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Turbomaschinen

Vorlesung 12
(Akustik von Turbomaschinen II / Windenergieanlagen)

Stefan Becker
Universität Erlangen-Nürnberg
Letzte Vorlesung

• Einführung – Schallmechanismen Turbomaschinen

• Geräuschentstehung

• Axialventilatoren

• Schallberechnungsverfahren
 Klasse I
 Klasse II
 Klasse III

• Schallminderungsmaßnahmen
 Allgemeine Maßnahmen
 Modifikation Vorderkante

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Schalllokalisation

3
Geräuschentstehung

Monopol Dipol Quadrupol

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Schallberechnungsverfahren

Klasse I Klasse II Klasse III


Grundlegende  Getrennte  Gemeinsame Analyse
Spezifikation des Betrachtung der aller Schallquellen
Ventilators verschiedenen  Detaillierte
 Bauart Mechanismen der Rotorgeometrie
 Abmessungen
Schallerzeugung
 Komplexes
 Massenstrom
 Vereinfachte zeitabhängiges
Rotorgeometrien Strömungsfeld mit
 Druckverhältnis
(z.B. Rotorblatt – hoher räumlicher und
 …… Plattengeometrie) zeitlicher Auflösung
 Vereinfachte CFD (URANS, LES)
Strömungsanalyse

Vereinfachte Aeroakustische Modelle


algebraische Funktionen
(Korrelationen) Schalldruckpegel
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VDI-Richtlinie 2081 – Klasse I

 Als Basis [1] dient hierfür die grundlegende Gleichung, die lediglich die
Betriebsdaten am Arbeitspunkt des Ventilators als Eingabeparameter
benötigt:

 Der spezifische Schallleistungspegel 𝐿𝑊,𝑠𝑝𝑒𝑧 ist abhängig von der


Ventilator-Bauform (z. B. für Axialventilatoren gilt 𝐿𝑊,𝑠𝑝𝑒𝑧 = 42)
 Weiterhin geht in die Berechnung der Volumenstrom 𝑉,ሶ die totale
Druckdifferenz ∆𝑝𝑡 und der Machzahlexponent 𝛾 mit ein.
(Prüfstandsmessungen: Empfehlung: 𝛾 = 5)

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VDI 3731 Schallleistung - Klasse I

 [2] Abgestrahlte Schalleistung PA proportional zur Verlustleistung und


eines weiteren Faktors aus der Umfangsmachzahl eines Ventilators ist:

 Darin ist 𝜂𝑖 der innere Wirkungsgrad, 𝐷 der Laufradaußendurchmesser,


𝑛 die Drehzahl, 𝑎 die Schallgeschwindigkeit und 𝑚 der
Machzahlexponent.
 Diese Gleichung ergibt in logarithmischer Form mit den Konstanten
∆𝑝0 = 1 Pa und 𝑉ሶ0 = 1 m3/s und dem Gesamtwirkungsgrad 𝜂:

 Bei Axialventilatoren ohne Nachleitrad beträgt der Wert des spezifischen


Schallleistungspegels hier 𝐿𝑊,𝑠𝑝𝑒𝑧 = 96,6 dB und des
Machzahlexponenten 𝑚 = 3,
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Schalleistungspegel - Ventilatoren

Quelle: VDI Richtlinie 3731: Emissionskennwerte technischer Schallquellen / Ventilatoren Blatt 2 , Nov. 1990

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VDI 3731 Schallleistung in Oktavbändern

 Zusätzlich zur Gesamtschallleistung ist in VDI 3731 ein Verfahren


festgelegt, mit dem das Schallleistungsspektrum in Oktavbändern
abgeschätzt werden kann. Dabei wird für jede Oktav-Mittenfrequenz ein
relativer Schallleistungspegel ∆𝐿𝑊,𝑂𝑘𝑡 berechnet und zum Ergebnis aus
der Berechnung des Ausblas-Kanalschallleistungspegels addiert:

 Der relative Schallleistungspegel ∆𝐿𝑊,𝑂𝑘𝑡 ist abhängig von drei


Konstanten 𝐾1 , 𝐾2 und 𝐾3 (entsprechend der Ventilator-Bauart) und der
Strouhal-Zahl 𝑆𝑟𝐷 = 𝑓 Τ(𝜋 𝑛). Für Axialventilatoren ohne Nachleitrad gilt
𝐾1 = 5, 𝐾2 = 5 und 𝐾3 = -0,56.
 Außerdem ist in VDI 3731 eine Korrektur zur Berechnung des
Freiausblas-Schallleistungspegel 𝐿𝑊𝐹 angegeben:

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Schallleistung nach Sharland - Klasse II
 Das Verfahren von Sharland [3] ermöglicht die Vorhersage des
Breitbandgeräusches von Axialventilatoren in Form des zu erwartenden
Gesamtschallleistungspegels.
 Getrennte Behandlung der Terme der Schallerzeugung: instationäre
Schaufelkräfte, verursacht durch turbulente Zuströmung (TZ),
Wirbelablösung in der Grenzschicht (WG) und Wirbelablösungen im
Nachlauf (WN).

 Darin ist 𝜌 die Luftdichte, 𝐴𝐶 die Korrelationsfläche auf der die


Druckschwankungen korreliert sind und 𝑝′ die Druckfluktuationen
zwischen Plattenober- und Unterseite.

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Schallleistung nach Sharland - Klasse II

 Die Gesamtschallleistung setzt sich aus den verschiedenen


Mechanismen zusammen, wobei der Beitrag jedes einzelnen getrennt
berechnet und abschließend summiert wird:

 Schallleistung aufgrund der turbulenten Zuströmung 𝑃𝐴,𝑆ℎ𝑎,𝑇𝑍 :

 Steigung 𝛷 wird ermittelt aus der Kurve zwischen Auftriebsbeiwert und


Tragflügel-Anstellwinkel ( Abschätzung von 𝛷 = 0,9𝜋 ).
 Für die Korrelationsfläche 𝐴𝐶 existiert eine Abschätzung basierend auf
experimentellen Untersuchungen, so dass letztendlich die
Schallleistung aufgrund der turbulenten Zuströmung 𝑃𝐴,𝑆ℎ𝑎,𝑇𝑍 mit der
Anzahl der Laufradschaufeln 𝑧, der Sehnenlänge 𝑙 und des
Turbulenzgrades der Zuströmung 𝑇𝑢 berechnet werden kann.
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Schallleistung nach Sharland - Klasse II

 Zur Berechnung der Schallleistung aufgrund der Wirbelablösung in


der turbulenten Grenzschicht 𝑃𝐴,𝑆ℎ𝑎,𝑊𝐺 wird abgeschätzt mit:

 Die Wirbelablösungen im Nachlauf 𝑃𝐴,𝑆ℎ𝑎,𝑊𝑁 existieren ebenfalls nach


Abschätzungen:

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Schallleistung nach Költzsch - Klasse II
 Költzsch [1] entwickelte ein Berechnungsverfahren, welches neben dem
Gesamtschallleistungspegel außerdem eine Aussage über die spektrale
Verteilung liefert. Der Schallleistungspegel setzt sich aus den
Quellmechanismen der turbulenten Zuströmung und Wirbelablösung in
der Grenzschicht zusammen:

 Zur Berechnung der spektralen Schallleistungsdichte durch die


turbulente Zuströmung 𝑆𝐴,𝐾𝑜𝑒,𝑇𝑍 wird die von Sharland entwickelte
Gleichung dahingehend modifiziert, dass nun alle Variablen im
Integranden als ortsunabhängig angesehen werden;

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Schallleistung nach Költzsch - Klasse II

 Die Frequenzabhängigkeit wird über die Energiedichte der


Zuströmturbulenz 𝑆𝑤 realisiert. Die Parameter 𝑙 und ℎ charakterisieren
die Schaufeloberfläche. Zur Berechnung der Energiedichte der
Zuströmturbulenz sind Kenntnisse über die mittlere
Zuströmgeschwindigkeit 𝑐 und deren Turbulenzgrad 𝑇𝑢 sowie über die
Längenskala der Zuströmung 𝛬 nötig:

 Der Faktor 𝐹 wird aus einem Regressionspolynom berechnet:

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Schallleistung nach Költzsch - Klasse II

 Als nächstes wird die spektrale Schallleistungsdichte durch


Wirbelablösungen in der turbulenten Grenzschicht 𝑆𝐴,𝐾𝑜𝑒,𝑊𝐺 betrachtet.
Die Grundlage dafür bildet das Kanalströmungsmodell:

 Der Parameter 𝜓 charakterisiert eine Strahlungsfunktion, welche z.B.


bei kleinen Machzahlen konstant zu 𝜓 = 1 gesetzt werden kann. Die
Laufradgeometrie fließt über den Außenradius 𝑟𝑎 sowie über das
𝑟
Nabenverhältnis 𝜈 = 𝑖 ein. Die spektrale Leistungsdichte der
𝑟𝑎
Schaufelkraft wird durch den frequenzabhängigen Wert 𝑆𝐹
gekennzeichnet. Dieser wird für drei Bereiche getrennt berechnet:

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Schallleistung nach Költzsch - Klasse II

 Darin ist 𝑆𝑃 die frequenzabhängige spektrale Leistungsdichte der


Wanddruckschwankungen. Diese wurde in vielen Fällen an einer
überströmten ebenen Platte oder am Tragflügel gemessen. Der
Verlauf kann daraus über ein Regressionspolynom beschrieben
werden.

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Schallleistung nach Költzsch - Klasse II

 Die Konstante 𝐾 lässt sich aus bisherigen Versuchen abschätzen.


Költzsch empfiehlt hier einen Wert von 𝐾 ≈ (1..3)*10-2. Die
Grenzschichtverdrängungsdicke 𝛿1 in Abhängigkeit von der
Reynoldszahl 𝑅𝑒𝑙 und die Näherung 𝐾𝛷 in Abhängigkeit von der
Strouhalzahl 𝑆𝑟𝛿1 werden über folgende Beziehungen berechnet:

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Schallberechnungen Klasse I und II
 Vergleich mit zwei Axialventilatoren unterschiedlicher Laufradgeometrie
(Außendurchmesser: 495 mm; Kopfspalt: 2,5 mm; 9 Laufradschaufeln
 Beide Laufradschaufeln besitzen gleiche geometrische Abmessungen,
Anstellung von 25° gegenüber der Achsnormalebene
 Laufrad TKS01: Laufradschaufeln mit Tragflügelprofil
 Laufrad PKS01: Plattenprofil mit 8 mm Dicke

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Schallberechnungen Klasse I und II

 Vergleich der gemessenen Gesamtschallleistungspegel sowie der


berechneten Pegel nach VDI 2081, VDI 3731 und dem Sharland-
Verfahren.

 VDI 2081: große Differenz beim Laufrad PKS01 – Grund:


Berücksichtigung lediglich der Daten von Volumenstrom und
Druckdifferenz . Aufgrund der fehlenden Profilierung der
Laufradschaufeln fällt auch die erzielbare Druckdifferenz aus – Folge :
deutliche Unterschätzung des Gesamtpegels
 Beste Ergebnisse für TKS01: Methode Sharland

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Schallberechnungen Klasse I und II

 Vergleich der gemessenen und


nach VDI 3731 berechneten
Schallleistungsspektren

 Vergleich der gemessenen


und nach dem Verfahren
von Költzsch berechneten
Schallleistungsspektren mit
K = 10-2 (links) und K =
3*10-2 (rechts)

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Schallberechnungen Klasse I und II

 Methode nach VDI 3731: Beste Vorhersage des


Gesamtschallleistungspegels der betrachteten Laufräder
 Rechnung nach VDI 2081 als auch die Betrachtung in Oktavbändern
nach VDI 3731 liefern bei den vorgestellten Laufrädern keine
zufriedenstellenden Ergebnisse.
 Das Sharland-Verfahren (Klasse II) liefert die besten Ergebnisse beim
Gesamtschallleistungspegel beim Laufrad mit Tragflügel-Profil.
 Das Verfahren nach Költzsch (Klasse II) kann mit angepasstem Faktor
K für den Mechanismus Wirbelablösungen in der turbulenten
Grenzschicht den spektralen Verlauf des Schallleistungspegels mit
wenigen Abstrichen im niederfrequenten Bereich gut vorausberechnen.
 Die genannten Verfahren eignen sich für eine erste Abschätzung des
Breitbandlärms von Axialventilatoren. Aussagen über tonale
Komponenten können hingegen nicht getroffen werden.
 Aussagen über Beiträge lokaler Schallquellen sind nicht möglich

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Literatur
 [1] VDI-Richtlinie 2081: Geräuscherzeugung und Lärmminderung in
Raumlufttechnischen Anlagen. 2003 (2007 inhaltlich geprüft und unverändert
weiterhin gültig)
 [2] VDI-Richtlinie 3731, Blatt 2: Emissionskennwerte technischer Schallquellen –
Ventilatoren. 1990
 [3] Sharland, I. J.: Sources of Noise in Axial Flow Fans. Journal of Sound and
Vibration Volume 1 Issue 3 (1964), 302-322
 [4] Bommes, L., Fricke, J., Grundmann, R. (Hrsg.): Ventilatoren. Vulkan, 2003
 Wright, S.: The Acoustic Spectrum of Axial Flow Machines. Journal of Sound and
Vibration, Volume 45, Issue 2 (1976), 165-223
 Lowson, M. V.: Assessment and Prediction of Wind Turbine Noise. Flow Solutions
Report 92/19, ETSU W/13/00284/REP (1992), 1–59
 Carolus, T.: Ventilatoren – Aerodynamischer Entwurf, Schallvorhersage,
Konstruktion. Springer, 2013
 VDI-Richtlinie 2081: Geräuscherzeugung und Lärmminderung in
Raumlufttechnischen Anlagen. 2003 (2007 inhaltlich geprüft und unverändert
weiterhin gültig)
 VDI-Richtlinie 3731, Blatt 2: Emissionskennwerte technischer Schallquellen –
Ventilatoren. 1990
 DIN 45635, Teil 38: Geräuschmessung an Maschinen. Luftschallemission,
Hüllflächen-, Hallraum- und Kanal-Verfahren. Ventilatoren. 1986
 Eck, B.: Ventilatoren. Springer, 1972
 Lips [2008] : W. Lips: Strömungsakustik in Theorie und Praxis, Expertz Verlag 2008
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Berechnungsverfahren Klasse III

Strömungs- RANS / Stochastische Akustische


parameter, ja URANS Modelle, Analogie,
Modell- bzw. Turbulenz- Wirbeltest- Inhomogene
Versuchs- modell modelle, Wellengl.
aufbau Statistische BEM, FEM
SAS
nein Korrelations- LEE
DES modelle APE
FWH
Einström- ja Kirchhoff etc.
bedingungen, Subgrid- LES ja
Störungs- Modell Akustische
modell DNS Quellterme
nein Domain-
nein Erweiterung

Untersuchungsfall/ Schallberechnung
Modelldefinition

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Berechnungsverfahren III

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Berechnungsverfahren III
Strömungsfeld Akustische Quellterme

Schallfeld

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Experiment und Simulation

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Klimasysteme

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Klimasysteme - Schallausbreitung

28
Klimasysteme

29
Schallminderungsmaßnahmen

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Schallminderungsmaßnahmen

31
Schallminderungsmaßnahmen

32
Schallminderungsmaßnahmen

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Radialgeschwindigkeit beider Modelle

 Hohe Radialgeschwindigkeit an der Schaufeloberfläche des Referenzmodells

 Fluid wird in Richtung Spalt abgelenkt  Negative Interaktion mit Spaltleckage

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Zusammenfassung der hydrodynamischen Effekte

• Stabilisierung der Strömung an der Schaufeloberseite durch gegenläufige


Wirbelpaare

• Verblockung und Entschleunigung der Spaltleckage durch Wirbelinteraktion mit


der Spaltströmung

• Verminderung der Radialgeschwindigkeit durch bessere Strömungsführung


über die Schaufeloberfläche

 Auswirkung auf die Schallabstrahlung


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Quelltermdarstellung nach der FW-H-Methode

Darstellung des akustischen Drucks pro Fläche

 Referenzmodell weist einen Großteil der akustischen Quellterme auf der Oberfläche auf

 Modifizierte Geometrie weist hingegen nur am Spalt größere akustische Quellterme auf

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Windenergieanlagen – Schallquellen

Wagner, Wind Turbine Noise, Springer, 1996

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Windenergieanlagen

38
Windenergieanlagen

39
Windenergieanlagen

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Windenergieanlagen

41
Windenergieanlagen

42
Windenergieanlagen

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Zusammenfassung

• Schallberechnungsverfahren
 Klasse I
 Klasse II
 Klasse III

• Schallminderungsmaßnahmen
 Allgemeine Maßnahmen

• Einführung Windenergieanlagen

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