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Fak.

BKR, FR B
Baumechanik III, BB 3403
Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt

Lösungsbeispiel Drehwinkelverfahren – anschauliche Berechnung ohne Zahlen


Stand: 21.12.2020
Baumechanik III, Anwendung des Drehwinkelerfahrens um die Schnittgrößen statisch unbestimmter
Tragwerke zu berechnen.
Aufgabe:
Berechnen Sie Stabendmomente für das Tragwerk unter der gegebenen Belastung.

Abbildung 1: Statisches System mit Belastung

Lösung
1 Allgemeines und kinematisch bestimmtes Hautsystem
Wir bestimmen den Grad der kinematischen Unbestimmtheit und bilden ein Gelenksystem.

Abbildung 2: Gelenksystem

Das Gelenksystem (Abbildung 2) ist kinematisch starr, also nicht verschieblich. Damit sind die linear
unabhängigen Stabdrehwinkel f = 0. Das System hat einen verdrehbaren Steifeknoten, den Knoten d.
Als Gelenksystem entstehen ein statisch bestimmter und stabiler Dreigelenkrahmen und ein statisch
bestimmter und stabiler Einfeldträger.

Der Grad der kinematischen Unbestimmtheit: 𝑛𝑛𝐷𝐷𝐷𝐷𝐷𝐷 = 𝑚𝑚 + 𝑓𝑓 = 1 + 0 = 1.

Lösungsbeispiel Drehwinkelverfahren DW-


Anschauungsbeispiel 1/5
Fak. BKR, FR B
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Wir ermitteln das kinematisch bestimmte Hauptsystem (Abbildung 3), in dem wir den verdrehbaren
Steifeknoten d festhalten.

Abbildung 3: Kinematisch bestimmtes Hauptsystem

2 Stabendmomente am kinematisch bestimmten Hauptsystem


2.1 Zustand 0 – wirkliche Belastung am kinematisch bestimmten Hauptsystem
Für die Stabendmomente nutzen wir das Skript (Abbildung 4). Nur der Stab 1 ist belastet, mit einer
konstanten Linienlast. Linker Knoten a ist eingespannt, rechter Knoten d ist eingespannt.

Abbildung 4: Auszug aus dem Skript zum Drehwinkelverfahren

0 𝑞𝑞∙𝑙𝑙𝑠𝑠2 𝑞𝑞∙𝑙𝑙12
𝑀𝑀𝑎𝑎𝑎𝑎 =− =−
12 12

0 𝑞𝑞∙𝑙𝑙𝑠𝑠2 𝑞𝑞∙𝑙𝑙12
𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 = =
12 12
0 0 0
𝑀𝑀𝑑𝑑𝑐𝑐 = 𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 = 𝑀𝑀𝑐𝑐 = 0
Stäbe ohne Last haben keine Endmomente für den Zustand 0. Ein Momentengelenk hat mit oder ohne
Last immer M = 0.
In der Abbildung 5 sind die positiven Stabendmomente infolge der äußeren Belastung am kinematisch
bestimmten Hauptsystem angetragen. Jeder Stab hat einen linken Knoten i und einen rechten Knoten
k. Die Zugfaser ist unten. Dementsprechend werden die Momente bezeichnet.

Lösungsbeispiel Drehwinkelverfahren DW-


Anschauungsbeispiel 2/5
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Abbildung 5: Stabendmomente Zustand 0 am linken und rechten Knoten, positiv im Uhrzeigersinn drehend (Zugfaser wird
gedehnt)

2.2 Zustand 1 – Einheitsverdrehung 𝜑𝜑1 am kinematisch bestimmten Hauptsystem


Für den Zustand 1 verdrehen wir den Steifeknoten mit einer definierten Einheitsverdrehung 𝜑𝜑1 =
1 𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 (Abbildung 6).

Abbildung 6: Einheitsverdrehung des Steifeknotens d, rechte Winkel bleiben erhalten

Mit dem Skript können wir infolge der Einheitsverdrehung die Biegesteifigkeiten der Stäbe berechnen.
Dazu verwenden wir Abbildung 7.

Abbildung 7: Auszug aus dem Skript, Stabendmomente infolge der Einheitsverdrehungen

4𝐸𝐸𝐼𝐼1 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑑𝑑 2𝐸𝐸𝐼𝐼1


𝜅𝜅𝑑𝑑𝑑𝑑 = ; 𝜆𝜆1 = =
𝑙𝑙1 2 𝑙𝑙1

3𝐸𝐸𝐼𝐼3
𝜅𝜅𝑑𝑑𝑑𝑑 =
𝑙𝑙3

Lösungsbeispiel Drehwinkelverfahren DW-


Anschauungsbeispiel 3/5
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4𝐸𝐸𝐼𝐼2 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑏𝑏 2𝐸𝐸𝐼𝐼2


𝜅𝜅𝑑𝑑𝑏𝑏 = ; 𝜆𝜆2 = =
𝑙𝑙2 2 𝑙𝑙2

3 Gleichungssystem aufstellen und lösen


Wir stellen das Gleichungssystem auf und lösen.

Für die Steifigkeitsmatrix haben wir einen Eintrag: 𝛼𝛼11 = 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑎𝑎 + 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑑𝑑 + 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑏𝑏
0
Der Lastvektor hat auch einen Eintrag: 𝐿𝐿1 = −�𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 �

Damit haben wir das Gleichungssystem: 𝛼𝛼11 ∙ 𝜑𝜑1 = 𝐿𝐿1


𝐿𝐿1
𝜑𝜑1 = = 𝜑𝜑𝑑𝑑
𝛼𝛼11

4 Stabendmomente am kinematisch unbestimmten System (Ausgangssystem)


Wir können nun die Stabendmomente am Ausgangssystem ermitteln.

Mad ist am linken Stabknoten, deshalb nutzen wir Mik:


0
𝑀𝑀𝑎𝑎𝑎𝑎 = 𝑀𝑀𝑎𝑎𝑎𝑎 + 𝜆𝜆1 ∙ 𝜑𝜑𝑑𝑑
Mda ist am rechten Stabknoten, deshalb nutzen wir Mki:
0
𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑀𝑀𝑑𝑑𝑎𝑎 + 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑎𝑎 ∙ 𝜑𝜑𝑑𝑑 rechter Knoten ⟹ Vorzeichenwechsel

Mdc ist am rechten Stabknoten, deshalb nutzen wir Mki:


0
𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑀𝑀𝑑𝑑𝑐𝑐 + 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑐𝑐 ∙ 𝜑𝜑𝑑𝑑 rechter Knoten ⟹ Vorzeichenwechsel

Mdb ist am linken Stabknoten, deshalb nutzen wir Mik:


0
𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 + 𝜅𝜅𝑑𝑑𝑑𝑑 ∙ 𝜑𝜑𝑑𝑑

Mbd ist am rechten Stabknoten, deshalb nutzen wir Mki:


0
𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 = 𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 + 𝜆𝜆2 ∙ 𝜑𝜑𝑑𝑑 rechter Knoten ⟹ Vorzeichenwechsel

5 Schnittgrößenermittlung M, V, N (Ausgangssystem)
Die Querkräfte ermitteln wir mit dem Skript.

Lösungsbeispiel Drehwinkelverfahren DW-


Anschauungsbeispiel 4/5
Fak. BKR, FR B
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Abbildung 8: Auszug aus dem Skript zur Ermittlung der Querkräfte

𝑙𝑙1 1
𝑉𝑉𝑎𝑎𝑟𝑟 = 𝑞𝑞 + (𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 − 𝑀𝑀𝑎𝑎𝑎𝑎 )
2 𝑙𝑙1

𝑙𝑙1 1
𝑉𝑉𝑑𝑑𝑙𝑙 = −𝑞𝑞 + (𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 − 𝑀𝑀𝑎𝑎𝑎𝑎 )
2 𝑙𝑙1

1
𝑉𝑉𝑐𝑐𝑐𝑐 = (𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 − 𝑀𝑀𝑐𝑐𝑐𝑐 )
𝑙𝑙3

1
𝑉𝑉𝑑𝑑𝑑𝑑 = (𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 − 𝑀𝑀𝑐𝑐𝑐𝑐 )
𝑙𝑙3

1
𝑉𝑉𝑑𝑑𝑢𝑢 = (𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 − 𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 )
𝑙𝑙2

1
𝑉𝑉𝑏𝑏𝑏𝑏 = (𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 − 𝑀𝑀𝑑𝑑𝑑𝑑 )
𝑙𝑙2

Die weiteren Schnittgrößen sind mit den Gleichgewichtsbedingungen zu ermitteln.

Lösungsbeispiel Drehwinkelverfahren DW-


Anschauungsbeispiel 5/5

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