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HENRY W. SAGE
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Heafizische Kinderreime
gesammelt von J. R. Bänker.
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Heafizische Kinderreime.
Von J. R. Bänker, Oedenbm'g.
Wiegenlieder.
l‘ Hai'l, hai‘l! ‘) 4- Haijz‘i‚ pupaijzi!
Griani Stai’l, z) ‘s Katz'l laft in Stai") ä’.“)
Rädi Pel ‘) traufi, ‘) Laft a zoutat‘s °) Pumma‘l") näuchi,")
‘s Kinda'l schläft schauii. Paisst in Katzal ‘s Fuissa‘l ä’.
A_ H_ K. Oe_ W_ Paiss' ia‘ ‘s na.‘ 1’) ni‘t gäa' ä‘,
. _ Täss nou‘ w9inni‘ 1‘) hupfa.‘ mä‘.")
2' He_“y _h‘"“~ .4. H. K. L. N. 09. Pi. P6. W.
Gnam Sie1'l,
Bodi Pöl trau‘r'i, 5~ Heijo, pupajol
‘s Mentscha‘l") (Piawa'l) l‘) schläft schaufi. ’s Katzal laft in Slei’ no'.
G0. Luft. a zotat‘s Pummal nochi,
3' Heidi, heldi! Peisst in Katzal ‘s Fuissal 0',
Greanl Sleldii Ni't gäar o, ni‘t gäar o‘,
Bäti Pea'l3-l trau5‚ Tfiss a pissal humpfaln m0‘! Go.
Unt täs Piawa‘l heil‘t schaufi! L.
l) Schlafe, schlafe! vom Inf. haid‘ln (heideln), schlafen. -— 2) Dim. v. Stauden (Plur.)‚
Sträucher. — ') Beeren. — ‘) daran. — ‘y Dim. v. das Mentsch (Mädchen). — a) Bübchen. —
1) Steig. — 8) hinab. — 9) zoltiges. -— ‘°) Hündchen. — “) nach. — "‘) nur. — ") wenig.
— l‘) mag (kann).
Heaüzische Kinderreime. 3
Reitcrliedchen.
Tanzliedchen.
29- Paua'. haing’ tai Pummal‘) äufi, 3l- Jäkob bot kuafi Prot in Haus,
Tässya' mi' ni‘t paiss’n kauii. Jäkob mocht si' gäa’ nix t'raus,
Paisstga‘ mi', kläg’ i' ti', Jä‚kob hin, Jäkob hea',
Taus'nt Thäla' saifi tahü’z~ Jfikgb is‘ a, Zott'lpea.’.
Taus'nt Thäla is' kuaü Gölt, A. G0. H. K. Oe. Pi.
Wänn i’ nua.’ a Medal hätt', 12 ‚ o ‚ _ ‘
Teis mi’ rupft, teis mi' zupft, ' ' Z‘_’PP‘=“P“““‘ “mz~ ‘S W“ ‚ ‚
Teis mit min‘ ins Peit aifihupft!*) t°“ S‘äfe‘le" lu_“ga‘_‘‚tnea"r
„ 1enonmogßm,
A’ G0‘ H‘ L‘ N‘ Oe" Po‘ W Weil a’ ma‘ äll'weil anfitritt. G0.
30. P;ua" ‚härlgy Kahn I:Im,ldali a:ü' Äafis, zwäa, trai, via‘, fini, söiks, sib'm‚
T _Ss a m‘ _mt pal‚ss n an‘ Hfllf ma' mainan Schu'gäa'n °) zieh’ni
Pmsst a’ m1’ oda' h‘, H K
Taus'nt Tälla' koust a‘ ti’. A‘ ' ' 08‘ W‘
Taus'nt Tälla' is' käafi Geil, 34- Äaüs, zwäa, trai, via’, finf, säiks, si'm,
Wänn i‘ nna‘ mai' Schätzal hett', Mäaring meiss'n ma' a'maschia'n.
Schälzal hiü‚ Schätzal hea', Wou ta' hin ? —- Näch Pea'lin,
Schätze! is' käafi Zoutt'lpea'. M. Wou ti schaina' Madal sin’. A.
Um an Muschkatölla.
All, ’s Gans’l möcht' mi‘ paiss'n. 92- 1Wa' ‘S Wi9581 Pin i’ g‘gänga‘,
Nimm a Stawal‚ Hiib’ Magsal aufg‘richt’t,
Hau’ ‘s am schnawal‚ Schair'xi Veigal hilf i‘ g‘iänga',
Wia't ti' nimma’ paiss‘n. Saifi laula‘ Sliglitz.
A‘ G0‘ L‘ Oe' P1‘ Schaiii‘s Vei al,häasst
Maiü Schätzil krnm x€Vabal.
s Schnahal,
89~ Regements-Suldat'n-Hua’.
lllliadl, Ziag'l, guldigi Schnua’,
H. 97' B_ruckna ‘ Madalfl)
Sitzt ä.m Stadal,
90~ Miadl_Mäd‚l Naht a räd‘s Kittal zämm‘.
Hinta. ‚n Städ‚l Wäa‘t‘,_täs ow1ar_‚l Mu1da‘ sägfl'nr
Naht ü Kiwl Wüllst in ganz'n Zwm'n va’trag n.
Ouni Näd‘l. Ga. K. Oe.
104. Schnaida'gäas, flick’ mar an‘ Schftass, 114- ’s Mad‘l hätyan Schneidet‘ g'liapt
Hairat' mal‘ T:°1chta’! Trai Vialfljäa‘.
Paiss' s’ in ‘s Löu',‘) zwick‘ s‘ in ’s Löu’, Nächtöm hält ‘s an Gäaspouck kriagt,
Hilf ma’ wäs z’ lächa’. L. Gänz ouni Häa’.
A. Oe. W.
105- Schuisla‘, Schnista‘, wiks' aus,
züy in Trät hing aus's) 115. ‘s Mentsch hät an Schnaida‘ k'liapt,
Schuista', Schuista', gip ächt. Fünf“) a 810ml’ Jäil'‚
Täss tai1'i Schuista'stuahl ni‘t z‘sämm- Nächa' hielt S’ an Goaspollcli kriak’‚
kr?lchl‚ 1{_ Gänz ohni Häa'. G0.
106. Schuista‘, Schuista’, wiks’,
116. Unta' ta’ Prugg’, ouwn' ta' Prugg'
Kas") unt Prät ") is‘ niks.
Fia’ba'g‘söll',‘)
Sitzt a. kläana' Schnaida’.
Wäunyma‘ eam an Graitza’ gipt,
Hupl‘ in t‘ Hall‘. L.
Hupft\‚a ällwal waila’.
107- Pan Schränz’n 9) tuan s‘ tänz'n, A~ G0. H_ Oe_
Pan Schrfinz‘n geht ‘s zui,
Tua't saix'i a päa.’ Schuista‘, 117- Bia‘ um Pröiü‚"‘) ria’ um Pröii,
Bä.t kuana' kuai‘ Schui‘. H. Silzt ta‘ krumpi Schneidet‘ ‘.raiii! G0.
121-5. Tee.’ Jäga’ is‘ a tumma M1uii 131. Räigna.’ reigna‘ Troupf‚m'
‚ ‘ _ ‚ ‚‘ ‚ ' _ Ti Puiwan wen‘yma‘ kloup‘m,
Tea gäa kuan Häsnschmss n kann. H. Ti Tiaran lies.“ in Feida.pöitt'
Ti Puiwan lieg’n in Sauträick.
124’ Avf m‘ zucka‘manua' Heh'“) Ti Tiaran eiss’n Äa‘“) unt. Schmälz,
Sitz‘ “ Hi‘""sc“ unt a “eh, Ti Pniwan eiss’n Träick und Hulzf’) H.
Unt a Jaga‘ tapei, '
Hät kua' Pulva‘ unt kua‘ Plei. G0. 132~ Höe'n‚ ree‘n Troupf'ß
Ti Tieren muiss ma’ kloupf'n,
_ _ _ 'l‘i Tieren lieg'n in Feida‘peitt‚
C‘ S o n s t ‘ g e N e c I‘ r e ‘ m e‘ Ti Puam lieg'n in Rousströick.
125. Zipn_zapfly Puda‚kmpfl' TnPuam gelrn In. s W1a tshaus,
FF ‚ Äu_ i}, ’‚I Trlnk‘n a Smt‘l P1aryans.
.mg, |‚ .mg r . Ti Tiaran geh'n in Rousssläll
A‘ G0‘ H‘ Ä‘ Oe' P1‘ Unt trink'n n Snit'l Roussmülli' aus. Ga.
0
13'). Älti Rumpump‘l, 144. Jid‘l 1') Machele,
Mit tia' is' schouii aus, Wäs koust‘n taini Fleh‘?
Näs'n tuat tröpt'ln Hunda'ttaus'nt Gul‘n.
Unt Aug'n rinna' ta‘ aus. N. Ta' Kuka’ sull ti hul'n. M.
- Tidldeidumdum, hät ‘s Gelt va'spült, 146. Unta‘ da‘ Pruck‘, owa‘ da‘ Pruck'
Hiatz ‘traut a‘ si' ni‘t huam, Hät ta‘ Jud' t‘ Jidin ‘puckt. z") M.
Unt moaring still a’ t‘ Maura‘ kriag'n,
Hiatz halt a‘ an Treick‚ an Luam.') H. 147. Stz'tanl unta’ ta‘ Pruck‘.
Tah'i Väda‘ häl. ti Jidin ’puclil.. M
138. Wä.a‘t na', Mäd‘l, i‘ wia‘d ‘s scha' säg'n,
Wails tu häst in Zwia’n va‘träg’n. 148. F6iüsta‘-Raiw‘l.
Hast lu ni‘t in Zwia‘n va'träg’n, Taiü Muida' is‘ a p'sz'tacht's Waiw‘l. M.
Tat’ is‘ ni‘t. ta‘ Muidan säg‘n. H.
149. A'f t.1‘ Zucka’mantla‘ Heh‘,
139. Ta ihm i) unt ti Abi! l)
Tua't sitzt a Kräwät."l
Göinga’ Peiiil“) z'sämmklaub'm;
Flaisch hät a g'göiss‘n,
Ta' Eiiil nimmpt a Pöifil
Hiatz mäg a’ kuaii Prät. G0.
Unt wiaft s‘ ta’ Ahiil auf‘ t‘ Haub’m.
G0. Ga. H.
- Pfingslucka‘ ") steh’ auf,
140. Insari Gäaspeindl-Pau‘n ") Röick‘ t‘ Lucka‘ 23) a’f t‘ Heh‘ auf,
Häb‘m lrz‘ial'i Rahm, Nimm an Pes'n unt kia‘ älli Wink‘l aus,
Kinne‘ a‘ käan' ria‘n.‘) Nimm an Steck'n unt treib‘ aus! Ga. N.
Wal s‘ 15. käar'1’ Knecht ni't hä'm,
151. Äm Anga‘l steht a Pamal‚
Plaipt eana’ käaii' Tia‘n. L.
Is' ‘pölzt unt träg' Pia‘n.
141. T‘ Heaüz'n häb'm Kia‘n ') auf, Ti Gulsarischin Pua‘sch'n")
Schaiss'n eana’ t‘ Schwftl‘m t‘raul. M. Häb‘m alli ‘s Läxia‘n. G.
Verschen
gesprochen zu verschiedenen Thieren, zum Regen, zur Sonne.
165. Maiköifa‘ summ, summ, summ, 166. Maiköil'a’ summ, summ, summ,
Tai Väda‘ is‘ in Prumm, Tai Muida‘ liegt in Prumm,
Tai Muida’ is’ in Kia'wisgart‘l") Tai Väda' liegt in Kirigass‘l,")
Summ, summ, summ, Summ, summ, summ.
G0. Oe. Oe.
R e ime
zu verschiedenen Gelegenheiten gesprochen.
l) Böhmen. _—- ‘_) Sonnen-Grossvater. In diesem Versehen aus Mörbisch wird die
Sonne als männhch, im v1ertvorhergehenden aus Agendorf und Oedenburg als weiblich auf
gefasst. — ’) mlld8.
16 Blinker.
2‘ß- 1.63ig‘
Niglfi,ma‘
Niglii, tu schaina‘
aifi, löig‘ ma‘ aiü,Bea‘,
wäs i’ pegen’, I231‚ ,. . ‚. See
Str'ück' aus, striik' aus taiü müldi Hz°mt, In Unga»n untv sah—l K;.utz‚n,.)
Leih" mal all." lag‘ ma‘ alfi a guldll5's Tei wea‘n tar\‚‘n Schäat a‘i'stutz‘n.
Pfmt. Pi. M. Oe.
K. Oe. W. Oe.
2.30. Ta‘ Paua‘ is‘ in ‘s Wässa‘ g’fäll‘n, 253- Eng‚ eng. eng, eng,
Ti Pairin höut ‘n aussa’zaht, Maiii Lou’ is‘ ma‘ z'eng.
Ta' Knecht höut ‘n haamg‘fia't, Geh‘ i‘ zan Schmit,
Ti Gret’l höut ‘n in 's Peitt g‘läigt l\lz°rcht a‘ ma‘ ‘s ni‘t,
Unt ‘s kloani Wuzal in ta‘ Wiag‘n höut’ n Geh‘ i‘ zan Schnaida',
aufg‘wöickt. L. Mächt a‘ ma' ‘s waita‘. H.
' Trai T11‘, 2) trai T'.°t‘ I. Wenn man die Eisenbahn sieht.
Geh’ i' ni't huam,
Hät mi‘ maiii Väta‘ g’schläg'n, 265- Eis‘npähn, Eis‘npähn,
Wiaryi’ ‘s ta‘ Muida' säg‘n. Loukomotiv,
Trai Tä.‘‚ trai T3.‘ Wäunst zu maifi Schätze] kimmst,
Geh‘ i‘ ni‘t huam. H. Mäch‘ nie.‘ an Pfiit'f. H.
Auszählreime.
..
- Aar‘rs, zwäa, trar, ‘17.3’. In ta‘ Trinklgz'iss'n
Piga', Päga, Hai, 1) Steht. a vnlli Fläsch‘n,
Piga, Päga, Püs'nstüll, Saufts aus, trinkts aus,
Sitztva Mandat auf ta‘ Müll‘, Schlechta' Kea‘l, tu pist trausst!
Hätya strewas ’) Hiatal auf. Oe. W.
Umatum vull Föida‘l t‘rauf.
274. In ta‘ Klziar'r Gäss‘n 3)
G0. M. N. Oe. Pi.
Steht a vulli Flaisch’n,
ää- ° _‚
Aans, zwäa, trar,
.
Saut, saut‘, saut,
Piga, päga, hai, Tu pist trausst. Oe.
Piga, päga, Häwa‘sträh,
Pfaitt ta’ Nig‘l, tänzt ta‘ Fläh. Oe. . As‘l, Was'l,
Tumes-Glas’l,
‘.268. Äaiis, zwäa, trai, Witz, wutz,
Wiga, Wäg‘a, Hai, Aussig‘stutzt.
Wiga, Wäga, Häwa‘nsträlr; Bädi Huus'n,
Wia vüll Pniwan stänga‘ tä‘.’ M. Plaui Strimpf’,
Pfui Taixl,
269. Ta‘ Hans‘l hätgin Zeiga‘ g'schiss'n, Tua’t stinkt ‘s!
Wia vüll Leicha’ hätya piss’n‘? K. L. Oe. W.
Äar'1s, zwäa, trai, In N. sind nur die 4 ersten Zeilen bekannt.
Tu pist frai!
Oe. ‘176: As‘l, Was‘l,
Tomes-Glas’l,
270. Adam is‘ in Gäat‘n g'gänga', Witz, wutz,
‚Wia vüll Vö'ig‘l hät_‚a‘ g‘fäuga' ‘.’
Aussig‘stutzt.
Äaüs, zwai, trai, Aus‚ trausst
Tu pist frai! Pist. tu gestutzt!
G0. H. K. L. N. Oe. Pi. W. K. Oe. W.
271. Äat'rs, zwai, trai‚ via’, ‘277. As‘l, was'l,
Sitzt a Mandal auf ta‘ Thia', Tommas-Glas'l,
Trumm‘lt mit ta‘ Trnmm’l aus. Witz, wutz,
Pimpal, pampal, tu pist trausst. Aussig‘stutlt! G0.
Oe.
“ .
278. Äar'is, zwäa, trai, via, fünf, söiks, siem,
- Aans, zwäa, trar,
ficht, naiü,
Auf ta‘ Pulizai
Wea‘ aussi keirnma wüll, tea' still ‘s saiii.
Is’ya kläanas Kind gepäi.a‘n. Ast’l, Wast‘l, damisch‘ Kast’l,
Wia sull ‘s häass‘n? Witz, wutz, aussi g'stutzt! M.
Katharina Rump‘ltäsch'n.
Wea’ sull ti Wind'l wäsch‘n? 279. As'l, Was‘l,
l’ ouda tu ‘P Seim‘l, Glas’l,
T'üi Tröicksau pist tu! Itz, utz,
L. M. Oe. Aussig’stutzt. Pi.
‘) Piga, Päga ist jedenfalls aus dem Wortspiele Wiga, Wäga des nachfolgenden
Verses entstanden. Ich glaube, es dürfte dort von einem Wagen Heu und einem Wagen
Haferstruh die Rede sein. — ’) strohernes. —- ‘) „Kleine Gasse", eine Gasse in Oedenhurg.
Im vorstehenden Versehen ist von einer „Trinklgasse“ die Rede. Eine Gasse dieses Namens
gibt es jedoch weder in Oedenbnrg noch in Weppersdorf, in welch beiden Orten dies
Versehen in der angegebenen Fassung bekannt ist.
a‘
20 Blinker.
28°- Äans, zwäa, trai, via’, finf, 285~ Äaüs, zwäa, trai,
Strick‘ mar,_‚a Päa.‘ Strimpf', Piga, päga, Hai,
Nit kräd, nit klein, ‘Piga, päga, Häwa‘sträh,
Tänn pist tu ka‘ Üiselein. Lieg‘n via’zühn Kinda‘ tä.
Oe. Liegt a Fisch auf ‘n Tisch.
2‘3I. Bekalj‚ peckaljy schämrnymi ni’[y lI Kä‚i.Z’, frisst in Fisch,
Kraut um Ruib'm mächvi‘ ni’t, Kimmpt ta‘ Kellna’ mit ta' Fläsch‘n,
Kläani Fischal iss i‘ gea‘n, Glpt ta’ Kätz‘ a rechti Täsch‘n'
Kliagyi ni't v0‘ mainan Hea‘n. Kätz’ schrait ‚miauü l“
Hea'n gen8an in (;ä-,fmy ’s Prad’l is’ schä praufi.
Spül'n s‘ mit ti Käa‘tn. G0. L. M. Oe. W.
Frau'n gengan in Gäa't'n,
Spül'n s‘ mit ti Plimelain. w,~ Eckati, peckati' Timvnfäss’
Kimm‘ ta’ {im Gukesmäni Geh’ in t’ Schul‘ unt lea’ne wäs,
Hät “ g‘schiss‘n‘s Heimat auf‘, Wänn tu Wäs gelea’net häst,
Geht zan f’ru_mm unt wäscht si’ ‘s aus, Kim zu Haus um mich. ma. täs.
Mach‘ “ Ems‘ ;°“äe‘am“s' Ga. G0. H. K. L. M. N. Oe. Pi. w.
Aus dem vorstehendenAuszählreim fehlen
in H. die 3., 4., 7. und s. Zeile. _. pe‘““‘"
' E“““’ ‚~,..,
“‘ e" ,~.~
“”’
Geh‘ in t‘ Schul’ unt lern’ was.
232 Äaüs, zwei, trai, Wann du was gelernt hast,
Pika, paka, Hai, Komm‘ zu mir unt sag‘ mir was.
Pike, paka, Häwa'nsträh, Ere, Spöick,
Wia vül Puiwan stöinga‘ tä‘? 'l‘u kimmst va’ mia weich. H.
(Der Gefragte gibt eine Zahl an,
z. B. 5. Hierauf wird in der Runde. bis 5 288. Tamaläng.d a) Hans‘l’
gezählt. Der, auf den die Zahl 5 fällt, Mud‘llicki 4) Tia'n,
ist ausgezählt) M- Geh‘ mit mia’ in Gäa‘tn,
w- Uaiis, zwäa, trai, ‘ Schitt’l ma‘ ti Pia'n,
. „ . „
Niada noratai. 1) T1 grass’n unt t1 klaana’.
A niada nona Pfeiflh‘käa‘n. Mach’ m3’ ‘S S.“?kill "““
Müllna‘ hät saiii Wai’ valäa‘n, Unt aem‚mrf wwda hämm
Manra', tea' hiit s‘ g'f'und’n. Oe.
Maus kia't t‘ Stub'm aus,
Keil‘ houckt am Poud‘n‚ 289- Unsa’ Kätz hät Katz’l a‘häpb
spinnt im E>'uldlg‚n Fad'n- Siemi, ächti, naini.
Klmmp‘ m ‚luk‘fs'l‘ukas'l‘huu’ Äaiis hät schwfiazi Pratzal g‘hiipt,
Halt a p'sclnss‘m Hous‘n aufi, Täs wäa‚ täs maini_
Geht zan Gränt unt wäscht si’ aus, _
Mächt a sauri Supp'm t‘raus. G0. G0‘ K‘ L‘ M' 08' P1‘ W'
292- Ein Schmied wollt‘ ein Pferd beschlagen; 298. Angati‚ wangati, zugatime,
Wie viel Nägel muss er haben? Aberi, fabari, ta pin i‘ eh;
Eins, zwei, drei, Iss täs Prot in ta.‘ Noth,
Du bist frei. G0. H. Fingas fangas, tu pist todt. G0.
(Dieser hochdeutsche Reim ist jeden
falls dem Volksmunde entnommen; am - Ekati, pekati, zugatime,
Millstätter See in Oberkärnten heisst Abi, babl, tomene‚
dieser Vers in der Mundart: Rectus spectus pumpelatus,
Schmied‘l, Schmied‘l, Boss beschläg'n! Heuer, Feuer, Pumm. H.
,Wia vüll Näg’l wüllst du häb‘m‘?‘
Der Gefragte nennt eine beliebige Zahl, - Elrati, pekati, zukatimä,
z. B. 7. Es wird nun bis sieben weiter Abi, fabi, dominä,
gezählt und Der, auf den die Zahl 7 fällt,
Oelz, pölz Nuss,
tritt als ausgezählt aus dem Kreise.) Drauss‘ pist tus. N.
291.
.». Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, ‘.501. Eckati, peekati, zuckati me,
Stabreime.
305. llIüllna'-Mich‘l‚ mähl‘ mia’ maiii Meitz'n 31‘-’- Ta‘ Tull-Tina.‘ trägt ten Tull-Tina‘ durch
Muntmöhl. ‘s Täa‘f tua’ch.
G0. L. M. Oe. G0. Oe.
BUS). Mai‘ Müllna‘-Michal wählt mia‘ mai‘ 313- Kuaii kluaü‘s Kint kauft kuaii kluaüs
Mas‘l Mundmähl. W. Kintskou‘ koucha‘. Go.
311. Hinta‘ ‘s Hälta’s Hundshaus hänga' 3116~ Wenn Wasser Wein wäre, wo würden
hunda’t hundshaitani Höus'n heraus. L. Wiener Weiber Windeln waschen? H.
Schnellsprechsätze.
317. Pui, mäch Tia’ Zui! 319- Rechnitzerische ’) Schuisul'n.’) L.
Sull i‘ an ‚Pui, mäch Tia‘ Zui‘ saiü 3m Hinta‘ maiii's Väda‘n sair'i Städl steht a
Pni saiii‘? L.
Ribam, Rebam, Regements-Pelz-Kea'sch
Pfea‘scha‘pam; Wea‘ tein Ribam, Rebam,
318. Stieg’l hal is, Peick fal l) is‘, Regements-Pelz—Kea‘sch‘- Pfea‘scha'pam
Peick untas, Ka°ta‘b ouwa‘s. L. neinna‘ kauii, täs is‘ a prava‘ Mauii. Pö.
Verschiedenes.
321. l’ piii‚a kläan's Pinkal Guglhpfal ") am Täch,
Unt stell’ mi‘ in’s Winkal, Wea‘ schmutzt, wea‘ lächt,
Unt wail i‘ niks kauii, Wea‘ ‘s Zandal haa‘räickt,
Sou reiuu‘ i’ tavauii. Muiss Pfandal haa’gäib‘m.
A. Ga. G0. H. K. L. M. N. Oe. A. L. M. Oe.
Wi a w:wa Hawa'sträh
, c 7 7
Is‘ ta‘ Leara' neu‘ sou flaissich,
Mäaring häb‘m ma‘ Kiritä'. H. Saiii ti Kinder.‘ neu‘ sou tumm.
Geht tiis Stawal umatnm. Pi.
CH’) . Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben,
Gott hat mir den Brief geschrieben. 342 Hinta‘ zweiü Waiks‘lpam
Wenn ich wüsste, wo er ist, Sitz‘n zweiii Häs‘n;
Hätt‘ ich ihm die Hand geküsst. Oe. Uana‘ tuit Zita'n schläg‘n,
I Hi.
Uana' tuit pläs‘n.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben,
Gott hat mir drei Brief geschrieben, Rait‘t a Suldzlt tahea‘,
Ein‘n für mich, ein’n für dich, Hout ‘n vatrouss‘n,
Ein‘n für Karl Ulerich. Oe. Nimmt ti Pistul'n heraus,
Haut ‘n ta‘schouss‘n. H.
337. Uns, zwäa, trai,
Via‘, finf, stäicks, sieb‘m, 2i43. Trai Ril, trat Ba‘l,
Karl Friederich Wou roud‘lt') ta‘ Wäg'n?
Hat für mich Wou we'n ta‘ mia’ mäaring
Einen Brief geschrieben; Spazia'n liiü fäd‘n?
Einen für mich,
Tua‘t aussi, tua’t äwi,
Einen für dich,
Zan guldinga‘ Haus.
Einen für Karl Friederich. G0.
Tuat schauii trai Mad‘l
338. Äaiis, zwäa, trai, via’, fini’, säiks, sieb‘m, Pan Feinste‘ hearaus.
Ächt, nain, zein, elf, zwölf, traizen. Ti ea‘schti is‘ puklat, 3)
Fäaren wia' näeh Waitzen, Ti zwaiti is’ plint,
Fäaren wia’ näch Pol‘n, Ti tritti is‘ sauwa', ‘)
'I'a' Gugug soll ti‘ hol‘n. Oe. Tei kriagt a kluaii‘s Kint. H.
:r0. Mäariug steh‘ i‘ fria. auf, 352- l‘) Woullt ‘s Wies'n, wea‘ maiü ‘äda‘ is‘,
Treiw‘ i‘ maini Kia aus. Woullt ‘s wiss‘n, wearya’ is' ?
Treiw‘ i’ s‘ iwa.‘ t‘ Wies'n, lllaiü Väda’ is‘ a Kupfa'schmied,
Fänga‘ s‘ auü zan pies‘n. Unt was a‘ siacht, tz°rs nimmpt a‘ mit.
Treiw' i‘ s‘ iwa‘n greana’ Wält, Hiatz wisst ‘s as, wen’ malt‘; \‘äda' is',
Singa‘ t’ Veig'l, jung und ält. Hiatz wisst ‘s as, wearva‘ is‘.
Pin i‘ nieda’g‘söiss'n, b) Woullt "s wiss'n, wen’ maiü Muida‘ is',
Bäti Pia‘l g‘göiss’n, Woullt ‘s wiss‘n, wea‘ si is‘ ?
Räti Pial, Kimm‘lluaut. h‘laiii Muida’ fluigt pan Rau‘fzing aus,
Wen‘ wia't t‘ scheiui Praut‘? Mit Sehmälz unt Aija’ kimmt si z‘ Haus.
I‘ ouda tu? Hiatz wisst ‘s es, wen‘ maiii Muida‘ is',
Ti schöinsti Praut pist tut L. Hiatz wisst ‘s as, wea‘ si is‘.
v) Woullt ‘s wiss'n, wea' maifi Pruida‘ is',
351. P21 da‘ Wischpänk, pa da‘ Waischpiink, 1) Woullt ‘s wiss‘n, wearya‘ is’ ?
Pa da.’ Tuna'loncka‘, ’) l\vlaiü Pruida' fäa‘t mit an Heuss aus,
Tä sitzt a schaiüs Mädal, Mit sirn‘ unt ächti kimmt a’ z‘ Haus
Tuit Pliamal ‘) proucka'.‘) Hiatz wisst ’s as, wen‘ mair'r Pruida‘ is‘,
Wäs prauchst ta‘ teis Pliamal‘? Hiatz wisst ‘s as, wearya‘ is‘.
Zan Kuisal fuita’n.
d) Woullt ‘s wiss‘n,wea’maifiSchwüista'is’,
Wäs prauchst ta‘ te's Kuisal?
Zan l\lülli mölla'. 5) Woullt ‘s wi>s‘n‚ wen‘ si is’?
Wäs prauchst ta‘ töi Mülli? Maiii Schwäista.‘ sitzt in Zimma‘ z‘ Haus
Zan Puda’ ä‘ria‘n. Unt reicht in Äa'seh pan F6iiis1a' aus_
Wäs prauchst ta‘ teiü Puda’ ‘? Hiatz wisst‘ s as, wea‘ maiü SchwC-ista‘ is‘,
Zan Tutt’l auiischmia’n. Hiatz wisst ‘s as, wea‘ si is‘.
Wäs prauchst ta‘ teis Tutt‘l? e) Woullt. ‘s wiss‘n, wen’ i‘ sölwa.‘ piii,
Zan Kinda’ zicht‘n.“) Woullt ‘s wiss‘n, wen’ i‘ phi?
Wäs prauchst ta‘ tei Kinda‘ ? l’ piü ta‘ Pruida‘ Liadala,")
Zan Äa‘wat richt'n. l‘ piü ta‘ Pruida’ Fink.
Wäs prauchst ta‘ tei Äa'wat? Unt wauii i‘ ‘s Gült va‘saufl‘n häh‘,
Zan Leib'm unt Stea’b'm. H. Geh’ i‘ zan l’rnmm unt trink. A.
‘) Waschhank wird die Bank genannt, auf welcher im Buche durch die Frauen beim
Schwemmen die Wäsche gepleut wird. Wischhank bildet mit Waschbank jedenfalls nur ein
Wortspiel. — ’) Tuna =— Donau; die Donau wird hier eine Lache genannt. — 3) Blümchen.
— ‘) procken = pflücken. —— l‘) melken. — t") züchten, aufziehen. — 7) Liederlieh.
Kinderreime und Kindersprüche aus der Iglauer
Sprachinsel.
Von Prof. Franz Paul Piger, Iglau.
Gespielen, sie sind fünf Knechte, die auch zu essen bekommen müssen‘)
Schon in der Wiege macht die Mutter das Kind mit diesen seinen
Kameraden bekannt, und die Kinder müssen wohl Alles ernsthaft
nehmen, denn ihr Lachen klingt gar so herzlich.
Reigen- und Spiellieder getraue ich mich nicht zu trennen, denn
viele Spiele waren und sind mit Reigentänzen verbunden’) Sicher
ist, dass das, was heute die Kinder auf ihren Spielplätzen spielen und
singen, einst von Erwachsenen im Stadtanger oder unter der Dorflinde
gespielt und gesungen wurde“)
Spiel- und Reigenlieder sind zahllos über ganz Deutschland
verbreitet und überall haben sie ähnlichen Inhalt‘) Das Ziel des
Spieles ist ein Kuss oder es findet eine förmliche \Nerbung statt,
ausnahmsweise bestraft ein Bruder seine zu Falle gebrachte Schwester.
Bei den alten Schäferspielen mag es ähnlich zugegangen sein, »das
Schäfchen« empfängt kniend den Kuss. Es werden aber auch ernst
haftere Spiele aufgeführt. Der Scheerenschleifer übt seine grosse Kunst
aus; die Magd fragt sich beim Handwerker an, ob der aufgetragene
Gegenstand bereits fertig sei; eine Köchin sucht sich bei einer
»gnädigen« Frau zu verdingen u. s. w. Die Kinder spielen, was die
Erwachsenen thun; das Kinderspiel ist Bethätigung des Nachahmungs
triebes.
Sprechaufgaben werden gern in solchen Sprachen gestellt, welche
viele schwer auszusprechende, vocalarme Worte haben, wie dies be
sonders in slawischen Sprachen der Fall ist, oder in solchen Sprachen,
t) Im Italienischen sind sie eine Gesellschaft von Königen (Gorona dei re).
Czechische Kinder wissen auch, warum der kleine Finger so klein geblieben; er hat zu
wenig „Gasch“ bekommen.
’) Man erinnere sich, dass „Ball'l (Ballspiel) heute geradezu für Tanzunterhaltung
gebraucht wird.
»‘) Die fortschreitende Cultur begann sich immer mehr der kindlichen Spiele zu
schämen, und es ist sehr erfreulich, dass in dieser Beziehung eine Wendung zum Besseren
eingetreten zu sein scheint.
‘) Im Italienischen und Croatischen fand ich eine ähnliche Melodie beim Reigen
liede wie im Deutschen, z. B.:
Cordon', cordon' di San Francesco, Le signore a1 passeggio
La bella stella in mezzo, Passegiando momentino,
La fa un salto, la 1a un altre, Passegiando ancor an poco,
La fa riverenza, la fa penitenza, Le signore vanno al posto.
La chiude gli ochi, Im Croatischen singen die Kinder
La baccia, chi 1a roul. am Schlusse niederhockend:
Kolo, kolo, janca,
oder‘ Babinoga, janca,
Rosa, Hosella, Preko mosta tanca,
La rosa gia fiorita, “ Ako necete vi,
Bianca la rosa Cem_o mi cencelele.
In mezzo dei fior‘; Italienische Kinder führen den
Fate la riverenza Sprung, die Verneigung, das Augen
A chi, ehe volete (voi). schliessen u. s. w. auch wirklich aus.
40
28 Pigei‘.
l) Im Italienischen fand ich einen solchen Schutzspruch, der wie ein Kettenreim
aussieht:
Questo libro e di carta, Se questo libro si perdesse,
Questa carta son (e) di cenci (Hadern), II mio nomc ei (cgli) sapesse.
Questi cenci son di lino, Per morir io son nato (a),
Questo lino e di terra, Francesco (a) son chiamato (a).
Questa terra e di Dio,
Questo libro e sempre mio.
1) Ueberhaupt erregt Schwerhörigkeit Ungeduld, und es gibt da manche Antworten
auf eine Frage des Nichtverstehenden, die aufgezeichnet zu werden verdienen. In unserer
Sprachinsel sagt man: „Der Pfarrer predigt nur einmal‘; in Tirol hörte ich: ‚Dem Müller
sagt man's zweimal‘. Auf „Wer?“ antwortet man ‚Der Bär‘ u. s. w.
Kinderreime und Kindcrsprüche aus der lglauer Sprachinsel. 29
1) Wer‘ erinnert sich nicht an das Ovidische: Et tuba terribili son_itn taratantara „dixit“ ‘.’
2) Der Sommer ist der eigentliche Gegensatz zum Winter, der Frühling ist wie der
Herbst nur eine Uebergangszeit. Unsere Bauern sagen wie in Oberösterreich, wenn es
Frühling werden will: „Es geht nach auswärts.“ Es kommt aber auch schon das Hauptwort
der Auswärts = Frühling vor; das Wort Frühling oder Lenz gebraucht unser Bauer nicht.
30 l’iger.
Auszähllieder.
Eni daka Ene bene tanke funke
Bonn knacka Rabe schnabe tippe tappe
Cetrum petrum Käse nappe ulle pulle
Pull‘a knacka Boss ipp app aus!
Stutz! Du liegst drauss'. ‘)
Enge denge
En den dinus
Dichi dache
Maua ragga dinus
Sponner krache
Maua ragga dikkedei
Sim pimm
Eia baia humml‘)
Parla put'l'!
En den dine
Eggete meggete
Mann ragga diggedei
Zucker di be
Dai dai wampus! Abel fabel domine
Etz petz
An ten titsch
Eine dicke grosse Maus,
A10 male pritsch (priä). 1)
Du bist drauss.
Andere wandere Eniki beniki Zucker me
Po pasy (auf der Weide) Dibl dabl domine
Zittere welky Tomasy (grosser Thomas) Enzlstocl: (‘i’) dibldock
Aus paus hinteuaus, '
Eins zwei drei. °)
Drauss‘. a)
Enkati benkati
Anton Totion Zucker di be
Siwi siwi kopion Aber über domine
Backe rakka Ex press
Wia waia weg. Du bist drauss.
10, 20, 30 1, 2, 3
Mädchen, du bist fleissig; Pickelpana bei
40, 50, 60 San mir drei Kinder g'storb‘n.
Mädchen, du bist prächtig; Ans liegt unterm Tisch,
70, 80, 90 Ans liegt oberm ‚Tisch,
Mädchen, du bist einzig; Ans liegt hinterm Tisch,
100, 1000, Million, Kummt die Katz‘ und frisst an Fisch,
Mädchen, dir gebührt ein Thron. ') Kummt der Messner ’) mit der Toschen,
Haut d‘ Katz‘ über d‘ Goschen,
Anton Zitrion, Die Katz‘ macht miau,
Fahr' mit mir ins Engelland. Der Pelaz (Pelz) is scho grau.
Engelland ist zugeschlossen,
Der Schlüssel, der ist abgebrochen. Der Hahn lauft af Gassen,
Drei Pferd in einem Wagen D'Henn‘ will nit rasten,
Muss man mit der Peitsche schlagen. Boss will kau Haber fressen,
Schlagst du mich, Muss man lauter Gerste dreschen.
Schlag ich dich, Ei, du alter Giggersgaggersgoggersmo.‘)
Du bist aus!)
Andre wandre schlag‘ mi nit,
Eigerl weigerl
Kraut und Ruhen mag i nit,
Wisst und hear
Kleine Fischlein ess‘ i gern;
Sagt man, sagt man,
Darf i nit vor meinem Hearrn.
Der ist der.
Kikerihohn, spring‘ davon;
Ei, du alter Gigges Gigges Mon.
1, 2, 3, 4, .5, 6, 7
Ich muss bei der Wiege knien,
Muss ich singen husch, husch, husch, Ich und du,
Kleiner Bünggel, halt die Gusch. Nachbars Kuh,
Müllers Esel,
Der‘ bist du.")
1, 2, 3
Um a Schüberl Heu,
1,2,3.....13
1, 2, 4
Du gehst nach Weizen,
Um a Glas Bier,
Du gehst nach Korn,
1, 2, 5
Du legst dich hint’ und vorn.
Um a Paar Strümpf,
E, D, Speck,
1, 2, 6
Du musst weg.
Der Galgen ist schon g'setzt,
1, 2, 7
Der Galgen ist schon g'schrieb‘n, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7
1, 2, 8 Helfet mir den Schuber zieh‘n.
Der Galgen ist schon g'macht, Wo denn hin?
l, 2, 9 Nach Berlin,
Der Galgen g‘hört der dein. Wo die schönen Madeln bluh'n.°)
Wiegenlieddr. '
(Zur Einschläterung.)
Heini poppeini popella Heidel, puppeidl, puppaidi.
Hab‘ mer kau Wein im Keller, D‘ Vögala singa im Waidi,‘)
Hab‘ mer kam Wein, so hab‘ mer Bier. D’ Vögala singa im grünen Gras,
Dass mei Katherl trinkt mit mir. Bringa dem Hansal an süssen Schlaf.
Heia puppaia Annamirl, Butterschmierl,
‘s Katzerl sitzt beim Feuer, Komm mit mir in Keller,
Kommt a stutzats Hunderl da, Um an Wein, um a Bier,
Beisst dem Katzerl ‘s Füssl a. Um an Muscateller.
Heia puppaia, was krappelt im Stroh? Muscateller trink i gern
Gänserln sei barfuss und haben keine Und mei Katherl hab’ i gern.
Schuh‘;
Buhlein schlal‘.
Der Schuster hat Leder, kau Lasterl dazu,
Dei Vater hüt' die Schaf,
Drum kann erniuht machen den Gänserln
Dei Mutter hul‘ die Lämmelein
die Schuh?) Auf dem grünen Rängelein (Rain),
Heia puppaia die Gaschen") ist gut, Büblein schlat’,
Wenn man Zucker und Höni (Honig) Dei Vater hat’ die Schaf.
drein thut;
Schlaf, Kindlein, schlaf,
Zucker und H6ni und Mandelkern
Dein Vater ist ein Graf,
Hat unser Hansi gern.
Dei Mutter ist a Bauerndirn‚
Stieglitzerl, Stieglitzerl, Will Stub‘n und Haus nicht auskührn.
Das Zeisgerl (Zeisig) ist krank.
Geh'n wir zum Bader, Schlaf, mein Kindlein, schief,
Lass mer ‘in zur Ader. Dein Vater ist ein Graf,
Stieglitzerl, Stieglitzerl, Dei Mutter ist a stulze Dirn,
Das Zeisgerl ist krank. Will die Stub‘n nimmer kührn!
5*
36 Piger.
Der Spatz sitzt auf der Rinnen, Mutter nimm den Flederwisch,
Ruft alle Dieben z'samm’: Mach‘ dem Hansl an Federbusch.
Hier lasst sich nichts gewinnen, Hansl itzt kannst reiten,
Wir ziehen ins Böhmerland. A Reiter kannst sehe wer‘n.
Wir lassen uns nicht schrecken Unser Knecht hasst Hans],
Vom wilden Böhmerwald; A Reiter will er wer‘n.
Er kann uns wohl bedecken, Er hat ja kanen Säbel‚
Im Winter, wann’s ist kalt. Er kann noch kaner wer‘n.
Wiegenlieder.
(Zur Gliederhezeichnung.)
l) Aehnliche Wiegenlieder, die die Ausrüstung des Bübleins als Reiter schildern,
kommen auch anderwärts vor. In Niederösterreich wird ähnlich: „Unser Bua der Veitl“
und in der Schweiz: ‚Unser Bruder Melcher“ ausgerüstet. Vergl. Moses, Ztschr. f. österr.
Volkskunde III, S. 179 ff.
') Den derben Ausdruck scheuen selbst die Mütter nicht. Die Fingerbezeichnung
ist im Italienischen folgende: Pollice, indice, medio, anolare ed il mignolo.
a) Im Czechischen heisst es ähnlich:
\'al‘ila myäka. kaäiöku * (Die Maus hat Gasch gekocht
Na zeleneäm randliöku; Auf einem grünen Reindl (Terrine),
Komu dala, Wem sie es gab, dem gab sie es,
Tomu dala, Der Kleine (Finger) erhielt nichts,
Ten malinki nie nedoslal. Drum blieb er so klein.)
Proto tak malinlnfm züstal.
38 l’iger.
Es kommt ein Mann aus Linnerfee, alle Hände gesenkt, wird die Vorsprechende
Kaiser mit Pilatus. Königstochter.)
Was will der Mann aus Linnerfee?
Kaiser mit Pilatus.
Ich will die jüngste Tochter haben. Wo bist du denn gewest‘?
Kaiser mit Pilatus. Auf der braten Strassen.
Was will er mit der jüngsten Tochter Wen hast dort gesehen?
machen? Unsern Herrgotten.
Kaiser mit Pilatus. Was hat er getragen?
Ich will ihr einen Mann verschaffen. A Körhal (Körbl).
Kaiser mit Pilatus. Was hat er denn drina’ g‘haht?
Was soll das für ein Mann wohl sein? A Semmel.
Kaiser mit Pilatus. Hat er dir a davon geben?
Es soll der römische Kaiser sein. Ja!
Kaiser mit Pilatus u. s. w., z. B. Graf, Hat's dir g‘schmeckt?
Schuster, Lehrer, bis alle mit einem Ja!
Manne versehen sind. Was hast denn g‘sagt?
Vergelt's Gott!
Was hat er denn g'sagt‘?
Bei der Letzten heisst es:
Segne ‘s dir Gott!
Was will er mit der alten Schachtel (Der Fragende macht beim Fragen
machen‘? allerlei Grimassen und sucht Jeden zum
Kaiser mit Pilatus. Lachen zu verleiten. Wer lacht, wird ein
Ich will ihr einen Mann verschaffen. Teufel, wer nicht lacht, ein Engel. Am
Kaiser mit Pilatus. Schlusse stellen sich sowohl die Teufel als
Was soll das für einer wohl sein? die Engel, die Einen links, die Anderen
Kaiser mit Pilatus. rechts auf, indem sie einander die Hände
Es soll ein rechter Haderlump sein. reichen, und suchen sich gegenseitig in das
Kaiser mit Pilatus. l) andere Lager hinüberzuziehen.)
l) Statt Linnerfee hört man auch Ninive und auf dem Lande Linnerl'eld, statt
„mit Pilatus‘ „Fifilatus“. Ueber dies alte Gesellschaftsspiel vergl. Bolte, Ztschr. f. Volks
kunde IV. S. 181 ff. Auf dem Lande wird die Tochter nicht so gutwillig herausgegeben.
Es entspinnt sich folgendes Zwiegespräch:
Die jüngste Tochter geben wir nicht. Kaiser mit Pilatus.
So schlagen wir euch die Fenster ein. Kaiser mit Pilatus.
So holen wir die Polizei. Kaiser mit Pilatus.
Die Polizei, die nützt euch nichts. Kaiser mit Pilatus.
Wir stecken euch das Haus in Brand. Kaiser mit. Pilatus.
So nehmet euch die Tochter hin. Kaiser mit Pilatus.
2) Vielleicht verstümmelt aus „von wannen“.
Kinderreime und Kindersprüche aus der Iglauer Sprachinsel. 41
Kettenreime.
Eins, zwei, drei, Wann mer stehen bleiben,
Alt ist nicht neu, Schrei‘u wir ocha!
Neu ist nicht alt, Waun's nimmermehr geht.
Warm ist nicht kalt,
Fledermaus kriech ins Haus,
Kalt ist nicht warm, Bring mir Brot und Butter ‘raus.
Reich ist nicht arm,
Brot und Butter gib i Drescher,
Arm ist nicht reich,
Drescher gibt mir Hafer,
Ein Buckel ist nicht gleich,
Hafer gib i der Sau,
Ein Buckel ist nicht Brot,
Sau gibt mir Borsten,
Ein Wagen hat vier Rad,
Borsten gib i dem Schuster,
Vier Bad hat ein Wagen,
Schuster gibt mir Schuh’,
Singen ist nicht sagen,
Schuh‘ gib i der Braut,
Sagen ist nicht singen,
Braut gib mir Kränze],
Tanzen ist nicht springen,
Kränzel gib i dem Pater,
Springen ist nicht tanzen.
Pater gibt mir Bildl,
Floh‘ sind keine Wanzen,
Bildl gib i dem Vater,
Wanzen sind keine Flöh', Vater gibt mir Kreuzer,
Hund‘ sind keine Reh’,
Kreuzer gib i dem Bäcker,
Reh’ sind keine Hund’,
Bäcker gibt mir Wecken,
Der Kranke ist nicht g'sund,
Wecken gib i dem Brünnl,
Der G’sunde ist nicht krank,
Brünnl gibt mir Wasser,
Ein Stuhl ist keine Bank,
Wasser gib i dem Teich,
Die Bank ist kein Stuhl,
Teich gibt mir Fisch,
Kraut ist keine Bub'n,
Fisch verkauf i,
Eine Bub’n ist kein Kraut,
‘s Geld versaut i,
Unser Dirn ist a Braut,
Lauf nacket (nackend) zum Thor hinaus.
Braut ist unser Dirn,
Aepfel sind keine Biru', Mein Vater hat ein Haus gekauft,
Birn’ sind keine Aepfel, Bei dem Haus war ein Garten,
A Muss ist kein Tröptl, In dem Garten war ein Baum,
A Tröpfl ist kein Mass, In dem Baum war ein Lech,
A Krug ist kein Glas, In dem Loch war ein Nest,
A Glas ist kein Krug, In dem Nest war ein Ei,
Saufen thun mer g‘nug, In dem Ei war ein kleiner Papagei. 1)
Eine weisse Taube flog über das Haus. Was macht er mit dem Geld ?
Wo ist das Haus‘? Was macht er mit dem misemause Geld ‘3'
Das Feuer hat es verbrannt. Da kauft er sich ein Pferd.
Wo ist das Feuer? Da kauft er sich ein misemause Pferd.
Das Wasser hat es gelöscht. Was macht er mit dem Pferd‘?
Wo ist das Wasser‘? Was macht er mit dem misemause Pferd?
Das Wasser hat die Kuh gesoffen. Da zog er in den Krieg,
Wo ist die Kuh‘? Da zog er in den misemause Krieg.
Die Kuh hat der Fleischhacker geschlachtet? Was macht er in dem Krieg‘?
Wo ist der Fleischhacker? Was macht er in dem misemause Krieg ‘.’
Der Fleischhacker sitzt auf einem hohen Da schossen sie ihn todt,
Thurm Da schossen sie ihn misemause todt.
Und schreit dreimal ki, ka, kn,
Das ist der Bauer,
Der grösste Esel, der bist du.
Das Leben wird ihm sauer,
Es war einmal ein Mann, Sauer wird ihm das Leben,
Es war einmal ein misemause Mann. Der Weinstock hat drei Reben,
Der hatte eine Katz‘, der hatte eine Katz‘, Drei Reben hat der Weinstock,
Der hatte eine misemause Katz. Das Kalb ist kein Ziegenbock,
Was macht er mit der Katz‘ ‘.’ Kein Ziegenbock ist das Kalb,
Was macht er mit der misemause Katz‘ ‘:‘ Meine Predigt ist halb,
Er zog ihr ab das Fell, Halb ist meine Predigt,
Er zog ihr ab das misemause Fell. Mein Bauch ist noch ledig,
Was macht er mit dem Fell‘? Ledig ist mein Bauch,
Was macht er mit dem misernause Fell‘? Mein Mütz‘l hängt im Rauch,
Er macht sich eine Tasch', Im Rauch hängt mein Mütz'l,
Er macht sich eine misemause Tasch’. Mein Bruder heisst Fritzl,
Was macht er mit der Tasch'? Fritzl heisst mein Bruder,
Was macht er mit der misemause Tasch“? Die Maus ist ein dumm‘s Luder,
Da gab er ’nein das Geld. Ein dumm‘s Luder ist die Maus,
Da gab er ‘nein des misemause Geld. Meine Predigt ist aus. 1)
Schaltnachahrnung.
Komm‘ her zu'mir Sie kommen schon, sie kommen schon.
In mei Quartier, Was werden's machen, was werden's
Komm‘ her zu mir, machen?
Ist schön bei mir.
Fressen und saufen.
(Friedhofsglocke.)
Wer wird's zahlen ‘.’
Gingang. Gingai, Die Bauern, die Bauern.
Geh‘ ham, trink Wei, (lglauer Glocken.) ')
Leb‘ long, stirb glei,
Trink‘ kau Branntwei.
Gross und kla
Oder : Kommt’s zur Gma (Gemeindesitzung).
Lang g'lebt, (Das Glöcklein am Bathhause zu _Stannern.)
G’schwind g’storb'n;
Heut‘ i, Stampt‘s Gieffer (stampft‘s Pfeiler),
Morgen du. Stampt’s Gfetler!
(Sterbeglöckleim) (Ein anderes Glöcklein in Stannern.)
Als wir von hier flogen, war die Scheuer Fünf, fünf lederne Strümpf,
voll, war die Scheuer voll; Eins davon, bleiben vier.
Als wir wieder kamen, fanden wir (Trommelvers.)
nichts vor, fanden wir nichts vor. ’)
(Schwalbe) Wenn der Thurner früh aufsteht,
D‘ Flaschen Wein am Tisch schon steht,
Lobet Gott ! Bratl in der Röhr'n (Ofenröhre),
Danket Gott ! Dös hat der Thurner gern.
(Wachtel.) (Beim Blasen des Thürmers.)
Sprechaufgaben.
Fischers Fritze Drei driedoppelte Ducaten.
Fischte frische Fische,
Frische Fische Zwei zwieg‘spitzte Zwetschgen.
Fischte Fischers Fritze.
Wir Wiener Wäscherweiber
Der Tiroler thut mit der Tirolerin Wollen weisse Wäsche waschen,
Am tirolischen Boden tirolerisch tanzen!) Wenn wir wüssten,
Die Katz läuft über d‘Spz'ih’. Wo weiches, warmes Wasser wäre.
D’ Späh‘ sei b’sehissen,
B'schissen sei d‘Späh'. In der pimpampolischen Kirche
Da geht es pimpampolisch zu,
Sechsundsechzig Schock sächsische Da tanzen die pimpampolischen Ochsen
Schuhzwecke. Mit der pimpampolischen Kuh.
Hinter'm Hirteuhaus hängen hundert
Es ritten dreiunddreissig: Reiter über
Hasenhäutla.
die Prager Brücken
Hinter Handelhof hängen hundert Und jeder hat ein gebratenes Reh auf
Hasenhäutla himmelhoch. seinem Bücken’)
Bücherschutzsprüehe.
Dieses Büchlein ist mir lieb, Liebes Büchlein lass dir sagen,
Wer mir's stiehlt, der ist ein Dieb, Wenn dich Jemand will vertragen,
Wer mir's aber wiederbringt, So sage du in guter Bub:
Der ist ein guter Christ, 3) Ich gehöre dem N. N. zu.
Der ist mit‘ lieb.
Gelegenheitsverse.
Es regnet, Herrgott'n i’) sein Kuh,
Gott segnet. Flieg auf, flieg auf!
(Beim Regen.) Heut und morgen wird's schön sah.
Katharein, sperr d‘ Hühner ein Wir fahren. wir fahren auf der schnellen
Und den Hahn lass draussen; Post,
Gib ihm gute Wort, gib ihm gute \\'nrt Wo‘s nur zwei Kreuzer kost.
Und a bissl z'saufen. Wir fahren, wir fahren ins Klösterlein,
Wo die hübschen Mädeln sein.
Hut! hut!
(Während man das Kind auf dem Knie
Der Hirt hat sein Weib verlor‘u,
schaukelt.)
Hintheraus im Sommerkom.
Helft‘s ihm suchen. So reiten die kleinen, kleinen Buberlein
Kriegt’s a Stück] Kuchen, Wenn sie noch klein und winzig sein;
Helft's ihm schleppen. Wann sie grösser wachsen,
Kriegt's a Stückl Flecken‘) Reiten sie nach Sachsen,
(Beim Blasen des Hirten zum Austreiben
Reiten in das Königsschloss‚
des Viehes.) Dort schiessen sie Pistolen los.
D’ Schneiderin theilt Orbers (Erbsen) auf. Piff, pufl', pafl'!
D‘ Orbers san hass, (Ebenfalls beim Reiten auf den Knien ge
Der Schneider wirft d‘ Nadel weg sungen.)
Und stolpert über d’ Gassfi)
l sag dir weis:
Die Gass hat zwa Hörner.
Am Kopf hast Linus‘Y
Der Bock‘) hat vier Füss‘,
I sag dir wahr:
Der Schneider leckt umadum
Am Kopf hast Haar‘.
's Loch ist recht stiss.
l sag dir was:
(Bezieht sich auf die }ewohnheit der
Die Hand hast nass.
Schneider, beim Einfädeln in das Nadelloch
(Beim letzten Worte spuckt man auf die
den Zwirn in den Mund zu nehmen und mit
dargereichte Hand.l ‘)
den Zähnen zuzuspitzen)
‘) Spottverse, welche Knaben und Mädchen einander zum Trotze singen, sind wohl
überall gebräuchlich. In Tirol sagt man:
ltzt läutets Mittag.
Mit da Heara (Herren) ins Grab,
Mit da Buaba (Madla) ins Wirthshaus,
Mit da Media (Buaba) ins Sch . . . haus.
') Diese Spottverse können auch als Auszäbllied benützt werden.
J‘) Infolge der Buthenstreiche.
48 Piger.
Ein Montagskind ist hübsch und fein, Der Thurm, der ist hoch,
Ein Dienstagskind wird liebenswürdig sein, Der Bauchfang hat a Loch,
Ein Mittwocbkind hat Weh und Leid, Die Hebamm‘ ist ka Koch,
Ein Donnerstagskind kommt in die Ferne weit, So reimt sich das zusamm’.
Ein Freitagskind hat ein grossmüthiges Herz
Was ist zwischen Berg und Thal ? (Und) ‘)
und offene Hand,
Ein Samstagskind stets Arbeit und Mühe fand: Was geht auf die Weide und breitetTeller
Doch ein Kind, das am Sanntag das Licht aus? (Die Kuh.)
der Welt erblickt hat, ist gut und schön
und mit liebenswürdigem Herzen. Was liegt unter der Bank, und wenn man’s
angreift, so schreit's? (Die Katze.)
Hast mei‘ Gäns in Habern trieben,
Treib sie. wieder aussi! Wer geht auf dem Kopfe in die Kirche‘?
Hast bei meiner Schwester g‘schlafen, (Der Schuhzweclt, Schuhnagel.)
Pack di aus dem Hausi. Wer hat ein roth Büchlein an und ein weiss
Aus dem Hausi pack (i) mi nit, Kapperl auf? (Das Bier im Glase.)
Bin noch jung und heirat nit.
Was geht in den Wald und schaut nach
Itauchfang, Thurm und Hebamm'. Hause zu‘? (Die Hacke auf der Achsel
Wie reimt sich das zusamm‘ ‘? des Tragenden.)
Festsprüche.
Gregori, Gregori, Der Fähnrich:
Die Bummer (Buben) sein norri, Ich bin Fähnrich vom Regiment,
Die Madlan sei gar nit g'scheit, Ich werde so genannt,
Schenkt‘s mir was, ihr Teuxelsleut. Das: mhh Jeder'gleich kennen kann
(Kürzerer Spruch beim Gregorilaufen in An meiner schönen Kriegsfahn‘.
der Stadt.) Zur Fahne müssen Alle schwören.
Gregori, Gregori ! Drnm soll auch keiner desenter‘nl
Kommt her, ihr lieben Schülerlein,
Der Corp oral:
Kommt in unsere Schul‘ hinein.
Der desentert, der ist nicht brav,
In unsere Schul‘ werden wir einführen, ’)
Der verdient gleich eine Straf'.
Gottes Wort werden wir studiren,
Der einmal zehne 5) kriegt,
Studiren, studiren mit grossem Fleiss,
Der ist kein braver Mann;
Christliche Tugend werden weisß) Macht er ihm noch nichts daraus,
Euren Eltern wird Gott geben
So klopft man ihm den Hintern aus.
Grosses Glück und langes Leben.
Macht euch auf die Strasse, Der Säckelwart: ‚
Zieht mit mir dahin. Mein Geldbeutl thut sich auch aufmachen,
Lasst euch die Sachen nicht reuen‚nicht rauen 1 Fangt ganz freundlich an zu lachen,
Dass wir haben den besten Gewinn Wenn Herr und Frau möchten so gütig sein
Und einen Zegger‘) voll Eier kriegen. Und etwas spendiren drein.
(Grösserer Spruch beim Gregorilaufen (Spruch beim Gregorilaufen auf dem
in der Stadt.) Lande.)
Heut trug’ ma den Todten aus, Wenn sie will den Sommer schau'n,
Mitten in der Fasten, So geh’ sie her und schau ihn an.
Kits’ und Brot im Kasten, Er steht auf dieser Erden,
Scmmelein im Körhelein, Er kann nicht schöner werden.
Eier sollen dabei sein.
Und geht's uns nichts in Korb hinein,
So soll enk's Hemd am Arsch ankleben. Der Herr hat einen grünen Wald.
Klebe, Zebo, klebt enk's Hemd am Arsch o! Die Vöglein singen, jung und alt.
(Beim Todaustragen in Mitttasten.) Sie singen über die Massen,
Gott. wird euch nicht verlassen.
l) Der Todte ist selbstverständlich das Bild des Winters, der dem Sommer Platz
machen muss.
2) Bei ungünstigem Erfolge der Bitte.
_ J) Der Sommerbaum ist das Symbol des kommenden Sommers. Auch hier ist das
Herschen der Gaben die Hauptsache und wohl der Grund, dass sich der Brauch erhalten hat.
Kinderreime und Kindersprüche aus der lglauer Sprachinsel. 51
Sommer; W i n t e r.
Sommer. du loser Bauer,
Wann es kommt um St. Margarethitag,
Du machst den Fräulein, jung und alt,
Da führ' ich Schnitter in das Feld,
Milch und Molken sauer,
Da lass‘ ich schneiden Weiz' und Korn,
Du machst die Fräulein ganz träg und faul,
Der Wein ist gebauet an,
Bist selbst ein Halunk‘, halt’ nur dein Maul,
Ein Jeder sich erfreuen kann,
Mein Bart ist ehrenwerth.
flach‘ manchen reichen Mann.
S 0 m m e r.
Winter. Winter, schimpf" mich nicht so sehr,
Ich will dir es beweisen, mit deinen Ohren
Wann kommt die Fasching heran.
Da hach (back) ich mir fette Krapfen anzuhör'n,
Jetzt will ich dir nichts mehr wachsen lassen,
Auf meiner kupfernen Pfann'
Der Hunger wird dich schon ergreifen,
Und schlecht‘ dazu ein fettes Kalb.
Das wirst du wohl erfahren.
Sommer, sei du mein Knecht, ich gib dir
das Halb‘ W i n t e r.
Und nimm bei mir Dienste an. Was liegt mir an dem Zuwachs;
Wann kommt die lange Nacht,
Sommer. Da spinn‘ ich mir auch meinen guten Flachs,
Da kann ich verkaufen blass dir zu Trutz,
Winter, das lass ich bleiben,
Mit Geld füll‘ ich mir meinen Beutel an.
Alle Worte, die du redest,
Greifen mir in das Herz hinein. S 0 m m e r.
Alles, was du hast, das hast du von mir; Winter, jetzt hast du bei mir aus,
Dasselbe hab’ ich dir geben Ich sag‘ dir's mit einem Wort,
Und soll noch dein Knecht sein ? Pack dich bald aus meinem Haus,
Ich will dich werfen hinter den Zaun,
Winter. Dein‘ grauen Bart will ich dir raufen aus,
Meine Sonne wird dich ganz verzehren.
Sommer. sei du nur mein Knecht.
Ich esse viel bessere Speisen als du, . Wi n te r.
Sie werden auch dir sein recht. Summer, das thu‘ mir nicht,
Schweinefleisch und Klotz (Klösse), ich will mich dir untergehen,
Davon wirst du bei mir zu fressen haben, Will leben nach deiner Pflicht,
Macht manchen braven Mann. Sei du mein Herr und ich dein Knecht,
So werden wir allzeit haben recht,
Sommer. Darauf gib mir die Hand.
Winter, du loser Gesell‘, S 0 111 m e r.
Du jagsl die Fräulein, jung und alt, Verzeihen will ich dir wohl,
Hinter den Ofen und hinter die Hell‘, ') Du musst dich nur verhalten (zurückhalten)
Du machst den Fräulein bald dies, bald jenes, Und musst nicht tragen einen Groll
Bald machst du ihnen einen Tropfen an der Und musst auch nicht so leichtfertig sein.
Nase, Jetzt hilf mit‘ ein Liedlein singen
Da machst du ihnen eine grosse Schande. Dem höchsten Gott zu Lob und Ehr‘.
D"' amnurr;ermr
Professor um Stuntsgymnnsium in (‘n'3rz.
090
Wien 1904.
Verlag des Vereines für österreichische Volkskunde.
Kommissionsverlag: Gerold & Ko., Wien, i. Stephnnsplatz 8.
Buchdrnckcrui Holios, Wien.
Dem Andenken meines Bruders.
Vorbemerkung des Herausgebers.
Nach dem Tode des am 24. September 1897 — um mit den Worten
eines berühmten Grabverses zu sprechen — »in der Blüte seiner Jahre«
dahingeschiedenen Professors Dr. Franz Pomezny l) übernahm der Verein
für österreichische Volkskunde aus dem literarischen Nachlaß seines
hochbegabten Mitgliedes eine umfangreiche Sammlung von Grabschriften;
dieselbe wird hiermit im Auftrage des Vereines veröffentlicht.
Sie umfaßte etwa 700 lnschriften in zwei Gruppen, die eine in und
um Salzburg gesammelt, die andere im deutschen Nordmähren. Es galt
zunächst, dieses große Material zu ordnen; dabei wurden gleichlautende
lnschriften zu einer Nummer vereinigt, so daß die vorliegende Ausgabe,
trotzdem noch 150 von mir gesammelte lnschriften dazukamen, bloß
650 Nummern _zählt. Die von mir bei früheren Gelegenheiten’) für
Grabschriften geschaffene Einteilung in fünf Gruppen (der Tote in der
ersten, zweiten, dritten Person, Sentenzen, Kindergrab) wurde auch hier
durchgeführt. In einem »Anhang« wurden dann die übrigen lnschriften
gesammelt. ”)_
Schon Pomezny hatte, wie aus seinem Manuskript ersichtlich, die
Absicht, nicht bloß die Zahl der bereits vorhandenen Grabschriftensammlungen
zu vermehren, sondern für die von ihm gesammelten Verse Parallelstellen
in den existierenden Ausgaben zu suchen. Dieser wissenschaftliche
Standpunkt, den bisher keine Sammlung.r von Grabschriften aufzuweisen
hat, ist denn auch von mir eingenommen und durchgeführt worden
Es soll in der-vorliegenden Ausgabe durch genaue Orts— und Zeitangabe
(soweit beide möglich waren) sowie durch Heranziehung der einschlägigen
Literatur ") ein Beitrag zur Bestimmung der geographischen Verbreitung
und des Alters einzelner Grabverse und damit auch ein Maßstab zur
Abschätzung ihres Wertes geliefert werden.
;‘„ ‘) Vergl. den Nachruf im »Anzeiger der Zeitschr. f. österr. Volksk.« Oktober 1897.
'-’) Vergl. das Literaturverzeichnis unter »Petak«.
’) Vergl. das Inhaltsverzeichnis.
. ; ‘) Ein Verzeichnis derselben ist samt den angewendeten Abkürzungen dem
Text vorausgeschicl.t. Nur einige mit kleinen Beiträgen in Betracht kommende
Mitteilungen (wie Ankert, Jelinek, Sieger und andere) wurden in das Verzeichnis
nicht aufgenommen, sondern mit vollem Titel in den bezüglichen Anmerkungen
angeführt.
In diesem Sinne wurden solche Sammlungen in Betracht gezogen,
welche selbstgesammelte, beziehungsweise vorher nicht veröffentlichte
lnschriften bieten‘) Aber auch jene lnschriften, für welche sich keine
Parallelstellen fanden, meinte ich nicht ausscheiden zu sollen, teils weil sie
volkspoetischen Wert aufwiesen, teils weil möglicherweise bloß vorderhand
solche Parallelstellen fehlen, indem ja noch lange nicht alle Grabschriften
veröffentlicht sind; wie ich andererseits manchmal die von Pomezny
gesammelten lnschriften als Vertreter bestimmter Gruppen beibchielt,
obgleich ich sie bei Hörmann veröffentlicht fand.
Endlich noch ein Wort über die Anklänge an die Kunstpoesie.
Derartige lnschriften werden nicht gänzlich verbannt, weil hier — und
ich glaube, in diesem Sinne hat Pomezny in seine Sammlung soviel
Kunstpoesie aufgenommen —— sehr oft Umänderungen bekannter oder
noch nicht bekannter volkstümlicher Grabverse vorliegen oder manche
scheinbar volkstümlichen Verse sich als ungeschickte Nachahmung solcher
Kunstpoesie entpuppen werden. Jeder, der sich mit der Sache beschäftigt,
kann zum Beispiel beobachten, daß namentlich, je weiter man von Bayern
nach Norden vordringt, der Einfluß der Kunstpoesie um so größer wird.
Andererseits ist es auch nicht uninteressant, zu sehen, welche Dichterworte
der Gräberstimmung des Volkes am meisten zusagen (von so bekannten
wie »Es ist bestimmt in Gottes Rat« und ähnlichen natürlich abgesehen.)
Zum Zwecke der leichteren Übersicht werden die Parallelstellen gleich
unter den Fundorten in Klammern angeführt, während die Hinweise auf
einzelne Motive und ähnliche in die Anmerkungen gesetzt sind. Was hier
von Pomezny stammt, ist eigens bemerkt worden.
Pomezny scheint sich überdies mit dem Plane getragen zu haben,
den Gebrauch gereimter Grabschriften historisch zu untersuchen. Darauf
scheinen mir seine beiden folgenden Notizen hinzudeuten.
Bei Björnson (Arne) heißt es: »Die Tochter begruben sie, wo ein
Platz frei war auf dem Kirchhof; und dann erhielt sie einen schönen
Kopfstab, worauf ihr Alter und Namen stand, mitsamt einem Verse des
Kingo.«
Ein Gedicht von Matthisson 2) lautet:
Ich seh’ des Kirchhofs Bäume, Das Flittergold im Kranze
Der Gräber hohes Gras, An junger Bräute Gruft,
Wo ich so oft die Reime Im bleichen Vollmondglanze
Der Leichensteinc las; Ein Spiel der Sommerluft.
‘) Bezüglich der Sammlung Dresellys will ich gleich hier dem Vorwurfe
begegnen, daß eine Rücksichtnahme auf dieselbe meiner obigen Bemerkung wider—
spricht. Vielmehr ist es mir ganz gut bekannt, daß Dreselly in der Vorrede selbst
angibt, er habe auch eine passende Auswahl aus allen schon vorhandenen Ausgaben
getroffen und insbesondere die Totenbretter mit Bewilligung der Autoren v. Halm,
klein und Rieder herübergenommen; daß daher seine Sammlung mit Vorsicht zu
benützen ist. Sie wurde denn auch bloß dort von mir herangezogen, wo der
bayrische Ursprung gesichert schien.
*) Es ist die zehnte Strophe des Gedichtes »Die Kinderjahre«. Vergl. auch
desselben Dichters »Grablied« und andere Anklänge in ähnlichen seiner Gedichte
Es wäre eine dankenswerte Aufgabe, dieser kulturhistorischen Frage
nachzugehen; im Zusammenhang damit sollte auch die Grabpocsie bei
den Kunstdichtern dargestellt werden, von den Friedhofgedanken eines
Gryphius, Klopstock, Hölty, Matthisson und den selbstverfaßten Grabschriften
so mancher Poeten bis zu den Dichtungen von Rückert, Lenau, Leitner
und anderen.
Dann wird sich vielleicht herausstellen, daß es seit Jahrhunderten
eine spezifische Eigentümlichkeit des deutschen Volkes geworden ist, die
Gräber mit Sprüchen zu schmücken; und es wird sich auch zeigen, zu
wieviel Nachdichtungen die Kunstpoesie Anlaß gab. Als Beispiel mögen
die schönen Worte Matthissons (Himmelsglaube) angeführt werden, welche
Pomezny als Beleg zu Hörmann l, S. 71 aufgeschrieben hat.
Kein Stundenschlag ertönt, kein Tropfen Zeit entflutet,
Daß nicht ein edles Herz um edle Herzen blutet;
Kein Abendstern erscheint, kein Morgenrot erglänzt,
Daß fromme Liebe nicht ein Grab umkränzt.
Niederösterreich.
6 lnschrlften.
Kaltenleutgeben (632), 633), (634), (635).
Vöslau (646), (647).
Oberösterreich.
9 lnschriften.
Lambach 21. '
Linz 218, 306, 326, 474, 547, (625).
Pfarrkirchen (bei Bad Hall) 77.
St. Florian (609).
Salzburg.
Ungefähr 600 lnschriften.
Anthering (bei Oberndorf) ungefähr 70 lnschriften.
Eugendorf (bei Seekirchen) 17, 70, 132, 280, 533, 589.
Cmigl (bei Salzburg) 196, 388, 580, 586.
Henndorf (bei Seekirchen) 17 (3mal) 70, (641).
Kothgumprechting (bei Seekirchen) (616).
Maria Plain (bei Salzburg) 282 (598).
Mattsee ungefähr 60 lnschriften. .
Morzg (bei Salzburg) 13, 16, 40, 62, 87, 99 (2mal) 119, 135 (2mal) 149, 150, 151, 162,
184, 222, 223, 239, 246 (2mal), 249, 265, 304, 345, 359, 411, 490, 542, 569,
S88, 590.
Niedernsill (bei Mittersill (606). _
Nußdorf (bei Oberndorf) 12, 16,33,‘ 34, 46 (2mal), 48, 69, 72, 86, 95, 125, 214, 219,
230, 233, 247, 248, 253, 270, 276, 316, 345, 363, 412, 448, 456, 481, 483, 570,
571, 584. _
Oberndorf ungefähr 125 lnschriften.
Salzburg Nonnberg 8, 287, 381.
Salzburg Nonntal 22, 175, 262, 279, 318, 333, 377, 405, 447, 462, 479, 511, S42, 546.
Salzburg Sebastian ungefähr 170 lnschriften.
Salzburg St. Peter ungefähr 60 lnschriften.
Seeham (am Trumersee) 27, 65, 73, 108, 117, 118, 124, 233 (2mal), 264, 277, 307, 404,
415, 416, 417, 422, 432,535. '
Seekirchen (608), (618). _ _
St. Gilgen (am Wolfgangsee) (645).
Ursprung (bei Salzburg) (611).
Zell am See (602).
*) Die eingeklammerten Ziffern beziehen sich auf lnschriften a‘us dem Anhang.
Von vereinzelten lnschriften aus anderen Ländern abgesehen, sind jene aus Nieder
und Oberösterreich, Tirol (Ories und andere), Kärnten und Küstenland von mir
gesammelt, die übrigen von Pomezny.
Tirol.
Ungefähr 40 lnschriften.
Aschau (im Zillertal) 17, 397, 497.
Brixiegg (600).
Fügen (im Zillertal) 17, 517 (599).
Gries (bei Bozen) 42, 43, 194, 201, 202,498 (einigemal), 501, 543 (einigemal), 575
(einigemal), 594 (642).
Maierhofen (im Ziilertal) 228, 568, 593.
Pertisau (am Achensee) (610).
Rattenberg 39, 312.
Schlitters (im Zillertal) (638).
Wuefen (im Pongau) 283.
Zell (am Ziiier) 497 (607), (637).
Zeusberg (bei Meran), (605).
Steiermark.
1 Inschrift.
Bruck (an der Mur) (644.)
Kärnten.
103 inschriften.
Grafenstein 6, 496.
Klagenfurt (Friedhof St. Rupprecht) 7 (2mal), 18, 19, 79, 88, 128, 139, 164, 207, 209,
237, 244, 292, 295, 344, 348, 349, 352, 371, 422, 425, 484, 470, 471, 473, 482,
491, 499, 503, 508, 534, 540, 553, 557, 560 (631).
Maria Rain (im Rosental) 97, 221, 425.
Maria Saal 15, 147, 213, 301, 346, 350, 367, 433, 499, 505, 512, 513, 525, 530, (617),
(622), (623).
Raisach (im Gailtai) (613).
Schiefling (am Wörthersee, bei Velden) (643), (648).
Sternberg (bei Veiden) 104, 428, 480, 535, 539, 545, 549 (2mal), 552 (2mal), 558 (2mal),
559, 561 (2mal), 562, 563 (2mal), 565, 566, 590.
St. Ruprecht im Moos 303, 311.
Tainach 41, 76, 78, 88, 141, 200, 284, 309, 365, 475, 521, 549 (2mai).
Ohne Ortsangabe 14, 184, 373, 437, 541.
Küsteniand.
9 inschriften.
Oörz 59, 112, 138, 140, 148, 299, 469, 582 (626).
Böhmen.
4 lnschriften.
Grün 71.
Haibuhl 47.
St. Katharina 410.
Weckelsdorf 244.
Mähren.
\
Ungefähr 60 lnschriften.
Domeschau (bei Sternberg) 10, 26, 54, 370, 418, 457, 458, 515, 549, 550, 551, 579.
Oiebau (bei Sternberg) (620).
Olmütz 113(2ma1), 145, 183, 184, 208, 210, 234, 246, 271, 343, 391, 402, 403, 423, 446,
452, 514, 524, 574.
Römerstadt 569.
Schnoboiin (bei Oimütz) 9, 10, 29, 67, 111, 137, 142, 143, 144, 176 (3mal), 308, 369,
403, 404, 494, 507, 509, 523, 554 (2mai), 578, 577, 597 (621).
Sternberg 319, 531, 537.
Schlesien.
3 Inschriften.
Neudörfel (bei Freudenthal) (624).
Wiedcngrün (bei Freudenthal) (614), (619).
Bayern.
9 lnschriften.
Landshut 25.
Laufen (bei Oberndorf i. Salzb.) 372.
Schellenberg (bei St. Leonhard i. Salzb.) 2, 231, (627), (628), (629), (630).
zan (bei Hallein i. Salzb.) (601).
Kroatien.
1 lnschrift.
Bclovar (621).
INHALT.
l. Der Seiler spinnt der Fäden viel, 4. Steht still, ihr Freunde und Bekannte,
Er spinnt sie oft und so lang er will; Hier vor meinem kühlen Grab,
Könnt’ er den Lebensfaden spinnen, Der Tod hat mich so schnell ge
So läg’ er nicht im Grabe drinnen; ‘ nommen, .
Doch diesen spinnt ein Anderer, Wo ich es nicht vermuthet hab.
Drum lebe fromm, o Wanderer, Anthering 1890.
Stehe still und denk an mich,
Daß auch deines Lebens Faden bricht. ‘) 5.. Steh Wandersman vnd höre an,
Mattsee, o. J. Was dir die Todten sagen!
Pack ein dein sach fein algemach,
‚ Halt In, stehe still,
Du folgst in etlich Tagen‘)
hör was ich will,
mit dem weyhbrun besprenge dich, Sbg. Seb. 1732.
mit einem Vatter vnser vnd A‘ve
‚ Maria erquickhe mich. vir sistto (sie!) ‘Viat0r
Schellenberg, Kirche, 1700. _ lege
(Sieger, Zwieselstein.)’) vade et tu fac similiter.°)
Grafenstein, Kirche, 1727.
Steht still, ihr Freunde und (Bekannte)
Dahier vor meinem kühlen Grab,
7. O Wanderer, steh still und bete für
Der Tod hat mich hinweggenommen,
mich,
So daß ich’s nicht vermuthet hab.
Morgen kommt ein anderer (m’d’betät
Sbg. Seb.") für dich.
(Schwzb. Nr. 7.)
(Hörm. l. 5.45.) Klagf. (2mal).
T’ 7 6 Wie so oft, hat man an der Orabschrift zwei Teile zu unterscheiden. ' Mit
Z. 5«8 gehört der Spruch in diese Gru e, während die an den Beruf des Toten
geknüpfte Betrachtung (Z. 1«4) auf die
Pom. bemerkt, daß Name und
"ö ruppe lll verweist.
Jahr weggemeißelt worden zu sein scheinen.
‘) »Marterln und Grabkreuze.« Zeitsch. für österr. Volksk. l, 293.
-‘) Das Jahr unleserlich.
‘) Zur Mahnung an den Tod vergl. Nr. 23 ff.; ferner Hörm. l, 5.4; Petak
Frdfv. Nr. 8; Petak Tdg. Nr. 24, 76; Hein, T otenbrett von Maurach bei Zell am See
(Zeitsch. f. österr. Volksk. l, 64) Nr. 2.
"') Grab einer gelehrten Nonne namens Franziska Maria v. Kemeter.
12
.“' Quo Viator? siste: paucis te moror. ll. Hier liege ich im Rosengarten,
Brevis mortuorum sermo, at vivus et Muß auf mein Mann, und Freunde
efficax. warten.
Ouaeris, tu qui es? tu qui eris. Hier liege ich und muß verwesen,
Urges, quis eras? erras, non quis Was ihr noch seid, bin ich gewesen,
sed qualis quis fuerit, hic quaerit. Was ich nun bin, das werdet ihr,
Pares tu tibi, quia infra te eram Geht nicht vorüber, betet mir!
nomine Georgius Christophor’ Langer Anthering 1893.
Gradu J. U. Dr. Titulo Cum: Anthering 1894.‘)
Pal : Caes: Officio Cel: Princ: Salz
Hier lig ich im Rosengarten,
olim Consiliari’ Aulie’, tandä Parthe—
Mus auf meinen Ehemann und
nonis Nunbergensis Index. Anno Chri
Verwanden warten.
M.DCC. aetat: LlX. die X1May citatus
Hier lig ich und mus verwesen,
ipse ad lndicium supremi lndicis
Was lhr jetzt seid, bin ich auch
comparere, causam dicere iussus sum.
parui, comparui, vixi, dixi, rogas,
gewesen,
Was ich jetzt bin, das ward auch ihr
quomodo? nescies modo, scies aut€
Geht nicht vorbei und bettet mir.
postea nam adhuc semel conveni
emus, vade interim et vale: vive Nußdorf 1895.
memor Dei, tui, mei.') - Josef und Therese sind wir genannt,
Nonnberg 1700. Im Himmel ist unser Vaterland.
Hier liegen wir im Rosengarten
Hir in diesem Rosengarten Und thun auf unsere Kinder warten")
Will ich auf meine Kinder warten. Morzg 1874.
Mann und Kind, weine nicht, (Dres. Nr. SO.)
Ich steh vor Gottes Angesicht.
Auf meinem Grabstein steh’,
Anna Sauer heiß ich,
Daß es der Wandrer seh’
Zum himmlischen Vater reiß ich;
Und ohne Gruß nicht geh’:
Sag meinen Freunden gute Nacht,
Gelobt sei Jesus Christ,
Ich ruh sanft mit meiner Mutter in
Maria, sei gegrüßt.
einem Grab.'-')
Kärnten (?).
Schnobolin 1884.
An diesen Grabstein, O Wanderer
Hier ruhe ich in Rosen lcanst Lesen
Und werde auf euch warten. Daß, wer du izt noch bist, ich
Herzliebste betrübt euch nicht! vorauch war gewesen.
Kommtöfters zu meinem Grab getreten Mein Haus hies Rosenbäck, mein
Und thut für meine Seele beten") vatter schrieb sich Alt
Domeschau 1881. ‘und vor ich das Gesatze der Natur
Schnobolin 1891. hab bezalt
‘) Die Inschrift ist deswegen wichtig, weil sie Anklänge an mehrere sehr
gangbare Grabs rüche enthält (vergl. auch Nr. 16 ff.) und so wichtige Beziehungen
der deutschen räberpoesie zur lateinischen aufdeckt.
Pom. bemerkt, daß die Worte an der Außenwand der Kirche beim zweiten
Portal stehen.
2,) Wieder interessant durch die Verbindung mehrerer Motive. Z.1 und 2 von
dem berühmten Kindergrabvers (vergl. Nr. 549 ff.) Ebenso ist Z. 3 und 4 typisch
(vergl. Nr. 41 ff.) und Z. 8 klingt an das bekannte Motiv von Nr. 137 ff. an. Zu
Z. 5 ff. vergl. Hörm. ll, S. 32, sowie Nr. 554 dieser Sammlung. Zu Z. 7 vergl. Nr. 64,
sowie Petak Tdg. Nr. 15 und Widmann Nr.1 b).
3) Die beiden letzten Zeilen sind ty isch. S. Nr. 66. Vergl. Petak Frdfv.
Nr. 1, Schwzb. Nr. 2 (Z. 19 und 20), Petak eond. Nr. 23, Petak Tdg. Nr. 4, 75, 79.
‘) Z. 2 »Weib und Kinder«. Zu Z. 3 «6 vergl. Nr. 16.
‘) Vergl. Nr. 556. .
13
Namm mich in Ehestand Magdalena '7- Was du jetzt bist, war ich auf Erden,
Schulerin Was ich jetzt bin, wirst du auch
Zu Clagenfurt war ich ein Bäcker— werden,
meisterinn.‘) Ich bin jetzt da und wart’ auf dich,
Gott VerLelhe ihr VnD al.Len Gehst du vorbei, so bet' für mich.
Abgestorbenä.freVDenVoLLeVrstänD. Fügen (im Zillertal)_
Maria Saal, Kirche, O. J. Ascha“ i"“ Z‘“erta‘)
Eugendorffi)
Henndorf (3mal)i)
l“- l’1ier lieg ich und muß Verwesen,
1*‘. Hier lieg ich, um zu verwesen,
Was ihr seid, bin ich gewesen,
Was du bist, bin ich gewesen.
Was ich bin, werdet ihr,
Knie nieder und bete für mich,
Geht nicht vorüber, betet min")
So bitt auch ich bei Gott für dich.
Anthering 1893.
Mattsee 1g74. Klagenfurt.
t 1 .~
#Sßififf 136%~ 191 Betet für mich, solang ihr lebt auf
Morzg 1887.’) Erden,
Sbg- Seb- 1877-3) Was ich bin, werdet ihr auch einstens
(Petak Tdg. Nr. 23.) werden „)
(Petak Tdg. Nr. 96).‘) '
(Rieder S. 118).-‘) Klagenfurt.
l) Die Inschrift dürfte ein hohes Alter besitzen, da Klagenfurt noch zum
Pfarrsprengel Maria Saal gerechnet ist.
z) Z. 2 »Was ich war, ‘das seid ihr noch«.
’) Z. 3 und 4 wie bei Nr. 17, also Kontamination.
‘) Z. 3 und 4 »Was ich bin, wirst du noch werden,
Bet für mich, solang du lebst auf Erden«.
5) Z. 3 und 4 »Was ich jetzt bin, wirst auch du,
Drum steh und bet für meine Ruh«.
“) Vergl. ferner Hörm. l, S. 35, 39, 45, 115; ll, S. 5, 46. lll, S. 97. Hein V. T.
S. 59. « in den »altbosnischen Grabinschriften« von Truchelka (Wissensch. Mitteil.
aus Bosnien und der Herzeg. V, 1897) steht der Vers: »Brüder ich war wie ihr und
ihr werdet sein wie ich«. - Bei Reitterer Nr. 3 scheint gleichfalls unsere lnschrift,
in verstümmelter Form, vorzuliegen. -— Auch erwähnt Heinrich Ankert in »Pest—
wahrzeichen aus Nordböhmen« (Zeitschr. f. österr. Volksk. VI, 78) eine Pestsäule
aus Bürgstein vom Jahre 1713 mit folgender lnschrift:
O ihr alle, die ihr vorübergeth,
Seht wie die Sache mit uns besteht,
Wie ihr jetzt seind Alle,
Waren wir auch auf Erden;
Wie wir anjetzo seind,
Also werdet ihr auch bald werden.
Das alles beweist, daß keine andere Grabschrift an örtlicher und zeitlicher
Verbreitung der obigen gleichkommen dürfte. Mit diesem Grabspruch aller Grab
spr'üche begann Pom. seine Sammlung.
7) An beiden Orten lautet Z. 3 und 4 wie bei Nr. 16, eine gedankenlose
Kontamination.
8) Vergl. die Umkehrung bei Petak Tdg. Nr. 96 (Anm. 4 zu Nr. 16).
") Z. 3 und 4 auch Hein Böhm. S. 94. Vergl. Nr. 153 Anm. Zum Schluß vergl.
Mos. l, Buch lll, 19. . .
14
2'- Wanderer steh still und schau! 24 Heute mir, morgen dir!)
Der du bist, war ich auch. Mattsee 1872_
Der ich bm, das wirst du werden,
Ein Speis der Würmer und Staub ‘5— Sehr ungleich geht's auf Erden zu,
der Erden ich heut, der gestern, morgen du.
Lambach, Stierberg. Landshut.
(Sieger, lselberg)‚‘) (Dres. Nr. 292.)
(Urban Nr. 2)?) ‘ ' _
(Ricder S, 113)‚ß) -""- lst das Leben nicht ein Traum
(“ein Böhm. ‚S. 94).") Flüchtiger Gefülle (sicl)?
‘Drei Nr‘ 222‘) Kaum sind meine Jugendjahr’ ver
W _ { flossen
--- Bedenckh '0Mensch betracht nur drs Steh ich schon am Zie|c_r)
So diese Schrüft thust lesen
Wer da Alhier anietzo bist Domes(hau 1888’
__ ‘ (Wedk. 372.)
Wur auch zuvor sein gwese.
Wer Aber Wür ietzunder sein 27' Haare Wie der Schnee 50 Weiß‚
Wirst eben gar bald werde In den Adern Blut wie Eis;
Wan der todt l<hombt und holt Winken mir Zum Grabe hin,
dich ein Zeigen, daß ich sterblich bin.
Auch macht zu Staub und erden‘) Seeham 1333_
Sbg. Nonnth.1730. (Dresr Nr- 333-)
‘Äl- Heut’ an mir, morgen an dir. ‘-'“'- Kaum fang ich an zu Leben,
Maß ich von meinen Liebsten gehen,
Salzb. Seb. 1714. War erst siebzehn Jahre alt,
(Hein. Böhm. 5.88.)
(Höm1~ H, S_ 75_) . Als mich Gott gerufen hat")
_ (l‘läörm. l S. 72.) Anthering.
(Rreder 5114)») (Hörm. l, s, 9.)
‘) Marterl aus St. Peter in der Au in N.-Ö. (Zeitschr. f. österr. Volksk. lll,305)
mit dem Zusatz: »Drum denke oft an deinen Tod
Und bitte auch für mich zu Gott«.
’) Z. 1 »O Mensch gehe nicht vorbei, ohne es zu lesen«.
Z. 4 »Staub und Asche«. '
‘) Hier lieg ich und wart auf dich, Du stehst allhier und thust es lesen:
Gehst du vorbei, so bet für mich. Was du bist, war auch ich gewesen,
Besonders in der heiligen Meß Und wer ich bin, wirst du werden,
Mein’ arme Seele nicht vergeß. Staub und Asche in der Erden.« (1879.)
‘) Vergl. Dres. Nr. 137. '
") Auch Motto für Totenkapellen: »Heindt an Mier, morgen an Dier«.
Rosegger (Deutsches Vnlltsleben in der Steiermark l, 180) teilt mit, daß bei
der dreinächtigen Totenwacht mit Vorliebe ein Vollcslied mit folgender
Strophe gesungen wird: '
Heut ist’s in mir,
Morgen ist's in dir;
Es ist halt kein Kräutlein
Gewachsen dafür.
°) Nach Böhaimb (Chronik der Stadt Weilheim 5.89) steht in der Kirche zu
Weilheim der Spruch: »Hodie mihi, cras tibi: O Mensch lern sterben, 1582.« Vergl.
auch Petal< Frdfv. Nr. 7. Dann Sieger »Marterln und Grabkreuze« (Zeitschr. f. österr.
Volksk. l, 292), Marterl aus Zwieselstein »Wann du stirbt, ist dir verborgen,
Drum steh in Sorgen.«
Endlich das Gedicht »Der Himmel ist blau« von Gilm (Ausgabe von
Greinz, S. 142).
7) Z. 3 bei Wedekind »Ausgelaufen ist er kaum« zeigt, daß unser Vers hier
verdorben ist. Das Leben ein Traum 7 vergl. Nr. 106, 107, 435, 530 ff.
‘) Interessant sind hier die Assonanzreime. Vergl. mit dem Anfang den be—
rühmten Vers: »lch leb’, ich weiß nicht, wie lang« (bei Hörm. Haussprüche in den
Alpen S. 117, 131, ferner Petak Tdg. Nr. 20, Dres. 170, 804).
15
Sterb ich hier einen schnellen Tod, 34~ Tausend Dank sei dem von Herzen,
Sei mir barmherzig, Herr, mein Gott! Der im Grab’ noch an mich denkt
‘ . Und mir auch aus from'men Herzen
Schnobohn 1896. Oft einen Vatterunser schenkt")
54 Die lieben Alle, die mir Gott einst gab, 60' {ich v:‘{e(ijß’u dgße_‘rl1rs‘tsegrxäicllrilgnd lebt’
E'h
rrelc ten l"angst ‘d as .t'll
vorürrTliltl; g‘ e r “redlich“'
Wer nach dem Guten' strebt,
Und sehnend ging ich durch das Den kann der Tod nicht schrecken.
Leben. Mattsee 1811.
Nun wird sie Gott mir wiedergeben,
Wo nie der Tod vereinte Herzen +u. Ich lieg a||hier mit Kot}, bedeckt,
trem1t‚ Kein Mensch auf Erd, der mich
Und Freudezähren nur das Auge erweckt,
kennt‘) Als Gott allein am jüngsten Tag,
Domeschan 1893~ Er wecket mich aus diesem Grab.
( Antherin , o. J. )
55' Der Weg ist weit und schauervoll, HÖ"‚I“- "‚ -8‚ 36
Den ich im Tod betretten soll; (Horm' m’ S‘ 8‘)
O Herr, sei mir zu dieser Reise _‘ . _ _ _
Ein Führer, gib mir Kraft und Speise?) ""‘ Hler hegen W" da, sind Zugedeckt‚
A h _ 18 9 Niemand ist, der uns erweckt,
"t ermg 7 ' Als Gott allein am jüngsten Tag,
Wird uns erwecken aus dem Grab")
5*‘ Der Tod ruft uns den Himmel zu M 1885
Und aus der Arbeit in die Ruh: (DrggzgNr 142)
Geht es gleich über Dornen hin, ' ' '
Wenn ich nur dorten selig bin. 63. Einst wenn die Gräber beben,
Anthering 1858. Die Todten wieder leben,
Werd’ ich auch mich erheben,
"7- Der Tod führt uns den Himmel zu Gegrüßt seist du‚ Maria! _~
Und aus der Arbeit in die Ruh, und wenn Ich den!" dlch grüße,
Geht’s gleich oft über Dornen hin, 0 gnaderlr?l_chei Süße}
Wenn ich nur Jenseits bin.“) Dann grüß ‘m Paradlese,
‚ Maria, du auch michl")
Anthering 1858.
(Petak Leond. Nr. 15.) Sbg. St. Peter 1870.
(H. An meiner Gruft stärkt euren Glauben, 70. Vater, wenn die Kinder fragen:
ihr Eltern, die ihr mich geliebt! Wo ist denn die Mutter hin ?
Der Tod kan mich nicht ganz euch Wenn sie weinend um mich klagen,
rauben, Sag, daß ich im Himmel bin.
Da Gott mich einst euch wieder gibt, Eugendorf.
Dank sei euch, Eltern! dargebracht') Henndorf.
Für eure Sorgfalt! Gute Nacht‘)
Oberndorf 1894. '- Vater! Wenn die Tochter fragt,
(Petak Ottsh. Nr. 23.) Wo ist die Mutter hin?
So sag ihr gleich, das ich bei Gott
’- 0 seid getrost und freuet euch, Stets im Himmel bin.
Laßt nicht die Hoffnung sehwinden. Vater! Wenn die Tochter weint,
Wir werden in des Vaters Reich So trockne ihr die Thränen.
Uns alle wiederfinden. Schließt in euer Gebet mich ein,
Seeham 1888. Pfianzt Rosen auf mein Grab“)
Grün im Böhmerwald 1895.
'- Kinder, kommt zu unsrem Grabe, (Hein Böhm. S. 94.)
Wo wir unsre Wohnung haben,
Der Herr hat uns von euch genommen, ‘- Weil treu mein Herz für dich erglühte,
Um euch verklärt entgegenzukommen, Mein lieber Mann, vergiss nicht mein;
Wandelt nur auf Tugendwegen, Leb woll Hab Dank für deine Güte,
Daß wir uns einst glücklich sehen!) Und denk der lieben Kinder mein!
Mattsee 1891. Euch kleinen trifft mein letzter Blick,
Am schwersten lass ich euch zurück.
‘. —| O ihr verlassn Kinder mein, Nußdorf 1893.
vertraut auf Gott und Denkt mein,
Gott sorgt für alle Gros und Klein, 73. Erzieht eure Kinder
Drum Schliff ich ohne Kummer ein‘) Für’s ewige Leben,
Schnobolin 1888. Den Lohn wird euch Gott
Der Allmächtige geben.
Aus dem Grabe ruf’ ich noch Seeham 1885.
Zu Euch, liebe Kinder, (Schwarzb. Nr. 2, Z. 13—16.)
Vergesset Euren Vater nicht (Petak Leond. Nr. 59.)
Und werdet keine Sünden")
Anthering 1881. 74~ Vergesst mich nicht, ihr meine Lieben,
Die ihr auf der Welt zurückgeblieben,
(W. Gerne schlöss’ ich euch in meine Arme Lebet doch immer fromm und still,
Und stillte euer Herzeieid, Liebt die Arbeit, betet viel,
Entfernt von diesen Erdenharme Gönnet mir den ewigen Frieden,
Vereint mit mir in Seligkeit. Der von Gott mir war beschiedem
Lebt woll im Himmel sorge ich Liebet einander bis ins Grab,
Noch für euch alle mütterlich. Denket stets, daß Gott einst ruft. 7)
Nußdorf 1892. Oberndorf 1895.
75. Vergeßt mich nicht, ihr meine Lieben, ‘- l bin hiezund hamgraist;
Die ihr dort zurückgeblieben! Thats beten für mi!
Lebet immer doch recht fromm und Ar ös kemts bald nachö,
still, Aft dank i engs i.
Liebt die Arbeit stets und betet viel. Mir segn uns ja wieder,
Gönnet mir den ewigen Frieden, Herts Leidl! Dö Freud’,
Der von Gott mir ward beschieden; Dort omat ön Himmel
Liebt einander hilfreich bis ans Grab. Af ewige Zeit! z)
Denket stets, daß Gott euch ruft Pfarrkirchen.
einst ab.
Anthering 1886. Glücklich, wer auf Erden mit Gott
(Petak Tdg. Nr. 7.)
(Hein V. T. S. 66.) vereinigt wandelt,
Wegen Gott gut und gerecht handelt
Wenn ich gethan, was ich gelehrt, Und seine Hoffnung bauet;
So ist der Himmel mein. Unendlich glücklich aber, wer im
Wenn ihr gethan, was ihr gehört, Himmel Gott schauet.
So kommt ihr auch hinein. Drum betet fürmich und arme Seelen,
Und welche Wonne, welche Freud Denen die Himmelsfreuden noch
Wird seyn in alle Ewigkeit, fehlen,
Wenn Hirt und Herde beysammen Daß wir bald vor Gottes Angesicht
Auf Gottes Weide! Amen!) gelangen,
Anthering 1817. Das ist unser sehnlichstes Verlangen,
Oberndorf. Wo ich als Seelenhirt für seine Heerde
Tainach 1876. Für euch bei Gott bitten werdeß)
(Hörm. ll, S. 39.)
(Petak Tdg. Nr. 27.) Tainach 1868.
- Zu früh bist du von uns geschieden, ‘J! Tief bedauert von den Deinen,
Umsonst war unser innig Fleh’n, Gingst du früh zur ew’gen Ruh’,
Ruhe sanft in Gottes Frieden, Lächle sanft uns Tröstung zu,
Bis wir uns jenseits wiederseh’n. Bis wir jenseits uns vereinen.
Oberndorf 1884 (2mal). Sbg. Seb. 1sss.
Oberndorf 1891. (Wedk. 667.)
Nußdorf 1895.‘)
Oberndorf 1890.‘)
92. So furchtbar plötzlich wardst du uns
b7. Ach! zu früh bist du von uns entrissen,
geschieden, Du, unsre Hoffnung und des müden
Umsonst war unser Fleh’n. Vaters Stab!
Ruhe sanft in Gottes Frieden, Und unsre heißen Jammerthränen
Bis wir uns einst wiederseh’n. fheßen
Sbg. Seb. 1859. Auf dein für dich und uns noch viel
5bAf. Seb. 1863. zu frühes Grab.
o zg 1887. Wenn wir vor Schmerz nicht ganz
Ach zu früh bist du von uns ge zusammensinken,
schieden, So ist es eines nur, das stärkend
Fruchtlos ist der Deinen heißes Fleh’n, uns noch hält:
Schlumm’re sanft, nach diesem Kampf Dass wir uns wiederseh’n, wo schön’re
hienieden! Sterne winken,
Jenseits ist ein Wiederseh’n. Und nicht mehr trennen dort in jener
bessern Welt‘)
Sbg. Seb. 1864.
Klagenfurt. Mattsee 1870.
Tainach 1867.‘)
- Theure Mutter, noch zu früh bist du m‘ Noch viel zu frühe uns entrissen v
von uns geschieden, Steh’n weinend wir an deinem Grab’.
Umsonst war für dich unser Fleh’n. Auch And’re werden dich vermissen;
O! blicke segnend dort auf uns Du mühtest dich für viele ab,
~ herüber, Denn vielfach wurde dir Vertrauen
Bis wir uns endlich jenseits wieder— Im vollsten Maße dargebracht;
seh’nß) Und konntest du am Guten bauem
Geschah es gern und schnell bedacht.
Sbg. St. Peter 1875.
Nun ist wo! Ruhe dir beschieden,
Zu früh entrissen wardst du unserm Doch uns umgibt nur Schmerz und
Kreise! Gram,
Es starb in dir ein Christ, ein Bieder Und diese bleiben uns hienieden,
mann, Weil Gott dich viel zu früh uns
Doch schlumm’re sanft! Des Erden— nahm‘)
lebens Reise Mattsee 1877.
Hast du vollbracht, das himmlische
geht an! 9‘ Ein schneller Tod ward euch be
Von dort schaust du jetzt liebend schieden,
auf uns nieder; Der Hand entfiel der Pilgerstab.
Dort oben, Vater! sehen wir uns O, mögt ihr nun in sel’gen Frieden
wieder!) Ausruhen in dem stillen Grab.
Sbg. Seb. 1839. Mattsee 1897.
‘) Z. 2 »heißes Fleh’n«.
’) Mit slowenischen Daten.
2.3 vergl. Anm. zur folgenden Inschrift.
2.5 vergl. Nr. 250 ff.
Die zweite Hälfte ist noch mehr gekünstelt als die erste.
a‘.*>'-‘ Man beachte den Gebrauch des Partizipiums in Z. 1, 2.
s - Liebster Ehemann, du edles Herz, So sei denn Schutzgeist uns
Dies ist für mich der größte Schmerß Verlassenen hienieden,
Das du auf dieser Erd hiernieden Bis einst auch wir eingehen in deinen
Bist so schnell von mir geschieden. Himmelsfrieden.
Nußdorf 1890. Sbg. Seb. 1864.
- Zu früh hat dich des Todes Hand - Ein stilles Grab umschließet deine
Den deinigen entrissen. Hülle,
Sieh! wie an deines Grabes Rand Zu früh entriß des Unglücks Macht
So viele Thränen fließen. uns dich,
Oberndorf 1891. Nur tröstet uns: es war so Gottes
Wille,
- Sanft ruh in des Grabes Schoß,
In’s bess’re Jenseits rief er dich
Schon früh zu sterben war Dein Loos;
zu sich’)
Drnm fällt nun unser Thränenblick
Oft auf Dein kühles Grab zurück. Sbg. Seb. 1782.
Maria Rain 1881. "- Kurz waren die Schritte deines Lebens,
Schnell die Reise nach der Gruft.
- Du meine Gattin fl— meiner Kleinen
Alles, alles war vergebens,
Getreue Mutter e— bist nicht mehr!
Weil dich Gottes Stimme ruft")
Wir sollten dich so früh beweinen,
Oberndorf 1856.
Ach! diese Prüfung drückt uns
schwer. 'UI' Kurz war die Zeit des Lebens,
Anthering, o. J. Schnell die Reise zur Gruft.
Alles ist vergebens,
- Zu früh 0 Vater bist du uns entrissen,
Wenn die Stimme Gottes ruft.
So schnell, ach, in so ungeahnter Zeit!
Traurig blicken die Verwandten
Wie bitter deiner Kinder Thränen
Seiner irdischen Hülle nach;
fließen,
Alle weinen, die ihn kannten,
Und deiner Gattin Herz wie ist’s
Daß so früh sein Leben brach‘)
voll Leid!
Sternberg bei Velden 1895.
Morzg 1891. Z. 1 774 (Petak Ottsh. Nr. 21.)
Morzg 1885. Z. 5— 98 (Petak Leond. Nr. 4.)
Anthering 1889.‘)
- lhr seid zwar in des Himmels Friede n, “'-" Du giengst voran den Weg zum Licht,
Doch viel zu früh von uns geschieden. Wir folgen nach, wenn’s Aug uns
bricht")
Sbg. St. Peter.
(Wedk. 187.) Sbg. Seb. 1870.
‚ Zu kurz gezählt, du Guter, waren 116. Dein Leben war ein kurzer Traum,
Deine Tage, Du ahntest dessen Freuden kaum;
In vollster Manneskraft entriß Dich Schon in des Lebens Morgenroth
uns der Tod, Umarmte, Guter, dich der Tod,
Der Gattin stiller Schmerz, des Kindes Und führte unbefleckt und rein
laute Klage, Dich in des Himmels Freuden ein“)
Umsonst! Gott rief und er Alles beugt Sbg. Seb. 1877.
sein Machtgebot! Mattsee 1878.’)
l) Z. 1 »Mutter«, Z. 4 »Mannes«.
Zum Anfang vergl. Urban Nr. 11.
7) Vergl. Nr. 309, 390, 590.
J) Pom. bemerkt zu dieser Inschrift, daß die Verwendung der Reime »Gruft —
ruft« auffällt.
‘) Vergl. Dres. Nr. 331.
“) Vergl. Petak Leond. Nr. 41, Dres. Nr. 571.
I‘) Eigentlich ein Kindergrabvers. Vergl. Nr. 530; ferner Nr. 26, 435, 573.
7) Z. 5 und 6: »Und führte unentweiht und rein
Euch in den Freudenhimmel ein.«
23
lfl'i'. Ein neues, neues Leben, ll4. Gott hat dich zu sich gerufen
Das war dein letztes Wort, Von des Lebens Müh’ und Piag’.
Dieß Wort umschließt die Hoffnung, Dort an seines Thrones Stufen
Wir sehen uns wieder dort. Winket uns ein bessrer Tag.
Sbg. Seb. 1851. Sorgen nur bringt dieses Leben,
Sbg. Seb. 1855. Das nur selten Rosen streut;
li'8. Ruhe wird das Grab uns geben
in der Hoffnung süßer Fülle
Für die ganze Ewigkeit.
Rief von uns dich Gottes Wille;
Dort im Jenseits wird allein
Wol ward dir ein bess’res Leben,
Uns’re beste Heimat sein.
Als die Erde konnte geben;
Doch dem Gatten sank sein Stab Mattsee 1886.
Wie dem Säugling in das Grab.
Bruder, deine stille Gruft
Seeham 1875 Sei die Mahnung uns hinfort,
100. Daß auch wir, wenn wir einst
Du wandelst dort in ew’gen Frieden,
scheiden,
Schaust ihn, den Heiland, der hie
Werden mit versammelt dort,
nieden
Wo du theilst der Seligen Freuden.
Dein Trost, dein treuer Helfer war.
ich, tief gebeugt, netz’ hier mit Mattsee 1888.
Thränen
Dein Grab; wan stillet sich mein
Selig alle, die im Herrn entschiiefen,
Selig Mutter bist auch du.
Sehnen ?
Wann weil’ ich in der Sel'gen Schar? Oberndorf 1878.
(Wedk. 228.)
Mattsee 1886.
ll7. Selig alle, die im Herrn entschiiefen,
110. Du starbst ganz Gott ergeben,
Selig, Vater, selig bist auch du.
Dein Leiden ist nun aus;
Engel brachten dir den Kranz (un
Dich rief zum bessern Leben
leserlich)
Gott in sein Vaterhaus. Und giengst zu Deiner Gottes Ruh.
Mattsee 1884.
Seeham 1893.
lll. Zu schmerzlich war für uns dein
Sanft ertrugst du deine Leiden
Scheiden,
Bis der Herr dich zu sich nahm,
Zu bitter dein zu früher Tod;
Doch du bist nun befreit von Leiden,
Ruhig, bis mit Himmelsfreuden
Die Erlösungsstunde kam.
Befreit von jeder Erdennot.
Und die Stunde ist gekommen,
Schnobolin 1888.
Wo der Schmerz von dir genommen
HZ. O du edle, erhabene Dulderin, Und dein frommer Glaube fand
Dein leidvolles Leben hast du ver— Das ersehnte Heimatland?)
tauscht Anthering (Jahr ?)
Mit der dir gebürenden himmlischen Oberndorf 1883.
Seeham 1882.
Glückseligkeit, Oberndorf 1889.
Leider zum unsagbaren Schmerze Oberndorf 1895.
Deines schwergeprüften . . .')
l l9. Einsam ruhig war dein Leben,
Görz 1878.
immer thätig deine Hand.
- Des Lebens Herr hat dich gerufen, Drum ist Friede dir gegeben
Heil dir an seines Thrones Stufen. in dem schönsten Vaterland“)
Olmütz 1894. Morzg 1885.
Olmütz 1895. Anthering 1895.
- Ruhe von des Lebens Plage 137. Ruh’ sanft, da dich der Herr gerufen,
Aus in diesem stillen Grabe, Hab Dank für Deine Lieb und Treu!
Bis uns Gott am jüngsten Tage Erwach vor Gottes Thrones Stufen,
Wieder in das Leben ruft. Zum sel’gen Leben dort auf's Neu!)
Mattsee 1884. Schnobolin 1890.
13‘2. lm Grab ist Ruh, 138. Schlummre sanft, 0 theure Mutter!
Im Leben Schmerz, Im Leben reich an Tugenden
Drum ruhe sanft, Des Herzens und des Geistes,
Du theures Herz. Bleibst Du das edelste Vorbild
Eugendorf. Deinen Kindern.
Sbg. Seb. 1881. Gesegnet sei Dein Andenken!‘)
‘“- Ruhe sanft, bis wir uns jenseits 150~ Ruhe schlummernd aus in deinem
Glücklich wiedersehen! stillen Grabe,
schnobolin 1885. Theurer Gatte, Vater hier!
Bis uns einst nach abgelegtem
‘45- Ruhe sanft in Jesu Armen, wam_lerstabe
Er schloß dir die Augen zu, Nichts mehr trennt von du!)
Seine Liebe, sein Erbarmen Morzg 1885.
Rufen dich zur Himmelsruh. H _
Olm-ütz 18951 ‘ l- Des LebensLoos war euch beschreden,
Ihr grengt ms bess re Leben ein,
lw~ Hand, die treulich ausgelitten, Is)o ;uhet dsanft ‚m bo‚ottes Pnedef"
Die uns nichts als Liebe gab’ or wer en wir ersammen sein.
Freud’ und Trost um uns verbreitet, Morzg 1873
Ruhe nun im stillen Grab“) 1_0 H_ _ d_ G b _H
Gö 1884_ w~ 1er m reser ra esst1 e
rz Schlummre sanft, Verblich’ne du,
1*7- Ruhe sanft, Vater, bis zum Wieder- während modert deine Hülle‚
sehn! Schwebt der Geist in Himmelsruh.")
Ruhe ist redlicher Handlungen Lohn. Oberndorf.
Verklärt wirst Du einst auferstehn
Als gerechter biedrer Erdensohn. 131- Ruhe, Vater, sanft im Frieden,
Thränen des Dankes fließen an Dein Verlust fällt unsern Herzen
deinem Grabe schwer,
Von vielen, denen Du geholfen und Traurig bist du von uns geschieden,
gerathen. Wir Kinder haben keinen Vater
Nimm sie als Lohn, die theure Gabe, mehr.
Für die noch schuldigen Wohlthaten. Oberndorf 1393_
Maria Saal 1827. (Petak „Tdg. Nr. 46.)
Stein an der Kirchenmauer. ("ein Bohm- 5- 94-)’I
148. Ruhe sanft, denn fromm und liebend 154- Schlummre sanft in kühler Erde,
War dein Wandel bis in's Grab, Nur zur Saat in's Grab gelegt,
Ruhe sanft: »Wir sehn uns wiederl« Bis der Allmachtsruf »Es werde!«
Spricht der Geist, den Gott uns gab. Dich zu neuen Leben weckt!)
Mattsee 1886. Oberndorf 1875.
‘) Man beachte den Wechsel von zweiter und dritter Person. Z. 4 vergl.
Nr. 234, 280. 597. Z. 6 vergl. Nr. 112.
') Hier wie beim früheren Spruch fällt die Bezeichnung von »Den« in Z. 2
und die Partizipalkonstruktion in Z. 3 und 4 auf. Zu Z. 5 und 6 vergl. Nr. 452 Anm.
’) Zu Z. 5 vergl. Petak Tdg. Nr. 9 und 93.
28
178. Schlummre sanft an diesem Friedens 182. Ruhe sanft, der treu gewesen
orte, Jedem Recht und jeder Pflicht,
Sanft in dieser Höhle, edler Greis! Gottes Erde drückt die Bösen,
Hier an dieses Grabes dunkler Phorte Gute Menschen drückt sie nicht.
Rollen Wehmuths-Thränen stumm Sbg. St. Peter 1879.
und heiß. (Petak Leond. Nr. 32.)
Blicke liebend noch auf uns hernieder, (Waldeck S62.)
Die wir hier um diese Urne steh’n. 181. Ruhe sanft du edle Mutter
Bis auch wir in jenem Leben wieder
Zu früh entriß der Tod dich uns
Dich verklärt vor Gottes Throne
Wir verloren alles, was wir hatten
sehn’. ‘)
Und nichts als Thränen bleiben uns
Sbg. Seb. 1837. Schlummre nun sanft in stiller Gruft
Bis Gott dich einstens wieder ruft.
1 79. Theurer Vater, ruh in Frieden
Olmütz (Jahr?)
An der Seite deiner Lieben,
Bis wir einst euch alle Ruhe sanft! Des Lebens Kummer
Jenseits wiedersehen. Drückt nicht mehr dein frommes,
edles, gutes Herz.
Sbg. St. Peter 1878. Dich umfängt des Grabes Schlummer,
Mir allein bleibt nur der Schmerz.
180. Ruhe sanft und blick’ einst auf die Sbg. St. Peter 1877.
Deinen, Morzg 1894.
Denen du so theuer warst, herab! Kärnten.
Sieh’: wie die Geschwister weinen, Olmütz 1865.
Früh Entschlafner, hier an deinem
(Wedk. 436, 741.)
(Waldeck 518.)
Grab.
185. Bruder, du hast ausgelitten,
Doch kein bleibend Glück ist ja hie
nieden, Du genießest süße Ruh;
Alles ist nur Flitter, eitler Tand. So wie wir hier für dich bitten,
Schlumm’re, Edler, nun in süßen O so bitt für uns auch du.
Frieden, Daß wir uns beim Aufersteh’n
Freue dich an Gottes Vaterhand.’) Fröhlich alle wiederseh’nfi‘)
Sbg. St. Peter 1888. Oberndorf 1888.
186. Gattin, Mutter, blicke auf die Deinen,
181. Sohn und Bruder! Schlumm’re wohl, Die Dich Unvergeßliche beweinen,
es kommt die Stunde, Und führe uns mit treuer Mutterhand
Wo Leben steigt aus deiner tiefen Zu dir ins himmlische Vaterland.
Gruft, Bitt für uns, geliebte Mutter fromme,
Und wo der Herr zum großen ew’gen Die wir hier an deinem Grabe steh'n,
Bunde Daß dein Friede über uns auch
Auch dich zu früh von uns geschie komme
den ruft. Und wir freudig dir entgegengeh’n.‘)
Denn glücklich werden wir alle wieder Mattsee 1897.
Uns dort vereint und glücklich seh'n.
187. Umsonst fleht dich der Thränenblick,
Denn glücklich sind wir, wenn wir
Dich edlen Mann, zu uns zurück;
alle
Den Herrn zu seiner Rechten steh’n. Bitt’ dort für uns, dein denken wir,
Bis uns nichts wieder trennt von dir.
Sbg. St. Peter 1864.
Sbg. Seb. 1878.
I) Z. 5 vergl. Nr. 250 ff.
') Z. 1 vergl. Nr. 250 ff.
3) Vergl. Petak Leond. Nr. 31, Petak Tdg. Nr. 5 und o. Zu Z. 1 vergl. Wid
mann Nr. 1 a.
‘) Zu Z. 1 vergl. Nr. 252 ff.
30
1&4. Mutter! Hart bist du von uns 1 9‘2. Was tröstet uns an deinem Grabe,
geschieden, An dem wir tief bekümmert stehn?
Doch nun lebst du im ewgen Frieden, Es tröstet uns des Himmels Gabe,
Von dort her flehen wir um Segen Der Glaube an ein Wiedersehn.
Und Glück auf allen unsern Lebens Anthering 1893.
wegen. Anthering 1896.
Mattsee 1889.
Sbg. Seb. 1873. (Petak Tdg. Nr. 53.)
(Petak Tdg. Nr. 52.)
1&3. Glorreich wirst du auferstehen
- Ach Mutter, hart bist du von uns Und die deinen wiedersehen.
geschieden,
Oberndorf 1870.
Doch lebst du dort bei Gott in ewigen
Frieden.
Von dorther fleh’n die Kinder dich Meine Trauer weinet hier,
um Segen Meine Hoffnung zieht mit dir.
Und Glück auf allen ihren Lebens Blasser Leib, magst hier vergehn,
wegen. Dort verklärt. — Auf Wiederseh'nl’)
Gries.
Mattsee 1884.
Anthering 1888.
Anthering 1888.‘) ’~ Ja, ihr sollt es wiedersehen,
Euer Kind, das ihr beweint,
190. Die Nacht des Grabes wird ver—
Sollt mit ihm am Throne stehen,
schwinden. Wo euch Gottes Huld vereint.
Dies mindert unsre Traurigkeit, Oberndorf o. J.
Daß wir dich einst wiederfinden
1m Lande der Glückseligkeit. 196. O! wir sehen uns in bessern Welten!
O ruhe sanft im Schoß der Erden, Den zu gut warst du für diese hier:
Und bitte dort für uns bei Gott, Wo der Himmelsvater wird vergelten
Bis wir dereinstens selig werden Mutterliebe und Gattentreue dir.
Nach einem frommen, sel’gen Tod. Gnigl 1842.
Oberndorf 1881.
(Wlf. 116.)
Anthering 1890.
v. 1‚4 Oberndorf 1881. 197. Lebe wohl in deinen Himmelsfrieden,
(v. 1 -4 Wedk. 771.) Deine Kinder rufen still hinauf,
Leben wir auch Jahre lang geschieden,
- Wir sind noch, was du warst, wir Eine Stunde hebt die Trennung auf.
werden was du bist, Sbg. Seb. 1831.
Denn jeder Augenblick nagt an dem (Wlf. 84.)
Stamm des Lebens.
Luise, die du nun der Tugend Lohn 'lflt‘. Gute Mutter hier auf Erden,
genüßt, Wir wollten mit dir selig werden.
Bring unser Fleh’n zu Gott, es sey Anthering o. J.
ja nicht vergebens: Anthering 1883.
Er schänk uns dort mit dir nach
dieses Lebens Sorgen 199. Edler Gatte, guter Vater hier auf
Und nach des Todes Nacht der Fromen Erden,
ew’gen Morgen‘) Wir wollen mit dir selig werden.
Sbg. Seb. 1786. Anthering 1884.
1) Z. 3 »die Tochter«.
’) Interessant ist hier in Z. 1 die Umkehrung des berühmten Motivs in Nr. 16 ff.
=) Bezieht
treffenden Wand sich
liegenauf
dieeine junge wohl
Fremden, Frau von
auch 32Nichtkatholiken
Jahren aus Beldgarunter.
rad. An der be
31
_-1
- Lieber Vater ruhest (schon?) ä Wenn auch der Gattin Lebensglück
Bitt für uns bei Gottes (Sohn P) Mit dir dahingeschwunden,
Daß wir einst glücklich aufersteh’n Wir tragen still der kurzen Trennung
Und uns im Himmel wiederseh’n. Schmerz,
Denn Wiederseh’n hofft das gebeugte
Tainach 1856.
Herz‘)
- Der Todesengel stieg hernieder Klagenfurt 1885.
Und trennte uns in dieser Zeit;
- Was ich an dir verloren,
O bitte, Vater, daß wir wieder
Weiß nur der Herr allein;
Uns seh'n im Land der Ewigkeit.
Gott, der dich neu geboren,
Gries. Wird auch mein Tröster sein!)
Olmütz 1894.
21 I'd. Nun weilst du, Vater, dort, wohin
wir geh’n; 21 19. Lebe wohl, du Sonnenschein unseres
Und deine Liebe spricht: Auf Wieder— Lebens!)
seh'n. Klagenfurt 1892.
Gries.
21“. Mein Schutzgeist sei
Mein Schatten
h’. P... Edler Geist, gedenk der Deinen,
Meine Seele
Die im Schmerz um Dich vergeh’n,
Wie im Leben, so im Todt.
Laß die Hoffnung uns vereinen
Auf ein bessres Wiederseh’n. Durch dich ward ich veredelt,
Sbg. Seb. 1878. Durch dich mein Herz beglückt,
Durch dich empfand ich Wonne,
Durch dich ward ich entzückt.
2 ‘4. Du gingst ins Land der Sel’gen ein;
Ich denke stets in Liebe Dein Du lohntest mir das Kleinste,
Und hoffe dort in Himmelshöh’n Den kleinsten Liebesdienst
Ein ungetrübtes Wiederseh’n. Durch tausend liebe Worte,
Durch deine Liebe!)
Sbg. Seb. 1881.
Olmütz.
‚ Du kontest nach langen Leiden 2ll. O Vater! warst das Liebste mir auf
Zu ewiger Genesung geh’n, Erden,
Mein Trost war nur bei deinen Was mir der Himmel gnädig gab;
Scheiden, Denn wie ich könnte dauernd glück
Das wir uns einstens wieder Seh’n. lich werden,
Sbg. Seb. 1843. Warst stets bedacht du bis zum
Grab.
O ruh’ nun sanft in Gottes heil’gen
‘- Wie namenlos auch unser Schmerz,
Frieden
Mit dem wir hier am Grabe steh’n,
Geliebter Vater! ruhe aus;
So tröstet 4 Hoffnung dann das
Was reichlich Gutes du gethan hie—
Herz,
nieden,
Daß wir uns jenseits wiederseh’n.
Es sei dein Lohn im Vaterhausf)
Sbg. Seb. 1820. Oberndorf 1872.
1) Alter Mann.
2) Vergl. Nr. 233.
= Einem Mädchen von 21 Jahren.
‘ Dieses von Pom. offenbar wegen der 2. Stro he aufgenommene, wenig an
sprechende Kunstgedicht, dessen 1. Strophe recht un Iar ist, während die letzte in
Prosa übergeht, habe ich nicht gerne beibehalten.
”) Z. 1 und 2 vergl. Nr. 580.
32
212. Theures Weib, das ich verloren, 218~ Die Stunde schlug, Du mußtest von
Zum Glück warst du mir auserkoren. uns scheiden,
Es wolt’ nicht seyn, Gott nahm dich Die Hand des Herrn brach Deinen
mir, Wanderstab.
Drnm fließen meine Thränen dir. Schlaf wohl, geliebter Vater; es be
Doch nicht vergebens hoffe ich gleiten
Dich einst zu sehen sicherlich‘) Der Kinder Dank und Liebe Dich ins
Oberndorf 1892. Grab")
Linz.
- Dem Auge nur, dem Herzen nicht
Entschwandest, Theurer, Du 219. O fließet Thränen ohne Zahl,
Und winkst uns Trost und Wieder Wie schmerzlich ist mir dieser Fall,
‘ seh’n Der mir den lieben Gatten nahm,
Aus lichter Ferne zu."’) Die Kinder um ihren Vater kam’. (l)
Maria Saal 1872. Wenn auch der Geist nicht wieder—
kehrt,
2l4. Fromm und gut war stets dein Leben, So bleibst du mir doch immer werth;
Ruft dir e— wer dich kannte zu; Du warst geliebt von Anverwandten,
Immer deinem Gott ergeben, Von mir und Allen, die dich kannten.
Giengest du in deine Ruh’. Oberndorf (4mal2 1870, 71, 88, 91.
Ach, versenkt in bangen Schmerzen, Nußdor 1895.
Schiedest du von uns zu früh, Anthering 1895.“)
Doch du lebst fort in unsern Herzen, Oberndorf 1894.‘)
(Petak Tdg. Nr. 28.)
‚Denn vergessen wirst du nm~3)
Nußdorf 1881. 2‘20. Deine Asche wollen wir stets ehren,
Unvergeßlich wird uns deine Liebe
215. Hast du dich auch zur Ruh’ gelegt,
sein,
Und Todesnacht dich, Liebster, deckt
Und mit wehmuthsvollen Dankes
Wir denken dein!
zähren
Im Aug’ bist du uns wo! entrückt,
Setzen wir dir diesen Leichenstein.
Im Herzen bleibst du eingedrückt
Für immer! Anthering 1883, 84.
Oberndorf 1864.
Dir gilt dies Lied am Grabe hier, (Wedk. 61.)
Uns starbst du nicht, dein denken wir
Ja immer.‘) 22l. Deine Asche will ich stets ehren,
Oberndorf 1886. Unvergeßlich wird mir Deine Liebe
sein
216. Riß auch des Todes kalte Hand
Und mit wehmutsvollen Dankes
Dich von der Seite deiner Lieben,
zähren
Uns Rettet fest ein goldnes Band,
Setzt Dir dieses Denkmal Deine
Dein theures Bild ist uns geblieben.
Tochter ein!)
Oberndorf 1893.
Maria Rain 1874.
- Hat der Tod uns auch geschieden,
Unsre Liebe schied er nicht; 222. Deine Asche ruht in Frieden,
Liebe Mutter, ruh’ in Frieden, Aber für mich viel zu früh
Ewig lebt des Herzens Pflicht, Aus der Liebe Arm geschieden,
Unsre Liebe stirbt ja nicht. Aus dem Herzen aber nie.
Oberndorf 1871. Morzg 1883.
‘.?Zi. Der Pflicht nur und der stillen Häus— Wenn Gott einst ruft zum Auf
lichkeit ersteh’n,
Hast du, Vollendete, dich stets ge Wird uns ein frohes Wiederseh’n.')
weiht; Maierhofen (Zillert.)
Nun ruhst du sanft im Schatten der (Hörm. l. S. 17.)
Cypressen ‚— (Waldeck 239.)
Dir foiget Lieb’ und Dank A uns (Wedk. 419, 581.)
bleibt du unvergessen. ‘229. Nun, Gatte, Vater, fern liegst du von
Morzg 1882. uns begraben,
Wir weinen klagen hier an diesem
224. Eure Namen sind dort eingeschrieben, Grab,
Wo sie tief in unserm Herzen steh’n. Bis wir uns einstens wiedersehn am
Himmelsfriede euch, ihr Guten, jüngsten Tag.
Lieben! Oberndorf 1888.
Himmelstrost uns bis zum Wieder
seh’n. 230. Weinend legen wir dich nieder
Sbg. Seb. 1849. in dies stille Schlafgemach,
(Hörm. lil. S. 33.) Niemals kehrst du zu uns wieder,
Ach! drum weinen wir dir nach.
2‘L'l. Sinkt gleich dein Leib zur Erde nieder, Doch einst schlägt die schöne Stunde,
Bleibt doch die Hoffnung, wir sehen Wo wir froh uns wiedersehn
uns wieder. Und vereint im schönsten Bunde
An dem Throne Gottes stehn.
Sbg. Seb. 1871.
Sbg. Seb. 1873. Oberndorf o. J.
Nußdorf 1890.
(Petak Leond. Nr. 35.)
‚ Stark im dulden und vertrauen, (Petak Tdg. Nr. 45.)
Fromm und weise, schlicht und mild,
Wirst du ewig Gott anschauen, - Die schönste Perle ist
Ewig lebt in uns dein Bild! Die Thrän’, um dich geweint,
Mütterlein, so heiß beweint, Sie fließe, bis man liest,
Bald sind wieder wir vereint. Wir sind mit dir vereint.
Sbg. Seb. 1874. Schellenberg, Kirche, 1864.
‘B2. Mit Thränen wahrer Liebe
277. Der Leib wird zu Staub,
Bist du von uns geehrt,
Der Geist eilt zu Gott. Den du! Herzliebster Vater,
Dein Bild ruht im Herzen Bist dieser Thränen wehrt.
Und lebt in uns fort.
Mattsee.
Sbg. Seb. 1873.
(Hörm. 1. s. 7.) Der Tod schlägt tiefe Wunden,
(Wedk. 646.) Das habe ich empfunden,
Seitdem ich dich verlor.
228. Sanft weht im Hauch der Abendluft ich weine mit den Kindern,
Der Frühlingshalm auf deiner Gruft, Gott mag die Schmerzen mindern,
Wo Sehnsuchtsthränen fallen. Zu ihm seh’ ich empor.
Nie soll, bis uns der Tod befreit,
Mattsee 1891.
Die leiseste Vergessenheit Nußdorf 1884.
Dein holdes Bild umwallen. Seeham 1887.
Gras und Blumen welken ab, Seeham 1897.
Alles, alles winkt ins Grab. (Wedk. 159.)
(Wif. 158.)
l) Pom. verweist auf Matthissons Gedicht »Totenkreuz für ein Kind« (um 1790)
,
wo es in Z. 5 heißt »Die Wolke der Vergessenheit«, sowie auf das Gedicht »Nachruf
an Elisa Jung« (1802). Vergl. Nr. 421.
234~ Du bist dahin, ein Hügel nackt und 240- Verlassen steh ich jetzt, mein Auge
klein weint
Bedecket deine theuren Glieder; Des Dankes Thränen auf dein stilles
Es fallen ach! auf einen harten Stein Grab,
Die Thränen deiner Lieben nieder. Und fleht den Tag, der mich mit dir
O theure Hülle, schlumm’re süß und vereint,
mild! Vorn güt’gen Himmel sehnsuchtsvol‘
Bald keimen Blumen dir am Hügel, herab.
Sie sind des Wiedersehens Bild, Sbg_ Seb_ 1866.
Umwehe sie mit deines Geistes (Wedk. 100, 643.)
Flügeln‘) (Wedk. 217, 729.)
Olmütz 1842. (Waldeck 368‘)
‘.m~'r. und 50 verlassen stehen wir 24!- Erloschen ist dein Lebens Licht,
An deiner Todtengruft Und Mann und Kinder weinen,
Und bringen Dankesthränen dir, vom Herzen, nicht Zum SChein der
Bis Gott zu dir uns ruft’) Pflicht,
Oberndorf Beklagten Deinen.
Als Mutter sehen Kinder dich
230. Trauernd Schaum die Deinen Mit bangen Schmerzen scheiden,
Hier beim Grab und Weinen; Als Gattin fühlt dein Mann um dich
Hoffend harrt und kämpft der Christ, Der Trennung SChWCTCS Leiden
Bis der Herr erschienen ist‘) Der Arme seufzt bey deiner Gruft
Oberndorf 1865_ Und danckt für manche Gabe.
Ruh’, bis dich die Posaune ruft,
‘.L‘fl. Die Liebe deiner Gattin Ruh’ still in deinem Grabe‘)
Streut Blumen auf dein Grab Sbg. St. Peter 1786.
Und weinet stille Thränen
In deine Gruft hinab. 24._,
‚ Dein Mutterherz, so schwer geprüft
Klagenfurt 1893. hienieden,
(Petak Prdfv' Nr‘ 9') Genießt im Grabe nun die süße Ruh’.
213- Der Gattin '— Kinder rThränen viele Und für die’ Leiden’ die dir Gott
Benetzen hier das Grab der Ruh’, _ . ‘beschieden,
Sie rufen hier mit heißer Liebe Wust ernten Selrgkert 1m Himmel du!
Den Dank für deine Müh’ dir zu‘) Sbg. Seb. 1867.
Anthering 1880.
‘l‘“~ Trauernd als verlassne Waisen
‘139. Deine Gattin und Kinder Stehn wir hier an diesem Grab,
So tief betrübt an deinem Grabe Und von blaßgehärmter Wange
steh’n, Fließt die Thräne schwer herab.
Du siehst sie nicht, sie weinen dir ' Ach, so tief, so sehnlich suchet
ins stille Grab Dich der Kinder treuer Blick!
Die Thränen der Liebe und Wehmuth O du bist zu schnell entschwunden,
nach. Vater, unsres Lebens Glück")
Morzg 1882. Sbg. St. Peter 1880.
') Z. 1 und 2 vergl. Nr. 450 Schluß, sowie Nr. 349. Z. 5 vergl. Nr. 280, 152,
309 und andere. Letzte Zeile ganz gekünstelt.
") Vergl. Nr. 243.
3) Allgemeiner Schlußgedanke.
‘) Zum Anfang vergl. Nr. 92, 96, 109, 147, 157; ferner Petak Tdg. Nr. 30, 36,
69, Petak Leond. Nr. 37, Widmann Nr. 3b.
5) Zu den beiden letzten Zeilen vergl. Petak Leond. Nr. 55, sowie Hein (Toten
bretter aus Maurach bei Zell am See) in der Zeitschr. f. österr. Volksk. l, 64.
°) Vergl. Nr. 235.
35
‘244. Unheilbar ist die Wunde, 2511. Guter Mann! Dir zu Ehren
Die der Herr uns schlug, Setz’ ich dieses Denkmal dir
Unvergeßlich jene Stunde, (Z. 3 6 wie früher.)’)
Da man dich zu Grabe trug. Anthering 1880.
Weckelsdorf (Böhmen). Oberndorf 1884.
Klagenfurt, St. Ruppr. Oberndorf 1893.
Unheilbar ist die Wunde, 252. Du siehst vom Himmel auf uns
Die dein Tod uns schlug, nieder,
Unvergeßlich ist uns die Stunde, Und rufst: Im Land des Friedens
Wo man dich zu Grabe trug‘) Sehen wir uns wieder!)
Sbg. Seb. 1870 (2mal). Oberndorf 1896.
(Petak Leond. Nr. 1 und 2.)
25‘i. Dieses Grab so kühl
Unheilbar ist jene (diese) Wunde, Nach langer Leiden Ziel
Die dein früher Tod uns schlug; Schließt dich, beste Mutter! ein,
Unvergeßlich jene Stunde, Gatte, Kinder, Freunde denken dein,
Wo man dich zu Grabe trug. Segnen dich noch überm Grab,
Mattsee 1886. Blick’ auf uns verklärt hinab!
Morzg 1883. Anthering.
Morzg 1885. Nußdorf 1885.
Seeham 1893.
Anthering 1893. 254. Du warst ein Friedensengel uns
Olmütz 1893. hienieden
(Hein Böhm. S. 93.)
Voll edler Güte, frei von jeder Schuld:
247. Unheilbar ist uns die Wunde, Nun wandelst du im Licht, im
Die dein früher Tod uns schlug, Gottesfrieden,
Doppelt schmerzlich jene Stunde, Verkläret durch des Höchsten Vater—
Da man dich zu Grabe trug. huld.
Nußdorf 1891. O sieh auf uns, die hier in Thränen
stehen,
‘248. Unheilbar ist jene Wunde, Voll Zuversicht auf einst’ges Wieder
Die, o Vater, du uns schlugst, sehen")
Unvergeßlich jene Stunde, Sbg. Seb. 1864.
Als man dich zu Grabe trug.
Nußdorf 1881. 255. Blick nieder, Vater, dort mit Gott
Oberndorf 1883. vereint;
Um dich die Mutter mit den Kindern
249. ich kann es gar nicht sagen,
weint,
Wie sehr geliebt ich dich hab’,
O laß denTrost nun von des Himmels
Und werd ich noch manche Stunde
Höh’n
Vertrauern an deinem Grab’.
In ihre tief zerriss’nen Herzen weh’n.
Morzg 1884.
Sbg. Seb. 1880.
‚ Dankbar und mit Liebe weihe Sbg. Seb. 1885.
Dieses Kreuz, 0 Mann! ich dir, 256‘. Theurer Vater, schau hernieder,
Danke dir für dein Bestreben, Auf uns, die wir verlassen stehen,
So du einstens hattest hier. Daß wir von deinem Grabe wieder,
Wünsch’ dir ewig glücklich Leben, Getröstet und froh zur Arbeit gehen.
Bis ich wieder komm zu dir.')
Anthering 1891.
Sbg. Seb. 1892. (Petak Tdg. Nr. 19.)
I) Vergl. Nr. 82.
’) Mit einem Bilde.
v"*) Vergl. Nr. 221, 414.
‘) Zu Z. vergl. 1 Nr. 178, 186; ferner vergl. Petak Tdg. Nr. 33.
5) Schluß vergl. Petak Leond. Nr. 36.
3'
7 Ruhe sanft, o ruh’ im Frieden, 264. Ihr Theuren! habt nun ausgelitten
Du Edler, stets von uns beweint; Und sankt so früh ins tiefe Grab,
Auf ewig sind wir nicht geschieden, Der Schöpfer ließ sich nicht erbitten,
Einst werden wir mit dir vereint. Der euch ein besseres Leben gab.
O lieber Theu’rer! blick’ hernieder, O ruhet sanft im Schooß der Erde
Auf uns die wir verlassen stehn, Und bittet dort für uns bei Gott,
Daß wir von deinem Grabe wieder Daß uns auch einst Allen werde
Getrost und froh nach hause gehn.') Nach diesen Leben süßer Tod.
Sbg. Seb. 1874. Sbg. Seb. 1870, 73.
Oberndorf 1880.
2.58. Gottes Segen war hienieden
IG’). Deine Leiden sind geendet,
Deines Fleißes großer Lohn, O wie süß ist deine Ruh;
Und den wahren Seelenfrieden
Deiner treuen Gattin Hände
Hast du nun im Himmel schon.
Drücken dir die Augen zu.
Anthering 1893. Morzg 1882.
‘160. Freund!
Gottes Friede, Gottes Segen
War mit dir im Ehestand, Deine Leiden sind am Ende,
O! Gewiß auf allen Wegen O wie süß ist deine Ruh’;
Führte dich die Vaterhand. Deiner treuen Freunde Hände
Drückten dir die Augen zu.
Oberndorf 1892.
Schlummre sanft im Schoß der Erden,
- Ihr habt euch unserm Blick ent Heilig sey uns dieser Ort!
schwungen, Und wenn wir einst kommen werden,
Der höhern Heimat gingt ihr zu, O, so harre unser dort.
Ihr habt den Siegeskranz errungen, Oberndorf o. J.
Wir sind im Kampf, ihr seid in Ruh.“) 267. Dein langes Leiden hat ein Ende,
Anthering 81. Erlöst bist du von deiner Qual,
Oberndorf 1889. Wir drückten deine treuen Hände
(Wlf. SO.) Auf dieser Welt zum letztenmal.
- Liebe Mutter, Mögest du als Lohn am Sternenthrone
Du bist meinem Auge entrückt Empfangen nun die Dulderkrone!
Meinem Herzen verblieben?) Oberndorf 1893.
Sbg. Seb. 208. Du bist befreit von deinen Lebens
‘.lfi‘l. banden,
Du Theuerster hast ausgelitten
Und sankst zu früh ins stille Grab,
Wo Sterbliche die Prüfungszeit be
stehn!
Der Schöpfer ließ sich nicht erbitten,
Du hast die Pilgerreise überstanden,
Der Dir ein bessres Leben gab.
Wirst deinen Gott und'die Vollen
Sbg. Nonntal 1851.
dung sehn.
Anthering o. J.
Sbg. Seb. 1867.
Sbg. Seb. 1858.
(Petak Leond. Nr. 31.) (Hörm. l. 5.35.)
(Wlf. 43.) <wn. 93.)
‘269. Sehnsuchtsvoll sahst du der Nacht
‘261. Ach theurer hast nun ausgelitten
entgegen
Und sankst so früh ins kühle Grab,
Nach dem Lebenstage heiß und
Der Schöpfer ließ sich nicht erbitten, schwül,
Der dir ein bessres Leben gab.
Mochtest gern dein Haupt zum
Oberndorf 1856. Schlumer legen
Oberndorf 1889. In des Grabes Schatten tief und kühl.
Sbg. Seb. 1850.
Sbg. Seb. 1869. Anthering 1880.
‘) Z. 1 —4 sieh Nr. 124; vergl. auch Petak Leond. Nr. 36.
") Z. 1 korrigiert statt »entschwunden«. Vergl. Nr. 603. Z. 4 vergl. auch Nr. 359.
a) Vergl. Nr. 377, 467.
37
270. Zu früh für mich giengst du auf 27 b. lhr habt euer Tagewerk Vollendet,
schöner Bahn Und weinend stehen wir an eurer
Hiniiber in das bess’re Land, Gruft,
Was du gelitten, was du gethan, O ruhet sanft, euer Leben ist voll
Ist mir am besten nur bekannt, endeh
Ich könnt’ und kann es niemals dir Bis euch der Herr zur Auferstehung
belohnen, ruft.
Doch dafür lohn’ es Gott mit ewigen Anthering 1886.
Kronen‘) Anthering 1887.
Nußdorf 1887.
Sbg. Seb. 1834.
- Friede, Vater, sey mit Deiner Asche,
271. Wir könnens niemals dir vergelten, Friede!
So herzlich hast du uns geliebt; Weinend brachten wir Dich hier zur
Dir lohne in den bessern Welten Ruh’.
Des Vaters Hand, die ewig gibt. Deines mühevollen Erdenlebens müde,
Olmütz 1896. Eiltest Du der bessern Heimath zu;
Mit dem Troste ließest Du die Deinen:
»Dort im Himmel wird uns Gott ver
- Euch ist der einz’ge Sohn voran—
gegangen, einenl«')
Von dem —— zum 50jährigen Ehe Sbg. Seb. 1852.
Sbg. Seb. 1871.
band -«
Nußdorf 1890.
lhr noch den Priestersegen habt em (Waldeck 418.)
pfangen. (Wlf. 171.)
Und nun, vereint im ew’gen Heimat (Waldeck 163, 727.)
Iand, 277. Friede, Vater, sei mit deiner Asche,
Mög’ Gott Euch seinen Segen geben, Friede!
Den lhr so reich verdient im Leben. Weinend brachten wir dich hier zu
Mattsee 1871. Grab.
Müde deines mühevollen Erdenlebens,
- Du hast dein Tagewerk getreu voll Eilest du der bessern Heimat zu.
endeg Mit dem Trost verließest du die
Und weinend steh’ ich hier vor deiner Deinen:
Gruft, Dort im Himmel wird uns Gott ver
O ruhe sanft, dein Leiden ist geendet, einen!
Bis dich der Herr zur Auferstehung Seeham 1887.
ruft.
278. Das Concert des Lebens ist geendet;
Sbg. Seb. 1831.
Sbg. Seb. 1861. Das Majestoso Deiner Geburtsstunde,
(Wlf. 82.) Das Allegro Deiner Jugendzeit,
(Waldeck 338.) Das Andante Deiner reiferen Jahre
Hast Du als siegender Künstler durch—
274‘. Du hast dein Tagewerk getreu voll geführt,
endeb Und der große Kapellmeister, der
Und weinend stehen wir an deiner allein den
Gruft, Tiefen Sinn Deiner letzten Cadenz
O ruhe sanft, dein Leben ist beendet, verstand,
Bis dich der Herr zur Auferstehung Wußte wohl, daß nur das Finale der
ruft. Todtenglocke darauf passen würde")
Sbg. Seb. 1874. Sbg. Seb. 1837.
l) Zum Anfang vergl. Nr. 80 ff.
2
Zu Z. 2 vergl. Nr. 230 Anm.
“‘ Diese sinnige Prosainschrift befindet sich auf dem Grabe eines Musikus.
Vergl. r. 79 und 286.
38
279- Dir ist wohl, du bist nun drüben, ‘ß’~ Ruhet die Hülle auch hier
in dem seligfrohen Ort, im friedlichen Schoße der Erde,
Doch im Herzen deiner Lieben Schwebet dein Geist doch um uns
Blutet stets der Schmerz noch fort!) Liebend und schützend zugleich!)
Sbg. Nonntal 1877. Eugendorf.
252. Zum Streit für seines Kaisers Macht, bestallter Haubtmann, zugleich hie
Gieng er zum Kampf, zur blut’gen siger Vestung Wuefen gewester Com
Schlacht; mandant, welcher seines Alters im
Gab Gut und Blut für ihn und fand 70. Jahr den 3. April 1606 alles
Den schönen Tod fürs Vaterland. Zeitliche abandoniert und allda das
Drum weinet nicht, wenn ihr hier Haubt—Quartier in sanfter Ruhe be
steht, zogen. Mit allen Gläubigen eine
Und denkt, wenn ihr sein Denkmal fröhliche Vrständ in Cristo er
seht: wartend!) ‘
Es rief ihm Gott, dem braven Sohne, Wuefen im pongau 1606,
Daß er die schöne That ihm lohne. Marktkirche.
Maria Plain 1859.
Hier ruht Josefus Messerer,
Werda?
Ein guter Tenorist,
Berti, ein Soldat in Waffen, Und lacht, daß er ein besserer
Berümbt zu See und Land
Jetzt drüben im Himmel ist?)
Liegt im Frieden hier entschlaffen,
Quittierndt seinen Stand. Tainach (1820 ?)
Der lebend ist nicht gewichen,
Stund b’herzt vor manchem Feind, 285. Die ihn zum Künstler hat entzückt,
Ruft nunmehr, Todt verblichen: Natur, die ewig schön und groß,
Verlaß mich nicht, gut Freund. Sie hat ihn an ihr Herz gedrückt,
AlsobittetumbTrostreicheSeelen Er ruht nun sanft in ihrem Schooßx‘)
Succurs der Hoch Edelgebohrne Herr Sbg. St. Peter 1876.
Franz de Berti, Hochfürstl. Salzburg. (Hörm. lll. S. 78.)
l) Vergl. Kärt. Ztg. 1896, Nr. 284.
1) Diese Grabinschrift ist, wie ich sehe, mit ziemlich abweichendem Text bei
Hörm. ll. S. 187 irrtümlich als Marterl bezeichnet. Der Verstorbene war 1760 zu
Schwatz in Tirol geboren, der Grabspruch steht am Friedhof bei der Kirche.
’) Grab des Landschaftsmalers Hanusch.
40
284 - Was er im Lied gelehrt, geahnt im 291. Das Grab sey nah, sey fern,
Reich der Töne, Die Erde ist des Herrn.
Im Urquell schaut ers nun »e das Den guten Jüngling lohne Gottes
Wahre und das Schöne‘) Frieden,
Sbg. St. Peter 1838. Der fern von seiner Heimath ist
verschieden.
Oberndorf 1868.
287 - Außgelegen, Außgewegen
Mueß alleß werden nach dem Todt, 292 Das Schicksal gab ihm nicht, was
Volgt Straff oder Gnad hingegen, ihm versprochen,
Wie es findt dein Aug, 0 Gott. Sein Leben war im Frühlingstraum
Wann die Schmidin mit dem Eisen gebrochen!)
Ihrer Sünd beschwert dein Waag, Klagenfurt 1891.
Wollest lhr dein Gnad erweißen
An dem Strengen Vrtheil Tag. 293. Hier fiel, im Frühling ihrer Jahre,
Also seuffzet Zu dem Hechsten Das frischste Mädchen in die Bahre;
Richter, die alda begrabne Frau Catha Nun ruft Sie aus der seel’gen Ruh
rina Außwegerin geborne Schmidin, Dir, Leser! diese Wahrnung zu:
so den 14. Monatßtag Juny Anno 1676 O wanderer, du darfst Achtung geben:
in Gott Seeligclich entschlaffenß) Ein Schritt ist zwischen Tod und
Leben,
Sbg. Nonnbg 1676.
(Hörm. III. S. 25.) Du bist nicht stärker als wie ich.
Geh hin, sey from und beth für
- mich")
‘.588. Reich und arm, # es war lhr jede
gleich,
Sbg. Seb. 1777.
Geg’n jede war sie zart und liebe 294. Wie von der Sense abgekürzt
reich; Die junge Blume nieder stürzt,
Drum liebten ihre Nachbarn innig sie, So fiel im Frühling ihrer Jahre
Ach, den Ihren starb sie viel zu Dieß blühnde Mädchen in die bahre.
früh!’) lhr Stammenhaus weint tiefsten
Sbg. St. Peter 1872. Schmerz
(Hörm. III. 5.56.) Beym nachbahrlichen Grabeshügel:
Sie war der Aeltern Hand und Herz,
‘289. Weil sie hat auf dieser Erden Vnd ihrer Schwestern Musterspiegel,
Eine Braut nicht sollen werden, Wer Tugend, Reitz und Klugheit
lhr Liebster ist kommen kennt,
Und hat sie genommen Betaurt der selgen frühes End.
In die ewige Freud. O Leser! trotze nicht auf Jugend,
Der beste Schild ist ächte Tugend,
Oberndorf 1881.
Nur sie (belebt?) die todte Blum
In Edends Garten wiederum.
Geschwisterte nach Herz und Sinn,
Sie lebten Beide fromm auf Erden.
Sbg. Seb. 1785.
Deshalb der Herr sie rief hin, 295. Sie war eine Rose, vor ihrer Ent
Selig ganz bei ihm zu werden‘) faltung verwelktfi)
Anthering 1880. Klagenfurt 1870.
l) Grab des Dr. Floegel. Vergl. Nr. 79 und 278.
") Das Bild vom Auswägen der Sünden auf der Wage Gottes ist mit Anspielung
au f den Namen der Toten angewendet.
°) Grab einer Hebamme.
‘) Z. 3 wahrscheinlich verdorben.
"’) Ein Doktorand der Rechte.
‘) Zum Anfang vergl. Nr. 564, 583, sowie Petak Leond. Nr. 68, Widmann
Nr. 5 a; Z. 5 48 vergl. Nr. 602.
7) 16jähriges Mädchen.
41
."IUÖ. Vater, Mutter, ruhen hier, 1.510. Hic cum Prole Parens, uno vix longius
Beide unvergeßlich uns anno
Gott! Laß ruhen sie in Frieden, Nupta, suique viri dulcis amica, jacet.
Wo du labest alle Müden Proh gemitus duplex! Infans in
Laß uns alle finden dort, Iimine vitae
Wenn auch wier sollen von hier fort!) Et Mater, vitam cum daret, interiitß)
Oberndorf o. J. Sbg. Seb. 1805.
Ein Wink, ein Wort von ihm war BIS. Ruhig schlief bey Himmelssehnen
ebenfalls genug, Sie die beste Mutter ein,
Das man die, so da ruhn, hie her Und ihr folgen heiße Thränen,
zu Grabe Trug. Die ihr ihre Kinder weih’n;
Erlößer! lasse sie doch auch dies Zwar zu früh für uns hienieden
Trostwort hören: Deckt der Staub die Stätte zu,
Steht Auf Aus Eurer Kruft! Zwar nicht Doch schläft jetzt in süßem Frieden
zurück zu kehren. Sie den Balsam—Schaf (l) der Ruh.’)
Nein, lasse sie Vielmehr von hier Sbg. Nonnt. 1823.
geschieden seyn,
Vnd Führ sie durch den Tod zum 319. Als Gatte treu,
wahren Leben ein. Als Vater gut,
Sbg. Seb. 1775. So war der Edle,
Der hier selig ruht.
314. Die jungen Männer zog hinab
Sternberg 1891.
Das eisige, fluthende Grab,
Der Ew’ge wird ihnen Leben 320. Hier ist’s, wo die Mutter ich beweine;
im Himmel bei Seligen geben Wie sie war, so, fühl’ ich, gibt es
Und sein ein schützender Stab. keine.
Mattsee 1897. Nun ruht sie selig und in Frieden
hier,
315. Des Todes Macht stürzt Jederman, Doch ewig unvergeßlich bleibt sie
Nur weis man nicht, wie wo und min“)
wann. Mattsee 1877.
So starb Franz Niklas ohn' Ver—
muthen, 321. Vor Gottes Thron dies Zeugnis gibt
Gestürzt vom Pferd in Salzachfluthen; Die‘Gattin, die er treu geliebt;
Sein ganzes Haus weint tiefbetrübt, Verwandte, die er hat gestützt;
Sein Bruder, der ihn stets geliebt, Die Menschen, denen er genützt.
Setzt ihm den Stein zum Angedenken, Oberndorf 1895.
O lieber Leser! möchtest Du,
Der armen Seel, zur ew’gen Ruh’, I‘i2‘l. ihr unbeflecktes Leben
Ein fromes Vater Unser schenken.') Geht über viele Zeit,
Sbg. Seb. 1783. Der Lohn wird ihr gegeben
in froher Ewigkeit.
316. Erliegend in dem Kampf der Die schönste Zird’ der Jugend
Schmerzen, ist Kampf für Unschuldssinn
Da alle Hilfe fruchtlos war, Es kräftigt in der Tugend
Gab sie mit fromm ergebnem Herzen, Und schwingt zum Höchsten hin‘)
Sich Gott zum schönsten Opfer dar. Oberndorf 1888.
Nußdorf 1891.
- Kommt, ihr Jungfrauen!
317. Ruhig schlief in Himmelssehnen Das Grab zu beschauen,
Er, der beste Vater ein; Wer ruhet darin ?
‘Ach, ihm folgen heiße Thränen, Ein Spiegel der Jugend,
Die ihm Frau und Kinder weih'n. Die Zierde der Tugend
ist gewichen dahin‘)
Sbg. Seb. 1871.
Sbg. Seb. 1874. Oberndorf 1883.
.‘ ‘124. Duldsam trug er viele Leiden, 331. Sanft und ruhig schlief sie ein,
Rastlos lebt er seiner Pflicht, Denn ihr Herz war edel rein;
Und der Tugend süße Freuden Ehrte Gott, Religion,
Fühlend, kannte er das Arge nicht. Nun steht sie verklärt
Ihm winkt nun von Gottes Thron Vor Gottes Thron.
Wahrer Tugend ew’ger Lohn. Sbg. Seb. 1850.
Oberndorf 1872. Oberndorf 1881.
Oberndorf 1887.
Oberndorf 1892.
325. Weinet, Kinder, auf das Grab
(Petak Tdg. Nr. 56.)
Eures Vaters Thränen hin, 3I 12. Er war Gatte, Vater, Christ,
Aber trocknet sie euch ab, Jederzeit ein Biedermann;
Denn der Tod war sein Gewinn, Er gab Gott, was Gottes ist,
Gott entriß ihn der Gefahr, Theuer war ihm jede Pflicht.
Die uns oft auf Erden droht. Redlich wie sein Wandeln
Übergang zur Engelsschar, War sein Handeln.
Sanfter Schlummer war sein Tod‘) Gattin! Kinder! weinet!
Anthering 1893. Ihm ist der Lohn
Der Herrlichkeit,
3‘Äi. Die Menschen lieben,
O welch ein Lohn!
Nachsicht üben, In Ewigkeit
Arbeiten, geben Dem Verklärten Friede!
War ihr Leben. Sbg. Seb. 1855.
Linz. öl‘ß. Des besten Vaters, treuen Gatten,
Des frommen, tugendhaften Manns
- Sie waren, was sie sollten seyn:
Verklärter Geist, entfloh dein
Liebe, Güte, Redlichkeit.
Schatten
Drum zieret dieser Leichenstein:
Und staunt das Licht der Gottheit an.
Ehre, Achtung, Dankbarkeit!
Samft ruht hier des Edlen Hülle,
Oberndorf 1884. Bedau’rt von manchen guten Freund,
Bis alle fern von Weltgewühle
Obschon der treue Mann, der wahre Der Allmacht Wink uns einst vereint.
Christ, Sbg. Nonnt. 1809.
Der beste Vater hier gestorben ist,
_Es lebt in Gott der Edle noch, - Als Gatte, als Vater, als Freund
Er lebt in unsern Herzen hoch! Ruh’t hier, von vielen beweint,
Ein Mann der Tugend stets übte
Anthering.
Und Treue sowie Redlichkeit liebte.
329.
Sbg. Seb. 1835.
Hättest du gern im Grabe Ruh Sbg. Seb. 1874.
Bring dein Leben wie Sie zu, Sbg. Seb.1884.
Sei (stets?) thätig fromm und bieder, (Wedk. 214.)
Dann strömt Ruhe auf dich nieder. (Waldeck389.)
(Wlf. 163.)
Sbg. St. Peter 1877. Von Herzen fromm und Gott ergeben,
Der treuesten Gattin Ebenbild,
- Er ging dahin, den unsre Seele liebte, Gieng sie dahin ins bessre Leben,
Der treuen Gattin und der Mutter Die beste Mutter, hold und mild.
Glück, Ihr letzter liebevoller Muttersegen
Er ist dahin, der nie unser Herz be— Führ’ uns hier auf Tugendwegen,
trübte, Dass wir beim einst’gen Aufersteh’n
Und läßt uns trauernd hier zurück. Bei Gott uns alle wiederseh’n!'i
Sbg. Seb. 1865. Sbg. St. Peter 1865.
(Wedk. 346.) (Hein V. T. 66.)
') Zum Anfang vergl. Petak Tdg. Nr. 36.
2) Zum Anfang vergl. Widmann Nr. 10a.
45
Gut war Er und Gott ergeben, 341. Verweile, Leser, sieh den Staub,
Seines Sinnes still und mild. Betrachte hier das fallend Laub.
Und Sein ach so kurzes Leben Der edlen Seele ganzes Leben
War des Christen schönstes Bild. War ihrem Dienst und Gott ergeben.
Sbg. St. Peter 1825. Vereint mit wahrer Frömmigkeit
War ihre volle Lebens Zeit.
2537. Hier ruhet ein rechtschafner Mann, Der Treue, Redlichkeit und Tugend
Herr Johann Lorenz Hagenauer. Ergab sie sich in früher Jugend.
Sein Tod — ach, vergeß ihn, wer Die Armen unterstützte sie,
kann — Der Kranken Mahl vergaß sie nie;
Verursachte billige Trauer; Denn Wohlthun war ihr angemessen
Der Edle den Jedermann schätzte Dem Stifte bleibt sie unvergessen.
und liebte, Ein jeder Gute liebte sie,
Der sich aller Achtung erwarb, Sie starb für diese viel zu früh’.
Der Niemand, so leutselig war er, Ach! — Hier ruhet sie.
betrübte, Sb . St. Peter 1802.
Als da Er, der Menschenfreund, starb. l örm. l. S. 9.)
(Hörm. II. S. 9.)
Sbg. St. Peter 1797.
34 2. Froh gelebt, kein’n Scherz verdorben
3‘18. Die edle Gemahlin des seligen Gatten
Wählt sich auch zur Ruh’ dies Viel geplagt und Nichts erworben,
Trauermonument. Viele Freunde wenig Geld
Zwei Herzen, die längst sich ver— War sein Los auf dieser Welt.
einiget hatten,
Hat also der Tod auch allhier nicht Doch wenn einmahl eingetroffen,
getrennt. Was wir Christen alle hoffen —
Wird auch er in fernen Welten
Sbg. St. Peter 1800.
Als ein lieber Freund uns gelten.
319~ Wenn Kinder und Enkel mitWehmuth Sbg. St. Peter 1878.
einst fragen:
Ach Gott! unsre Altern ~ wie lange - Still und einfach war ihr Leben,
schon todt? Treu und thätig ihre Hand,
So wird’s Ihnen dieser Leichenstein Ruhig im Hinüberschweben
Ä sagen: In das bessre Vaterland“)
Sie ruhen in Frieden — lhr Weker
Olmütz 1865.
ist Gott‘) «Petak Leond. Nr. 44.)
Sbg. St. Peter 1800. (Dres. Nr. 344.)
340. Steh Wandrer! bey dem Leichenstein Still und einsam war sein Leben,
Und laß die Seele einer Frommen, Treu und fleißig seine Hand,
Die ihre Ruhstadt hier genommen, Er muß jetzt hinüberschweben
Auch deiner Andacht theilhaft seyn. In ein bessres Heimatland!)
Sie war von ihrer ersten Jugend Klagenfurt 1894 (2mal).
Bis an ihr End ein Bild der Tugend,
Drum schlief sie freudig ein. - Sie war sanft und christlich mild,
Sie war der Schutz bedrängter Armen,
Jeder Tugend frommes Bild,
Drum wird Gott ihrer sich erbarmen Die (als Gattin) beste Mutter treu
Und ihr dort gnädig seyn.‘) und gut,
Sbg. St. Peter 1770. Tag für Tag voll Arbeitsmuth.
O daß ich verlor dies edle Herz, 349. Der Hügel unscheinbar und klein
Ist meines Lebens größter Schmerz. Schließt unser Liebstes ein,
Anthering 1879. Denn unter diesem Rasen ruht
Anthering 1884. Ein Herz so brav, so treu, so gut’;
Oberndorf 1878.
Oberndorf 1879. Klagenfurt 1893.
Oberndorf 1885.
Oberndorf 1894. Wie oft rang ich die Hände
Nußdorf 1883.
Morzg 1895. Zu dir empor um Mitternacht
(Petak Leond. Nr. 45.) Und bat Dich weinend auf den Knien,
(Hein V. T. 66.) O lieber Gott, gib mir die Kraft.
(Rieder S. 112.)
(Petak Tdg. Nr. 55.)
Um daß ich meine Pflicht erfülle
.‘ 146. Ein guter Vater liegt hier begraben, An meines Gatten Krankenbett
Ausgeschmückt mit seltnen Tugend Und daß ich seine Schmerzen stille,
gaben, 0 Herr, erhöre mein Gebet.
Wohlthun, Kindesliebe und Gottes—
furcht Jedoch war es Gottes Wille;
Ach, so früh nahmst ihn zu dir!
Brachten ihm segensvolle Frucht.
Und nun genießt er zum schönsten
O Herr, gib ihm den ewigen Frieden
Und den Lebensfrieden min‘)
Lohn
Die Seligkeit vor des Versöhners Kirche in Maria Saal. .
Thron.
Sbg. Seb. 1867. 361. Des Jünglings Herz hat ausge
Maria Saal 1882.‘) schlagen,
Und in der Jugend heitern Wonne
347. Unsere gute Mutter lieget hier be— tagen
graben Stand seiner Pulse reges Leben still;
Sie war ausgeschmückt mit selten (l) Der Zukunft schönes Hoffen ist ver
Tugendgaben. nichtet,
Wohlthun, Kinderlieb’ und Gottes Es hat der Tod, der unerbittlich
furcht richtet,
Brachten ihr segensvolle Frucht. So frühe ihm gesetzt des Lebens Ziel!)
Und nun genießt sie zum schönsten
Mattsee 1894.
Lohn
Die Seligkeit vor des Versöhners
Thron. - Eine Mutter, deren Herz ihrer Kinder
Oberndorf 1892. Himmel war, die durch thätige Werke
Oberndorf 1894. Und aufopfernde Liebe dieselben be—
glückte.
3148. Beweint von Gattin und von Kindern,
Klagenfurt 1862.
(Liegt?) hier ein edles Vaterherz,
Verträumt im kühlen Schoß der Erde
Des Daseins Weh, den irdischen '- Dies Mutterherz, so lieb, so gut
Schmerz Den Kindern ist's gewesen,
Und hoffet, wenn wir auferstehn, Wie könnte da ein Kindesherz
Daß wir uns all’ noch wiedersehen. Das Mutterherz vergessen.
Klagenfurt 1884. Oberndorf 1894.
354. Sie hat so fromm und williglich 361. Die hier von uns geschieden,
Dem Wink des Herrn ergeben sich. Sind dort im Vaterland,
O Trennung! Doch in kurzer Zeit, Einst winkt zum ewigen Frieden
Wie Menschenjahre schwinden, Auch uns des Vaters Hand.
Werd’ ich in ew’ger Seligkeit, Sbg. Seb. 1870.
Werd’ ich sie wiederfinden. (Wedk. 264.)
Oberndorf 1896.
362. So ruhe denn, Gebein, wo wir den
35."). Der sie uns nahm, wird sie uns
Freund beweinen,
wiedergeben
Wie in der Freundschaft Arm im
In einer Welt, wo keine Trennung
Schooße dieser Gruft,
droht,
Bis mit dem Geiste Dich aufs neue
Wo Fried’ und Freude ewig uns um
zu vereinen
schweben. In schönere Gestalt die Stimme
Darum laßt uns hoffen durch das
Gottes ruft.
kurze Leben
Sbg. Seb. 1784.
Und bau’n auf einen guten Gott.
Sbg. Seb. 1808. In die Heimath ist sie nun voraus
'- Nicht ewig soll die Todeswunde gegangen,
Dahin folgt ihr sehnend unser Blick,
bluten,
Nach der Heimath laßt auch uns
Ein schöner Tag folgt auf die Nacht,
verlangen,
Sie ruhen hier, die Hüllen uns’rer
Dort nur blühet ewig unser Glück!’)
Guten,
Die auch im Schlaf ihr Gott bewacht. Sbg. Seb. 1853.
Nußdorf 1860.
Sbg. Seb. 1874.
357. Wandernd nach des Lebens Quelle Leicht sey ihnen dieses Grabes Erde,
Sanft ruhen sie in ihrer stillen Gruft,
Traf ihn hier des Todes Hand;
Bis der Herr durch sein allmächtig
Doch was reine Lieb’ verband
‚Werde‘
Zerreißet nicht des Grabes Schwelle.
Sie mit Schöpferkraft zum neuen
Sbg. Seb. 1831.
Leben ruft‘)
.‘ll'8. Hier ruhen sie in ihrer Gruft,
Sbg. Seb. 1847.
Bis sie des Richters Stimme ruft. (Waldeck 135.)
Dann leben sie und blühen auf, (Wedk. 26, 455.)
Steigen verklärt zu Gott hinauf. 365. Rechtschaffen war er, fromm und
Oberndorf.
bieder.
245 9. Der Gram, der bleichet unsre Wangen’ Es trauern hier, durch seinen Tod
Doch Trost ruft uns der Glaube zu: betrübt,
Ein edler Man ist heimgegangen, Um ihn die Witwe und die Brüder,
Wir sind in Schmerz, er ist in Ruhl') Die ihn so innig wie er sie geliebt.
Morzg, 1874. Das Grab ist nur zum bessern Seyn
(Wlf. 153.) die Schwelle,
(Wedk. 247, 497.)
Gott sey barmherzig seiner armen
Trauernd stehen am Grab der Lieben Seele.
Wir, die noch zurückgeblieben. Tainach 1814.
Doch zu unser beider Heil
Wird uns süßer Trost zu Theil: ‚ Für Gottesfurcht, für Fleiß und Red
Jenen winkt das Auferstehn, lichkeit,
Unser Trost heißt Wiedersehn. Lohnet ihm nun die sel’ge Ewigkeit.
Sbg. Seb. 1875. Mattsee 1798.
367. Schön war stets sein Leben, 373- Hier hat sie Trübsal oft gedrückt,
Edel sein Bemüh'n. Nun wird sie von dir, o Gott,
Möge Gottes Segen erquickt.
Ewig ihm nun blühn. Hier sah ich sie im Jammerthal,
Maria Saal 1886. Nun ist sie frei von jeder Qual.
Aus Kärnten.
1168. Leutselig, stille, bescheiden, mit
jedermann im Frieden,
""- Kein Vergessen dieses Lebens!
Rechtgläubig, mäßig und from war
Alles was er that und litt,
dieser Mann hienieden.
That und litt er nicht vergebens,
Dem lohnet es die Ewigkeit. Wer
Alles Gute nahm er mit,
aber Lohn, und Segen
Darum wird der Herr der Welten,
im Leben schon genießen will, der
Alles Edle ihm vergelten,
brauche sein Vermögen
Was auf dieser Lebensbahn
Bald, und ordne selbst, was Gott zur
Er als Vater uns gethan.
Ehre und Menschen beglücket,
Sehe noch sein Gutes, bevor ihm Anthering 1894.
Tod das Licht entrücket.
- Deme Vnd allen Gott wolle belohnen,
Mattsee 1782.
was Sye hier guetts g’wirkht, dort
369. Hier in dieser Grabeskammer ruht Ewig verschonen.
eine Mutter und ihr Sohn,
Sbg. Seb. 1693.
Sie sind erlöst von Erdenjammer und
stehen schon vor Gottes Thron.
- Der Eltern heiße Thränen fließen
Der frühe Tod des Sohnes brach ihr
Dem Sohn, der ihre Stütze war;
das Mutterherz,
Doch er wird nun den Lohn genießen,
Der liebe Gott belohne es beiden
Den seine Tugend ihm gebar.
und lindre ihren Schmerz,
Bei Gott kann er noch mehr erflehen,
Wie sie uns hier auf Erden schon
Drum zog er hin in’s bessre Land;
haben Gutes gethan,
Dort werdet ihr ihn wieder sehen:
Bis wier auch einstens werden euch,
Hier ist kein Glück und kein Bestand.
ihr theuren Herzen, nah’n.')
Schnobolin 1895. Sbg. Seb. 1880.
570. Sanft und Milde war ihr Tod, - Dem Auge entrückt, dem Herzen ver
ihre Güte lohne Gott. blieben, ruhet hier . . . . . .’)
Domeschau 1872.
Sbg. Nonnt. 1874.
371. Ein Opfer war ihr Leben, (Hörm. ll. S. 7.)
Dem Wohl der Armuth willig dar
ä ‚ Sie schied hinüber ins ewige Licht!
gebracht.
Nur nützen wollte sie, nur Hilfe geben, ihr Wirken bleibt —— Erinnrung
An eignes Glück hat wenig sie gedacht. schwindet nicht.
An Liebe reich, von Milde stets geleitet, Sbg. Seb. 1856.
Hat bis zum Grab sie Segen nur Sbg. Seb. 1870.
Sbg. Seb. 1883.
verbreitet’) (Wlf. 19.)
Klagenfurt 1875.
1172. - Nur ehren will die Dankbarkeit
Sanft ruhe er in Frieden
Nach der Arbeit seiner Zeit. Die Selige in diesem Stein,
Gott lohn’ ihm alles Erdengute Nicht schützen vor Vergessenheit,
ihr Name grub sich Herzen ein.
im Haus der Ewigkeit.
Laufen (Kirche) 1827. Sbg. St. Peter 1822.
‘) Z. 5 geht auf den ersten, Z. 6 auf den zweiten Teil von Z. 4 zurück.
') Vergl. Petak Frdfv. Nr. 10.
‘) Vergl. Nr. 261, 467.
49
- Was die Eltern uns gewesen, 1188. Der Blick nach Jenseits tröstet hier
Kann man nicht am Grabstein lesen die Seinen,
Eingegraben wie in Erz Die Gattin und den Sohn, die hier
Steht es in der Kinder Herz‘; noch um ihn weinen,
Oberndorf 1890. Zu früh starb er « gerecht ist unser
Schmerz,
381. Herbey Herbey zu diesem Orth, DochWiederseh'n beruhigt unser Herz.
Alexium zu erquikhen.
Oberndorf 1868.
Vernemmet dessen wenig worth, Oberndorf 1876.
Die er zu vns thuet schikhen.
Er bittet all, die disen Stein 31‘W~ Zu früh riß von des Gatten Herzen
betrachten vnd durch sechen, Der grause Tod die Gattin los,
Das seye wollen barmhertzig seyn, Ihr Wert verdoppelt seine Schmerzen,
ein wenig bleiben stehen, Sie war allein das Glück, das er
Nur omb ein Ave ruefft er zue, genoßf‘)
weichwasser thuet ihm Geben, Sbg. St. Peter 1875.
Das Er nach arbeith zu der ruehe
2188. Zu früh riß von des Gatten Herzen
Gelang ins Ewige Leben.
Sbg. Nonnb. 1724. Der Tod die beste Gattin los,
‚(Hörm. III. S. 48.) Ihr Werth verdoppelt seiner Sehnsucht
1482.
Schmerzen,
O sie schlafen hier im Frieden
Sie war sein Glück, das er genoß.
Jetzt den Pilgerschlaf der Ruh.
Nicht er allein, der für sie brannte,
Viel zu früh für uns hienieden
Weint an ihrem Leichenstein;
Deckt ein stilles Grab sie zu.
Nein! jedem Edlen, der sie kannte,
Sbg. Seb.
Muß ihre Tugend unvergeßlich seyn.
'- O Sie schläfet hier im Frieden Gnigl 1844.
Jetzt den Pilgerschlaf der Ruh!
Viel zu früh für uns hienieden, Gott! Laß uns Weinenden den
Deckt das stille Grab Sie zu") Glauben
Sbg. Seb. Und Trost in unsre Seele weh’n,
(Wlf. 42.) Wir werden einstin Paradießes Auen
Den früh Verlornen wiederseh’n.
r Owie sanft schlummert hier in Frieden
Sbg. Seb. 1868.
Er, der Pilger! Schlaf’ in Ruh’! Sbg. Seb. 1851.“)
Viel zu früh für uns hienieden (Wlf. 18.)“)
Deckt ein stilles Grab ihn zu?)
2190. Allzufrüh für uns hienieden
Sbg. St. Peter 1871.
(Wedk. 453, 575.) Deckt der Staub die Hülle zu,
Doch er schläft in süßen Frieden
r Ach! er starb, er starb zu früh,
Schläft in Gottes ew’ger Ruh,
Zu früh ach für die Meinen, Bis wir uns einst wiederseh’n,
Die alle wehmutsvoll um ihn, Wenn wir alle aufersteh’nF)
Um ihren Vater weinen,
Mattsee 1891.
Ach, welches Leiden, welcher
Schmerz! 39I . Viel hat sie hier getragen
Mir blutet immer mehr das Herz Ihr Werk war lang und schwer;
Bei meiner Kinder Thränen.‘) Nun fühlt sie keine Plagen
Oberndorf 1895. Und keine Lasten mehr.
lhr Abend ist gekommen, 397~ Er schloß sein Auge, das so mild,
Vollendet ist ihr Thun ‚"— Erglänzt uns wie ein Sternenbild!
Wie wird sie bei den Frommen Es ist verstummt im Tode bleich,
So sanft und selig ruh’n! Sein Mund so lieb und Iehrenreich.
Olmütz 1895. Doch nun aus lichter Himmelsruh,
Schaut verklärt er auf uns zu,
Und preist des Högsten Vatterhand,
Weil ihre Seele Gott gefiel,
Die ihn geführt ins Heimatland.
Ließ er gelangen sie zum Ziel,
Dort in der ewigen Heimat fern,
Nahm sie zum Lohn aus dieser Zeit
Winkt uns der Wiedersehungs-Stern.
Zu sich hinauf zur Seligkeit.
Er geht nicht unter, löscht nicht aus,
Mattsee 1891. Bis wir bei ihm im Vaterhaus.
Mattsee 1892.
(Wedk. 518.) Aschau (Zillertalh
' - Der Mutter weihet diesen Stein
391 Die ich geliebt, sind nicht gestorben, Der Tochter Herz, das stets getreue.
Dort schweben sie auf der Voll Es soll der Liebe Denkmal sein,
endung Höh’n. Wo sich mein ew’ger Schmerz er
Wenn ich die Palme auch wie sie neue;
erworben, Bis einst der große Tag erscheint,
Dann lohnt die fromme Sehnsucht Der uns im Lichte neu vereint.
Wiederseh'n.
Oberndorf 1879.
Oberndorf 1884.
Hier im stillen Todeshain
Entronnen aller Erdennoth Ruht ein seliges Gebein.
Und aller Schmach entnommen, Die Welt bedauert seine Jugend,
Führt ihren Geist der Engel Tod Der Himmel freut sich seiner Tugend.
ln’s stille Land der Frommen. Oberndorf 1866.
Oberndorf 1894. ‚ Ein Jüngling an Jahren,
Ein Mann an Christlicher Tugend,
395 Weinet nicht! Sie sind entschwunden, Ein Greis an Handels Wissenschaften,
Doch gestorben sind sie nicht. Starb, doch nein! er verhandelte nur
Frei von trüben Wechselstunden, Ein zeitliches in ein ewiges Leben.
Schau’n sie nun ein ewig Licht. Sbg. St. Peter 1780.
Denn der hier im Heilandsglauben (Hörm. l. S. 152.)
Heilandslehre treu geübt, - Ein junges Blut, ach seiner Eltern
Dem vermag kein Tod zu rauben, Lust,
Was zum Lohn der Himmel gibt‘) Ein Musensohn, erbleicht in schönster
Oberndorf 1871. Jugend.
Doch nein: es starb, dem Himmel
3‘Ji. wars bewußt
(Dort?) lebt sie ja, entfernt zwar,
Schon als ein Mann in reiff erwachs
aber heiter,
ner Tugend‘)
Mit ihrem theuren Bruder Hand in
Hand, Sbg. St. Peter 1763.
Wo Lieb’ und Hoffnung stets sie als Was mir theuer war in diesem Leben,
Begleiter Ruht hier in diesem kleinen Raum,
Umschweben in der Unschuld Freude ist in diesem Leben
Sternenland. Nur ein kurzer Traum.
Sbg. St. Peter 1837. Olmütz 1865.
‘) Wenig volkstümlich!
’) Die Inschrift gehört wie soviele andere einem Hagenauer, welche Familie
die Verse auf den Gräbern liebt.
51
401i. Ach unsre Mutter lebt (ist) nicht Drum, Kinder, denket stets an euere
mehr, Pflicht,
Ihr Platz in unserm Haus ist leer, Und vergeßt der Eltern im Grabe
Sie reicht uns nicht mehr ihre Hand, nicht.
Der Tod zerriß das schöne Band. Oberndorf 1887.
Olmütz 1893. Oberndorf 1888.’)
Schnobolin 1894.
- Uiberfallen durch fremde Hand,
- Ach unser Vater lebt nicht mehr, Wurde zerrissen das Lebensband.
Der Platz in unsern Kreiß ist leer; Schmerzhaft hat er ausgelitten,
Er reicht uns nicht mehr seine Hand, Gieng der Heimat Gottes zu,
Der Tod zerriß das schöne Band. Hat den schweren Kampf bestritten
O was der Vater uns gewesen, Schlummert nün in stiller Ruh’.
Kann niemand Fühlen und ermessen, Darum, Kinder, denkt stets an Gott,
Drum eingegraben wie in Erz Daß er bewahrt, wenn Gefahr euch
Bleibt er in unsern treuen Herz!) droht“)
Seeham 1874. Oberndorf 1878.
Z. 14—4 Schnobolin 1884, 1894.
410. Sie hat nun schmerzhaft ausgelitten
411!~ Dem theuren Vater bringen zwei 414- Der Gatte, Zeuge ihrer schweren
Kinderpaar Leiden,
Dieß Denkmal heißer Liebe dar. Weiht ihr dieß Denkmal, seines
Ruh’ sanft, o Edler! der du uns das Grams Simbol.
Leben Wie gerne wär’ er ihr gefolgt im
Und eines höhern Daseyns Grund Scheiden;
gegeben, Doch leben mußt’ er für der Kinder
Und mit des Weltenrichters heil’gen Wohl.
Segen ' Sbg. St. Peter 1867.
Tritt uns dereinst vom Sternenzelt Sbg. St. Peter 1840, 1867.‘)
entgegen
‘) Z. 1 »Die Gattin« u. s. f. Vergl. Nr. 250 und 251. Zu Z. 1 vergl. Widmann Nr. 4.
IV. Allgemeine Gedanken.
Übersicht:
Tod und Vergänglichkeit . . . . . . . . . . . Nr. 415»4434
Das Leben ein Traum und ähnliches . . . . . . . . » 435 4439
Auferstehung und Wiedersehen . . . . . . . . . . . >> 4404466
Treue Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) 4674477
Trennungsschmerz und Hoffnung . . . . . . . . » 4784491
Lebensauffassung . . ~ . . . . . . » 492#496
Mutterliebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 497;- 500
Tiefes Leid . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 501-503
415. Das sterben ist der Menschen Loos, 430~ Ältern trennt die Zeit von ihren
Der blasse Tod raubt klein und groß, Kindern,
Undjungundaltläßt(unleserlich)frei, Grausam, schnell raubt sie des Todes
Fragt keinen, obs gefällig sei. Hand,
Seeham 1878. Der Gedanke kann den Schmerz nur
lindern:
416. Alle Menschen müssen sterben, Wiederseh’n winckt im bessern Land!
ihre Herrlichkeit verbiüht, Sbg. Seb. 1845.
Keiner kann den Himmel erben, (Wlf. 150.)
Der zuvor den Tod nicht sieht.
Seeham 1897. - Des Lebens Tag ist schwer und
schwül;
- (Z. 1—4 wie früher.) Des Todes Odem leicht und kühl,
Dieser Leib wird wieder Erde, Es wehet freundlich uns hinab,
Daß er einst unsterblich werde; Wie welkes Laub, ins stille Grab;
in des Grabes Sicherheit Uns sammelt alle, klein und groß,
Reift er für die Ewigkeit. Die Mutter Erd’ in ihrem Schooß.
Seeham 1897. Sbg. Seb. 1850.
(Wedk. 279, 207.)
418. So muß ein Mensch nach dem andern (Waldeck 112.)=)
Von dieser Welt ins ewige wandern.
(Wlf. 181 .)
Domeschau 1874.
'- Die Welt vergeht mit ihrer Lust,
Vergeht mit ihrem Leid,
419. Auf Erden ist kein Glück;
Nur wer den Willen Gottes thut,
Wo große Freud’, ist großes Leiden, Der bleibt in Ewigkeit!)
Doch ob die Lieben von uns scheiden,
Der Himmel gibt sie uns zurück‘) Seeham 1893.
Klagenfurt 1867.
Anthering 1884. (Dres. Nr. 583.)
‘) Zum Anfang vergl. Nr. 434 und Petak Tdg. Nr. 80.
”) Z. 2 »Tages Abend«. Der Anfang erinnert an Matthissons »Nachruf an Elisa
Jung« (1802) zweite Strophe. (Vergl. Nr. 228.) »Der Lebenswandrung Tag ist schwül.«
P ;2| Biblische Motive. Zum Anfang vergl. Cor. VII. 31. Zu Z. 3 und 4 vergl.
rov. X. 21.
54
42 i. Vergänglich ist das Glück, 428. Wie der welke Greis am Stabe,
Doch ewig währt die Liebe. Sinkt der Jüngling und der Knabe
Olmütz 1881. In das schandervolle Grab;
Zieht zuletzt auch uns hinab!)
424 . Wähle! Hier die Erdenblume, Sternberg bei Velden 1895.
Die am Abend schon erbleicht,
4‘."J. Was geboren ist auf Erden,
Dort den Kranz voll Himmelsruhe,
Der Unsterblichkeit dir reicht‘) Muß zu Staub und Asche werden,
Oberndorf 1887. Wie das Korn, ins Feld gesäet,
Reich an Ähren auferstehet,
42b. Alles Fleisch ist wieGras So werden wir uns wiedersehn,
Und seine Herrlichkeit wie des Grases Denn der Glaube kann nicht unter
Blum’; gehn.‘)
Das Gras verdorrt und seine Blum’ Mattsee 1893.
fällt ab, (Hörm. III, S. 113.)
Aber das Wort des Herrn bleibt in (Petak Tdg. Nr. 79.)
(Petak Leond. Nr. 56.)
Ewigkeit’)
Maria Rain 1853. 430. Wir leben, unsre Liebsten zu be
graben,
426. Fäden nur zu seinem Leichentuche Bis sie uns selbst zur Gruft getragen
Sind die Stunden, die der Mensch haben.
erlebt, Oberndorf 1885.
Von der Wiege bis zum Aschenkruge 4Jil. Des Menschen Leben welkt wie Laub,
Ist gar bald das schwarze Tuch ge
Das matt vom Baume sinkt,
webt;
Der stärkeste zerfalt in Staub,
Darum, Wand’rer! Nimm an jedem
Wenn der Allmächtge winkt.
Grabe
Drum höre, was aus dunkler Gruft
Du die inhaltschwere Lehre an:
Der Toden Geisterstimme ruft,
Daß dich morgen schon im Glück
Thue was vernunnft und Gott gebeut,
und Habe
Und wirke für die ewigkeit.
Eine Hand voll Erde decken kann.
Sbg. Seb. 1807.
Sbg. Seb. 1869.
(Z. 1774 Wlf. 22.) -Ifi2. Vom Jüngling bis zum Greise
Ach! ist nur eine Spanne Zeit.
427. Siste viator! Oft schnell und unversehner Weise
Memento te moriturum Ruft Gott zur langen Ewigkeit‘)
Et post mortem id messurum,
Seeham 1876.
Quod hic seminaveris.
Terram teris, terram geris, 433. Nur das bleibt, was edel, gut und
Et in terram reverteris, schön,
Qui de terra sumeris: Alles andre muß die Zeit verweh’n.
Gerne, quid es, et quid eris, Staub bist Du, o Mensch, und Wind
Modo flos es, et verteris die Jahre,
In favillem cineris. Pfeilesschnelle hat der Gang zur
Sbg. Seb. 1811. Bahre.
l; Der zweite Teil ist ganz mißglückt.
Grab des dortigen Pfarrers. Die Inschrift mahnt an P5.102, 15, der mitunter
auf Gräbern steht, so auch in Klagenfurt:
»Der Mensch, wie Gras sind seine Tage,
Wie die Blume des Feldes welkt er dahin.«
’) Grab eines alten Mannes. Diese Aufschrift würde aber natürlich auf das
Grab eines jungen Menschen passen. Zu Z. 4 ist als Subjekt zu ergänzen: das Grab.
‘) Ein Fremdling aus der Kunstdichtung.
‘) Das Grab hat, wie Pom. bemerkt, ein starkes Holzbrett in Form eines Grab
steines.
55
Dieses lehre Dich des Priesters Bein, Weint, Freunde, nicht; denkt:
Welches decket dieser Todtenstein. Wiederseh’n!
Gut war er und fromm im Priester Die Todten werden aufersteh’n!
kleide, Sbg. Seb. 1860.
Armendank war Labsal ihm und Mattsee 1893.
Freude‘) Mattsee 1897.
(Waldeck 134.)5)
Maria Saal 1811. (Wedk. 762.)
43 H. Auf Erden ist kein bleibend Glück, -ß9~ Hier Mensch! hier lerne was du bist,
Wir blüh'n nur einen Augenblick, Hier lerne was dein Leben ist,
Wir fallen gleich der Blume ab Ein Sarg nur, und ein Leichenkleid,
Und sind nie sicher vor dem Grab. Bleibt dir von deiner Herrlichkeit,
Sbg. Seb. 1872. Wer weiß wie bald auch dich zur
Oberndorf 1876. Gruft,
Mattsee 1886.’)
Der Herr des Tods und Lebens ruft,
Drum halte dich zu jeder Zeit
«II L'w‚ Ein Traum, ein Traum ist unser Leben Auf einen guten Tod bereit.
Auf Erden hier;
Anthering 1886.
Wie Schatten auf den Wegen (Hörm. l, S. 16, 114, 125.)
schweben, (Hörm. m, s. %‚ 140.)
So schwinden wir.“) (Rieder S. 108.)
(Hein V. T. 66, Nr. 6.)
Oberndorf 1889. (Petak Leond. Nr. 58.)
(Hörm. III, S. 94.) (Schwzb. Nr. 8, Z. 3174.)
(Petak Tdg. Nr. 77.) (Wedk. 130.)
(Reitterer Nr. 6.)
41116. (Waldeck 618, 336.)°)
Das Leben ist ein Traum, ein Blend (Jelinek.)’)
werk dieser Nacht,
0 glücklich, der vergnügt von diesem
- Wer kann fürchten, wer kann beben,
Traum erwacht.
Wir sterben, um ewig zu leben.
Oberndorf 1870.
Oberndorf 1886.
'W~ Wer ewig leben will, der strebe in 448‚ Wie das Kind aus seiner Mutter
der Zeit, Händen
An jedem Tage nach der frohen in sanfte Ruhe sinkt,
Ewigkeit!) So wird auch hier der Tod uns Ruhe
Mattsee 1896. Se"d@"‚
Wenn Gottes Vorsicht winkt‘)
‘W. Zeiten lauffen, Jahre gehen Nußdorf 1849.
Wie ein samftes Wasser fort. 4„~ Der Menschheit argen Kummer
Was die Menschen gutes säen, Begräbt des Todes Schlummer,
Wird gewis (belohnet?) dort. Nichts störet der erstarrten Glieder
Also lenke dein Bestreben,
. .. . . Ruh’,
Deme Wunsche’ defmen S‘‚nn’ Froh fliegt die Seele bessern Welten
Denn du kannst nicht ewig leben, zu
Auf die Allmacht Gottes hin.
Oberndorf 1895.
Sbg. Seb. 1790.
‘50- Hier im kühlen Schooß der Erde
ist nach des Lebens Mühsal Ruh’,
44.5. Es gibt
‘ am‘ L:m d ’ WO F rau d cn Wle
' d er Und aller Kummer, alle Beschwerde
blühen, ‚ ‚ ~_ 4
Die Zeit und Gram hier abgepflückt. Deckt dleser kleme Hügel zu‘ )
Aus dem‘ die Schaaren schwarzer Sbg- Seb- 1866
. . sorgen fllehen’ 451~ Rauh ist der Probepfad des Erden
Dre oft das Herz hier schwer lebens_
bedruckt’ Selbst Glückes Wirken ebnet ihn
Du kennst das Land, wo alle Klagen vergebens
schweigen, . ’
Kein Weh und Ach das Herz mehr Des schlcksals Emitugientz)ellilctk dem
. . nagt; Und läßt zum Trotze unsers heißen
Wo, wenn sich hier der Hoffnung Strebens
. Ste‚me neigen’ Meist Thränen dem enttäuschten Sinn
Em Morgen Gottes ewig tagt!) zurück‘)
Sbg' Seb- 1858- Sbg. St. Peter 1835.
(Wedk. 324.)
452 Was Gott thut, ist wolgethan,
446~ Die Seele Gott, den Leib der Erde. Kommt es uns auch schmerzlich an;
Leiden ist Christen Pflicht
Olmütz 1889’ Ewig trennt der Tod uns nicht‘)
447~ Nur unser sterbliches Gebein (Petakollglntd7. 1l‘lgrt.H‘i9, SO.)
Wird, Erde, deine Gabe;
Froh schwingt sich, wenn die Hülle 453 Sanft führt ein frommer Glaube
fällt, Uns zu des Grabes Rand,
Der Geist empor zur bessren Welt. Führt sanft uns aus dem Staube
Sbg_ Nonntal 1865_ ins ewige Vaterland.
(Waldeck 635.) Sbg. St. Peter 1872.
(Wedk. 506.) (Wlf. 34.)
l) Die zweite Zeile scheint verstümmelt zu sein.
2) Obgleich zweifellos der Kunstxoesie angehörig, verdient der schöne Spruch
auch in dieser Sammlung wegen der nklänge an beliebte Motive Beachtung.
a) Zum Anfang vergl. Petak Leond. Nr. 14 und Petak Tdg. Nr. 21.
‘) Z. 1 bekannter Anfang. Vergl. Petak Leond. Nr. 10, Widmann Nr. 3.
Schluß vergl. Nr. 234.
b) Sehr gekünstelt.
‘) Vergl. Nr. 159 und 539, ferner Sieger Marterl vom lselberg (Zeitschr. f. österr.
Volksk. lll, 305) und Petak Tdg. Nr. 1.
57
4.")4. Seelig alle, die des Lebens Reise 461. O suchst du Trost im schmerzlichen
Immer auf des Rechtthuns Pfaden Betrachten
geh’n Am stillen Grabe der Vergangenheit?
Und im angewiesnen Wirkungskreise So lerne Glaube, Hoffnung, Liebe
Edlen Samen für die Menschheit sä’n, achten,
Wie ein sanfter Schlummer, der den Sie trösten dich am Port der Ewig
Müden keit.
Nach des Tages Arbeit überfällt, Sbg. Seb. 1874.
So des Frommen Tod! Er schläft im (Wlf. 108.)
Frieden
-l(i2. Am Grabe kann sich fassen
Sanft hinüber in die bessre Welt.
Wer zum Himmel schaut!
Sbg. Seb. o. J.
(Z. 5 -8 Wedk. 395.) Denn der ist nie verlassen,
(Dres. Nr. 357.) Wer auf Gott vertraut.
455. Sbg. Nonntal 1874.
Das stille Grab erschreckt den
(Wlf. 138.)
Frommen nicht:
Er hofft auf Gott und fürchtet kein Was tröstet uns? Das Hoffen!
Gericht! Wie gut ist’s, Christi sein,
Sbg. Seb. 1877. Man sieht den Himmel offen
Sbg. Seb. 1856. Und nicht das Grab allein.
Anthering 1872.
(Wedk. 282.) Sbg. Seb. 1875.
Wlf. 102.)
(Waldeck 510.) «W—4~ Auf dem dunklen Erdenleben
(Hörm. III, S. 14.) Sind nur Dornen uns gestreut,
Mit Gott versöhnt zu sterben
4fü~ Gott bleibt unser Trost und Licht, Ist Seligkeit.
Wenn das Aug im Tode bricht,
Klagf. St. Ruprecht.
Wenn wir uns zu Grabe legen,
Folget uns des Himmels Segen.
Wiederseh’n! 0 welch Entzücken,
Nußdorf 1859. Laß uns auf zum Himmel blicken,
457. Zu der Frommen Vaterland!
Christus nur gibt dir ewige Freude,
Liebe, die wir hier beweinen,
Er bleibt deiner Seele ewiges Licht.
Gott wird wieder uns vereinen
Domeschau 1888.
Durch ein unzertrennlich Band.
Christus bleibt deiner Seele Weide, Oberndorf.
Seine Liebe wechselt ewig nicht‘) (Petak Leond. Nr. 46.)
Domeschau 1888.
466. Sie können nur von oben
Ist auch die Trennung noch so schwer, Des Trostes Glück erfleh’n,
Wir trösten uns in dir, o Herr! Der Schmerz wird erst gehoben
Der Glaube lehrt das Aufersteh’n, In Gott beim Wiederseh’n.
Die Hoffnung zeigt das Wiederseh’n. Oberndorf 1895.
Anthering 1894.
467. Dem Auge entrückt,
460. Selig, die im Glauben scheiden Dem Herzen verblieben’)
An den Heiland Jesus Christ, Sbg. Seb. 1873.
Weil nach ihren Erdenleiden
Seligkeit ihr Antheil ist. So fern dem Auge,
So nah dem Herzen“)
Sbg. Seb. 1843.
(Wedk. 142.) Sbg. Seb. 1878.
1) Hier und in 457 scheinen die beiden Hälften einer Strophe 'vorzuliegen.
") Vergl. Nr. 377.
"‘) Vergl. Nr. 215, Z. 4 und 5.
58
- Gibts einen Trost, der uns noch 47W Schwer getroffen laßt uns hoffen
bliebe? Dort ein selig Wiederseh’n;
Die Trennung ist so schmerzlich weit! Unvergessen soll indessen
Und doch, es schlingt des Herzens Hier der Liebe Denkmal steh’n.’)
Liebe Anthering 1886.
ihr Band bis in die Ewigkeit.
Görz 1886. 477 Ewig bleibt er nicht geschieden,
Dieser Bund, der uns umschließt.
- Wahre Liebe kann nicht schwinden,
Das ist's, was uns Trost und Frieden
Wenn auch Trennung unsre Seele
in die wunde Seele gießt.
trübt.
Sei's; dort werden wir uns wieder— Anthering 1877.
finden,
Wo man ewig ohne Scheiden liebt‘) ‚ Es durchzieht die gramerfüilte Brust
Klagenfurt 1872. das Sehnen
Nach dem Jenseits, wo der Gatte
47L Unsere Liebe weiht der Tod ein; und
wohnt;
die Trauerweide, auf unserem Grabe Wo den Trennungsschmerz und seine
sich neigend, übersilbert das Mond— Thränen
licht, daß sie glänzt wie blühende Mild in Wiederseh’n der Vater lohnt.
Myrthenfl)
Sbg. Seb. 1857.
Klagenfurt.
472 470 Eine Weile währt die Nacht der
Die Liebe hört nimmer auf!
Wenn auch Erd’ und Welt vergeh’n, Trauer,
Hoffnung bleibt auf Wiederseh’n;“) Harr’ ein wenig, und der Tag wird
wach;
Oberndorf 1892.
Heute rinnt der Trennung Regen
473. Erde mag zurück in Erdenstaub, schauer,
Fliegt der Geist doch aus dem Morgen strahlt des Wiedersehens
morschen Haus. Tag.
Seine Asche mag der Sturmwind Sbg. Nonntal 1877.
treiben,
Seine Liebe dauert ewig aus‘) am. (Z. 1 u. 2 verwittert.)
Klagenfurt 1879. Denn das Wort des Herrn kann
nicht vergeh’n,
- Wer im Geiste seiner Lieben lebt,
Jesus sagt, daß wir uns wiederseh’n.
ist nicht todt, er ist nur fern; Sternberg bei Velden o. J. l
Todt nur ist, wer vergessen wird.
Linz.
‚ Bald rollt des Lebens Vorhang nieder,
475. Schmerzlich ist die Trennung, Und über Sternen finden wir uns
Freudig das Wiedersehn. wieder.
Tainach 1897. Nußdorf 1800.
l) Siehe Nr. 487. Vergl. Petak Frdfv. »Liebe kann nicht untergeh’n«.
") Grab des heimischen Dichters Paul Renn; diese von ihm verfaßte lnschrift
zeigt, wie die Romantik über das Volkslied siegt.
') Zu diesem und dem folgenden Spruche vergl. man die letzte Strophe von
Matthissons »Lied der Liebe«.
Die Freude, sie schwindet, es dauert kein Lied,
Die Jahre verrauschen im Strome der Zeit;
Die Sonne wird sterben, die Erde vergeh’n:
Doch Liebe muß ewig und ewig besteh’n.
Vergl. auch Wedk. 117.
‘) in Z. 1 fehlt wohl das Wort »verbleiben«.
") Man beachte hier die hübschen Binnenreime.
59
- Hier muß das Herz verglühen, 458. In der Trennung tiefsten Wunden
Das Weizenkorn verdorrt (verdirbt?) Schimmert nur Ein Hoffnungslicht,
Dort oben gilt ein Blühen, Was so treue Lieb verbunden,
Das nimmermehr erstirbt. Löst der Tod auf ewig nicht?)
Klagenfurt 1874. Sbg. St. Peter 1855.
Sbg. Seb. 1860.
4815. In dunkler Nacht der Trauer glänzt
ein Stern, Was Lieb’ und Treu
Der ewig leuchtend steht im Schutz Vereint auf Erden,
des Herrn, Wird einst auf’s neu
Und von ihm Friede, Trost und Verbunden werden.
Ruhe weh’n, Sbg. Seb. 1878.
Es ist der Hoffnungsstern vom
' Wiederseh’n. 49U. Gott, der Jesum auferweckte,
Sbg. Seb. 1850. Als des Grabes Stein ihn dekte,
Sbg. Seb. 1862. Wird, mag auch das Grab uns decken,
Sbg. Seb. 1864. Von den Todten uns erwecken.
Nußdorf 1856.
Morzg 1888.
484. Mag der Tod auch alles rauben,
491. Ohne Sterben
Läßt er uns doch den süßen Glauben
Kein Aufersteh’n,
An Ewigkeit und Wiedersehnl
Ohne Trennung
Sbg. Seb. 1809. Kein Wiederseh’n.
485. Ob der Tod auch alles raube, Klagenfurt 1877.
Baut doch Liebe, baut doch Glaube
492. Laßt uns oft den ernsten Blick
Auf dem Sarg sich den Altar.
In der Erde dunkle Nächte In die Nacht der Gräber lenken;
Strahlen diese Himmelsmächte Laßt uns liebevoll zurück
Gleich den Sternen Gottes klar. An die geliebten Todten denken,
Sbg. St. Peter 1880. Daß wir in Bereitschaft steh'n,
Muthig ihnen nachzugeh’n.
486. Hier trennt der Tod oft frühe, die Sbg. St. Peter 1856.
sich liebten,
Dort winkt ein frohes Wiederseh’n! 493. Das Leben ist ein Rosenkranz
Einst wird die süße Hoffnung der Von Widerwärtigkeiten,
Betrübten Der Weise läßt ihn ohne Scheu
Verherrlicht in Erfüllung gehn. Durch seine Finger gleiten:
Sbg. St. Peter 1888. Er faltet seine Hände
(Waldeck 380.) Und betet ihn zu Ende.
(Wedk. 260, 558.)
Oberndorf 1891.
Reine Gattenliebe kann nicht
494. Wo der Buße heiße Thränen
schwinden,
Wenn hier Trennung unsre Seelen Fließen in des Herzens Sehnen,
trübt; Da ist der Himmel wieder offen,
Dort werden wir uns wiederfinden, Da kann der Sünder Gnade hoffen.
Wo man ohne Scheiden liebt. Schnobolin 1869.
Sbg. St. Peter 1851.
Sbg. St. Peter 1870.‘) - Was geschieht, ist hier nur klar,
Sbg. Seb. 1853. Das warum wird offenbar,
(Wlf. 126.) Wenn die Todten auferstehen.
(Wedk. 257, 343.)
(Waldeck 356, 387.) Sbg. Seb. 1843.
‘) Z. 1 »Kinderliebe«.
Siehe Nr. 470.
2) Unglückliche Vermischung zweier Gedankenreihen in Z. 1 u. 2.
«195. Das menschlich leben auf Erden ist 49"- Das arme Menschenherz hienieden,
ein streit, Von manchem Sturm bewegt,
Womit erworben Würdt die sellig— Erhält den wahren Frieden,
kheit.‘) Erst wenn es nicht mehr schlägt")
. .
Kirche in Grafenstem~ 1664. Oberndorf
Maria Saal 1887.
1884_
Klagenfurt 1891.
4571‘. Ob auch dem Herrn wir danken <Wldman" Nr‘ 6'))
(Hörm. III, S. 26, 38.1
müssen, (Dres. Nr. 305, 617)‘)
Das lang er uns die Mutter gab,
Zu früh noch ward sie uns entrissen, Frommer Herzen Edelthaten
Leben über Gräbern fort;
Zu bald wir steh’n an Ihren Grab.
Ach Mutterlieb entbert man imer, Und der Tugend gold'ne Saaten
W*n
L m an ' a uä1ehra?sgts
h l" t ke'n
l K'nd
l Reifen höhern Ernten Mattsee
dort. 1886.
Das Mutterherz verschmerzt man 5011 Die Wunden, die der Tod geschlagen,
nimmer, Die kann der Tod nur wieder heilen.
Der Mutter Bild man nie vergistß) Gries.
Aschau (Zi||erta|)_ 5UZ~ Des Kindes zärtlich Sehnen,
Zell am Ziller. Des Vaters tiefer Schmerz,‘
Der Mutter heiße Thränen,
111 I8. Ein Mutterherz, nur wer es fühlt, Der Freude traugt?d ger?'1892
Wer’s recht von Grund aus kennt, (Petajfrgttosrh_ Nr. '10.)
Der weiß, was man verhert an |hm,
Weiß, was kein Schmerz benennt 50"- Kein Meißel gräbt in Marmorstein
So tief des Leides Worte ein,
Sbg. Seb. 1876.
Als(?Leiden)bittrerTrennung5chmerz
Mattsee 1886.
Gries (mehreremal). Gräbt fest und tief ins wunde Herz.
(Petak Tdg. Nr. 88.) Klagenfurt 1861.
l) Grab der adeligen Familie Khemetter.
’) Z. 5 ~ 8 sind namentlich beachtenswert. ~
“) 6. Strophe des Gedichtes »Das Grab« von Salis—Seewis mit kleinen Anderungen.
‘) Mit folgenden Anklängen an die vorangehende Inschrift Nr. 498:
Ein treues Mutterherz hienieden,
Von jeder Sorge nur bewegt,
Schläft hier in selig stillem Frieden,
Von keinem Sturm nicht mehr erregt.
-‘) Z. 2 »Das manchen Kummer trägt«.
V. Kindergrabverse.
Übersicht.
Die Eltern an das Kind.
So früh dahingegangen . . . . . . . . . . . . Nr. 504—522
Du bist jetzt ein Engel . . . . . . . . . . . . >> 523“ 529
Du warst eine Blume . . . . . . . ~ . . . . » 530»--533
Das Kind spricht.
Warum weinet Ihr? . . . . . . . » 534 —543
Ich bin ein Engel geworden . . . . . . . . . . » 544 —546
Hier in diesem Rosengarten . . . . . . » 547-—557
Ich bin so jung gestorben . . . . . . » 558—567
Vater, wenn die Mutter fragt . ~ . . ‚ . . . . . » 568e571
Mitteilungen der Eltern.
Sein Leben war ein Augenblick . . » 572—575
Hier liegt unsere Wonne begraben . . . . . . . » 576«585
Ein Engel im Himmel . . . . . . . . . . . . . „ 586 —590
Eine gebrochene Blume. . . . . . . . » 591-594
Allgemeine Gedanken.
Trostworte . . . . ‚ . . . . . . . . . . » 595 » 597
‘) Vergl. zum Anfang Nr. 130 sowie Heinz Totenbrett aus Maurach bei Zell
am See (Zeitschr. f österr. Volksk. I, 64) und Petak Leond. Nr. 40.
62
Ewig theier bleibt mir dieser Hügel! Von der Eltern warmem Herzen
Du o Tochter ach! hier schlummerst Rief dich eine höh’re Macht,
Du! Und zu ihren tiefsten Schmerzen
Die Erde deckt mit kühlen Flügeln Sankest du in Todesnacht.
Beste, die ich liebte, zu. Sbg. Seb. 1860.
521. Bitte Gott, mein liebes Kind, ‘- Ruhe sanft, du Liebling unsres Lebens!
Daß wir dort beisammen sind‘) Schlummre sanft! Nun stört nichts
Tainach 1890. deine Ruh!
Ach, alle Müh’ und Hilfe war ver
522 Du sahst des Lebens Morgenroth gebens,
kaum prangen, Du eiltest viel zu früh der schönem
Kaum ging der schöne Lebenstag Heimath zu.
dir auf, Doch tröstet uns, du kamst ins
Da bricht der Tod dein Herz und Himmelreich
bleicht die Wangen, Und wurdest dort den lieben Eng—
Da senkt die Sonne sich im lein gleich‘)
schönsten Lauf;
Oberndorf 1895.
Was irdisch war, hält diese Gruft (Petak Ottsh. 4 u. 7.)
umfangen,
Doch sehen wir getrost zu dir
7 0 liebstes Kind, nun Engelein,
hinauf;
Lass’ uns dir nun empfohlen sein,
Dein Geist lebt ewig bei dem Vater
Die wir dereinst auf dieser Welt
oben,
Zum Schutze waren dir bestellt.
Ein Engel dort an Gottes Thron
erhoben. Oberndorf 1882.
(Petak Ottsh. Nr. 3.)
Sbg. Seb. 1871.
<wu. 206.)
Engel, die vor Gottes Thron erkohren,
- Zu früh entfloht ihr unsern Armen,
Sind für Eltern nie verlohren;
Der Allmächtige hatte mit uns kein
Ruhe sanft im Schoos der Erden,
Erbarmen.
Bis wir dich wieder sehen werden.
im Himmel war an Englein Not,
Drum rief euch alle vier der liebe Sbg. Seb. 1833.
Gott. (Wlf. 228.)
Kurz war eure Freude hienieden und
klein, Ein Engel reichte dir die Hand
Doch das einstige Wiederseh’n soll Und führte dich ins bessre Land.
uns erfreu’n.’)
Sbg. Seb. 1871.
Schnobolin 1894. (Waldeck 217.)
(Petak Ottsh. Nr. 8.) (Wedk. 195.)
524. Du Engel wurdest uns so bald
t'i 10. Dein Leben war ein kurzer Traum,
genommen,
Doch deine Seele flog zum Himmel Du ahntest seine Freude kaum;
Schon in des Lebens Morgenroth
auf;
Umarmte, Gute, dich der Tod“)
Und wen auch Schmerz und Leid
über uns gekommen, Maria Saal 1878.
Der Trost, das du im Himmel bist, (Dres. Nr. 44.)
heilt alles auf.
Olmütz 1894. ' Rein und blühend wie die Rose,
Schon als Knospe sankst du hin,
Gott wollte dich unter Engeln seh’n. Um in Gottes mildem Schoße
Uns bleibt ein Trost, Herrlicher emporzublühn.
Daß du wirst für uns fleh'n.") Sternberg 1878.
Maria Saal 1887. (Hörm. iii, S. 166.)
‘) Vergl. Petak Ottsh. Nr. 11 und 12.
') Zu Z. 3 vergl. Petak Tdg. Nr. 103.
"‘) Vergl. Petak Leond. Nr. 5.
‘) Vergl. auch Petak Ottsh. Nr. 8.
‘) Vergl. Nr. 106. 435 ff.
64
532 In der Blüte abgerissen, Was trauert ihr, wenn aus dem
Eiltest du früh dem Grabe zu, Garten
O, so nimm zum Sterbekissen Der liebe Gott die Blume pflückt
EItern-Thränen mit zur Ruhl') Und so dem Reif der Welt entrückt!
Sbg_ Seb_ 13(‚7_ So schön ist es auf Erden nicht
Wedk. 318.) Wie dort vor Gottes Angesicht,
( reS- Nr- 68-) Dort will ich auf euch warten‘)
»\"1:4- Schlummre sanft, du holde Rose, Sb(\Iäledk.
. Seb. 151.)
1874.‘
Ruh’ in Gott, du liebes Herz,
Das wir unter Thränen hier begraben, m9. Geliebte Eltern, wehrt der Thränen,
Ach, dein bestes Denkmal ist der
Die ihr an meinem Grabe weinet.
Schmerz
Gott hat wohl mit mir geweinet.
Aller, die im Leben dich umgaben.
Nehmt dieses Trostwort an:
Eugendorf' Was Gott thut, das ist wohlgethan.
(Petak Ottsh. Nr. 19.)
Sternberg bei Velden 1887;‘)
034~ Ihr steht vor meinem Grab
Wie Trauerweiden, 540- Was wollt Ihr Euch betrüben,
Der Tod hat mich hinweggenommen, Daß ich zur Ruh gebracht?
Wir haben müssen scheiden. Seid still, ihr meine Lieben,
Klagenfurt. Gott hat es wohl gemacht")
M"~ Theure Eltern trauert nicht, (Di„<elg_ggnfuzrgih)r)
Ich muß von euch scheiden.
Mein kurzes Leben ist vollbracht, ;,n~ Dort oben ist unser Heimatkmd’
Gott rief mich zu ewigen Freuden. Lebet, Eltern’ woh| im Erdemand_
Seeham 1870- Wir sind jetzt ja im Himmel oben
Sternber
(Peta bei
Tdg.Velden
Nr‘ 91')1897. -
Und sind ganz. glücklich
-. aufgehoben“)
~ Aus Kärnten.
-'»"ß~ Altem, Freunde, trauert nicht,
Blickt nicht schmerzlich auf mich m. |Ch bin bei Gott im Himmeheich‚
nieder; 0 liebe Aeltern, tröstet euch.
Drohen in des Himmels Licht
Finden wir uns alle wiederq‘) SbgMlggy‘fl‘gmfslwgwo'
Antherin 1862.
(Petak Ottsh‘ r‘ 5 u‘ 6') 543- Unser früher Tod ist unser frühes
557‘ Trauert nicht um meine Hülle, D |~ b EH __Gluctt<ti _ ht
Kränket euch nicht unnütz ab, ‘um’ ‘e e emi_kuns “'C
k’ ’
Den er war des höchsten wille,
Wir leben noch und lieben Euch
Der mich rief so früh ins Grab“)
Im unschuldsvollen Himmelreich")
Sternberg 1890.
(Petak Ottsh. Nr. 14.) Ories (mehreremal).
54!~ lhr, Eltern, liebtet mich wohl sehr, _W~ Hier in diesen Rosengarten
Gott liebte aber mich noch mehr: Will ich meinen Eltern warten.
Er nahm mich in sein Himmelreich Ich sage ihnen gute Nacht!
Und macht mich seinen Engeln gleich. Ich muß schauen, was mein lieber
Sbg. Seb. 1870. Jesus macht
813%..52E1 18.27.1
(Petak Leond. Nr. 71.) (P°,tf!l< Otjlslh-SNF- 17')
(Dres. Nr. 17.) l °"“- 1 -32-)
545. Nur kurze Zeit war mir von Gott _~332‚ Hier in diesem (schönen) Rosen_
. . . gegeben’ garten
Dann "ef er m‘ch ‘"Ldgs btessere Thu ich meine (lieben)Eltern warten.
_ e an‘) Liebe Eltern, seid nicht betribt,
Sternberg bei Velden 1895. Gott hat mich zu sehr gelibt.
546- Vom Pfeil desTodes schwer getroffen, Sternberg bei Velden 18%- '
Seh’ ich sogleich den Himmel offen; Sternberg bei Velden 1897‘
Ich eilte zu den bessern Loos,
Hinüber in der Engel Schoos.‘) :‚.r.:r_ Hierin diesem Rosengarten
Sbg. Nonntal 1860. Thu ich auf meine Eltern warten.
SGI. Mit der Sonne bin ich aufgegangen War noch so jung und mußte schon
Wie das Blümlein auf dem Feld, Das Leben meiden.
Kaum hab ich zu leben angefangen, Doch ein Trost für mich,
Muß ich wieder aus der Welt‘) Daß ich rein von Sünde
Den Himmel offen finde")
Sternberg bei Velden 1898.
Sternberg bei Velden 1896. Sternberg bei Velden 1897.
- Aus zehn Geschwistert bin ich das .572. lhr Leben war ein Augenblick,
jüngste, Ein Frühlingstraum ihr Erdenglück.
Doch das Erste in das Grab, Sbg. Seb. 1848.
Der Tod rufft mich aus eurer Mitte (Wlf. 240.)
Schon in zarter Jugend ab. (Waldeck 198.)
(Wedk. 17.)
Mattsee 1879.
573. lhr Leben war ein Traum,
Mutter, wenn der Vater fragt,
Zwei Tage zählt sie kaum.
Wo ist unser Lieblieng? So tröste ihn
Da zog ins stille Grab
Miet dem worte, das ich in dem
Der Tod sie schon hinab’)
Himmel bienn.
Vater, wenn die Mutter weint, Anthering.
So trieckne ir die Trenen ab,
(Waldeck 253.)
(Wedk. 400.)
Pflanze, ween die Sonne scheint,
Eine Rose mir aufs Grab‘) 574. Im ewig blühenden Garten
Maierhofen (Zillertal). Die zarte Blume zu warten,
(Petak Tdg. Nr. 94.) Hat sie der Gärtner der Welt
569,
Freundlich in Himmel gestellt!)
Vater, wenn die Mutter fraget,
Wo ist unser Liebling hin, Olmütz 1881.
(Petak Ottsh. Nr. 20.)
Wenn die Mutter um mich klaget,
Sagst, daß ich im Himmel bin. "'- Ihrer Unschuld Blüte
Mutter, wenn der Vater weinet, Sorglicher zd warten,
Trockne ihm die Thränen ab, Nahm sie Gottes Güte
Pflanze, wenn die Sonne scheinet, Auf in seinem Garten.
Eine Thräne mir aufs Grab.
Gries (einigemal).
Morzg 1885.
Römerstadt o. J.‘) 576. Hier ruht ein Geschwisterpaar,
(Hörm. III, S. 5.)
(Petak Tdg. Nr. 95.) Das der Eltern Wonne war.
Ach zu früh für unser Herz
- Vater, wen die Mutter fraget, Flog ihr Geist nun himmelwärts.
Wo ist unser Liebling hin,
Schnobolin 1892.
Wenn sie weinent um mich klaget,
Sag, daß ich im Himmel bin. 577. Ein hoffnungsvoller Knabe
Mutter, wenn der Vater weinet,
Schläft hier in diesem Grabe.
Trokne im die Träne ab,
Schnobolin 1894.
Pflanze, wenn die Sonne schein(e)t,
Ein Vergißmeinnicht aufs Grab.
578. Dieses Grab schließt die Gebein
Nußdorf 1893. Uns’rer lieben Kinder ein.
Nach vielen Leiden nahm sie Gott
’ - Ich bin zwar ein Iedigs Kind,
In seine Freuden durch den Tod.
Die auf der Welt verachtet sind.
Oberndorf 1887.
Doch Gott nimmt mich ins Himmel—
reich, 579. Hier in dieser Grabeskammer
Macht mich andern Kindern gleich. Ruht unser Freud und Jammer,
Nußdorf 1894. O, könten nach den Erden Weh’n
Hörm. l, S. 9.)
Wier uns jenseits wiedersehn!
( örm. III, S. 4.)
(Dres. Nr. 60.) Schnobolin 1893.
580- Sie waren das Liebste auf Erden, 587- Hier dieser kühle Marmorstein
Was uns der Himmel gab; Schließt Sigmund und Luise ein,
Daß wir sie wiedersehen werden, Zwei Kinder edel, sanft und mild,
ist Trost bei ihrem Grab‘) Der reinsten Unschuld Ebenbild.
Gnigl 1889. Früh winkte ihnen Gottes Hand
( Waldeck
edk. 119’ 260.)
289.) Hmuber 1n em bessers Land.
Nun schmücken sie im Jugendflor
W~ Der Aeltern Hoffnungs-Sehnen Auf Sions Burg der Engel Chorß)
Entschwand in Sehnsuchts-Thränen. Sbg. St. Peter 1801.
Sbg- 59b- 1835. 588. Zwei Englein, Geschwister im Erden
58‘4 Trauernd widmen seine Eltern land‚
|hm‚ was Menschen bieten können, Sie leben jetzt selig im Heimatland.
Liebe, Sehnsucht, Thränen. Morzg 1884
Görz 1353, 589 Ein Engel hienieden,
Ein Engel dort oben; w
583- ln dem Frühling seiner Tage
D’rum wollen zufrieden
Eilte er dem Grabe zu,
Den Vater wir loben‘)
Ohne Thränen, ohne Plage
Schläft er hier 18 süßer Ruh’.") _ _Euge_‘‚‘d°r f.
Anthering 1877~ 599 Die Erde deckt nun seine Hulle,
(Petak Leond. Nr, 7 u, 8_) Ja, unser Liebstes deckt sie tief;
Doch es gescheh des Herren Wille,
584~ So schnell entschwand sie zart und Der diese“ Enge, zu sich He“)
mild
im schönsten Jugendkleide, Otl:l(;;,ilgor1f8?gb4_
So ganz der Unschuld Ebenbild Sternberg bei Velden 1897.
Und ihrer Eltern Freude‘ 591- Mein Kind, das war ein Rosenknopf,
Oberndorf 1890 <2mal)‘ Wollt eine Rose werden
Nußdorf 1895. . '
Da Gott es aber lieber hat,
"‘t'ö~ ihn säte früh des weisen Vaters Wille Nahm er es von der Erden_
Ein Korn zur Reife in das Mutterland. Schöner Enge), bitt für uns.6)
Verflieget Thränen, Klagen werdet Ob@ffldgff1886_
stille! (Hörm. l, S. 8.)
im Leben winkt ihn wieder Gottes (Petak Tdg- NF- 97-l’)
Hand! 592 Das Bäumlein, dessen Blüthe
Sbg. St. Peter 1839. ' So lieblich uns ergetzt,
‚-,.,„_ NS er in unsrer Mitte Ward früh durch Gottes Güte
An Geist und Körper blühte, Ins Paradws Versetzt‘)
Ließ sich ein Engel seh'n, Sbg‘ Seb' 1846’
(Hörm. 1, s. 8, 10, 42.)
Und winkt ihm heimzugeh’n. (Höm1~ 111, 5_ 133_)
Gnigl 1888. (Wedk. 151, 179, 189, 304.)
(Dres. Nr. 75.) (Dres. Nr. 64.)
593. In der Jahre frühem Lenze .595. Stirbt dir dein Liebling,
Sank die Blume schon ins Grab; Grämme dich nicht.
Doch der Jugend schönste Kränze Kinder sind Blumen,
Nahm sie scheidend mit hinab. Die der Ewigebricht.‘)
Maierhofen (Zillertal). Mattsee 1893.
Mattsee 1895.
594. Die schönste Frühlingsblume Frühverblühte, zarte Blume,
Brach früh des Todes Hand, Wie der Strom des Lebens wich,
In Gottes Heiligthume Glänzt im Gottes Heiligthume
Ist jetzt ihr Vaterland. Nun als Engel ewiglich.‘)
Gries. Sbg. Seb. 1872.
597~ Das Aug beweint am Grabesrand
Des Kindes theure Hülle;
Die Hoffnung zeigt ins bessre Land,
Es war so Gottes Wille‘)
Schnobolin 1896.
Ihr habt euch unserem Blick ent Priester verlangte, der aber leider zu
schwungen spät kam und so mit eigenem Trost
Und giengt der höhern Heimat zu! in das bessere Jenseits hinübergingß)
Ihr habt den Siegeskranz errungen, Marterl bei Zell am Ziller.
Wir sind im Kampf, ihr seid in Ruh. (Weg nach Gerlos.)
O Maria, steh uns bei im letzten
Streit, 110‘3.
O Mutter der Barmherzigkeitl‘) Des guten Sohnes Herz hat ausge
schlagen,
Marterl bei Mattsee 1894.
In der Jugend heitern Wonnetagen
Stand seiner Pulse reges Leben still.
Ihr Lieben all’, die Ihr mich kanntet,
Wenn Ihr dieses Denkmal seht,
Der Eltern schönstes Hoffen ist ver
nichtet,
Weiht mir eine stille Thränne
Der Tod, der unbarmherzig richtet,
Und denket meiner im Gebethfi)
Hat viel zu früh ihm gesetzt des
Marterl bei Mattsee 1882.
Lebens Ziel.°)
505. O liebe Eltern und Geschwister, Marterl bei Seekirchen
Gedenket mein, doch weinet nicht, (Weg nach Mattsee) 1872.
Wer also früh wird weggenommen,
Erfährt ein gnädiges Gericht“)
Unverhofft ist die Todesstunde,
Marterl am Zenoberg Drum seid allezeit bereit
bei Meran 1898.
Auf Tod und Ewigkeit.
- Bedenke stets, o Leser, dieß, was Ich liege in der friedlichen Gruft,
Bis einstens der Heiland mich ruft.
allgemein schon kund,
Uns Allen ist der Tod gewiß, doch Marterl bei St. Florian
ungewiß die Stund. (im Wald) 1895.
Der Jüngling mußte morgens früh
von seinen Lieben geh’n; til0. Das war wohl eine dunkle Nacht,
Er dachte nicht, er werde sie im Die mich ins kalte Grab gebracht,
Leben nicht mehr seh’n. Vor mir der Tod und ich allein,
Er kam nicht zurück, er starb, der So gruben mich die Wellen ein?)
Tod war sein Gewinn;
Marterl bei Pertisau
Noch eh die Welt sein Herz verdarb,
am Achensee 1879.
nahm ihn der Herr schon hin;
O Eltern, trocknet nur geschwind,
(HI. Ein Kreuz am Weg,
Gott dankend, eueren Blick,
Er gibt gewiß euch euer Kind im Du gehst vorbey
Gedenk,was das füreinßedeutungsei,
Himmel einst zurück‘)
Zieh ab den Hut,
Marterl in Niedernsill o. J.
Du bist ein Christ,
" - Hier endete der Anton Höllbart durch Der für uns gestorben ist.
einen Sturz vom Baum, welcher noch Kreuz bei Ursprung (Sbg.).
in seinem Todeskampfe nach einem (Hörm. I, S. 93.)
61?- Freund, wo gehst du hin? Gib, daß ich mit Liebe segne
Vergiß nicht, daß ich dein Erlöser bin, Meinen Feind, wenn er mir flucht,
Daß ich so viel gelitten hab für dich, Daß ich huldvoll ihm begegne,
Deshalb bleib steh’n und grüße mich. Wenn er mir zu schaden sucht.
Kreuz in Sbg. Seb. (Hof). In den trübsten langen Tagen
(Hörm. l, S. 97.)
(Hörm. u, s. 83, 116.) Will ich auf dein Beispiel seh’n
(Hörm. 111, s. 146.) Und mit Langmuth alle Plagen,
Alle Leiden übersteh’n.
- Man sieht auf offnen Wegen
Oft Straßenzeiger steh’n, Christusbild,
Sie mahnen treu den Wandrer, Kirche in Maria Saal.
Den richtigen Weg zu geh’n.
Du siehst hier einen eignen,
618. Es starb am Kreuz in größten
Wahrhaftig gut gewählt; Schmerzen
Es ist der Herr am Kreuze Gottessohn, Herr Jesu Christ,
Am Wege hingestellt. Ihm sei Dank von ganzen Herzen,
Wie sind doch seine Arme Weil sein Todt mein Leben ist,
So liebend ausgestreckt! Wo immerhin auf Erden die Menschen
Das ist der wahre Zeiger, geh’n,
Der Weg ins Heimatland. Glückselig alle jene, die auf den
Wohin des Menschen Wege Heiland seh’n.
Auf Erden immer geh’n, Er ruft: komt zu mir! Auch in den
Glückselig alle jene, Gefahren!
Die auf den Heiland sehn. Wir flehn dich an, o Herr, von Ver
Wegkreuz suchung zu bewahren.
bei Reisach im Gailtal.
Lieber Wandrer, halte ein deine
614. Halt an, du mein Lieber Wanders Schrit
Mann, Und versage den armen Seelen das
Schau dein schmerzhaften Jesus an, Gebeth nicht.
Du es nun zum andenken, Kreuz mit Armeseelenbild
Ein vatter unser mir zu Schenken. bei Seekirchen (Straße nach Mattsee).
Kreuz bei Wiedergrün 1895.
(319. Wenn dich, mein Christ, ein Unglück
- O Nlensch, geh’ nicht vorbei!
trifft,
Schau mich doch an, wer ich sei,
So bau auf Gott und zweifle nicht,
Bekehre dich, thu’ Buß für dich,
Komm dann zu Gottes Bild heran
Es ist kein Sünder auf der Welt,
Und bethe ihn mit Demuth an.
Der nicht von mir die Gnad’ erhält.
Er wird sich deiner auch erbarmen,
Christusbild bei Anthering. Wie er gethan bei Reich und Armen.
" Wanders-Mann, halt ein deine Schritt Denn der lebt noch, der alle Leiden
Und versage den Armen Seelen das bricht,
Gebet nicht‘) Darum, mein Christ, verzage nicht.
Tafel bei Kothgumprechting. Kreuz bei Wiedergrün.
617. O Gott, allmächtiger, ich falle ö‘Ä). Herr, du bist mein und ich bin dein
Demutsvol! zu Füßen dir,
Und wo du bist, da werd ich sein’)
Du erhältst und schützest alle,
Schenk auch deine Gnade mir. Kreuz bei Giebau.
‘) Pom. teilt mit, daß an der großen Fichte bei K. sich ein Betstuh! befindet,
darüber am Stamme eine Tafel mit zwei Engeln und einer weiblichen Gestalt.
Letztere trägt einen Rechen und dürfte die heilige Nothburga sein. Pom. fällt dieser
Seelenkult auf. Vergl. Nr. 618.
2) Vergl. das berühmte Motiv des Volksliedes »Ich bin din« (Minnesangs
Frühling).
73
62?- Du sollst, 0 Jesu, ganz allein Des Lebens Liecht vnd Schein
Die Hoffnung meiner Seele sein, Vergeht auch endlich Bald;
Du sollst allein mein Trost auf Der Tugent Namm allein
Erden Lebt vnd würd Ewig alt.
Auch dort mein Heil im Himmel Laß Stamm vnd Aßt vergehen
werden! Vnd d’Wurtzeln hie verderben;
Wan sye nur dort Erwerben
Doch geh ich, wenn ich traurig bin, Ein fröhlichs auferstehen.
Zur lieben Gottesmutter hin,
Und alles Leid und allen Schmerz Kirche in Schellenberg 1712.
Vertrau ich ihrem Mutterherz.
628. Das Leiden Christi vnd sein Todt
Der Sohn (in?) seiner Leiden Nacht Hat das Hai! erworbe,
Hat sie als Mutter uns vermacht; Vnns erlöst von Ewigen Todt,
Uns helfen ist ihr Mutterpflicht, ist für vns gestorben,
Maria, sie vergißt das nicht. in Maria Schoß wird Christus giegt,
Vor Schmerzen Sye thet hinsinkhen.
Manch Herz ist an Erbarmen reich, Beweint den Leichnamb Christi guet,
Doch ihrem Herzen keines gleich; An den wür solln denckhen,
Drum felsenfest (ich ihr) vertrau, ihr Seelen, rhuet in Jesu bluet,
Sie ist ja »Unsre Liebe Frau«! Der Euchs ewig Leben schenckhet.
Marienbild. Kirche in Schellenberg 1675.
Kirche in Maria Saal.
629. Die Tugent stirbt nit ab,
623- Aus aller unser Trübsal, Armut, ihr Nam Lebt auch im grab,
Krankheit, Not und Qual
ihr Zeittliches abscheiden
Rett' uns die heilige Mutter Gottes Bringt selbst die Lebensfreuden,
Maria in Sall. Das Leben fangt erst an,
Marienbild, Wo man guet sterben kan.
Kirche zu Maria Saal o. J.
Kirche in Schellenberg 1705.
614~ 0 Mutter mein, mich schließ ein
- Gerechtigkheit gewint das Spili,
in dein verwundtes Herz,
Es komb der Todt gleich, wan er wii,
Verlaß uns nicht in Qual und Pein,
Gewissens Richtigkheit besteht,
in Sterbenszeit und Schmerz.
Forchtlos dem Todt Entgegen geht.
Marienbiid bei Neudörfel.
(Petak Leond. Nr. 39.) Kirche in Schellenberg 1712.
631. Fremd kehr ich in die Heimat Was du auch unternimmst, einst
Und finde nur ein Grab, ‘ wirst du Erde,
Ein Grab von Hoffen, Lieben, Wie immer du begannst, du endest so.
Was ich ersehnet hab. Sei drum bescheiden! Sag nie: Ich
Friedhofkirche in Klagenfurt, werde.
St. Ruprecht 1891. Wandinschrift
Friedhof von Kaltenleutgeben
632. Ein kühler Wind geht durch die Welt, 1899.
Die Zeitlos’ blüht auf welkendem Feld;
Blätter und Früchte fallen nieder, 635. Weinend kamst du zur Welt,
1 Die Kinder der Erde zur Erde wieder. Von lächelnden Augen umgeben;
Wandinschrift Suche, von Freunden beweint,
Friedhof von Kaltenleutgeben Lächelnd zu geh'n in den Tod‘)
1899.
Wandinschrift
ti3l). Wenn ich zum stillen Friedhof geh’, Friedhof von Kaltenleutgeben.
Wird mir so schwer zu Herzen,
Daß man die treu’ste Menschenbrust, Der Reichen wie der Armen Häupter
Die mitgetragen Leid und Lust, sind hier Schädel,
So eilig kann verschmerzen. Unkennbar ruhen sie beysammen,
Gras wächst darüber, ach so bald, Und eine Stimme lispelt leise:
Das Grab wird selber heiter; Der Mensch ist Asche!
Wie wenn ein Blatt vom Wipfel fällt, Beinkapelle Sbg. Seb. 1832.
So geht ein Leben aus der Welt,
Die Vöglein singen weiter. Verachte nicht mich und das meinige,
O Menschenherz mit deinem Stolz, Betrachte dich und das deinige,
Was flüstern die Cypressen ? Findest du ganz ohne Tadel dich,
Wir stehn auf einem schmalen Raum; Alsdann komm und Verachte mich!)
Darunter ist ein Herze kaum, Hausspruch bei Zell am Ziller.
So ist es schon vergessen.
Wandinschrift 638. Nim dich selwst bei deiner Naßen
Friedhof von Kaltenleutgeben Und bedenke wohl dabei,
1899 Ob der Fehler deiner Maßen
(Strophe 2 PetakTdg. Nr. 78.)
Größer als bei andern sei.
Dein Grab erwartet dich, und Hausspruch in Schlitters (Zillertal).
irgendwo
Liegt schon der Stein, vielleicht noch 6169. Durch Fürbit—Maria, Johann und Paul
unbehauen, Beschitzet, von Plitz, Hagel und
Bestimmt (wer weiß wie bald) für Schauer.
deinen Namen Du reinigst durch den Plitz die Luft,
Und eine Jahreszahl, die du nicht Dein Regen kühlt die Saat,
kennst Und deines Donners Stimme ruft:
Und selbstbetrügrisch in die Ferne Seit rein von Missethat.
rückst.
Wer du auch bist und voller Stolz Hausspruch bei Anthering 1877.
dich nennst,
640. St. Florian, wir bitten Dich,
Du gehst d en Weg, den alle Todten
kamen. Beschütze dieses Haus
Drum lerne zeitig deiner Kraft miß Das kein Unglück kommt,
trauen, Kein Plitz einschlagt,
Dein Ziel ist weiter nicht, als du dich Das kommt kein Feuer aus.
bückst. Hausspruch in Anthering.
Von
Wien 1905.
Verlag des Vcreines für Österreichische Volkskunde.
Kommissionsverlag: Gerold & Ko., Wien, I. Stephansplatz Nr. 8.
ßS
ie heutige Weihnachtszeit (mhd. winnacht, wihen nahten,
‘ wienachtis tac, winachtes nacht) hat im deutschsprechenden
V "‘ Volksmunde verschiedene Namen, so in Bayern-Österreich:
M e t t e n n a c h t (matutina, scil. hora, Klosterausdruck für Frühmesse);
Tirol: Heilige Zeit (im heiligen Monat; ahd. Heilag-mänoth =
Dezember, der erst durch Karl den Großen diesen Septembernamen
erhielt), Hochenzeitentag, Bechel- (Berchtel-‚ Perchten-)Tag
(siehe Z. d. V. f. V. K. 1904, 257); Schweiz: Opferk i n d litag; ‘Nest
falen: \Vurstabend. Ganz modern ist erst seit der Reformation der
Christtag (im Christmonat); englisch christmas (Christmesse)
auch Nut—crack-Night = Nußknackernacht. Nüsse und Äpfel
werden dort ins Feuer geworfen, die Nüsse auch mit den Zähnen
aufgeknaclrt. (Hazlitt, National Faiths and Popular Customs l, 118.
Die Nußknackerfiguren spielen auch auf dem Münchner Ghristkindl
markt noch heute eine Rolle.)
Die nordischen Völker haben: Pommern: J ul (eine aus Schweden
oder Dänemark entlehnte Bezeichnung); Schweden: Jul, Juld ag e n‚
Julhelg, Jul-högtid (Jul-Hohezeit); Dänemark: Herren
Fodselsfest (Herren-Geburtsfest); daenisch: höggu-nott (Hohe
Nacht), angelsächsisch: hauku-not, that er midsvetrar nött (Feilberg*‚
335); schwedisch: midwintersnatten; altfriesisch: midwinter (Mitte
des Winters); angelsächsisch: mödraniht = der Mütter Nächte.
Der Heilige oder Christabend, das heißt der Abend vor Christi
Geburtstag heißt in Hamburg Karst (Kaß)-Abend (Christabend)
im Saterland und im Oldenburgischen Voll- oder Dickbauchs
a be n d, sonst an verschiedenen ostdeutschen Orten Lan ge Nach t;
im tirolerischen Pongau Rumpelnach t, *) in Schweden .lul-afton
(Julabend), bei den Letten bluckuwackars (B locksabend).
In den slawischen Gebieten ist neuslawonisch badnik = vigiliae,
Christabend; serbokroatisch badnjak =Weihnachtsabend; tschechisch
s'stedry'1 veöer = largus vesper; polnisch szczodry dzieü = largum sero;
neuslawonisch und serbokroatisch findet sich auch hoiiö, bulgarisch
"') Rumpel und Lärm entsprechen der süddeutschen „Metten“ (hora matutina),
welche weihnächtliche Nachtmesse mit volksüblichem Lärm zur Vertreibung der bösen
Geister verbunden war.
‘Ü
boiiöü = Weihnachten und auch Julblock, W'eihnachtsklotz (darüber
unten noch mehr. Siehe R. Meringer, Wörter und Sachen in Indo
german. Forschungen, Zeitschr. XVI, 1, 2, 1904, S. 152 ff.)
Aus diesen auf germanischem Boden findbaren Bezeichnungen
ergibt sich, daß es sich beim \Veihnachtsfeste ursprünglich um eine
abendliche, beziehungsweise nächtliche Feier handelte. In der
indogermanischen Urzeit zählte man nach Nächten statt nach Tagen.
Das altfranzösische Nouöl oder neufranzösische Noöl ent
spricht dem römischen n atalis, seil. dies D o m in i; mittellateinisch
findet sich auch: dies luminarium (Lichtertag) und. mit Be
ziehung auf Christus: natalis (dies) solis invicti. Schon die
Christen der ersten Jahrhunderte hatten eine private Geburtstags
feier; denn Tertullian (-j- 230) spricht von »Oblationes pro natalitiis
annua die facimus« (de corona militis c. 3). Seitdem Jahre 354 wurde auch
der Geburtstag (dies natalis) Christi in Rom gefeiert, und zwar am Tage
des jüdisch-babylonischen Festes der neuaufgehenden Sonne, das heißt,
in der Vt’intersonnenwende (Tylor: Die Anfänge der Kultur, II, 298;
Tille, Deutsche Weihnachten, 3; Feilberg 2, 269.) Nach dem so
genannten Nativitätsstil der Kalendermacher war demnach der
25. Dezember ein Neujahrstag, weil mit dem natalis dies solis invicti
(Christi Geburtstag) das Jahr der Christen beginnen sollte. Klemens
von Alexandrien tadelte aber allerdings schon um 200 das Forschen
nach Christi Geburtstag als unfruchtbares Bemühen. »Niemand weiß
den Tag der Geburt Christi,« dieses Wort des Bischofs Jakob von
Edessa (7. Jahrhundert) gilt heute ebenso noch.
Mit der Feier des Geburtstages Christi am 25. Dezember lehnte
sich das Christentum an die jüdische Geburtstagsfeier des
babylonischen Gottes Tammuz an. »An ihm fand in Baby
lonien die Totenklage um Nergal (z: Sommer- und Herbstsonne)
statt, womit aber zugleich das Zurweltkommen des zarten Frühlings
knäbleins (Neujahrskindes), des Tammuz, begrüßt wurde . . . So setzten
auch die über alles dem Sonnenkult ergebenen Babylonier den
Wechsel der Jahreszeiten, die Sonnenwendperioden, in Mythologie um.«
(Prof. Hommel.) Durch das jüdisch-christliche Kalendertum der Römer
kam dann die Weihnachtsfeier als Geburtstag Christi zu den Ger
manen, welche in der Mittwinterzeit ein Totenfest hatten zum
Saatsegen. Das jüdisch-christliche Weihnachtsfest, das im Mittelalter
zum Neujahr wurde (selbst im alten christlichen Island nach Hazlitt,
II, 671), mag wohl den Sonnenkult der Babylonier als seine erste
Quelle gehabt haben, während in Deutschland von diesem Sonnen
kult in der Mittwinterzeil: soviel wie nichts zu finden ist.
Die Bezeichnungen Wintersonnenwende, Winterweih
n ac ht e n, S on n e n ra d fe s t (daen. solhverv) sind nur auf Gelehrten
einfluß zurückzuführen; die genaue Bestimmung der Tag- und Nacht
gleiche und des Tages der‘ Sonnenwende konnte auf germanischem
Boden nur durch die Bekanntschaft mit dem altrömischen Kalender
ermöglicht gewesen sein; vor der Berührung der Germanen mit den
Römern, die, nach dem Sonnenjahre rechneten, und längst vor Ein
führung des Christentums gebrauchten die Germanen sicher sehr weit
ausgreifende Zeitbestimmungen für ihre Jahresfeste. Tylor (I. c.) nimmt
an, daß in Rom das Fest der neuaufgehenden Sonne, das heißt, der
Wintersonnenwende, am 25. Dezember unter Kaiser Aurelian zirka
273 n. Chr. aufgekommen sei.
In die fröhliche Feier der Geburt Christi, die also mit dem alt
römischen Feste der \Vintersonnenwende und dem jüdischbabyloni
sehen Tammuz-Feste zusammenfiel, waren aber damals schon ein—
gebettet (nach Meyer, Mythol._ d. Germanen 326) die ausgelassenen
Tage der heidnisch-römischen Brumalien und die Saturnalien und das
(südliche) Aussaatfest samt den lustigen Kalenden (calendae s. dies
anniversarii; prov. chalendes, chalendae; böhm. koledas = Weihnachts‘
lieder).
»In keine Stelle des altgermanischen Festwesens drangen fremde
Festgebräuche und Festanschauungen massenhafter und tiefer ein,
als in die Mittwinterfeier. Sie ist förmlich bedeckt damit, und nur hie
und da lugen echt germanische Bräuche aus der dichten, sei es
heidnisch-‚ sei es christlich-römischen Verhüllung hervor.« (Meyer l. c)
Der bodenständige Teil des germanischen Volkes mußte aber trotz
der Einführung des römisch-christlichen Kalenders bei dem durch
Klima und Boden bedingten germanischen \Virtschaftsneujahr bleiben,
das mit dem Schlusse der Weidezeit (»Auswärtsa) oder mit dem
Beginne der Stallfütterung (»Einwärts«) seinen Anfang, je nach Ört
lichkeit und Jahrgang also einen sehr dehnbaren Zeitraum hatte.
Daß das nordgermanische Julfest, das von vielen Volkskunde
forschern so oft als echt germanisches Sonnenradfest —- aber mit
Unrecht — angenommen wird, seinen Namen vom \/Viederaufsteigen
des Sonnenrades habe (jul, friesisch yule, schwedisch hjul, angel
sächsisch hveol, englisch wheel, altnordisch hvel), beruht auf falscher
Etymologie; richtig ist: altnordisch jöl, jul : \Neihnachtsfest; gotisch
jiuleis = Januar, Winterfest; angelsächsisch geohhol, gdol, giuli; mittel
englisch yule : \Neihnachten; norwegisch jol, jul (f); schwedisch gul
(m.); daen. juul (pl.) = Weihnachtsfest, Zeit der Zwölften (Schrader,
Reallexikon 549; Kluge, Wörterbuch“, 418; Golther, Mytholog. 528;
Hazlitt, II, 671). Jul (vergl. joculus, französisch joli) ist die
heitere, fröhliche Festzeit, Jubelfest, mit‘. Jubel- und Jub
schreien (conf. mhd. jü, jüh = jauchzende Freudebezeichnung) be
grüßte Festzeit überhaupt. Ein vorchristliches germani
sches Julfest hat es nach Bilfinger (Untersuchungen über die
Zeitrechnung der alten Germanen II, Das germanische Julfest,
Progr. Abhdlg. d. Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, Stuttgart 1901) nie
gegeben; man mag nun an eine germanische Wintersonnenwendfeier
glauben oder nicht, jedenfalls hat der Name Jul ") keine Beziehung
zum Sonnenrade.
Wir mußten diesem etymologischen und kalendarischen Exkurs
vorausschicken, um mit demselben jeden Versuch, gewisse Gebildbrote
der Weihnachtszeit aus der Feier des Sonnenrades, das heißt aus
der runden Form der Sonne zu deuten, von vornherein schon abzutun.
Das heutige deutsche Weihnachtsfest war ehe
mals eine Neujahrsfeier. »Die zahlreichen und lange fest
gehaltenen eigenartigen Gebräuche der \\"eihnachtszeit, die nicht aus
dem religiösen Inhalte des Christfestes fließen, sind nicht Überreste
eines einstigen germanischen Julfestes, sondern fast alles Neujahrs
bräuche, und zwar überwiegend antiken Ursprunges, anderes ist da
nach im Mittelalter neu geschaffen worden; denn die im ganzen
römischen Reiche begangene Feier der Kalendae Januariae ist nie
mals untergegangen, sondern unaufhaltsam ins Christentum ein
gedrungen, und zwar mit Übertragung auf die \Veihnachts.eit, nach
dem die christliche Festzeit vom 25. Dezember bis zum 6. Jänner
ausgedehnt war, ist mit dem Christentum weiterverbreitet und umso
mehr festgehalten worden, weil der Weihnachtstag jahrhundertelang
im Mittelalter zugleich Anfang des bürgerlichen Jahres war.« (F. Burg
in Zeitschr. f. d. Wortforschung ö, 290.)
Unsere Untersuchungen stimmen mit diesen Anschauungen
überein. Wenn das heutige Weihnachtsfest ein Neujahrsfest war, so
müssen sich bei demselben die gleichen Volksbräuche vorfinden, wie
beim modernen Neujahr (l. Jiinner), wie beim Großneujahr (6. Jänner)
und wie bei den übrigen im Volksbrauche sich ergebenden größten»
teils wirtschaftlichen Neujahrstagen. Über die Gebildbrote des modernen
Neujahrs haben wir in Z. f. ö. V. K. 1903, S. 185, und über die am
Großneujahrs- oder Heiligen Dreikönigstage in Z. d. V. f. V. K. 1904,
S. 257, bereits berichtet.
Daß dieses (weihnächtliche) Neujahrsfest in der Zeit der dunkelsten
Jahresnächte mit einem Totenkult verbunden war, ergibt sich nicht
nur aus den später zu berichtenden Volksbräuchen, sondern auch aus
der von Schrader l. c. 980 aufgestellten Tatsache, daß ein solches
Totenfest in weitgehender Übereinstimmung bei fast allen indo
germanischen Völkern während der winterlichen Hälfte des Jahres
sich nachweisen läßt. Über die Totenfeier an anderen bäuerlichen
Neujahrstagen, zum Beispiel St. Michael, St. Martin, haben wir schon
in Z. d. V. f. V. K. 1902, 193, und im Arch. f. Schweizer Volkskunde
1902, VI, 22, abgehandelt. Die Totenfeier am Allerseelentage in Bezug
auf Gebildbrote ist in der Beilage Nr. 271 zur Allgem. Ztg. 1901 und
in der Internationalen Rundschau f. d. Bäckergewerbe 1902 bereits
") Die Annahme Weinholds (Monatsnamen 4), daß jul ein vom Mittsommerfest im
Juli (’loö)u.o;) au! das Mittwinterfest im Dezember übertragener Julius sei, begegnete
berechtigten Zweifeln.
besprochen worden. Der christliche Allerseelentag hat die Mehrzahl
der Totenspeisegebräuche übernommen. Auch Hazlitt, National Faiths
and Popular Customs I, 5, findet in einem lateinischen Kalendarium
die Notiz: »The feast of Old Foois is removed to this day 1.Novemb.«
das heißt, die alten Calendae-Totengebräuche wurden auf den Aller
seelen-(Allerheiligen-)Tag auch in England verlegt. Darum war in
England auch das Mumming, der Mummenschanz der römischen
Calondae, lange Zeit üblich geblieben. (Hazlitt, II, 427.) Alle Züge
des Allerseelentages (das heißt des Totenkults) findet man auch beim
nordischen Julbrauche. (Feilberg*, 80.) Zur Vermeidung von Wieder
holungen sei auf diese eben erwähnten Vorarbeiten verwiesen, ebenso
auf die Abhandlung in der Z. f. ö. V. K. 1903, 15, und in der Zeitschr.
f. Volkskd. u. Volkskst. 1903 über die Gebildbrote in den der Weih
nachtszeit voraufgehenden Rauchnächten und (christlichen) Adventzeit.
Das mit allen Neujahrstagen verbundene Augurium (Loosung) knüpft
sich auf Weihnachten an den Thomastag, der die Rolle eines Silvester
tages hat; deshalb sind auch die St. Thomas-Gebäcke hier mit
einbezogen.
Wie an allen sonstigen Neujahrstagen, so findet sich auch auf Weih
nachten die Volkssage vom Schimmelreiter und der wilden Jagd. Im
Lüneburgschen hat der sogenannte Weihnachtsmann einen Schimmel.
(Niedersachsen 1902, VIII, 8, S. 94.) Im aitmärkischen Drömling zieht
der Schimmelreiter um, ihm folgt der Schmied‚ welcher dem Pferde
nach den Hufen schon muß, ob auch alles in Ordnung sei. (Wolf,
Beiträge I, 28.) In Hinterpommern war es Sitte, daß das junge Volk
in der Christnacht mit einem Schimmel durch das Dorf zog. (Knopp,
Volkssagen, 52.) In Backe! und in anderen hinterpommerschen Dörfern
wurde früher statt des Schimmels auch ein Storch ausgeputzt und
herumgeführt (l. c. 177). Im Anhaltischen tritt auf Weihnachten der
Schimmelreiter auf. (Z. d. V. f. V. K. 1896, 430.) In Oberbayern »reiten«
die Engel vom Himmel in der heiligen Nacht. (Deutsche Gaue 83/84,
S. 33.) In Obersteier geht in der Weihnachtszeit die wilde Jagd, in
der Schweiz die Posterli-Jagd um. (Mannhardt, Mythen 48.)
Im Altnordischen kommen die Elfenweiber zu den \Nohnstätten
der Menschen. Riesen schleppen die Menschen in dieser Nacht fort
(Feilberg2, 98). Jul ist in Dänemark der Wichte Zeit (juien er
voctternes tid); in dieser Zeit werden die sie abwehrenden Kreuze
(Julkreuze) an Haustüren in verschiedener Form angebracht (l. c. 181);
solche Elfengeister, die aus dem Seelenglauben stammen, kommen
als gute »Engel« in der Mitternachtsstunde, um die Plätze am Jul
tische der Lebenden einzunehmen; oder nach noch älterem Volks
glauben besuchen die Totengeister ihre alten Heimstätten, sie halten
in den Kirchen ihre Gottesdienste in dieser Zeit wie die Lebendem
aber wehe dem Lebenden, welcher zufällig in ihren Kreis kommt
(l. c. 200). In Smäland machen die Toten in dieser Nacht ihren
»Jahrgang« (l.c. 188); auch in Frankreich glaubt man, daß Gottes Engel
in der Julnacht vom Himmel herabsteigen und in der \Vinternacht
kälte am Julblockfcuer sich erwärmen (l. c. 269). Feuer und Licht
(ignis) sind ein »opportunum contra daemones tutamentum«‚ daher
der oft zu findende Volksbrauch, in der Weihnacht das Licht auf
dem Tische nicht auszulöschen (dies luminarium).
Im Gefolge des in der Christnacht auf einem Schimmel reitenden
wilden Jägers, auch »Sonnenwendmann« genannt, befinden sich die
Seelen der jüngst Verstorbenen. (Scheible, D. Kloster IX, 104.) Als
schrecklicher Begleiter des Christkindes (wie sonst Knecht Ruprecht
oder Klaubauf am St.Nikolaustage) zieht im Elsaß der Hans Trapp (vom
trappenden Schritte so benannt) mit Besen (Rute) und Sack (Gaben
korb) herum. (Elsässisches Wörterbuch III, 357.) Im Braunschweigischen
geht um Weihnachten der sogenannte Buller Kläs, von einem Schimmel
reiter begleitet, um. (Andres, Braunschweig. V. K. 230.)
Ferner findet sich als weiblicher Gegensatz zum männlichen
Schimmelreiter die weibliche Anführerin der Seelenschar, die
PerchtwHolle oder die Spinnerin. —- Praetorius (\Veihnachts
fratzen 395, 403) schrieb 1663: »Am heil. Weynachten zeugt die
Diana herum mit ihrem wütenden Krieges-Heer.«
Hier trat Diana aus antiquarischer Auffassung an die Stelle von
Perchta oder Holle. (J. Grimm, Mytholog. 260 ff.)
In Würzburg heißt diese um Weihnachten noch bei den Kindern
im Ansehen stehende Frau Holle »die Hullefrau«. (Mittlg. z. bayr.
Volksk. 1900, S. 2.) Zwischen Kalw und Zavelstein (Württemberg)
wollte die »Spinnerin mit der Kunkel« mit aller Gewalt am Christ
abend in den Vorsitz (Spinnstube), und obwohl man ihr sagte, daß
das Spinnen an diesem Abende eine schwere Sünde sei, so ließ sie
sich doch nicht davon abhalten. (Panzer, Beitr. ll, 556.) Wir werden
später diese beiden Anführer der wilden Jagd unter den Gebildbroten
der Weihnachtszeit wiederfinden.
Die bösen Geister, die Totenschar oder die Seelen der Ver
storbenen, die in der wilden Jagd sich zusammenscharen, werden
durch Lärm (Metten) und Rummel in der dunklen, langen Nacht fern
gehalten. Im Unterfränkischen zogen ehemals in der Weihnacht die
jungen Burschen mit ihren Peitschen gegen die Kapelle bei Heidings
feld und knallten auf dem ganzen Wege zur Vertreibung der bösen
Geister (Hexen) aus den Lüften, ein Neujahrsbrauch, der an vielen
anderen deutschen Orten wiederkehrt (Deutsche Gaue 93/94, S. 172.)
In Eutin ziehen die Kinder mit dem die Geister vertreibenden »Rummel
pot« (Lärmtopf, ähnlich dem sogenannten Waldteufel oder Murxtopfe)»
einem trommelartigr überspannten Gefäße, herum und erbitten sich
Gaben in der Weihnachtszeit. (Erk-Böhme, Deutscher Liederhort III,
119.) Hier ist zu erwähnen, daß in einigen englischen Distrikten der
Weihnachtsglauben besteht, daß der llahnenschrei an diesem Tage
alle üblen Geister von den kommenden Tagen des Jahres vertreibe.
(Hazlitt, I, Titelillustration.)
Bei der wilden Jagd im Ilannoverschen ist der (Seelen—)Hund
die Haupterscheinung; am Christabend läuft er in die Häuser, legt
sich am Herde (Seelenopferstätte) nieder und frißt nur Asche und
Kohle, und erst wenn im nächsten Jahre der wilde Jäger wieder
umzieht, bekommt er wieder Leben und eilt der Jagd nach. (Fried
reich, Symbolik 399; Panzer, Beitr. II, 305; Kühn in Ilaupts Zeitschr.
VI, 118.)
In ehemals französischen Häusern im Elsaß trat auf Weihnachten
die »Dame Noöl« (Personifikation des Festtages) auf (Alsatia, 1851,
165), jedenfalls die Verkörperung einer weiblichen Dämonin dieser
Kalenderzeit. '
Für den »Jul-Swend« (= Julmann, \Neihnachtsmann) wird in
Norwegen auf dem Hochsitze eine Art Nachtlager bereitet; findet
man am Morgen unter dem Tische einige Gerstenkörner, so bedeutet
es ein fruchtbares (kommendes, neues) Jahr. (Liebrecht, Zur Volks
kunde 323.) Diese männlichen und weiblichen Dämonen treten auf
Weihnachten auch als Teiggebilde auf, die jene bedeuten sollen.
In Häg (Badisches Wiesental) kommt das Christkind auf einem
mit Eseln bespannten Wagen; diese Geisterkutsche der Volks
sage (Meyer, Badisches Volksleben 64; vergl. die Abbildungen in der
Z. d. V. f. V. K. 194, Fig. 46, 47, S. 261) kehrt ebenfalls unter den
Weihnachtsgebäcken wieder. Auch die Geistermusik, die auf
Weihnachten und sonstigen heiligen Zeiten sich hören läßt (Panzer,
Beitr. II, 66) tritt als Lebkuchengebilde auf. Die Häufigkeit der Musi—
kantenfiguren auf \Veihnachtsmodeln spricht für diese Annahme.
Wie am Perchtentage (6. Jänner), so treten auch auf Weihnachten
in schwäbischen Sagen die drei weißen Frauen auf. (\Neinhold,
Weihnachtslieder 2; auch Z. d. V. f. V. K. 1904, S. 275.)
In den heiligen zwölf Julnächten hatten die isländischen Alfar
ihre Fahrtage und zogen von Stein zu Stein zu anderen Alfen oder
auch in die Häuser der Menschen zum Gelage; um ihre Gunst zu
gewinnen, wurden sie in der Julzeit besonders feierlich und vor
sichtig von der Hausfrau empfangen. (Meyer, Mythol. d. G. 184, 223.)
In Norwegen zieht die Rasgardsreia (Oskerei), ein Gemisch von Seelen
und Elben um und hält ihre Trinkgelage oder drängt sich in die Jul
feste der Menschen (l. eod. 73, 223).
Im Nordischen erhält der Flu ßgeist Huldra am Christtage sein
Kuchenopfer. (Friedreich, Symbolik 22.)
Als Abwehr gegen böse Nixen- und elbische Geister
zeichnet man im Dänischen das Nisse- oder Tusse-Mwrket (Marke,
Zeichnung) als Pentagramm auf das Julgebäck. (Feilberg“, 142.)
Die den Alptraum und sonstige Qualen der Menschheit ver
anlassenden Seelengeister, welche als elbische Wesen in der wilden
10
*) Vergl. die Behandlung, die der vom Wassersegen abhängige Weinpatron Sankt
Urban (25. Mai) nach Seb. Frank (Scheeppner, II, 297, 298; Bavaria, IV. 1, 244) erfährt,
wenn das Wetter für die Weinernte ungünstig ist. (Praetorius, Blocksberg 114)
12
crimina apud eosdem placaturos‘ (l. eod. 338). Beide Deutungen sind annehmbar
und schließen sich nicht aus; da eben dann der Herdeneher am leichtesten zum Sühne
opfer verwendet werde konnte.
"‘) Über die Zitrone (felix malum) als sakrales abwehrendes Opfer siehe Z. d. V. f. I'll.
u. westf. V. K. I, 1904, S. 220 fi.‚ Z. d. V. f. V. K., 1904, S. 397. Auch in dem Werke
von C. Lundin und A. Strindberg. „Gamla Stockholm“ (1880—82), über das alle Stockholm
trägt das dort abgebildete Julschwein einen Apfel im Maul (E. Hammarstedt).
14
ausgeht (V\’uttke“, S. 67); auch den Hühnern gab man 1793 in dieser
Ix’ultzeit Hirsebrei, damit sie in der Folge viele Eier legen (Wuttke,
‚S 673 ff; Tille l. c. 179). Die nordische »Julgrütze« (julgröt) hat
ihr südliches Gegenstück im Tiroler Bachlkoch (Perchtenkoch)
oder Weihnachtsbrei. In Dänemark stellt man diese Julgrütze für
das Ellefolk (Elbenvolk) ins Freie (Z. d. V. f. V. K. 1897, 492 und
1898, 138). In Schweden eilte man 1785 nach dem Sprechen des
letzten Segens am Altare, so schnell die Pferde laufen konnten, um
ein glückliches Auskommen »das ganze Jahr« hindurch zu haben,
unter Lärmen und Springen nach Hause, um so eilig als möglich
zum Löffel vor der Grützpfanne zu kommen (E. Hammarstedt). Heute
ist die schwedische Julgrütze ein weißer Heisbrei, ehemals war es
die weiße (\Veizen-) Grütze (schwedisch hvit-gröt, dänisch hvidgrod),
die aus dem Korn der letzten Erntegarben hergestellt war, in denen
das Fruchtbarkeitsprinzip, die Quintessenz der Vegetationskraft in
nuce, sozusagen in konzentriertester Form enthalten war. In Ver
bindung mit einer Kinderhaube war diese VVeizengrütze noch 1783
ein Julopfer an die Hausgeister (E. Hammarstedt; Meyer, Myth.
d. G. 214). \Nenn in Norwegen ein Ehestandskandidat am \Veihnachts
abend, sobald die Julgrütze gekocht ist, den Quirl nimmt und mit
demselben dreimal gegen den Lauf der Sonne (von \Nesten nach
Osten) rings um das Darrhaus herumgeht, dann wird seine zukünftige
Ehegenossin aus den Türen des Hauses heraustreten und mit ihm
sprechen (Liebrecht, z. V. K. 325). Dieses Opferaugurium mit der
Seelenspeise findet sich auch in Deutschland in ähnlicher Weise an
Neujahrstagen; der Gang nach Osten zu bringt den Speiseduft rascher
den Elben der Außenwelt entgegen; damit ist auch der Speisen
spender vom Glück des Tages mehr begünstigt. An die Stelle der
indogermanischen Ilirse traten im Laufe der Zeit da und dort auch
andere Körnerfrüchte, zum Beispiel in Böhmen die Erbsen. In den
Jahren, in denen es viel Mäuse gibt, wird nach dem Essen des
VVeihnachtsbreies in die vier Ecken der Eßstube eine kleine Portion
des Erbsengerichtes in Kreuzform geschüttet, gleichsam als Opfer
an die Elben in Mäusegestalt, die dann den Menschen nicht mehr
plagen sollen (Vernaleken, Mythen und Gebräuche 315). Auch im
Egerland streut der Hausvater am heiligen Abend die Speisereste in
seinen Garten zum Vertreiben der Maulwürfe (Z. f. V. K. 1900, 121);
durch diese Abfütterung der Vegetationsgeister, die so versöhnt
werden, sollen die Plagen der Maulwürfe verschwinden. In Oberbayern
füttert der alle Hofbauer in der heiligen Nacht an seiner Gattersäule
die Elemente (Vegetationsgeister) durch Ausstreuen von Getreide
körnern in die Lüfte, in denen in dieser Nacht draußen die Seelen
geister schwärmen. An anderen Orten wird Hafer als Körnerfrucht
zur Speisung dieser Seelengeister in den Lüften verwendet. Nach Jahn
(Opfergebräuche 277) wurden 1200 in England Hafer und Gerste als
Zeitschrift m österr. Vulkskunde. :
18
eines den Stiel oder Schaft des bisher stillestehenden Löffels und
schnurrt diesen rasch herum, so daß er sich längs des Tellerrandes
fortbewegt; da, wo der Löffelschaft stille steht, steht dann auch
diejenige Person, die diesen Grützerest (Schnurrgrütze, snurre-grdd
genannt (Feilberg‘-', 121) noch aufessen muß, wenn sie noch den
Platz dazu im Magen findet; aber der Jytländer hat nun einmal für
Grütze immer noch ein Plätzchen frei«; jedenfalls galt dieses Extra
als ein besonderes Augurium (vergl. auch das Löffelaugurium am
Heiligen Dreikönigstag in Z. d. V. f. V. I{~ 1904, S. 265), das vielleicht
eine abgeblaßte Erinnerung ist an das Augurium aus dem germani
schen Opfersudkessel.
Die verschiedenen anderen Brei-, Grütze-, Pulse-, Papp-, Mus
oder Ix'ochsorten anzufiihren, die sonst noch auf Weihnachten üblich
sind, würde hier zu weit führen; es genügt, hiermit nachgewiesen
zu haben, daß das germanische Volk mit dieser uralten Speiseform
immer wieder den Seelenkult betätigte; mit dem herkömmlichen
Breigenusse wurden die Seelengeister, die stillschweigend daran Anteil
nahmen, versöhnt; die durch diese Speisung erworbene Gunst der
Seelen bewirkte dann zauberhafte Fähigkeiten.
Wer in Norwegen am Weihnachtsabend still aus der Stube
geht, während die Bauern drinnen den Weihnachtsbrei, die Julgrütze,
essen und dann durchs Fenster hineinsieht, kann diejenigen, die »im
nächsten Jahre« sterben werden, ohne Kopf am Tische sitzen sehen.
(Liebrecht, l. c. 326.) Die Bewohner von Glatz (Schlesien) lassen von
dem schon erwähnten Semmelmilchbrei einen Rest übrig, damit „die
Engel«, das heißt, die Verstorbenen, welche kommen, wenn alles
schläft, im Falle sie essen wollten, wie es manchmal geschieht, etwas
finden, indem es sonst einem nicht gut ergehen würde. (Ortwein,
l. c. 90 ff.) Diese immer und überall zu treffende Angst vor der zu
künftigen Auferstehung und Wiederkehr der Toten machte auch die
'l‘otenspeisung zu einer allgemein menschlichen Sitte, die namentlich
am Neujahrsabend haften blieb.
Gerade die Speiseordnung beim Seelenkult nun bewahrt
überall einen gewissen, relativ festen Typus, der sich durch einen
altertümlichen Brauch, aber auch durch die Namen der Speisen
dokumentiert, was wir im Verlaufe dieser Abhandlung‘ öfters nach
weisen können. Im dänischen Bauernbrauch war sogar der Platz bei
der Julmahlzeit ein festgesetzter. Die Dirne, welche den letzten
Roggenbund gemacht hatte, »Roggenkälbl« (rug-krclling) genannt,
sollte am Julabend bei der Türschwelle sitzen, an anderen Orten
hatte sie den Ehrenplatz beim Hofbauer, dafür aber mußte das
»Gerstenkälbl« (byg-ktrlling) an der Türschwelle sitzen; die Dirne,
die den letzten Ilaferbund gemacht hatte, sollte ihren Platz haben in
der Nähe der Giebelöffnung am Hause, die man Schadenspalte (gaffende
Öffnung, durch die die schädlichen Geister ein- und auszogen, skade
gabet) nannte. (Il‘eilberg’, 121.)
21
2. Gegenüber dem älteren Breie ist der Laib nun ein mehr
weniger ausgebildetes, das heißt, aus diesem geformtes konserviertes
Rundstück, das aber schon durch seine primitive Form sein hohes
Alter bezeugt. Als Armengabe”) (eigentlich an die armen Seelen) oder
als Patengeschenk (zum Beispiel im Allgäu) hat auch der Laib seine
Beziehung zur Seelenspeisung bewahrt. In Reichenberg (Böhmen)
läßt man auf Weihnachten unterm 'I‘ischtuche einen angeschnittenen
Brotlaib »für die himmlichen Gäste« liegen. Nach Rastetter Hofrecht
(Schweiz) mußte 1378 der Ilofmann dem Dorfe Rastetten zu Weihnachten
ein halbes Multer Korn geben zum Brotmachen ; dieses Brot hieß »Mutsche
leibelin« (Brotlaiblein aus der Teigmulter ausgescharrt als Gabe an
die Hausgeister); dieses Multschärenlaiblein erhielten dann
die Kinder des Dorfes zu einer Gedächtnis (Grimm, D. R. A. “, I,
497); auch in La Chiäsaz bei Vevey (Schweiz) wurden auf Weih
nachten 1762 infolge eines Legats »les miches de Noöl« Brotlaibchen
(Muckel) ausgeteilt. (Schweizer Arch. f. V. K. II, 69.) In Dänemark
wurden für die Armen in Angeln »leve« (Laibe) gebacken. (Feilberg‘,
l. c. I, 252); auch gibt es in Norwegen »lefsa", ein pfannkuchenartiges,
dünnes Brotlaibchen um diese Zeit. Der süddeutsche Weihnachts
laib ist meist ein durch eingetrocknete, mitgebackene Birnklötzchen
(Hutseln) versüßter sogenannter Birnlaib (Birnbrot, die piratura
des Ruodlieb, M. Heyne, l. c. II, 273), ein Klötzenbrot, das von Sankt
Nikolaus bis Heiligen drei Könige fast in jedem Bauernhofe zu finden
ist; nur wenn es wenig Birnen im Herbste gibt, fällt der Birnen
zusatz aus. In Oberösterreich gibt es auf Weihnachten den sogenannten
Störilaib, der seinen Spendezweck schon durch seinen Namen an
deutet, da er aus den »zusammengesteuerten« Beiträgen der Sippe
ehemals hergestellt wurde. Mit ihm werden dort mitgebacken: ein
Laiblein, das der erste kommende Arme (arme Seele), der am
Weihnachtstage sich sehen läßt, erhält; die Großdirne reicht es ihm
mit einem Geldstücke oder mit einem Ei oder Fleischstücke; ist die
bettelnde Person ein Mann, dann heiratet sie, und zwar heißt ihr
Mann so wie der arme Bettler (Opferaugurium); ferner werden mit
gebacken: zwei Brotlaiblein für das Hausvieh, sogenannte »Viehstöri«‚
endlich vier bis fünf längliche Brote in Daumenform zur sogenannten
Fütterung der Elemente (Vegetationsgeister). (Baumgarten, Das Jahr,
Gymnasialprogramm 9.) Nach dem Einschießen des Störilaibes wird
in EIbestal-Zell auf Weihnachten der Backofenwisch um 12 Uhr mittags
abgenommen und mit den Tischabfällen von der Großdirne auf das
Weizenfeld (als Zeichen, daß um diese Zeit zu Hause für die Vegetations
geister gekocht und gebacken wird) getragen. Die Großdirne wickelt
die Schinde (Rinde, Schale) und Kerne von Äpfeln und Nüssen
*) ‚Die Umsetzung der ursprünglich den Toten dargebrachten Opfer in die Dar
reichung von Gaben, namentlich an die Bedürftigen, ist nichts spezifisch Christliches“
(Lucius, Anfänge des Heiligenlrultes 27).
22
“) Davon unabhängig ist der Brauch, den Seelengestalten (Vögeln) am Grabe der
Verstorbenen Körner zur Nahrung vorzdwerfen, was am Grabe Walthers von der Vogel
weide in Würzburg testamentarisch geschah. (Z. d. V. I. V. K. 1905, S. 1 ff.) Dieses
Körneropfer, das später dort in eine Semmelspende an die Domherren verwandelt wurde,
war nicht an die Jul- oder Weihnachtszeit gebunden; dieses Julfutter kam nur den Haus
genossen zugute.
27
(Wuttke", 295). In Tirol wird eine Kuhkette auf den Boden gelegt
(t‚)pferplatzabsperrung) und innerhalb dieses Bannkreises werden
\Veizenkörner für die Hühner gestreut (No'ö, D. Alpen I. 405). Auch
sonst erhält der Fuchs oder der Wolf als Dämonentier zu bestimmten
anderen Zeiten Speisegaben. Weihnachtsbrot auf die Tenne gebracht,
vertreibt die Mäuse durch die Versöhnung der sonst mit der Mäuse
plage quälenden Geister. Aber sogar die Obstbäume, beziehungs
weise die darin wohnenden Vegetationsgeister, erhalten am Weih
nachtstage ihre Opferspenden. Wenn in Tirol die Frau, die den Teig
zum Weihnachtsbrote knetet, mit den teigbeschmierten Fingern
und Armen die Fruchtbäume umfaßt, so werden letztere erträgnis
reicher. Im schwedischen Smäland streut man die Krumen vom
Julbrot um dieselben herum zu gleichem Zwecke (Globus, LXXII. Bd.‚
375), in Schlesien Speisereste (Wuttkefl 68). Sobald in Mähren die
Hausfrau den Teig zum Weihnachtsbrote angemacht hat, geht sie in
den Garten und streichelt (wie in Tirol) mit ihren teigbehafteten
Fingern den Obstbaum und spricht: »Bäumchen, bring‘ recht viel
Früchtel« (Wuttkefi 295). Mit den Resten der Festmahlzeit um
scbüttet man auch im Erzgebirge und im Voigtlande die Obstbäume,
damit sie wohl geraten (\Vuttke”, 68; Kühnau, Die Bedeutung des
Backens, Gymnasialprogramm S. 12). Säet man in Tirol in der Christ
nacht Brosamen (volksetymologisch zu Brotsamen gestellt), so gehen
diese auf, da man damit die Vegetationsgeister gefüttert hatte
(Zingerle, Sitten 121). In Norwegen erhält (nach Scheible, Das Kloster
VII., 770) noch heute, wie oben erwähnt, am Christtage der Fluß
geist Huldra. von den Uferbewohnern einen Kuchen von der Größe‘
daß man ihn eben noch durch ein sehr kleines Loch im Eise hindurch
stecken kann.*)
Die Windgeister erhalten ihre Speisespenden auch durch
das Feuer. In Oberösterreich wird am heiligen Abend das Feuer mit
dem schon erwähnten Störibrote »gefüttert« (Baumgarten, l. c. 8).
Angeblich zur Sicherung gegen Feuersgefahr wird in Oberbayern
von allen Speisen, die man auf Weihnachten auf den Tisch setzte,
etwas ins Feuer geworfen (und so den Windgeistern übermittelt)
(Heinsberg l. c. 219). Man sieht, wie vielseitig die Gefahren waren,
gegen welche der Mensch sich sichern wollte, indem er die Seelen
geister in den Lüften, in den Flüssen, in den Bäumen, im Hause etc.
durch das Spendebrot der hochheiligen Kultzeit günstig stimmen
wollte. Eigentümlich ist eine Vorschrift aus dem schweizerischen
Simmentale 1772 als Mittel gegen die Kraft der Hexen: Man soll
die (Hexen vertreibende) Raute mit \Veihnacbts- (Neujahrs-)Brot,
also auch hier ist Weihnachten ein Neujahr, bei dessen Beginn man
den Gemeindehirten für das kommende Jahr auidingte, indem man
ihm einen Weihnachtsfladen als Vertragssymbol gab und so für die
Sippschaftsdienste verpflichtete, wie sonst früher (siehe oben S. 15)
auf das Ebershaupt oder den Julbock.
Auch die St. Galler Mönche hatten im 15. Jahrhundert ihren
Weihnachtsfladen (M. Heyne, l. c. II, 275); die Toggenburger
(Schweiz) bereiten auf Weihnachten auch »Rahm-« und »Birn
fladen«; die Norweger und Dänen ein Fladenbrot (»fladbred«)
(Feilbergä 202, 114); überhaupt gehörte der Fladen noch zu den
primitiveren und älteren germanischen Festgebäcken.
Nur die Thüringer nennen die teller- oder fladenförmigen Pfeffer
kuchen auch »Pfefferscheiben« oder »Lebkuchenscheibem; nach
\Vitzschel (Sagen aus Thüringen II, 173) soll auf denselben unter
anderem auch Frau Holle mit dem Spinnrade oder Rocken, das heißt
als Spinnerin (siehe unten S. 54), abgebildet sein als zweckentsprechende
Erinnerung für den Empfänger.
Nebenbei sei hier eingeschaltet, daß bei den toskanischen Bauern
die stiacciata, ein breitgeschlagener Fladen, üblich ist und daß in
Neapel auf Weihnachten auf Brettertellern und Tischen die sogenannte
Pizza [zu mittellateinisch pinsa: Backtrog, Mehlstampfgefäß; m:imw :
pinso;pinsores = pistores; pinsa = pizza, ein Fladengebäck aus zer
stampften Körnern] herumgetragen wird, eine Art hohes Rundstück
(Kreuzbrot) aus Brotteig mit Öl bestrichen, mit Schnittlauch und
geriebenem Ziegenkäse oder mit Speck, Basilikum und Schnecken
stiickchen bestreut. In neuerer Zeit wird diese Pinza auf Ostern auch
nach Deutschland gebracht: dann ist es aber ein durch Safran (Eifarbe
Ersatz) gelber, feiner, hoher, oben kreuzförmig geteilter Osterfladen.
(Leipziger Illustr. Ztg., 31. Dezember 1903, Nr. 3157, S. 1030.) Mit dem
Sonnenrade oder der Sonnenscheibe haben diese Rundstücke keine
Beziehung, da sich ihre Formen aus bäckertechnischen Gründen von
selbst ergeben; über die Bedeutung des Kreuzes siehe unten S. 69.
5. Ein germanischer Name für besser zubereitetes, länger ge
kochtes und feineres Festgebäck istderK uc h e n, der auf Weihnachten in
verschiedenen Formen oder Größen hergestellt wird. Der uralte »Leb
kuchena, über welchen wir schon unter den Nikolausgebäcken (Z. d.
V. f. V. K. 1902, S. 84) gesprochen haben, spielt gerade auf Weih
nachten und Neujahr seine größte Rolle, da er zur Herstellung von
Modelbildern, die den Zweck angeben, besonders geeignet ist oder
auch diesen Zweck sonst symbolisiert. Wie das Klösenzeug zum
St. Nikolaustag, so gehört der Lebkuchen als »Christbürde« zur
Christnacht. In der Pfalz sehen es die Kinder lieber, wenn um \/Veih
nachten helles \Netter ist; denn so oft das Abend- oder Morgenrot
dabei sich zeigt, bäckt das Christkind Lebkuch e n (Grünenwald, l. c.
15 ff). Besonders in den Frauenklöstern wurde das Lebkuchenbacken
z=mamn m österr. Volkskunde. 3
34
auf Weihnachten sehr geübt; so erzählt die Chronik, daß die Nonnen
des Klosters Günterstal zum VVeihnachtsfeste in zwei Tagen hundert
große, mittlere und kleine Lebkucken zu backen hatten (Reclams
Universum 1900, S. 986). Aus diesen Klosterbäckereien stammt wohl
auch der erste Teil des Wortes »Lebkuchen« (Iibum. angelsächsisch
lybb = Heillrank ;altnordisch Iyf: Arzneimittel), da derselbe ursprüng
lich ein mit Heilkräutersäften gemengter oder bestrichener Honigfladen,
»Zeltchen«, war, der in den Klosterapotheken hergestellt wurde. Auch
die Schüler erhielten, so zum Beispiel in Künigsfeld, zu Vt’eih
nachten »zum gueten Jahr« einen Lebkuchen (Schw. Idiot. III, 13T).
Sehr häufig und allgemein in Deutschland verbreitet waren die auch
von Praetorius (Weihnachtsfrazzen 335, Blockes-Berges Verrichtung 491)
1663 erwähnten Schultafeln aus Lebkuchenteig, die in Form des
römischen Abacus (A B C-Tafel) aus Holzmodeln ausgepreßt wurden (Ab
bildung siehe Z. d. V. fv V. K. 1900, S. 324; 1905, S. 60, Fig.3 und 4).
Wie die Stubenvögel durch das Verzehren des Weihnachtsbrotes
leichter singen lernen sollten, so sollten auch die Rinder durch den
Genuß der Buchstaben, die in einen dem römischen Metallspiegel
ähnlichen Rahmen eingefügt sind, besser lesen lernen, was
schon Horaz in seinen Satiren (I, 1, 25) als römischen Schul
brauch anführte: »ut pueris olim dant crustula blanda Doctores,
elementa velint ut discere prima«. (Vergl. auch (1aidoz »Les
gäteaux alphabetiques« in der Bibliothc‘zque de I’äcole des hautes
ätudes 1887).") Ob wohl mit diesen in 'I‘ütentrichtern verkauften
Lebkuchenfiguren und Buchstaben auch der »Nürnberger Trichter«
zusammenhängt, mit dem man den Kindern das Lernen »eintrichtern«
wollte‘? In den Niederlanden (Haarlem zum Beispiel) sind diese eßbaren
Buchstaben aus hellrotem Biskuitteig einzeln gebacken; sonst sind
sie meist weißgelb, gelbbraun, auch schokoladebraun (vergl. auch
das badische Buchstabenverhacken bei Meyer, Bad. Volksleben 109;
außerdem Meyer M. d. G.310; Basedow, Neues Werkzeug zum Lesen
Iehren 1784); Praetorius (Blockes-Berges Verrichtung 491) schrieb
1868: »Ja weiters weiß ich mich auch zu ersinnen, daß ein erfahrner,
gelehrter Mann sagte, daß man die Pretzeln (?!) sonderlich in be
kannte Figur machte, nemlich den Kindern über das Gebet, das ABC
mit »hineinzutrichtern«, indem man gar artig an einer recht auf‘f die
alte Manier gestalte Pretzel (?) alle 24 Buchstaben des ABC zeigen
kann.« Was Praetorius hier Brezel nennt, ist ein Buchstaben
gebäck mit runden Formen.
An anderen Orten heißt der aus klösterlicher Küche stammende
Lebkuchen auch »Braunk uch e n« (norddeutsch) oder »Honigkuchen«
(Schweiz, Mitteldeutschland), »Pfefferzelten« oder »Pfefferku‘chem
(Norddeutschland), wobei in letzterer Bezeichnung Pfeffer: Gewürz ist.
In den Schweizer Bergkantonen (1746) aßen Mann und Frau nach
") Vergl. auch Z. d. V. f. V. K. 1905, S. 94 (ABC-Kuchen, von Hieb. Andree) und
ibid. S. 181 (Zu den ABC-Kuchen, von Heinrich Lewy). Der Rad.
35
Gesellsch. III, 21), »süße K rap fe n«, »Butterk rapfe n« (durch Honig
aufguß versüßte Krapfennudeln) in Österreich und Tirol, »Nonnen
kräpfel« in schwäbischen Klöstern (Villingen).
Die Schweizer haben auf Weihnachten mit Koriander (sogenannte
Krapfenkörner) bestreute Krapfen; ein Schweizer Speisezettel (1612)
für die sogenannten Aussätzigen verordnete auf Weihnachten acht
Batzen für Krapfen und Ziger und sechs Maß Nidlen (Schlagrahm).
(Schw. Id. III, 843; IV, 659.)
Die Nördlinger haben ebenfalls »Weihnachtskräpfeh, die
halbmondförmig sind. In Schleswig-Holstein heißt das immer ein
Füllsel (Farze) umschließende Gebäck »Pförtchen«, »Förtchen«
(entstellt aus Färtzchen, la farce); im Angelsächsischen mag das
Gebäck wohl als »Honigapfel« bezeichnet worden sein (angelsächsisch
hunegapel = pastellus, Diefenbach, Gloss. ll, 282). Im Dänischen ent
sprechen den Krapfennudeln die weichen Julballen aus Roggenmehl
teig (julballan), die den unten zu beschreibenden Julhöger zusammen
stellen; sie bleiben bis Neujahr unberührt, um des Segens der Julzeit
besonders teilhaftig zu werden. (Feilberg*, 182, 202, 350.) Die im
schwäbischen Frauenkloster Villingen nur auf Weihnachten her
‘gestellten »Nonnenkräpfel« sind für die Nonnen selbst eine fest
liche Rarität und dienen nur zur Beschenkung ganz besonderer
Klosterfreunde; es sind »Nonnenfärzlein« in kleinballiger Form; die
»Badner Kräweli« und die »St. Galler Kräpfli« sind krallenartig
gezackte, hirschhornförmig gekrüpfte »Hirschhörnli« oder »Schwaben- .
brödle«. (Abbildung siehe Z. d. V. f. V. K. 1904, S. 267.) Das uralte
Krapfengebäck gab überhaupt seinen Namen für verschiedene andere
Schmalzgebäcke her, die sonst gar nichts mit der Krapfenform Gemein
sames haben. Ihr hohes Alter erklärt auch, daß sie zum Losen benützt
wurden. Nimmt man in Sterzing (Tirol) die drei ersten gebackenen
Krapfennudel und trägt sie dreimal splitternackt so um das Haus,
daß man nicht außerhalb der Dachtraufe*) kommt, so sieht man an
der letzten Hausecke (durch die Gunst der drei Schicksalsfrauen,
für die die drei Krapfen bestimmt sind; letztere dürfen nicht naß
und so zum Opfer ungeeignet werden) das künftige Gemahl. (Zingerle,
S. u. Br. 27; vergl. auch Z. d. V. f. V. K. 1904, S. 269.)
Interessant ist die Parallele zwischen dem Tiroler »Krapfenstock«
der Weihnachtszeit und dem nordischen Julhöger. Die viel größer
als sonst gebackenen Krapfennudel werden dachziegelförmig über
einander geschichtet und ein Brei aus Mohn, Klötzenmehl und ge
riebenem Zucker darüber ausgeschüttet; über jede Schichte, die sich
aufbaut, wird Schmalz und Honig gegossen, daher »süße Krapfen«
benannt. Bei so einem richtig aufgehäuften Krapfenstocke müssen
die honigsüßen Endzäpfchen außen herunterhängen; das ganze,
*) Die Dachtraufe ist die Grenze zwischen den Menschen im Hause und den Toten
geistern in den Lüften, den elhischen Wichten der Außenwelt. (Feilberg', 99.)
39
gebacken wurden, so ergibt sich dies mehr aus der nicht oft
genug zu betonenden Neujahrsrolle, die das Weihnachtsfest im
Mittelalter hatte; gerade auf Neujahr sind nicht nur die Flecht
gebäcke (Haaropfer) häufiger, sondern auch die Verbindungen
dieser mit dem Ringe zu einem (lebildbrote, zum Beispiel Zopf
+ Brezel, Strutz —l— Zopf, Wecken —l— Zopf, Wecken -l— Strütz, Bein
—l— Zopf, Herz —l— Zopf, Horn —)— Zopf, Kranz + Zopf etc. Das Toten
bracelet (Brezel) findet sich besonders häufig an den Totenfesten
(christliche Trauen und Bußzeit, Fasten). Am zweiten \Neihnachts
feiertage, dem sogenannten Kalbemarkt, liefern in Thüringen die
Burschen als Festgebäck unter anderem die großen »VVeihnachts
brezeln« aus Hefenteig und Weizenmehl, während die Mädchen
den Kaffee, die Nüsse und Aepfel beisteuern. In der Zeitschr.
Niedersachsen 1902, VIII, 8, S. 94, steht folgender Artikel aus dem
Lüneburgischen: »Wiehnachts-Awendrot. In de VVeken vör V\'eih
nachten, dat is äwerall bekannt, hewt wi oft dat prächtigste Awend
rot. Wenn de Kinner up de Hei in ‘n Lüneborgischen düt Awendrot
seht, denn lüchtet jümm de Ogen on de een seggt to ‘n annern: Kick,
nu bötet de Engel in ’n Himmel den Aben, de söten Stuten to backen,
de usch de Wiehnachtsmann bringt!« In eenigen Heiddörpern awer
singt se: »Wat is de Hewen rot! De Aben steiht in Glot. Nu backt
de leewen Engel de söten V\’eihnachtskrengel un all de söten
Stuten för de lütten Puten. Wiehnachtsmann kummt nah'n Himmel
rup, Un smit den Sack up den Schimmel rup, He let den Schimmel
springen, dat alle Klocken klingen. Hophophop! Hophophop! Ümmer
in Galopp!« Demnach bringt hier der Weihnachtsmann als Schimmel
reiter (siehe oben S.7) süße Weihnachtskringel und süße Stuten (siehe
S. 47) den Kindern; diese erhalten eben das Festgebäck,das ursprünglich
den Seelengeistern (Engeln) gehörte. In Neustadt a. d Aisch (Bayern)
erhält jedes Kind an den Weihnachtsbaum eine sogenannte »I-Iörnl
brezen«, ein hufeisen- oder hornförmig gebogenes, der Brezelform
sich näherndes Festgebäck. Auf Fehmarn ist das »Kundenbrot« ein
an die Bekanntschaftskreise auf Weihnachten verteiltes Kringelgebäck
(cuntbrot).
Auch auf dem schwedisch-dänischen Julhög (siehe S. 39) hängen
K r i n g el auf kleinen Holzstäbchen, die ringsum um die Julbullar an
gesteckt und mit einem aufgespießten Apfel verziert sind (Feil
berg“, 183).
Aus solchen runden Weihnachtskringeln nun aber auf ein
weihn'ächtliches Sonnenradfest und sogar auf ein »germanisches«
Sonnenwendfest schließen zu wollen (Beilage zur Täglichen Rund
schau 1900, Nr. 301, S. 1202) ist nicht gestattet. Die meisten
Gebildbrote stammen aus römisch-griechischer Quelle, können also
als Brezel oder Kringel für ein »germanisches« Fest niemals ein
direkter Beweis sein; ferner ist die Brezel niemals ein geschlossenes
43
‘) Diese unsere Deutung der Knaufgebäcke als Gebilde, welche den Schienbein
knochen eines Rindes mit dem daran befindlichen Brat oder Fleisch darstellen sollen,
findet eine überraschende Unterstützung in der Tatsache, daß die alten Ägypter diese
nämliche Zeichnung, die wir als Typus oder Urform der Knaufgebäclre aufgestellt haben
(Z. d. V. f. V. K. 1902, S. 448, Tafel II, Fig. 15), auch als Hieroglyphe für den Opfer
braten (Vorderbug) (‚sut‘) hatten, die auf den Speiselisten an den Wänden der Grah
kammern der vierten Dynastie häufig erscheint (siehe Fig. 22 c) (Wilkinson, The Manners
and Customs of the ancient Egyptians 1878, II, 28, 35, 458). Durch Wanderung zu den
Griechen und Römern kann das dieses Opferfleisch vertretende Gebildbrot auch zu den
Deutschen gelangt sein wie andere solche Gebäckformen.
54
und brät das Herz Fafners. Auch Krimhild setzt ihrem Gatten Etzel die
Herzen der zwei ihm geborenen Knaben zum Essen vor. (Über dieses
Herzessen bei den alten Süd- und Nordgermanen siehe UrqueH von
Dr. Krauß, III, 90, 211 und Wolf, l. c.l, 140.) Nach dem ostpreullischen
Volksglauben macht das Herz eines neugeborenen Kindes, gebraten und
gegessen, unsichtbar (Lemke, Volksk. aus Ostpr. III, 3]). Durch das
Verzehren des Herzens, als Symbol des Liebessitzes, sollte die ganze
Liebeskraft in dem Verzehrer des Herzens aufgehen und so Gegen
liebe erzeugt werden und jeder Wunsch in Erfüllung gehen. Diese
modernen Herzenswiinsche stehen auf den Teigherzen aufgeklebt als
gedruckte Zettel oder durch Zuckeraufguß geschrieben. Oft erblühen
Blumen in demselben oder eine biblische Szene (heilige drei Könige,
St. Michael mit der Seelenwage, 1673) nimmt das Innere ein. Auf
einem Tölzer Lebkuchen zersägt die Eifersucht ein treues Herz
(1774) (eine gezähnte Blattsäge durchschneidet die eine Hälfte des
gelappten Herzens, aus welchem Rosen ersprießen, während die
Zahl »3« auf dem Herzen die »Treue« bezeichnen sollte). Solche
Herztiguren werden gebildet als »Lebkuchen«, als »Konfekt«
(in Frauenklöstern), als VVarmbrunner Teegebäck«, Butterteigmodel
(Holland), als »Schmalzwafleln« oder »St. Galler Rosenkuchen«
(»Modelküchle«), als »Marzipan«-Gebäck »Anisbrötla« (Fig. 2l)e_tc. Jeden
falls ist ersichtlich, daß hierbei uralte Vorstellungen durch die Gebild
brote sich bis auf unsere Tage erhalten haben und daß sogar das
symbolische Teiggebilde die vermeintlichen Kräfte des lebenden,
beziehungsweise geopferten Organs im Volksglauben übernommen
hat. Teiggebilde von anderen Organen (Leber, Lunge etc.) herzustellen,
war überflüssig, da man solche ohnehin in natura verzehrte und die
Jagdtiere im Notfalle Substitutionen lieferten.
16. Daß die tierischen Figuren aus Teig zumeist nur Ab
lösungen und Stellvertretungen der ehemaligen blutig geopferten
lebenden Haustiere sein können, ist selbstverständlich, wobei nicht
ausgeschlossen ist, daß im Laufe der Zeit noch manche Ausartungen
der Bäckerlaune hinzugekommen sind, welche Gebilde darstellen, die
ehemals nicht »zöhbar« waren (althochdeutsch zäbar = Opfertier,
Großvieh; angelsächsich tifer = Opfertier; altfranzüsisch toivre; mittel
hochdeutsch (un-)ziver = zum Opferdienste (un)geeignctes Tier); schon
der lndiculus superst. kennt »concessa animalia«, das heißt opferbare
Tiere, im Gegensatze zum nicht opferbaren Kunder. Vor allem ist es:
a) der Schweinseber (Fig. 38 und 39), der als Schweinsfigur,
aber unter dem Namen Julagalt oder Julgris auch als verschieden
artige Teiggebilde, zum Beispiel als Hakenkreuz, zu finden ist; oft
erinnert nämlich nur noch der Name des stellvertretenden Gebäckes
an dieses frühere Opfertier. Daß der Stollen (siehe oben S. 44) ein
Symbol der Deutschen für Frös Eber sei, wie selbst noch Liebrecht
(l. c. 439) meinte, ist durchaus unrichtig. In Skandinavien haben sich
60
Glauben, daß solche Opfer dem Volke die Gunst. der Unterirdischen
und die Sühne für seine Vergehen verschaffe. Das heidnische Julfest,
das damals gefeiert wurde, war als Beginn eines neuen Jahres die
Zeit der Wiederkehr der Toten unter der Erde (Feilberg‘. Den
nordiske Jul 820). Der Wikinger König Heidrek opferte am Jul
abend vor den Götterbildern in der Halle Pferde, deren Blut man
in Kessel laufen ließ; mit diesem besprengte man das versammelte
Volk, die Götterbilder, Altäre und Tempelwände (l. eod. 821); was
hier die Götter erhielten, bekamen ehemals auch die Totengeister.
Den nordgermanischen Helden folgten ihre Knechte, Pferde und
Hunde, die mit ihnen verbrannt wurden, in den Tod. Als König
Harald starb, tötete man sein Pferd und begrub den Sattel (pars pro
tote) mit der Leiche, damit er nach Walhalla reiten könne (J.W. Wolf,
Die Götterlehre 107). Wie wir unten sehen werden, ist am St. Stephans
tage, der zum \Veihnachtsfestzyklus gehört, das blutige Pferdeopfer
der Deutschen in Rudimenten und Substitutionen noch deutlich
erhalten. Wir können deshalb uns der Meinung Negeleins (Z. d. V.
f. V. K. 1902, S. 382 ff) anschließen, daß das Pferdebild und das Huf
eisen (also auch das in Teig gebackene Roß und die hufeisenförmigen
Gebildbrote) das Symbol oder die Stellvertretung des Pferdeopfers
sind. Kein volles Opfer verschwindet ohne Rudimente; darum gibt es
also auch gebackene hornartig gebogene Hufeisen (Fig. 42) im
Werratal, wie es auch Pferdefiguren aus Lebkuchenteig etc. gibt.
Etwas anderes ist natürlich das Reittier, das gesattelte Pferd oder
das Bild des pferdelosen Reiters, Ritters etc.‚ die alle den Schimmel
reiter (Wode) als Dämonenfigur vorstellen.
Aus wirtschaftlichen Zwangsgründen muß hie und da auch
c) das Lamm (Fig. 44) auf Weihnachten geopfert worden sein; denn
das Tiroler »Lampl-Brot« spricht deutlich für ein solches Tieropfer.
Dasselbe wurde mit dem Blute eines während der Christmette ab
gestochenen Lammes angeknetet, in derselben Stunde noch gebacken
und verzehrt; als solches sollte es nach dem Wildschützenglauben
im Pustertale kugelfest machen (Zingerle, Sagen’, 670, 672, 442,
Lütolf, Sagen 100; Alpenburg-Bechstein, Mythen 381; Rochholz in
lllustr. Ztg. 1868, S. 250). Ferner erinnern an dieses Lammopfer das
schwedische gumsebröd = H am m e l brot‚*) ferner die Braunschweiger
Holländer, Lüneburger etc. Christ- und Weihnachtsgebäcke, welche
das Lamm in Teigform darstellen; in jenen Gegenden fiel es wahr—
scheinlich dem Bauer leichter, ein Lamm oder einen Hammel, als
ein Schwein zu opfern.
d) Das Bockopfer der Weihnachtszeit bewahrt der schwedische
»Julbock«, der einen gehörnten Ziegenbock aus Brotteig darstellt.
"‘) Nach E. Hammarstedt befindet sich eine Abbildung dieses Julbockes auch in
C. Lundin och A. Strindberg: Gamla. Stockholm, Fig. 25, ein Werk, das Verfasser leider
nicht benützen konnte.
64
(Globus, LXXII. Bd., S. 374); (Fig. 45)”) In der Schweiz, wo das Bock
gebäck an anderen Festtagen des Jahres sehr häufig ist (Fig. 44)\
fehlt es auf Weihnachten; nur in Deutschland könnte man vielleicht
manches Horngebäck auf den Ziegenbock beziehen. Julkuchen,
welche die Form nhammerverzisrter Böcken hatten, wurden im
Norden unter das Saatkorn, das unter der Erde bei den »Unter
irdischen« keimt, gemengt und auch bei der Aussaat von den
Arbeitern sowie vom Pflugochsen verzehrt. (Meyer, M. d. G. 360.)
Bei den Griechen und Römern gab es ebenfalls solche B0 ck b rote;
denn Athenäus (2. Jahrh. n. Chr), der in Alexandrien lebte, erwähnt
bereits Kuchen nach dem Bilde des Bockes geformt. (Rochholz, Illustr.
Ztg. 1868, Nr. 1293.) Der Ziegenbock war eines der ältesten Opfer
tiere der Indogermanen, früher als das Rind und Schaf.
e) In Schweden heißt noch heute das beliebteste Festgebäck der
Julzeit »Julkuse«, das heißt Julkuhlein oder Julkalb (auch der Ober
bayer kennt die noch gangbare Deminutivform »Kusel« für Kalb,
siehe Schmeller, I, 1303); das schwedische Julkuse hat aber die Form
eines tierischen Schienbeines; über dieses Gebäck haben wir schon
in der Z. d. V. f. V. K. 1902, S. 430, berichtet; nur der Name des
Gebäckes weist noch auf das ursprüngliche Kalbopfer hin; den her
kömmlichen Namen des Opfertieres übernahm das aus Teig gebackene
tierische Schienbein (Kalbshaxe)**) (siehe Z. f. ö. V. K. 1903, Tafel VIII, 27;
Feilberg2, 183). Wahrscheinlich, so meint E. Hammarstedt, l. c., ist
dieses »Julkuse« benannte Gebäck identisch mit dem Brote, von
welchem Olaus Magnus (Hist. de gent. sept. XIII, 12) im Jahre 1555
berichtete, daß es in der Länge und im Umfange eines fünfjährigen
Kindes in der Julzeit an alle, selbst an vollständig Unbekannte im
Hause ausgeteilt wurde; der Fruchtbarkeitszweck sollte durch eine
möglichst üppige Spendeform besonders gekennzeichnet sein.
Bei den sächsischen und schlesischen Wenden (Hoyerswerda)
ist es allgemeine Sitte, am Weihnachtsabend aus gutem Weizenmehl
allerlei Getier, als Ochsen, Schafe, Hühner etc. zu formen und in der
Bratröhre abzubacken (Berlepsch, Ohren. d. G. VI, 172; Boettiger,
*) In Run backt man einen Widder mit einem gewundenen Horn und ge
kreuzten Vorderbeinen, welcher „Julbuck' (Julboclr) genannt wird; man ißt ihn aber
erst am 13. Jänner, am St. Knutstag, an dem die Julzeit endet; also auch hierbei entsagt
man des Optergenusses zugunsten der Seelengeister (Feilberg', 192). Auch in Dänemark
(Feilberg’, 114) backt man ronne-vzrdre und gjalde-vazdre, das heißt kastrierte Widder
oder Hammel in Teigform.
*") Siehe die Abbildung Nr. 298 in Wilkinson’s The manners and customs 01 the
ancient Egyptians II, S. 28. „One is remarkable not only from being totally nnlike any
o! our European joints, but from its exact resemblance 10 that commonly seen at table
in modern Egypt: it is part of the leg, conslsling oi the flesh covering the
tibia, whose two extremities pl'oject slightly beyond it; and the accompanying drawing
from the sculptures‚ and a. ske.tch cf the same joint takten at a modern table in Upper
Bgypt, show how the mede 01 culting it bes been preserved by traditional custom to
the present day‘ (l. eod. ‘28).
66
etwa als Symbol der Hirschjägerin Demeter, sondern als Symbol der
Opferspende für dieselbe; der Spendezweck sollte dadurch gekenn—
zeichnet sein, das erlegte Tier sollte mit dem Modelgebäcke sub
stituiert werden. Wenn auch die lndogermanen in früheren Zeiten
Wildbret kaum geopfert hatten, so haben doch die Niedersachsen im
Ardennenwald die Erstlinge der Jagd im 9. Jahrhundert n. Chr_
geopfert (Mabillon Acta Sanctorum l, 297), um das Jagdglück sich zu
erwerben. \/Vie an die Stelle des Saathahnes auch Tauben, Krammets
vögel und anderes Wildgeflügel bei den Römern traten (Arch. f.
Relig.-VV. VII, 102), so kann auch wohl an die Stelle des blutig
geopferten Haustieres ein blutig e'rlegtes Jagdtier getreten und dieses
wieder durch ein Teiggebilde vertreten worden sein.
Daß es sich bei solchen tierischen Gebildbroten nur um schlacht
bare Opfertiere handelt, ergibt sich unter anderem auch aus der
häufigen Darstellung von Schlacht-, beziehungsweise Metzgerszenen
auf solchen Lebkuchenmodeln (siehe Fig. 43) vom Jahre 1695, die in
ihrer Zeichnung etwas an klassisch-antike Bilder erinnern, vergl. dazu
den Boür: l=‘.ßöogm; aus dem 5. Jahrhundert v. Chr, auch Boü: 't'arpa'qwvo;
genannt. (Arch. f. Relig.-W. VI, 64 ff.; VII, 419.)
Auf Opfertellern des Lüneburger Museums, die als Lebkuchen
model 1676 abgedrückt wurden, hat das Hirschgeweih (siehe
Fig. l) auch die Bedeutung des Jagdgliickes, das auf Neujahr
dem Jagdherrn symbolisch zum Ausdrucke gebracht wurde.
g) Eine gleiche Bedeutung, das heißt, die Stellvertretung des
blutigen Tieropfers durch ein erlaubtes Zins- oder Jagdtier hat der
Hase, der als Weihnachts- und Neujahrsgebäck (Freiberger oder
»Bauerhase«) aus Pfefferkuchenteig bereitet ist und den braunen
Hasenziemer mit zwei Hinterläufen und einem Schwänzchen darstellt;
das Ganze ist mit kleinen Mandelkernplättchen gespickt. Der vom
deutschen Bauer früher dem Richter oder Priester gezinste Jagdhase
war im Mittelalter als Wild nicht besonders angesehen (M. Heyne,
l. c. II, 236); ein eigentliches Opfertier war aber derlIase bei den
Germanen sicher nicht. Sein Teigbild konnte aber ganz wohl nach
dem Vorbilde des Hirsches als Symbol eines blutigen Schlachtopfer
tieres gelten, jedoch erst im späten Mittelalter.
h) Unter den Schweizer \Veihnachtsgebäcken finden sich auch
der »Berner Mutz«, ein flacher, brauner Lebkuchen in viereckiger
Form, auf welchem ein flaches, durch Zuekerguß hergestelltes Bild
eines »E‘isbärem sich befindet. Auch auf 'I‘ellerbroten (Fig. 1) aus
Lebkuchenteig (1676), welche im Lüneburger Museum sich finden,
ist mittels Holzstempels als Zeichen des Jagdglückes, das gleichsam
auf dem Gutjahrteller gespendet wird, die »Bärentatze« mit im
Wappengebilde aufgedrückt. Der Bär ist also nur als Jagdtier zu
dieser Stellung unter den Gebildbrotenfiguren gekommen.
67
"‘) Auch auf‘ einer Grablampe aus frühchristlichen Zeit (in Nordafrika gefunden
und abgebildet bei Moll, Gesch. v. h. Lev. d. Chr. ged. de zes eerstee euwen, II. Fig. Nr. IX,
siehe Volkskunde 1904, 118) kommt der Hahn und der Palmzweig vor; letzteres ist wohl
die Neujahrs-Strena, die wir in der Z. f. o. V. K. 1903, S. 193, erwähnten; ersteres ist
der Dämonen vertreihende Totenvogel (Leichengocltel). In der Weihnachtsnacht wurde in
Spanien die Gockelmesse (misa de gallo) gelesen, nach welcher schließlich einem Hahne
der Hals abgedreht wurde und tortas de Maria benannte Brote unter das Volk verteilt
wurden. (Hammarstedt 28.)
50
68
Kindeln ist eine Ehre für die Weibsbilder und geschieht, wie man
sagt, damit sie nicht räudig werden.« (Panzer l. c. 307; Scheible, l. c.
VII, 782 ff.) Man schlug mit den Worten: »Ist der Lebzelten räß?«
solange, bis diese Frage bejahend beantwortet wurde, dann war Friede
und ein neues Leben zog ein ins Haus am »Lebkuchentagea.
(Scbmeller, II, 1119.)
Am Kindleintag war aber auch das sogenannte Johannes-Brot
üblich (1663): ‚Umb Weynachten ist es rechte Zeit, mit dem Johannes
Brodte zu (er)zeugen, einen Anfang zu machen.« (Praetorius, Weihnachts
fruzzen 389.) Im Spessart gibt es zwischen dem Adamstag (24. De
zember) und dem Winter-Johannes (Weinhansel, 27. Dezember) soge
nannte >HanuÄdämchen«, ein zweizipfliges Knaufgebäck in Doppel
weckenform, an die unterfränkischen Dürrbäncher (siehe Z. d. V. f.
V. K. 1902, S. 430) erinnernd. Auch Wickelkin d erfiguren, die wie
ein Neujahrsbrot gegen den Brand (Feuersgefahr) in die (persönlich
gedachte) Lobe geworfen wurden, gab e am Unschuldigen Kinder
tage. (Fig. 27—32.) Das Agathenbrot (5. Februar) hatte gleiche Ver
wendung. (Über letzteres siehe Z. d. V. f. V. K. 1905.)
Wenn wir nunmehr nach Beschreibung der Neujahrs- und Groß
neujahrsgebäcke (siehe Z. f. ö. V. K. 1903, S. 185, und Z. d. V. f. V. K.
1904, S. 258) zusammenfassend auch noch die Weihnachtsgebäcke
überschauen, so kann unser Schluß etwa dahin lauten:
Das Weihnachtsfest als ein Neujahrsfest weist auf einen Toten-,
beziehungsweise Seelenkult hin, der sich besonders bemerkbar macht
durch eine Seelenspeisung (Seelenbrei, Seelenbrot, Festkucben etc),
durch die (Totem) Lieder beim Einsammeln der Beisteuer zum Sippen
mahle, durch die Totenbeigaben (Haaropfer, Schmuckopfer etc.) Dieser
weihnäcbtlicbe und neujahrszeitliche Seelenkult entspricht ganz dem
am Allerseelentage oder bei Sterbefällen üblichen Vorgange im Volks
brauch; eine solche Seelenspeisung erfolgte nach uralter Sitte auch
beim Beginn eines neuen Jahres; etwas, was so lange Zeit ununter
brochen ganz und gar alle Schichten und Stämme des germanischen
Volkes durchdrang, kann nur einem älteren germanischen Kultur
stadium entsprungen sein; wir haben schon öfter betont, daß das
germanische Neujahr einen anderen Zeitpunkt (vor der VVinterstellung
nach Schluß der Weidezeit) hatte. Durch den christlich-kirchlichen
Einfluß kamen verschiedene Neujahrstage (und Lostage) auf; durch
das ganze Mittelalter hindurch war die Weihnachtszeit die eigent
liche Neujahrszeit geworden, die sich bis zum sogenannten Groß
neujahr (6. Jänner, Perchtentag), im Norden sogar bis zum 16. Jänner
(St. Knuts-Tag) hinauszog. >St. Knud der driver Julen ud«, sagt das
schwedische Volk. (Feilberg, Den nordiske Jul 827.) In diese lange
Zeit fällt auch der Zyklus der meisten Heilbrote, die mehr als alle
anderen Brote an die betreffende Kultzeit gebunden waren. Mit Ein
führung der christlichen Kultzeit wanderten diese Heilbrote um so
77
eichter mit, als die bessere Backtechnik, die besseren Mehlsorten, die
größeren Pflanzenkenntnisse etc. mit den Klöstern eingedrungen
waren. Die Kultzeit, wenn auch verschieden je nach der Religion.
machte das Kultbrot immer wieder zum Heilbrot, das durch den
Fruchtbarkeitssegen der Seelengeister seinen Heilwert erhielt. Diese
Geister sind die Seelen der Verstorbenen, der Unterirdischen etc._die
vor dem Beginne eines neuen Jahres ihre Schwärmzeit hatten; die
versöhnenden Seelenspeisen, Tieropfer und Seelenbrei, die symbo
lischen Haar- und Schmuckopfer, die Fruchtbarkeitssymbole etc.‚ sie
kehren alle heute noch wieder im Seelenfeste der Christen; ein
solches Totenfest muß auch in heidnischen Zeiten bei den Ger
manen in den Winter gefallen sein, das heißt in die längste Zeit
der Winternächte oder M1'itternächte. Bei den Nordgermauen ist es
bezeugt, daß für die kommende Fruchtbarkeit bei Mensch und Haus
lier (til grödrar) im Mittwinter ein Fest begangen wurde. (Meyer,
M. d. G. 326; Weinhold in Z. d. V. f. V. K. 1904, 100.*) Die Weih
nachtsgebäcke selbst stammen wohl größtenteils aus dem antiken
Neujahrsfeste der Römer oder aus dem jüdisch-christlichen Kult,
manche hat das deutsche Mittelalter aus Tradition altgermanischen
Volksbrauches hinzugefügt.
*) „Da skulde man blote imod vinteren til et godt är, 0m midvinter til god
afgrö de og tredie gang um sommeren, det var sejrsblot.“ (Vergl. Saga, cap. VIII.)
Dr. M. Höfler, Weihnachtsgebäckc. TAF‘EL I.
Fig. 2. Tellerbroi.
Modelgebäck aus dem Lüneburger
Stadtmuseum.
Fig.1. Tellcrbrot (1676) aus Lebkuchen, Model aus Lüneburg, mit gcripptem Rande, das
symbollsierte jagdgliiclr (Bärentutzen, Hirsch, Hirschhorn, Löwe) im Innern des Tellers.
t.
' .‚se.nur;‚'v‘*.
Fig. 3. Schultafel. Marzipnnmodel aus Lüneburg. Fig. 4. Holzmudel aus Rosenheim. Schultnl'el (Abakus)
mit Schulazcne.
Dr. M. Höfiler, Weihnachtsgebäcke. TAFEL II.
Fig. 6. Fig. 7.
Kiimmelweck (Frankfurt n. NL), Tupfenstrützel (Altbayern),
“'eclten (Niederösterreich, Tirol), Scelenmichel (seil. Brot)
Spitzweclrel (Altbayern), (Schwaben),
Krcunreclr (Schwaben), Seele (Württemberg),
Meinradiweclten (Tirol), Kümmelstollen (Miltenberg),
\Vcinbcerlweclten (Altbayern), Schnullerprügel (Oberbayern),
Kipl'el (Altbayern), Suppenbengel (Straßburg).
Pnleu (Neapel).
i //////////////Im
Fig. 8. 1.71‚ ‘
Strützel (Oberösterreich, Steiermark),
‘ "".'I/////
Stutzweclr (Biberach),
geflochtene Strützel (Böhmen),
‘Mohnstullen (Dresden)
Weihnachls-, Chrislstriitzel (Böhmen, Sachsen, Schlesien).
mit Wickelung des Teiges.
(Durchschnitt.)
\ Fig. 22.
Patcnwccken (Knnufgcbäck)
(Egc r):
Neujahrsstollen (Heidelberg).
Fig. 25.
Reiter mit Jagdhom.
43 an langes Handgebildbrot
(Lüneburg).
Fig. 23.
Reiter, Lebkuchenmedel aus Neumnrkt (Salzburg)
N
Fig. 22. n, b, r.
a. Das von mir in Z. d. V f. V. K. 1902, S. 442, Tafel II., Fig. 15,
aufgestellte Schema oder die Urform für die sogenannten Knauf
gehäcke.
b. Die von Wilkinson (The Mannen; and Customs of the ancient
Egypiian5 II, 28. 35, 458) als Opferflcischstüttk (tierisches Schien
bein mit Fleisch) godeutete alttigyprische Zeichnung.
c. Die von Wilkinnon (I. eod. U, 28, Anm. l) in den Speiselisten
der Grabkamlnern der 4. Dynastie häufig gefundene Hieroglyphe
(vergrößert) nun = Knochen am Vor erbug des Rindes.
/..
"via
Fig. 24
Steinbild auf dem Portale zu St. Zeus in Verona
(aus Krause, Juislrolond 228).
Dr. M. Höfler, Weihnachtsgebäche. TA F E L V.
Fig. 27.
Zeilenkinder in der Falsche,
Lebkuchen (.\‘lünchem.
Fig. 28.
Kind in der Falsche,
Lebkuchen (München).
Fig. 26.
.\Iehl\\eißchen. Weibliche Figuren (Schlesicfl).
Fig, 30.
Fig. 29.
Kindersegen (Villach, Kärnten). Fig. 31. Fs\schenlxinder‚ Lebkuchen (Hnllein)
Dr. M. Höher, Weihnachtsgebäcke. ‚ TA FEL VI.
F ig. 34.
Kutsche, Lebkuchcngcba'ick
(München).
Fig. 33.
Christkind im \Vagcn‚ Mnrzipnngcbäck (München).
<„n‚nys
‘-Jßf
<o\-
‚t.‘.
Fig. 32.
‘ig. 36.
Deutsche Herzfonn.
O00 36 n. 36 b.
Ilcrzformen für altägyptischc Opferbilder
(nach Willrinson, II, 458, 459, 460).
36 c
\\'ickellrind (Lüneburg).
‚“f'v"17 '».‘ ‚»
' x‘aqei“‘~z‘
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‘ u» „<7 ‘. J
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>'‚ ‘-' ~ 1 ".'l
Fig. 40.
Gebackenes Ruß aus Cossensaß.
Brezel, Hüml und Hirschhörnl als Zicrat tragend.
Fig. 41.
Fig. 42.
Hufeisen (sehr groß), Gebäck aus Frauenbreitungen (Werratal).
(Das mittlere Spaltwecklein zum Größenvergleich eingefügt.)
Fig. 43.
Lebkuchenmodel (1695) aus Tüll, Schlachtszcne.
Dr. M. Höfler, Weihnachtsgebäcke. TAF‘EL IX.
‘\'s
Fig. 48. Hahn auf dem Frciihofe neben dem nordischen Glockentunne (1591), Wafl'elbackform.
\Lüneburger Stadtmuseum.) (Abbildung aus der Zeitschrift Niedersachsen IV. 1899, 23. S. 367.)
Dr. M. Höfler, Wcihnachtsgebäcke. TAFE L X.
Fig. 50.
Julbrut, Kiichlein der Goldhennc aus Schwed.-Jämtland
(nach E. Humrnarstedt).
Fig. 49.
julbrot, ‚lulputte, Goldheune aus Sehwed.-Jämtlztnrl
(nach E. l-Inmrnarstedt).
Fig. 52.
Anisbrötln (Reichsndlcr), Straßburg.
Fig. 51.
Vogel \Hnndgebildbrut aus Reutte i. T.)
Fig. 54.
Anisbrötla (Straßburg).
Nach altchristlichem Vorbilde Adam und Eva unterm Feigenbaum.
Fig. 55.
Adam und Eva, Modelgebäck (Dinicelsbühl).
Dr. M. Höfler, Weihnachtsgebäcke. TA F‘E L XII.
Fig. 58.
_]ulbr0t in Kreuzl'orm aus Rud
becks Atlandik (1600)
(nach E. Hammarstedt).
Fig. 57.
Brotstempel aus Holz mit stilisiertcm Kreuz aus
Schwed.-Smäl:md (Nordisches Museum)
(nach E. Hammnrstedt).
i’.‘ ‚» y- v. k:
_ ' u ’|
&: ‘ ‚ ‘O
J ‚I ' o, '
‘ig. so.
Julkreuz aus Schwed.-Smäland (Nordisches julkreuz (Radkreuz), Stcmpelkuchen aus
Museum) Schwed.-Sm?dand (Nordisches Museum)
(nzvh E. Hammarstedl). (nach E. Hammnrstedt).
Dr. M. Höher, Wcihnachtsgcbäcke. TAFEL XIII.
Fig. 61.
Julbrot mit Rndltreuz
aus Rurlbecks Atlandik (1600)
(nach E. Hammarstedt).
Fig. o2.
Refurmationsbrut, Frnnzbrut (Lübeck), Stuttgarter Wecken (Ulm),
'l‘etzelmütze, Kreuzneckcn (Mnrbui'g), Torgnucr Karfreitngsbrut,
Pfafl'enkappe. Kntnkumbenbrot (Rom) 260n.Chr., Kreuzbrot (Lübeck).
Kreuzersemmel (Bayern).
Von
Wien 1906.
Verlag des Vereines für österreichische Volkskunde.
Kommissionsverlag: Gerold & Ko., Wien, I. Stephansplatz Nr. 8.
<(
\.T)
Fig. 1. Osterflecken aus Niederösterreich und Salzburg.
wies auf dem elften internationalen Kongreß für allgemeine Religionsgeschichte 1904 auf
die merkwürdige Tatsache hin, daß der Auferstehung—lag des ägyptischen Gottessohnes
Horns mit dem des Gottessobnes Jesus Christus zusammenfalle (siehe liess. Blätter f.
V. K., III, S. 202). Jedenfalls ist die Zeitbestimmnng des Osterfestes nach der Mondjahr
rechnung erfolgt und damit war ein Gegensatz zum germanischen Sonnenjahr gegeben.
Außerdem ist die Bezeichnung ‚Ostern‘ gerade bei den nordgermanischen Völkern, die
doch einen ausgesprochenen Sonnenkult hatten, nicht üblich. Damit fällt auch die an
gebliche altgermanische Göttin Ostara (oder Eöstre Baedas), welche man aus etymolo
gischen Gründen aus der altbayrischen Astaroth des Berthold von Regensburg (1' 1272)
wieder auflebenylassen wollte. von selbst weg.
Ostern sind die Tage der heiligen Urständ (16. Jahrhundert),
der Auferstehung Christi, die in dieser Frühjahrszeit nach jüdischem
Vorbilde gefeiert wurde (Weinhold, Monatsnamen, 52), oder der Auf
gang der vom Kuckuck verkündeten wärmeren Jahreszeit, der mit
Blnmenopfern, Flnßopfern,*) Freudenfenern, Osterritten, Reigentanz
und Spiel (sogar mit Aderlaßlätitien)**) begangen wurde wie eine
Hochzeit, die der glückliche Freier mit der von ihm ins Land ge
führten (Oster-,Frühlings-)Sonne hält. »Die Osterbräuche erklären sich
aus dem Frühlingsfeste, das den Germanen, wie allen Völkern
eigen war, das aber auf keine bestimmte Gottheit zu beziehen ist.«
(Golther, Mythol., 488.) Zu diesen Ostergebräuchen gehört zum Beispiel
das bei den Slawen, beziehungsweise Wenden und deren Nachbarn
übliche österliche Aufpeitschen (»Eierpeitschen, Schmeck- oder
Schmack-Ostern«; von: Schmicke = Gerte, Rnte***) der Mädchen (bei den
Deutschen Hedwig-Peitschen oder Hätweggen ütstuppen in der
Frühlingsfastenzeit, Auffitzeln oder Aufkindeln in der Weihnachtszeit
: muliebria virga contingere).
Das österliche Neujahr, das sichtbar ein fremdes, hereingebrachtes
war, macht als solches sich im wirtschaftlichen Volksleben Deutsch
lands nicht recht bemerkbar. Das Hansgesinde, die Gemeindehirten,
die Flurrechte, die Hausmieten sind fast unbeeinflußt; Losen und das
Hexenvertreiben ist sehr selten beobachtbar, nur die Deputate und
gestifteten Reichnisse der Geistlichkeit und Klöster sowie die von
letzteren festgesetzten Schulferien machen sich in dieser Zeit mehr
bemerkbar. Alles übrige ist alter Frühlingsknlt oder rein christlich
kirchlichen Ursprungs. Bei keinem Jahresfeste macht sich der jüdisch
biblische Einflnß auf den Volksbrauch so breit als gerade beim Oster
feste. Die griechisch-katholischen Kleinrussen, welche auch viele
altertümliche Bräuche des vom Judentum stark beeinflußten Christen
tums bewahrt haben, haben außerdem auch auf Ostern Züge des
Geisterwesens und sogar einer österlichen Totenfeier, wie sie sonst
") Vergl. außerdem die Sagen von der weißen Frau am Wasserqnell‚ von der
Osterwäscherin (Schell, Bergische Sagen. II, 34), von dem Osternachtspiele der Nixen im
schwarzen Teiche (Sächs. Sagenbnch, 377).
"") Der bayerische Bischof Adalpero starb 972 nach einem Oster-Aderlasse.
"") In der ehemals wendischen Ukermark am Ostermontage in Pommern ‚Oster
stiepen“ genannt. (Manhardt, Waldkult, l, 253, 264; vergl. auch Hagelstange l. c. 225 IT.)
22
(stuopha = Stift) abstellte, die daselbst bis dahin unter folgendem Namen
entrichtet worden war: der Osterbock für die Taufe des ersten
Kindes (vermutlich damals in der Osterzeit), hircus paschalis pro
primo infante baptizando (Simrock, Myth., 407 *). Allein dieses der
Kirche gezinste Tier wurde zugleich auch kirchlich geschlachtet.«
(Rochholz in Illustr. Ztg. 1868, Nr. 1293.) Von dem geweihten Oster
lammfleische sollte man im Schwäbischen genießen, um für allerlei
Menschen- und Viehkrankheiten, die durch Zauberei veranlaßt sind,
zu helfen (Birlinger, l. c. I, 428); ebenso sollte man dieses Fleisch,
wie in Oberbayern der Kalbskopf gegen Kälberseuchen im Kamine,
so auf Ostern gegen das gelegte Malefiz ober der Haus- oder Stall
türe einmachen. Aus dem Ganzen erhellt aber, daß weder das Oster
lamm noch der Osterbock ein Vegetationsdämon sein konnte.
sondern ein nach jüdisch-biblischem Vorbilde von der Kirche
eingeführtes rituelles Opfer in der Osterzeit, das durch das Oster
lamm **) sogar auf Aderlaßschüsseln "‘*) ausgedrückt wird (Bozener
Volkskunde-Museum). Wenn man am Ostersonntag in die aufgehende
Sonne schaut, so sieht man in der Scheibe der Sonne das Osterlamm
springen (Knoop, Posener Sagenbuch, S. 327). Bei den Polen sieht man
am Karsamstag ein Lamm mit einer Fahne in den Strahlen der Sonne
sich baden. Im Kreise Kempen ist am Ostertage zweimal ein Lamm
in der Sonne zu sehen, bei Sonnenaufgang ist es ein weißes, bei
Sonnenuntergang ein blaues (l. eod.). Ich halte diesen Zug für eine
Übertragung des Weihnachtsglaubens. Auch auf Weihnachten
(Neujahr) sieht man den Himmel offen und zeigt man das goldene
Schweinchen als Sonnenreflex an der Wand. Dem heidnischen
»Mundus patet« wird der christliche offene Himmel gegenübergestellt.
An Stelle des Osterlammes (Osterbraten, Paschahbraten) trat der
Osterwidder, der Osterbock (Kitz j‘), hircus paschalis, Osterochse
(Birlinger C. c. II., 81, 82; Wuttke, ä 425), Osterstier, Osterkalb, Kalbs
kopf etc. Daß es sich bei dieser Schlachtung um eine kultusähnliche
Handlung handelte, belehrt uns der Ausdruck »Oster-Sax«, Osteropfer
messer (Simrock, Handb. d. Mytholog. * 377). Nach gefälliger Mitteilung
des Herrn Pfarrers Ghedina in Steinberg wird in Rauris (Tirol) auf
") Auch im Allgäu wurde für den Osterbock für das erste Kind, das zu Ostern
zur Taufe kam, Geld geopfert (Heiser, l. c. II, 235).
"“") Aus den Knöcheln des zu Ostern geschlachteten Osterlammes machte man 1657
Kinderspielwllrfel (Alem. Kinderlieder, 447). Die Würfel erinnern an das Losen beim
heidnischen Kultopfer (Augurium).
""‘) Vergl. auch Rochholz in Illustr. Ztg. 1868, S. 250; Schweizer ldiolikon, III,
1271. Der Osteraderlaß hatte, wie jeder zeitlich fixierte Aderlaß, sein „Lätizl“.
T) Wenn am Harz in das Osterfeuer früher ein Bockshorn geworfen wurde, so kann
dies (nach Mannhardt, Feldkult, 2, 179) der verbrannte Getreide- oder Korndämon
gewesen sein (also dann kein Bocksopfer), das gleiche gilt vielleicht auch vom Eich
hörnchen, das in Köln ins Osterfeuer geworfen wurde (Wolf, Beitr. I., 74; Liebrecht
z. V. K., 260).
25
*) Bei den Angelsachsen erhielt die germanische Harfe (harpa) eine dreikautige
Form (Historiske Tidlkrift, 4, Reihe II, Heft 3—4. H. Panum, Nordeuropas gamle
Strenge-instrumenter. Mannhardt, Waldkult, I, 226). Dreieckige Kuchen (Douptt) hatten
auch die alten Egypter (Revue de l'histoire des Beligions, Bd. 36, 1897, S. 8).
30
XI., 1905, Suppl., III. Bd., S. 39) auf. Das russische Kulitsch ist ein
dickes zylinderförmiges Weißbrot (Weggen ?). In der Regel sieht es
aus, als wenn man lange Teigstreifen zu einer dicken zylinderartigen
Dornenkrone aus Brot zusammengeflochten hätte (?); gewöhnlich legt
der Bäcker zur Verzierung auch noch kleine Brezeln (Fastenkringeln)
darauf; auch kleine geweihte (grüne) Zweige vom Palmsonntag werden
manchmal mit eingebacken, die vorne etwas zur Seite herausgucken.
Das Osterbrot (Kulitsch) und die Quarkpyramide aus Osterkäs
(Paschi) werden unten mit Blumen und Lichtern verziert, auf den
Tisch gesetzt, und beim Verspeisen schmiert man sich den weichen
Käse oder die Milch auf das weiße Brot und taucht dazu ein hart
gesottenes Ei in geweihtes Salz (Scheible, l. c. VII, 921). Wie die
Knochenreste vom Entfastungsmahle auf Ostern im Felde vergraben
werden (die unterirdischen Seelengeister erhalten so ihre versöhnende
Speise), so wirkt auch der Rest des geweihten Osterbrotes zauber
haft; denn eine Maus, die davon nur ein Krümchen frißt, wird in
eine Fledermaus (geflügelte Elbengestalt‘?) verwandelt nach dem
Glauben des russischen Volkes (Yermoloff, 161). Wie das Neujahrs
und Weihnachtsbrot der Germanen, so vmuß das Osterbrot in der
griechisch-katholischen Bukowina bei der Gärung gut aufgehen.
Auch bei den Ägyptern sagt man aus der Brotteiggärung voraus,
ob das befruchtende Nilwasser steigen oder fallen und so das ganze
Jahr fruchtbar oder unfruchtbar sein wird (Z. f. ö. V. K. 1905,
S. 235). Das kirchlich geweihte Osterbrot ward zum Hexen ver
treibenden Mittel (Allgäu), (Reiser, l. c. II, 113), aber auch zum Vor
bilde für verschiedene andere Heiligenbrote, die der lokale Heiligen
kult an verschiedenen Orten schuf. In Rostock nannte man solch
österlich geweihte Brote: »VViegel-, Weihel-, Weilbrot« oder in
Wismar: Wigelfladen«; mnd. 1428 wiggelvladen (Schiller-Lübben, II,
581). In einigen Dörfern westlich von Braunschweig erhalten die
Kinder von ihren Paten zu Ostern das \Veilbrot; es ist (als echtes
Osterbrot) aus ungesäuertem Teige gebacken und heißt seiner derben
Form wegen auch »ballholt« (»Ballschlagholz«), (Schiller-Lübben, V,
709). (Ob es zum Osterballspiel Bezug hat?) (Mannhardt, Waldkult, I,
471). Etymologischer Zusammenhang des Wigelfladens mit ags.
wicca = Zauber (Hazlitt, II. 641) ist wohl abzulehnen.‘
J. P. Schmidt (l. c. 29) schrieb 1752: »So weiter hat die Ge
wohnheit so genandte Wiegel Broedte auf Ostern zu backen, ihren
sicheren Ursprung daher, daß die Geistliche im Pabsthum den Layen
nicht gerne erlaubet haben nach geendigter Fasten-Zeit wiederumb
Fleisch und Brodt zu essen, bevor solches geweihet worden. Alß
wodurch dann, weil dieses Einsegnen und Weihung am Ostertage
geschah, und sich allmählich auf das Brot miterstreckete, man eben
das Osterbrot: Wiegel-, Weihel- oder geweihete Kuchen genandt
hat« (vergl. auch Büsching, Wöchentliche Nachrichten, I, 272). In den
Zeitschrift für österr. Volkskunde. XII. Suppl. H. IV. 3
32
4 und 31) berichtet. Daß für das Gedeihen und die Ausbreitung der
Marzipanproduktion in Lübeck, Tilsit, Memmel etc. die in den be
nachbarten Wäldern der Letten, Kuren und Liven blühende Honig
gewinnung maßgebend gewesen sei, wie in der Beilage zur Allgem.
Ztg. 1904, Nr. 201, gemeint wurde, ist schon deswegen nicht richtig,
weil der Marzipan gar keinen Honigzusatz hat (vergl. auch A. Tille
in der wissenschaftl. Beilage z. Leipziger Ztg. 1895, Nr. 35, S. 137,
Anm.) Ob der Marzipan aus einem arabischen Worte abstammt, wie
neuerdings behauptet wurde, möchte zu bezweifeln sein; das Wort
klingt so lateinisch als möglich.
Auch die Fochanze, über die wir unter der schon öfters er
wähnten Abhandlung (Über Weihnachtsgebäcke, S. 49) berichtet
haben, wird in Tirol als Osterbrot zur kirchlichen Osterweihe ge
bracht und als ein großes, mürbes Weizenbrot in Gestalt von (Oster-)
Hasen oder (Oster-) Männern (s. u.) oder als Osterfladen den Kindern
geschenkt (Schöpf, l. c. 146; Zingerle, 97, 98). Wenn im Schwä
bischen jedes Stück Vieh auf Ostern oder beim Austriebe auf die
Weide neben dem Dreikönigssalze auch etwas vom geweihten
Osterbrote erhält (Reiser, Allgäuer Sagen, II, 374; Deutsche Gaue,
63/64, S. 6), so ist dieser Brauch eben vom Neujahrsfeste (Weih
nachten, Neujahr, Dreikönigstage) auf das kirchliche Osterfest über
tragen worden, wie wir auch sonst verschiedene andere Neujahrs
gebäcke und -Gebräuche am Osterfeste wiederkehren sehen.
Als -Osterbrot« ist auch das franzbrotähnliche Opferbrot (siehe
Abbildungen 46 und 48) aufzufassen, welches auf einem Mosaik des
6. Jahrhundertes von Melchisedech dargebracht wird, während gleich
zeitig Abel das Osterlamm opfert. Die Entwicklungsweise dieser
sogenannten Rosenbrotformen (Rosensemmeln) geben die Ab
bildungen 41, 42, 46, 48, 75—-86. Vergl. auch das altchristliche Kreuz
brot (Abbildung 15), welches aus Südfrankreich stammt und die Oster
palmen (‘r’) unterm Säulenbogen aufweist.
4. Der Hang des Volkes zum Erhalten des Überkommenen äußert
sich namentlich durch die fast allgemein übliche Form des Osterbrotes
in Gestalt der Fladen, Zelten oder Breitling (Flarren, Flärrle, Fleck,
Platz); es ist dies ein flaches, mehr dünnes und ausgebreitetes, als er
habenes, rundes, selten (Sachsen) vierockiges Gebäck, wegen dessen auch
der Ostersonntag in der Schweiz »Fladensuntig< heißt. In ahd.Zeithieß
‘es preitinc = placenta (Steinmayer, ahd. Gl., III, 614), im späteren Mittel
alter war der »Breiting« (Breitling*) nach Heyne, l. c. II, 174, nur ein
Leckerbissen, während der westgermanische »Fladen« (ahd. Flado,
verwandt zu :rl.ovcö;) das eigentliche Wort für flaches Opferbrot blieb;
er entwickelte sich ursprünglich durch Ausbreitung des dicken Mehl
breies (Grütze, Mus) über einem flachen heißen Aschensteine, wobei
*) Im schwäbischen Mindeltale stritt man sich, wer das Ostergesegnete, den Oster
tladen oder Breitling, zur Weihe in die Kirche tragen durfte (Birlinger, Schwaben, II. 75).
a.
34
*) Aus den Knochen des zu Ostern geschlachteten Lammes machte man 1657 für
die Kinder kleine Spielwürt'el (Alem. Kinderlieder, 447). Frisehart erwähht Spielknöchel
aus den Knochen von Ziegen (Hiltecken) und Ochsen (Köte); meist sind es die Fuß
wurzelknochen.
43
für Anthropologie, III, S, 100, Fig. 59), welche durch das grüne Kraut
die Osterzeit (siehe Gründonnerstag) mit der Fastenzeit verbinden
Typisch sind für die Osterzeit die Brezeln und Kringeln durchaus
nicht, sondern nur für die voraufgegangene Fastenzeit. Freybe’s
Meinung (l. c. 10), daß das radförmige(?) Ringelbrot mit seinen
Speichen auf das österliche Sonnenfest hinweist und in manchen
Gegenden als Fastenbrezel zurückblieb, ist ein längst abgelehnter
Irrtum, der leider immer wieder aufgewärmt und aufgetischt wird.
Rochholz bildete in der Leipziger Illustr. Ztg. 1868 ein Standbild
aus dem Züricher Antiquar. Museum ab, welches das übliche Oster
lamm vorstellt, mit der Umschrift: Ich Bin Das Lamm Gottes, welches
weg nimpt Die Sind DeR Welt. An der österlichen Siegesfahne (siehe
Abbildung 22), welche das Lamm führt, hängt die überwundene
Fastenbrezel (nicht Osterbreze, wie Rochholz l. c. meinte).
9. Die Zopfgeflechte, die zopfartig geflochtenen »Oster
kränze«, haben wir soeben besprochen. Zopfartige »Osterstrützel« gibt
es in Salzburg, im Schwarzwalde und in \Vestpreußen; »Osterzöpfe«
im Allgäu (Reiser, l. c. II., 131), aber auch hier markiert das Osterei
auf dem sogenannten »Osterstrützel« (Salzburg). (siehe Abbildung 65)
oder die eisattere Farbe des Teiges die Osterzeit. Das »Osterstrützel«
von Leobschütz in Schlesien ist überhaupt kein Zopfgebäck, sondern
ein Gelbbrötlein (s.o.) in strützelförmiger Weckengestalt, dessen gelbe
Farbe wieder nur die Osterzeit bekunden soll. Im Breslauer Vocabul.
vrat. ist strüzel, strotzel ader wecke mit cuneus = Wecken (s. o.)
glossiert (Diefenbach, II, S. XXIII; Urquell, VI, 188). Eine Zopf
flechte der Osterzeit aber war vermutlich auch die Praeve
(Praebende), von der Job. Praetorius (De pollice, Lipsiae, 1677, pr. 122)
— gütige Mitteilung des Herrn Professors Dr. J. Bolte — schrieb:
»In der Mark wird ein Brot mit Gewürze, Safran (Ostereigelb
ersatz) etc. gebacken, wie eine Flechte, genannt Praeve, so man
sonderlich zur Osterzeit siehet und denen Hirten teils gesandt
wird etc. Das kommt her von Praebendo, weil man dergleichen vor
Zeiten dem Priester offerieret hat. Aber da man sie nicht mehr
offerieret hat, ist demnach der Nahme zu Gestalt des Brodts ver
blieben.« Dieses Pfründnerbrot oder Prövenbrot (Hamburg) hatte
sicher ganz verschiedene Formen; es stammt, wie schon der Name
bezeugt, aus klösterlichen oder kirchlichen Stiftungen und war eine
Art Neujahrsdeputat, das später an die Klosterdienstleute und damit
auch an die Hirten überging. Schon als solche Neujahrsspende könnte
das Brot Zopfform haben, die österliche Zeit aber wurde durch die
gelbe Safranfarbe markiert. (Im Osnabrückschen gibt es Präbend
roggenbrot.) Das Proevenbrot (1105) oder Prebendsbrot (1790) war
ursprünglich ein Seelen brot (daher Zopfform *), das die Domherren
*) Siehe Archiv für Anthropologie 1906, IV. 130 tT.‚ wo dargelegt ist, daß die Zopf
gebäcke das Haaropfer in Teigform an die Seelengeister vorstellt.
47
auferstehenden
V. K., 1902, S. 225,
Lebens
sagt:
dahinter
»Das Landvolk
suchen (vergl.
weiß was
blutwenig
Blau in von
der Natur
Z. f.
symbolik«; ich kann das in bezug auf den Osterbrauch nur bestätigen).
In der Oster- oder Frühlingszeit hat man eben aus wirtschaftlichen
Gründen das Eiopfer bevorzugen müssen; denn sehr wahrscheinlich ist
das Ei: pars pro toto; wie die Milch (Quark, Käse) das volle Kuhopfer
vertrat, so konnte auch an die Stelle des ursprünglich lebenden Opfer
huhnes ehemals das Ei getreten sein, dessen angesammelter Vorrat
dann im Frühjahr ebenso verwertet wurde wie der Honigvorrat im
Winter. Noch vor kurzem, berichtet Rochholz, II, 168, wurde in den
Dörfern des Fricktales im Aargau am Ostertage, nachdem das Weih
wasser für das neue Kirchenjahr frisch eingesegnet war, durch den
Sigrist die Schwelle der Häuser mit diesem sogenannten Ostertauf
bespritzt, wofür der Kirchendiener von jeder Haushaltung einen Laib
(Spritz-) Brot und zwei Ostereier erhalten hatte; jetzt geschieht das
nur privatim. Diese dem Sigrist (Mesner) gezinsten Ostereier sind an
die Stelle jener Ostereier getreten, die man ursprünglich in den Neu
bau selbst vergrub, um dessen Dauer dadurch zu sichern. Noch kommt
es vor, daß man in ein vom Strom bedrohtes Ufer Eier vergräbt. Als
man ein Loch in das Gemäuer der Kirchspielskirche zu Iserlohn
brach, fand man ein eingemauertes Ei; beim Abbrechen eines Wald
hauses zu Altenhagen fanden sich im Fundament des Schornsteines
Eierschalen (Liebrecht, Z. V. K., 295; Schweiz. Id., II, 268; Pfannen
schmid, \Neihw. 112). Heute noch bilden im Isarwinkel Eier ein Opfer
beim Neubau eines Hauses. Hier trat wohl überall das Ei an die
Stelle des Huhnopfers") (Lippert, Christent, II, 323; Z. f. V. K.
1901, 21; Urquell I, 32, 50, III, 1892, 233, IX, 230, V, 157, 158; Friedreich,
Symbol, 567). In alemanischen Gräbern — Jahresberichte d. histor. Ver
eines Dillingen 1890—1900 nach gütiger Mittig. d. Herren O. A. Richter
Weber—fand man an Stelle des Leichenhuhnes Eierschalen, ebenso
in bajuwarischen Gräbern (Beitr. z. Anthrop. Bayerns, XV, 102). Der
Seelenhahn war das Opfer an die die Fruchtbarkeit beeinflussenden
Seelengeister. Wenn der Bauer in die erste oder letzte Garbe ein
Osterei einbindet (Mannhardt, \Valdkult, I, 237), so erhält eben der
Vegetationsdämon, der in dieser Garbe steckt, sein Opfer, mit dessen
Darbringung derselbe versöhnt und für die nächstjährige Ernte günstig
gestimmt werden soll, man steckt auch das Kindsfußgebäck (Frucht
barkeitssymbol) hinein; diese Gebräuche sollen Beispiele der Stell
vertretung des Seelenhuhnes durch das Ei sein. Der österliche Ei
vorrat wird (von den Kindern draußen im Felde nach dem alten
Kinderbrauche) in der Osterzeit gesucht und gesammelt und da und
dort gleich zum »Eiertatsch« (»Eier im Schmalz«) verkocht, was
auch früher der zünftige »Tatschenbäcker« auf flachen Blechpfannen
“) Vergl. den Saatkuchen bei Hammarstedt: Säkaka och Gulihönna, 27 fl., wo das
Eier brütende Huhn das Saathuhn vorstellt.
49
*) Das gefärbte, mit Blumen bemalte \r'ogel-(Gänse-)Ei findet sich als Grabbeigabe
in romanischen Steinsärgen 320 nach Christus bei Worms (Korresp.-Bl. l‘. Anthrop. 1897,
S. 61t1'.‚ 108). Die Bemalung war hierbei Schmuck des Totenopfers (vergl.: Die Bemalung
der Totenschädel und der Blumenschmuck auf’ Herzfiguren, bei Opfertieren etc.); an die
Göttin Ostara, die nicht existiert hat, zu denken bei solchen Grabbeigahen geht nicht an.
40
50
großer Menge (NB. nicht als Antlaßei, sondern als Osterei) in die
Kirch zu der Weych Vnd seynd ihrer gar vil. welche heunt vor allen
anderen Speisen ein lind gesottenes Ayr essen oder außdrincken.«
(Salzburg, A. Strobl, 189.) Beim Maibaumsetzen, einem germanischen
Frühlingsbrauche, fordern die Burschen der Pfarrei Fürholzen (Ober
bayern) von den Mädchen (Oster-) Eier (als Fruchtbarkeitsmittel). Im
Allgäu hilft das Vergraben von Ostereischalen (Hülscha, Schelfen) in
den Wurzgärten gegen den Abfraß durch den Krautwurm (Reiser,
l. c. II, 131), wie auch in Galmaarde im Brabantischen St. Pauwels
broodjes am Pauli Bekehrstag in den Ackerboden gegen den Saat
wurm gelegt werden (Volkskunde, XIV, 218); nicht der Sonnenschein
soll dadurch herabgelockt werden, sondern wie beim schwedischen
Julbrote, das in die Ackerfurchen beim Pflügen gelegt wird, die unter
irdischen Geister, die die Fruchtbarkeit beeinflussen, sollen durch
Speiseopfer (Huhn, Ei, Brot) versöhnt werden. Wir haben oben schon
über das »Antlaßei« gesprochen, und dies wird genügen, die Bedeu
tung des Ostereies in und auf den Ostergebäcken zu erklären; damit
bringt sich ganz wohl in Einklang, daß auch beim Osterfest mit
seinem Reigen und Wettlaufe die Fruchtbarkeitssymbole“)
in den Gebäcksformen bemerkbar sind:
a) die Nördlinger »Tulpe« (s. o. S. 11 und Abbildung 55);
b) die Egerländer »Maultaschen«.
c) die schwäbischen »Ostergeigen« (Birlinger, Aus Schwaben,
Sitten, 731, siehe Abbildung 57);
d) die Hamburger und Bremer »Klöwen« (Spaltgebäcke);
e) das thüringische Osterbrot (s. o. sub 3);
f) das süddeutsche Eierweckel (s. o. sub 6, Abbildung 54).
Die Nördlinger »Tulpe«, deren lappige Gestalt den Namen gab,
ist wie die »Maultasche« ein das aiöotov wwa.zatov = vulva darstellendes
Gebildbrot; diese letzteren sind eigentlich auch Mutscheln (Mutzen);
mit dem »Ulmer Mutschala« (Mutzen, Mutscheln, siehe Abbildung 58)
sind die »Augsburger Geigen« (ein Spaltgebäck) identisch. Der
»Mütschlebäck« oder »Mutzenbäcker« stellte sie hauptsächlich auf
Fastnacht in der Frühjahrsfeierzeit her als ein Spaltgebäck mit einem
die rima vulvae markierenden tiefen Längsspalte, den auch der
»Klöwen« (Spalt) aufweist (Maultasche, Mundschelle, Mutschel, Mutz)
(siehe Abbildungen 59-62 und Tafel II, Fig. 9, 10, 11 der öfter er
wähnten Weihnachtsgebätike—Abhandlung).
") Das Osterliche Phallusbrot, das vielleicht im deutschen Osterwecken und in dem
oben erwähnten Königsberger Zümpelbrote gesucht werden darf, erwähnt Liebrecht
(Z. f. V. K.‚ 438): ‚In Saintonge in the neigbourhood of La Rochelle (Charente, Frank
reich) small cakes, backed in the l'orm cf a phallus, are made as offerings at Easter ende
are carried and presented fram house to honse.‘ Über den Phalluskult in der Oster
woche in lnverchetin (England) vergl. Mannhardt, Waldkult, I, 469; Kuhn, Westf. Sagen,
II, 138, 406; siehe außerdem Korresp.-Bl. f. Anthropol. 1906, S. 17, 19.
51
geformt, wie ein Opfertier in Wasser getaucht, geweiht und dann nach
auswärts verschickt (Ch. Godof. Hoffmann, Nova Script. ac. Monument.
Collatio, 1731, II, 388). In der römisch-christlichen Katakombe S. Domi
tilla tritt das symbolische Lamm oder der Widder auf mit der Schäfer
wippe und dem Milcheimer daran. (Kraus, Christliche Altertümer, I,
439; Beilage Nr. 45 zur Allg. Ztg., 1905, S. 356, Anm. 16.) An die
Stelle dieser später nicht mehr erkannten Beigaben trat schon in Ober
ägypten im 4. Jahrhundert (siehe Abbildung 101) die fliegende Sieges
fahne (Sieg des Todes über das irdische Leben durch die Auferstehung);
auch 1226 auf altfranzösischen Goldmünzen (Agneleti genannt) ist das
Vexillum beim Osterlamm bereits sichtbar. (Friedreich, Symbolik, 493).
1265 erhielten die Klosterfrauen des Aargauer Städtchens Klingnau
das Recht, für ihre und ihre Nachbarkirchen sogenannte Oblaten zu
backen, denen das Bildnis des Lämmleins, des Gegeißelten, des Kreuz
tragenden und des Gekreuzigten mit dem Backeisen aufgeprägt war
(Gerbert, Nigra-Silva, III, 180). Ein solches Lamm Gottes, ein Stein
bild, das aus einer Züricher Stadtkirche stammt und im dortigen anti
quarischen Museum verwahrt wird, bildete Rochholz in der Leipziger
Illustr. Ztg. 1868 ab; die Auferstehungsfahne auf diesem Bilde trägt
eine Fastenbrezel (nicht »Osterbreze«, wie Rochholz angibt), welche
mit der Osterzeit abschließt, nachdem die Fastenzeit gut überwunden
ist. Nach solchen flächenhaft gezeichneten oder geprägten Osterlamm
bildern wurden auch die Osterlammbilder aus Teig plastisch her
gestellt, wie in Deutschland so auch in den griechisch-katholischen
Ländern; es bildet das Osterlamm häufig eine Zierde auf der Ober
fläche des Osterkuchens und wird auch von dieser Unterlage getrennt
als eigenes Patengeschenk gegeben; aber auch als Kuchenmodel findet
sich das Osterlamm abgedruckt. Auf einem sehr primitiven und wohl
auch als alt anzuschauenden Eiserkuchenmodel des Lüneburger Stadt
museums — Frau Justizrat Gravenhorst sei hier bester Dank für gütige
Überlassung des Originals zur Wiedergabe ausgedrückt — ist das
christliche Osterlamm als symbolisches Opfertier abgebildet (siehe
Abbildung 102) (ein Blutstrahl ergießt sich aus dem Halse des Lammes
in einen christlichen Kelch), rechts der christliche Anker (vergl. Diction
naire de la Bible, par E.Vigouroux fasc.Xll, p.1131‚F0rrer, l.c.,S.17),
darunter ein christliches Kreuz j‘, links ein Kreuzbrot, darunter der
Buchstabe W (Eigentümer), darüber ein Hahn in der linken oberen
Ecke. Das Ganze erinnert in der Technik und Zeichnung an alt
christliche Modelbrote. Dieses christliche Opfersymbol, das sich aus dem
lebenden Osteropfer der Juden ableitet, hat zum Gegenstück ein anderes,
ebenfalls von Rochholz in der Leipziger Illustr. Ztg. 1868, S. 249, ab
gebildetes weltliches Osterbrot, ein plastisch seinsollendes sogenanntes
»Häli-Mutteli« (haellen = heilen = castrare; mutilus, verstümmelt,
ungehörnt, Hammel, mouton); sein dichtes Wollvlies, in dem es da
liegt, ist durch die viereckigen Formfelder des Waffeleisens roh
55
Milchtier, das Schaf als Wolltier, das Rind als Zugtier, das Schwein
als Schlachttier; Ziege und Schaf sind wohl weit ursprünglicher als
das ‘Rind; das Bockopfer ist wesentlich älter als das Rinderopfer. Als
Gebäck figuriert der Bock fast nur in der Schweiz. Nach dem Bock
geformte Kuchengebilde erwähnt der im 2. Jahrhundert n. Chr.
lebende Athenaeus, III, 109 F (Rochholz, Illustr. Ztg. 1868, Nr. 1293).
e) Ein häufiges Paten- und Dienstbotengeschenk auf Ostern ist
der gebackene Hase, der aber als »Osterhase« ebenfalls oft die Zeit‘
merke in Gestalt eines Ostereies trägt (siehe Abbildungen 89, 91,93, 94,
96, 98, 100), zum Unterschiede vom eilosen Nikolaus-, Neujahrs- und
Allerseelenhasen; dieses »Hasenbrot«, das heißt der Hase aus Brotteig,
wird in Aarau auch als»Markthäsli« verkauft; es ist ein ganz allge
meines Gebäck auf Ostern in Deutschland, das die Eltern den Kindern
vom Ostermarkte mitbringen, als ob ihnen unterwegs der Hase auf
dem Feldwege (wie auf Weihnachten das Christkind oder der Bischof
Nikolaus) dasselbe mitgegeben oder als ob man es dem Hasen abge
jagt hätte, so daß »Osterhase«, wie Hasenbrot, Osterbrot und
Osterei das Ostergeschenk, auch Taufschmausgeschenk (Pommern)
überhaupt bedeuten kann (Erfurt, Voigtland, Nordthüringen, Ost
preußen) (Köhler, l. c. 288; Z. d. V. f. V. K. 1900, 209; E. Lemke, aus
Ostpreußen, III, 64). In Köln bringt das Hasenhänschen das Hasen
brot aus dem Elbenlande mit (Z. d. V. f. V. K. 1899, S. 355; Mann—
hardt, Mythen, 410). Wenn der Wald raucht, dann backen auch die
Hasen in Schwaben Küchle oder Brot, das heißt, es nähert sich die
Osterhasenzeit mit den Zeitgebäcken (Birlinger, S. I, 377; Rochholz,
Alem. Kinderlieder, 547). Wie bei den Slawen (Russen) der Früh
lingsvogel, die Lerche, den Kindern Pfefferkuchen und Naschwerk
bringt, so bringt auch der Osterhase als z e i tlic h e r V e ge t atio n s
bote*) das Osterbrot oder Hasenbrot. Wir müssen hier wieder auf
den volkskundlichen Boden, auf dem dieses Teiggebilde steht, zu
rückgreifen. Wie andere in einer bestimmten Kultzeit blutig erlegte
Jagdtiere,so ist auch dasllasenblut, der sogenannte HasenlaufoderHasen
sprung, das heißt die Vorderklaue oder der Vorderfuß eines am ersten
J»Freitaga im März (also in der Frühlingszeit) geschossenen, also blutig
erlegten Hasen, sowie das in Blut eingetauchte Fell eines Märzhasen
ein volksmedizinisches Mittel gegen Hautkrankheiten (Rotlauf).
Eine Reihe von volksmedizinischen Rezepten (siehe Jühling, Die
Tiere in der Volksmedizin, 47 ff.; Meine Volksmedizin, 106, 161;
“) Auf antiken Bildnissen sieht man Hasen vor einer unterirdischen Grotte, in
welcher das Beilager zwischen Bacchus Liber und Proserpina Libera vor sich geht.
‚Siegtrit (oder wer es sonst war) kämpft mildem Winterdrachen sechs (Winter-)Monate um
die eingesperrte (planelarische) Ostra, der Winter wird besiegt; der Held vermählt sich
mit der Göttin (‘9) und der Hochzeitstag heißt davon Ostertag“ (Scheihle, VII 245) Auch
auf alten Nürnberger Lebkuchen, die den Reiter St. Georg mit dem Drachen vorstellen,
sitzt die zu erlösende Jungfrau in einer Grotte, vor der der Osterhase (Zeitsymbol)
trauert.
57
durchlaufen hat und der die Frucht des ewigen Lebens genießt«,
sondern häufig genug bloßes Ornament als Jagdtier, das aus älteren
Perioden fortgeführt wurde.
f) Die sehr seltene gebackene »Oster-Enteu trägt ebenfalls als
Zeitmarke das Osterei; sie ist ebenfalls nur als Frühlingsbote aufzu
fassen.
g) Auf den Züricher Tirggeli sieht man, wenn auch selten, die
Gestalt eines Wolfes, der sonst nicht als Tiergebäck figuriert,
während er als Gebäckname »Osterwolf« auf Ostern sich zeigt, und
zwar nur in Pommern (1451): De Kumpan des rades (zu Greifswald)
dem de tolle und de hoppenscheppel bevallen wert, hyrvor schal hee
hebben alle jar en vöder hoyges, to Paschen enen wulff van den
bekkern, siven herink van den hacken (aus Th. Pyls Pommerschen
Geschichtsdenkmälern, p. 41, Nr.3; Stralsunder Chronik, 3, 37). Nach
Schiller-Lübben, V, 786, schrieb man in Stralsund 1558: »I‚~ sende
mi einen groten wolff tom nien jare«; demnach hat es sich um ein
»Osterwolf« oder »Wolf« benanntes Lokalgebäck gehandelt, das auf
Ostern und Neujah r üblich war und wovon der Zollverwalter des
Rates zu Greifswald auf Ostern (neues Jahr) sein Deputat als eine
Art Osterstift von den zünftigen Bäckern erhielt; diese haben das
heute noch in Stralsund übliche, vor Ostern für alle Familien gebackene
\Veizenbrot aus alter Gewohnheit »\/Volf« oder »Osterwolf« benannt,
womit sie wohl nur das die üblen Vegetationsdämonen vom Getreide
abwehrende Saatbrot (in Kreuzform) meinen konnten. Es war eigent
lich ein Neujahrsbrot (vergl. Z. f. V. K. 1904, S. 202, Hauswolf. Wo
\Völfl, Neujahrswolf, Neujahrshündlein etc), das man vermutlich den
Seelenhunden oder Wölfen zur Versöhnung gab. Das Christentum
machte daraus auf Ostern (siehe Karfreitag) ein Kreuzbrot gegen die
bösen, die Saat ungünstig beeinflussenden Kornwölfe (Hexen); das
sogenannte Osterwolfgebäck ist formell unter anderem auch ein
halbes Kreuzbrot, das anderwärts ebenso gebildet wird unter dem
Namen »Pollweck« oder »Kreuzwecka (Marburg) (siehe Ab
bildungen 40, 43, 45, 47). Die tiefen Kreuzfurchen, welche das Brot
leicht auseinanderbrechen lassen, sind durch unten umgreifende Teig
klammern festgehalten; diese Teigklammern hat nun die Volks
etymologie als \Nolfsklauen gedeutet; einige sehen sogar ein Wolfs
maul und vier Wolfsfüße (»ln Neuvorpommern und Rügen werden
um die Osterzeit ‚Wölfe‘ aus Teig gebildet, welche alle Viere von
sich strecken und ein weit aufgerissenes Maul zeigen gleich dem
Höllenwolf Fenrir«, in Zeitschrift »Der Bär«. VII, 1881, S. 395, mir
nicht erreichbar), die aber nirgends dem objektiven Auge auf dem
Stralsunder Osterwolf sichtbar sind; es müßte denn sein, daß unter
dem Namen »Osterwolf« verschieden geformte andere Gebäcke kur
sieren, was mir zwar nicht bestimmt genug versichert werden konnte;
sonst sehr zuverlässige Quellen berichteten allerdings, daß sowohl
59
"‘) Auch gibt es dort in neuester Zeit bereits Stollen auf Weihnachten, die
‚Weihnachtswölfe“ genannt werden, weil sie in dieser Zeit am gängigsten sind.
*") Gartenlaube 1905, S. 448.
""') Man beachte, daß hier klösterliche Ausdrücke aus lateinischer (romanischer)
Quelle vorliegen.
60
Oster-Montag.
Engl: Eeaster-Monday, Black-Monday (1360), im Tiroler Patznaun
tal Kücheltag genannt; ostfries.: Eiertrullen-Mandag (wegen des Eier
rollens); Holstern, Duwengelag (Werfen auf eine aufgehängte Holz
taube und darauf ein Gelage).
Auf diesen zweiten Festtag der Osterzeit haben sich, wie auf
den zweiten Weihnachtstag, einige Volksgebräuche der vorauf
gegangenen Festzeit fortgesetzt. Die Eierschalen der verzehrten Oster
eier, die an grünen, im Saft stehenden Reisigästen stecken, werden
mit Salz bestreut auf die gepflügten Äcker hinausgeworfen als Saat
unglück abwehrende Mittel. Im Elsaß zieht die kirchliche Prozession
der Gemeinde um den Feldbann (Eschgang) am Ostermontag (und am
25. April, St. Markustag) zur Erreichung des Flursegens (Eschwachs),
wobei das mitgetragene christliche Kreuz an die Stelle des früheren
simulaorum, quod per campos portant (lud. superst, 13) trat (Eis.
Wörterb., II, 50). In einigen Gemeinden des Schweizer Kantons Uri
gehen junge Burschen am Ostermontag in die Häuser der Mädchen,
um (fruchtbar machende) Ostereier (siehe oben) zu heischen (wie in
der Fastenzeit oder am Frühlingsfeste das Küchli); an einem der
folgenden Sonntage werden beim Eiertanz (Osterreigen) dann die Eier
bei einem gemeinsamen Mahl verzehrt (Schweiz. Arch. f. V. K., II, 64);
in der Niederlausitz werden die Dingeier »Kicke« mit großen Pfeffer
kuchen und Fastenbrezeln gegeben. (Scheible, l. c. VII, 925 ff.; Lippert,
Christent, 604). Im Elsaß werden am Ostermontag den Patenkindern
Osterkuchen (siehe oben) gespendet. Vor 1775 wurden in Zürich am
Ostermontag hin und wieder Mahlzeiten (vergl. das Vogtsgedingessen
61
13. Die Trauergeb'äcke (Brezel, Zopf, Mohn etc.) treten ganz auf
fällig zurück; ebenso die Salzbrote und die Teilbrote (Zeilenbrote,
Schichtsemmeln etc.)
14. Männliche und weibliche Dämonenfiguren, die an dem
Mittwinterfeste weit zahlreicher und geradezu typisch für dieses auf
treten, fehlen nahezu oder sind als männliche Figuren durch das
Zeitsymbol (Osterei) besonders von den letzteren (Winterdämonen)
unterschieden.
15. Es fehlen das Pferd und der Eber als Teiggebäck; es fehlt
auch der Schimmelreiter in dem Volksglauben auf echt germanischem
Boden; es fehlen die Herzgebäcke, die Liebespaare, die Kindersegen
typen.
Das Nichtchristliche — das Osterei und die grünen Kräuter —
hat den volksmedizinischen Wert unter den damit verbundenen Oster
gebäcken am meisten festgehalten.
Das sicher Christliche — nämlich das Kreuzbrot und das Oster
lamm —— überwiegt aber unter den Ostergebäcken in seiner Häufig
keit so sehr, daß auch diesbezüglich der Glaube an ein alt
germanisches Osterfest (von der Göttin Ostara ganz zu
schweigen) nicht aufkommen kann; dies umsoweniger, als
keine unmittelbaren Nachrichten von heidnisch-germanischen Oster
gebräuchen auf uns gekommen sind. Obwohl es in unserem Volks
glauben und -Brauch sonst geradezu unmöglich ist, das Heidnisch
Germanische von dem Frühchristlichen mit Sicherheit voneinander zu
scheiden, ist gerade beim Osterfest das Christliche und Heidnische
in den Gebäcken am schärfsten getrennt.
Von
Mit 47 Textabbildungen.
W
WIEN 1908.
Verlag des Vereines für österreichische Volkskunde.
Kommissionsverlag: Gerold & Ko., Wien, l. Stephansplatz Nr. 8.
65
Die Zeit der Fastnacht dehnt sich im deutschen Volksbrauche aus
von Epiphania (heiligem Dreikönigstag) bis weit in die eigentliche
Fastenzeit hinein. Dieser lange Zeitraum macht es erklärlich, daß
eine Anzahl fremder Volksgebräuche mit der einheimischen Frühlingsfeier
vereinigt wurden, die ehemals je nach Örtlichkeit und Jahrgang zeitlich
verschieden gehalten worden sein werden.
»Gegen Ende Februar, wenn die winterliche Nacht dem neuen
Frühling zu weichen begann, feierten die heidnischen Germanen ein Opfer
fest. Man wollte dadurch vor allem Gedeihen für die Wintersaat und
überhaupt Fruchtbarkeit für das (kommende) Jahr erlangen; so galt es,
die über Himmel, Erde und Wetter waltenden Mächte durch Bittopfer
günstig zu stimmen, durch Sühnopfer zu versöhnen. Rosse, Rinder,
Schweine, Böcke, Gänse, Hühner, Flachs und Speisen wurden Wodan,
Frija und Donar gespendet.« (Golther, 572.)
Der Ausdruck für diese mit allerlei Lustbarkeit und ausgelassenem
Mummenschanz verbundene Zeitperiode hieß mhd. vase-nahten, das heißt
in den Tagen, in denen man nächtlicher Weile aus Freude über den
kommenden Lenz allerlei Unsinn trieb (faselte). »Die Form Fastnacht
mag von der Geistlichkeit eingeführt worden sein« (Kluge “, 106), wenn
auch die Bezeichnung »Nacht« (wie Weihnacht) auf heidnischen Hinter—
grund hinweist, in welcher Zeit man nach Nächten statt nach Tagen
rechnete. In der ehemals deutschen Franche-Comhä heißt sie fassenot und
f<%chenot (Mannhardt, I, 457), auf bayrisch-österreichischem Gebiete Fasching
(mhd. vaschanc).
Die Pflege der Toten (Unterirdischen oder chthonischen Gottheiten)
beim Beginn eines neuen Erdenjahres (Frühling) ist nun ein allgemeiner
Brauch; denn diese chthonischen Mächte mußten im Interesse der ani
malischen und vegetativen Fruchtbarkeit günstig gestimmt werden, wie
wir dieses bei allen neuen Abschnitten eines Wirtschaftsjahres nachweisen
können. Die Vorstellung über solche Mächte macht sich im Volksglauben
durch das Auftreten verschiedener Gestalten in dieser Zeit bemerkbar.
Am Niederrhein tritt das »Fastnachtsrößle« auf (Z. d. V. f rh. u. w. V. K.‚ I),
in Schlesien, in der Mark und in Bayern der »Fastnachtsschimmel«. In
Eisleben zieht das »wilde Heer«, im Mansfeldischen die »Frau Holle« mit
dem wütenden Heere durchs Land (Mannhardt, Myth., 48, 262; Scheible,
VII, 793; RD. 3; Simrock, 457; Büsching, 16), im Mecklenburgischen das
l!‘
'»Woor« (wütende Heer). In St. Gallen erscheinen die Butzen, Hexen und
Teufel auf Fastnacht und beteiligen sich (wie anderwärts der Schimmel
reiter) an den Umzügen als Popanzfiguren (St. Gallen, 612, 620). 1471
wurden solche Fastnachtsbutzen (1587, poetzmanne v. Fastnachtslarven
: maniolae, D., l, 347) in Speier verboten (Chronicon Spirense, 881).
Frazer (The golden bough, III, 138 ff.) hält die Fastnachtszeit
(Carneval) für soviel wie identisch mit den römischen Saturnalien, die in
den romanischen Ländern am längsten andauerten, wobei die in der
Faschingszeit getötete Figur den Saatgott Saturn personifizieren sollte; der
Bohnenkönig am Epiphanien—Tage, der mittelalterliche Narrenbischof etc.
seien alles Figuren derselben Art. Die Saturnalien seien ursprünglich im
Februar oder März gehalten worden, weil der 1. März einmal ein
römisches Neujahr war; später habe das alte Saturnfest, das auf dem
Lande auch nach der Einführung eines anderen Neujahres noch immer
andauernd in dieser Märzzeit gehalten wurde, unter dem modernen
Namen des Karnevals*) die Städte wieder erobert; bei den italienischen
Landleuten waren und sind Februar und März die Hauptsaison für Saat
und Pflanzung. Der orgienartige, fleischlich—sinnlichc Charakter des
Karnevals entspräche noch diesem Vegetationskult; ihm mußte (nach
Frazer) ehemals eine Periode der Nüchternheit und Entsagung schon
längst vor dem Christentum gefolgt sein, um das Wachstum der Saat
zu fördern durch eine »magische Vorbereitung für das Säen und Pflanzen«.
Dieses »ganz komplizierte Hypothesengcbäude« Frazers hat A. Lang
(Magic and Religion, 82 ff.) einer Kritik unterzogen, die deren schwache
Punkte gut beleuchtet (Nilsson, 36). Abgesehen von dem Zeitpunkte der
römischen Saturnalien (17. Dezember), wäre hier noch entgegenzuhalten,
daß, wenn die Faschings- oder Karnevalszeit den römischen Saturnalien
entspräche, dann auch in der Karnevalszeit das gegenseitige Beschenken
aller Sippenglieder am Glückstische üblich sein müßte; denn solch all
gemeine Schenkgebräuche könnten niemals spurlos verlaufen; das Ge—
sinde am allerwenigsten, ebenso auch nicht die Familie als Ganzes ließe
sich die‘ hergebrachten Geschenke nehmen, die man auf Neujahr und
Weihnachten tatsächlich findet, während man in der Faschingszeit davon,
das heißt von einem allgemeinen gegenseitigen Sichbcschenkcn am
Glückstische, ohne Rücksicht auf das Alter, nichts finden kann (nur bei
der geschlechtsreifen Jugend ist dieses der Fall in der Faschingszeit).
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Fig. l.
Die tanzenden =\liinaden (Bassarai) bringen dem Diunysus-Pricstei', der das Blulgef‘ziß bereirhäli, einen
Hasen und einen Hirsch zum Opfer. (Aus dem Diction. d'nntiq. gr. et r., XII, 2, 1483, Figur_476t.)
l
I. Faschingsbeginn.
An die Weihnachtsoktave und heiligen Dreikönigs-(Perchten—) Oktave
schließen sich im deutschen Volksglauben eine Reihe von Kalendertagen,
deren Heiligennamen und Brote noch mit dem antidämonischen Neujahrs
brote in zeitlichem und volkskundlichem Zusammenhange stehen.
8. Januar, St. Erhard, St. Erhardi dies, »nach dem Prechentag«
(Grotefend, 43), der Patron für Viehkrankheiten und auch für Brunnen.
Über das E r h a r d s - B r 0 t, das ein sogenanntes Heilbrot ist, hat Verfasser
schon im Janus, Archives internationales, VII, 1902, 4. Heft, berichtet.
Die Zeit vom 9. bis 16. Januar war die nordgermanische Mitt
winter-Opferzeit (s. Weihnachtsgebäcke), und zwar »til god afgrode« für
ein gutes Aufgrünen im kommenden Wachstum der Erde, die später
durch den Pflug aufgewühlt wurde. Der Montag nach dem Perchtentage
heißt darum im Englischen noch der Plough-Monday = Pflugmontag, im
Niederländischen: Koppeltjes- oder KoppenMaendach; im Niederdeutschen:
sware mandach = verschworener Montag (Grotefend, 77); auch der
12. Januar hieß bei den Siebenbürger Sachsen: Homo vetus (Alt—
mann), der geschworene Montag (Grotefend, 52), und in den Niederlanden
verlorener, verkohrener, verschworener Tag, mit ihm beendigte sich dort
nach altem Herkommen die weihnächtliche (Perchten-, Jul-) Kultzeit, die
aber an anderen Orten bis zum 20. Januar andauerte. Die letzten Brocken
der Julspeise wurden im Norden in die Grütze eingebrockt, daher der
11. Januar auch »Brokkenmesse« hieß; (Feilberg ’, 107) auch Brettivamesse,
Brigitta, Briktiva. Zu diesem Zyklus von Brotheiligen-Tagen der Neujahrs
zeit gehört auch:
Der 13. Januar mit dem St. Hilarius-Brot.*) Der Kult des heiligen
Hilarius (Gelerius-Tag, auch Gläris-Tag) ist durch fränkische Mission zu den
Alemannen in der Schweiz gedrungen, wo dieser Tag ein Analogon war
zu dem nordischen St. K n uts -Tag‚ Kanuts-Tag (Affare Dag); an diesem
Tage (12 volle Tage nach Neujahr oder 18 Tage nach Weihnachten) be
schlossen die Nordgermanen ihre Julzeit mit dem Verzehren des Julbock—
gebäckes (s. Weihnachtsgebäcke, S. 15, 63), die Schweizer aber die Perchten
tage mit dem Bertolds- oder Berteli-Schmause der Bürger zu Frauenfeld
am Bächtelistage. (Schw. Z. f. V. K., III, 164, 250, IV, 153, XI, 244.)
Am zweiten Donnerstag im neuen Jahre ist in Reut
lingen (Württemberg) der sogenannte Mutscheltag, wobei alt und jung
in den Wirtschaften und Bäckereien um dieses süße Gebäck sich be
kümmert. Ein Tagblatt 1905 schreibt darüber:
Fig. 3 4. Verchristlichrcs Salomo-b'iegel nul einem koptischen Brutstempel aus Holz (3’) mm dick},
auf dessen Rückseite ein lebensfrischer springeuder Hirsch mit Pflanze im Maul.
(Aus Catalngue des zuniq. Egypt. du ‘.\lusöe de Cuiro XII.)
die Kirche herum. (Scheible, VII, 99.) Auch in den Rheinlanden fand am
Vorabende dieses Heiligen ein Schweineschlachten mit Verteilung des
Fleisches an die Armen statt (Lippert, 455); hier möchte noch die Er
innerung an ein Kultopfer nachgewirkt haben. (V. K., XIV, 198; Wuttke”,
129.) Auch in der Schweiz (Glarus) fällt auf den dritten Sonntag im
Januar die Winterkirchweih mit Mahl, Schweinefleisch mit Kälberwürsten.
(A. f. schw. V. K.‚ IV, 293.)
Am 20. Januar ist St. Sebastian*) in den »Iateren twölften«
(Grotefend), nach welchem Kalenderheiligen der Januar Bastian-Monat
(auch Fabian—Man; Weinhold, Monatsnamen 33, 37) hieß. »Fabian läßt
den Saft ins Holz gan«, damit beginnen die Bastlösereime beim An
schneiden des Bastes der Linden- (= Weiden-) Bäume. Im Elsaß wird das
Birnenschnittenbrot (= Hutzelbrot, Klötzenbrot, Schnitzbrot,
Hutzelknopf), die letzte Erinnerung an das weihnächtliche Früchtenbrot,
angeschnitten; daher Sebastian auch = »Schnitz-Baschen« ist. Auch in
Tirol schneidet man am Sonntag vor Sebastian (= Wastl oder Baschi)
die N e uj ah rszelte n noch einmal an; am Sebastians—Tage selbst aber
den letzten. Von St. Stephan (Weihnachtsgebäcke, S. 73) bis St. Sebastian
dauert im Ennstale das Schwartling- oder Scherzenschneiden (An
schneiden des letzten Stückes [Scherzel] Birnenzeltens); darum »geht
Sebastian mit dem Bodenscharz davan«. »Am St. Sebastians-Tage geht
der Saft in das Laub« der Fruchtbäume. In der Gärtnerei zu Bamberg
wurden um diesen Tag herum Eierringe gebacken, nachdem am Sonn
tage vor Sebastian eine außerordentlich feierliche und von allen Gärtnern
besuchte Prozession durch den ganzen Stadtteil, die sogenannte Gärtnerei,
gehalten worden war (Manuskript von Hartmann). Hiermit beginnt also
die erste Anknüpfung an eine Frühlingsfeier; vermutlich sind diese Eier
ringe Brezeln aus Eierteig gewesen.
Am 21. Januar, am St. Agnes-Tag (engl. Agnes-Day, -Eve,
-Night, —Fast), erscheinen nach dem Volksglauben die ersten Lerchen; die
Bienen schwärmen aus, das bereits höhersteigende Sonnenlicht wird be
grüßt. In Görlitz gab es 1851 an diesem Tage das sogenannte Agn ete n—
brot, welches die (damals bekannte) Wallfahrerin Agnes Finger im
15. Jahrhunderte gestiftet haben soll und das im Weinkeller zu geben
verordnet war. (28. Band des Neuen Lausitzischen Magazins, S. 17 ff.;
Hoffmann, Scriptores, I, 2,36.) Nach dieser Quelle wäre das Agnetenbrot
identisch mit den schlesischen Pocheneten (1789 Buchnieten : parvi
panes aulici), welche (nach Weinhold, Schles. Wörterbuch, 13) in Trachen
berg den Hofgärtnern zum Lohne gegeben und auch an das Hofgesinde
und an die Armen verteilt wurden; es war jedenfalls ein mit der be—
ginnenden Frühlingsfeier zusammenhängendes Kultbrot. Nach Angabe des
Herrn Küster wurden solche Bochaniten am Allerheiligen-Hospital zu
Breslau aus ungesäuertem Roggenmehle gebacken und an arme Kranke
gespendet. (S. auch Ostergebäcke, S. 63.)
*) Über das Heilbrot des St. Sebastian-Tages s. Janus, VII, 1902.
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Am 22. Januar ist St. V i n zen z-Tag »nach weihnachten, als sich
die vöglein zweien« (Grotefend, 80) oder paaren (= Vogelhochzeit). In
der Steiermark wird St. Vinzenz-Tag als »Vogelhochzeitstag« bezeichnet.
Wer Lust hat zum Heiraten, muß an diesem Tage gut aufpassen; wer
die Vögel zu zweit sieht, der trägt im kommenden Jahre noch einen Ring
am Finger, sieht man aber auf den ersten Blick nur einen Vogel, so heißt
es warten bis zum nächsten Jahre. In Bautzen (Sachsen) ist die soge
nannte Vogel h ochzeit (ein vermutlich aus dem slawischen oder grie
chischen Osten übernommener Volksbrauch, s. 9. und 10. März) am
25. Januar (vor Pauli Bekehr—Tag), wobei niedliche Tauben
vögel (ganz ähnlich den Patschkauer Dohlen [s. Fig. 5 u. o] des
Maria Geburt-Tages, 8. September) und Sto rc h e n n e ste r aus krausen,
wirren Teigschlingen gebacken werden. Die Bautzener Mutter erzählt
ihren Kindern: »Am 25. Januar verheiraten sich die anwesenden Vögel
und feiern Hochzeit; sie bauen von Steinchen kleine Herde, auf denen
Hochzeitsgebäck hergestellt wird. Artige Kinder dürfen am Vorabend ein
Tellerchen heraussetzen, auf welchem sie dann am Morgen das Hochzeits
gebäck der Vögel vorfinden.« (Gefällige Mitteilung von Frau Gaul in
Dresden.) Mit den Frühlingsvögeln ziehen auch die für Fruchtbarkeit der
Erde günstig gesinnten gütigen Elben ein, die sonst auf Neujahr auf dem
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Glückstische ihre Speiseopfer auch in dieser neuen Zeit finden, und die
dann zur Belohnung andere Glücksgaben einlegen. Diese Speiseopfer an
die guten Seelengeister verwandelten sich dann in ein Gesinderecht dieser
Frühlingszeit, des Beginnes einer neuen Jahreszeit.
Seit 678 ist der folgende Tag:
26. Januar, ein Festtag, St. Pauli Bekehr, engl. St. Pauls—
Day, St. PauI—Pitchers-Day (Peitschentag), nord. Pals messe, Souwels Be—
kehrung, Pauls—Tag der Kerung, Pauls Kertag, Pauls Ker (Grotefend, 67),
St. Pauls—Tag im afterwinter. Mit diesem Wetter— und Lostage kehrt der
Nachwinter dem Frühling zu; es ist die Wintermitte der christlich—
deutschen Kalendermacher. Wenn an diesem Lostage Nebel eintreten,
so kommt nach dem Oberpfälzer Volksglauben (1650) Sterben ins Land,
da die von der Sonne nicht vertriebenen elbischen Nebelgeister Krank—
heiten bringen. Man scheint in alter Zeit diesen Tag besonders gefeiert
zu haben. Beim alten Mittwinteropfer (s. Weihnachtsgebäcke 4) baten die
germanischen Nordländer Odin um guten Jahresertrag und um Gedeihen
der Saat. (Mogk, 109): »Ea skyldi b16ta i m6ti vetri til ärs (Jahresglück)
en at mic‘ljum vetri blota til grödrar (Fruchtbarkeit), hit Eric‘lja
at sumri Eat var sigrblöt« (Siegesopfer) (l. eod.). Dieses Mittwinterfest,
das sozusagen alle winterlichen Bedürfnisse und Genüsse, Bräuche und
Anschauungen noch einmal zusammenfaßte, hatte viel Ähnlichkeit mit dem
weihnächtlichen Julfeste (s. Weihnachtsgebäcke). Im Altfriesischen war
aber auch Weihnachten oder Jul die Mittwinterszeit, wie im Altgerma—
nischen überhaupt; auch im Münsterlande ist noch das Weihnachtsbrot
ein »Mittwinterbrot« (Bahlmann, 352); im Saterland heißt dieser Tag
auch »Dickbauchsabend« wegen der Schmausereien, die an demselben
wie beim Julfest üblich waren; dort werden auch sogenannte Puffert
aus leckerem (puff = blasen) aufgeblähten Teige (Puffbrot) gebacken
(1623, pof oft poffenbrood : panis albus spongiosus, SchilIer—Lübben, III,
384; ndl. poffertje, mnd. puffe) und dazu ein halber Schweinskopf mit
Kartoffeln und Senf als Festbraten aufgesetzt. (Z. d. V. f. V. K. 1893, 269.)
In Lerwich (Schottland) wurde am 24. Tage nach dem (alten) Neujahre
(Epiphania) die Julzeit ebenfalls mit Schmausereien und Maskeraden be—
schlossen, womit wohl auch das »Peitschen« auf PauIi—Pitcher—Day zu
sammenhängen dürfte. (Hazlitt, ll, 607, 485.) Jahn, 295, führt einen nieder
ländischen Brauch des St. Pauli Bekehr-Tages an: »Superstitiones et
Iudicrae observationes nostratium pontificiorum in hac urbe circa festum
conversionis Pauli plane non cessant. Paulum quendam stramineum in
angulo aliquo prope focum (ll, ubi placentas coquunt, collocatum pla
centis buttyratis (Butterfladen) quasi colaphisant, siquidem
dies sit serenus aut sine pluvie; sinsecus stramineum suum idolium
inde tollunt usque ad aquas baiulant et in eas proiiciunt.« (Wolf, Beitr.‚
II, 109; Grimm, DM.,‘, I, 51; Rochholz, II, 96.) Hier erhält also der wie
ein Hausgeist am Hausherde (s. u. Lichtmeß) aufgestellte Vegetations
dämon aus Stroh sein Speiseopfer als Butterfladen am St. Pauli Bekehr-Tage,
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weil dort um diese Zeit die Flüsse eisfrei werden. Sie trägt als Legenden—
zeichen einen schwimmenden Mühlstein oder einen in Brot verwandelten
Stein oder Kamm; als Brotheilige wurde sie auch Aussatzpatronin
und tritt in Krankheitssegen als Vrene oder Dörrewegl auf. (Weinhold,
Verehrung der Quellen, 26; Lütolf, Sagen, 86; Simr'ock, Handb. d. Myth.,
392; Verf. Krankheitsnamenbuch, 392.) Sie war die Heilige des Bistums
Konstanz, dem fast das ganze schwäbische Württemberg angehörte; loka
lisiert ist ihre Legende in Solothurn und Zurzach im Aargau; sie gibt
Buben (die heilige Ottilia Mädchen), sie hilft Gebärenden durch ihren
Gürtel etc. (W. Hertz, Aus Dichtung und Sage, herausgegeben von R. Voll
möller 1907, S. 167.)
Acht Tage später, 11. Februar, kamen im 17.Jahrhundert in der Nähe
von Rouen die heiratslustigen Burschen und Mädchen in der Kapelle der
heiligen Veronika zusammen; sie trugen in der Hand Phallusgebäcke mit
zwei Testikeln, in welchen als Vegetationszeichen Ilexzweige (Immergrün)
steckten (Blanchard). (Zentralblatt f. Anthropol. 1906, S. 19.) Als Parallele
zu anderen deutschen Volksbräuchen ist diese Mitteilung hier eingereiht,
welche lehrt, daß man sexuelle und vegetative Fruchtbarkeit analog zu
befördern suchte (vergl. unter Fastnacht und erster Fastensonntag). Dem
Volke war für beide Arten das Erflehen des Gottheitssegens unter Nieder
legung der Wunschsymbole früher ein religiöses Bedürfnis; wir werden
auch beim Fastnachtsküchel diese Kultweihe noch treffen._l
5. Februar, St. Agathen-Tag. Acten, aitentag (Grotefend) (in
der Schweiz am 5. Jänner, also noch im Neujahrszyklus gefeiert). In ihrer
volkstümlichen Stellung ist St. Agatha eine durch die Kirche eingeführte
Nachbildung der sizilischen Bona Dea, der guten Getreidegöttin, der man
Mehl, Weihrauch und Früchte opferte, oder der damit identischen Juno
Lucina, Bona Dea lucifera, die wir bei der Lichtmeßfeier (s. oben) be
sprochen hatten. Die heilige Agatha befreite die Stadt Catania in Sizilien
von Pest und Hungersnot,wurde deshalb Brotheilige; an ihrem Gedenk—
tage pflanzte man auch Bohnen als Volksnahrung. (Rolland, Flore popul.‚
IV, 195.) Diese unter Diokletian ihrer weiblichen Brüste beraubte und nach
der Legende in glühenden Kohlen gewälzte Jungfrau wurde, wie Sankt
Antonius (s. oben), zur »Brand«-Patronin. Das an diesem Tage gebackenen
St. Agathen-Brot, das sicherlich nur ein zeitlich hinausgeschobenes
Neujahrsbrot ist, konnte nicht nur den »Brand« auf den Getreidefeldern,
sondern auch den »Brand« als Krankheit (s. Krankheitsnamenbuch, S. 66),
Pestseuchen mit Ergotismuskomplikation verhüten. Geiler v. Keisers
perg (1516) erwähnte zuerst des St. Agathen—Brotes als Mittel gegen
Feuer, (Kotelmann, 241); man wirft es ins Feuer (Wuttke "‘, 294, 401),
wie auch die sogenannten Agathen-Zetteln (1561, Agathas Letters, Hazlitt,
l, 2); es schimmelt nicht und bringt den Flachsfeldern Segen (Wuttke,
ä 175.) Am Agathen-Tag läßt man im lsentale und im Glarus Agathen—
Mehl und -Korn segnen,welche das Jahr hindurch als Präservativ gegen
die sogenannten »hitzigen« Krankheiten aufbewahrt werden.(Schweiz. ldiot.,
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haben. Auch im Badischen ist das Agathen-Brot ein solches Mittel. (Meyer,
B. V. L., 507.) Das Opferbrot kann auch wie jedes Opfer zum Apotropäon
werden. In der Vall6e de Bagnes (Schweiz) läßt jede Haushaltung am
Agathen—Tag ein Brot weihen, welches dann wie das Neujahrsbrot an die
Familienmitglieder und Haustiere zur Sicherung vor den bösen Dämonen
(Folatons) verteilt wird. (Schw. A. f. V. K. 1901, S. 48, II, 69.) Im Aar—
gauischen wird das Agathen—Brot in Gestalt eines M u l ts c h e n —W eggeli
(ein kleiner Wecken aus dem Teige der sogenannten Molterscharre, die
aus der Brotmolter ausgekratzt wird) hergestellt und an die Einwohner
verteilt, wie ein Sippenbrot beim Totenopfer. Den Zusammenhang des
schweizerischen Agathen-Brotes mit dem Neujahrsbrote ersieht man, ab
gesehen von der Feier des Tages am 5. Januar, auch noch aus den schon
erwähnten Agathen—Zetteln, die die Anfangsbuchstaben der heiligen drei
Könige (C —l— M —I— B) aufgeschrieben tragen und auf dem Brote selbst
befestigt werden; ferner aus seiner Benützung als Losbrot, wofür (nach
gefälliger Mitteilung von Herrn Dr. Stückelberg im Rechnungsbuch des
Klosters Klingenthal, S. 249) ein Beleg aus dem Jahre 1446 vorliegt:
»Uß sannct Agat brot geloßet.« Auch E. Hammarstedt (Omen fornordisk
ärstredelning, 253) gibt zu, daß das schwedische Jul- (Neujahrs-) Brot die
selbe Rolle spielt wie das St. Agathen-Brot. In Schweden ist es auch, wie
das schon erwähnte niederländische St. Pauls-Brötchen und wie der
nordische Julkuchen, ein Pflugbrot (Hammarstedt, Säkakan och Säöl, 249),
das als Opfer an die unterirdischen Geister auch zum Apotropäon wird.
Auch bei den griechisch—katholischen Russen wird das Agathen—Brot ge
weiht, in das man kleine Stückchen apotropäischen Salzes hineinsteckt;
so gibt man es als hilfreiches Mittel den Kühen gegen den sogenannten
Kuhtod (s. Verf. Krankheitsnamenbuch, S. 740) zu fressen. Man wirft es
auch dort bei Feuersbrunst ins Feuer, das immer als etwas Feindseliges,
Persönliches gedacht wird, oder ins Feld, um die Winde dorthin abzulenken.
(Yermoloff 69.) Auch der männliche St. Agatius »multum valet contra
ignem« (12. Jahrh.) (v. Stückelberg, Die Reliquien d. Schweiz CVIII). Der
für das Saat- und Pfluggeschäft im Lenz so wichtige Agathen—Tag (12. März
in England) war auch in Bristol der Tag für eine Armenspende mit
50 Brotlaiben, miches (Muggen) genannt, mit drei Fastenfischen für je
einen Bettler und einem bushell Erbsen (Hazlitt, ll, 363); hierbei übernehmen,
wie auch sonst zu finden, die Armen die Armeseelenspende; an manchen
Orten erhielten die Schulkinder dieselbe; so am
6. Februar, St. Dorotheen-Tag (Orthiendach, Grotefend, 66).
Im 15. bis 16. Jahrhunderte wurden in Eger die Lehrmaidlen und Schüler
durch den Gemeinderat beschenkt (John, Sitten, 421) = Sippenopfer
Substitut.
9. Februar (des griechisch—orthodoxen Kalenders), St. Pankra—
tius—Tag: »Nicht jeder Pankraz hat viel Brot«, meint das russische
Sprichwort, weil um diese Zeit in manchen Gegenden Rußlands der Ge
treidevorrat zu Ende geht.
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Glauben, die Geister derer, die »im nächsten Jahre« sterben werden, zum
Kirchhofe hinaus (A. f. R. W. 1901, IV, 306); also auch hier ist der alte
Seelenglauben vor dem neuen Jahre lebendig geblieben. Im Bergischen
erscheint in der Matthias-Nacht der Geist der Geliebten in der Mitter
nachtsstunde (Schell, ll, 40‘), und mit Vorliebe wird der Matthias-Tag als
Liebesorakeltag gewählt. Die vegetative Fruchtbarkeitsfrage und die sexu
ellen Hoffnungen soll dieser neue Jahrestag voraus verkünden; der Tag
ist, wie viele andere Tage im Fasching und Lenz, auch ein Weibertag.
»Bei mehrtägigen Festen, wenn sie (wie auch das Neujahrsfest) alt
germanischen Ursprunges sind, spielen heute die Männer, morgen oder
übermorgen die Weiber die Hauptrolle und umgekehrt. Das Weiberfest,
welches sich dem Petri—Tage anreiht, fällt auf den folgenden Matthias
Tag«. (Zeitschr. des bergischen Geschichtsvereines, XI, 87.) Diese Männer—
und Weiberbündnisse entspringen vielleicht einer uralten sexuellen Ab—
stinenzzeit, die vor der Pflug- und Saatzeit als religiöser Lenzritus ein—
gelegt worden war und die nach dieser Periode dann zur orgienartigen
geschlechtlichen Vermischung, die sich in der Faschingszeit am meisten
fIeischlich-sinnlich äußerte, überging. Solch alte Volksbräuche müssen
sich denn auch unter den Gebäckformen der Faschingszeit bemerkbar
machen.
In den Gebildbroten dieser Faschingsperiodel sehen wir also haupt
sächlich die süßen Heilbrote der vorangegangenen Neujahrszeit, die Vogel—
gebäcke der deutschen Frühlingszeit und leise Spuren eines germanischen
Seelenkults der eigentlichen Lenzzeit verkörpert. Weit deutlicher ist der
Kult der Hausgeister vor dem Frühling angedeutet. Hakenkreuzgebäck
fehlt, andere Glückssymbole (Pentragramme) aus Teig beziehen sich wahr
scheinlich auf die vorangegangene Neujahrszeit.
allein) auf dem Jultische (Tabula fortunae) gelegen waren; also nicht der
Analogiezauber läßt solche Gebildbrote erklären, sondern der Seelenkult.
Abgeblaßte Erinnerungen an die Speisung dieser Vegetationsdämonen
sind vielleicht für diesen Fastnachtsdonnerstag:
1. Das sogenannte Marschallessen im Cafe Marschall in Rapperswyl
(St. Gallen) (St. Gallen, 627), woselbst früher der uralte grausame Brauch
des Katzentötens (s. unten) stattfand, indem man eine Katze, in einer
Schweinsblase verbunden, vom Turme herabwarf. (Lütolf.)
2. Das Essen der sogenannten Brögelerbsen (gebrockte Erbsen)
im Egerland (John, Sitten, 37), vielleicht der Rest eines Opfers an die
Windgeister.
3. Die sogenannten Ofenplenten in Trient (Zingerle, Sagen, 84),
eine am Ofenfeuer gebackene Polenta mit Speck und dergleichen gemengt.
(Conf. Casaubon. Athen. XIV, 924: »Galenus narrat populos quosdam
esse, qui alphitis hoc [polenta] est; farina facta e probe tostis hordei re—
centis granis utantur loco panis.«)
»Knödel, Nudel, Nocken, Plenten sein der Tiroler vier Elementen«
oder »Nudel, Sterz, Nocken, Plenten sein der Bayer vier Elementen.«
(Z. d. V. f. V. K., IV, 30.)
An diesem Tage machen sich wieder die Weiberbündnisse bemerk—
bar, wie schon der Name »Weiberfastnacht« für dieselbe spricht. Scheible,
VII, 792, führt diese an für das württembergische Dorf Ochsenbach. Das
Unterhaltungsblatt zur »Straßburger Post« vom 25. Februar 1900, Nr. 166,
schreibt:
»Eigentümliche Bräuche, die aber zumeist auf ein Zechgelage der
Frauen hinauslaufen, knüpfen sich an den Donnerstag vor Karneval, an
die sogenannte Weiber- oder Pfaffenfastnacht. An diesem Tage haben die
Frauen das Regiment. Sie werden auf Kosten der Gemeinde mit Wein
bewirtet und dabei sogar von den Gerichtsbeamten bedient. Doch wird
auch Gericht abgehalten, sowohl über nachlässige und unordentliche
Hausfrauen, als über schwatzhafte, die von dem vorjährigen Gelage aus
geplaudert haben; sie müssen zur Strafe allein am Katzentisch zechen.
In der Eifel durften die Weiber eines jeden Dorfes im Gemeindewalde
einen Baum fällen, dessen Erlös von ihnen gemeinsam vertrunken wurde.
Fast übereinstimmend wird für die Entstehung solcher Bräuche erzählt,
daß eine Gräfin, nach anderen eine Königin, die Anordnungen zugunsten
der Weiber getroffen habe. Natürlich liegt der Sinn der Sage tiefer, und
an die Stelle der gütigen Dame ist eine Göttin zu setzen, deren Name
das Volk, als es christlich geworden, nicht mehr nennen durfte. Auf der
anderen Seite aber ist ein Anklang an das vornehme römische Fest der
bona dea bei der Weiberfastnacht unverkennbar, ja vereinzelt wird diese
in Süddeutschland sogar das Fest der »Bonnen Deen« genannt. Auch bei
den Mysterien der bona dea nämlich war alles Männliche streng ausge
schlossen. Man ging so weit, die Bilder männlicher Tiere zu verhüllen,
und als Clodius Pulcher, der Geliebte von Cäsars Gemahlin Pompeja,
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sich als Frau verkleidet bei der Feier einschlich, wurde er wegen Reli
gionsverletzung öffentlich belangt. Es soll übrigens bei den deutschen
ebenso wie bei den römischen Weiberfesten nicht gerade zart zugegangen
sein. In Köln bestand die besondere Belustigung der Weiberfastnacht
darin, daß sich die Frauen gegenseitig die Hauben abrissen, und auch
heute, wo auf den Dörfern die Frauen noch sehr auf ihr besonderes Fast
nachtsrecht halten, während in den Städten fast lediglich die Marktweiber
davon Gebrauch machen, sind Anmut und edle Sitten nicht eben das,
was zu den Gepflogenheiten des Tages gehört.«
Diese Weiberbündnisse der Faschingszeit erinnern auch an die
Weiberfeste bei den griechischen Dionysien, welche zu Fruchtbarkeits
zwecken*) abgehalten wurden. Dieser Parallelismus zwischen animalischer
und vegetativer Fruchtbarkeit geht durch die ganze Welt (Nilsson 283, 322);
geschlechtliche Abtrennung (Abstinenz) gehörte ehemals zum Kult zu
gewissen Zeiten bei den verschiedensten Völkern.
B. Fastnachtfreitag. Er heißt in Oberbayern pframiger (fett
reicher) oder rußiger Freitag; der das Mädchen anrußende Bursche muß
am folgenden Tage demselben ein Geschenk mit Schmalznudeln
oder einem anderen saftigen Gebäcke machen. (Baader, 363.) Der Bursche
holt sich bei seiner Geliebten das Zeitgebäck, dessen Form verschieden
sein kann, dessen Grund aber in Fruchtbarkeitszwecken liegt.
Erwähnenswert sind hier die Veroneser Gnocchi, die vielleicht den
süddeutschen S c h m alz n o c ke n analog sind. (Z. d.V.f.V. K., 1904, S. 320.)
Frl. Elisabeth Lemke schildert dieses Nationalgericht am letzten Freitag
vor Fastnacht (l. eod.) beim sogenannten Gnocchifeste eingehend: »Mas
kierte Männer (»Maccaroni«) mit maskierten Bäuerinnen (Männer in
Frauenkleidung) ziehen mit einem geschmückten Ochsenwagen (carro
trionfale) und anderen Scherzfiguren zum Palaste des Govern'atore, um
diesen einzuladen, in San Zeno »Gnocchi« mitzuessen, wohin das Volk
Mehl, Käse, Wein und Brot zur Herstellung dieses Gerichtes schon ge
bracht hat. Die Prozession mit Mehl, Wein und lorbeerbekränzten Käse
tragenden Kindern teilt vom Triumphwagen aus Brot an die Menge aus.
In ungeheuren Kesseln werden dann auf dem Platze vor San Zeno die
Gnocchi gekocht und ebenfalls an das Volk verteilt. Wie weit dabei etwa
langobardischer Einfluß mitspielt, ist nicht mehr zu bestimmen. Der
Name des Fastnachtsgerichtes spräche für germanischen Ursprung (ahd.
(h)nocch = rundliche Erhabenheit; cnocco = Erhabenheit). Nach der
Tiroler Volkssage (Zingerle, Sagen’, 110) kocht die Hexe Lang—Tüttin
solche »Nocken«.
C. F a s tn a c h ts s a m s t a g (Sonnabend). Im Niederdeutschen
Fastelabend, im Niederländischen Frauchenabend (Weiberbündnis); engl.
Egg—Satur-Day (wegen der kommenden Ostereier?); in Süddeutschland
*) Auch Ares-Mars, der Gott der Seuchen und Frühlingsgott, hieß '{')V1'.7.6
il'‚ivov~ = Frauenschmaus (Nilsson, 407), also auch bei den Griechen waren diese
Weiberfeste an die Märzzeit, den Lenz, gebunden.
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heiß mit Butter gegessen werden Der Schorrback gehörte sonst den
Hausgeistern (Brandenburgia, XV, 397.) In den Niederlanden werden am
fetten Sabbattage »warrem broeike_s« und »heetbrood« ausgerufen als Vor—
läuferessen für den folgenden Tag. (V. K., ll, 127.) Im Kloster Himmels
kron unter dem Köslar erhielt: »item am samstag vor den veisten suntag
den kaplan preylin (einen kleinen Brei), der elczten (= der Ältesten) einer
V krapffen (Fastnachtskrapfen, s. unten) und 11j heydenisch
kuchen mit honig«. (Panzer, Beiträge, ll, 229.) Im Buche von guter
Speise, 5a (15. Jahrh.), heißt es bereits: »diz heizzent heidenisch
kuchen: man sol nemen einen teyc unde sol (den) dünne (aus)breiten
und nim ein gesoten fleisch und spec, gehacket und epfele und pfeffer
(Gewürz) unde eyendar in und backe daz«; sie werden (nach Weber,106)
bereits im Würzburger Kochbuch (14. Jahrh.) nach SchilIer—Lübben,
III, 22, im Mittelniederdeutschen als heidensche Koken erwähnt; es ist
vielleicht ein dem altgriechischen Ölprozpäat; (Fleischkrapfen) ähnliches
Pastetengebäck mit Fleischfüllsel. In der Schweiz aber waren es wahr—
scheinlich sogenannte »Heidenhüllen« (Schw. Idiot, ll, 1160), das heißt in
Schmalz gebackene Hasenöhrl (s. unten); ihre dreieckige Form auf
Thors Hammer zu beziehen, ist nicht nötig, eher sind sie ein Substitut
des Hasenbratens in Teigform, kaum eine Entstellungsform aus der vier
eckigen Raute (Mutz) (s. unten), wie sie der Fastnachtszeit besonders
eigen war.
Am »Samstag vor der Herren Vassnacht« erhielten die Chiemseer
Klosterfischer einen sogenannten »Aiernschmalz« aus 40 Eiern und zwei
Pfund Schmalz zubereitet. (O. B. V. A., 42. Bd., S. 182 ff.) Die Dienstboten
im bayrischen Kloster Scheyern erhielten um 1500 jeder 21 S c h u c h s e n,
ein fast formloses, ausgezogenes*) Nudelgebäck aus Schweine
schmalz gebacken. (Panzer, Beitr., ll, 527.) »An dem Sambtztag
vor herren vassnacht, den man nent den smaltzigen sambtztag,
pacht man den Ehalten einzognew großew Küche], genennt
schuchssen vnd gibt yedem Ehalten XXI. Davon essent sy dy
vassnacht, vnd werden gepachen aus sweinen smaltz, dy sullen
sy am sambtztag nicht essen, aber am suntag, Montag Erich
Fig. 7.
Fn<tnachts- tag« (Schmeller, ll, 364; H. Peetz, 153); das Gebäck (s. Fig. 7)
St““ät‘°) schuckst im brodelnden Fette hoch auf. Auch sonst sind an
| “l \.ll'g;
Küghgl‚N„.lfly diesem Tage in Altbayern, Österreich und Schwaben S c h m a l z
n u d e I n, Schmalzbraten und T o p f e n k ü c h e l (mit Quark
' versetzte Nudeln) als Festspeise gebräuchlich; in den Nieder
landen der sogenannte K u c h e n b a c k (Koekkeback), das heißt Pfannen—
kuchen in Waffelform (Eiserkuchen?)‚ die am »Frauchenabend« (Fastnachts
sarristag) (s. oben) von den verheirateten Frauen gemeinschaftlich gegessen
werden, bis die Männer kommen und mit ihnen tanzen (Vlämisch Belgien)
(Reinsberg-D, 41). Im Jülichschen gibt es die bekannten Waffel n oder
Eiserkuchen, im Lüneburgischen das »Kese-ettent« (Käseessen, s. unten);
I5‘) Vielleicht die »tracta« des Plinius h. n. XVIII, 11, und des Cato de r. r.
27
an die Stelle der Opferpriester getreten waren, welchen bei den alten
Frühlingsfesten mit Götterumzügen (Nerthus und Freyr; Müllenhoft, IV,
224) eine bevorzugte Stellung zugekommen war. (Vergl. zur Opferanatomie
im Korresp.-Blatt f. Anthropologie 1896, l, S. 1.) Im Vlämischen heißen
die Metzger »Fürstenkinder« (Prinzen).
Das frühere Umführen eines Ochsen beim sogenannten Metzger—
sprung in München, das Straubinger Metzgerstechen (1576), die Frank
furter Milzkuchen, die mit vielen Gewürzen versetzte gebratene Milz,
welche die Nonnen zu Weißfrauen beim Beginne der Fastenzeit in der
Zahl von 22 Stücken für die Ratsbeamten herstellen mußten (Kriegk, I,
391, 574), sind Überbleibsel des alten Frühlingsopfers, ebenso das Münster
Ochsenschlachten, der Rostocker Piepochse, das isländische Hängefleisch,
die mecklenburgischen Mettwürste etc.
An das S c h w ein s opfer der Lenzzeit erinnern: die Allgäuer Schlacht
schweinspende an die Armen, welche »in fasten gö« (Reiser, II, 85); das
St. Galler Fastnachtssprüchlein: »Ezt chund die lustig Fasnachtzit, w6s
Brotwürst rägnet und Chüechli schnit.« (St. Gallen, 626.) Wer am Fast
nachtsmorgen (also nüchtern) Blutwurst ißt, der bleibt das ganze Jahr
hindurch vor Rotlauf geschützt (Jühling, 181) und vor Flohstichen. (Bavaria,
ll, 300.) Man sieht deutlich, daß das animalische Frühlingsopfer durch
die Sippen-Communio der Gottheitsspeise zum Heilmittel wurde. Die mitter
schlesischen Faschingswürste, die 100 Ellen langen Riesenwürste (Phallus—
symbole?*), »die früher zur Fastnachtszeit umgetragen« und gemeinsam
verzehrt wurden (1558—1601 in Königsberg, 1591—1658 in Nürnberg,
1613 in Wien, 1726 in Zwickau; die 1606 in Königsberg i. Pr. um
getragene Riesenwurst soll sogar 1005 Ellen oder 2010 Fuß lang gewesen
sein (Schw. A. f. V. K., I, 129); schließlich das Schleswiger Schweinskopf
essen (Urquell, I, 113), die niederdeutschen Fastelabend— und Mettwürste,
der Mecklenburger Schinken (J. P. Schmidt, 126, 129), der Schleswiger
»Saden« (1500) als gesottene**) Kultspeise mit Schweinefleisch in dieser
Zeit (Mühlenhoff, 61; Dähnert, 393); nur der rituelle Kulthintergrund erklärt
die Andauer solcher Festgerichte. Gesottene**) Schweinsleber mit Opfertier
eingeweiden (Blutwurst, Leberwurst), gebrannte Eicheln (Mehlvorläufer,
s. unten Hirsebrei) zusammen mit Gewürzkräutern, sind in der Edda
(2. Gudrunlied, 414) schon ein sichtbar aus dem Opferkult stammendes
Heilmittel, um zu betäuben, was da war verbrochen und die Dämonen
günstig zu stimmen.
*) Es ist hier daran zu erinnern, daß in der Provinz Sachsen als Fastnachts
brauch »der Rehschwanz herumging«. Das Genitalopfer ging von Hand zu Hand.
(Z. d. V. f. V. K. 1903, S. 29.) Vergl. das Umtragen des Leonhard-Nagels in lnchen—
hofen. Das Umtragen des Phallus im Monate des Liber Pater (Bacchus) in Lavinium,
die Phallephorien in Ägypten und Griechenland. Vergl. den Färingerschen »Drunnur«,
ein aufgeputzter LämmerschWanz (Globus, 81. Bd., 263), und den norwegischen
Völsi. (Z. d. V. f. V. K. 1903, S. 29 ff.; zu letzterem A. f. R. W.‚ VII, 126).
**) Die Germanen sotten zumeist ihre Opfertiere; daher got. sauj'gs = Opfer.
29
Wie alt der Genuß des H i r s e b re i e s ist, lehrt auch die Etymologie
von »panis«, das mit »panicum« verwandt ist, weil die Kolbenhirse
(panicum) in älterer Zeit die allgemeine Brotfrucht war (Hoops, 354); auch
in deutschen Volkssagen und Ortslegenden tritt der Hirsebrei oft auf.
Von den Bewohnern von Grün (Böhmen) sagte man, daß sie Hirse
brei im Strumpf bis Maria—Kulm mitnahmen, wo derselbe noch so heiß
ankam, daß eine Stiegenplatte daselbst sprang. In Grün ißt man wegen
der Ortsneckerei auch keine Hirse mehr. (John, Sitten, 419.) In Gladbach
(Oberhessen) erzählen die Eltern ihren Kindern, daß das Hünnelche am
Hünnsteine Hirsebrei koche (Blätter f. hess. V. K., I, 10); es ist die Seelen
speise damit gemeint, welche das elbische Kleinvolk erhält.
Lange Zeit kochte die Mutter als Mittel gegen den Kinderdurchfall
aufgewärmten Hirsebrei (Oesterlen, 598); die Seelenspeise sollte dann als
Heilmittel dienen. Bei Hochzeiten und an sonstigen festlichen Tagen war der
Hirsebrei ein so bekanntes Gericht, daß man es in möglichst großen
Mengen, also als point de rösistance, auftrug; daher heißt es in der mhd.
Metzenhochzit: »einez daz beschach mit namen das man fieren ie ze
samen hirs in einen Kübel richt« (Hagelstange, 118); vier Bauern aßen
zusammen einen Kübel voll Hirse auf. Auffällig ist es, daß der semitisch—
ägyptischen Welt die Hirse bis in die späten Zeiten überhaupt so gut wie
fremd geblieben ist (Hoops, 323), während in den germanischen Ländern
das auffallend zähe Festhalten am festlichen Hirsebrei, namentlich an den
mit Seelenkult verbundenen Festen, für das größere oder höhere Alter
der Hirse als Brotfrucht gegenüber dem Weizen und der Gerste spricht.*)
Der Glaube an den Segen der Fruchtbarkeit durch den Mitgenuß an
dieser uralten Seelenspeise erhielt sich bis auf unsere Tage. Auch die
alten Griechen benützten den Hirsebrei als Opfer an die Fruchtbarkeits
gottheiten; darum hieß auch die Liebesgöttin Aphrodite xsT/~pt; (Scheible,
XII, 206) und die Römer opferten der altitalischen Feldgottheit Pales
an den Palilien Hirsekuchen. Hirse fand man auch in den Schweizer
Pfahlbauten. »Ganz besonders bedeutungsvoll ist es, wenn im Kanton
Tessin die reife Hirse durch Tanz ausgedroschen wird, was man ‚ballare
sul panic‘ nennt« (Schw. A. f. V. K., XI, 260), denn damit ist die hohe
Bedeutung, die man der Hirse im Kult beilegte, noch leicht ersichtlich.
Hirsebrei wird auch an manchen Orten durch den Erbsenbrei
ersetzt; so gibt es in Hessen Schweinerippenfleisch mit Erbsen im Topf
gekocht; die abgenagten Schweinerippenknochen des Festgerichtes werden
dann in den Leinsamen gesteckt (um die Leinsaat fruchtbar zu machen),
wobei man die Kochtöpfe zertrümmert (um durch den Lärm die Frucht—
barkeitsgeister in der Erde auf das Einhalten der Speiseordnung aufmerk
sam zu machen). (Wuttke“, 84.)
In Dänemark wird von den übrig gebliebenen Fastelabendkrapfen
(warme boller med smörhul i«), ähnlich den später zu erwähnenden Het
wecken, mit etwas Milch ein eigener Fastnachtsbrei, »Pap« genannt,
7 *) Noch älter scheint die Eichel- und Bucheckerkost zu sein.
32
hergestellt (Volkskunde, XVI, 127); sonst dienen die Abfälle des festlichen
Kultbrotes meist zur Bereitung von sogenannten Knödeln oder Klößen,
die an solchen Festtagen als bäuerliches Gericht noch gleich beliebt sind.
Eine Abart des alten Breies ist das sogenannte Fastnachts- oder
Fastenmus, das aber mehr eine in Fastenöl gekochte Fastenspeise
war, aus Hülsenfrüchten hergestellt; über dasselbe werden wir später
noch sprechen.
2. Durch Brühen des Breies entstand das Gebrühte, Gebraute, das
heißt das B rot, das ursprünglich ein nach dem Erkalten und Hartwerden
so konservierter Brei war.
Das in der Kultzeit der Fastelnacht und Fastenzeit gebackene
Fastnachtsbrot war auch eine Spende an die Armen, das heißt an
die armen Seelen, wie am Allerseelentag. (S. Allerseelentagsgebäcke, S. 17.)
So gab es 1107 in Magdeburg durch die Stiftung eines Bischofs Adlgoz
von Halberstadt »alle dage in der vasten hundert brot und hundert heringe
an hundert arme lude«. (Lammert, 24.) Das Schweizer Fastnachtsbrot war
(nach Rochholz, II, 276) mit sogenanntem Fürwitzel blutig rot gefärbt
(Berberis vulgaris), wodurch das blutige Opfer vielleicht in Erinnerung
erhalten werden sollte. In Fauerndau bei Göppingen ließ man von dem
Fastnachtsschmause etwas für die elbischen Erdwichtel übrig als soge
nanntes »Wichtelbrot« (Henne Am Ryn, 278; Jahn, 116), womit die unter—
irdischen Geister ihre Opferspeise erhalten sollten, wofür diese dann
reichlichen Segen und Sippenfruchtbarkeit schenken. Das Opfer an diese
elbischen Wesen ist in der Volkssage oft erwähnt. Das Waldweibchen im
sächsischen Voigtland bat: »Backt doch ein Brot auch mir in meiner Not,
groß oder klein, am besten wie ein halber Mühlenstein.« Es belohnt dann
die reiche Brotspende mit einem Brote, das nie abnimmt (Zingerle, S. 2,
36), oder mit harten Talern (Köhler, 469; Witzschel, l, 225), oder sogar
mit Gold. (Schoeppner, III, 133.) In einem Hohlwege zu Kettenhausen
(Schwaben) erhalten die sogenannten Heiden— oder Wichtelmännchen für
ihre guten Dienste drei Brötlein unter die Türe gestellt und ein Krüglein
Wasser dazu. (Schoeppner, I, 42.) (Vergl. die Bergweihe in Berchtesgadem
in Z. d. V. f. V. K. 1900.)
In Oberösterreich wird die Störi (=Steuer)oder das Störi-,
Stüribrot in dieser Zeit gebacken (wie in der Weihnachtszeit [s.Weih
nachtsgebäcke,8.21]l und viel Sorgfalt auf dessen Herstellung verwendet,
damit nicht etwa »die Dirne ihre Seele mit hineinbacke« (die sie an die
nach neuem Leben lechzenden Totengeister verliert); in vielen Häusern
bekommt jeder Dienstbote seinen eigenen Störilaib, auch warten Bauer
und Bäuerin einem Besuche, den sie ehren wollen, gerne damit auf; es
schimmelt wie das Neujahrs— und Weihnachtsbrot nicht. (Baumgarten, 7.)
Zugleich mit diesem Störibrot (das vermutlich als Zusammensteuer der
Sippe zu deuten ist) ward in Oberösterreich hin und wieder in der Fast
nacht für jedes Stück Vieh ein einziger Brotlaib, die sogenannte Vieh
störi, gebacken; auch vergrub man (wie das Pauls-Brötchen [s. oben
33
für seine eigenen Pfannzelten (Yermoloff, 49); auch hier gedenkt man
mit dem Erstlingsopfer der Totengeister. Platz (placenta) und Bletz
(ahd. blezzo) sind formlich gleich flach; der Bletz oder Plätz ist kleiner.
In der Schweiz gibt es sogenannte Fastnachtsplätz (A. f. Schw.V. K., 1,183),
die, wenn sie von der backenden Hausfrau beim Herstellen übers nackte
Knie gezogen wurden, im Elsaß »Knieplätz« genannt werden. (E.W., II, 174.)
Es sind also eine Art Liebeskrapfen (s. Krapfengebäcke [Z. d. V. f. V. K.
1907, S. 74]), wobei der weibliche Lustduft als Fruchtbarkeits— und Liebes
mittel in das Gebäck übergehen sollte, ein Brauch, der sich auch in York
shire bei den unten zu erwähnenden Hotcokles (heiße Küchel) findet. (Haz—
litt, l, 331.) Beim Wiener Faschingsschluß tollten früher die jungen Leute,
die Gesichter mit Ruß beschmiert, auf den Straßen und in den Häusern
herum, bis sie das nur zur Zeit der Fastnacht übliche fladenartige Gebäck,
die sogenannten »Faschangflecken« erhielten, die in die Form der rauten—
förmigen Mutzen (s. unten) gehörten; auch manche deutlich hirschförmige
Gebildbrote heißen in Zell am See »Faschangflecken«, vermutlich aber
durch (seltene) Übertragung; vielleicht trugen dort die rautenförmigen
Mutzen ehemals einen Hirsch (s. unten) als Abdruck und wechselte so
»Hirsch« mit »Faschangfleck«.
4. Über den Fastnachtskrapfen (s. Fig. 9) haben wir schon in
der Zeitschrift des Vereines für Volkskunde (Berlin) 1907, S. 65 ff., uns
ausgesprochen. Wir deuteten dieselben als die Form des römischen
Herzschemas, das nicht doppellappig war, sondern einen runden Hohl
kegel darstellte; es waren dies vermutlich die placentm. bacchicae, die
auch l;tlßi; hießen; solche ’|S»OI;: Küchel oder Krapfen wurden auch am
Geburtstage des Heilgottes Apollo am 7. Bysios zwischen
Winter und Frühjahr geopfert (Nilsson, 154). Als solches
Überbleibsel des römisch—griechischen rundballigen Herz
schemas deuteten wir den ebenfalls rundballigen, hohlen,
mit einer duftenden Farce innerlich gefüllten Krapfen
(s. Fig. 9), der als placenta bacchica, das heißt als Kult
Fig.9‚Ggfüjlre‘ brot der Bacchanalien, vermutlich aus dem römischen
F""‘““Ci“skff‘l"‘ß“ Kolonistenbrauch durch Vermittlung der Klosterküchen
(oben geluupft). ‚ . .
auf germamschen, beziehungsweise deutschen Boden
sich übertragen haben kann, wo er als Faschingsgebäck, Erntebrot
und Hochzeitsküchel sich forterhielt und sich in verschiedenen anderen
Abarten weiter entwickelte. Solche Abarten sind auch die rheinischen
und neckarschen Kräppeln, mit welchen Stäbe besteckt werden, die als
Fruchtbarkeitszauber fürs kommende Jahr aufzufassen sind: »Und gebt
lhr uns kein Kräppel nit, dann legen Euch die Hühner nit« singen die
kräppelsammelnden Kinder daselbst. (A. f. R. W., Vlll, Beiheft, S. 91; Z. f. rh.
V. K., II, 161.) Wie die Fastenbrezeln, so sind auch die Kräppeln als
Zeitgebäck dabei verwendet.
Über das »Krapfenholen« (ein Fastnachtsspiel von Hans Sachs) Iaßt
dieser Dichter 1540 den Bürger sagen:
35
wichtigen Teil des jährlichen Schmauses«. (Birlinger, Sitten, II, 38; Bir—
linger, Wörterbuch, 38, 39; v. Schulenburg.) Sind solche Wecken aus
Pollmehl hergestellt, dann heißen sie in Baden »Pollweggen«. Die be—
sonders auf Fastnacht in Norddeutschland (Niederrhein, Schleswig, Rügen,
Holstein, Mecklenburg, Oldenburg, Braunschweig, Westfalen, Vorpommern,
Stralsund etc.) üblichen »heißen« Wecken oder Häfweggen, Hetwigen, Hete
wigge etc. (s. Fig. 12 u. 13) werden, wie ihr Name schon andeutet, heiß
und nüchtern gegessen, ein Brauch, der sicher auf ganz alte Zeiten
zurückreicht. Sie waren vermutlich eine nächtliche Seelenfütterung, weshalb
sie auch noch 1531 eine Spende an die Armen und Krüppelhaften waren.
Von ihrer ursprünglichen Weggen- (Keil-) Form haben diese Hüweggen
gegenwärtig keine Spur mehr; sie sind meist handtellergroße Rund
laibchen (Milchbrote), manchmal mit vier in Kreuzform vorspringenden
Ecken oder Zapfen, welche sich als letzte Reste der Wecken- oder Keil
form erhalten haben (s. Fig. 10, 11, 12). Die westfälischen Heitewiggen
1lserl0hn) haben die Übergangsform eines abgerundeten Doppelkeiles, teils
in Gestalt eines sogenannten Andreas- oder Hakenkreuzes, teils in der
eines stumpfen lateinischen Kreuzes —i— )< (Argovia, III). Nach Woeste,
3*
36
100, 123, sind die westfälischen Hetewigge rund und verziert; der Über
gang aus der ursprünglicheren Keilform dieser »Wecken« zu den runden
»Hetewiggen« wurde sehr wahrscheinlich durch den abgerundeten kranz—
förmigen Wecken (Timpenstuten) vermittelt. Auf einem Glasgemälde
(14. Jahrh.) an der Wiesenkirche zu Soest ist der westfälische Timpen
stuten (s. Fig.11) in einem Brotkorbe der Abendmahlszene wieder—
gegeben. (Die betreffende Abbildung verdankt Verfasser der Güte Seiner
Exzellenz Herrn General Rathgen.) Wecken war außerdem eine Be
zeichnung für Festbrot überhaupt. In Niedersachsen sollen die Hetwecken
auch dreieckig sein. (Mannhardt, 253.)
Beim Frühjahrskultreigen schlugen die verbündeten Weiber mit
Holundergerten auf die Männer los (sonst umgekehrt), bis sich diese
mit solch heißen Brotgaben loskauften, ein dem südd. Aufkindeln,
Auffitzeln, Lebzeltenstreichen, nordd. Osterstiepen, Schmackostern etc.
identischer Volksbrauch, der den (indogermanischen) Schlag mit der Lebens—
rute (muliebria virga contingere) vorstellt. J. P. Schmidt, 85, 138, 143,
schrieb 1752 in seinen niedersächsischen FasteIabends-Gebräuchen: »Noch
weiter ist der 4. Fastel-Abends Gebrauch, die sogenandte Heetweggen—
Abstäupung; diese Handlung äußert sich beim gemeinen Mann auf eine
gar unanständige ärgerliche Weise. Denn da kommen die jungen Kerls
zu denen Mägden am Fastel-Abends—Morgen gantz frühe vor dem Bette
und streichen dieselbe, vermuthlich unter allerhand schändlichen Ent—
blößungen, solange zur Lust mit Ruthen, biß diese sich verbindlich
machen, gleichsam aus Danckbahrkeit für die genossene Ehre, sothane
Streiche mit einem Heetweggen—Schmauße zu vergüten. Und vermuthlich,
daß unsere heutige Mädchens sich auch noch anjetzt gleich gute (Frucht
barkeits-) Würckungen von ihrer Heetweggen-Stäupung versprechen,weilen
sie dafür die obgedachte collation zum Besten geben«. (Vergl. auch Büsching,
l,130; Lichtenberg, Schriften, V, 1844, S. 367.) »ln Kiel, Segeberg und
anderen Orten gehen am Fastnachtsmontag Kinder mit Ruten in die
Häuser und peitschen damit die Verwandten, Bekannten und Nachbarn;
dafür erhalten sie Heißwecken; dies nennt man Hedewichen-pietschen.
Wir glauben auch einmal gehört zu haben, daß die Kinder bei dem
Schlagen mit der Rute sprechen sollen: stup utl hedwichl« (Urquell,
1,130; R. D., 47.) In Wismar klopfen die Kinder mit Birkenruten auf das
Fußende der Bettgestelle, in welchen die Eltern oder Verwandten liegen,
mit dem Verse: »Hetwecken herl« (Schiller-Lübben, l, 211.) »lm Olden—
burger und Bremer Land, überhaupt wohl in ganz Norddeutschland,
ist in der Fastenzeit ein Gebäck sehr beliebt, das besonders zur
Fastnacht in keinem Hause fehlen darf. Es sind das die sogenannten
»Hedwigs«, ein rundliches Gebäck im Durchmesser von etwa 10 cm,
welche warm oder auch heiß, sowohl zum Frühstück- als auch zum
Nachmittagkaffee genossen werden. Sind dieselben warm nicht mehr
beim Bäcker erhältlich, dann werden sie zu Hause auf oder im Ofen
warm gemacht. Es gibt aber auch Bäckereien, welche nicht nur zur
37
Teigkuchen (Fig. 14, 15, 16); die sächsischen Fasten- oder Faselkuchen
sind Krapfen (Germersh., II, 40); die altbayrischen Fastnachtsküchel sind
sogenannte ausgezogene oder geröllte Küche], auch Schuksen (s. oben)
(Fig. 7) (Schmeller, II, 364; Germania, IX, 199); in der Schweiz sind es
Fesenküchli aus Fesen- (Dinkel—,Spelt—) Mehl; in Schwaben heißen sie auch
Quatemberküchle. In Schlesien, Anhalt, Elsaß sind die Fastnachts
küchel, Eiser— oder Iserküchel, das heißt mit einem klemmenden Kuchen—,
Krull- oder Waffeleisen hergestellte flache Flädchen, Waffelkuchen. Mittel
schleswig: jarnkager, ndd.: iserkauken, Fehmarn: isenkoken. Die weitaus
besseren, fast künstlerischen Waffeleisen der Schweiz stehen im Gegen—
satze zu den bäuerlich einfachen Zerbster Eiserkuchen. Die Schweizer
Türggeli sind wohl als Vorläufer der Waffelkuchen aufzufassen; beide ent—
wickelten sich aus dem Hostieneisengebäck der Klöster; in St. Gallen
Fig. 16.
Krapfcnnudvl,
Tiroler Krapfen,
j:;„_ 14' ausgezogene Nudel, |,<,-g_ 1_-,.
Faslnachtskiichle. Hnubenküchle» Fnsinachtskiichle, F.l\lhl\tlllskffll'lflfl,
Schuchsen' Berliner Pfannkuclun.
findet sich die Hostie als flache dünne Oblate zuerst; vermutlich wanderte
dann das zweigriffige Kuchen- oder Oblateneisen längs des Rheines in
die Niederlande, wo das wabenförmig gezeichnete Fladbrot die Vorlage
abgab zu den Waben oder Waffeln, die als Goffern (Waffel) nach Frank—
reich gelangten und als solche wieder über Elsaß ins Schwäbische zurück
kehrten; sie wanderten durch die Schweizer Kalvinisten selbst nach
Debreczin in Ungarn. Das Waffeleisen des Parazelsus (1493—1534) im
Schlosse Ambras, über welches Zingerle (Sagen ‘-', 477) berichtet, soll ein
Backwerk geliefert haben, welches »durchlockert war wie ein Bienenfladen«;
um diese Zeit mag das schweizerische Kucheneisen als wabenförmig ge
zeichnetes Klemminstrument zuerst auf die Tiroler Herrenschlösser gelangt
sein; solche Waffeleisen aus den Jahren 1540 und 1576 bewahren das
lnnsbrucker Ferdinandeum und das Bozener Volkskundemuseum. 1680 sind
sie dann im Elsaß und 1783 in Fehmarn. Im Südosten Österreichs und
Bayerns war das Waffelgebäck immer etwas Fremdartiges.
Im Elsaß holen sich die Burschen unter allerlei Schabernack an den
drei Fastnachtstagen in der Küche diese Fastnachtsküchel, was man
40
»Küchlesmachen« nennt. (E. W., II, 947.) In Grochwitz bei Torgau heißt
es, man stoße mit dem Waffeleisen den den Ackerboden aufwühlenden
Maulwürfen die schadenbringende Schnauze ab, das heißt der Genuß der
Fastnachtskuchen als Zeitgebäck gewährt den Feldern Schutz vor dem
unterirdischen Saatfeinde, wie das Krapfenfett, das man im Meiningischen
zu Fastnacht zum Schmieren der Ackerpflugkeile benützt, die man später
in den Pflug einschlägt. (Ähnliches auch in Böhmen am Fastnachtsdienstag.)
(Grohmann, Apollo Smintheus, 36; Rochholz, Drei Gaugöttinnen, 188.)
»Aus einem über ein Jahrhundert dauernden Streit zwischen der
Universität Freiburg als Inhaberin der Stadtpfarrstelle zu Ehingen a. D.
und dem Rate der gedachten Stadt als Vertreter der niederen Kirchen—
diener ist uns eine ziemliche Anzahl von Aktenstücken überliefert, die
uns über die zur Fastenzeit im Pfarrhause zu Ehingen jeweils abgehaltenen
Gastereien von dem Jahre 1589 bis ins 17. Jahrhundert Beschreibungen
liefern. So heißt es unter anderem: »An der Herren Faßnacht braucht
man gewöhnlich ein ‚mütli Mehl‘ zu den Küchlein und uff diesen Tag hat
man zu Gast alle Priester und den Kaplan von Heufelden, den Schul
meister und Provisor; gibt ihnen ein gut Fleisch, Sulz, Gebratenes und
Küchle und wenn ein Priester krank ist, so schickt man ihm einen Braten
und eine Maß Wein ungefährlich. Aber in die Zech gibt man uff einen
jeden Tisch Käß und Küchle, Wein und Brot, dies bezahlend die Priester.«
»ltem uff diesen Tag kommen nach der Vesper auch die Schüler, denen
gibt man eine Suppe und Fleisch, Kraut, Sulz und Küchle und ziemlich
Wein dazu.« »An der rechten Faßnacht (Fastnachtsdienstag) nach dem
Nachtessen richtet man den Tisch in der untern und oberen Stuben. Und
was ehrbar Leut sind, heißt man hinaufgehen, aber das gemeine Volk
läßt man in der unteren Stube. Denen gibt man zu trinken und Küchle,
aber oben gibt der Pfarrer nach seiner Bescheidenheit.« Die Universität
nannte diese Ehingenschen Mahlzeiten einen großen Luxus.«
Den Fruchtbarkeitssegen der Kultzeitspeise wollte man eben allen
Bekannten zuteil werden lassen; daher werden selbst die Wirtshausgäste
mit solchen Fastnachtskücheln (und Krapfen) heute noch in der Pfalz,
Bayern, Schweiz, Tirol, Oesterreich und Elsaß regaliert; in der Schweiz
gaben selbst die Behörden unentgeltlich solche Küchlein ab. (A. f. Schw.
V. K., l, 183; E. W., II, 663.) (1588) Fastnachtskiechlin für das gesindt;
(1565) ouch muß ich (der Pfarrvikar zu Baden in der Schweiz) alle fass
nacht den schuelern allen das Kuechlin geben (I. eod.); 1466 gingen die
(Schweizer) Klosterkonventbrüder zu siebent in der Nacht aus dem
Kloster, »um Küchli zu reichen« (Schw. Idiot, III, 139) (= holen). Birlinger
(Sitten, II, 31) führt aus dem Jahre 1617 an: »Gegen deme (das heißt
einer Holzabgabe seitens der Herrschaft Königsegg) soll nun daß pfund
pfenning so ein pfarrherr bißhero den Kindern zue Moßkirch järlichen an
brott für daß Faßnachtsküchlin spendieren sollen, von der Herrschaft auf—
gehept sein.« Auch in Waldsee (Schwaben) wurden 1615 die Fastnachts—
küchlein verboten: »alß auch biß anhero mit Hollung der Fastnachtsküchle
41
vil unnützer unkosten offgewendt.« (Birlinger, S. ll, 60, 61.) 1620 holten
die Stuttgarter Handwerksgesellen bei den Kunden mit Musik ihre
Fastnachtsküchle (Z. d. V. f. rh. u. w. V. K., l, 196); dieses gemeinsame
Holen und Reichen von Kultzeitspeisen durch die jungen Leute, »unver
schanten Küchli reichen« (A. f. Schw. V. K., I, 183) — ein usueller Tribut der
Weiblichkeit an die ins Haus stürmenden jungen Burschen — dürfte ein
Überrest einer uralten Gepflogenheit aus der Zeit der Jünglingsbünde
sein (Schurtz, s. Blätter f. hess. V. K., III, 176), die ihr Analogon in den
Weiberzechen (Weiberfastnacht) haben; sie unterscheiden sich aber dadurch,
daß die Speisen in der Küche der Weiber geholt und geheischt werden,
ganz wesentlich von dem gegenseitigen Beschenken der Erwachsenen,
der ganzen Sippe mit den Gaben des neujahrzeitlichen Glückstisches
(tabula seu mensa fortunae). (S. Neujahrs- und Weihnachtsgebäcke.) Die
Statuta capituli ruralis Wurmlingani 1763 besagen: »Si in aliquis locis
vi consuetudinis aut potius desuetudinis parvulis ad doctrinam cate
cheticam obligatis distribui a parocho debent placentae vulgo das Fas
nachtsküchl, Fasnachtswecken etc.« (Birlinger, S. ll, 38); also besonders
der Pfarrherr mußte seinen Schulkindern dieses Kultzeitgebäck spendieren;
die Schulkinder möchten hier wohl als Substitute anderer Personen an
zusehen sein. In der Schweiz heischen um Fastnacht Vermummte,
das heißt wohl die Gestalten der Frühjahrsdämonen, ihre Küchli und
singen unter anderem: »Hä nacht ist die Fasenacht, wo me die Chueche
bacht, Bached mer au e Chueche, Lö mer si au versuche etc.« (Arch. f.
Schw. V. K., I, 187.) An andereri Orten in der Schweiz rufen die Kinder
in Nachahmung der Erwachsenen vor den Häusern: »Hosch, holle! hosch,
hollel gend ins e chlin Fastnachtchuechlil« (Schw. Id., ll, 115, III, 130);
auch der Ziegenhirt darf sich diese Hausspende holen und Burschen und
Mädchen regalieren sich gegenseitig; auch die Wirte laden ihre Gäste
zum Fastnachtsküchel ein. Der Klosterkellermeister gab den Ackerleuten
Fastenküchli und Weißbrot (I. eod.). In Ellwangen sangen die Kinder:
»Faßnacht, du alte Kuh, steck dein . . . mit Lumpen zu! Faßnacht, komm
morgen z’nacht, wann mein Mueter Küchlen bacht, d’ Kuechlen sindt ver
brannt, wärist bälder kommenl« (Birlinger l. c. ll, 31.) Die pfälzischen
Fastnachtsküchlich oder Küchelche werden erst gebacken um Sonnen
untergang; der Teig dazu wird flach gewälzt, dann rechteckig oder
rautenförmig (s. unten 8) mit dem Messer zerschnitten, dann im heißen
Fett (meist Öl, das durch rohe Kartoffelschnitten vom Ölgeschmacke be—
freit, gelöscht ist) gebacken. Bis sie gebacken sind, singen die Kinder:
»Ringele, Ringele, Rose -— Die Küchelich sind geblose — Wenn mein
Mutter kein Küchelich backt — Pfeif’ ich auf die Fasenachtl« Ist eine
Frau schwanger, so darf sie keine Fastnachtskuchen backen, denn alle
herausspritzenden Ölflecken kommen als Elbflecken (s. d. Verf. Krankheits
namenbuch, 887) bei ihrem Kinde zum Vorschein genau auf derselben
Hautstelle, wo das heiße Öl die Mutter getroffen hatte. (Grünenwald, 23,
24.) In den Dörfern bei Roßlau im Anhaltischen wurden die Bauern, die
42
vom Hause des Schulzen aus in jedes Gehöfte unter Vorantritt von
Musikanten zogen (einkehrende Dämonen), überall, auch in den Häusern
der Ärmeren, außer mit Wurst, Schinken, Bier und Branntwein auch mit
den obenerwähnten Eiserkuchen und anderem bewirtet. (Z. d. V. f. V. K.
1901, 76.) Der jeweilige Pfarrherr von Zabern Im Elsaß gab 1539 allen
Kindern seiner Pfarrei auf Fastnacht Lebkuchen (der sonst meist eine
Weihnachtsspende ist) (Alemannia, III, 189) und in Rapperswyl in der
Schweiz findet noch in dieser Zeit eine Anstellung von Lebkuchen und
Oblaten (Eiserkuchen) an die Jugend statt. (Schweiz. Id., I, 116) In Baden
holen sich die Kinder bei ihren Paten die Faßnetküchle und die Schüler
bringen sie von zu Hause ihren Lehrern mit (Meyer, B. V. L.); ähnliches
auch im Ansbachischen. (Deutsche Gaue, 105/6, S. 33.)
cunnagii; Grimm, W. B., VI, 2837 gibt mutz und mutze : vulva; 2838:
mutze eine Art feineres Backwerk, Nebenform zu mutsche 2802;
1362: Mutschler (Bäcker); 1435: Der Beck, den man nennt Mutschler.*)
15.Jahrh.: moycz : collyrida (D., l,132); 1470: mucidus: mochtzel, montzel
(panis) (D., l‚369); 1 491 : mit den motzenbeckern l : Mutzenbäcker, Mützschle
bäck) iß gelenglich halten vnd nit mit dem gewicht sondern mit dem augen
schin besichtigen (Kriegk, l, 574); es war also die Motze in Frankfurt a. M.
kein Alltagsgebäck, sondern ein nur gelegentlich in verschiedener Größe
hergestelltes leichteres Gebildbrot; 15. Jahrh.: mutschell : artocopus
(panis), ein vom Mutzenbäcker hergestelltes Gebäck (D. ll, 36); 1517:
mutschel = artocopus, spira (P) (D., I, 51, E. W., I, 742); 16. Jahrh.:
moitze, muntschel, mundschelle, mytzel = artocopus (D., I, 51, ll, 36);
Fig. '22.
.\Iutschcln nach der
Zeichnung im Codex
gerrnnn. monnc. 4413.
Fig. 21.
Nullen (Bonn), 7 cm lang, 5011 breit, ‘5;, cm dick; Fuuigmnnvl (Nornegen‘).
mutschällen = crustulum (Schw. Id., ll, 1488, IV, 602); 1518: dass nieman
af die zyt, so alle spil verbotten sind, soll mutschellen (rautenförmige
Hartkuchen?) noch lebchuechen schlagen (Kraftprobespiel), noch die in
zwei fingern tragen oder blinzligen werfen (die abgeschlagenen Teile
wurden verteilt oder ausgeworfen; durch den Genuß der so erhaltenen
Gebäckstücke sollten die Finger für dieses Schlagspiel im nächsten Jahre
gestärkt werden) (Schw. Id., III, 138); Elsaß: mytzel : artocopus; Bayern:
mutsche, mütschelin (Schmeller, I, 1700); 1531: mütschly brots : (rauten—
förmiges ?) Brot; 1555: ein piennigwertbrot oder mutschelen (Schw. Id., IV,
602); 1561: mutschelle (l. eod.); 1562: ein mutschli old spendbrod (l. eod.
600); 16. Jahrh.: mutschlin; 1578: mütschli = (rautenförmiges?) Brot,
*) Diese und andere Notizen verdankt Verfasser der Gefälligkeit des Herrn
stud. phil. E. Hohl in Stuttgart.
44
Quadrate geteilt ist (Stöber, 474); sie sind der typische Unterelsässer Fest
kuchen. (Geärard, 170.) Die Mutzen und Mutscheln sind in der Schweiz
sprachlich schwer zu trennen von den Mutschellen, Mutscheli*) (= Multer
scharre), welche formell ein einfaches rundes Laibchen darstellen, das ehe—
mals aus dem letzten Reste der Molterscharre dargestellt wurde; eine Reihe
von lautlich an letzteres sich anlehnenden Nebenformen sind: (schweiz)
Mötschlin, (tirol.) mutschallen, (Straßburg) mütschelin, (schwäb) mütschelein.
Ortsneckerei war es, wenn die Leute im schwäbischen Isny als »Mutschel—
fresser« bezeichnet wurden. 1'Bir1inger,W. B., 386.) Die kölnischen Mutzen
und Mändelcher (s. Fig. 21) sind deutlich rautenförmig; auch die im
Codex german. monac. 4413, F0l.175, der Münchner Staatsbibliothek
*) Daß das Volk unterMutscheln auch ein oben vierfach geteiltes pfaffen
käppchenartiges Laibchen (Multscheli) verstanden habe, ergibt sich aus dem
Namen des Pfaflenkäppchenstrauches, Evonymus europaeus, der »Mitschelinsholz
MuIschelle-, Mutschelle-‚ Mutschlinholz« in der Schweiz heißt. (PritzeI-Jessen, 149.)
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Fig. 25—26.
Rnuicnförmige Lebkuchen.
bereits ohne eine bestimmte Form gebacken, indem man einfach das
Mehl in das siedende Oel wirft d. V. f. rh. V. K., l, 214.)‘; so ver
kümmert sich der Volksbrauch. Die Lebzelter in Zell a. S. (Tirol) stellten
nach ihren Wappenbildern dieselben rautenförmigen, mit Mandeln belegten
Lebkuchen her, wie die Hamburger, deren Bäckerwappen ebenfalls rauten
förmige Mutzen (18. Jahrh.) aufweist. iSeyler, 54, 55, Tafel 65, Nr. 7,
Tafel 64, Nr. 5.) Die Dresdner »Kräppel« sind ebenfalls rautenförmig zu—
geschnittene dünne Teiglappen aus Schmalz gebacken, die ihr Name
»Kräppel« = Krapfen mit der Fastnachtszeit in Verbindung setzt.
Die obenerwähnte Volkssitte, daß sich die jungen Leute auf Fast
nacht gegenseitig mit den Symbolen der animalischen Fruchtbarkeit be
schenken, findet sich unter dieser verhüllten Form (Mutzen und Mändelchem
also noch angedeutet. Als Flecklein gehen diese kleinen, scherben
dünnen Teiglappengebäcke bis in die althochdeutsche Zeit zurück. Ahd.:
flekkelin : torta, kücho (Steinmayer, ahd. Gl., III, 213); 1460 ist flecki
mit artocopus (wie die Mutz s. oben) glossiert (D., ll, 36), dürfte also das
fleckenförmige Mutzengebäck des zünftigen Mutzenbäckers bedeuten. Der
bayrisch—österreichische »Eierfleck« ist ein mit Eierklar überstrichenes, in
Schmalzgebackenes, fleckförmig zugeschnittenes Gebäck (Eierplatz‘, das
ebenfalls im Frühjahre von den Mädchen in Niederbayern
und Österreich verschenkt wird (Höfer, l, 13; Bavaria, ll,
1, 262); in Wien heißt derselbe, wie schon erwähnt,
»Faschangfleck«.
9. Eine andere Form der flachen und eckig zu—
geschnittenen Fleckengebäcke der Fastnachtszeit sind die
dreieckigen (s. Fig. 27) sogenannten Hasenöhrl oder
Fastnachtsküchel A, die etwas schwerer zu deuten sind:
sie könnten sein:
a) entartete Mutzen (aus viereckigen Formen in
dreieckige umgewandelt);
b) Hasenohren, die als Teil fürs Ganze (Hasenopfer,
Fig. 27~ Hasenöhrl s. oben S. 29) gehen könnten; langgestreckte Hasenlöffel;
'Ohflhnymm c} die stillose Hammergestalt.
Mit dem christlichen Kreuzeszeichen kann diese dreieckige Form
nie und nimmer Zusammenhang haben, wie J. P. Schmidt, 105, meinte;
dieser erinnerte nämlich daran, daß Heinrich der Löwe, Herzog zu Sachsen
und Bayern, den zum Christentum bekehrten Wenden den Auftrag ge
geben haben soll, gewisse Formen des Brotes in Kreuzform Kreuz
brote bei der Abhandlung über Ostergebäcke, S. 14) zu backen, zum Bei—
spiel die slawischen Seelenbrote: »Die denn eben solcher Form halber
Wecken Ecken oder eckigte Broedte benannt wurden und sich von darab
biß noch jetzund sowohl ihrem Nahmen alß alter Gestalt nach in einem
feyerlichen Gebrauch, umb Fastel-Abend aus, behauptet haben.« Schmidt
(l. c. 1061 ergänzt diese seine Bemerkung noch damit, daß der Herzog
befohlen habe, das Brot in der Form,wie es zu Wismar und in anderen
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(E.\W~, ll, 528; Deutsche Gaue, 105/6, S. 33; Krauß: Anthropophyteia, H, 263.)
Als Phallusgebilde ist auch das (gallische) Rübengebäcke der Fastnachts
zeit zu deuten, das auch in Rom als pane piemontese figuriert. Bruyer.
(Comp., 405) schrieb (1560): »Qua apud nos aliquot dies ante jejunium
quadragenarium magna matronarum puellarumque hilaritate conflantur,
Buma*) vocant, a bimi forte hoc est napi (= Napa) figura« (vergl. Rüben—
zagel = Rübezäl); vielleicht zu: {äoovmt;= Ochsenfiesel; Rübe.
11. Wie naiv das Volk früher solche Fruchtbarkeitssymbole zum Aus
druck brachte, lehrt uns ein Blick in das Antwerpener Volkskundemuseum,
wo unter Nummer 564, 565 alte männliche und weibliche
Figuren, aus dunklem Roggenmehl (welches heute dort nicht mehr
verwendet wird) roh gestaltet, wie afrikanische Fetischfiguren, mit sehr
ausgeprägten (phallischen‘l männlichen und weiblichen (spaltförmigen)
Geschlechtsteilen, die sogar den behaarten Mons Veneris = Rhombus
Veneris zeigen, sich befinden. Das ist der Roggen—weht (Bursche) und
das Roggen-wijf (Mädchen), Gebäcke, die sich die Verliebten, wie Viel—
liebchen, in der Mittfastenzeit schenkten (Catalogue du Muse'e de Folk
lore 1907). Animalische und vegetabilische Fruchtbarkeit wurden stets in
Sympathie zueinander gebracht.
Sonst ist die Darstellung männlicher und weiblicher
Figuren aus Teig, die wir als Verkörperungen von Vegetationsdämonen
oder Hausgeistern (Fastnachtsbutzen) auffassen müßten, nach Analogie
der Niklas-‚ Weihnachts—, Ostertiguren in der Fastnachtszeit, nicht so
häufig zu finden, wohl deshalb, weil solche ohnehin im Volksbrauche
dieser Zeit in natura vorgestellt wurden und eine bildliche Wiedergabe
in Teigform nicht nötig hatten. Der Schweizer Küchlimann, ein
Züricher Fastnachtsgebäck in Gestalt eines Mannes (Schw. ld.‚ IV, 264),
ist vermutlich wie auch das zu Engste und Schwerte im Bergischen auf
Fastnacht gebackene und in Iserlohn zu Markt gebrachte Fastnachts—
weib (Z. d. berg. Gesch., V., Xi, 87) mehr eine Scherzfigur, mit der ver—
mutlich die Verliebten sich neckten (s. auch ersten Sonntag in der
Fasten).
12. Die südd. sogenannten Fa stn a c hts n u d e l n (Fig. 14—16) sind
nur lokal anders bezeichnete Fastnachtskiicheln oder die schon oben,
5.26, erwähnten Schuchsen. Bei dem Fastnachtslaufen und Maskeragehen
in Mittenwald (Oberbayern) figuriert nicht selten eine Küche, in welcher
zwei bis drei Metzen gutes Mehl als Kücheln oder Hefenudeln aus Schmalz
herausgebacken und verteilt werden. Auch die Lieblingsspeise der Knaben
»Eier in Schmalz« wird von den Masken bereitet und ausgeteilt.
(Baader, 362.)
13. Ein spezifisches Fastnachtsgebäck ist und war das Herz,
namentlich im Krainerischen und im Elsaß, wo die Mädchen ihren Burschen
als Zeichen ihrer Neigung (nicht die weiblichen Spottfiguren, s. oben 11)
*) Rolland, Flore populaire, führt dieses Wort unter Brassica napa nicht auf.
51
Nach Berlepsch, VI, 175, sind die Thüringer Hornaffen runde Weizen
mehlkringel der Faschingszeit, ähnlich den Königsberger Fastenkringeln,
deren 6 oder 12 aneinander zu einer Gebäckreihe zusammengesetzt
werden, so daß zwischen je drei ein dreieckiger Zwickel überbleibt, wie
zwischen drei Butzenscheiben. Man hört das Gebäck auch manchmal
»Hornachter« nennen. (Wenig, Handwörterbuch d. d. Sprachei 277.) Solche
Hornachter, in Erfurt (Fig. 31)‘ ein Fastnachtsgebäck, sind runde Ringe
mit Kümmel und Salz bestreut. (W. Hartmann, 828.) Am meisten Ähnlich
keit mit einem Doppelhorn (s. Fig. 32) haben die Krailsheimer Hornaffen.
(s. Fig. 34). Im Hessenlande, in der Gegend von Hofgeismar, Grabenstein
etc. backt man (zu Silvester?) auch Hornaffen aus einem gewöhnlichen
Kuchenteige, der aufgerollt und kranzförmig geformt wird; die Kranzenden
Heil. Geist—Spitals.) Pfeifers Germania, IX, 200, gibt aus dem Kloster
Tegernsee 1534 an: »äffenmmdt, äffenmnd, effmdt.« Das Salzburger Koch
buch (1719) hat bereits affelmund. (IV, 92.) Da »Mund« in Oberbayern
nicht volksüblich ist, so kann es nur ein entstellter »Affenmond« (Horn
affe) sein, das heißt ein mondsichelförmiges Horngebäck; allerdings ver—
gleicht das Salzburger Kochbuch das Schmalzgebäck mit einem falten—
reichen Bauerngekrös, was weder zu Mund (Maul) noch zu Mond stimmt.
Nach Anton (Gesch. d. t. Landwirtsch.‚ II, 270) erhielten die Klosterbrüder
in der Fastenzeit Mondbrote. Halbmond- oder sichelförmig gebogenes Brot
war schon im 8. Jahrh. ein St. Gallener Klosterbrot (»panis lunatus, in
lunae modum factus«, Heyne, II, 278); (1090: panis novus in modum lunae
factus, Kindlinger, II, 56, Anton, II,"_270.) In Bayern-Oesterreich macht der
Mond ein Kipfel (zu Iat. cippus, hornartig gekrümmt; mhd. kipfe);
13. Jahrh.: »do brachten im de pecken chipfen und weize flecken«
(Perger, VI); 1432: chiphf = colifa (Fromm, IV, 295); 1685: kurze, krumpe
und gerade Kipffel. (Abraham a St. Clara, I, 10.) Aus diesen Belegstellen
erhellt, daß die österreichisch-bayrischen Kipfel oder Hörnl auch als
Mondsichel, Mondhornform gedeutet werden könnten. Auch in der Schweiz
gibt es auf Fastnacht hornartige Kipfel. Das Doppelkipfel ist der Hornaffe
und dieser ist also wahrscheinlich ein Mondsichelgebäck für den doppelt
gehörnten Dionysos-Bacchus, der vielleicht als menschenähnlicher (Affen—)
Götze verspottet wurde. Weshalb Dionysos ein solches Doppelhorn trug,
diese Frage zu beantworten würde zu weit abführen; nach aller Wahr
scheinlichkeit, ja fast gewiß, darf man dasselbe als Mondhorn deuten.
Wie sehr auch diese mondsichelförmigen Hörnchen in ihrem mittleren
Teile ausarten können, lehren die neapolitanischen Formen, bei welchen
dieser blasenartig vergrößerte mittlere Teil die Hauptsache wurde, während
die beiden Gipfel fast geradegestreckt verlaufen (s. Fig. 35).
Fig. 35.
Nenpolimnisches Kipfnlbml, 44 cm lang.
15. Wir finden auf Fastnacht sowohl das ganze Hirschtier als das
Hirschhorn. (In Analogie zum Hasen und Hasenlöffel.)
In Soest in Westfalen gibt es (nach Woeste, 100) den sogenannten
»Hietsebock«‚ »Hertebock« = Hirschbock als Fastnachtsgebäck (Z. f. rh.
u. westf. V. K., II, 161), das nur noch den Namen, nicht aber die Form
desselben trägt.
In Zell a. S. (Tirol) haben die sogenannten »Faschingflecken« die
ganz deutliche Gestalt eines Hirsches; auch manche Klostergebäcke tragen
auf dem rautenförmigen (s. oben S. 44) Lebkuchen einen Hirsch (s. Fig. 23).
In der Schweiz gibt es auch auf Fastnacht
sogenannte Hirschhörnli, (Pars prototo), (siehe
Fig. 36,). ‚ '
Wie schon in früheren Abhandlungen,
so möchte Verfasser auch hier das Gebild
brot als Stellvertretung des Hirschopfers
auffassen; wenn letzteres auch nicht gerade
für die Fastnachtszeit nachgewiesen ist, so
kann das Gebäck doch an manchen Orten
auf diese Zeit übertragen worden sein. Da
wir in den Ausdrücken für Bäckertechnik
Fig. 36. und Gebäcke vielfache Überbleibsel aus der
Antike übernommen haben, wäre das heutige
d:uBadeuer Kräweli ist die Hälfte, <i..w„‚ Hirschgebäck auch als ein solches annehm
bar. Die Dionysien wurden in Griechenland
im Hirschmonate Elaphebolion*) (März) abgehalten. (Schneider, l, 384.) »Es
wurden der Artemis Elaphebolos Hirsche geopfert, die als Kuchen in
Form eines Hirsches zu verstehen sind.« (Nilsson, 224.)
16. In der alten Salzhandelstadt Lüneburg, woselbst noch zeitweilig
am Fastnachtsdonnerstag das altherkömmliche, schon seit 1273 bezeugte
Köpe- (= Kufe-) Fahren stattfindet, gibt es eine Kollation der patrizischen
Sülzmeisterfamilien (unter anderem Nürnberger Lebkuchen auf Kosten
des jüngsten Sülzmeisters). Die Schüler zogen dabei mit grünen Buchs
baumzweigen in die Wohnung der Patrizier, wo sie Geschenke erhielten.
Die Sülzknechte holten sich in der Abtei St. Michaelis als
ihr Gesinderecht Kreuzbrote aus Semmelteig, welche dort
Fastnachtskubel hießen (s. Fig. 37). (Gefällige Mit
teilung von FräuJustizrat Gravenhorst; vergl. dazu Scheible,
VII, 817.) (15. Jahrh.: cupa est vas in quo reponitur sal
apud salinas, ein chuffe.) Vielleicht erinnert dieses Kufe
fahren auch an das Schiffahren (carro navale) der Faschings Fig. 37.
zeit und an den Salzsegen der Erdengöttin; die Form der F:i.<inachiskubeloder
l\lnttlers- (4 Pfennlg-)
Fastnachtskuben aber weist auf die kommenden Oster— Kube,(mmburg)_
gebäcke (Kreuzbrote) hin.
17. Daß die Faschingsbrezeln eigentlich nur Fastenbrezeln
sind, haben wir in unserer Abhandlung über das Brezelgebäck schon
dargelegt. Da die Fastenzeit in das Frühjahr fällt, so ist die Fastenbrezel
auch ein Zeitsymbol des Lenzes, wie das Osterei in der Osterzeit. Das
Erscheinen dieses Gebäckes der Buß- und Trauerzeit nach den Orgien
des Faschings war fast ein Volksereignis. Wurden doch die Frankfurter
*) Ende März, am achten Tage des Monates Elaphebolion, wurden die dem
Arztgotte Aeskulap zugewandten Asklepiaja gefeiert, wobei diesem Arztgotte Götter
speisen auf Opfertischen aufgetragen wurden. 'Janus 1904, IX, 610.) Der Hirsch als
langlebiges Tier wurde auf Kuchen gleichsam ein Wunschsymbol, ein Symbol des
ewigen Lebens.
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Reiter, die den Kaufleuten mit den Waren der Ostermesse das Geleite
gaben, mit den ihnen unterdessen entgangenen Fastenbrezeln, das heißt
durch eigene Geleitsbrezen entschädigt. »Der Brezenbäcker ist in Preß—
burg noch ein letzter volkstümlicher Rest mittelalterlicher (P) Faschings
Iust. Noch 1845 ging der hausierende Brezenbäcker herum mit einem
Gurt über und über mit gemachten Blumen und flatternden Bändern ge
schmückt. Sein Krätzenkorb war lustig mit (bayrischen) Farben weiß und
blau bemalt und mit Bändern geschmückt; ebenso bemalt war seine
Stange, auf der er seine Brezen so wie in der Krätzen trug; er lief, lustige
Possen reißend, von der Straßenjugend bewundert und geneckt, mit
hurtigen Sprüngen nach ihr aussehlagend, mit einer kleinen Trompete
sich ankündigend (wie der Verkäufer der Hetwecken im Vlämischen), in
der ganzen Stadt herum, eine phantastische, erfreuliche Erscheinung;
gegenwärtig ist er bereits langweilig geworden und widerstehend; an—
ziehend war ehedem aber die fröhliche Erscheinung des Bäckers (mit den
neuen Brezen), auch die Brezen schmeckten zehnmal besser.« (Schröer,
39 ff.) Der Krätzenkorb erscheint hier als Gabenkorb, wie bei anderen
winterlichen Volksfesten und auch bei den Figuren der Gebildbrote der
betreffenden Zeit. In der weniger bemittelten sogenannten Steinpfalz
(Schwarzachtal) holt am Fastnachtssonntag der Bursche sein Mädchen
»zu den Brezen«; da »hackeln« sie dann Berge von solchen Gebäcken
aus, um zu erfahren, wer das Kreuz (die kreuzweise geschlungenen
Spiralenden) und damit die Herrschaft im Hause bekommt. (Bronner, 96.)
18. Sonstige Lokalgebäcke der Faschingszeit sind:
a) Die Schweizer Mumpfer- und Zigerkügeli, apfelgroße, kugelige
Kücheln mit süßer Quarkfüllung (Ziger : Quark : Topfen) (Schw. Id.,
III, 190); die aus dem Dorfe Mumpf (Aargau) waren besonders beliebt
(l. eod), es scheinen Krapfen (s. oben S. 34) zu sein.
b) Die Schweizer tröllte Chüechli, gerollte Schneckennudeln; es
ist etwas Ähnliches wie die Bremer (1339) Krullekocken; sie heißen auch
KroIl—, RoII-, geröllte Küchlein (Schw. Id., I, 414, III, 131; SchilIer—Lübben,
II, 582, 399); mit dem rollenden Wellholze anstatt des Krulleisens*)
wurden solche Gebäcke aufgewickelt; der Hamburger Krullkuchen
war 1650 ein Hochzeitskuchen, ein Festgericht, das zum hochzeitlichen
Abendtische erlaubt war. Der Ratskuchenbäcker stellte sie her; es war
ein zylinderförmig aufgerolltes Waffelgebäck, mit dem Hamburger Stadt
wappen versehen. (Geschichte der Familie Lorentz-Mayer, 1902, S. 29 ff.)
c) Die schlesischen Knudel (Simrock, 549) : Nudeln (s. oben 12).
Wenngleich nach Kluge “, 285, für Nudel ein eigentliches Etymon fehlt, so
dürfte doch ein solches in vorgerman. gnet : kneten liegend vermutet
werden; nodus = Knoten; isländ. knoda = rhombus glomus; schwed.
knoda an, hnudla; dän. nudler; ndl. knuideln; ahd. neodel (neodes) crustula
orientales vocant genus panis, quod nos vocamus neodes (Steinmayer, IV,
595); engl. neodles; 1590 nudel (Fischart), franz. noulet; nouille ist
deutschen Ursprunges. Die Nudel ist ein aus geknetetem Teig hergestelltes
Gebäck ohne besondere Form.
d) Die dänischen »Faste I av n sbo l l e n« sind ballenförmige heiße
Wecken.
e) Die Schweizer Ch ru chtele (Schw. A. f. V. K., I, 183; Schw. Id.,
III, 786); verschieden geformtes, geknicktes, gekrümmtes, auch hutartiges,
dünnes, zerbrechliches Weizenmehlgebäck, welches mit etwas Branntwein
(zur Erhöhung der Knusperigkeit) in heißer Butter gebacken wird.
f) In Oberkirch im badischen Renchtal gibt es Strau b e n, »Strüblen«
genannt, ein struppig sich aufrollendes Gebäck. (Alemannia, IX, 1881, 41.)
g) Die Glarner Torte, ein Frühlingsgebäck in Pastetenform, das
am Fridolins-Tage (6. März) und am Fastnachtstage in Glarus üblich ist.
Die alten Leute begrüßen an diesem Tage die hinter dem
Glärnisch zuerst hervortretende Sonne durch Aufstehen und
Hutabziehen. (Schw. A. f. V. K., III, 63.)
11) In Rosenheim (Oberbayern) werden am Fasel-Met
Abend beim Schön— und Stärktrunk sogenannte Schifferl
Fig. 38‚ (rautenförmige, sehr kleine Lebkuchenfleckchen [s. Fig. 38]) aus
geworfen (= Konfettiwerfen der Italiener, nuces projicere der
in Rwenlorm Römer), ein Frühlingsbrauch zu Fruchtbarkeitszwecken (s. oben
“”’°“‘“""“" Raute, S. 43).
z‘) Wenn in Mainz um Fastnacht der Rhein zugefroren ist, gibt es
dort B u b e n s c h e n kel (s. Z. d. V. f. V. K. 1902, S. 432), welche dann in
Kastel geholt werden; sonst haben die Bubenschenkel mit der Fastnacht
keine Beziehung, sondern mit dem winterlichen Neujahr; die lange Dauer
des Winters erklärt dann auch das längere Bestehen dieses Knauf
gebäckes, über welches wir schon früher in Z. d. V. f. V. K. 1902, S. 430,
gesprochen haben.
E Fastnachtsmontag. Faschingmontag. Luzern: Güdismäntig,
Güdelmuntig, Gügelmantig (Scheible, VII, 801); Schweiz: Blockmontag,
wegen des Appenzeller Blockfestes mit Blockumzug (Schw. A. f. V. K.,
XI, 253); Hirsenmäntig, wegen des Hirsebreies und der Hlrsenribli; Böggen
mäntig (s. oben S. 29); Sprengmäntig, Gigermäntig (Geigen- oder Tanztag);
chliner Heumüeterlitag (Heupuppe) (Schw. A. f. V. K. 1907, XI, 242); im
Elsaß: Eglesenmäntig (ecclesia?), an diesem Tage herrschten die Weiber
und gingen allein ins Wirtshaus (E. W., ll, 661); Hirztag (wegen des
Hirsebreies); in Baden: Schurtag, Hirsemontag,Weiberfastnacht; in Öster—
reich: feister Montag; in Bayern: guter Montag, blauer Montag, Fraß
montag, unsinniger, schmalziger, feister, damischer, 'I‘orkeI—, Fliegen-,
Geilmontag, Narrenkirchweih (Metzgerbrunnensprung in München‘; in
Nordd.: Fraßmändag.
In England hieß 1790 der Fastnachtsmontag auch Collop-Monday,
angeblich wegen der an diesem Tage üblichen Fleischschnitten (= collop?
zu lat. colponere = schneiden?) (Hazlitt, I, 141), auch Handsel-Monday.
59
Meist sind die älteren Volksbräuche, welche mit der Würde eines
heiligen Sonntages sich nicht vereinen, auf die folgenden Wochentage verlegt.
Daß auch an diesem Tage der Hirsebrei üblich war, ergibt sich schon
aus den Bezeichnungen desselben. Der Entlebucher »Hirsenribli«, der von
den Mägden zerriebene, mit Mehl abgeknetete, geröstete Hirsebrei war
1454 der Name für ein ländliches Fest dieses Tages (Schw. A. f. V. K.,
III, 36, 1902, 30); er läßt sich vergleichen mit dem altgr. «Evr‚aorov rö Acovöoou
ä’p,’:pm(i~oi, ein Frühstücksgericht (Breizerreibsel mit aromatischen Gewürzen
vermengt), welches die Schauspieler beim Dionysos—Feste erhielten. (Lobeck,
Aglaophamos 1070.) Schauspiel und Tänze hatten sich aus den religiösen
Festen entwickelt; die Kultspeise durfte dabei nach alter Tradition nicht
fehlen.
Bei der Gildenwahl in Göttingen am blauen Montage gab es S p e c k
küchlein zum Frühstücke (Hess. Bl. f. V. K., III, 90), eine Abartung des
älteren Festgerichtes.
Bei Rastatt in Baden wird ein großer verzierter Kuchen auf einer
Wiese an diesem Tage ausgetanzt (Meyer, B. V. L., 187), welcher Fast
nachtstanz vermutlich aus dem Kultreigen der Frühlingsfeier sich ableiten
dürfte; so holen sich auch in Birsek (Schweiz) die Tänzer vom Fastnachts
montag ihre Küchlein bei ihren Tänzerinnen am Sonntag nach Ascher
mittwoch, nachdem das lenzliche Fastnachtsfeuer niedergebrannt ist.
(Schw. A. f. V. K., III, 229.) In Conches (Valle de Conches, Schweiz) holen
sich am Karnevalsmontag, »Geigermontag«, die jungen Leute, die getanzt
haben, ihre Philippinchen in Gestalt eines Kuchens (l. eod. V, 286.)
Am Montag vor dem Fastelabend zogen die Jungen von
Heidenheim von Haus zu Haus und erbaten sich singend Stroh für das
Hagelfeuer, in welchem eine Mannsfigur mit einer lebenden Katze (Vege
tationsdämon) verbrannt wurde; ähnlich im Elsaß. (Sloät, 8 ff.) In Stralsund
hieß derjenige, der den Winterdämon (Katze) tötete, durchwegs der »Katzen
ritter« (vergl. den Drachentöter Ritter Georg); dazu hatten die Steiermärker
den sogenannten Radtanz, der in Oberbayern das Mühlrad heißt; bei
letzterem drehen sich—die Burschen, die ihre Fußabsätze gegen das Zentrum
gegenseitig anstemmen, in einem rasch wie ein Mühlrad sich drehenden
Reigen, wobei sie sich gegenseitig exzentrisch mit den Händen fest—
halten. Mit diesem sicher das Sonnenrad symbolisierenden Radtanze hängen
wohl auch manche Rädergebäcke zusammen, welche wir schon bei
den alten Römern finden können. »Summanalia liba farinacia in modum
rotae ficta.« (Festus, 348.) Der auf einem Donnerwagen fahrende Blitz
und Gewittergott Summanus (= sub mane, vor dem Morgen) wurde aber
erst am 20. Juni mit Opfern von schwarzen Widdern gefeiert. (Friedreich‚
93.) Auch die Griechen hatten «piloiq rpoy_iaz, einen der chthonischen Ceres
dargebrachten radrunden Opferkuchen, der gleich unserem Opferschmaus
communaliter verzehrt wurde. (Lobeck, Aglaophamos, 1074.)
Radgebäcke fehlen aber in der deutschen Fastnachtszeit ganz;
sie treten erst auf Pfingsten deutlicher auf.
60
mußten aber es selbst beim Pfarrer abholen (Schw. Id., III, 140); die Kult
stellung des Gode ist hierbei getrennt. »Zu Zeiten des 1833 verstorbenen
Pfarrers W. in Fulgenstedt in Baden bekam jedes Kind der Pfarrei bis zu
seinem 14. Lebensjahre am Fastnachtsdienstag das obligate große Küchle.
Alles, was lebte, ging ins Pfarrhaus oder wurde getragen. Andere gewisse
Leute bekamens nach Hause.« (Birlinger, S., II, 39.) Geiler von Kaisers
berg (1510) schreibt: »Und am zinstag so lauffen sie (in Straßburg) zu
der burger hüsser, die selbigen begossenen hunigküchle zu essen. Sich
aber zu, du hussmann, der sein weib und töchteren Iat also das Küchle
holen, das inen nit der buch davon geschwelle, das sie mitt dem kindle
werden gön.« Fischart (1582) schreibt: Die Magd zeucht des Knechts
hosen an, suchen Küchlen (s. oben Mutzen) inn der Mägdkammer, ja suchen
Küchlein über dem Tisch, da man die Schuh unter das Bett stellt, da
gibts dann über ein Jar Mal— und Milchschreiling. (A. f. Schw. V. K, I,
132.) In der Grafschaft Mark werden am Fastnachtsmontag die Manns
leute, am Dienstag die Frauleute in die nackte Zehe gebissen, worauf die
Gebissenen Wein und warmes Gebäck spenden. (Simrock, D. M., 526;
Straßburger Post 1900, Nr. 166.) In Pottschach (Semmeringgebiet) ziehen
die kostümierten Knaben von Haus zu Haus und sammeln Gaben, die
zum »Burschenmahlerl« verwendet werden. (Z. f. Ö. V. K. 1896, S. 197.)
In der Roßlauer Gegend (Anhalt) zieht ein Zug von Haus zu Haus, wo
selbst in den Häusern der ärmeren Leute ein Tisch mit Eiserkuchen
etc. besetzt ist; die gesammelten Gaben werden auf die Schüttegabel ge
steckt. (Z. d. V. f. V. K. 1896, S. 435.)
Die an diesem Tage im Vlämischen üblichen Pankoecken (Pfann
kuchen) sind ein krapfenartiges Schmalzgebäck. Die Kinder singen an
diesem Tage:
»Gheeft my den panckkoeck uyt de pan, ho man, ho
De Vastelavondt die komt an, so myne Heer, also.« (V. K.,Xl,175.)
In Oxfordshire the maids, when they have put themselves into the
fit posture, say thus:
My granny is sick and now is dead
And wee’l goe mould some cockle-bread
Up wth my heels and down with my head
And this is the way to mould cockIe-bread.
(Dann kommen keine Mäuse in die Scheuer, weil die Speiseordnung, das
heißt der Tribut an die Fruchtbarkeitsgeister, eingehalten wurde.) (Groh
mann, Apollo Smintheus, 38.) An anderen Orten Deutschlands beschmiert
man mit dem Krapfenfett die Ackerpflugkeile. In Nieder-01m (Rheinhessen)
gehen am Fastnachtsdienstag die Kinder (an Stelle der Burschen) von
Haus zu Haus und heischen Kräppel, wobei sie singen: »Die Pfanne
kracht, die Kräppel sein geback’, heraus damit, heraus damit, ich steck’
sie in den Sackl« (Hessische Blätter f. V. K., V, 158.) Im sächsischen
Erzgebirge sammeln am Fastnachtsdienstag besonders in Bockau und Um
gebung die drei— bis zehnjährigen Kinder in kleinen Abteilungen Kräppel
(und Brezen) ein, die sie an einem langen hölzernen Spieße aufstecken,
bis der ganze Spieß bis zur Spitze besteckt ist (Abbildung s. Garterilaube
1905, S. 160), man heißt es »Spießrecken«, in Treuenbrietzen »Karrideln«
(zu karine = caräme, Fastenzeit?)
4. Im Böhmerwald werden die schon oben (S. 33) erwähnten
Faschingszelten und -Flecken als Zeitgebäck dieses Tages her—
gestellt. (Schmeller, II, 845.) Talkenförmige Nudeln, eine fette, zähe Mehl-.
speise (sogenannte Wacker) aus Semmelschnitten, Eiern, Milchquark
(Wakke) und Gewürz gibt es dort ebenfalls an diesem Tage. (Z. f. Ö. V. K.
1904, 218; Schmeller, II, 845.)
In England buk man nach dem sogenannten Fastelabende auch
Kreuzbrote (cross—buns*), runde Brotlaibe mit einem Kreuze darauf,
ein christliches Totenbrot, welches wie die Brezel an die christliche Buß
und Trauerzeit in der Fasten (III) erinnern dürfte. .
Zu erwähnen wäre noch, daß am Fästnachtsdienstag in Rapperswyl
(St. Gallen) das Rathausessen stattfindet, wobei auf Kosten der Gemeinde
Brödli und N ü s s e durch die Fenster ausgeworfen werden (St. Gallen, 627),
wie man auch in Oberbayern in den Methäusern sich mit Schifferln
(rautenförmigen kleinen Plätzchen, s. Fig. 38) gegenseitig bewarf. (Frucht—
barkeitsopfer an die Windgeister.)
Wenn wir nun die Gebildbrote der eigentlichen Fastnacht (II) über
blicken, so muß uns (abgesehen von dem indogermanischen Hirsebrei)
auffallen für diese Zeit:
1. Das Bevorzugen der heißen und fettreichen
Pfa n n e n ge b ä c ke, die namentlich früh n üc hte rn verzehrt zu werden
pflegen, nachdem ein Signal wie bei einer Kulthandlung gegeben
worden war. .
2. DasZurücktreten derHoniggebäcke, der süßen Gebäcke
überhaupt, welche mehr in der voraufgegangenen Neujahrszeit zu treffen
sind, in der allein auch der Glückstisch mit Bescherung aller Sippen—
genossen üblich ist.
3. Das Fehlen der Eier— (Safran-)Gebäcke,die derfolgenden
Osterzeit eignen, und der Hakenkreuzgebäcke (Glückssymbole‘,
die mehr zum Neujahr sich häufen.
* “) *Gefallige Mitteilung von Herrn Dr. Feilberg.
65
III. Fastenzeit.*)
Aschermittwoch, Fastnachtsmittwoch, Quatembertag,
Tempertag, Caput jejunii; altnord.: oska-Odinsdagr, aske—onsdag; mhd.:
aschtac; 1448: aschedach; 16. Jahrh.: an der aescherigen Mittwochen,
estrichte mittewochen, heschichte mittwochen, eischtag, eistag; Schweiz:
Bschuri-Mittwoch, Schurtage, AschIi-Mikte; Elsaß: Schurtig (Scheuertag);
Allgäu: Küchletag; Rheinland: Machertag (reinemachen); Pfalz: Alte Weiber
fastnacht; Antwerpen: Kreuzchentag; England: Ash-Wednes—Day, Ember-,
Imber-, Ymbre-Day : Quatembertag; die Volksetymologie stellt das Wort
zu embers : heiße Asche und meint (»bycause that our elder fathers
wolde on these dayes ett no brede but cakes made under ashes«‘, daß
man nur Aschkuchen an diesem Tage zu verzehren pflegte; die Quatember
tage (dänisch: Tamperdage; altnord.: imbrudagr; Liebrecht, z. V. K., 312)
hießen früher auch Temperfasten, Wichfasten. Die Laxatio carnis und
Carnisprivia war eine sogenannte gebundene, verbundene, geschlossene,
das heißt für Heiraten verbotene Zeit. Über das Bestreuen mit Asche an
diesem Tage (Unkenntlichmachen vor den Totengeistern) s. Liebrecht, 512,
408. Sebastian Frank (1534) schrieb in seinem Weltbuche, Fol. 131 a. l.:
»Auff disen Tag der aescherigen Mitwoch leyten sy die fasten ein mit
großer mummerei, halten bancket und verkleyden sich in ein sunder
munier. Etlich klagen und suchen die fassnacht mit fackeln unnd latern
bei hellem tag, schreien kläglich, wo die Fassnacht hinkummen sey . . . .«
Diese Züge im Volksbrauche erinnern an die Totenklage.
Es ist hier zu betonen, daß trotz Einführung der vierzigtägigen
Fasten vor Ostern die Volksgebräuche immer noch eine, wenn auch ab
blassende, so doch sichtbare lenz-, beziehungsweise fastnachtszeitliche
Färbung trugen und noch tragen. Die heiligen vierzig Tage (1275) waren
wohl die Tage des Fleischabbruches und der Enthaltung beim Essen,
aber nicht die des Hungerns. Mit dem Aschermittwochtage trat man in
dieselben ein: intrans quadragesima, caräm entrannus (careme entrant),
1278: kerrine (carena, karina, D., I, 475; dazu vielleicht das oben, S. 64,
erwähnte karrideln); engt: Ient (Lenz) == Fastenzeit und Frühling. Nach
der Reformation war aber besonders in der Schweiz der Aschermittwoch
ein antirömischer Hauptbelustigungstag, an dem auch die Weiber teil
nahmen (Weiberfastnacht; Schw. A. f. V. K. 1898, 229) am Aschermittwoch
mahl. (Schw. Id., IV, 165.) Sonstige Faselnachtgebräuche des Volkes am
Aschermittwoch waren: Das Verbrennen, Erschlagen, Begraben, Vernichten
der abgelaufenen Zeitverkörperung; Katzenverbrennen in Westfalen, Tod—
verbrennen in Hessen, segare la vecchia, oder il resgiar la veglia in roma
nischen Gegenden, wobei vielleicht auch Spuren eines alten Menschenopfers
wenigstens in symbolischer Form sich fortfristeten. (Z. d. V. f. V. K. 1893,
371; Schw. Id., l, 765; Nilsson, 467.) In Wien fehlte es in der seit 1748
dort abgehaltenen Faschingsdienstagredoute nicht an Anspielungen auf
den Tod; es erschienen vier Damen mit Totenmasken, von denen jede
eine Fahne in der Hand hielt, auf der ein an den Tod erinnernder Spruch
geschrieben war, auch humoristisch gefaßte Partezettel mit Trauerrand
wurden ausgegeben. In der Nacht zum Aschermittwoch bildet sich auf
der Riva zu Venedig ein grotesker Trauerzug, in dem alle Klassen und
Typen in Karikaturen vertreten sind. Von einer mit Röhren, Scherben
undStöcken ausgeführten Schauermusik begleitet, umschreitet er den
Markusplatz und zieht nach der Piazetta, wo der Karneval zwischen den
berühmten beiden Säulen feierlich verbrannt wird.
Der Fleischgenuß an diesem Tage kann nur als eine Opposition
gegen das Papsttum genommen werden. Dann wurden Fastnachtsgebräuche
absichtlich fortgesetzt, zum Beispiel das Augsburger Ochsenschlachten,
67
*) Sein Mullhaufenwerfen deutet an, daß jemand stirbt (Kreis Minden). (Z. d.
V. f. rh. u. w. V. K. 1907, S. 270.)
5*
68
dieser Zeit ein Knochengebäck, gli ossi; dazu kommen die englischen und
niederländischen Kreuzbrote (s. oben S. 56,64), die Trauerringe, Trauer
handschuhe etc; ist es da nicht ganz erklärlich, wenn auch gesalzene
Teigringe (Brezeln) als Trauer— und Bußsymbole erscheinen? Wenn die
Fastnacht »begraben« wird, so erscheint auch keine ansteckende Krankheit
(Vernaleken 197). Die verschiedenen Sitten im Allgäu und Baden in
dieser Zeit zeigen, daß der auch dort verbreitete Brauch des Fastnacht
begrabens ein symbolisches Menschenopfer darstellt. (Z. d.V. f. V. K. 1903,
371.) »Es würde mich nicht wundernehmen, wenn der Ritus des Begrabens
der Fastnacht die Ablösung eines ehemaligen Menschenopfers wäre«
(Nilsson, 467); dann wäre das betreffende Opfer gleichsam ein Sünden—
bock (empuotzög), mit dessen Tod von den Sippen Seuchenfreiheit erhofft
wurde. (Frazer, The golden bough, III, 3, ä 15). Einen ausgesprochenen
Totenkult haben auch einige Bauerndörfer in Deutschböhmen (nach John:
Sitten, 40 ff.; Egerland, 1., 39) bei der sogenannten schönen oder goldenen*)
Stunde, in der die sogenannte »Preß« am Fastnachtsdienstag üblich ist,
das heißt ein Totentanz der Sippe mit Lichtern, gewiß ‚ein sehr alter—
tümlicher Zug.
Dazu kommt noch der von Saupe (Ind. superst., S. 9) mit Recht in den
Vordergrund dieser Frage gestellte Nr. 3 des Indiculus (9. Jahrh.) »De spur
calibus in Februario«, der einen solch öffentlichen Totenkult ausdrücklich
zu verbieten scheint, nachdem in Nr.1 und 2 desselben Indiculus unmittelbar
vorher von den Gebräuchen des privaten Totenkultus gehandelt wird.
Dieser Totenkult in der Frühlingszeit würde aber dann in erster Linie
nicht auf christlichen Ursprung gehen, sondern auf einen heidnisch
germanischen; er wäre eine uralte Beigabe zur heidnisch—germanischen
Vegetationsfeier, die mit Kultreigen, Totenpflege, Tagfasten etc. verbunden
war zum Zwecke eines sympathischen Zaubers auf die dem Boden an—
vertraute Saatbestellung der Felder; denn diese und die Kindererzeugung
wurden von primitiven Völkern stets als gleiche Werdegänge angenommen
und die Herstellung des Brotes, der Backprozeß, mit der Menschen—
erzeugung verglichen. (S. Verf. Krankheitsnamenbuch, S. 24, 423, 452.)
Durch den Zauber der Sympathie oder Analogie wollte man den einen
wie den anderen Vorgang beeinflussen; man ergab sich zeitweilig dem
freien Geschlechtsverkehre und enthielt sich zeitweilig desselben; man
fastete geschlechtlich, um auch die Ackersaat zu begünstigen, das heißt
zu sichern, und man trug das sy_*i,p.ov. Öwöpüw durch die Felder, um so diese
zu befruchten, man enthielt sich der leckeren Speisen zugunsten der
Totengelster, um sich vor Seuchen zu sichern und um Fruchtbarkeit zu
erlangen. Der Vergleich der Bodensaat und Menschenerzeugung und der
Analogiezauber, der dabei betätigt wird, sind sicher ein relativ jüngerer
Völkergedanke; weit älter noch war das Fasten zum Zwecke der Seelen
pflege; von der Huld der Seelengeister hing ebensowohl die vegetative
wie die animalische Fruchtbarkeit ab; mit dem Ackerbau erst drangen
*) V;g~ den Ausdruck »Goldfasten« für die kirchlichen Fasten nach Fastnacht.
71
man aber immer mit einer gewissen Ehrfurcht vornahm. Die Ehrfurcht
erstreckte sich auch auf das Althergebrachte, namentlich im Kult der
der Fruchtbarkeit und dem Ackerbau vorstehenden Gottheiten, die sich
aus den chthonischen Gottheiten entwickelt hatten. Mit der ehrfurchts
vollen Andauer des Totenkults (Trauerfasten) erklärt sich auch der Fort
bestand mancher Totenopfer in der christlichen Fastenzeit, welche aus
älteren Zeiten symbolische Totengebäcke als Trauerbrote, Buß- und
Sühnebrote, die zu Heilbroten wurden, forterhielt, so vor allem das Opfer
der Schmuckringe*) (Brasselett) in abgelöster Teigform (Brezel), worüber
wir in unserer Abhandlung »Das Brezelgebäck« (Archiv f. Anthropologie,
III, 1904, S. 94) eingehend uns ausgesprochen haben und worauf wir hiermit
verweisen müssen.
Als Fastenzeitgebäcke, Gebildbrote der Frühlings- oder Goldfasten
vor Ostern, treten sie im Volksbrauche der letzteren Zeit nur mit dem
Aschermittwoch auf. Mit dem Sonnenrade haben die Brezeln keine Be
ziehung.
Eine Besonderheit der christlich-germanischen Fastenzeit ist das
Fasten mus: (1290) legumina, quod vulgo sonat vastmüse; (1335) vaß
mues (Argovia, V, 62); (1446) vasmis, vaesmus (Schw. Id., IV, 491); (1459)
fastmüser. (Schmeller, I, 1675.) Für die Kost der Fastenzeit war der Legu
minosenbrei das Hauptmaterial; kirchlich waren auch die Früchte von
Ölpflanzen (Hanf) vorgeschrieben; man suchte um Dispens des erlaubten,
aber fremden und teuren Öles nach; der Dispens ward in den sogenannten
Butterbriefen gegeben (Lammert, 23), weil diese gegen Leistung des so
genannten Butterpfennigs (J. P. Schmidt, 35) die Erlaubnis gaben, Butter
an Stelle von Öl zu verwenden in der Fastenzeit. Das klösterliche
Fastenmus (Vastmues), wie gesagt, eine Speise für das strengere Bann—
fasten, bestand im Chiemseer Kloster bis in das 12. Jahrh. hinein aus
8 metrete papaveris (Magsamen, Mohn), 1 modius fabe (Bohnen) et pise
(Erbsen). Das Fastenbrot wurde auch mit Honig und Mohnsamen (eine
Trauerspeise) gegessen. (H. Peetz, 237.) Dieses Fastenmus konnte auch
aus Spelt bereitet sein; nüchtern genossen, wurde es sogar wie eine
Seelenspeise zum Heilmittel gegen Gicht: »mense martis (h)alicam coctam
cum absinthio aut cum caroeno (eingedickter süßer Wein) accipiat quasi
jejunus«. (Hess. BI. f. V. K., V, 163.)
Der Donnerstag nach Aschermittwoch heißt in der
Schweiz schmutziger, Schaf—, Klupperen-Donnerstag, schmutziger Zündel
tag, großer Heumütterlitag, auch Weiberfastnacht (Grotefend); im Elsaß
»Schnitz—Dunstig«, weil das Hauptgericht dieses Tages Birnen- oder Äpfel
schnitze mit Speck ist (E. W., II, 666).
Der Freitag nach Aschermittwoch heißt in der Schweiz
schmutziger, rußiger, Chriden—, Braem-, Ziger—Fritig.
*) Die englischen metallenen Trauerringe (mourning-ringes) erhielten noch
im 16. bis 17. Jahrhundert bei Sterbefällen die Angehörigen des Verstorbenen zum
Geschenke. (Hazlitt, I, 257.)
73
Tage. Er hieß auch grüner Fastelabend, Freudensonntag, (vor dem 16. Jahrh.)
auch weißer Sonntag (Alemannisch); in Tirol Brot- und (1485) Käs—
sonntag; Käsfastnacht, in anderen Orten auch Erbsensonntag, Quark—
sonntag (Grotefend); Schweiz: Käs—Kilbi; Elsaß, Baden: Küchlesonntag,
Weiber-Küchelsonntag; Burgund: La fete, le jour des brandons = Domi
nica brandonum = engl. Firebrand-Sunday (Hazlitt, II, 363); Genf: La
d’m6se de fälle : Funkenmesse (Schw. A. f. V. K. 1907, XI, 267); nach
den Bezeichnungen des Tages war also auf dem ganzen germanischen
Boden ein Feuerkulttag, der auf dem Gebhardts—Berge mit dem Werfen
von Kräkeling (: Brezeln als Zeitgebäck) und dem (Pech-) Tönnchen
brand gefeiert wurde. (V. K., XVIII, 136.) In der Rhöngegend ziehen, wenn
es Abend geworden ist, die Schulknaben mit langen Fackelstangen (»Stroh
blähse«) auf den zunächst gelegenen Berg und zünden sie daselbst an,
laufen in Reihen oder Windungen mit den Fackeln ins Dorf hinab und
heischen Eier, Hutzeln und Fleisch (Würste) unter bestimmten Sprüchen.
(Höhl, 88.) In Vorarlberg heißt dieser Brauch das »Fackelschwingen« und
das »Küchleheischa«.
Namentlich im Alemannischen herrschten an diesem Funken- und Brand—
tage allerlei diesbezügliche alte Volksgebräuche; so schreibt die »Straßburger
Post« vom 24. Februar 1901, Nr. 176, aus Emmendingen (vom 21. Februar):
»Am nächsten Sonntag, nach Eintritt der Dunkelheit, findet vor unserer
Stadt beim Steighaus, altem Herkommen gemäß, die Feier des Funken—
tages, auch Scheibenschlagen genannt, statt. Ehemals begaben sich abends
die jungen Leute auf einen Hügel, zündeten mächtige Feuer an, stellten
hölzerne Scheiben, die im Mittelpunkt durchbohrt waren, auf lange Hasel
stecken, machten sie im Feuer glühend und schlugen dieselben in kräftigem
Schwunge auf ein schiefstehendes Brett, so daß sie funkens‘prühend in
feurigem Bogen durch die Luft sausten, dabei nannten sie den Namen
dessen, dem zu Ehren sie die Scheiben schlugen, mit den einleitenden
Worten: »Schibö, schibö, wem soll die Scheibe goh ?« Das ist der Funken—
tag, welcher alljährlich noch hier am ersten Sonntag nach Fastnacht unter
Beteiligung von jung und alt gefeiert wird; von nah und fern strömen
die Zuschauer zu diesem eigenartigen Schauspiele herbei. Das Brenn
material wird seitens der Jugend von Haus zu Haus gesammelt, auch
die Stadt gibt ihren Tribut aus den städtischen Forsten.«
Den »Münchner Neuesten Nachrichten«, 1905, schrieb man:
Vorn Ostallgäu, 16. März. (Funkensonntag) Einen herr
lichen Genuß boten letzten Sonntag die Bergfeuer, im Allgäu »Funken«
genannt, welche auf den meisten größeren Hügeln bei einbrechender Nacht
emporloderten. Im lllertale zählte man von der Schwarzenberger
H ö h e aus deren mehr als fünfzehn, noch mehr zeigten sich gegen Norden
und Osten, Markt Oberdorf, Seeg und Füssen zu. Das Funkenabbrennen
am sogenannten weißen Sonntag ist ein uralter Brauch, demzufolge auch
das Mädchen, bei uns »Föl« genannt, den Burschen, der es an der Fast
nacht zu Musik und Tanz geführt, mit feinen Küchlein zu bewirten
75
hat. Auch der Fremde, den an diesem Tage der Weg gerade ins Allgäu
führt, kann von den schmalzigen Leckerbissen profitieren.
Aus dem Weilertale im Elsaß, wo ein »Scheibenschlagfelsen« in
Ernolsheim bei Zabern besteht, schrieb man dem »Elsässer Volksboten«
unterm 24. Februar 1901 über das Scheibenfeuer des Funkensonntags: Trotz
des tiefen Schnees, der überall lagert, ließen es sich die Burschen im Tale,
wie die überall auf den Höhen aufflammenden Feuer heute abend ver
kündeten, nicht nehmen, die alljährlich wiederkehrende »Schiewafier« an
zuzünden und vom Hügel die brennenden »Schiewa« (Scheiben) in sausendem
Bogen hinunter ins Tal zu senden. Beim jedesmaligen Abwerfen einer
Scheibe wird laut der Name des— oder derjenigen gerufen, dem die
Scheibe gewidmet ist. Oft geschieht dies Nennen der Namen zur Ehre,
manchmal artet sie auch in Fopperei oder Ulkerei aus. Das Verbrennen
des unter Gesang und Musik, mit fliegender Fahne von den angehenden
Vaterlandsverteidigern gesammelte Holz wird unter allerlei Faxen und
Scherzen angezündet und verbrannt. Die auf den Hügeln aus allen
Himmelsrichtungen aufflackernden »Schiewafier« bieten einen malerisch
schönen Anblick.
In Tirol singt man beim Hinausschleudern der brennenden Harz
scheiben: »Hölepfann, H0lepfann, Korn in der Wann’, Schmalz in der
Pfann’! Pflug in der Erd’, Schau, wie die Scheib’ ’nausröhrt«. (Schoepf,
272; Jahn, 89 ff.; Z. d. V. f. V. K. 1904, S. 145.) Beim Einsammeln der
Kücheln am Küchelsonntag im Elsaß singen die Kinder:
»Maien, Rosen, Blümle (feuerrote Blümle),
Mir singen um das Küchle;
's Küchle ist gebache,
Mir hören die Pfanne krache;
Mir hören die Schlüssele klinge,
D’ Jungfrau wird bald Küchle bringe.
Küchle ’rüs, Küchle ’rüs,
Mir wünchen üch Glück in öeuer Hüs.«
(Erk-Böhme, II, 128; E. W., I, 421.)
Oder:
D0 steh'n mir auf dem kalten Stein,
Gebat üns a Küchel, no geh’n mir heim.«
Oder:
»Sidenfaden um das Hus,
’s stieht e schieni Fröu im Hus.
Küchler rus, Küchler rus,
Oder i schlag a Loch ins Husl« (E.\Xl., l, 422.)
»Der Seidenfaden um das Haus« ist wohl eine Andeutung an die
Spinnerin Perchta.
Bleibt diese Aufforderung ohne den gewünschten Erfolg, so heißt es
schon kräftiger:
»Feuerrote Dürrbire Gix.
D’riche Litt gebn Nieme nix,
For de Fenster helf Dir Gott,
Isch dies net e Schand unn e Spottl«
76
Bleibt auch dieses ohne Erfolg, was allerdings nur selten vorkommt,
so ertönt ein kräftiger, aber schwer wiederzugebender Reim. Das so Ge—
sammelte wird zu gleichen Teilen verteilt und verzehrt.
Dieses Liedersingen bei der Zemede (Zusammentragung) muß ein
schon altgermanischer Brauch gewesen sein; das Sammeln der Opferspeisen
geschah damals im Namen der eben festlich gefeierten Gottheit. Im
Wiesentale (Schwaben) ziehen die Burschen nach dem Scheibenschlagen
herum und sammeln F u n k e n k ü c h l e i n, namentlich bei denjenigen
Mädchen, denen zu Ehren sie eine Scheibe geschlagen; dabei singen sie:
»l ha euer Tochter Schibe geschlage;
Ihr were mer ’s Küchli nit versage;
D’ Schibe fahre hin und her.
Mer esse d’ Küchle alli gern.
D’ Küchle ’raus, d’ Küchle ’raus,
’s is a schöni Tochter im Haus.« (Panzer, ll, 540.)
gibt man der fassnacht urlaub, verbutzt und verhüllt sich aber, trincken
sich voll, spilen und rasslen (toben) zuletzt.«
Der Brauch, recht heiße und fette Küchlein zu verzehren, setzte
sich auch auf diesen ersten Fastensonntag fort. Du Ganges Glossarium, VI,
135, III, 539,540, führt bereits aus dem frühen Mittelalter an: Panis
quadragesimae ad collationem usus (das heißt als Klosterkollation) foliatae
placentulae, quae in omnibus diebus quadragesimae (sed istae) calidae
debent esse; an dieses Blätterteiggebäck der Fastnachtszeit erinnern
vielleicht die Karlsbader Fa stn ac htsro s e n (Fig. 30) oder Rosenküchel,
ein zierliches Gebäck aus mehreren Lagen feiner, rosenartig zugeschnittener
übereinanderliegender Teigblätter, die in der Mitte der Krause ein rotes
(Fastnachts-) Herz (s. oben S. 34, 51) tragen und, in heißem Fette gekocht,
sich wie Blumenblätter aufblähen; andere solche Rosenküchel werden aus
Eisenmodeln oder Büchsen in Rosenform nach Art der Schmalzwaffeln
gebacken. (Modelküchli, gwallete Küechli, Schw. Id., III, 138.)
Zum »grünen Fastelabend« zogen in Rostock auf dem Lande die
Kinder mit einem grünen Busche, »um den grünen Fastelabend zu bringen«,
von Haus zu Haus; die jungen Burschen suchten dabei die Mädchen im
Bette zu überraschen. Der Altfastnachtssonntag, auch »Küchlisonntag«, ist
im alemannischen Gebiete ein Festtag für alle Welt. Schon am Vorabend
werden ganze Berge von ausgetröllten Kücheln zubereitet; zuerst
kommen die Buben daran, von denen sich ein jeder bei seiner Mutter,
Paten oder guten Nachbarn einen sogenannten »Küchlimaien« bestellt
hat, ein Strauß von Kuchen oder Backwerk, Haselnußzweige in Herz
form (s. oben S. 34) zusammengebogen und mit Küchelteig spiralig um
wunden, in Butter gebacken und schließlich mit Gold- und Silberpapier
reichlich geschmückt. (Schw. A. f. V. K. 1903, 154.) Im Badischen ist
dieser (Tamintaler) »Küchlimaien« oder »Küchlistruß« außer Mode ge
kommen; letzterer wurde hergestellt als ein Strauß von Blüten und
Blättern vom Dirliz- oder Derlitzkirschbaum (Cornus mas, Cornus san
guinea, Fürwitzel), der (wie ein Holunderstrauch auf Johannes) in Teig
getaucht und aus kochendem Fette herausgebacken wurde (Meyer, B. V.
L., 210 ff); es ist also ein antizipiertes Maifestküchel und erinnert an
die römischen strenae (franz.: etrennes), die man als glückbringenden
Zweig aus dem heiligen Haine der Göttin Strenia entnahm; solch gold
strotzende Kuchensträuße oder geküchelte Maien wurden von den Buben
in der Schweiz triumphierend durch die Gassen getragen und dann in
der Stubenecke oder hinter einem Heiligenbilde ein ganzes Jahr unver
sehrt (als unberührtes Opfer an die Hausgeister) wie ein Hausglück auf
bewahrt. (Schw. A. f. V. K. 1903, 154.) In Schmerikon (St. Gallen, 635)
erhielt der sogenannte Olgötze (ein in Tannenreis gekleideter Strohmann,
Vegetationsdämon) allerlei Küchli, Apfel- oder Biberlküchli, gefüllte
Krapfen, Eieröhrli etc.
An anderen alemannischen Orten heißen die Fastnachtsktichlein an
diesem Tage »Funkenküchle« wegen des Funkentages, die aber allerhand
. — ——-a=vr-«;‚- -r ß»
79
94) betont, daß die Brezel eigentlich nur ein Fastenzeitgebäck ist, was
auch die schriftkundigen Pastoren in Mecklenburg stets betonten. (1733)
»Hae nostris in oris nullo nisi tempore quadragesimali regulariter for—
mantur«; »Tempus quadragesimae, quo apud pontificios carnis usus inter—
dictus est, est tempus, quo spiras in his oris coquere et parare solenne
est.« (Koch, Conject de spir., 23,20.) Von da ab beginnen besonders die
gesalzenen Fastenbrezeln aufzutreten als Zeitgebäck der Fasten
bis Ostern. Wir haben auch auf dieses
Moment in jener Abhandlung aufmerksam
gemacht und verweisen hier noch auf
andere Stellen der Literatur, aus welchen
die Bedeutung des Salzes als Apotropäon
und volksmedizinisches Mittel hervorgeht.
(U.a. Z. d.V.f. V.K.1905,137;A. f. R.W.,Vlll,
Beiheft 33; de Vreese, 137; Beilage z.
Allgem. Ztg., 27. August 1905, Nr. 197,)
Das göttliche Salz erwähnt schon Homer
bei den Griechen als Opferbeigabe. Als
Opfer an die Dii Manes kommt die parva
mica salis auch bei den Römern vor; in F‘ß-39- ‚~
Ausgezogen: Brezel (Wurzburg)
Northumberland war es früher gebräch— „„,~‚ ,.-„„„k„„gel‚ auch w„„,.„„j „‚c„„„m~
lich, auf die Leiche eine kleine Salz—
scheibe zu setzen. (Hazlit, ll, 533.) Es würde den Umfang der Abhandlung
übermäßig ausdehnen, wollten wir diese Bedeutung des gesalzenen Brezel—
gebäckes hier noch weiter besprechen. Die Würzburger Fastenkringel oder
gezogenen Brezel (s. Fig. 39, aus zwei
übereinanderliegenden Brezeln bestehend)
sind streng an die Fastenzeit gebunden.
Der Erfurter Hornaffe (s. oben S. 53) nach
dem Volksbrauche ein deutliches Fast
nachtsgebäck, ist nach seiner Form (aus
zwölf Kringeln, die zu vier aneinander—
gereiht sind) ein Bretzelgebäck (s. Fig. 31)
und gleicht so dem tolf-häla kringlar der
Schweden, die nur an Begräbnisfesten
üblich, also ein Trauergebäck ist wie
eigentlich die Brezel und der Kringel auch.
Es kann uns gewiß nicht wundern,
Fig. 40. Stabriusbrelel (Pfalz).
wenn wir die Fastenbrezel als Zeitgebäck
auch auf dem niederländischen Palmpaasch und auf dem rheinischen
Frühlingsstabe (Stabausbrezel, Sommertagbrezel, s. Fig. 40, 41‘), später an—
treffen; es sind eben nur Zeitgebäcke, welche als Frühlingsfastengebäcke
ebenso fungieren wie das Osterei als Osterzeitsymbol. Frühling und Saat
fallen in die Fastenzeit, daher gibt es auch eine Saatkringel in dieser Zeit,
nicht aber wegen des Sonnenrades. Auch am St. Gebhardsberge im
Zeitschrift für österr. Volkskunde. XIV. Suppl.-H. V. 6
82
Bei den Nordgermanen hatte der Monat März den Namen Tors—
mänad, vielleicht als Übersetzung des Martis mensis. (Hammarstedt, 251.)
Bei den Sachsen am Niederrhein hieß er Kalf-maand (Weinhold, M. N., 47);
jedenfalls wegen des Opfers eines Kalbes; an dieses erinnert noch heute
das elsässische Märzenkalb (E. W., l, 432) und das oberbayrische
»Märzenkalbl«; dies tut die alten Leute und Kinder abstechen; das Kalbs
kopfessen am Sonntag Lätare (Totensonntag, s. unten) hatte sich in Spitälern
noch lange als Tagesgericht (Gesundheit bringendes Frühlingsopfer) er
halten. Im Mittelalter war der 1. März auch noch ein Hexenversammlungs—
tag (1668): »Dann man lieset von den Teuffeln und Gespensten ingemein,
daß sie vor allen andern Zeiten heuffig verspüret werden am Tage . . ~.
seu Martis Mense. Im Mertzen.« (Prätorius, Blocksberg, 513.) Die Meißner,
Lausitzer, Böhmen, Schlesier und Polen zogen am 1. März frühmorgens
mit Fackeln aus jedem Dorfe nach dem Begräbnisplatze und opferten
ihren Vorfahren Speisen (Sartori, 52), anscheinend ein slawischer Neujahrs
brauch, der vielleicht aus Griechenland stammt; denn auch bei den alten
Griechen wurde ehemals Ende Februar, Anfang März am dritten Tage
der dionysischen Anthesterien (von den neu aufsprießenden Frühlings
blumen so benannt) ein den römischen lnferiae ähnliches Totenfest be—
gangen; man stellte dem Seelenführer Hermes »für die Toten« in
Töpfen gekochte Erdfrüchte und Sämereien hin; im Hause wurden dann
die zum Feste einkehrenden Totengeister am letzten Tage mit dem
Rufe ausgetrieben: »Hinaus, Ihr Keren, die Anthesterien sind zu Ende.«
(Sartori, 52.)
Als rhätoromanische Sitte ist auch zu erwähnen die »Chalanda d’Marz«
(Calendae Martis, Neujahr am 1. März), wobei der Winter ausgeschellt
wird »per far crescer l’herba« (Grasausläuten in Tirol) (Schw. A. f. V. K.,
XI, 1907, S. 244) und wobei die zusammentragenden Kinder »Grasini«,
eine aus geröstetem Weizenmehl und Zucker gefertigte Mehlspeise, erhalten.
(Deutsche Alpenzeitung, VI, 300.) ‚
Ein charakteristisches Opfertier der Märzzeit war der Hase, der
als Märzhase in der Volksmedizin eine große Rolle spielt, die er wohl
den Bacchanalien oder Dionysien der Römer, beziehungsweise Griechen
verdankt; der Märzhase war auch der Hase vom ersten Satz, wie das
Märzenkalb, das im Monate März geborene Kalb; beide hatten im Früh
Iingsopferbrauche besondere Wertschätzung.
Am 1. März wurden bei den römischen Griechen den Kindern als
Mittel gegen den sommerlichen Sonnenstich um die Handgelenke kleine
rote Schnüre umgelegt, welche .\Iatprt; hießen (A. f. R. W., VIII, Beiheft,
S. 15); die ersten Schwalben, welche in dieser Zeit erschienen, nahmen
für ein ganzes Jahr Augen- und Zahnschmerzen weg nach altrömischem,
von Marcellus Empiricus bezeugtem Volksglauben (l. eod. 171). Dieser
Vegetationsgeist und glückbringende Frühlingsvogel erscheint auch beim
Sommerfeste am Rhein und Neckar als hölzerner, drehbarer Vogel, der
im Zuge herumgeführt wird (l. eod. 104).
85
Tages aber sind die aus der Fastenzeit, in die dieser Tag fällt, erklär
baren Brezeln, welche als »Gregorius-Brezeln« 1733 bei Koch, 41,
erwähnt sind: »Eo scholarum patroni pueris in diligentiae praemium
spiras (Brezeln) dabant.« Im Ulstergrund (Rhön) heißt wegen dieser
fastenzeitlichen Brezelspende an die Schulkinder dieser Tag auch
»Brezeltag«. (Höhl, 89, 90.) In der Schweiz ritt der von den Schülern
selbst gewählte Schülerbischof auf einem Schimmel und trug auf einer
Stange Bretzeln; dieses Fastenzeitgebäck (und auch Wecken) wurden
unter die Schuljugend verteilt; auch am Mittelrhein sind an diesem Tage
die später zu erwähnenden Stabausbrezeln üblich. Auch in der Erzdiözese
Bamberg bekam jedes Schulkind eine (Fasten—) Brezel und wurden die
beim Umsingen gesammelten Eier vom Schulmeister in des Pfarrers
Beisein unter die Kinder verteilt, 1708 (Globus, 81.Bd.‚1902, S. 237). Das
selbe war der Fall beim sogenannten Fähnleinstage (St. Gregori—Tag) in
Ansbach, an welchem die Schuljugend mit hölzernen Säbeln und mit
Fahnen herumlief, vom Lehrer Brezeln erhielt und der dazugehörige
Wein aus einer Stiftung abgegeben wurde (J. B. Fischler, Geschichte von
Ansbach, 1786); hier sind die Spuren der altgermanischen Jünglingsweihe
deutlicher erhalten. Auch die Rhön kennt diesen Tag als »Brezeltag«
(Bronner >l‘). -
Daß auch Weggen in der Schweiz an diesem Tage den Kindern
gegeben wurden, haben wir soeben erwähnt. Auch in den Baseler Jahr—
zeitbüchern kommen bestimmte Stiftungen für den Gregorius—Tag als
Servitut für das Baseler Schulhaus vor: »pro cuneis sive cuneolis«, also
Wecken für die umsingenden Knaben. (Argovia, III.)
Zweiter Sonntag in der Fasten, Reminiscere. Er heißt im
Elsaß »K ü c h e l fastnacht« wegen der noch immer gebackenen Fastnachts—
küchel, auch Käsesonntag; an ihm erhielten die Tegernseer Klosterbrüder
(1536) »für einen Fasching« Lebzeiten und Käse. (Germania, IX, 193.)
Die germanische Frühlingsfeier hatte einen langen Zeitverlauf, die durch
die später eingelegte christliche Goldfasten absichtlich auseinander
gesprengt wurde.
Am Mittwoch in der zweiten Fastenwoche ist das an
mehreren Orten übliche grausame Katzentöten erwähnenswert; so in
Böhmen (Reinsberg—D., 365,), auch in der Schweiz (Rapperswyl) (Lütolf)
und in Ypern: »a Ypres le mercredi de la seconde semalne du caröme
on jetait un chat chaque annee du haut du beffroi (Turm, Burgfried) et
ce mercredi etait appelä par Ie peuple »Katte woensdag« ou »Kattedag«
(Sloät, 5); es scheint sich nicht um die Tötung des Zeitsymbols, sondern
um die Substitution eines sühnenden Frühjahrsopfers**) oder um die
*) Leider steht auch hier wieder, S. 353, die ganz falsche Ableitung der Brezel
von pretiolum (= Preislein für die Kinder), welche Etymologie von den früheren
Schulmeistern stammt.
**) Vielleicht hängt damit auch die sogenannte Katzenmusik zusammen, welche
auf Fastnacht ebenso sich bemerkbar macht, (Philippi, Ursprung der Katzenmusikl
89
und erbiß gelabet vnd gespeiset, von den andern, die es für ein an
zeigen zukünfftigen tods halten, werden sie vbel empfangen vnd von ihren
hoffstaedten getrieben mit scheltworten vnd etwan mit streychen.« (Seb.
Frank, Weltbuch, Fol. 51.) Auch in England und Oberbayern ist das
Erbsenessen ein (durch das Christentum eingeführtes) Fastenzeitgericht
namentlich in der Lenzzeit.
An die animalischen Opfer dieses Tages erinnert das Märzen—
kalb- oder Kalbskopfessen (ehemals) in den oberbayrischen Spitälern,
der in Bürgershäusern unter dem Namen »Lätare-Kalbskopf«, aber unter
der fastenzeitlichen Form eines Napfkuchens oder Gugelhupfs aufgetragen
wurde. Die einzelnen Teile des März enkalbes sollten besondere heil—
same Wirkungen haben. (Schmeller, I, 1239.) An anderen Orten (Schwabens)
gibt es dafür (Fasten-) Schnecken und Stockfisch. (Birlinger, ll, 66.)
Man scheint früher diesen Tag als einen besonders für Krankheiten
(Pest, Fieber, Seuchen etc.) sehr wichtigen Vorbeugetermin angesehen zu
haben, vermutlich wegen der Fastenperiode. Die Enthaltung von gewissen
Speisen oder von Nahrung überhaupt war eines der ältesten volksmedi—
zinischen Regimina sanitatis, die von der Versöhnung der Seelengeister
durch Speisen sich ableiten; mit der Enthaltung von der den Plagegeistern
überlassenen Seelenspeise erhoffte man für sich Schönheit und Stärke,
Fruchtbarkeit und Gesundheit, Glück und ein langes Leben zu erlangen;
dann machen die versöhnten Totengeister auch das Brot der Überlebenden
besonders nahrhaft und heilsam (s. S. 72 Fastenmus). Es kann uns nur als
Bestätigung für unsere Anschauung, daß wir es auch mit einem Toten
kult an diesem Tage zu tun haben, dienen, wenn wir schon in dem
Namen dieses Tages einen Zusammenhang sowohl mit den Volksgebäcken
haben als mit dem Totenkult. Der Mittfastensonntag heißt in England
Mothering-Sunday, weil an diesem Tage die Sippen zur gemeinschaftlichen
Mutterkirche, das heißt zum gemeinsamen Sippentodesacker, zur gemein
samen Kultstätte ziehen, ein Brauch, den wir auch in der Saatzeit in
Oberbayern finden.
Eine Volkssitte der Engländer war auch das Handschuhgeschenk in
der Fastenzeit, jedenfalls ein Trauerritusüberbleibsel, da man in St. James
solche Handschuhe aus Papier auf Gräber legt (Hazlitt, I, 338, 277); die
Anteilnehmer an der Leichenfeier erhielten solche aus Leder, die Diener
aus Wolle, sogar Abwesende erhielten sie zugeschickt als eine Entsagungs
trauerspende; manchmal bis zu 150 solcher Handschuhpaare wurden 1640
bei einem Todesfalle verteilt. (Hazlitt, I, 277.) Obwohl es sich nur um
solche Geschenke handelt, so ist dieser Fastenbrauch hier als Parallele
zum B reze l ge b ä c k der Fastenzeit aufgeführt. Wir haben schon öfter in
dieser Abhandlung auf unsere Abhandlung »Das Brezelgebäck« (im Archiv
f. Anthropol. 1904, III, S. 94) hingewiesen, in welcher wir die Brezel als
das Substitut des Armringes (Brasselett) in Teigform erklärten, welches als
Trauergebäck, als Entsagungssymbol zum Buß— und Trauersymbol in der
Fastenzeit geworden war. Mit dieser fastenzeitlichen Rolle hängt das
92
ein kringelartiges Gebäck, der sogenannte Windbeutel (s. Fig. 46), gefertigt
(Berlepsch, VI, 175; Meyer, B. V. L., 140; Z. f. d. Myth., II, 103); diese
Eisenacher Kringel reiht sich ganz in die Brezelformen ein. Man hat auch
in diesem Windbeutel ohne allen formellen Grund ein Sonnenradsymbol
suchen wollen. Auch die mit den Kringeln und Brezeln identischen
Fastenbeugel werden in Schlesien an die Sommerkinder verschenkt
*) Nach Scheible, VII, 1012, glaubte man in Leipzig, daß diese Totensonntag
zeremonie (wie ein germanisches Opfer) Pest, Krankheit und Unfruchtbarkeit
fernhalte.
93
(Weinhold, W. B., 8; Lippert, Christent., 604); es sind Ringe, die wie Geld—
stücke an einer Weidenrute oder Schnur aneinandergereiht sind zum
leichteren Tragen. 1501: »Welcher Meister in der fasten will beugel backen.«
(Schlesische Frankensteiner Bäckerordnung; Frommann, IV, 164.) Koch
(de spir. pist. 12) schrieb 1733 von diesem Brauche in Polen, Schlesien,
Thüringen, Meißen und anderen Orten, die Knaben und Mädchen stellten
eine Totenfigur aus Stroh oder ähnlichem Material her, die sie unter
verschiedenen Gesängen durch die Stadtstraßen trugen, dann aber ver
brannten oder ins Wasser warfen, was man auch damals »den Tod aus
treiben« nannte. Den von dieser Exekution zurückkehrenden Kindern aber
schenkte man wie den Anteilnehmern an einem Totenmahle kleine Brezeln
oder Kringel oder einen süßen Brei. Über diese germanischen Dendro
phorien s. Beilage z. Allgem. Ztg.1900, Nr. 61, S. 5 ff., sowie A. f. R. W.,
VIII, Beiheft 102 ff., X, 153. Die »Sommertocke« stellt dabei den ein
ziehenden Vegetationsgeist dar, welcher den Segen der Fruchtbarkeit
bringt und dafür Gaben heischt, die der Zeit entsprechend sind. Was in
Griechenland die lenzliche Schwalbenlieder oder herbstliche Krähenlieder
singenden Kinder als Substitute dieser Vegetationstiere*) erhielten, bekommt
hier die die Opferbrote (der Fastenzeit) tragende und singende Jugend.
In Schlesien werden auch die mit weißem Mehl bestäubten »Mehlweißchen«
(Honigkuchen in verschiedenster Form) an die Sommerkinder verschenkt
(Weinhold, W. B., 61), die ebensowenig wie die Brezel, Kringel oder
Beugel etwas mit dem Sonnensymbol zu tun haben. In Antwerpen warf
ein mittelalterlich gekleideter Ritter als sogenannter »Graf von Halbfasten«
auf seinem Durchzuge durch die Stadt, ein antizipierter Maigraf, den
Kindern Spekulatie (Honigkuchen der Nikolauszeit, speculator = episcopus
puerorum) zu; sein Bild als »Greef« oder Pfefferkuchenreiter wird auch als
Liebessymbol an Damen verschenkt. (Hochzeitsbuch, 225; Mogk, D. M., 139.)
Im Sommer- und Winterspiel der Pfälzer spielt die sogenannte
Nudel—Gret eine große Rolle, außerdem das Festgebäck der Fastenzeit,
die Brezel und der Frühlingsvogel, Pfannenküchel (Nudel), Fastnachts
grieben, Eierkuchen mit Speck, geräucherte Saubeine und Bratwürste.
(Hess. Bl. f. V. K., VI, 163, 166, 178 ff.)
Am Sommertag Lätare gibt es Sommer-Wecken als Spende der
Gemeinde in Hessen. (Hess. BI. f. V. K., VI, 155, 196.)
In England heißt der Mittfastensonntag auch Simnel- oder Simbler
Sunday, wegen des an diesem Tage üblichen S e m m elm e h I ge bä c k e s,
das durch sein feineres Mehl ein Festgebäck ist, namentlich beim nahen
Osterfeste. (Hazlitt, II, 549.) Im Oberelsaß (Dessenheim am Hart zum Bei
spiel) wird in manchem Dorfe der Umzug des »Hirtsgigers« (= G’heiz
gier**) s. oben S. 89) am Mittfastensonntag veranstaltet. Der »Straßburger
"‘) Ein solcher Vegetationsgeist ist auch die Katze, der Marder oder Dachs,
oder das Eichhörnchen, welche Tiere beim Sommertagszuge da und dort mitgetragen
werden, vielleicht auch als Substitute früherer Opfertiere dieser Kultzeit.
**) Hirsegier ?
94
Post« 1905 schreibt man: Mittags 12 Uhr ziehen zwei bis drei ärmere,
schulpflichtige Knaben von einem Haus zum anderen; Kopf und Rumpf sind
fein säuberlich in langes Roggenstroh eingebunden, nur die Arme und
Beine sind frei. So führen sie, einer wandelnden, in Stroh gebundenen
Flasche täuschend ähnlich, in jedem Hofe einen Tanz auf, der von fol
genden Versen mit eigentümlicher, murmelnder Melodie begleitet wird:
»Hirtsgiger, Semmelemacher,
Eier un Anke mien mer ha.
Wann r’is wann ke Eier ga,
Müaß dr Marder d’Hiahner frassa.
Hett esch Mittelfascht,
Si trata uff di Gass’;
Mer höra d’ Schlessel klinga,
Sie wann is ebis bringa;
Mer hörad Tera giira (knirren, knarren),
Sie wann is ebis stira (steuern);
Mer höra d’ Pfanna kracha,
Sie wann is ebis bacha.
Wia dr Winter esch so kalt,
Schtehn drei Rößle (Röslein ?) vorm griana Wald.
Gan is ani e Ei;
Odder dr Marder freßt ejch zwei.«
In Schwaben gibt es an diesem Rosensonntage auch sogenannte
Rosenzelten mit künstlichen Rosenblumen (Birlinger, W. B., 438), im
Allgäu Rosennudeln mitZiger, Rosenküchel, die wir oben schon
(S. 51) besprochen haben und die rosenförmig gestaltet sind.
An manchen Orten setzen sich einige Fastnachtsgebildbrote auch
hierbei, wenn auch seltener fort, so die Jungfernküchel (Elsaß), das heißt
Herzformen (E. W., l, 422); in Bayern und in Schwaben die Hasen
öhrl oder Eieröhrli mit Luggmilch (= lockere Sauermilch). (Schweiz).
(Schw. Id., I, 414.) In Oberbayern bewarf man sich gegenseitig, wie schon
erwähnt, mit sogenannten Schifferln (s. oben S. 58), ein vegetabilisches
Zaubermittel, symbolischer Körner- oder Brotguß, m:aty_oap.a, nuces proji
cere, nuces spargere.
Die Annäherung an die Osterzeit macht sich auch bemerkbar durch
die mit Eier- oder Safranzusatz*) auffallend gelber gefärbten Kuchenformen;
so gibt es im Allgäu Eierweggen, in Böhmen Eierkuchen, Eier
brote (Reinsberg—D., 88, 104; Scheible, VII, 226); über diese Eierbrote
haben wir unter den Ostergebäcken, S. 37, schon gesprochen.
In Erfurt gibt es sogenannte Windbeutel, die wir oben schon
besprochen haben und unten beim Passionssonntage besprechen werden.
17. März, St. Gertraud, Gertrudir in der vasten, geerdendag
te half maerte, Ende der Spinnzeit, Beginn der Garten— und Bienenarbeit.
*) Der Safran (crocus) hatte Beziehung zur Göttin Eos, die im Frühjahr ihren
Einzug feiert mit den Krokusblüten; solche Krokusblumen hielten die jüdischen
Zauberweiber in der Hand und safranfärbige Blumen streuten die Alten auf ihre
Gräber. (Blau 78, Juvenal Satyres, VII, 308.)
95
In Pommern sagt man: »Gertrud, geit Egg und Ploog rut«; die Pflugzeit
beginnt. Nach der Tiroler Volkssage (Bechstein, 32) richtete man an
diesem Tage für die umziehenden Spinnerinnen (Perchta) ein großes
Frühlingsessen (Milch, Butter, Eier, Speck, Kuhkäse und Weißbrot)
her; denn St. Gertraud zieht als Spinnerin mit dem Rockenholz durchs
Land, wie Perchta am Neujahrstage. Im Dortmundischen gibt es am
Mittwoch vor St. Gertraud die sogenannte Eierschüssel am sogenannten
Schüppenmarkt (Z. f. rh. u. westf. V. K. 1906, S. 50), ein durch Eigelb
(= Osterzeit) gefärbtes Gebäck in der Form einer großen Untertasse
oder eines Schüsseltellers mit einem etwas höher gebogenen Rande, in
welchem die Frühlingseier der Osterzeit beim Schüppenmarkt liegen wie
in einem Eiernapf, eine ganz lokale Bäckerlaune.
19. März, St. Josef, Patron der Ehe— und Zimmerleute. Dies
amoris, sogenannter Habtag: »Gertrud, Josef, brave Leut’, sie machen
uns die Bienen frei«; nach Mitte März fliegen auch in der Schweiz
(Zürich) die Bienen aus. (Schw. Id., IV, 909.) Am St. Josefs—Tage soll im
Buchholz bei Freiburg i. B. der faulste Bauer schon seinen Pflug im Felde
haben.
Bemerkenswert ist ein italienischer Volksbrauch. In Rom werden
sogenannte »Fritelli« in siedendem Fette gekocht und in wunderbarer
Menge verzehrt (als Sonnenwendgebäck*). In Neapel werden in dem Atrium
der Kirche von St. Lucia auf Tischen große runde Brote mit einer
Stola bedeckt feilgehalten als gute Heil— und Präservativmittel gegen
Allerlei. (Brandenburgia1907, 398.) In Prag halten die Honigküchler
an diesem Tage (vor der Frühlingssonnenwende) in Buden auf dem
Josefsplatz ihre Waren feil. (Scheible. VII, 226.)
Die in Oberbayern üblichen Josefi—Kränze sind nur Symbole
der Jungfräulichkeit, geflochtene Teigkränze, die aus anderen Festtagen
übernommen sind.
21. März, St. Benedikt, der Brotheilige; dessen Festtag ist eine
importierte Feier der Frühlingstag- und Nachtgleiche (der
Kalendermacher) oder der Frühlingssonnenwende. Austag (Schweiz), Aus
warts (Oberbayern); früher der kalendarische Wiederbeginn der Weidezeit
nach der Winterstallung. Im germanischen Norden feierte man in Upsala
zur Frühlingstag- und Nachtgleiche ein großes Opferfest für alle Land—
schaften Schwedens. Hunde, Pferde und Menschen wurden dabei geopfert.
(Montelius, 322.) Die in den Äquinoktialstürmen dahinfliegenden Wind
geister erhielten ihre Seelenfütterung (Märzenkalb, Märzenschaf, Märzenhase,
Gebildbrote etc). »Kinder und alte Leute, tut das Märzenkalbl abstechen«
(Oberbayern). ‘Auch die Römer opferten dem Boreas und den Boreasmoi
außer Pferden, Fohlen, Lämmer, Opferkuchen und menschliches Blut aus
*) Vergl. hierzu die von Steinmayer ahd. GI., IV, 200, angeführten: »Duas
sorbiciunculas zuvi frid l i n d endi pannokokilin«, welche in der Anm. 13 (I. c.):
»zu vritele aus fritilla patronymisch wie andere (fremde) Gebäcksnamen gebildet«
erklärt werden.
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