Laskawy/Ludwig, DB 2017, 2994).
Wegen der weiteren Fragen zu dem unbedingt notwendigen Zugang der Kündigung
nehmen Sie bitte unverbindlich Kontakt zu einem Arbeitsrechtler der ETL-
Rechtsanwälte auf.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Orientierungssatz wie folgt entschieden
(BAG, Versäumnisurteil v. 26.03.2015 - 2 AZR 483/14, veröffentlicht u. a. in DB
2015, 2460): "1. Eine verkörperte Willenserklärung geht unter Anwesenden zu -
und wird damit entsprechend § 130 Abs. 1 S 1 BGB wirksam -, wenn sie durch
Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt. Es kommt nicht
darauf an, ob der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft
erlangt. Es genügt die Aushändigung und Übergabe, so dass er in der Lage ist, vom
Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Der Zugang einer verkörperten
Willenserklärung unter Anwesenden ist daher auch dann bewirkt, wenn das
Schriftstück dem Empfänger mit der für ihn erkennbaren Absicht, es ihm zu
übergeben, angereicht und, falls er die Entgegennahme ablehnt, so in seiner
unmittelbaren Nähe abgelegt wird, dass er es ohne Weiteres an sich nehmen und
von seinem Inhalt Kenntnis nehmen kann. 2. Verhindert der Empfänger durch
eigenes Verhalten den Zugang einer Willenserklärung, muss er sich so behandeln
lassen, als sei ihm die Erklärung bereits zum Zeitpunkt des Übermittlungsversuchs
zugegangen. Nach Treu und Glauben ist es ihm verwehrt, sich auf den späteren
tatsächlichen Zugang zu berufen, wenn er selbst für die Verspätung die alleinige
Ursache gesetzt hat. Sein Verhalten muss sich als Verstoß gegen bestehende
Pflichten zu Sorgfalt oder Rücksichtnahme darstellen. Lehnt der Empfänger grundlos
die Entgegennahme eines Schreibens ab, muss er sich nach § 242 BGB jedenfalls
dann so behandeln lassen, als sei es ihm im Zeitpunkt der Ablehnung zugegangen,
wenn er im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit der Abgabe rechtserheblicher
Erklärungen durch den Absender rechnen musste. 3. Ein Arbeitnehmer muss
regelmäßig damit rechnen, dass ihm anlässlich einer im Betrieb stattfindenden
Besprechung mit dem Arbeitgeber rechtserhebliche Erklärungen betreffend sein
Arbeitsverhältnis übermittelt werden. Der Betrieb ist typischerweise der Ort, an dem
das Arbeitsverhältnis berührende Fragen besprochen und geregelt werden. 4. Eine
verkörperte Willenserklärung geht unter Abwesenden i.S.v. § 130 Abs. 1 S 1 BGB
zu, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des
Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die
Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers
gehören von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie ein Briefkasten. Ob die
Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den "gewöhnlichen Verhältnissen"
und den "Gepflogenheiten des Verkehrs" zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in
einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der
nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse
des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine
generalisierende Betrachtung geboten. 5. Anders als dann, wenn ein Brief ohne
Wissen des Adressaten erst nach den üblichen Postzustellzeiten in dessen
Hausbriefkasten eingeworfen wird, ist mit der Kenntnisnahme eines Schreibens, von
dem der Adressat weiß oder annehmen muss, dass es gegen 17:00 Uhr
eingeworfen wurde, unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am selben Tag zu
rechnen."

4. Die Kündigung ist durch den Arbeitgeber selbst bzw. einen / ggf. auch mehrere
Vertreter zu unterschreiben. Bei Gesamtvertretungsberechtigten sind die
Unterschriften durch alle zur Gesamtvertretung Berufenen notwendig.
5. Das Muster ist unter Umständen u. a. wegen inzwischen veröffentlichter
Rechtsprechung zu aktualisieren. Bitte setzen Sie sich hierzu unverbindlich mit uns
in Verbindung.
6. Kritik und Anregungen nehmen wir gerne entgegen!

Urheber dieses Mustertextes:

RAin Katrin-Christina Beyer, LL.M., auch Fachanwältin für Medizinrecht


RA Dr. Stefan Müller-Thele
RA Dr. Uwe P. Schlegel
RA Rüdiger Soltyszeck, LL.M., auch Fachanwalt für Arbeitsrecht
ETL Rechtsanwälte GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft
Eiler Str. 3 B
51107 Köln
Telefon: +49 (0) 221 880 40 60
E-Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de

Stand: 3. Februar 2023


Haftungsausschluss

Alle Formulare und Mustertexte sind unbedingt auf den


Einzelfall hin anzupassen. Wir haben uns bei der
Erstellung große Mühe gegeben. Trotz alledem können
wir keinerlei Haftung dafür übernehmen, dass das
jeweilige Dokument für den von Ihnen angedachten
Anwendungsbereich geeignet ist. In Zweifelsfällen
kontaktieren Sie uns bitte über unsere Hotline unter 0
800 777 5 111.

Unser Mustertext unterliegt dem Urheberecht der


Bundesrepublik Deutschland. Jede Vervielfältigung,
Überarbeitung, Bearbeitung, Verbreitung,
Einspeicherung sowie sonstige Verwertung unseres
Mustertextes – gleich in welcher Art und Weise - bedarf
der vorherigen schriftlichen Zustimmung der
Rechteinhaber, wenn nicht das Urheberrecht anderes
vorsieht. Das unerlaubte Abspeichern und/oder
Vervielfältigen der hier eingestellten Informationen ist
strafbar.
Angaben zum Aussteller der Kündigung (= Arbeitgeber mit vollständiger
Firmenbezeichnung und Adresse, wenn möglich auf Firmenpapier)

An [Arbeitnehmer, Name, Vorname, Adresse]

Vorsorgliche (ggf. vorsorglich weitere) ordentliche (ggf. außerordentliche) Kündigung


Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte(r) Frau/Herr _____________________,

hiermit kündige ich das zu Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis vorsorglich ordentlich und
fristgemäß zum __.__.202_, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Alternativ: Ich nehme Bezug auf meine Kündigung vom __.__202_. Hiermit kündige ich das zu
Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis vorsorglich ein weiteres Mal ordentlich und fristgemäß zum
__.__.202_, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Alternativ: Hiermit kündige ich das zu Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis vorsorglich


außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund, hilfsweise ordentlich zum __.__.202_, äußerst
hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Alternativ: Ich nehme Bezug auf meine Kündigung vom __.__202_. Hiermit kündige ich das zu
Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis vorsorglich ein weiteres Mal außerordentlich und fristlos aus
wichtigem Grund, hilfsweise zum __.__.202_, äußerst hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Ergänzender Hinweis: Je nach Fallgestaltung kann es sich empfehlen, den Hintergrund der
vorsorglichen Kündigung im Kündigungsschreiben kurz zu erläutern!

[Bei der Übermittlung der Nachricht durch einen Boten]: Das Kündigungsschreiben wird Ihnen
durch einen Boten, Frau/Herrn _________ [Name, Vorname] übermittelt. Den Boten habe ich mit
der Übermittlung beauftragt und für die Überbringung des Kündigungsschreibens entsprechend
bevollmächtigt.

Zudem weise ich Sie auf Folgendes hin:

Wenn Sie geltend machen wollen, dass die Kündigung rechtsunwirksam ist, müssen Sie innerhalb
von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf
Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (siehe
auch §§ 4, 7 KSchG).

Mit freundlichen Grüßen

_________________________________
Ort/Datum/Unterschrift Arbeitgeber(in)

Entgegengenommen:

_________________________________
Ort/Datum/Unterschrift Arbeitnehmer(in)

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