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Panofsky

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Erwin Panofsky
IEnNin

ü ti—i‘ijza
w
'l. Das perspektivische Verfahren Leone Battista Albertis

4. .
(Kunstchronik, N. 13.26, Nr. 41/42, 1914/15, 505—516)

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In: E.Panofsky: Deutschsprachige Aufsätze II. Hg. v. Karen

‘-"C"!"'=-’:-"“."‚‘4"K.“_.'
Michels und Martin Warnke. Akademie Verlag,
Verlag, Berlin 1998,
1998,
S. 653-663

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.
„_jrkrg
o,
. assung, eine 0 Iirage 0 zu

2.1:;
er‘s—5.:. _- "signi-
0
Ein jüngst erschienene r Aufsatz von G.. I. KernI gibt uns Veranl

'.'.-_-,!--'‚:._'r ’
) s ziemlich‚ oft3 zur. Diskuss ion
erörtern, die trotz ihre s kunsttheoretischcn Interesse
. _
woideii ist, und
gestanden hat, in der bisherigen Literatur bald bejaht", bald verneint
soll: die lirage, ob
jetzt durch Kern endgültig im positiven Sinne entschieden werden
Buch seines
die perspektivische Konsti'u ktionsanweisung, die Alberti im ersten
ung des sogenannten „Di—
'l'rattato deIIa pittura mitteilt", bereits als eine Beschreib
. könne, das
stanzpunktverfahrens“ aufgefal Ät werden .. .in den übrigen italienischen
anzut reffen ist. .. . . . .
ts nicht
Kui'ist—rli'raktaten des 15. Jahrhunder
erlie‘fert ist — dient
Albertis pe rspektivisclics Verfahren — das erste, das unsub
der flachenbildlichen
zur Lösung einer Aufgabe, "die sozusagen das Zentralproblem dar-
bene des
Raumwiedergabe bedeutet und darin besteht, die horizontale Grunde
es in, richtiger Verkür zung und Einteilu ng festzule gen, d. Ii. ein
zustellenden Raum _ - '
.
. Bildebe ‚ ..
ne parallel . «in perspe
. sei, ktivi-
horizontales Quadrat, dessen Vorderse ite der
liefenlinien („Qithogona-
scher Ansicht zu konstruieren und durch emoRei‘he von
Anzahl kleinerer Quadiate zu
Ien“) und HorizontalIinien („Transversalen“) in eine

g dieser Aufgabe beschreibt, i5; (naclh


AnDIZi' Wortlaut des Textes, der die Lösun
1 olters geandert weiden mul. tc) fo —
Janitseheks Ausgabe, deren Verdeutschung ]C(1()Cl
gender:
Ich beschreibe ein Rechteck von belie— Scrivo uno quadrangolo di retlti a‘ngoli
biger Größe, das ich mir wie ein offenes quaiito grande 1().V0gl10—,.Cl quap itputo
Fenster vorstelle, durch das ich die hier essere una fenestia ‘apeita .ptfl L ontt io
darzustellenden Dinge erblicke. miri quello que qlVl sara dipiiit'o. i1 ..
. lzt con queste braccia segnio al iiita
Und mit dieser IZIIe [deren Größe
" l/o, des für einen Menschen angenoni— di sotto qua giace neI quadiango o in
meiien M-ißes bestimmt wird] teile ich taiite parti, quanto ne riceva. ILt einmi

y I
i ÄVI,
I

ch d. kgl. preuls. I\unstsamiiilungtn i


1 v . __ ‚‘

1 Der Mazzocchio des Paolo UeceI .


. Io, jahrbu
mit dem } i. 26 Gesagten auseinanderzuseizen.
p. 13ff. Wir haben uns hauptsächlich eriis kleinere
Geometrie, 1884, I, p. l2. Ianitschek, I..B.Alb
2 Wiener, Lehrbuch d. darst.
l l.
kunstteoret. Schriften. Wien 1877, p. 23
Liona rdo da Vinc i, das Buch v oii der Malerei. Wien 1881 f., III, p. 177. Staigmiiller
3 Ludwig,
im Repertorium XIV, p. 301 ff. _ _ . . - . . ‚ )1 anitscliel' i. 7‘) ff.
4 In der in Anmerkung 2 namhaft 8““‘1dnm Ausgabe H I “l i I
4
9??? Renaissance zmd Barock

die Grundlinie des Bildviereeks in. soviel questa linea medesima proportionale a
Teile, als darin aufgehen; und diese Linie quella ultima quantita, quale prima mi si
ist dann jeder dazu parallelen Transver- traverso inanzi. I’oi, dentro a questo qua—
salen proportional. Dann bestimme ich drangolo, dove a me paja, fermo uno
innerhalb dieses Viereeks an beliebiger punto, il quale occupi quello luogo, dove
Stelle einen Punkt, der da liegt, wo der il razzo eentrieo ferisee; et per questo il
Zentralstrahl [so das Lot vom Auge auf ehiamo punto centrico.
die Bildebene] hinfällt, und daher „punto
eentrieo“ [se. Augenpunkt] heißt.
Nachdem ich, wie gesagt, den Au- Adunque posto i1 punto eentrieo
genpunkt fixiert habe, ziehe ich von ihm come dissi, segnio diritte linee da esso a
gerade Linien zu jedem Teilpunkt der eiaseuna divisione, postanella linea del
Basis. Diese Linien zeigen mir, wie die quadrangolo, ehe giaee. Quali segnate li-
Transversalen, ständig sich verändernd,f nee a me dimostrino in ehe modo, quasi
gleichsam bis ins Unendliche einander persino in infinito, eiaseuna traversa
folgen. i quantita segua alterandosi.
Was aber die Abfolge der Transver- ,
Ma nellc quantita transverse come
salen betrifft, so verfahre ich folgender— l’una seguiti l’altra eosi seguito. Prendo
maßen: Ich nehme eine kleine Fläche, auf uno pieeolo spatio nel quale scrivo 'una
der ich eine Gerade beschreibe; diese
diritta linea, et questa divido in simile
teile ich in ebensolche Teile wie die parte, in quale divisi, la linea chic giace nel
Grundlinie des Bildviereeks. Darüber be— quadrangolo. I’oi pongo di sopra uno
stimme ich dann einen Punkt, der ebenso
punto alto da questa linea, quanto nel
hoch über der Geraden liegt wie der Au-
quadrangolo posi el punto eentrieo alto
. genpunkt über der Grundlinie des Bild—
dalla linea ehe griaee nel quadrangolo;
viereeks, und verbinde ihn mit jedem et
da questo punto tiro linee a eiaseuna di-
Teilpunkte der erstgenannten Gerat en visione segniata in quella prima linea. P0i
[Alberti fügt „prima“ hinzu, weil inzwi-
constituiseo quanto io voglia dista
schen von der Grundlinie des Bildvier- ntia
dall’oeehio alla Ipietura, et ivi segnio,
ecks die Rede gewesen ist]. Dann setze
quanto dieono i mathematiei, una per.—
ich fest, wie groß die Distanz des Auges
pendieulare linea tagliando qualunq
vom Bilde [se. der Bildebene] sein soll, ue
truovi linea. Dicesi linea perpendieula
und zeichne dort, wie die Mathematiker re
quella linea dritta quale tagliando un’al
sagen, ein Lot, das sich mit den von —
ihm tra linea diritta fa appresso di se di
getroffenen Linien schneidet. Ein Lot qua et
di qua angoli retti. Questa eosi _per
nennt man eine Gerade, die eine pen-
andere dieulare linea, dove dall’altre sara
Gerade so schneidet, daß zu beid taglia-
en ta, eosi mi dara la sueeessione di
Seiten rechte Winkel entstehen. Dies so tutte le
traverse quantita. Et a questo modo
besehaffene Lot zeigt mir da, wo es von mi
truovo deseripto tutti e paralle
andern Linien geschnitten wird, die Ab- li, eioe le
bracela quadrate del pavimento nella
folge der Transversalen. Und so finde ich di-
pintura; quali quanto sieno dirit
alle Parallelen, das heißt die ellengroßen tamente
descripti ad me ne sara inditio se
Quadrate des Bodens, im Gemälde be— una ma—
desima ritta linea eontinovera diam
schrieben; und ob sie richtig gezeichne etro di
t piü quadrangoli deseripti alla piet
ura.
Das persl'wk'tiwiscbeVerfahren L. li,__/_l___1[)(’rtli5 (‚55
sind, werde ich daran ermessen, daß eine
einzige Gerade die Diagonale für meh-
rere der im Bilde gezeichneten Qua—_
dratc bildet.
Diagonale heißt bei den Mathema— Dicono i mathematici diametro
tikern eine Gerade, die, von einer Ecke d’uno quadrangolo, quella retta linea da
zur andern gehend, ein Viereck in der uno angolo ad un’altro angolo, quale di-
Weise teilt, daß zwei Dreiecke daraus vida in due parti il quandrangolo per
entstehen. Habe ich das getan, so ziehe modo, ehe d’uno quadrangolo solo sia
ich im Bi-ldviereck parallel zur Basis eine ’due triangoh. Fatto questo, io descrivo
Querlinie, die durch den Zentral- nel quadrangolo della pictura ad traverso
(Augen)pu_nkt von der einen Seite des una dritta linea dalle inferiore equedi—
Bildvierecks zur andern läuft und es teilt. stante, quale dal uno lato all’altro pas—
sando su pel centrico punto divida il qua—
drangolo.
Und weil diese Linie durch den Et questa perche passa pel puntt
Zentralpunkt geht, nenne ich sie Zentral- centrico dicesi linea centrica. '
‚linie [se. Horizont].
Dieser Text, dessen Form zweifellos etwas umständlich ist, darf gleichwohl
erst
dann als unklar oder gar als korrumpiert bezeichnet werden, wenn auch sachliche Be-
denken gegen ihn ilI‘IZUfÜl'II’CI‘l w ären; d. h. wenn sich in seinen positiven ‚Bestimmun-
So—
gen wirkliche Lücken, Unrichtigkeiten oder Widersprüche nachweisen ließen.5
lange das nicht g eschehen ist, haben wir die Pflicht, die überlieferten Angabe als n
maßgebend anzuerkeimen, und (iamit das Recht, jede Deutung, die sich mit diesen
Angaben in Widerspruch setzt, abzulehnen.

l.

Die „Distanzpunktkonstruktion‘ ‘, auf die sich Albertis Text nach der Ansicht \Vie—
ncrs, Janitscheks und Kerns bezie hen soll, wird folgende
rmaßen ausgeführt:
seite des zu
Ich gebe mir auf der Bildfläche einen Augenpunkt A, und die Vorder dem (0|-
Vergl eichs mit
konstruierenden Grundqu adrats (als die ich, des leichteren
); ich nenne sie a b und teile
genden wegen, die Gru ndlinie des Bildvierecks annehme
indun gen von A mit a b c d cf
Sie durch die Punkte c' d e f in gleiche Stücke. Die Verb
die Entfernung des
ergeben mir die Orthogon alen. Nun trage ich die „Distanz“ (sc.
Auges von der Bildebene) auf dem durch A gelegten „I'lorizont“ von A aus bis D ab
und verbinde D mit a.
ich Waage—
Durch die Schnittpunkte die ser Linie mit den Orthogonalen lege
iI‘eilquadrate
rechte, die zusammen mit den letzte ren das gesuchte Quadrat und seine
bezeichnen (Abb. 'l). —

5 Daß dieser Nachweis auch V01 1 Kern nicht geführt worden ist,
hoffen wir unten (siehe beson-
ders die Amnerkungen 8 und 10) gezeigt zu haben.
Renaissance und Barock

Die fanz
D

a c .d e f b
Abb.l
_v
Diese'Konstruktion als mit der
von Alberti ange gebenen identisch
ten, erscheint zunächst deshalb zu betrach—
unmöglich, we il nach Alberti die
versalen an den Schnittpunkten Abfolge der Trans— ‘
eines Lotes abgelesen werden
Distanzpunktverfahren die'Int soll, während beim
ervalle auf der L inie D a sich
rechte überhaupt nicht vorkom abtr age n und eine Senk—
mt. Wenn Kern, der sich dieser
unbewußt ist, eine „Verwe Schwierigkeit nicht
chslung zwischen der Lin
annimmt, so ist einmal dag ie D a und der _Senkrechten“
egen einzuwenden, daß Alb
läufig erwähnt, sondern au erti d as Lot nicht etwa ibei—
sdrücklich und umst i-in
„Senkrechten“ definier dlich den Begriff der
t, was er sicl 1er nicht geta
ren im Sinne gewesen wäre, bei n hätte, wenn ihm ein Verfah—
dem g ar keine Senkrechte nöt
das ist vielleicht der überze uge ig ist. Sodann aber - und
ndste Einwand gegen die Ker
pretation -— beweist der Text mit n—Janitsel'ieksche Inter—
voller Deutlichkeit, daß Alberti
der sich ja die I)ista112punktko auf der Bildt'afel (auf
nstruktion von Anfang bis zu
die Linie D a einfach deshal Ende vollziehen müßte)
b nicht eintragen konnte, we
nicht eingetragen hatte. De il er den Punkt D auf ihr
r Punkt D nämlich ergibt
dem Horizont vom Flucht sich, indem man „die Distan
punkte der Orthogonalen z auf
abtriigt“." Alberti aber sagt (p. [d. h. vom Augenpunkt] aus
83, l. 8 von unten) klipp und
zontlinie erst nach de klar, daß er die H ori-
r Fertigstellung der ges
tion ziehen will. —— Bedür amten Bodenkonstruk
fte es nach diesem nocheines -r
daß Albertis Angaben unm weiteren Beweises dafür,
öglich auf das Distanzpunkt
können, so fänden wir ihn verfahren bezogen werden
gerade in der Textstelle, die
ment für die gegenteilige merkwürdigerweise als Arg
Ansicht benutzt worden u-
keit der Konstruktion übe ist: daß man sich von de r Ric
rzeugen könne, indem ma htig-
rade die Diagonale für mehre n feststelle, ob eine einzig
re Quadrate bilde. Dieser e Ge-
Distanzpunktkonstruktio I’assus scheint insofern auf
n hinzuweisen, als in der die
Quadrat diagonal durchs Tat die Linie D a, die d as
cl‘lneidet, zugleich die Di große
stellt; und wenn man dar agonale von fünf Teilquadrate
aus nur geschlossen hätte, n dar-
daß Alberti das Distanzpu
nkt-
(3 Kerns eigene Worte,
a. a. 0., p. 26 unten.
Das PCTSIÄCMIWECÜF’ Vei daren L. B. (l/Iwrtis ‚ „.„._„.._„ __ ‚ 657

verfahren gekannt habe und es zur Kontrolle der nach einer andern Methode
ausgeführten Konstruktion habe empfehlen wollen, so hätte man damit zwar Un»
beweisbares gesagt — denn nichts berechtigt zu der Annahme, daß Alberti die Dia-
gonale bis zur Überscl'ineidung des lrlorizonts weitergeführt wissen will, und es ist
ein gar weiter Weg von der sehr naheliegenden Uberlegtmg, daß in einem richtig auf-
geteilten Quadrat eine schräge Folge von Teilquadraten eine gemeinsame Diagonale
haben muß bis zu der Feststellung, daß die Verlängerung dieser Diagonalen den
Horizont in einem Punkte treffen würde, der um die Distanz vom Augenpunkt ent-
fernt wäre — aber man wäre wenigstens mit den Bestimmungen Albertis im Einklang
geblieben. — Allein man ist viel weiter gegangen und hat “behauptet, „dafä das, was
Albertii als Beweis der Richtigkeit angesehen wissen will, ursprüngliche Konstruktion
sein soll“, und diese Ansicht, die nicht nur ebenso unbeweisbar ist wie jene, sondern
außerdem noch — wie schon gesagt — mit den andern Angaben des Textes unvereinbar
ist, ist vor allem auch deshalb zurückzuweisen, weil Alberti zu sehr Mathematiker
war, als dafi er die Richtigkeit eines Resultates mit derselben Konstruktion hätte
beweisen wollen, mit der er es soeben el‘zielt hatte: daß er eine Diagonale brau—
Cl’lcn will, um sein Ergebnis zu prüfen, beweist — wenn anders wir ihm nicht ent-
weder die Glaubwürdigkeit oder die Urteilsfahigkeit absprechen wollen —-, d als er
sie bisher noch nicht gezogen hatte, d. h. daß das Verfahren, mittels dessen er
sein geteiltes Quadrat konstruierte, nicht das Distanzpunktverfahren gewesen sein
kann. '

II.

Wenn wir demgegenübe r —- in derselben Weise, . wie es Staigmüller im Repertorium ge—


tan hat —— den Versuch machen, der Konstrukt!onsanwelsung Albertis niit vorbehalt-
loser Treue nacl‘izufolgen, so ergibt sich folgendes Verfahren:
a) Wir sollen als Vorderseite des Grundquadrates die Basis des Bildvierecks
annehmen, die wir wieder a b nennen wollen, und sie (durch die Punkte c d e f) in
gleiche Stücke teilen; über ihr ist an passender Stelle der Augenpunkt A einzutragen,
dessen Verbindungen mit a b c d e funs die Orthogonalen ergeben (Abb. 2).
b) Es ist — auf einer neuen Zeichenfläche — eine Gerade zu ziehen, die (durch die
Punkte g h i k l m n o _p usw.) in ebensolche (nicht, wie es in Janitscheks Übersetzung
irrig heißt: in ebensoviele) Abschnitte zu teilen Ist, w1e die Linie a b in der zuerst vo'r-
genommenen Konstruktion. .Dann soll ein Punkt (B) angenommen werden, der
usw.
Cbenso hoch über g s liegt, als vorhin A über a b lag, und der mit g l1 i k l m n o p
zu verbinden ist. Dann sollen wir die „1.)istai‘iz“ festsetzen — daß der Punkt, von dem
aus diese Festsetzung erfolgen soll, nur der Punkt B sein kann, ergibt sich nicht
allein daraus, daß er der zuletzt Erwähnte ist, undodaß die_Annahme, es sei der
Augenpunkt gemeint, zu den dargelegten unauflöshchen Widersprüchen mit den
übrigen Bestinnnungen führen würde, sondern vor allem auch daraus, daß der

7 Janitschek, a. a. 0., p. 232.


65_3_„ Renaissance u m1 Bat mal).

Abb. 2
a c .d e f b

Augenpunkt in der zweiten


Konstruktion über haupt nicht
ist3 —, dort (im Punkte C) das verzeiöhnct worden
schon erwähnte Lot errichten, das
ß h usw. in v, “w, x, y, z ges von den Linien B g,
chnitten wird." Die Abfolge
net die Abfolge der gesuchten dieser Schnittpunkte bezeich
Transv‘ers -
alen (Abb. 3).,
Was den Sinn der soeben voll
zogenen Konstruk tion angeht,
Möglichkeit, sie anders zu deu so sehen wir keine
ten, als Staigmüller e s getan hat:
die proportionierten Interva eine Vertikale, auf der
lle der gesuchten T ransversa
Punkte konvergierendes Stra len durch ein in einem
l'ilenbüschcl abge schnitten
pendiculare linea, dove dall’alt werden — questa cosi per—
re sara tagli ata, cosi mi darä
traverse quantitä —, kann sch la successione di tutte le
lechte rdings nichts anderes
dießildebene: Die Konst sein, als ein Schnittdurch
ruktion, die in Abb.3 vor
ständlich — dann freilich seh genommen wurde, ist ‘nu
r leicht: verständlich -— als r ver—
dem die Bildebene als Ve ein Aufriß der Sehpyramide
rtikale die quadrierte , in
Grundebene als eingeteilt
e Horizon-
f

8 Die für Kern anstößige Tat


s ache, daß bei Alberti jed
seitliche Verschiebung des P e r Hinweis auf die erforde
unktes (sc. B) im Vergle rliche starke
erklärt sich leicht, we nn ich mit der Lage des Augenp
man bedenkt, daß der unktes fehlt,
tion vorkommt, in der der P unkt ß nur in der abgeso
(hier g an}: überflüssige) Au nderten Konstruku
Wollte man diesen durc genpunkt gar nicht verzei
h aus darauf eintra
gen, so wäre sein Absta chnet ist.
von B) dadurch ausreic nd von C (und damit auch
hend bestimmt, daß er,
liegen müläte. der in Abb. 2 über e liegt
, in Abb. 3 über k
9 Staigmüller machte
bereits darauf aufme
lare linea tagliando q ual rksam, daß Albertis
u n q ue truovi linea“ Ausdruck „una perpend
insofern durchaus verstä icu-
B n usw. nicht vom Lot ndlich ist, als B m,
geschnitten werden. Wi
leicht unbewußt) die Voraus r müssen erwähnen, daß
setzung macht, dal5 das Lot Albcrti (viel—
g s falle. Geschieht gerade in einen '„lieilpunkt
das nicht,lso bleibt
die Konstruktion zw der Linie
aber mit einer Distan ar durchaus richtig, arbeitet
z, die größer ist, als
l3 C. die eigentlich dafür ang
enommene l'intfernung
. 659
Das perspe/ctz'tgise/Je Verfahren [18' Allzertis

Ü „5550721.
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Abb. 3 i"

tale, das Auge als der Punkt B und die Sehstrahlen als die Linien B g, B h usw. er—
scheinen.’O - -
c) Endlich sind die durch diese Aufrißkonstruktion erhaltenen Werte (m v, v w,
w x, x y, y z) in die Bildfläche zu übertragen, und das in gewünschter Weise ein—
geteilte Bodenquadrat ist konstruiert. Da die Konstruktion ohne Zuhilfenahme einer
Diagonalen durchgeführt worden ist, darf diese jetzt mit Recht zur Kontrolle der
Richtigkeit verwendet werden. Ebenso kann auch der Horizont, der auf der Bildtafel
bis jetzt noch nicht benötigt wurde, nach Albcrtis Vorschrift nun nachträglich hin-
zugefügt werden (Abb. 4). —- I
Während also diejenigen, die Albertis perspektivische Methode mit dem Di—
stanzpunktverfahren identifizieren wollen, sich'mit den wichtigsten Bestimmun—

10 Als zweiten und letzten Einwand gegen die Staigmüllersehe Deutung des von Albcrti mit—
geteilten Verfahrens macht Kern eine 'l'atsache geltend, die freilich weniger gegen die Rich—
tigkeit der Interpretation als gegen die Ausführlichkeit des Textes zeugen würde: daß bei
Alberti hier” „weder mit Bezug auf die Bildebene noch in Hinsicht auf die Grundebene“ von
einem Querschnitt die Rede sei. Allein man wird das entschuldigen können: da Alberti zu
Anfang der ganzen Darstellung von vornherein mitgeteilt hatte, daß er zeigen wolle, wie der
Durchschnitt durch die Schpyramidc herzustellen sei (p. 7‘), I. 10), so hatte er, der hier ganz

als Praktiker spricht („ dii‘o quello fo io, quando dipingo“) keine Ve‘rpflicl‘itung, die angegebe
nen Konstruktionen jedesmal ausdrücklich zu begründ en, sondern durfte sich billig mit der
nicht miläzuvcrstehenden Beschreibung derselben begnügen.
.660. Rermz'ssmzcc mzd Barock

Abb.4
„a c d" e f b ‘

gen seines Textes in Widerspruch setzen und


diejenigen, die ihm wenigstens die
K e n n t n i s desselben zusprechen möchten
, sc ine Kontrollkonstruktion in einer zum
mindesten unbegründbaren Weise inter
pretieren müssen, finden wir, die wir, nichts
verleugnentf und nichts l'iinzusetzend,
Albertis Angaben in ihrem gganzen Umfan
aufrecht erhalten, bei ihm eine perspekt g
ivische Konstruktion, die nichtrnur
bestreitbar richtig ist, sondern auch — im Gege 1111-:
nsatz zu der Distanzmethode —- den
anderen italienischen Theoretikern des 115.
und beginnenden ‘16. Jahrhunderts nicht
unbe kannt war: die vereinfachte Form der „cos
truzione
legitima“”, wie sie bei Piero
della Francesca, bei Lionardo da Vinc
i und — auf Grund der in Italien
Kenntnisse -— unter dem Namen erworbenen
„näherer Weg“ auch bei Albrech
wird ”, entspricht der Konstruktion, in der t Dürer gelehrt
wir das perspektivische Verfahren
bertis erblicken, so vollständig, daß wir Al-
sie nur abzubilden brauchen (Abb. 5)
uns, was die Erklärung angeht, auf und
das oben Gesagte berufen können.
Abweichung besteht" darin, daß Die einzige
die anderen Theoretiker die ‚zur
Transversal-_lntervalle bestimmte Ermitt lung der
Konstruktion nicht, wie Alberti
deren Blatt, sondern auf der , auf einem beson-
Zeichenfläche selbst ausführen.
rein technische -— Unterschied erkl Allein dieser -— natürlich
ärt sich insofe rn sehr leicht, als Albe
Verfahren aus der malerischen rti, der sein
Praxis h atte, und Malern mit seine
n Mitteilungen

11 Dieser Name sollte nur für


diejenige Konstruktion gebrauc
bar—geometrisch aus de r Definiti ht werden, die sich unmittel-
on: Bild : Schnitt durch die Sehp
zwar sehr umständliches , aber yramide ergab und (als
allgemeingültigcs Verfahren) in
systen'iatisch gerichteten 'l'heore der Renaissance nur bei so
tikern wie Piero della lir ancesca
C. Winterberg “1899, Iiig. 45, Tex (de prospectiva pingendi, ed.
t p. XXXIIf.) und Dü rer (Underwe
Nürnberg 1525, liolio I). l. v. ff.) ysung der Messung
gelehrt wird. Später etwa bei 1’.
pictorum et architectorum, Rom I’uteus (l’ozzo), perspectiva
a 1693—4700, Tom. Il, Iiig. f.
12 Die in Betracht komme nden
Stellen sind zitiert bei
p. 35. E. l’ anofsky, Dürers Kunsttheo
rie, 1915,
Des P.sei/äs/itiw'r’is Wir/215W L 1* A [1’CN13' . .. .661

A 9 *1 ßz'sfanz B

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" „f -f'r-l JIJr 1!.“


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’‚f" H—I/ “1/ /

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Abb. 5

dienen wollte, die I'irfahrung gemacht haben wird, daß es schwer möglich war, die
sich stark seitlich entwickelnde Transversalkonstruktion auf der Bildtafel vorzuneh-
men: Während der Zeichner — abgesehen davon, daß sein Zeichenpapier größer sein
kann als sein Bildausschnitt -— seine Konstruktion einfach auf einen anderen Bogen
oder selbst auf die Tischfläche ausdehnen konnte, hätte der Maler, wenn er die bi-
stanz nicht unnatürlich klein annehmen wollte, nicht gewußt, wo er mit dem Punkt B
bleiben sollte; und so ist es wohl verständlich, wenn Alberti ihm riet, die Abstände
der Transversalen auf einer gesonderten Zeichenfläche zu ermitteln, und dann — durch
einen Papierstreifen oder mit dem Zirkel -— in die definitive Bildfläche zu übertragen.

Wir haben also, wenn wir resün-neren, nur zwei Möglichkeiten: entweder in Alber-
tis gegen 1435 n1edergeschriebener Anleitung die Darstellung eines Verfahrens zu er-
blicken, das von den Angaben des Textes in den wesentlichsten Punkten abweicht,
g noch von S. Serlio nicht richtig verstanden wurde” und in .Italien zum erstenmal bei
Vignola richtig beschrieben zu werden scheint”, oder darin die Beschreibung einer
Konstruktlon zu sehen, die mit Albertis Vorschrlften genau übereinstimmt, von
seinen Zeitgenossen, z. B. “von Uccello, nachgewiesenermaßen praktisch angewandt
wurde”, und bei denjenigen Theoretikern wiederkehrt, die auch sonst mit seiner
Kunstlehre in Berührung gekommen sind. -—

13 S. Serlio, Architettura, Libro secmido, p. 'l ff.


l4 Barozzi da Vignola, Le due regole della prospettiva, 1583.
|5 Festgestellt durch Kern, a. a. 0., p. 24.
662__„_„__ Renaissance 14?? d Barock

Anhang

Zum Schluß möchte uns — obzwar sie eigentlich nicht zur Sache gehört —
eine Anmer—
kung zu den von ‚Kern publizierten, höchst interessanten Konstruktionen
Uccellos
gestattet sein, deren ‚Eigentümlichkeit darin besteht, die für die
perspektivische Auf-
nahme körperlicher Dinge unbequeme Rundung dadurch zu beseitig
en, daß ihre Ge—
samtoberfläehe in lauter kleine Vielecke aufgeteilt wird und dadurc
h nicht mehr als
Wölbung, sondern als die Oberfläche eines sehr vielflächigen
Polyeders sich darstellt,
dessen Ecken genau bestimmte Ansatzpunkte für die perspe
ktivischen Konstruk-
tionslinien bilden16 (Abb. 6). Es scheint nicht unmöglich, derartige
Versuche zur Er-

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Abb. 6. Zeichnung von I’aolo Uecello


.„A; ‚ ‘

(Aus: Kern , Der Mazzocchio des Paolo Uece


d. k. preuß. Kunstsamml._XXXVI) llo, im Jahrb.
Abb
. .7.. Zeichnung‚ Dürers (Aus: R. Bruek,
I) as Skizzenbueh von Albrecht Dürer
Bibl. in Dresden, Tafel 125) in d. k.öff.

[6 Auch I’iero wendet, wenn auch


in geringerem Umfang, dieses P rinxip
Kreise als Polygone vorstellt (bes an, indem er sich
onders ehar akteristiscli die Linien
a. a. 0., I’ig. 43), ja (in Fig. 51) eine eines ‚Kre LIdwölbes,
n ringförmigen Wulst (genau dem
sprechend) aus 12 aehtseitigen .l" Mazmechio ent-
rismen zusammensetzt. Übe r die
Konstruktion mit der Ueee llos cf. Identität dieser letzteren
Kern, a. a. 0., p. 33.
Das perspektieise/Je l/cfrjitjyrm I. B. Aibei tis _. . _. . . _. . __ _ ' 663

klärung zweier schwer deutbarer Dürerzeichnungen '7 heranzuziehen, auf denen


ebenfalls die Oberfläche sphärischer ‚Körper —- nämlich menschlicher Köpfe und
Büsten — in eine große Anzahl von P olygo n en umgesetzt erscheint (Abb. 7), so dal3
sie in einigen Tageszeitungen schon als Vorläufer des Kubismus in Anspruch genom-
men werden konnten. Es ist wohl denkbar,- daß Dürer — angeregt vielleicht durch ein
italienisches Blatt von der Art der UccelloLZeichnungen, und stets heftig bemüht, ge-
rade die Formen des Menschen einer „begründeten“, d. h. geometrisch—rationalen
Darstellungsweise zugänglich zu machen —- den Versuch unternommen hat, sich den
n'ienschlichen Kopf so vorzustellen, wie Uccello sich seinen Kelch vorstellt, um
dadurch die perspektivische Aufnahme desselben zu erleichtern. Wenn auch dieser
VersuCh — wahrscheinlich deshalb, weil die Vielecke doch zu unregelmäßig gewesen
wären, und weil namentlich die Winkel, in denen sie zusammenstoßen, sich der ratio—
nalen Bestimmung so gut wie ganz entzogen hätten —» ohne Nachwirkung geblieben
ist, so erscheint doch die Tatsache, daß er unternommen wurde, nicht nur bezeich—
nend. für Dürcrs kunsttheoretische Absichten, sondern wäre auch ein weiterer Beleg
für seine vielfältigen Beziehungen zur Kunstlehre der Italiener.

Anmerkung der I'-lcrausgeber:

„Eine gute, tmter Ktmst/Jistorikern weder verbreitete noch begehrte mmImmatisebe Schal/71'!»-
dztrtg“, bat schon Gttstav [’attii (Die ‚Dz’irer—Literatur der letzten drei fahre, in: Repertm'itmz für
Kunstwisserzsc‘ba , 41 ‚ 1,9/9, l „34) I’anofs/ey czt'testiert. Dieses metbenmtise/Je Verstc't'ndiiis bat i/m
zu einer Reibe von Arbeiten z'i/Ier die Perspektive be 'i/Jigt. Hier kam": eine rvon Aiiwrti mit-
geteilte ‚tierspe/et'ivise/Je l'x’rmstrztktirmsaizweisimg neu iiiteiyiretiert und geometrisch (.2’arge5te/lt
werden, was von der zeitgerzössiseben Ferse/91mg ohne Zögern akzeptiert wird.

|7 Das Skizzenbuch von Albrecht Dürer in Dresden. lid. R. Bruek, 1905, 'l'alel 125.

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