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1. Die Halbleiter
1.1 Aufbau der Atome
Um die Vorgänge in elektronischen Bauteilen welche aus halbleitenden Werkstoffen oder
Legierungen hergestellt werden zu verstehen, müssen wir zunächst die Eigenschaften der
Atome kennen lernen. Die Erklärungen welche die Physiker heute vom Verhalten der
Werkstoffe geben, hängen mit deren Aufbau zusammen.
Werkstoffe sind demnach aus Atomen aufgebaut, die sich untereinander in der Anzahl
Teilchen unterscheiden, aus denen sie bestehen. Die Einteilung der Atome beruht gerade auf
der wachsenden Anzahl dieser Teilchen, wobei das erste Atome nur zwei enthält, bis zu den
letzten die über hundert enthalten. Diese Einteilung heisst die periodische Tafel der
Elemente, und wurde von Dimitri Mendelejew eingeführt (1834 - 1907).
Man geht davon aus, dass die Teilchen welche ein Atom bilden, in einem Kern angeordnet
sind, der aus Protonen und Neutronen besteht, und um den herum eine Wolke kleiner
Elektronen fliegt, auf genau festgelegten Abständen, die Elektronenschalen genannt werden.
Die Kräfte die zwischen all diesen Teilchen wirken, sowie diejenigen zwischen den Atomen
eines Körpers bestimmen weitgehend das Verhalten eines Werkstoffs in Abhängigkeit von
den Beanspruchungen denen er ausgesetzt ist.
Für die elektrischen Eigenschaften und Wirkungen sind hauptsächlich die Elektronen welche
auf der äussersten Elektronenschale fliegen, von Bedeutung.
In der Natur kommen keine Atome (in stabilem Zustand) vor, welche mehr als 8 äussere
Elektronen besitzen. Dies bestätigt uns die Periodentafel der Elemente.
Die am weitesten verbreitete Darstellung eines Atoms wurde von dem Physiker Niels Bohr
(1885-1962) vorgeschlagen. Sie ist für einen Elektroniker sehr praktisch, und wird von ihm
weiter vereinfacht.
Neutron
Elektronen
Kern
Proton
Fig. 1.1 : Aufbau des Atoms nach dem Modell von Bohr.
Der innere Kern setzt sich aus Teilchen zusammen welche in allen Stoffen vorkommen. Dies
sind die Protonen und die Neutronen. Das Proton trägt eine positive elektrische Ladung,
gleich der des Elektrons, wobei seine Masse allerdings sehr viel grösser ist. Das Neutron
entsteht aus der Kombination eines Elektrons mit einem Proton. Seine elektrische Ladung ist
Null, und seine Masse ist etwas grösser als die des Protons.
beträgt etwa 10-14m. Protonen und Neutronen, welche die beiden Nukleonen genannt werden,
haben einen Durchmesser und eine Masse die ungefähr 2000 mal grösser als die eines
Elektrons sind. Der Kern besitzt praktisch die ganze Masse des Atoms. Im Vergleich zum
Durchmesser des Atoms beträgt der des Kerns nur etwa den zehntausendsten Teil. Im Innern
des Atoms gibt es also sehr viel leeren Raum.
Das einfachste Atom ist das des Wasserstoffs, welches aus einem Kern mit einem Proton und
einem Neutron besteht, sowie einem Elektron. Als nächstes besitzt das Heliumatom 4
Protonen in seinem Kern, und vier äussere Elektronen.
Wasserstoffatom Heliumatom
- Äussere
Elektron
Elektronen
- ++ - +4 -
Kern - Kern
Fig. 1.2 : Wasserstoffatom und Heliumatom.
Andere Elemente bestehen aus Atomen mit unterschiedlichen Anzahlen von Protonen,
Neutronen und Elektronen. Zur Zeit unterscheidet man etwa 105 einfache Stoffe. Die
Umlaufbahnen der Elektronen sind auf mehrere Schalen verteilt. Diese Schalen werden mit
den Buchstaben K, L, M, N, O, P und Q bezeichnet. Sie werden in einer Ebene dargestellt
durch konzentrische Kreise um einen Kern herum (Bohr’sches Atommodell). In Figur 1.3 ist
der Aufbau des Kupferatoms Cu dargestellt mit 29 Protons und 29 Elektronen wovon sich
eines auf der äusseren Schale befindet.
Elektron - - - MN
- - -
L
- - - K - -
- Äusseres
- +29 - - -
Elektron
- -
- - -
- - -
- - Kern
- -
1.2 Leitfähigkeit
Wenn man die Werkstoffe nach ihren elektrischen Eigenschaften einteilt, unterscheidet man
drei Gruppen nach ihrer Leitfähigkeit. Diese sind:
a) die Leiter
b) die Halbleiter
c) die Nichtleiter oder Isolatoren
Die Tabelle von Figur 1.4 gibt den spezifischen Widerstand (ρ) einiger Stoffe an.
Résistivité ρ [Ω.Cm]
Bei den Leitern besitzt die periphere Schale freie Elektronen welche elektrische Ladungen
tragen. Die Figur 1.3 zeigt ein Kupferatom mit einem freien Elektron in der peripheren
Schale.
Im Gegensatz dazu bilden im Atomgitter von Isolatoren die Elektronen der peripheren Schale
sehr starke Valenzbindungen mit jenen umliegender Atome. Es gibt daher keine freien
Elektronen welche Ladungen tragen.
Die Figur 1.5 zeigt das Atomgitter des Isolators Polyäthylen. Man erkennt, dass die
peripheren Elektronen des Atoms Kohlenstoff 6 (C) paarweise Valenzbindungen mit den
peripheren Elektronen der danebenliegenden Kohlenstoff- und Wasserstoffatome eingehen.
Es gibt kein freies ladungstragendes Elektron.
+1 H
- -
- - -
C - C -
+4
-
+4
- +4 C
- - -
- -
+1 H
II III IV V VI
Zink (Zn) Aluminium (Al) Silizium (Si) Phosphor (P)
Kadmium (Cd) Gallium (Ga) Germanium (Ge) Arsen (As) Selenium (Se)
Quecksilber (Hg) Indium (In) Zinn (Sn) Antimon (Sb) Tellurium (Te)
Von all diesen Elementen werden zwei Elemente der Kolonne IV, das Germanium (Ge) und
das Silizium (Si) am häufigsten zur Herstellung elektronischer Bauteile verwendet. Von den
ersten Bauteilen welche in den 50er Jahren auf den Markt kamen, bestanden die meisten aus
Germanium, da damals die Verarbeitung dieses Elements besser bekannt war als die des
Siliziums. Das Germanium widersteht allerdings schlecht höheren Temperaturen (max 90ºC)
wohingegen Silizium wesentlich höhere Temperaturen aushält (150ºC) . Ein weiterer
wichtiger Vorteil von Silizium ist, dass sein Oxyd (SiO2) ein sehr guter elektrischer Isolator
ist. Diese Eigenschaft wird bei der Herstellung des "Planar"–Transistors ausgenutzt. Diese
"Planar"–Technik gestattet es nicht nur Transistoren in Silizium herzustellen, sondern auch
ganze integrierte Schaltungen (ICs). Darunter versteht man eine Anzahl von Transistoren,
Dioden, Kondensatoren, Widerständen und Verbindungen welche eine vollständige Schaltung
bilden, und alle zusammen auf einem kleinen Siliziumplättchen hergestellt werden. Die
Anzahl der so auf einem Plättchen (Chip) integrierten Elemente kann Millionen oder mehrere
Millionen erreichen. Man spricht dann von Hochintegration (VLSI = very large scale
integration) .
Andere Bauteile und integrierte Schaltungen werden aus Legierungen hergestellt welche
Elemente der anderen Kolonnen kombinieren (II, III, V und VI). Diese sind für spezielle
Anwendungen bestimmt (Hochfrequenzschaltungen, optoelektronische Bauteile usw.).
- Periphere -
Elektronen
- - - -
- - - -
- -
- - -- -
- - +14 - - - - - +32 - - -
-
- - - - - -
- - - -
- Kern -
- - -
- -
Si: 14 Protonen und 14 Ge: 32 Protonen und 32
Elektronen wovon 4 auf der Elektronen wovon 4 auf der
peripheren Schale peripheren Schale
Fig. 1.6 : Aufbau des Siliziumatoms (Si) und des Germaniumatoms (Ge).
Für die elektrischen Eigenschaften sind nur die Valenzelektronen (die peripheren Elektronen)
wichtig. Entsprechend kann die Darstellung des Aufbaus des Siliziumatoms (Si) und des
Germaniumatoms (Ge) vereinfacht werden, indem nur die 4 Elektronen der peripheren Schale
(negative Ladungen) und ein Kern mit 4 Protonen (positive Ladungen), symbolisiert durch die
Zahl +4, notiert werden (Figur 1.7).
- +4 -
Atome
Kovalente
Bindungen
Um das Verständnis zu erleichtern, wollen wir die dreidimensionale Struktur der Figur 8
durch eine Darstellung in der Ebene wie in Figur 9 ersetzen:
+4 +4 +4 +4 +4 +4
+4 +4 +4 +4 +4 +4
+4 +4 +4 +4 +4 +4
+4 +4 +4 +4 +4 +4
Diese Darstellung erleichtert die Veranschaulichung und das Verständnis der Begriffe eines
freien Elektrons respektive Lochs sowohl in einem reinen Si- oder Ge-Kristall als auch in
einem gedopten Kristall.
Beim absoluten Nullpunkt, d.h. bei -273°C, besitzt ein reines Silizium- oder Germanium-
Kristall kein freies Elektron und wird damit zu einem perfekten Isolator. Bei
Umgebungstemperatur bewirkt die thermische Bewegung (charakterisiert durch den Wert
kT≈ 0.026 eV) den Bruch einiger (weniger) Valenzbindungen. Das so von seinem in der
Valenzbindung festgelegten Platz losgerissene Elektron kann sich nun praktisch frei im
Kristallgitter bewegen und so zur elektrischen Leitung beitragen. Es wird daher ein freies
Elektron genannt (siehe Figur 1.10). Das freie Elektron lässt im Kristallgitter eine
Aza, moj, bip V1.1 3. Semester 11.09.2007
Modul Eln1 : Halbleiter Seite 8/11
unvollständige Valenzbindung. Diese Lücke, das heisst dieser Mangel eines Elektrons in einer
Valenzbindung wird "Loch" (hole) genannt. Da das Losreissen eines Elektrons aus einer
Valenzbindung immer ein Loch erzeugt, spricht man von der Erzeugung oder Entstehung von
Elektronen-Loch-Paaren. Manchmal kommt es vor, dass ein freies Elektron die fehlende
Valenzbindung eines Atoms vervollständigt, indem es ein bestehendes Loch ausfüllt. Dann
spricht man von einer Elektronen-Loch-Rekombination (umgekehrter Vorgang wie bei ihrer
Entstehung).
Ein Elektronen-Volt entspricht der Energie welche ein Elektron erhält, wenn es eine
Poentialdifferenz von 1V durchläuft :
Diese Energie kann von der thermischen Bewegung herrühren wie oben erwähnt, oder von
einem Photon abgegeben werden (photoelektrischer Effekt) wenn es auf den Halbleiter fällt.
Ein freies Elektron aus einer einem Loch benachbarten Valenzbindung kann jenes ausfüllen.
Dies entspricht einem Verschieben des Lochs im Kristall. Dieses Verschieben des Lochs kann
sich von Nachbar zu Nachbar fortsetzen. Zum weiteren Studium dieses Vorgangs führt man
das sehr bequeme Konzept eines Lochs ein, das sich wie ein massebehaftetes Teilchen mit
positiver Ladung frei im Kristall bewegen kann. Intuitiv kann man den Begriff des Lochs als
positive Ladung verstehen, welche ein Valenzelektron mit dem ionisierten Atom zurücklässt,
da dises 4 positive Ladungen im Kern und nur drei negative Ladungen der übriggebliebenen
Valenzelektronen besitzt.
+4 +4 +4 +4 +4 +4
freie
Elektronen
+4 +4 +4 +4 +4 +4
Elektron-
Loch-Paare
+4 +4 +4 +4 +4 +4
freie
Löcher
+4 +4 +4 +4 +4 +4
Fig. 1.10 : Entstehung von freien Elektronen und Löchern in einem Si- oder Ge-
Kristall.
Natürlich wird eine Erhöhung der Umgebungstemperatur eine grössere Anzahl von
Elektronen-Loch-Paaren erzeugen. Auf jeden Fall bleibt die Zahl de Elektronen die durch die
Diese Werte sind sehr klein im Vergleich mit der Anzahl Atome pro cm3
Die reinen Kristalle haben eine ziemliche schwache Leitfähigkeit und können damit nicht
direkt verwendet werden für die Herstellung von elektronischen Bauteilen. Um diese
Leitfähigkeit zu erhöhen, muss man künstlich die Anzahl der Ladungsträger (freie Elektronen
oder freie Löcher) vergrössern. Dies kann man erreichen, indem man im Kristallgitter von Si
oder Ge kleine Mengen von Unreinheiten einbringt, was auch Dopen genannt wird.
1.7 "N"-Halbleiter.
Wenn man in das Si- oder Ge-Kristall fünfwertige Elemente (p, As, Sb,..) einbringt, kann man
die Zahl freier Elektronen im Kristall erhöhen. Nur 4 Elektronen des fremden Atoms werden
in den Valenzbindungen des Kristalls festgehalten ; das überzählige Elektron ist praktisch frei
(siehe Figur 1.11). Durch das "Dopen" wird eine wesentlich höhere Dichte von freien
Elektronen als im reinen Kristall erreicht. Die Leitfähigkeit steigt proportional dazu an und
+4 +4 +4 +5 +4 +4
+4 +4 +5 +4 +4 +4
+5 +4 +4 +4 +4 +5
freie Geber-
Elektronen Atome
+4 +5 +4 +4 +4 +5
beruht praktisch nur auf den Elektronen (Mehrheits-Träger). Die Zahl der Löcher
(Minderheits-Träger) nimmt ab wegen der Rekombination. Der so erhaltene Halbleiter wird
freie Elektronen
Mehrheits-Träger
freie Löcher
Minderheits-Träger
ionisierte Geber-Atome
(feste positive Ladungen)
Fig. 1.11 : Vereinfachte Darstellung eines Halbleiters vom Typ N.
1.8 "P"-Halbleiter.
Wenn man mit einem dreiwertigen Element dopt (Al, Ga, In,…) erhält man Halbleiter vom
Typ P in denen die Löcher überwiegen und die Elektronen in der Minderheit sind. Da die
Atome des Elements nur drei periphere Elektronen haben, nehmen sie Elektronen der
Nachbaratome auf und schaffen so freie Löcher im Kristall. Daher der Name "Nehmer-
Atome" Die freien Löcher können sich von Nachbar zu Nachbar bewegen wie positive
Ladungen (siehe Figur.1.12). Die Nehmer-Atome die ein zusätzliches Atom angezogen haben
um die vier Valenzbindungen zu vervollständigen sind zu festen ionisierten Atomen
geworden, mit negativer Ladung.
So kann durch Dopen eines Si- (Ge-) Kristalls mit dreiwertigen Elementen eine grosse Zahl
freier Löcher erzeugt werden. Da die Löcher eine positive Ladung besitzen (P), ist der so
erhaltene Halbleiter vom Typ P (positives Loch).
ionisiertes Atom : negative feste Ladung
+4 +4 +4 +3 +4 +4
+4 +4 +3 +4 +4 +4
+3 +4 +4 +4 +4 +3
freie
Löcher Nehmer-
Atome
+4 +3 +4 +4 +4 +3
freie Elektronen
Minderheits-Träger
freie Löcher
Mehrheits-Träger
ionisierte Nehmer-Atome
(feste negative Ladungen)