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ÖG II - Mesner

1. Einheit: 02.03.23
Ist Österreich ein Nationalstaat?
National bezieht sich auf die deutsche Sprache -> deutsch-nationale Partei
Vaterländische Besinnung -> Österreich eigentlich nicht selbstständig, sondern als Teil eines
größeren Deutschlands
Von 18 auf 19 Jh. viele Veränderungen -> rechtfertig Periodisierung
Meist teleologische Struktur (d.h. bestimmtes Ziel vor Augen) à Entstehung und Entwicklung
einer Nation als Ziel
=> heute eher ein Resultat aus historischen Prozessen
Was ist Moderne?
Zur Moderne führte die Industrialisierung (=Erscheinung), Nationalisierung (=Entwicklung)
und Demokratisierung, Individualisierung (Menschen als Individuen nicht als Gruppen
angesehen) sowie Säkularisierung (religiöser Bedeutungsverlust)
1804 staatsrechtlicher Beginn Österreich
KEINE linearen Verläufe! Entwicklungen können auch umkehrbar sein, z.B. die
Säkularisierung am Anfang des 20. Jhds. (Katholizismus als Leitschnur von
Handlungen)

Im Zentrum der VO werden Kriege in gesellschaftspolitischer Perspektive stehen


Wer war auf Schlachtfelder und Warum? Wer war betroffen? Wie waren Menschen
organisiert? Wie war Verhältnis zwischen Krieg und Gesellschaft? Wie war Entwicklung der
Technik? Verstaatlichung und Monopolisierung

Carl von Clausewitz (1780-1831): Krieg ist ein rationales Mittel zur Umsetzung staatlichen
Interessens (enger Zusammenhang zwischen Kriegen und Staatenbildung in europäischen
Kontext)
Bildung von modernen Staaten hat viel mit Kriegen zu tun
Karten von 1.PPP wichtig!!
Kriegstypologien
Staatenkriege (erst ab 30-jährigen Krieg): es gab einen gerechten Feind; gab die Idee der
Gegenseitigkeit -> symmetrische Relationen zwischen Kriegsgegnern (in Konzeption des
Konfliktes); Verrechtlichung des Krieges; ab franz.Revolution patriotischer Hintergrund
Bürgerkrieg: = innerstaatlicher Krieg; länger andauernde massive Gewaltaktionen; dort wo
staatliche Institutionen Probleme aufweisen; innerhalb bestehender staatlicher Grenzen
Kleiner Krieg (Guerilla): keine großen Armeen treffen aufeinander, kleine Gruppen immer
wieder gegen Staat oder Gesetzt bsp Spanien gegen Napoleon; große organisierte Armeen
gegen kleine Gruppen von Partisanen, die aber lokale Verhältnisse nutzen -> aufständische
Einheiten
Neue Kriege: Herrfried Mückler „von stark asymmetrischen Konfliktlagen geprägt“
Zwischenstaatliche
Extrastaatliche = zwischen Staaten und nicht staatliche Akteure (Oppostionskriege)
Innerstaatliche = Bürgerkriege, Gewaltkonflikte innerhalb der Staatsgrenzen
Substaatliche = zwischen verschiedenen nichtstaatlichen Akteuren innerhalb oder jenseits der
Grenzen z.B. Unabhängigkeitsbestreben
 Kriege können ihren Charakter ändern!

Gesellschaft Ende 18. JH: neue Staatsreformen, moderner Staat wie heute im Entstehen;
katholische Kirche war eng mit Herrscherhaus verbunden; Josef II und Leopold II sahen
Kirche als Absicherung ihrer Herrschaft; Gesellschaft ohne Möglichkeit Nachrichten schnell
an Bv zu übertragen -> staatlichen Herrscher haben Netzwerk der Kirche (Pfarrer) um News
an Volk zu bringen; seit 1792 Franz II ab 1904 Franz I -> 1. Österr. Kaiser
Koalitionskriege gingen bis Wiener Kongress als Folge zur Franz. Revolution; wurden
geführt zw. wechselnden Koalitionen von europäischen Mächten bzw. zwischen wechselnden
Koalitionen in Frankreich -> deshalb Name;
Revolutionskriege = 1. Und 2. Koalition
Napoleonischen Kriege = zweite bis sechste
Befreiungskriege =

2. Einheit: 09.03.23 - Die Koalitionskriege und der Wiener Kongress


Antinapoleonischen Truppen geprägt waren
Kabinettskrieg
Überblick Koalitionskriege siehe PPP
1. Koalition
Allgemeine Wehrpflicht für alle Männer zwischen 18-25 Jahre = levee en masse (1793) ->
französische Armee dadurch größer -> Kriegsführung verändert -> mehr militärische Erfolge
Zusammensetzung und Struktur des Heeres und der Bürgerschaft wurde dadurch verändert

= Zeit in der sich Nationalstaaten bilden -> denken in Nationalstaaten wird plausibler

2. Koalition
Schlacht bei Marengo & Hohenlinden
Phase wird durch Frieden von Luneville abgeschlossen (1801)
Es kommt dadurch zum Reichsdeputationshauptschluss (1803): im Frieden 1801 haben
westliche Fürsten Gebiete verloren und die sollen dadurch nun entschädigt werden ->
Reichsstände wurden mediatisiert; geistliche Fürstentümer wurden aufgelöst außer Bistum
Mainz; Herzogtum Salzburg wurde erschaffen; Reichsstädte (kleine eigenständige
Verbände/Gebiete) wurden den nächstliegenden Gebieten zugeordnet -> Zusammenhalt ging
dadurch verloren -> wenig Gebiete die direkt dem deutschen Kaiser unterstanden; durch
Umstrukturierung HRR …
Aus vielen kleinen Gebieten wurden mehrere mittelgroße Staaten -> Bildung eines
homogenen neuen Staates beeinflusst;
Schlacht bei Marengo: Schlacht spielt gewisse Rolle in populär Kultur (Oper, Essen); wie
wurde Krieg geführt? - Infanterie hat gekämpft; zwei Heere (franz. Gegen österr.);

Heeresorganisation in Österr.: keine allgemeine Wehrpflicht; 33% der Gesamtausgaben des


Staates kurz vor Napoleonische Kriege; Oberstinhaber der Regimente wurden zurückgedrängt
und es wurde ein staatliches Magazinsystem eingerichtet -> Versuch zu zentralisieren; Für
Rekrutierung der Soldaten wurden Werbebezirke errichtet -> wurden ausgehoben -> nicht
freiwillig; man hat versucht die Bv zu dokumentieren (=Konskription), Staat war dafür nicht
in der Lage, deshalb kirchliche Struktur genutzt um BV zu dokumentieren (seit 1938 machen
dies Standesämter) mit Hilfe von Matrikeln; 1814 waren 500 000 Männer ausgehoben (21 000
000 damals gesamt Bv); Durchsetzung der Konskriptionen war weltliche Gewalt -> es wurden
Reichsämter gebildet, die das überwacht haben; aus Heeresorganisation wurde auch
Staatenorganisation; Verstaatlichung der Heeresorganisation; Josef II veranlasste, dass Heer
Uniform tragen musste -> auch Folge der Homogenisierung; Soldaten waren nicht die einzige
mit Uniformen -> auch Beamte hatten Uniformen; welche Funktion hat das ? - Soll der
Integration der Habsburgermonarchie dienen -> soll Zusammenhalt stärken, wenn alle
Uniformen haben; Es gab strenge Reise- und Meldevorschriften. Diese Form hat eine
bestimmte Kontrolle erfordert und ist eingebettet. Hat Konsequenzen auf die Bildung des
Untertans. Seine Subjektivierung, vor allem wenn er männlich war: Zugang ist das Militär.
Welche Konsequenzen hatte Militarisierung? - Staat entsteht als militärisch organisierter
Apparat (zumindest ein Versuch); Form der Staatsbildung hatte auch geschlechterpolitische
Konsequenzen -> hälfte der Bv hatte nichts mit Organisation zu tun -> Frauen waren nicht
betroffen, waren militärischem nicht unterworfen;
Landwehr war für Erbländer verpflichtend (1818-1845), war überregionale gesamtösterr.
Patriotische Organisation, Mobilisierung aller männlichen Österr. Repräsentieren und
gewährleisten, dass sie für Österreich kämpfen -> Loyalität zum Kaiserhaus

3.Koalition
Schlacht von Trafalgar & Austerlitz

4. Koalition
Gründung des Rheinbundes (1806) -> Auflösung des HRR (deutscher Nation); von Bayern
und Baden-Wittenberg gegründet;
Durch franz. Ultimatum wurde Kaiser Franz abgesetzt
1802 wirtschaftliche Ausbeutung durch franz. Besetzungen, Feudalordnung wurde in vielen
Gebieten abgeschafft -> Besetzung bedeutet zu einem gewissen Grad auch Innovation für
einige Gebiete;
Kontinentalsperre (1806)

5. Koalition
Schlacht bei Aspern & Wagram
Phase wird durch Frieden von Schönbrunn beendet
Durch Ausweitung des franz Gebietes auch Gebiete, die nicht direkt besetzt wurden, wurden
motiviert zu einem Anpassungsprozess -> direkte Reaktion auf Ausweitung französischen
Einflussgebietes;

3. Einheit: 16.03.2023: Wiener Kongress & Die Revolution von 1848 und ihre Kriege
Auswirkungen der Kriege auf Gesellschaft: Nahrungsmittelpreise sind zu Beginn erstmal
nicht gestiegen -> Ernährung der BV war fortgehend gesichert, dies änderte sich jedoch im
Verlauf der Kriege; Inflation hat sich vor allem in Städten bemerkbar gemacht; es kam auch
zur Verwendung von Papiergeld; Beamte und alle Menschen die Schulden beim Staat hatten
mussten sich mit Papiergeld zufriedengeben; zu Beginn des 19. JH kam es zu Protesten wo
Papiergeld zerrissen wurde; Gesellschaften entwickeln sich in dieser Ausnahmesituation
sehr ungleichmäßig -> manche Wirtschaftszweige profitiert vom Krieg (Bsp. Hersteller von
Textilien) Unterschied vor allem zwischen Stadt & Land groß; Kontinentalsperre hat für
europäische Wirtschaft billige britische Konkurrenzgüter eingeführt; Angst vor
Verschwörungen wurde durch Proteste noch größer; das Regime bzw die Herrschenden selbst
wurden gegen ihre Beamtenschaft immer misstrauischer -> Freimaurerlogen wurden
aufgelöst; davon waren auch viele Beamte aus dem aufgeklärten Absolutismus betroffen;

Wichtigste Ergebnisse der Kriege: am Ende steht der Wiener Kongress (18. September 1814
bis 9 Juni 1815); es geht um Restauration der Großmächte, Wiederherstellung des
europäischen Gleichgewichts zwischen den Mächten Russland, Frankreich, Großbritannien,
Österreich und Preußen-> Stabilisierung der Herrscherhäuser und europäischen
Gleichgewichtes; das bedeutet auch dass das Prinzip der Legitimität wieder hergestellt
wird -> das Recht geht nicht von Volk, sondern von Gott aus; es geht auch um eine
Wiederherstellung der Gebietsaufteilungen; Frankreich (Ausgangspunkt der Kriege) seine
Grenzen sind erhalten geblieben; im Wiener Kongress geht es im Prinzip darum, die
Gesellschaft vor der Revolution wiederherzustellen;
Veränderungen durch die Revolution:
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) (kein Feudales Gesetzbuch) 1811 ->
grundsätzlich die allgemeine Gleichheit des Volkes voraussetzt, dennoch gewisse
Unterschiede nicht aufhebt, sondern bestehen lässt; Strafgesetzbuch 1803 -> kein sehr
innovativer Text, dennoch Schritt zur Vereinheitlichung -> Todesstrafe blieb erhalten!,
Verrechtlichung der Strafverfolgung initiiert, auch organisatorische Veränderung ->
Landesgerichte wurden zu Kriminalgerichte;
Politische Schulverfassung 1805: es kam zu einem eigenen ungarischen Schulwesen, Ziel
war die Erschaffung einer einheitlichen gebildeten Untertanenschaft, wurde von Kirchen
geleitet -> Staat hatte dafür kein Geld; Gymnasium und Realschule, Universitätsreformen;
Staatsbankrott 1811 (-> Schaffung der Nationalbank 1816) unmittelbare Auswirkungen auf
BV nicht so groß; Bereits in Friedenszeiten waren die Ausgaben für das Heer sehr groß,
wodurch Bankrott keine Überraschung war;
Veränderungen sind Formen der defensiven Modernisierung (-> aus wirtschaftlicher
Notwenigkeit); waren zum einen der Staatenkonkurrenz und andererseits der
Revolutionserfahrungen geschuldet; Verarmung der oberen Schichten durch Wertverlust des
Papiergeldes;
Ziel der Veränderungen waren vor allem die Vereinheitlichung des Staates -> sollte nicht
wie bei Feudalismus sein sondern Konzept einer einheitlichen Staatsbürgerschaft -> war zwar
Ziel wurde aber nicht einmal annähernd umgesetzt, dennoch war Konzept vorhanden;
Beamtenschaft war nicht mehr von Loyalität gegenüber dem Monarchen sondern gegenüber
dem Staat geprägt, außerdem bekamen immer mehr nicht Adelige Zugang zu dieser Laufbahn
-> wurden eigene Ausbildungsstätte für Beamtenschaften gegründet;
Veränderungen zeigen jedoch nur begrenzte Wirkungen, aber Langzeit Wirkungen; es
wurde eine Unabhängige Norm für Staat und Volk errichtet -> Verrechtlichung des
Absolutismus aber keine Demokratisierung; Freiheit der Person und des Eigentums

Die Revolution von 1848 und ihre Kriege


Was war das für eine Zeit zwischen 1815 und 1848? -> Biedermeier Zeit war eine Zeit des
ökonomischen Wachstums, fand aber nicht überall gleichzeitig statt -> west-ost-Gefälle; man
kann sagen, dass die Städte gewachsen sind in dieser Zeit zb Wien von 250 auf 370 Tausend
EW. Lokale Adel hat zunehmend Infrastruktur errichtet, wesentliches Ziel waren Kanäle als
wichtiges Transportmittel zu errichten (vor allem für Güter); es gab weniger Reise- und
mehr Güterwege; Schifffahrt gelang an Bedeutung -> Triest größter Hafen; Kaisertum im
17JH oft Motor der Modernisierung gewesen, das hat sich nach 1815 deutlich verändert;
Kaiser und Metternich waren gegenüber allem Neuen (technisch, wirtschaftlich, politisch etc)
grundsätzlich skeptisch; ein Ergebnis dieser Skepsis war die Geheimpolizei mit dem Ziel
ausländische Ideen des Feindes zu erfahren; nach 1815 (nach Etablierung Metternich) galt
eine politische Repression; die Wirkmächtigkeit des Systems Metternich (hinsichtlich
Technik und Ressourcen) sollte jedoch nicht überschätzt werden, da es nicht im Stande war
totalitär zu regieren; es wurden Überwachungssysteme etabliert (Passkontrollen, Meldungen
in Hotels etc) -> Ausländer sollten so gut wie möglich überwacht werden, diese
Möglichkeiten waren jedoch begrenzt (fehlende Technik); Staat des Vormärz war ein starker
Staat in Hinsicht auf seine Ambitionen aber schwach in Hinsicht auf seine Umsetzung ->
Grund lag in Begrenztheit seiner Mittel; Schulbesuch sank in dieser Zeit und auch
Studentenzahl sank -> Ausbau dieser Einrichtungen erfolgte nicht so schnell wie geplant und
es gab einen Ressourcenmangel; möglicherweise war der Grund aber auch ein generelles
Misstrauen;

Die Ereignisse des Jahres 1848:


Hintergründe der Aufstände war eine Finanzkrise, welche auch auf Österreich eine
Auswirkung hatte -> Staat war zahlungsunfähig; Staat war in seiner Existenz gefährdet;
Rahmenbedingung war die Platzierung einer Anleihe und für diese Anleihe hatten die
feudalen Provinzialstände die Garantie übernehmen; die Herrschenden waren gezwungen die
Generalstände einzuberufen -> März 1848 Einberufung der Provinzialstände
Versuch die Regierung auf eine breitere Basis zu stellen hat nicht funktioniert
Auch Februarereignisse in Paris hatten Einflüsse auf Aufstände -> Vorbildwirkung der
politischen Ereignisse;
3. März 1848 wurden Forderungen mittels einer Rede von Lajos Kossuth erneut; in Wien am
3. März Stundentendemonstration -> Adolf Fischhof hat dabei die neuen Forderungen noch
einmal definiert;
Brände in Vorstadt -> es ging um die Not der BV, da es zuvor zu Hungersnöten gekommen
war -> Armut in Vorstadt war enorm; Druck auf Regierung war hoch, weil Druck auch von
Seiten des bürgerlichen Milieus kam; der Druck führte dazu, dass am 13.März das Militär
zurückgezogen und Metternich abgesetzt wurde -> Metternich verließ die Stadt daraufhin;
Die drei Säulen des Systems Metternich: Legitimität, monarchistische Autorität und
Stabilität; auch das Heer verließ die Stadt, weshalb es zur Gründung einer Bürgerwehr kam;

4. Einheit: 23.03.2023:
Metternich hatte Wien verlassen -> in diese Lücke wuchs Nationalgarde (Bürgerwehr);
Nationalgarde hatte die Aufgabe die Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten;
Die Revolutionäre waren zu Anfang noch erfolgreich; Die in die Enge Führung des
Wählerkreis hat Urwahl für konstitutionellen Reichstag zur Folge; um die Lage zu beruhigen
hat es öffentliche Arbeiten gegeben (bsp. Bau der Semmeringbahn -> mehr als 10 000
Beschäftigte) -> hier sieht man, dass sich entwickelnder neue Staat neue Maßnahmen
übernimmt;
Urwahlen fanden am 22. Juli statt -> hob die bäuerlichen Untertanenverhältnisse auf und
Forderungen beschlossen, welche bereits seit Wiener Kongress ausständig waren;
Das Kaiserhaus zeigte sich weitaus unter dem Druck Zugeständnisse zu machen und hat
sowohl den Böhmischen als auch den Ungarischen die Schaffung von eigenen Institutionen
bewilligt -> wenn nicht, dann hätte sich eine gewissen Eigendynamik entwickelt;
Österreichische Kaiserhaus war aber durch Tagung des Deutschen Bundes noch stark unter
Druck -> gewähltes Parlament sollte entstehen -> Regierungsform der Monarchie in Gefahr;
hätte es eine Gesamtverfassung für den deutschen Bund gegeben, dann wäre die Konkurrenz
des Habsburgergebietes in Frage gestellt worden; die Problemlage war aus verschiedenen
Gründen für die Regentschaft der Habsburger sehr schwierig -> Mitten im Prozess der
deutschen Einigung, welche 25 Jahre später zu einem zwischenzeitlichen Abschluss
kommen sollte -> stellt sich für damals als sehr fortschrittlich dar -> kommt zur Trennung
von Staat und Kirche; Unterschied zur heutigen Wahrnehmung war dieser
deutschnationalismus im Kontext der Politik sehr fortschrittlich -> demokratisch orientiert;
vor allem mittelständische Staatsbürgerschichten daran interessiert -> wollen alte Eliten
abschaffen um eigene ökonomische Existenz weiterzuentwickeln; auch andere
Freiheitsbewegungen unterstützten dies (Polnisch, Italienisch..) dagegen waren der Großteil
des österr. Adels (weil Rechte des Adels eingeschränkt werden würden) aber auch viele
andere Anhänger (alle anhänger der nicht Freiheitsbewegungen Polens, Ungarns) auch
Großteil der Bauernbevölkerung weil diese im Normalfall sehr Kaisertreu waren;
Weiteres Problem lag in Oberitalien, weil dort auch die Idee einer italienischen Einigung
bestand, es war aber noch nicht klar auf welche Weise eine Einigung erfolgen sollte (ob
Republik oder ob Ausweitung der Herrschaft Sardinien/Piemont werden sollte -> weiterhin
monarchisch); die Konfliktlagen haben sich dahin entwickelt, dass die Nationale Armee
immer wieder verwendet wurde um Aufstände niederzuschlagen; insgesamt waren in diesen
nationalen Erhebungen die Generäle in Ungarn (Radezky, Windischkrätz); Kämpfe 1848
hatten mehrere Konflikte: Konflikte gegen das Kaiserliche, zwischen Bürgerlich und
Arbeiterschaft, im Zentrum politische während am Land eher Bvschichten, nur kurze Phase
der Koalition, Konflikte zwischen unterschiedlichen Nationalitäten;

Wie kann man sich diese Nationen vorstellen?


Viele Nationalgeschichten wurden ständig erzählt -> in diesem Zusammenhang ist 1848/49
bisl mystisch; In den Gesellschaften Ost-mittel-Europas handelt es sich um Gesellschaften die
in geringen Maße Lesen und Schreiben konnten, zumeist agrarisch, bäuerlich geprägt; vor
allem liberalisierende Eliten formierten sich neu und bildeten wechselnde Koalitionen ->
Eliten nutzten Chance die Infragestellung der Staaten -> Nationalstaat ist in dieser Phase
ein Elitenprojekt, es war noch unklar was aus Staat werden sollte, man kann noch nicht von
einem Nationalismus gesprochen werden; die bäuerliche Bv war in großen Teilen unzufrieden
-> vor allem in ökonomischer Sicht -> Elite hat versucht das zu ihrem Nutzen zu machen;
Begriff der Nation spielte unterschiedliche Bedeutung: im älteren Sinn ist Nation bestimmte
Gemeinschaft von Adeligen deren Macht wiederum durch Zentralisationsversuche der
Habsburger gefährdet war; in der Rhetorik der bürgerlichen Schicht war Nation ein
imaginiertes Volksganzes, dieses war die Legitimation für die Bevölkerung Mitsprache zu
haben, aber auch hier war unklar was Nation ausmachen sollte;

Regierung kehrt im August 1848 nach Wien zurück -> Symbol für Rückgewinnung der
Macht; Diese zurückgekehrte Regierung veranlasste sofort Einschränkungen der Arbeiter
(Bsp. Kürzung der Löhne), wodurch es zu Aufstände kam; im Zuge der Unruhen wurde
Kriegsminister gelyncht; am Anfang waren Aufständische erfolgreich bis Anfang Oktober,
wer Stadt verlassen konnte, der ging auch; am 31.10.1848 Widerstand der Demokraten
Zusammengebrochen und mehrere Monate Ausnahmezustand ausgerufen; diese Involvierung
des Militärs zeigte starke Macht der Generäle zu dieser Zeit; dagegen schienen die
Mitbestimmungsgrämien ziemlich bedeutungslos in ihrer Wirkmacht; Generäle waren sich
Einig, dass eine neue Regierung gegründet werden musste -> Felix Fürst Schwarzenberg
Felix Fürst Schwarzenberg hat sich als selbstständig handelnder Akteur erwiesen -> hat
Einheitsstaat entwickelt -> Staat ohne Selbstständigkeit für Ungarn und Böhmen;
Schwarzenberg hat einheitsstaat vorgeschlagen, der jedoch konstitutionell funktionieren
sollte; er hat auch Garantieerklärung abgegeben für Gleichheit aller Menschen vor Gesetz;
Schwarzenberg hat Beitrittsbedingungen des Deutschen Bundes zurückgewiesen, stattdessen
Österreichisches Einheitswesen unterstützt; dieser Neuanfang sollte auch ein Kronwechsel
bedeuten -> Ferdinand war ursprünglich noch Kaiser (war konstitutioneller Monarch), sein
Nachfolger ab Dezember 1848 war Kaiser Franz Josef; die Thronbesteigung erfolgte unter
Teilnahme der Generäle aber ohne Meister; selbst als Kaiser unter Gottes Gnaden bezeichnet -
> braucht keine Verfassung oder Unterstützung von Abgeordneten; Franz Josef hat aber alle
Länder und Stämme vereinigen wollen -> Versuch Einheitsstaat; diese Idee des gemeinsamen
Staates hat bedeutet Rücknahme aller Zugeständnisse in Bezug auf Autonomie (vor allem für
Ungarn und Böhmen); Franz Josef hat mit Verfassungsarbeiten begonnen, mit Ausarbeitung
der Verfassung wurde Schwarzenberg und nicht Reichstag beauftragt; am 04.03.1849 war
Verfassung fertig - war aufgezwungene Verfassung, hat mittelfristig dazu geführt, dass Ruhe
in Cisleithanische Regionen (westlich) wiederhergestellt wurde; es gab dennoch immer
wieder Unruhen;
Schon im Dezember 1848 war Windischkrätz ausgezogen, um Pest zu besetzen (in Ungarn),
mit dieser Besetzung durch österr. Armee wurde Revolution auch in Ungarn niedergeschlagen
-> dennoch war nicht in der Lage effiziente staatliche Strukturen umzusetzen;
Kaiser hat Russland um Unterstützung gebeten -> Ungarn bereits am 13. August kapitulieren;
nach Niederlage Ungarns haben Österreicher in Ungarn eine Siegerjustiz etabliert, was zur
Entfremdung des Zaren herbeiführte -> europäische Bevölkerung war davon empört;
Siegerjustiz bedeutet, dass Heerführer hingerichtet wurden -> Blutgericht von Arad;
Wesentlich ist, dass überall in Europa die Nationalgarden und Bürgerwehr den ..truppen
unterlegen waren -> vor allem in Bezug auf Ausrüstung und Ausbildung; nicht einmal ein
Zehntel der ungarischen Heeresleute hatten ein Gewehr; Bürger wollten tendenziell Bauern
und untere Schichten von Heer fernhalten; in den Jahren 1848/49 waren 100 000 Opfer der
Revolutionen -> wobei diese Dokumentation auch lückenhaft ist;
Ausschluss der Arbeiterschichten von der Politik; Differenzierungen des zukünftigen Staats..
nach Geschlecht -> anfangs waren Frauen noch zugelassen; Frauenwahlrechte 1848 waren nur
für Alleinstehende Frauen -> keine verheirateten Frauen durften Wählen !; wer Steuern zahlte
durfte auch Mitbestimmten -> Steuern = Wahlrecht -> Wahlrecht für ärmere Schichten nicht
möglich
Konsequenzen der Revolution / Längerfristige „Modernisierungs“folgen der Revolution 1848
• Neo-Absolutismus
• Einrichtung von Bezirkshauptmannschaften und Bezirksgerichten,
Gemeindeselbstverwaltung
• verbriefte persönliche Grundrechte
• Gleichheit vor dem Gesetz
• Aufhebung der Patrimonialherrschaft

5.Einheit 30.03.23: Schlacht von Königgrätz


Sie begann am 3. Juli 1966 und steht mit dem deutschen Krieg in Zusammenhang. Sächsische
und Österreichische gegen Preußische Soldaten. Die Schlacht war von militärischer,
technischer und politikwissenschaftlicher Bedeutung. Die Schlacht bei Königgrätz hat
weitreichende Konsequenzen: der deutsche Bund ist tot, die kleindeutsche Lösung setzt sich
durch. 200 000 österreichische Soldaten gegen 300 000 Preußische Soldaten; am Ende des 3.
Juli waren 2000 preußische und 5500 österreichische Soldaten Tot; zudem gab es auch sehr
viele Vermisste und 22 000 Gefangene;

Was ist der deutsche Krieg? -> zweite der deutschen Einigungskriege
Auseinandersetzung erfolgte in formaler Sicht Zwischen dem deutschen Bund und dem
Königreich Preußen; Zuvor hatten sich Preußen und Österreich Schlesien aufgeteilt aber ab
dem Zeitpunkt war Preußen vorherrschend; Antrag Österreich: Mobilisierung der
Bundesarmee gegen Preußen -> Preußen sieht als Kriegserklärung und ist somit aus deutschen
Bund ausgetreten; Was ist besonders an Schlacht? -> Schlacht markiert den Übergang zu
großen Massenheeren, weil Massenheere mit Eisenbahn transportiert wurden, Eisenbahnen ab
1830er Jahre in Österreich erbaut; Eisenbahn war ab Mitte des 19 JH ein innovatives
Massenverkehrsmittel -> machte Vorgängertransportmittel Konkurrenz -> das waren Kanäle
(lol); Eisenbahnen konnten lange Strecken schneller bewältigen -> Erleichterung und neue
Ausmaße für Massentransport möglich gemacht; durch Eisenbahn musste auch eine
Standardzeit eingeführt werden; Fazit: Eisenbahnfahren hat das Empfinden für
Geschwindigkeit und Tempo verändert; militärische Überlegungen waren aber nicht zentral
für den Eisenbahnbau sondern wirtschaftliche Aspekte, jedoch die Streckenführungen waren
militärische Überlegungen;
Hinterlader (=Feuerwaffe) wurden immer wichtiger; Paul von Hindenburg hatte an dieser
Schlacht teilgenommen, er hatte im 1.WK die Heeresführung -> hat später Hitler zum
Reichskanzler ernannt -> Spur von Kontinuität, welche zum 1.WK führt -> hier bereits
Generation involviert und sozialisiert war, welche dann später in den 1. WK ziehen sollte ->
menschlich, humane Kontinuität der Wahrnehmung;
Telegraphie war auch eine Innovation, gab jedoch auch schon in den Napoleonischen
Kriegen, jedoch hier war einer der mit Licht gearbeitet hat -> das war nit so praktisch deshalb
jz bei Schlacht ein besserer erfunden; Vorbilder für Kriegsführung waren in amerikanischen
Bürgerkriegen gelegen -> amerikanische Bürgerkriege galten als erste modernen Kriege;
Innovationen mit der Schlacht von Königgrätz: Eisenbahn, Telegrafie, Hinterlader,
Auftragstaktik (Kommandant hat Auftrag, ist aber flexibler zu unterscheiden, wie er zu
diesem Punkt kommt. Das Gegenteil war die Linientaktik. Im Prinzip keine Hierarchische
Arbeitsverteilung -> es soll quasi mehr spontan auf Probleme reagiert werden)

Voraussetzungen der Schlacht: 1849 - 1867; es ist ungefähr 17 Jahre her, dass die Revolution
zerschlagen wurde, seitdem Krimkrieg (1853-56 hier war Österreich zwar neutral), 1864: hier
hat Österreich auf Seiten Preußen eingegriffen. Auch die italienische Einigung hat Menschen,
Ressourcen und Finanzen gebunden. 1859 war Österreich endgültig unterlegen (Magenta,
Solverino Schlacht - zwei Niederlagen mit Konsequenzen -> Gründung des roten Kreuzes,
Verabschiedung der Genfer Konvention).
Zusammenfassend: Kaiserreich Österreich führt dauernd Kriege nach der Revolution, die
Wirtschaft ist in katastrophalen Zustand (Staatsbankrott!). Ungarn war seit der
Niederschlagung militärisch besetzt. Die Niederlage war in der Etablierung des
Neoabsolutismus geendet -> unterscheidet sich durch den Endfeudalismus und das Streben
nach Einheitsstaatlichkeit. Sie stützt sich auf Bürokratie, katholische Kirche und Armee. Viele
meinen die Armee wäre am wichtigsten -> schwierig zu sagen -> weil die Armee sehr viel
kostete und andererseits während der Dienstzeit lernten die Männer Deutsch ->
Homogenisierungseffekt -> aber auch „Deutsch“ als „Unterdrückersprache“.
Offizierschor: je höher Rang desto wichtiger Offizier; auch für die Beamtenschaft gilt, dass
unterschiedliche Nationalitäten und unterschiedliche Zugehörigkeitsgefühle wichtiger
wurden; Identifikation mit einer bestimmten Nation ist nicht nur ein Elitenphänomen, sondern
wird immer mehr in der normalen Gesellschaft;
Katholische Kirche beschloss Koalition mit Herrscherhaus aber im Neorealismus wurde dies
nochmal spezifisch abgeschlossen 1855 Konkordat zwischen Vatikan und österr. Staat;
Konkordat beinhaltet, dass Kirche deutlichen Einfluss auf Unterrichtswesen und Eherecht
bekam; dies bedeutete, dass Österreich bis 1938 unter kirchlicher Macht blieb; Religionsfond
wurde eingeführt; wesentlich für Neoabsolutismus sind auch die vielen Versuche eine
Verfassung zu errichten; es kam somit zu Konstitutionalisierungsversuchen -> Bürger
versuchte Mitbestimmungsrechte gegen Steuern zu erkämpfen; politische Stimme des
Bürgertums war vor allem der Liberalismus -> nahm Ideen der franz. Revolution auf (in
Bezug auf Verfassung und Recht des Individuums); Liberalismus war somit treibende Kraft;
Nähe des Liberalismus zum deutschen Nationalismus war sehr groß; diese Ambivalenz blieb
bis Ende des österreichischen Staates;

Konstitutionalisierung von 1849 bis 1867


• (oktroyierte) Märzverfassung 1849 -> Geschworenengerichte, Gemeinden werden
beibehalten. Pressefreiheit wird jedoch wieder abgeschafft, und aufgehoben. Bereits die
Zeitgenossen mitte des 19. Jahrhunderts haben die Verfassung als nicht praktikabel
wahrgenommen. Daher ist die Verfassung auch mit dem Silvesterpatent 1851 aufgehoben
worden
• [Silvesterpatent 1851] ist also eine Rücknahme. Die Verfassung wird wieder aufgehoben
und zwischen 1851 und 1860 wird ohne Verfassung in Form einer Kaiserdiktatur regiert. Ist
eigentlich ein europäischer Versuch. Ohne Verfassung wurde die Monarchie bis nach den
Niederlagen von Magenta und Torino regiert. Der Monarch: war nicht mehr verantwortlich.
Durch die militä rischen Niederlagen in Magenta und Torino sah sich Franz Joseph
gezwungen eine Verfassung zu erlassen.
• Oktoberdiplom 1860 = Versuch das Reich für die Bürgerlichen Liberalen attraktiv zu
machen, neuer Reichstag wurde geschaffen, hatte zuerst nur beratende Funktion, Außen- und
Kriegspolitik blieb in kaiserliche Macht, Diplom stellte Kompromiss zwischen
deutschsprachigen Eliten und Liberalen -> funktionierte nicht -> kam zu Steuerverweigerung;
Franz Josef sah sich gezwungen Konstitutionalisierung voranzutreiben -> Folge war
Februarpatent
• Februarpatent und -verfassung 1861: indirektes Zensuswahlrecht; Wahl der Mitgleider
des Abgeordnetenhauses sollte föderal erfolgen; war nicht von langer Wirkungsdauer und
Reichstag wurde wieder aufgelöst;
• [Sistierungspatent 1865] -> Niederlage von Königgrätz; ? schied aus; Zerfall deutscher
Bund führte dazu, dass Norddeutsche Bund gegründet wurde „Vorstufe zur deutschen
Reichsgründung“: Zerfall des deutschen Bundes -> war Österreich auch gezwungen die Frage
der politischen Beteiligung im Inneren neu zu ordnen -> Ergebnis davon war die
Dezemberverfassung und damit der Ausgleich
• Dezemberverfassung 1867: direktes Zensuswahlrecht -> Ausgleich mit Ungarn. Gilt nur
für Cisleitahnische Länder (westlich). In Ungarn wurde 1867 wieder ein Reichstag
einberufen, weil der passive Widerstand eine weitere Beschränkung nicht mehr erlaubt hat.
Dieses Kaiserreich ist damit zu Ende: österreichisches Kaisertum und ungarisches Königtum
entsteht. 08. Juni Franz Joseph wird zum ungarischen König gekrönt. Im Wesentlichen: Die
Monarchie war nach 1849 bis in 60er Jahre nicht in Lage die Probleme tatsächlich zu lösen. In
den späten 1850er Jahren: Ring gebaut. Es gibt ein Bürgertum, sondern verschiedene
Gruppen;
Von 1849 bis 1866 war jedoch wirtschaftlich keine komplett trockenen Jahre, wie man durch
Eisenbahnbau oder die Errichtung der Ringstraße sieht; Finanzmiserie des Staates wurde
jedoch nicht unter Kontrolle gebracht;
Schmerling & Belcredi -> wichtige Menschen (hab aber nit gehört warum -> nachgooglen!)
Unterlegenheit Österreichs in Schlacht von Königgrätz kein Zufall gewesen, sondern
Niederlage Ausdruck einer schon sehr lang anhaltenden Situation aufgrund von Finanznot;
Staat konnte weder Soldaten effizient rekrutieren noch Steuern anpassen wodurch Niederlage
bedingt war;
Konsequenz auf Monarchie war Krönug Franz Josefs und die Dezemberverfassung

Der Ausgleich
• Unabhängigkeit der beiden Reichsteile
• gemeinsame Ministerien: Ministerium des kaiserlichen und königlichen Hauses und des
Äußeren, Kriegsministerium, Finanzministerium
• gemeinsame Zentralbehörden: Staatsgerichtshof, Oberster Rechnungshof,
Konsularobergericht, Militärjustizsenat
• Handels- und Zollunion
• gemeinsame Währung

6. Einheit 20. April 2023: Balkanpolitik - Am Beispiel Bosnien-Hercegovinas


Kriegstypologien
 Staatenkriege - zwischenstaatliche Kriege
 Bürgerkriege - extrastaatliche Kriege
 Kleiner Krieg (Guerilla) - innerstaatliche Kriege
 Neue Kriege - substaatliche Kriege
Balkan
Es ging um Bosnien -Herzegowina. Ein Landstrich, der seit dem 15. Jahrhundert unter der
Herrschaft des osmanischen Reiches war, das osmanische Reich, was immer klarer wurde im
19. Jahrhundert, hat die Adaption an die Veränderungen durch politische Revolutionen, nicht
ausreichend bewältigt. So wurde dieses Osmanische Reich zu nehmend an den Bosporus
zurückgedrängt. Kaum eine Geschichte kommt ohne ihn aus. Durch diese Schwäche des
Osmanischen Reiches (= Machtverlust) gab es unter den europäischen Mächten eine
Konkurrenz um die zu besetzenden Gebiete. Russland, Österreich - Ungarn hatten
Gebietswünsche, nationale Bewegungen, die da eigene Nationalstaaten bilden wollten. Aber
auch andere Staaten, wie Frankreich oder Großbritannien (Zugang am Mittelmeer erhalten,
Russland soll nicht zu sehr hier herkommen, da sonst zu groß wird). Zum einen sehr viele
europäische Machtinteressen. Gleichzeitig gibt es nicht nur die Tendenzen zur
Staatsgründung, sondern viele nationalistische Tendenzen, die sich definieren durch ethnische
Hinsichten und Unterschiede in Religiöser Hinsicht. Balkan ist sehr unübersichtlich, viele
Konfliktlinien.
Diese nationalistischen religiösen Bewegungen sind mit dem europäischen Machtinteressen
unterschiedliche Verträge eingegangen. Balkan galt als roh, unzivilisiert, wild,
unübersichtlich. Hier spiegelt sich ein Teil des Balkanbildes ab. Bismarck beispielsweise hat
den Balkan dem „der balkanischen Schaf- und Pferdediebe“ genannt. Österreich-Ungarn hat -
> Ungarn -> Kroatien. Das Land hat die Entwicklung auf dem Balkan als Bedrohung gesehen.
Für den Erhalt der Türkei sind sie eingetreten. Daher war Österreich-Ungarn für politische
Entwicklungen in der Türkei der Erfüller. Unklar war die österreichisch-ungarische Politik
gegenüber Russland, weil diese auch Interessen hatten (haben die panslawischen
Völkereinigkeit sehr gefördert).
Panslawismus = zwischen slawisch nationaler Schwärmerei, welche religiös beeinflusst ist
Er hat die österreichischen Eliten sehr lange bedroht. Kann verschieden sein, keine
einheitliche Bewegung, slawische nationale Schwärmerei, auch religiöse Schwärmerei
(griechisch-orthodox). Gab auch eine Panorthodoxie. Zu diesen gehört auch das russische
Freiwillige gegen das OR gekämpft haben. Nicht klar abzugrenzen von der öffentlichen
Meinung Russland. Panslawismus = der Begriff der öffentlichen Meinung zeigt = ab dem 18.
Jahrhundert hat sich hier wesentlich viel getan. Russland hat im russischen türkischen Krieg
gesiegt -> unabhängiges Bulgarien wurde erschaffen. Hat die europäischen Mächte
verunsichert. Zugang zum Mittelmeer -> Angst, dass sich das europäische Gleichgewicht
verschieben könnte. Zentrales Ziel europäischer Politik -> die europäischen Mächte sind
übereingekommen zum Berliner Kongress 1878 -> ab 13. Juni 1878 und hat ungefähr ein
Monat gedauert-> ist der letzte Kongress zur Regelung solcher Fragen, wo nur europäische
Mächte teilnehmen. Der Kongress hat Grenzen festgelegt;
Ziel war Zugang Russlands zum Bosporus zu vernichten; Zugang zum Bosporus blockiert,
Ostrumänien getrennt, Österreich-Ungarn wurde mit der Besetzung Bosnien Herzegowina
beauftragt. Allerdings sollte der osmanische Rechtsanspruch gelten und zum Osmanischen
Reich gehören. Das lag im österreichischen Interesse und es gab lang Pläne zum Besetzen
dieser Gebiete. Der Kaiser war dafür, Außenminister dagegen. Aus militärischer Sicht: viel
sprach dafür, weil Dalmatien, das Hinterland, österreichisch werden sollte. Österreich-Ungarn
suchte außerdem einen Ausgleich für die Verluste 1859, 1866 -> Situation, dass sich die
europäischen Mächte zusammenredeten und dies erlaubten.
Ziel von Österreich = Verhinderung eines großslawischen Staates
Die Besetzung dieser Gebiete hatte nicht überall die gleiche positive Wirkung. Viele hatten
Angst, dass die slawische Mehrheit mehr Bedeutung gewinnen könnte in der Monarchie.
Wurde immer wieder wesentlich, wenn es um Gebiete gegangen ist, wo viele Slawen gewohnt
haben. Angst davor die Vormachtstellung zu verlieren.
Ausgleich: Hat die slawischen, böhmischen Interessen ignoriert. Konflikte, die nicht gelöst
waren -> unterdrückt. Die Regelungen des Berliner Kongresses haben Proteste provoziert
(Serbien, Osmanisches Reich) Österreich hat versichert, es besetzt nur provisorisch. Trotzdem
hat das Außenministerium Widerstand erwartet, Öffentlich: Zuversicht und Optimismus,
Inoffiziell: Gewalt wurde erwartet.

In welchem Zustand befand sich die Monarchie Ende der 18xy Jahre?
-> Großer ökonomischer Wandel, Ende der Feudalherrschaft -> mehr Arbeitsmöglichkeiten -
> verstärkte Industrialisierung; größte Migration von Land in die Stadt; Auch die Niederlage
von Preußen hat sich positiv auf Wirtschaft ausgeprägt;
Phase um 1880 war eine kurze vom (wirtschaftl.) Liberalismus geprägte Phase -> Phase wird
auch als Gründerzeit bezeichnet; Gründerzeit = beschleunigte konjunktionelle Bewegung; es
wurden schnelle Gewinne erhofft; am 9.Mai 1873 erster Börsenkrach, symbolischer Anlass
war Weltausstellung im Wiener Pratergelände; viele Aktionäre haben versucht gleichzeitig
ihre Aktien zu verkaufen; Antwort auf Krise war ökonomische Abschattung ->
Verlangsamung der ökonomischen Entwicklung -> daraufhin verarmten weite Kreise der Bv
bzw hatten schwere ökonomische Verluste; dies hatte unterschiedliche Auswirkungen;
Radikalisierung der Politik -> Antizentrismus (?); relativ hohe Zahl der Studierenden löste
Konkurrenzkampf zwischen den Hochschulen aus; Ende 1870er Jahre waren Auswirkungen
der Krise 73 sehr stark in Österreich spürbar;
Was war das für ein Gebiet, welches besetzt werden sollte?
-> 1,5 Millionen Menschen lebten dort -> Sehr heterogene Bevölkerung -> -> 43% Serben,
48% katholische Kroaten und Bosniaken. Soziale Differenzen haben sich mit ethnischen
überlappt und durchkreuzt. Nicht leicht zu beherrschen. Der Einfluss von konservativen
muslimischen Familien war ein Problem. Ungeachtet ihres Glaubens sollten nun alle gleich
behandelt und geschalten werden, aber die privilegierte Religion war eine andere. Es hat
daher Aufstände gegeben, die von regulären Osmanischen Reich niedergeschlagen wurden.
Dies führte zu einer Kriegermentalität -> spezifische Art von Männlichkeit. Im 17 und 18.
Jahrhundert war ständig ein Grenzraum mit Krieg und Frieden eingerichtet. Die Bevölkerung
war geübt im Waffengebrauch. Diese Grenzsituation an einer undefinierten unklaren … Stelle
und an einer Grenze die ständig zwischen Krieg und Frieden stand -> mehr Krieg als Frieden;
Ab 1875 -> heftige Aufstände -> unzufriedene abhängige Bauern „Kmeten“ gegen die
Muslimischen Landbesitzer gewendet. Diese Auseinandersetzung zwischen 1875-1878
einer der größten Guerillakriege der modernen europäischen Geschichte. Hier kommt es
zu ersten Ansätzen einer koordinierten Flüchtlingshilfe in Österreich-Ungarn -> 10 000
Flüchtlinge nach Norden -> hat die Verwaltung vor wesentliche Probleme gestellt. Die
Österreicher haben sich immer wieder beschwert, dass die Sorge viel Geld kostet. Daher
schlug man vor: die Menschen in dünn besiedelten Gebieten in der Mitte des Reiches
ansiedeln. Die meisten wurden dann wieder zurückgeführt ins OR oder in die Gebiete, aus
denen sie kamen. Wesentlich ist diese Entwicklung, weil es zum ersten Mal in einer
modernen Gesellschaft ist. Die Kosten für diese Menschen werden sehr hoch -> war ein
Argument für die Besetzung Bosnien Herzegowinas durch Österreich, weil nicht ganz klar
wie sich das Osmanische Reich zu der Proportion verhalten würde. 13. Juni war der Kongress
zu Ende im Juli 1878 machten sich Truppen auf den Weg -> Zuerst nur 72.000 Soldaten,
Geschütze, Pferde etc. Von den Truppen des osmanischen Reiches waren im Vergleich nur
40.000 Soldaten. Außerdem 80.000 nicht regulären Truppen (wie Partisanen zb) beteiligt ->
zweimal so viel wie die regulären Truppen. Schwer einzusetzen: irregulären Kämpfer haben
sich auch anders verhalten, viele der Einheimischen haben sich arrangiert mit den neuen
Machthabern.
Der bewaffnete Widerstand wurde vor allem von den Muslimen wie orthodoxen Christen
getragen (Serben meistens) -> sie haben sich eine Integration ins Fürstentum Serbien erhofft,
diese wurde am Kongress nicht erfüllt. Entlassene Soldaten -> breite Schichten waren
entwurzelt und bildeten ein Reservoir für die Truppen. Eine andere Schicht war Religiös
motiviert, wollten das Haus des Islams schützen. Muslimische Kreise wollten die Restauration
eines konservativen Feudalsystems. Zuletzt ist anzunehmen, dass es eine spezifische
Männlichkeit, Männlichkeitstypus der den Rebellen als Held gesehen hat -> der Kampf war
für manche Personengruppen eine attraktive Aktion. Im Land gab es auch Befürworter der
Habsburgische Milizen, die sich auch an der Okkupation beteiligt haben -> Bewohner von
muslimischen Dörfern. Österreicher Ende Juli 1878 über Grenze -> treffen vorerst auf keinen
Widerstand. Im August sind die Ö in einen Hinterhalt geraten, daraufhin 42 Soldaten getötet.
Das war dann dem Oberbefehlshaber der Anlass diese Gefechte und Todesfälle sofort das
Kriegsrecht zu verhängen -> nur Anhänger OR und der Landwehr sollten gefangen werden
sollten. Besondere Feindseligkeit gegen die irregulären Kämpfer. Österreicher sind dann
darauf getroffen. Kleine Einheiten -> österreichisches Heer angegriffen. Die Taktik -> zeigte
Wirkung -> zahlenmäßig unterlegenen Einheiten haben die k. u. k. Armee aufgehalten, wenn
auch nicht vertrieben.
Es gibt aus diesem Krieg, bzw. Feldzug auch Berichte von Beteiligten -> *Zitat von Joseph
von Philippovich zum Kampf um Sarajewo, er sagt, grässlicher Kampf war das. Daher: bei
den irregulären Truppen sind auch Frauen dabei. Das waren Straßenkämpfe.
Einer der Führer der Aufständischen: Hadschi Loja, ist dann festgenommen worden. Nach
dieser sehr symbolträchtigen zelebrierten Festnahme: Dieser Konflikt ist auch deswegen
interessant, weil hier eine Entgrenzung von Gewalt thematisiert worden ist.
Menschen wurden emotionalisiert;
In den Zeitungen wurden auch Berichte von Augenzeugen abgedruckt, beteiligte Soldaten
verfassten Memoiren**, die auch abgedruckt wurden. In der Publikationswelt war dieser
Feldzug ein wesentliches Ereignis, welches mit entgrenzter spezifischer Gewalt verbunden ->
Entstehung einer Öffentlichkeit durch Medien.
Aus den Berichten lässt sich erahnen, wie die Stimmung weiter weg aufgeheizt wurde -> in
nationalistischer Hinsicht. Es ist auch so, dass dieser Okkupationsfeldzug 1878 einer ist, von
der es viele österreichische Heldensagen gibt. Im kollektiven Gedächtnis verloren, zum
Zeitpunkt gab es aber viele Heldengeschichten. Es gab ja nach 1848 nicht viele
Gebietszügewechsel. Dieser Feldzug war daher eine Ausnahme unter den vielen Feldzügen
des 19. Jahrhunderts, zu mindestens aus österreichischer-ungarischer Sicht. Weil er durch ein
internationales Vertragswerk legitimiert wurde. Es ist ein Kommandobefehl, sprich die
angemessene, eigene pathetische Sprache spricht er von den Absichten der Monarchie. Klar
war: Die Österreicher wollten dieses Gebiet besetzen.
*„Es entspann sich einer der denkbar gräßlichsten Kämpfe. Aus jedem Hause, aus jedem Fenster, aus jeder
Türspalte wurden die Truppen beschossen; ja selbst Weiber beteiligten sich daran. Das fast ganz am westlichen
Stadteingange gelegene Militärspital, voll von kranken und verwundeten Insurgenten ...“
**„Unter dem Geschrei und dem Gejammer der Weiber und Kinder wurde endlich ein junger Bursche und ein
ebenfalls bewaffneter eisgrauer Kerl [aus einem Haus] herausgezogen. Nach Standrechtsbrauch wurde der
Jüngere, da er nicht sofort seine Waffen niederlegte, mit dem Bajonette niedergestoßen; ich sah, wie die Weiber
jammerten und auf den Knieen baten, doch hier gibt es keinen Pardon. Wir führen einen Krieg, wo man auf
Gnade nicht hoffen darf; wir finden keien Pardon, geben aber auch keinen. Den Alten ließ der Hauptmann [...]
zum General führen, das Kriegsgericht ließ ihn aber sofort niederschießen. Seine Leiche lag noch 7 Tage später
am Exekutionsplatze ....“

Motive für den Widerstand gegen die Okkupation Bosniens und Herzegowinas durch
die k. k. Truppen
• Muslimische Kreise wollten die Restauration eines konservativen Feudalsystems.
• Kurz vor der Okkupation war es zu einer Entlassungswelle aus der osmanischen Armee
gekommen. Dazu waren breite Schichten ohnehin sozial entwurzelt, ihre Angehörigen
bildeten ein Reservoir für die irregulären Truppen.
• Viele Muslime wollten fremde Invasoren abwehren und das „Haus des Islam“ vor ihnen
schützen.
• Auf dem Balkan gab es typisches Männerbild vom Rebellen als Held, also die oben
angesprochene Kämpfermentalität.

2 Jahre nach dem Abschluss, wurde das Land ins österreichische Zollgebiet einbezogen und
die allgemeine Wehrpflicht nach österreichischen Recht eingeführt. Die Einführung der
Wehrpflicht in einem besetzten Gebiet ist ein klares Zeichen, dass dieses besetzte Gebiet als
Nationalgebiet gesehen wird. Als die Österreicher begannen Straßen zu bauen -> Infrastruktur
-> wirtschaftlicher Aufschwung in diesem bisher sehr armen Land. Es haben erste
Industrialisierungen stattgefunden. Modernisierungsschub wurde vorangetrieben -> für den
täglichen Verbrauch -> Nahrungsmittelvorbereitung. Infrastruktur wurde auch geschaffen,
wie höheres Schulwesen (Staatsgymnasium & katholisches Gymnasiun,
Militärerziehungsanstalt, Handelsschulen...) Österreich-Ungarn hat hier in den letzten zwei
drei Jahrzehnten aufgebrochen. Diese Formen der Intervention Österreich-Ungarns haben zur
Debatte geführt, ob man denn eigentlich den Zusammenhang mit der österreichisch-
ungarischen Präsenz von einem österreichischen Binnenkonglomerat sprechen kann. Im
Zusammenhang für Österreich-> Gebietszuwachs ist Bosnien Herzegowina -> ist das eine
Kolonie am eigenen Kontinent? Hängt nicht stark davon ab was man von Kolonialismus
verstehen will. Davon ausgehend -> Ablehnung, Bosnien-Herzegowina -> kolonistisch.
Neuere Kolonialismus Definition von Gayatri Chakravorty spricht anders, so könnte man
Österreich als eine Kolonialmacht (eine kleine) zu diesem Zeitpunkt betrachten.
Wir finden auch rassistische Bemerkungen und einen direkten Vergleich mit den
südafrikanischen unzivilisierten Völkern -> Balkanbanden sind da noch viel schlimmer ->
Bezeichnungsweisen -> die militärische Zivilisation ist durchaus hier ganz typisch. Der
Erzählmodus des Sprechens über die Bevölkerung -> viele Darstellungen -> muslimische
Trachten -> Haltung des Kritisierens, des Entfremdens, Abgrenzen vom Eigenen. Finden wir
auch hier.

Zur selben Zeit in etwa: Großbritannien hat sich Teile des Osmanischen Reiches gesichert ->
Kolonialmacht in Ägypten -> hier findet dasselbe auf dem europäischen Kontinent statt. Auch
wenn man die konkrete Politik Österreichs in Bosnien-Herzegowina anschaut, gibt es
Hinweise darauf, dass die Österreicher sich dort als Kolonialmacht verhalten haben. Nach der
Wirtschaftskrise von 1883 -> neuer Landstrich als Verwalter, Straßenbauer -> Zentren
wurden infrastrukturiert-> Wasserleitungen, Prachtbauten -> k. u. k. Kolonialstil verbreitet.
Die Leitungsfunktionen in diesen besetzten Landstrichen waren vor allem Personal aus der
Monarchie besetzt. 26,5% der Verwaltungspersonen waren auch dort geboren, 3⁄4 sind aus all
den anderen Teilen der Monarchie gekommen. Serben, Moslems -> deutliche Diskrepanz bei
den Verwaltungsbeamten.
Die Österreicher haben auch ihrem Mandat entsprechend Staatlichkeit entwickelt. Das
Justizsystem hat sich ausgebaut. Ganz im Widerspruch zu der zivilisatorischen Erfüllung ->
es gelang nicht zum Beispiel die Analphabetenrate (88%) zu senken. War auch noch so vor
dem 1. Weltkrieg. Eine soziale Einebnung -> passierte nicht. Die armen, bäuerlichen
Unterschichten (vor allem Serben) konnten nicht lesen oder schreiben. Die Serben waren die
die diese Kmeten vor allem ausmachten. Die soziale Differnezierung hat die ethnische immer
weiter vertieft.
Den österreichischen Besatzern ist es nicht gelungen ein integratives Bildungssystem zu
entfalten. Auch das Feudale System der Besatzer -> wurde abgeschafft. Muslime ->
Österreicher -> wollten es sich nicht verderben. Durchsetzung einer gleichberechtigtere n
Gesellschaftsordnung -> als Ergebnis der Revolution -> Österreicher hatten wenig Input.
75% der Kmeten waren serbisch, auch hier sahen die Österreicher keinen Grund zu deren
Gunsten in soziale Strukturen einzugreifen. 1871 gab es einen Aufstand der Serben, von
rechtlosen Bauern ohne Land gegen ihre soziale Lage. Hat die Verhältnisse nicht verbessert.
Die Österreicher haben kein Interesse gehabt die muslimischen Großgrundbesitzer
aufzuhalten. Nach der Annexion wurde Bosnien-Herzegowina kein Kronland, 1908 formal
annektiert. Im Reichsrat: keine politische Repräsentation, vom Finanzministerium verwaltet.
Wurde nicht gleichgestellt -> Kolonialisationsthese.

Es kam informell sehr bald zu einer defakten Einverleibung. Informal: offiziell Teil des
Osmanischen Reiches. Formale Integrierung mit Rücksicht auf die Türkei nicht durchgeführt.
Vor allem die Ungarn wollten auch nicht, dass Bosnien-Herzegowina zu Cisleithanien kommt
(wäre größer gewesen). Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert: serbische
Propaganda sehr zugenommen. In Kroatien: auf fruchtbaren Boden gefallen. Zum einen:
Druck ist gewachsen auf Grund der pro -serbischen Propaganda und auch in der Türkei:
Bewegung der Jungtürken->Reformbewegung->mehr politisches Gewicht -> im osmanischen
Reich gab es eine Reformierung –> aus der Bevormundung der europäischen Mächte lösen.
Jungtürken wollten Wahlen durchführen (auch in Bosnien- Herzegowina, weil formal
Staatsgebiet). Der Druck auf die Österreich: Verwaltung zu beenden oder das Land zu
integrieren, nach der Jahrhundertwende -> steigt. Der Außenminister Aehrenthal -> aufgeben
müssen. 1908 -> offizielle Annexion -> wird bekannt gegeben. Die Annexionskrise wurde
ausgelöst. Serbien verstimmt, Osmanischer Sultan zwar besänftigt durch Ablösesumme, weil
Geldmangel, die Serben aber haben in Russland wie auch in Großbritannien Zuspruch
gefunden (auch in Italien). Auch Deutschland war verstimmt, weil Österreich-Ungarn diese
Annexion im Alleingang durchgeführt hat. Serbien sah seine Hoffnung auf ein großes
serbisches Reich schwinden, weil die Möglichkeit sich eröffnet hat, dass Österreich-Ungarn
einen großen eigenen südslawischen Staat, ein Kronland schaffen konnte -> slawisches
Gegenprojekt zu serbische Ideen. Unter der Bedingung hat sich Serbien immer mehr in die
Ecke gedrängt gefühlt. Im Gegenzug zu dieser slawistischen Propaganda sind in Österreich
Stimmen laut geworden - > Chef des Generalstabs Conrad von Hötzendorf -> fordert
endgültige Bereinigung der Sache mit den Serben. 6 Jahre vor dem 1. Weltkrieg. Er war enger
Freund von Franz Serbien, Sein Ziel war die Eingliederung Serbiens in die Monarchie.

Österreich forderte, dass Serbien diese Annexion annimmt, daraufhin kam es zur Auflösung
aller irregulärer Truppen sowie auch die Bildung von Milizen sollte von den Serben aufgelöst
werden.GB hat die Serben dann auch dazu gedrängt. Demütigung – nahmen es so wahr.
Russland musste sich mit der Annexion auch zufriedengeben, weil sie aufgrund des
Russischer- Japanischer Krieg geschwächt waren -> auch durch Revolution von 1905
durchlebt und war innen und außenpolitisch geschwächt -> hat es zur Kenntnis nehmen
müssen. Durch die Annexion Bosnien-Herzegowinas war Österreich in vielerlei Hinsicht
außenpolitisch geschwächt, es hat es sich auf Grund der Machtkonstellation durchgesetzt.
1908 hat sich die These der Monarchie am Balkan durchgesetzt was rückblickend auch ein
deutlicher Mitfaktor für den Ausbruch der faschistischen Regime -> War aber auch so für den
1 WK verantwortlich.

7. Einheit 27.04.2023 - Österreich vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs


Powerpoint: Ausschnitt aus Arbeiterzeitung vom 5. August.1914 mit dem Leitartikel: „Der
Tag der deutschen Nation, die Sitzung des Reichstages“. Zitat: „Diesen Tag des vierten August
werden wir nicht vergessen. Wie immer die eisernen Würfel fallen mögen – und mit der heißesten
Inbrunst unseres Herzens hoffen wir, dass sie siegreich fallen werden für die heilige Sache des
deutschen Volkes: Das Bild, dass heute der deutsche Reichstag, die Vertretung der Nation, bot, wird
sich unauslöslich einprägen in das Bewusstsein der gesamten deutschen Menschheit, wird in der
Geschichte als ein Tag der stolzesten und gewaltigsten Erhebung des deutschen Geistes verzeichnet
werden.“ (Friedrich Austerlitz)
-> Es ist ein Ausschnitt eines Massenobjekts - Massenpresse - Massenpartei; bereits hier sieht
man die Kriegsbegeisterung in Wien; passt zwar gut zu dem Gesamtbild, dass es in diesem
Sommer die Monarchie gibt, passt jedoch nicht in das Gesamtbild der SDAP. Die SDAP =
Sozialdemokratische Arbeiterpartei ist seit ihrer Gründung gegen den Kapitalismus sowie den
Militarismus. An diesem Zitat von Austerlitz lässt sich aber erkennen, wie dynamisch der
Druck zum nationalen Schulterschluss vor dem Ausbruch war. Wichtigste Aussage des
Artikels: Identifikation zum Deutschen und Begeisterung zum Krieg
Wie ist aber diese politische Landschaft für die volle Kriegsbegeisterung entstanden?
Dezemberverfassung 1867 -> Gewaltenteilung und wie werde ich Staatsbürger ermöglicht ->
Tor zur Bildung von politischen Parteien eröffnet;
Politische Partizipation: Ausweitung des Wahlrechts
o Direktes Zensuswahlrecht 1873, Somit konnte man ab einer Steuerleistung von 10
Gulden mitbestimmen bzw. mit wählen. Was in etwa 6% der männlichen Bevölkerung
entsprach, die natürlich alle volljährig waren – also 24 Jahre alt. -> nur Minderheit
wahlberechtigt gemacht; Es gab 5 Kurien: den Großgrundbesitz, die Städte, die
Handels- und Gewebekammern und die Landgemeinden; aufgrund dessen musste
Zensus gesenkt werden
o Senkung des Zensus von 10 auf 5 Gulden 1882
o Badenische Wahlrechtsreform 1896: Mitglieder der ersten 4. Kurien durften in der
5.Kurie – allgemeine Klasse männlicher Wähler ab 24 Jahren- noch einmal wählen.
Die Anzahl der Mandate pro Wählerstimme war zwischen den Kurien ungleich
verteilt. Weniger Menschen wählten mehr Abgeordnete.) Die badenische
Wahlrechtsreform hat die politische Landschaft grundsätzlich verändert. Bisher saßen
im Abgeordnetenhaus die Vertreter von Honoratiorenparteien – einzelne Politiker die
in eher lockeren Koalitionen Fraktionen gebildet haben und Entscheidungen getroffen
haben. Jedoch konnte dies nun nicht mehr so funktionieren, denn die Masse musste in
die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Die Massen von
Menschen mussten organisiert und mobilisiert werden. In der Folge haben sich
schwächere Parteiorganisationen gebildet, die möglichst flächendeckend sein mussten.
Das war auch der Zeitraum des Entstehens von „modernen Parteien“.
o Beck’sche Wahlrechtsreform 1906
o Einführung allgemeines Wahlrecht 1918

Phasen der Entwicklung der Massenparteien: die Entwicklung begann in frühen 1870er
Jahren, wo sich linke Fraktion gebildet hat -> deutschnationale Fraktion; die linke Fraktion
meinte nicht wie vorher, dass die deutsche Hegemonie durch den Staaten und die Verfassung
abgesichert sei sondern fordert mehr deutschnationale Orientierung bzw. Mobilisierung;
deutsche Ethnie oblige es die deutsche Hegemonie zu sichern und dies nicht einer Verfassung
zu überlassen; -> es kam zu einer Radikalisierung; die Linke hat ein eigenes Programm
organisiert, was aber unserer Wahrnehmung einer politischen Gruppierung widerspricht, es
war eine politische Bewegung die auf politische Freiheitsrechte aus war, sowie auch
Forderungen für Arbeiterschichten -> Beschränkung von Frauen- und Kinderarbeit, geregelte
Arbeitszeiten etc.;
Linzer Programm: Das Linzer Programm hat vor allem sozialpolitische Forderungen gestellt
(Einführung einer Normalarbeitszeit, Beschränkung von Frauen- und Kinderarbeit, u.ä.). Man
hat damit versucht auch die unterbürgerlichen bzw. nicht-bürgerlichen Schichten mit
einzubeziehen. Die wichtigsten Personen waren Georg Ritter von Schönerer, Viktor Adler,
Heinrich Friedjung und Engelbert Pernerstorfer. Adler und Pernersdorfer waren danach auch
wesentlich an der Gründung der Sozialdemokratischen Partei beteiligt. Mit der Formulierung
des Linzer Programms wurde die national -liberale Partei zu einer liberalen Partei.
In 1880er Jahre deutschnationale und Christlichsoziale als überwiegende Parteien;
Antisemitismus war beiden als einziges Element gemein; Antisemitismus war vor allem unter
Studenten vertreten; Arbeitsplatzaussicht für Studenten hatte sich nach Wirtschaftskrise stark
verschlechtert -> Sogar die ökonomischen Schwierigkeiten wurden auf die Juden geschoben –
Andererseits stand das Gewerbe auch stark unter dem Druck der Industrialisierung und
Konkurrenzdruck. Also haben wir hier 2 Gruppen, die aufgrund der ökonomischen
Bedingungen stark unter Druck kommen: Einerseits eine jüngere Schicht des Bürgertums
(zwar gut ausgebildet, jedoch mit schlechten Jobchancen) und andererseits das Gewerbe. Ein
Teil der gut ausgebildeten Personen wurde nach Bosnien- Herzegowina exportiert, um dort
Leitungs- und Verwaltungsposten einzunehmen.
Christilichsozialepartei richtete sich aktiv gegen das Jüdische; sie war deutlich Habsburg
orientiert -> akzeptierte Bauern und Kleinbürgertum;
Deutschnationalen hatten Basis im Urban, bürgerlichen Milieu -> vor allem in Salzburg;
1879 Badeni-Krise -> Versuch der Integration durch Sprachenverordnung
Zur Jahrhundertwende kam es zur Entstehung von Massenparteien, 1870/80er Jahren viele
Streiks um zentrale gewerkschaftliche Rechte (?) erstritten werden;
Sozialdemokraten: Die Sozialdemokraten stammen aus einem liberalen Umfeld. Die
gewerkschaftlichen Vereine und die Arbeiterbildungsvereine waren an der Entstehung
beteiligt. Die Partei war anfänglich auch erfolgreich wie z.B. mit dem Koalitionsrecht, Recht
auf gemeinschaftliche Aktion in Lohnfragen. Dann jedoch kam es zu Unterdrückungen und
die Arbeiter spalteten sich in eine anarchistische und eine sozialistische Gruppe. Diese
wurden jedoch 1889/90 aufgehoben bzw. überwunden. Die eigentlichen Ziele waren das
Arbeiterschutzprogramm und die Ausweitung des Wahlrechts. Ab 1890 war die
sozialdemokratische Partei der zentrale „Motor“ der Wahlrechtsbewegung.
Man könnte die Entstehung der Massenparteien auch mit dem Begriff der „Lagerbildung“
beschreiben. Die Massenparteien waren nicht nur politische Meinungsbildungsinstitutionen,
sondern auch Alltagskulturen (Feste, Rituale, Freizeitgestaltungen etc.). Alle Versuche in den
Lagern eine einheitliche Reichspartei zu gründen, schlugen fehl. Lagerbegriff ist eine
militärische Metapher und andererseits aber auch eine Homogenität beschreibt, die in Realität
nicht vorhanden war;

Österreichisches Frauenwahlrecht:
Die österreichische Frauenstimmrechtsbewegung setzte sich mit dem Frauenwahlrecht
auseinander. Ihre Hauptargumentationspunkte waren:
- Die In-Frage-Stellung der bürgerlichen und katholischen Vorstellungen von der geschlechter
spezifischen Trennung der Räume das ist spezifisch österreichisch und wurde begründet mit
der gottgewollten Natur. Das Haus ist weiblich und der Beruf bzw. die Politik sind männlich –
diese Vorstellungen sind auch im Katholizismus ganz wesentlich verankert. Diese
Vorstellungen wurden mit der Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht stark in Frage
gestellt.
- Die besondere Virulenz des Frauenwahlrechts im Zusammenhang mit der Forderung nach
dem allgemeinen (Männer-) Wahlrecht das haben die Sozialdemokraten am stärksten
gefordert [das Frauenwahlrecht].
- Die Ambivalenz der sozialdemokratischen Bewegung: Die Sozialdemokraten hatten Angst,
dass Frauen konservativ wählen würden, wenn sie das Wahlrecht bekommen würden.
- Zuletzt noch die Wirkung des Paragraphen 30 des Vereinsgesetzes vom 15.11.1867, der die
Aufnahme von Frauen in politischen Vereinen verbot das Ziel war die Wahrung und
Erweiterung der staatsbürgerlichen Rechte (das Verbot fällt jedoch mit der Monarchie). Das
Politikverbot für Frauen wurde so umgangen, dass Frauenvereine ursprünglich als karitative
Vereine/Bildungsvereine gegründet wurden.
Nach der Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts 1907 ist die
Frauenwahlrechtsbewegung immer stärker zersplittert – entlang der Sprachgrenzen. Die
bürgerlichen Frauen haben die Verabschiedung der Petitionen erwünscht – die
Sozialdemokraten empfanden dies als eine unwürdige Forderung. Außerdem gab es noch
andere Formen der politischen Partizipation, also nicht nur in Form von Massenparteien.

Wie sah die Zivilgesellschaft am Ende der Monarchie aus?


Es gab wesentliche Unterschiede der bürgerlichen Kultur und der Arbeiterkultur. Somit kam
es dann bald zu einem breiten Betätigungsfeld von Vereinen und Clubs, wie z.B.: die
österreichische Friedensbewegung.
Am 3.9.1891 gab es in der Neuen Freien Presse einen Aufruf von Bertha von Suttner – dies
gilt als Geburtsstunde der österreichischen Friedensbewegung. Sie rief dazu auf, dass eine
österreichische Abteilung der internationalen Friedensassoziation in London gegründet
werden solle. Anlass dafür war der bevorstehende 3. Friedenskongress in Rom. Daraufhin
wurde die österreichische-ungarische Delegation gegründet. Die Debatte um die
Friedenssicherung auf der internationalen Ebene hat eine weitaus längere Tradition. (Parallel
dazu gab es aber auch das Aufrüsten in Europa mit der Militarisierung und dem vermehrten
Einführen der allgemeinen Wehrpflicht). Die Idee Friedensvereine zu gründen kam aus den
USA. 1815/16 kommt es zur Gründung der ersten Friedensgesellschaft in New York – meist
kleine Gruppen mit religiösem Hintergrund. Die europäischen Vereine, die darauf folgten,
waren eher humanitär und im Geiste der französischen Revolution zu sehen. Die Vereine
wollten eine Antwort auf die immer lauter werdende Rede, vom Krieg als Vater aller Dinge,
geben. Dies war alles sehr geprägt vom Militarismus und Darwinismus. Die
Friedensgesellschaften haben eine Humanisierung des Krieges angestrebt. Hier seien auch
Henry Dunant (Internationales Rotes Kreuz) und Florence Nightingale erwähnt. Nach der
Gründung des Internationalen Roten Kreuzes wird im darauf folgenden Jahr 1864 die Genfer
Konvention verabschiedet.
Diese internationale Gründung von Friedensbewegungen verweist aber auch darauf, dass ei n
internationaler Zivilraum entsteht. Dem nationalistischen Kriegsgerede ist bewusst eine
internationale Organisationsform entgegen gestellt. Diese Idee ist von einem optimistischen
Fortschrittsgedanken geprägt, wo der Krieg eine barbarische und menschenverachtende bzw.
menschenunwürdige Form der Konfliktlösung ist, die quasi abgeschafft werden müsse. (Die
Friedensbewegung hat sich vor allem in Kongressen getroffen – Kongresse eigentlich die
Repräsentation von Machthabern.)
In der Phase des Ende der 1880er-Jahre wurden nun auch in Zentraleuropa
Friedensgesellschaften gegründet. 1892 ist zum Beispiel das Gründungsjahr der deutschen
Friedensbewegung, 1893 in Ungarn usw.
Der österreichische Verein sollte bisher bestehenden kleineren Gruppen ein Zentrum geben,
er wurdedasbevorzugteMittelÖffentlichkeitherzustellenundebenderKongress.DieseKongresse
sollten laut eigener Idee Beschlüsse fassen, die dann an die entscheidungsrelevanten
Institutionen (Kirchen und Regierungen) weitergeleitet werden sollten. Diese Resolutionen
haben beharrlich aber im Wesentlichen erfolglos verbindliche Schiedsgerichte zur Regelung
internationaler Konflikte und eine Abrüstung bzw. Beschränkung der Rüstungsausgaben
gefordert. Das politische Ziel dieser Friedensbewegung war es, in der Öffentlichkeit
moralischen Druck zu erzeugen.
Parallel zu dieser vereinsbasierten Formierung (die sich als unpolitisch verstanden hat), hat
sich ein im politischen engeren Sinne zu verstehender Organisationsstrang entwickelt. Es hat
sich die Idee eines europäischen Parlaments und eines internationalen Zusammenschlusses
von Parlamentariern entwickelt. 1889 wurde in Paris die Interparlamentarische Union
gegründet. Bis zum Ausbruch des Krieges haben die Union und die Friedensvereine
internationale Konferenzen organisiert.
Ein wesentlicher Baustein war die erste Den Haagener Konferenz mit dem auch das Haagener
Schiedsgericht und die Haagener Landgerichtsordnung verbunden ist. Es war auch die erste
Friedenskonferenz, an der ein politischer Machthaber teilgenommen hat – der russische Zar
und eine österreichische Regierungsdelegation. Zar Nikolaus II. hat im Vorfeld sogar ein
Friedensmanifest veröffentlicht, in dem er die Abhaltung so einer Konferenz befürwortet hat.
Das bedeutet nun, dass die Friedenskonferenzen als symbolische Orte wichtig genug
geworden sind, sodass sie von politischen Entscheidungsträgern nicht mehr ignoriert werden
konnten. Andererseits waren sie aber auch Orte ausschließlich symbolischer Politik, was auch
so bleiben sollte.

8. Einheit 04. Mai 2023


Wie hat die Friedensbewegung beim Ausbruch des 1.Weltkrieges ausgesehen?
Zu diesem Zeitpunkt war Bertha von Suttner als die zentrale Figur gerade gestorben. Sie hatte
sich schon in den letzten Jahren vor dem Sommer 1914 beklagt darüber, dass der Zuspruch
der Friedensbewegungen weniger werden würde. Alfred Nobel, der die österreichische
Friedens - gesellschaft finanziell unterstützt hat, ist auch zu diesem Zeitpunkt gestorben–
somit ist der Friedensgesellschaft auch das Geld ausgegangen. Das hat dazu geführt, dass die
Friedensgesellschaft faktisch zerfallen ist, ebenso wie die Interparlamentarische Union. Es ist
nicht gelungen bis zu diesem Zeitpunkt eine Wirkung über einen engen begrenzten Zirkel
hinauszuentfalten – breitere politische Bündnisse kamen nicht zustande; obwohl es das
Konzept der österreichischen Friedensgesellschaft gewesen war, möglichst integrativ zu
wirken. Es gab auch seitens der Friedensbewegung keinen Aufruf an die Massen.
Zusammenfassend gibt es den Anspruch die Massen zu organisieren und andererseits werden
aber keine politischen Mittel gefunden, um diese Massen tatsächlich zu organisieren. Das hat
dazu geführt, dass die Friedensbewegung über keine Zirkel der politischen Eliten und
Intellektuellen hinausgekommen ist. Außerdem waren wesentliche Träger der
Friedensbewegung Liberale und der politische Liberalismus hatte zu dieser Zeit schon ganz
zentral an Bedeutung verloren. Der dritte Grund, weswegen die Friedensbewegung so wenig
erfolgreich gewesen ist, war die Haltung der Mehrheit der Friedensbewegten gegenüber
Staaten und ihren Regierungen. Die meisten Friedensbewegten haben eine Haltung
eingenommen, die sie pazifistischen Patriotismus genannt haben. Dieser hat dazu geführt,
dass beim Ausbruch der Feindseligkeiten auch die Kommunikation außerhalb der
Friedensbewegung abgebrochen ist.

Zusammenfassung bürgerliche Friedensbewegung


- Teil einer internationalen Bewegung
- Ihre Mitglieder waren Adelige, Intellektuelle, Wissenschafter, wohlhabende Bürger_innen
- Kongresse und Petitionen als Interventionsformen
- Geschlechterpolitischer Subtext entsprechend den bürgerlichen Geschlechtscharakteren
Erster Weltkrieg
Historisches Ereignis, welches hoch komplex ist -> viele verschiedene Interpretationen
Erste Voraussetzung für Krieg war Militarisierung der Gesellschaft; 1848 wurde Wehrwesen
verändert -> allgemeine Wehrpflicht für Männer eingeführt; insgesamt dauert die Wehrpflicht
12 Jahre wovon 3 Jahre aktiv gedient wurde -> restlichen neun Jahre nur als „reserve“; ->
Großteil der Bv. Also als Reserve tätig, was großen Einfluss auf Gesellschaft hatte; Der
Offizierskodex wurde dadurch auch auf die nicht militärischen Teile der Gesellschaft
ausgeweitet; Fazit: allgemeine Wehrpflicht hatte allgemeine Folgen auf Gesellschaft; die
Armee bestand aus drei Einheiten; mit Wehrgesetzt und Kriegsdienstleistungsgesetz hat der
Staat sein Instrumentarium auf gesetzlicher Ebene zur Mobilisierung noch einmal
ausgeweitet; Kriegsdienstleistungsgesetz = zB dass Betriebe die für Krieg relevant waren,
weiterarbeiten mussten und auch die Arbeitszeiten willkürlich bestimmt werden; durch
militärische Leitung wurden Arbeitsbedingungen immer mehr verändert -> dadurch kamen
häufiger Konflikte zwischen Fabriksarbeiter und Heerleute;

Bereits im März 1914 wurde der österreichische Reichstag vertagt; 21. März: Der Ministerrat
genehmigt die Ausdehnung der Ausnahmeverfügungen für den Kriegsfall
28. Juni: Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine
Sophie von Hohenberg in Sarajevo
Abbildung 1: Drei Mächte des Krieges

Die europäischen Bündnissysteme vor dem Ersten Weltkrieg


Zwei-/Dreibund, Mittelmächte (Triple-)Entente

Deutsches Reich, Österreich- Ungarn, England, Frankreich, Russland (mit Serbien und
Italien, Rumänien Montenegro)
3, 8 Mio Soldaten (Kriegsbeginn) 5,7 Mio Soldaten (Kriegsbeginn)

Julikrise
5./6. Juli: „Mission Hoyos“und der deutsche „Blankoscheck“
20. bis 23. Juli: Besuch der französischen Regierung in St. Petersburg
23. Juli: österreichisches Ultimatum an Serbien
25. Juli: russische Einleitung der Teilmobilmachung
Vorbehalte Serbiens gegen Teile des Ultimatums
serbische Generalmobilmachung
österreichische Teilmobilmachung
28. Juli: Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien
29. Juli: Beschießung Belgrads
30. Juli: russische Generalmobilmachung
31. Juli: österreichische Generalmobilmachung
31. Juli: deutsches Ultimatum an Russland, seine Mobilmachung einzustellen 31. Juli:
deutsches Ultimatum an Frankreich, sich neutral zu erklären

-> Julikrise: nicht die Daten auswendig lernen, aber Dynamiken erkennen: der Ablauf der
Julikrise ist hier zusammengefasst. Man versteht die Entwicklung zwischen dem Attentat und
der Kriegserklärung und Mobilmachung. Um die Dynamiken dieser Julikrise zu erklären ist
ein Blick hilfreich auf die Europäischen Bündnissysteme im Sommer 1914:
Österreich-Ungarn, Deutsches Reich, Italien sind die Mittelmächte. Der Kern ist hier der
Zweibund (Oktober 1879).1882 wurde dieser Zweibund um einen Dreibund erweitert -> 1883
kam dann auch noch Rumänien hinzu. Die internen Verhältnisse i n diesem Bündnis waren
komplex und schwierig, ua. Weil Italien und Österreich und Rumänien und Österreich
territoriale Konflikte hatten. Sie sicherten sich Hilfe im Falle eines Zugriffes Russlands zu,
sollte auch dann gelten, wenn ein Land mit Unterstützung angegriffen worden wäre.
Gegnerisches Bündnis: entstanden aus der Entente, zwischen Frankreich und dem Vereinigten
Königreich, dann Frankreich und Russland, dann Frankreich und England, dann England und
Russland ab 1807 beschlossen.
Einige Staaten, wie Serbien und Montenegro waren Verbündete Russlands.
Die Stärke der beiden Bündnissysteme belief auf 3,8 Millionen Soldaten auf Seiten des
Dreibundes, 5,7 bei der Triple Entente. Dies sind die Zahlen des Beginns, steigert sich im
Verlauf des Krieges. Die europäische diplomatische Außenpolitiksituation ist dies.

1917 haben 1 Million Menschen in der Kriegsindustrie gearbeitet; man war aber schlecht
vorbereitet für den Krieg; Mangel an verschiedenen Orten hat zu schwierige Verhältnisse
geführt (Personalmangel, etc.) -> Menschen wurden zwischen verschiedene Sektoren hin und
her geschoben -> hat aber Situation nicht verbessert; größter Betrieb war in Wöllersdorf;
durch veränderte Produktion und Lebensweise hat sich die Verteilung der Erwerbstätigkeit
nach Geschlechter verändert -> mehr Frauen haben gearbeitet -> Frauenerwerbsquote war zu
Kriegszeiten enorm hoch -> vor allem im Industriesektor ist der Anteil stark gestiegen; aber
auch in der Öffentlichkeit große Erwerbstätigkeit (bsp. Straßenbahnen oder Postwesen); es
änderte sich aber auch oft die Funktion, in welcher die Frauen arbeiteten: ohne Krieg
untergeordnete Funktion während Krieg oft auch Leitungsfunktion in Handel oder
Landwirtschaft;
Dynamiken des Krieges führten aber auch zu politischen Innovationen:
Vertrauensleutesystem erschaffen; Kriegsausschüsse entstanden; im März 1918 auch
Beschwerdekomissioren eingeführt -> Vorläufer von heutigen Gewerkschaften; 1917
Mieterschutzverordnung erlassen um Lebenserhaltungskosten, welche durch Krieg gestiegen
sind, irgendwie tragen zu können;
Durch die Erfordernisse des Krieges kam es zu gesellschaftlich organisatorischen
Veränderungen;
Warum erster Weltkrieg auf diese Weise ausgebrochen/entwickelt?
Ursachenmotive/Dynamiken gibt es keinen genauen Konsens; Kriegsvermeidung war keine
Priorität der Politik in Österreich
Dynamiken, die den Krieg wahrscheinlicher machten:
• Figuren der Nation, Nationalstaat und Nationalismus werden zentrale
Orientierungspunkte, sowohl nach außen als auch nach innen; sie waren es die mit (?) in
Einklang gebracht werden sollten; bereits der Prozess der Nationsbildungen waren häufig mit
Kriegen verbunden (bsp. Italienische Einigung, deutsche Einigung); Nationalisierungen haben
entschieden über Ein- bzw. Ausschluss von Bv-Gruppen; Landkarte des ausgehenden 19 Jh.
abgrenzbare homogetische Grenzen dargestellt -> haben aber nicht der Wahrheit entsprochen;
Nationalisierung hat auch innerhalb der Gesellschaft zu ständigen Spannungen geführt;
• veränderte Beziehungen zwischen Europa und Außereuropa
• europäisches Ordnungssystem zur Verhinderung von großen Kriegen in Kerneuropa,
mit Konfliktzonen an den Rändern oder außerhalb; „Gleichgewichtssystem Stabilisieren“:
damit wurden Konflikte entlogisiert. So gelang es in den Kerngebieten große Kriege zu
verhindern, zeitgleich in den Kolonien und Randgebieten (Balkan) neue Spannungszonen. Hat
schon Sinn gehabt, weil diese Machtkonflikte abgeleitet wurden, um die Kernzone zu
stabilisieren.
• Bedeutung der Bellizität der Staaten = die Fähigkeit Kriege zu führen. Diese war für die
Aufrechterhaltung des europäischen Gleichgewichts von besonderer Bedeutung. Hat sich im
Sommer 1914 geändert: im 19. Jahrhundert galt dies noch, als ein Ausdruck von Macht und
Zurschaustellung: Technologie, Fortschritt etc. Wurden so aufgezeigt. „Der Stärkere setzt sich
durch“. Durch diese Dynamiken sind auch neue Entscheidungskonstellationen entstanden.
Bedeutete: militärische Eliten: strategische Notwendigkeiten bekommen mehr Bedeutung,
Spielräume des politischen nichtmilitärischen wurden eingeengt und bestimmt. Das Militär ist
sehr präsent. Krieg, Militär war bedeutsam, es gab viele Uniformen, Nationalflaggen, Kulte,
Glorifizierung. Es gibt eine enge Verknüpfung zwischen Nation und Bellizität. Kriegsführung
und Nation hängen fest zusammen. Argumentative Hegemonie wurde hergestellt;
Zunehmende Gewicht der militärischen Eliten und Argumenten hatte Auswirkungen auf
Gesellschaft weit weg vom Militär, auf Öffentlichkeit, Bildung, Presse, etc. Militär wurde
zum entscheidenden Orientierungspunkt
• Wahrnehmung eines umfassenden Fortschritts und einer Verwissenschaftlichung;
Dieses Fortschrittsbesprechen war schon brüchig, aber viele waren bereit diese Expertise in
einen Nationaler Missionswettbewerb zu stellen. Rechtfertigungen über die Vergangenheit
und Belegungen von Historikern, so wie Naturwissenschaftler.
• dauerhafte Militärbündnisse; Es gab bis in die 1850er Jahren die „Herrschaft der 5“. Das
hat sich durch die Entstehung der neuen Nationalstaaten geändert. Durch diese Änderung ist
an die Stelle ein System entstanden, indem dauerhafte Allianzen und Bündnisse im Frieden
abgeschlossen wurden. Das hat den ersten Weltkrieg nicht aus der Welt geschaffen. Es
wurden nicht nur Bündnisse, sondern auch Aufmarschpläne überlegt. Die Rede vom Krieg
war auch während der Friedenszeit sehr intensiviert.

Ergebnisse
• Ende der europäischen Pentarchie
• Ablöse von Herrscherdynastien
• republikanische Regierungsformen
• Friedensverträge von Versailles, St. Germain und Trianon: Auflösung von Österreich-
Ungarn, Konfliktherde in den Verliererstaaten
• Fortsetzung des „zweiten 30-jährigen Krieges“ und Verschiebungen in der Wahrnehmung
von Krieg sowie der Versuche, ihn zu regeln.

9. Einheit 11. Mai 2023


Wir beginnen mit der Erklärung des „zweiten 30- jährigen Krieges“. Er taucht 1940 innerhalb
der Force française libre (Armee des demokratischen Frankreichs) auf und um 1941 wird der
Begriff „der zweite 30-jährige Krieg“ von Charles De Gaulle verwendet in einer
Radioansprache in London – hier spricht er dezidiert von einem neuen 30-jährigen Krieg. Der
Begriff wird übernommen von anderen Westallierten und so wird auch Churchill gegenüber
Stalin diesen Begriff verwenden. I m wesentlichen ist es ein Begriff der Zeitgenossen. In der
Historiographie kam er erst in den 1980er Jahren und wurde Teil der Diskussion um die
Periodisierungsmöglichkeiten und Perspektiven auf das 20. Jahrhundert insgesamt. Vor allem
ein US-amerikanischer Historiker namens Arno Mayer hat den
Begriff verwendet: und zwar in einer zweifachen Weise. Er vergleicht das 17. und das 20.
Jahrhundert (die Zeit der beiden 30-jährigen Kriege) und setzt den Zusammenhang zum einen
durch die Dauer der gewaltsamen Auseinandersetzung fest, sondern er meint auch, dass es
unrecht war und um den Charakter der Auseinandersetzungen gehe. Die These ist, dass
sowohl der Krieg im 17. Wie auch 20. Jahrhundert eine ideologische Auseinandersetzung
gewesen sei. Hier sieht Mayer den Grund, wieso sie so gewaltreich geführt wurden. Er meint,
dass im 17. Jahrhundert im Kern des Krieges die Religion stand und, dass die
Auseinandersetzung im 20. Jahrhundert eine gewesen sei zwischen Bolschewismus und
Faschismus. In Bezug auf die Dauer finden wir wirklich Gemeinsamkeiten, es macht
tatsächlich Sinn den Ausbruch des 1. bis zum Ende des 2. Weltkrieges unter eine Klammer zu
setzen, da es in der Pause zwischenkriegliche Auseinandersetzungen und Bürgerkriege gab,
durchaus also Gewalt vorhanden war. Etwas anderes scheint mit dieser These, dass die
Auseinandersetzung eine gewesen sei zwischen Faschismus und Bolschewismus, weil ein
Blick auf die Ereignisse schon zeigt, dass dies nicht zutreffend ist. Die Weltkriegsgegner
lassen sich nie in Bolschewisten und Faschisten einteilen. Die Grenzziehungen die Mayer hier
trifft sind zwar historisch kontingent verständlich und nachvollziehbar, aber faktisch
begründet ziemlich fragwürdig.
Bild Februar1934: Ansichtskarte: zeigt die ideologische Aufladung dieses Bildes. Wir sehen
die Einschläge im Dach und in den Außenmauern des Schlingerhofes. Wenn sie mit diesem
Bild beginnt, mit den Höhepunkt der Ereignisse des Jahres 1934 möchte sie eine Warnung
aussprechen: Aus einer Perspektive von unserer Zeitperiode kann man von einer
tiefgreifenden europäischen Krise, die etwa 30 Jahre lang gedauert hat sprechen, bedeutet
aber nicht, dass der österreichische Bürgerkrieg, Faschismus, Anschluss etc. zwangsläufig
ausgebrochen sind und, dass es nur diese eine Möglichkeit gegeben hat. Die Erzählung am
Ende zu beginnen hat einen Sinn, aber birgt auch die Gefahr, dass das Ende unausweichlich
ist. Die erste Republik wird mit dem 12. November 1918 ausgerufen. Am 18. November
1918 gab es vor dem Parlament ein Transparent: „Hoch die sozialistische Republik“. Verweist
auf die nächsten Punkte: auf den ersten Punkt verweist dieses Transparent: die Staatsform.
Am 3. November war auch mit dem Eintritt der russischen Oktoberrevolution eine
Kommunistische Partei gegründet. Arbeiterräte haben sich vermehrt gebildet (auch außerhalb
Wiens). Friedrich Adler wurde entlassen und hat in den Arbeiterräten entscheidenden Einfluss
gehabt. Es wurde oft diskutiert, ob diese Ereignisse eine Revolution gewesen seien. Otto
Bauer schrieb 1923 über die österreichische Revolution. Wie könnte man dies beurteilen? Es
war eine gewaltreiche Revolution, aber auch die Ereignisse habe n Tote gefordert. Die
Ereignisse können durchaus als Revolution bezeichnet werden, weil ein plötzlicher Wandel
von politischen Verhältnissen auftauchte. In den letzten Tagen des Novembers/ Dezember gab
es ein neues politisches System, neue Eliten, die ausgetauscht worden waren, manche hatten
plötzlich keinen Einfluss mehr. Bei dieser Revolution wurde die Umwälzung durchaus auch
durch die politisierten Massen mobilisiert (Streiks, Demonstrationen). Das Ergebnis dieser
Plötzlichkeit spricht dafür, dass die Ereignisse als Revolution bezeichnet werden können. ->
Ergebnis war demokratisch-parlamentarische Republik. Demgemäß fanden am 16. Februar
1919 die ersten Wahlen statt. Diese Wahlen waren die ersten nach einem tatsächlich
allgemeinen Wahlrecht. Nur Vorbestrafte und Prostituierte durften nicht wählen gehen. Sieger
der Wahlen waren die Sozialdemokraten (72 Mandate), dann die Christlich-sozialen und dann
die Großdeutsche Partei. Dazu kamen noch ein tschechischer, ein demokratischer und
zynistischer Abgeordneter. Am 15. März 1919 wurde dann die erste gewählte Regierung
angelobt unter dem 1. Kanzler Karl Renner.
-  Einführung des allgemeinen Wahlrechts als Proportionalwahlrecht
-  Abschaffung der Todesstrafe in ordentlichen Verfahren; bedeutet: nicht im Kriegsfalle.
-  Eine umfangreiche Sozialgesetzgebung, die noch in die Monarchie hineinreicht
Daten zur Sozialgesetzgebung auf der Powerpointfolie
Offene Fragenkomplexe bei der Ausrufung der Ersten Republik
• in Bezug auf die Staatsform
• in Bezug auf die Staatsgrenzen
• in Bezug auf die Existenz des Staates
Punkt 2) und 3) wurden durch den Friedensvertrag von Saint Germain geklärt, wie auch
anderen Friedensverträgen (Vermont).
Unklarheit bezüglich Staatsgrenzen:
Alle deutschsprachigen Bewohner der ehemaligen Monarchie sollten im neuen Staatsgebiet
vereint werden. Bedeutet hätte dies anhand einer Karte Österreichs von 1929 folgendes: Die
südmährischen Gebiete, Böhmen, Niederösterreich wäre viel größer gewesen und sollte bis
über Znaim hinausgehen, Burgenland war nicht wirklich im Fokus, die Steiermark sollte über
Marburg hinausgehen und auch Kärnten sollte über einige heutige Grenzen hinausgehen, wie
auch Südtirol ein Teil war, der in Anspruch genommen wurde.
In Vorarlberg waren die Staatsgrenzen aus anderen Gründen nicht klar: es wurde über einen
Anschluss an die Schweiz 1919 überlegt. Die Abstimmung war klar positiv für den
Anschluss. Allerdings sagten die Schweizer, sie würden nur zustimmen, wenn die
österreichische Regierung auch zustimmt (hat Österreich abgelehnt). Gebietsunsicherheiten
gibt es also in vieler Hinsicht, manche wollen nicht zu Österreich dazugehören, andere haben
Ansprüche erhoben auf Gebiete, die schon beansprucht wurden. Diese Unsicherheiten im
Staatsgebiet haben sich auch bei den ersten Wahlen gezeigt: Da sollten eigentlich 215
Abgeordnete gewählt werden, auch für die beanspruchten Gebiete (Böhmen,
Untersteiermark...) allerdings haben die Behörden in jenen beanspruchten, aber nicht regierten
Regionen verhindert, dass die Bevölkerung an den Wahlen teilnimmt. Das führte dazu, dass
viele Plätze unbesetzt blieben.
Diese Gebietsfragen haben erst die Pariser Vororts Verträge (Vertrag von Saint Germain)
geklärt, Republik Österreich hat 30 Prozent von Cisleithanien ausgemacht; viele
deutschsprachige auch außerhalb den Grenzen gelebt -> Konfliktbereitschaft verstärkt
Weitere Unsicherheit bestand in Existenz des Staates: Der Ausruf der Republik am 18.11.
hat die Republik Deutsch – Österreich betroffen und diese hat sich deklariert als Teil einer
gesamtdeutschen Republik. Tatsächlich traf das Konzept des Anschlusses an Deutschland auf
breite politische Zustimmung. Die Deutschnationalen waren natürlich dafür, da es eine der
ideologischen Kernfragen war. Für die Sozialdemokraten war dies wesentlich eine
strategische Frage: Man hielt Deutschland für wirtschaftlich stärker, leistungsfähiger, sie
rechneten sich auch mehr politische Chancen dort aus und hatten die Idee, auf Grund des
nicht so starken Einflusses der katholischen Kirche in Deutschland besseren Fuß fassen zu
können. Gemeint war aber Anschluss an eine Republik Deutschland. Die Christlichsozialen
konnten sich der großen Zustimmung nicht entziehen und haben sich auch dafür
ausgesprochen. In den Landtagen Tirol und Salzburg (Christlichsoziale) wurden innoffizielle
Wahlen durchgeführt, wo man sich für einen Anschluss aussprach.

Der Staatsvertrag von St. Germain


o Gebietsabtretungen an die neu gegründete Tschechoslowakei, an Polen, an Italien, an
Rumänien und an den SHS-Staat
o Über Südkärnten wurde eine Volksabstimmung darüber, ob es künftig zu Österreich
oder zu Jugoslawien gehören möchte, angeordnet.
o Westungarn war an Österreich abzugeben (→ Burgenland).
o Die Verwendung von „Deutschösterreich“ als Staatsname wurde verboten.
o Der Anschluss an das Deutsche Reich wurde untersagt.
o Verbot der allgemeinen Wehrpflicht
o Verpflichtung zu Reparationszahlungen
Der Vertrag von St. Germain trat am 10.9.1919 in Kraft. Die wesentlichen Bestimmungen
des Vertrages waren: Sowohl Böhmen, Mähren, Schlesien, einige Gemeinden Nieder-und
Oberösterreichs gingen alle an die Tschechoslowakei (1918 gegründet). Das
Selbstbestimmungsrecht der deutschsprachigen Bevölkerung im Sudentenland wurde damit
nicht berücksichtigt, weil sich die Sudeten 1918 eigene Staatsversuche ausgerufen hatten
(Beispiel: Deutsch-Sudetenland). Diese Neugründungen wurden nicht berücksichtigt.
Außerdem gab es auch ganz kurz im Burgenland ein Grenzenland ohne staatliche
Anerkennung. Galizien ging an Polen. Südtirol, Westtirol, Istrien und das Kanaltal sind an
Italien gegangen. Die Bokuvina (Buchenland in Niederösterreich) ist an Rumänien abgegeben
worden. Dalmatien, die Untersteiermark, das Kärntner Niestal und Gemeinde Seeland
(Südkärnten) sind an den SHS- Staat gegangen. Über Südkärnten wurde eine
Volksabstimmung angeordnet (Kärtner Volksabstimmung -> 10. Oktober), ob sie zukünftig
zum SHS-Staat gehören wollen. Wesentlich ist, dass der Name Deutsch – Österreich sowie
der Anschluss verboten wurde. Reparationszahlungen wurden angesetzt bzw. Österreich
wurde dazu verpflichtet. Es hat sich nicht als sehr schwerwiegend erwiesen, war aber von
psychologischer wichtiger Bedeutung. Die allgemeine Wehrpflicht wurde verboten, nur ein
Berufsheer von 30.000 Männern war erlaubt.
Die wiederherzustellende Ehre, wie auch Reparationszahlungen schadeten den
Verliererstaaten: Die ökonomische Lage in Österreich war sehr schlecht. Die in den
Friedensverträgen verhängten Reparationszahlungen schienen als ein zusätzlicher Bürge, die
die Lage noch aussichtsloser machte.
Es sind auch internationale Organisationen gegründet wurden -> Völkerbund; Organisation,
die für transnationale/internationale Kriegsvermeidung eintritt;
Wesentlich für den weiteren Verlauf war, dass Verträge diskriminiert haben ->
Friedensverträge haben zwar Fragen beantwortet aber nicht Probleme gelöst;

Ökonomie
o 4. Oktober 1922: Unterzeichnung der Genfer Protokolle (Anschlussverbot wurde
erneuert)
o 1. März 1925: Einführung der Schilling-Währung (Ergebnis der Genfer Sanierung)
o Oktober 1929: Die Creditanstalt übernimmt die bankrotte Boden-Credit-Anstalt
o 31. Mai 1931: Die Creditanstalt erklärt ihre Zahlungsunfähigkeit
o Dezember 1931: Die Arbeitslosigkeit erreicht einen Höchststand: 302.000 Menschen
sind offiziell arbeitslos, dazu kommen etwa 100.000 „Ausgesteuerte“, die keine
Unterstützung mehr bekommen.
o 15. Juli 1932: Unterzeichnung des Vertrages von Lausanne. Die Konsequenz sind eine
weitere Völkerbundanleihe und eine Bestätigung des Anschlussverbots.
o 1933: Die Arbeitslosigkeit steigt weiter: 1933 sind im Jahresschnitt etwa 330.000
Menschen offiziell arbeitslos, dazu kommen geschätzte 230.000 „Ausgesteuerte“
(26% Arbeitslosenrate).

Die Unterzeichnung der Genfer Protokolle am 4. Oktober 1922 bedeutet einen Abschluss
der ökonomischen Rekonstruktion, weil der Übergang zur Monarchie in die Republik von
einer kontinuierlichen wirtschaftlichen Notsituation begleitet wurde. Dies führte zu
drückenden Mangel, welcher auch zu Hungersnöten führte. Hinzu kam in den
Nachkriegsjahren eine Inflation und eine Umverteilung der ökonomischen Mittel. Diese
Schwierigkeiten waren so groß, weil die Nachfolgestaaten ihre eigene Wirtschaft geschützt
haben: die Austauschströme der Monarchie waren unterbrochen und das verursachte die
großen Probleme. Zum anderen war es politisch nicht einfach: Die Strukturen (vor allem in
Wien) der Verwaltung so zum Beispiel. Der Versuch mit den wirtschaftlichen
Schwierigkeiten fertig zu werden hat alle Regierungskonstellationen beschäftigt. Am 4.
Oktober werden die Genfer Protokolle unterzeichnet, welche zur Folge haben, dass Österreich
eine Anleihe des Völkerbundes bekommt, um seine Wirtschaft zu stärken und den
Staatshaushalt zu sanieren. Die Christlichsozialen hatten auf ausländische Kredite gesetzt,
während die Sozialdemokraten ein Konzept entwickelten, das auf die verstärkte Einhebung
von Steuern aus der wohlhabenden Bevölkerung setzt. Dieser Völkerbundkredit war auf 20
Jahre bewilligt und wurde im Gegenzug zur neuerlichen Bestätigung des Anschlussverbotes
gewährt. Dies hatte den Effekt, dass die österreichische Wirtschaftspolitik dem Völkerbund
mit seiner Kontrolle unterworfen wurde. Für die Zukunft auch sehr wesentlich war, dass
durch die Sparmaßnahme ca. 85.000 Beamte entlassen werden mussten in innerhalb von 2-3
Jahren. Diese Bevölkerungsgruppe plus derer, die von ihnen abhängig waren, waren frustriert,
perspektivlos und mitunter radikal national -> schlossen sich später nationalsozialistischen
Bewegungen an. Die Genfer Sanierung, die durch die Genfer Protokolle eingeleitet wurde,
war bald abgeschlossen und damit war auch die Inflation beendet. Die Beendigung der
Inflation bedeutet allerdings keineswegs, dass damit die wirtschaftlichen Schwierigkeiten
gelöst gewesen wären. Wie schwerwiegend diese waren, zeigt sich dann auch nach dem
Ausbruch der Weltwirtschaftskrise (1929). Eine große österreichische Bank – die Boden-
Credit-Anstalt ist eigentlich bankrott – und bemüht sich daher um Staatshilfe -> Einführung
neuer Steuern und Einsparungen bei Gehältern von Beamten; Der regierende Bundeskanzler
war damals Johannes Schober und er hat die Creditanstalt (die damals größte Bank des
Landes) gezwungen, die marode Bank zu übernehmen. Das führte dazu, dass knapp 1 1⁄2
Jahre später auch die Creditanstalt ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt geben musste. Das
führte gesamtwirtschaftlich zu einem enormen Problem und wurde auch von den Regierenden
so wahrgenommen. Denn die Creditanstalt hat auch einen Großteil der österreichischen
Betriebe finanziert und daher schien die Sanierung der Bank dem damaligen Bundeskanzler,
Otto Ender, unbedingt notwendig. Es wurde ein Creditanstaltsgesetz erlassen, dass eine
Garantie für die Auslandsgläubiger verband und Aufnahme von Auslandskrediten vorgesehen
hat. Die Schulden wurden aufgeteilt: 100 Millionen hat der österreichische Staat
übernommen, 30 Millionen das Haus Rothschild und weitere 30 Millionen die österreichische
Nationalbank. Das sozialdemokratische Konzept hat die Verstaatlichung der Bank für diese
Hilfe vorgesehen, das konnte sich aber nicht durchsetzen. In einem zweiten
Creditanstaltengesetz im selben Jahr hat die Bundesregierung die Vollmacht bekommen, die
Haftung für die Schulden der Creditanstalt durch den Staat zu übernehmen. Diese Haftung
von 150 Millionen wurde aus dem Budget aufgebracht: Zum einem durch erneute
Sparmaßnahmen bei den Beamten, der Besoldungssteuer, dem Zoll auf Tabak und Kaffee.
Trotzdem hat diese Haftung zu einer weiteren Erschütterung des Staatshaushaltes und der
Währung geführt -> somit sind die Folgen der Wirtschaftskrise in Österreich viel heftiger
ausgefallen. Im Dezember 1931 hat die Arbeitslosigkeit ihren Höchststand erreicht, damals
waren 302.000 Menschen offiziell arbeitslos und diese haben auch Arbeitslosenunterstützung
bekommen. Weitere 100.000 haben keine Unterstützung mehr bekommen, weil sie schon zu
lang arbeitslos gewesen sind. Die ökonomische Lage war also noch immer schwierig und das
wurde wiederum durch die Aufnahme eines Auslandskredites gelöst durch den Vertrag von
Lausanne. Somit kam wieder neues Kapital nach Österreich und wieder waren weitere
Sparmaßnahmen nötig, wodurch der ökonomische Druck wieder erhöht wurde .

Politik
30. Jänner 1927: Im burgenländischen Schattendorf töten Heimwehr-Angehörige während
eines Schutzbundaufmarsches zwei Menschen.
5. bis 14. Juli 1927: Schwurgerichtsprozess gegen drei Frontkämpfer wegen Mordes
15./16. Juli 1927: schwere Ausschreitungen in Wien vor dem Justizpalast
Es gab, wie gesagt, wechselnde Regierungen und Bundeskanzler. Außerdem gab es nun den
Heimatblock mit der Heimwehr. Es gab im Nationalrat den Block der Sozialdemokraten und
den der Christlich -sozialen. Die Sozialdemokraten, die ab den frühen 1920er-Jahren stetig
zunehmen. Und die Christlich-sozialen, die nach 1923 (vor allem nach der
Weltwirtschaftskrise) Stimmen verlieren – hauptsächlich an die Deutschnationalen. 1930 gab
es die letzten Nationalratswahlen der ersten Republik: Hier hat auch die NSDAP kandidiert
und in etwa 100.000 Stimmen bekommen. Allerdings bei den regionalen Wahlen sind die
Stimmenanteile stark gestiegen. Die ersten Jahre verliefen im Politischen noch relativ
friedlich. Und dass die Heimwehr dann auch eine wichtige Rolle spielte, ist durchaus bekannt.
Die Heimwehren hatten sich aus Frontkämpfervereinigungen gebildet nach dem ersten
Weltkrieg. Erste deutliche Aktivitäten dieser Heimwehren – die in der ersten Republik auch
eine Rolle spielen sollten – sind 1920 anzusetzen. Hier wurde eine Tiroler und eine
Salzburger Heimwehr gegründet. Diese beiden haben sich dann der bayrischen Organisation
ORGES/Organisation Escherich angeschlossen bzw. unterstellt – dies war eine rechtsradikale,
republikfeindliche und paramilitärische Bürgerwehrorganisation. Die deutsche
Reichsregierunghattesiewegenihreranti-demokratischenTendenzenauch1921 verboten,
trotzdem wurde die Organisation nicht aufgelöst. Es folgte ein Ultimatum der Entente, was
schließlich zur Auflösung der ORGES führte.
Als Reaktion auf die Provokation dieser frühen Heimwehrgruppierungen hat sich dann 1923
der republikanische Schutzbund auf sozialdemokratischer Seite gebildet. Am 30. Jänner 1925
haben Heimwehrangehörige während eines Schutzbundaufmarsches auf diesen geschossen
und dabei 2 Menschen (Kriegsinvalide und Kind) getötet. Es kam dann am 5. bis zum 14.Juli
zu einem Schwurgerichtsprozess, wo 3 Frontkämpfer wegen Mordes angeklagt wurden,
jedoch von den Geschworenen freigesprochen wurden. Infolgedessen kam es zu einem Streik
und Arbeitsniederlegungen. Die Arbeiter sind zum Schmerlingplatz vor den Justizpalast
gezogen und haben diesen angezündet und die Feuerwehr beim Löschen behindert. Daraufhin
hat die Polizei auf Befehl von Johannes Schober auch in die Menge geschossen mit dem
Ergebnis: 89 tote Demonstranten, 5 tote Exekutivbeamte und über 1000 Verletzte. Für die
damalige Gesellschaft muss dieses Ereignis dramatisch gewesen sein. Öffentlich
verantwortlich gemacht wurden jene, die den Schießbefehl gegeben hatten u.a. der
Bundeskanzler Ignaz Seipel und der damalige Polizeipräsident Johannes Schober – dieser
wurde danach aufgefordert zurückzutreten. Die Heimwehr wurde nach diesen Aktionen
wieder bestärkt und ein Signal dessen ist der Korneuburger Eid am 18.5 1930 -> dieser
wurde auch versucht in den nächsten Monaten tatsächlich umgesetzt zu werden. Wie zum
Beispiel in der Steiermark, wo der Pfrimer-Putsch gescheitert ist und das hat dazu geführt, das
Pfrimer wegen Hochverrats angeklagt wurde.
Bei den Regionalwahlen 1932 hat sich gezeigt, dass die Nationalsozialisten stark zugelegt
hatten und die Sozialdemokraten etwas – damit ist die österreichische Faschismusvariante
Gefahr gelaufen auf demokratisch-parlamentarischem Wege zu unterliegen. Das hat die Eliten
der Heimwehr und die Christlich-sozialen davon überzeugt, dass Neuwahlen auf Bundesebene
möglichst lang hinauszuschieben wären bzw. gleich ganz zu verhindern wären. Nun kam
jener 4.3 1933, der ein Gegenstand heftiger historischer Debatten gewesen ist. Jedenfalls
wurden die Ereignisse um eine Geschäftsordnungskrise dazu genutzt, das Parlament auch
nachhaltig auszuschalten. Nach diesen Ereignissen hat dann die Bundesregierung unter
Engelbert Dollfuß auf Basis des kriegs - wirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes autoritär
regiert. Der republikanische Schutzbund, die kommunistische Partei und auch die NSDAP
wurden aufgelöst. Die Sozialdemokraten haben sich auf die Position begeben, dass sie nur
dann bewaffneten Widerstand leisten würden, wenn das rote Wien attackiert oder die
faschistische Diktatur ausgerufen würde. Am 11.Februar. hat der Heimwehrführer und
regierende Innenminister Emil Fey einen entscheidenden Schlag angekündigt. Gleichzeitig
wurde für den nächsten Tag eine Waffensuche angekündigt. Mit dieser Waffensuche hat
der Schutzbundführer Peter Bernaschek zur Gegenwehr gegriffen, der Konflikt ist eskaliert
und somit kam es zum österreichischen Bürgerkrieg. Der Schutzbund ist in nur 3 Tagen den
gut bewaffneten Heimwehren und dem relativ gut bewaffneten Bundesheer unterlegen.

10. Einheit 25.05.2023: österreichischer Faschismus


Die Transformation von der österreichischen Republik in den faschistischen Staat:
Wenn es um die Transformation geht, dann liegt der politisch-strukturelle Schritt, also der
eigentliche Einschnitt nicht bei den Februarereignissen des Jahres 1934, sondern bei den
Ereignissen vom 4.März.1933. Emmerich Talós – ein Politikwissenschaftler und Autor
mehrerer Standardwerke zum österreichischen Faschismus – hat die Ereignisse im Parlament
dieses Tages als „Anlass für einen interessengeleiteten Bruch mit dem rechtsstaatlich-
parlamentarischen System“ gesehen. Die zentrale Aussage ist, dass der Bruch
interessengeleitet war und nicht einfach so zufällig passiert ist. Bei diesen Ereignissen hatten
ja aufgrund einer Geschäftsordnungskrise alle Nationalratspräsidenten der Reihe nach ihr Amt
niedergelegt. Dies hatten sie getan um in einer strittigen Abstimmung auch abstimmen zu
können, dabei ging es um Eisenbahnergehälter, die in 3 Raten ausbezahlt werden sollten, was
natürlich arbeitsrechtlich gesehen rechtswidrig war. Diese Abstimmung war sowieso schon
knapp und zweifelhaft und mit diesem Akt der Niederlegung kam es auch noch dazu, dass die
Sitzung nicht ordnungsgemäß geschlossen werden konnte. Als der Nationalrat dann e inige
Tage später wieder zusammentreten wollte, um eben die Ordnung wiederherzustellen, hat dies
die Polizei verhindert. Seit diesem Tag halt Dollfuß auch die Möglichkeit wahrgenommen,
völlig autoritär und ohne Parlament zu regieren -> kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz.
Der Umbau zu einem autoritären faschistischen Regime begann sehr schnell und es wurde
auch sehr schnelleingenerellesVersammlungs-undAufmarschverboterlassen.Eswurdeaucheine
Pressenotverordnung verlassen, die praktisch die Pressezensur eingeführt hat. Außerdem
begannen sofort Vorbereitungen für eine Verfassungsreform. Das Ziel dieser Reform hat
Dollfuß eigentlich ganz deutlich ausgesprochen: „Das Parlament hat sich selbst ausgeschaltet,
ist an seiner eigenen Demagogie und Formalistik zugrunde gegangen. Dieses Parlament, eine
solche Volksvertretung, eine solche Führung unseres Volkes, wird und darf nie
wiederkommen. [...] Die Zeit der Parteienherrschaft ist vorbei! Wir lehnen Gleichschalterei
und Terror ab, wir wollen den sozialen , christlichen, deutschen Staat Österreich auf
ständischer Grundlage, unter starker, autoritärer Führung!“. Somit sieht man hier die Sprache
und das Denken, dass die Christlich-sozialen und den österreichischen Faschismus geprägt
haben im Bezug auf die Ereignisse Anfang März 1934,nämlich das Parlament habe sich selbst
ausgeschaltet. Die Selbstausschaltung des Parlaments ist eigentlich die zeitgenössische
Rechtfertigung derer, die dann den autoritären Staat implementieren.
Im Mai 1933, wenn es eben um die Etablierung des österreichischen Faschismus geht und um
die einzelnen zentralen Schritte auf den Weg dorthin, ist dieser ein wichtiges Datum. Denn zu
dieser Zeit wurde mittels Geschäftsordnungstricks und Regierungsverordnungen der
österreichische Verfassungsgerichtshof ausgeschaltet. Die Stadt Wien hatte einige der
Notverordnungen ab dem 4.3.1933 beim Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig
beeinsprucht. Diese Beeinspruchungen konnten aber nicht mehr vom Verfassungsgerichtshof
behandelt werden, da dieser ausgeschaltet war und keine Mitarbeiter mehr hatte. Es wurde
auch vom Bund, Gemeinden etc. ein Streik- und Aussperrungsverbot erlassen. Der nächste
wesentliche Schritt ist am 20.Mai 1933 erfolgt: Da wurde die Vaterländische Front als
Nachfolgeorganisation der christlich-sozialen Partei gegründet. Die Vaterländische Front ist
in ihrem Selbstverständnis keine Partei im herkömmlichen beziehungsweise im
parlamentarischen Sinne, sondern sie hat den Anspruch alle Österreicher zu vertreten. Sie
wollten so Interessensgegensätze einebnen bzw. vereinen in einer Organisation und sie somit
zum Verschwinden zu bringen. (Am Ende hat das auch nicht funktioniert.) Außerdem im
Unterschied zu den gängigen Parteien hatte die Vaterländische Front auch den Anspruch, alles
was bisher das parlamentarische System erledigt hatte an Meinungsbildung usw. zu ersetzen.
Ziel dieser Maßnahme war die Errichtung eines Ständestaates (war auch schon Ziel von Ignaz
Seipel) auf Grundlage der katholischen Soziallehre. Die entsprechenden Dokumente sind eine
Enzyklika mit dem Namen „Rerum Novarum“ (von den neuen Dingen) aus dem Jahr 1891
und die Bulle namens „Quadragesimo Anno“aus dem Jahr 1931. Die Etablierung eines
Ständestaates ist ein christlich-soziales Ziel spätestens seit den 1920er Jahren und hat mit der
Ausrichtung des politischen Katholizismus in Österreich zu tun. Hier wird das dann durch die
unterschiedlichen politischen S chritte, die nach dem März 1933 gesetzt wurden, zum
sichtbaren und angestrebten Ziel. Die Vaterländische Front war somit ein erster Schritt
dorthin zur Absicherung der politischen Macht.
In einem ersten Schritt wurden alle LehrerInnen vom Unterrichtsministerium verpflichtet, der
Vaterländischen Front beizutreten. Ende 1933 hat sich dann der Heimatblock in der
Vaterländischen Front aufgelöst, weil eben das Ziel sein sollte, dass alle Parteien in dieser
Vaterländischen Front aufgehen sollten. Im Oktober 1934 wurde dann auch die christlich-
soziale Partei aufgelöst und hat sich ebenfalls der Vaterländischen Front angeschlossen. Das
war allerdings innerhalb der herrschenden politischen Eliten nicht ein eindeutiger Konsens –
denn die Zusammenfassung aller Interessen für ein gemeinsames österreichisches Interesse
hat sichtlich nicht funktioniert. So ndern der Parteivorsitzende und ehemalige Heeresminister
Karl Vaugoin hat dagegen heftig protestiert und es gab auch an anderen Stellen der christlich-
sozialen Partei Widerstand gegen diese Auflösung. Abgeschlossen war dieser Prozess der
Etablierung der Vaterländischen Front dann aber erst 1936 – hier galt nur mehr die
Vaterländische Front als die e inzige legale politische Partei. Ab diesem Zeitpunkt wurden
nun alle öffentlich Bediensteten zur Mitgliedschaft gezwungen.
(Das Kruckenkreuz ist das Symbol der Vaterländischen Front und später insgesamt das
Symbol des österreichischen Faschismus. Die Herkunft dieses Symbols ist stark umstritten,
hat wohl aber auch etwas mit dem Sonnenradsymbol des Hakenkreuzes zu tun. Es sollte sich
aber auch bewusst davon abheben.-> siehe Powerpointfolie)
Noch einmal zur Erwähnung in diesem Prozess der Etablierung ist, dass am 30.Mai.1933 der
republikanische Schutzbund verboten wurde mit dem gleichzeitigen Beitritt der Heimwehr
zur Vaterländischen Front wie vorher erwähnt. Formal sind diese paramilitärischen Gruppen
aufgelöst oder in größere Organisation eingegliedert worden. Auf der anderen Seite kam es zu
einer Reorganisation der Exekutive (vor allem Polizei und Gendarmerie): Sie wurden
zentralisiert in die Bundeshauptstadt bzw. zum Bundeskanzler. Es wird wohl nicht nur ein
Zufall gewesen sein, dass diese Reorganisation der Polizei am 10.Februar.1934 abgeschlossen
wurde. Insgesamt hat man versucht die Beamtenschaft auch in den politischen Griff zu
bekommen. Im Mai 1934 wurden alle Beamten auf die Regierung – also nicht auf den Staat
oder die Verfassung – vereidigt, was auch eine Disziplinierungsmaßnahme war für dissidente
(nationalsozialistische oder republikstreue) Beamte. Es wurden andere Disziplinar-und
Kontrollmaßnahmen verstärkt und es wurde eine Denunzierungspflicht erlassen. Gleichzeitig
wurde auch die Justiz gleichgeschaltet und instrumentalisiert – das sieht man auch bei den
Urteilen nach den Februarkämpfen. Es wurde zum Beispiel die Unabhängigkeit der Richter
beschnitten, weil das Versetzungsgebot aufgehoben werden konnte. Schon im November
1933 wurde auch das Standrecht eingeführt und angewandt -> das erste Opfer des Standrechts
war Oskar Strauß – ein behinderter Obdachloser, der einen Stadl angezündet hatte. Im
September 1933 erfolgt ein weiterer wichtiger Schritt- die Anhalteverordnung wurde erlassen
und Anhaltelager wurden eingerichtet. (Spannend ist auch, dass im Bezug auf die zeitliche
Nähe das KZ Dachau im Frühjahr 1933 errichtet wurde.) Diese führte auch zu politischen
Querelen, da die einen meinten man solle das nationalsozialistische Deutschland nicht so sehr
nachahmen und andere setzten sich wieder für eine „Überhitlerung“ (noch effektiver und
besser sein als das nationalsozialistische Deutschland) ein. Es gab auch für uns heute skurill
klingende Verordnungen. Zum Beispiel wurden im August 1933 in einer Verordnung alle
Personen die aus der katholische Kirche ausgetreten sind, aufgefordert ihren Geistes- und
Gemütszustand überprüfen zu lassen. Das zeigt auch mit welcher Konsequenz die Regierung
versucht hat ihren katholischen Standpunkt durchzusetzen. Es ist auch erwähnenswert, dass
die Regierung das verhandelte Kontingent im Vertrag von Saint Germain von 30.000 Mann
der Soldaten im Bundesheer entweder aufheben wollte oder erweitern lassen wollte – dazu
gab es erfolgreiche Verhandlungen mit den Siegermächten (Einführung eines freiwilligen
Militärassistenz- chors). Gleichzeitig wurden im Juli 1933 auch freiwillige Schutzchöre zur
Unterstützung von Polizei und Gendarmerie eingeführt – diese hatten weitgehende
Waffengebrauchsrechte. 42.000 Personen dieser Schutzchöre waren auch bei den
Februarkämpfen beteiligt.
Den Abschluss der Etablierung des österreichischen Faschismus bildete die Verfassung, die
am ersten Mai verkündet wurde. Dieses Datum markierte die volle, formale Etablierung des
österreichischen Faschismus.
Ein paar Worte zur Terminologie: Der österreichische Faschismus ist die umstrittene Zeit der
jüngeren österreichischen Geschichte. Es gibt mittlerweile einen Konsens darüber, wie man
über den Nationalsozialismus sprechen kann und darf. Das gibt es aus ihrer Sicht im Bezug
auf die Zeit zwischen 1933 und 1938 immer noch nicht – das ist sehr stark umstritten. Sie hat
sich dafür entschlossen den Begriff des österreichischen Faschismus zu entwickeln. Sie will
weder Ständestaat sagen, weil es ganz einfach kein Ständestaat war (nur Selbstbezeichnung
des Regimes). Sie möchte auch nicht den Begriff des Austrofaschismus verwenden, weil er
auch ein politischer Kampfbegriff gewesen ist. Analytisch gesprochen war dieses Regime, das
sich 1933 in Österreich etabliert hat, zweifelsohne eines in der Reihe zwischen faschistischen
Regimes, die in den 1930er Jahren in Europa entstanden sind. Sie haben eine autoritäre
Regierungsform, eine Massenpartei und eine zentrale Führerfigur. Ein Argument, dass dann
meistens dagegen eingeführt wird, ist, dass der österreichische Faschismus ja nicht auf einer
Massenbewegung basiert hat (hängt mit der Erfolglosigkeit zusammen). Daher meint die, dass
der Begriff des österreichischen Faschismus passend ist, um dieses Regime zu beschreiben.
Als Zusammenfassung noch einmal die Merkmale des österreichischen Faschismus an der
Regierung nach Emmerich Talós:
o Die legislativen Aufgaben von National- und Bundesrat waren auf die Regierung
übergegangen. Das parlamentarisch-repräsentative Prinzip war durch das autoritäre
(nicht durch Wahlen legitimiertes) Prinzip ersetzt worden.
o Alle demokratischen Parteien waren beseitigt. Stattdessen war die Vaterländische
Front alleinige Trägerin politischen Willens.
o Der Justiz- und Sicherheitsapparat (Armee, Polizei und Gendarmarie) sowie der
öffentliche Dienst waren gleichgeschaltet, auf die Regierung vereidigt und den neuen
Erfordernissen angepasst.
o Die Medien waren gleichgeschaltet und die Pressefreiheit beseitigt. Die Zensur war
eingeführt.
o Die Austragung von Interessenskonflikten in den Arbeitsbeziehungen waren durch das
Streik- und Aussperrungsverbot formell unterbunden, die Errichtung eines
einheitlichen Gewerkschaftsbundes galt als erster Schritt zum Aufbau der
berufsständischen Ordnung.
Symbolträchtigerweise und wohl auch nicht zufällig wurde am 1.Mai.1934 das neue
Konkordat mit der katholischen Kirche verkündet. Darin hat der Staat auch die Geltung der
kirchlichen Eheschließung und die Ehegerichtsbarkeit anerkannt. Dies bedeutete nun auch,
dass katholische Ehen per se nicht scheidbar waren. Gleichzeitig hat die katholische Kirche
auch versprochen, dass die apostolischen Nuntiaturen im Burgenland (das neu zu Österreich
gekommen war) und auch in Innsbruck-Feldkirch in Bistümer umgewandelt und somit
aufgewertet werden sollten. Es liegt nahe diesen Abschluss des Konkordats als Gegenleistung
für die Unterstützung der katholischen Kirche für das sich etablierende Regime zu verstehen.
Wichtig ist, dass diese Schritte die Veränderungen der Jahre 1933/34 von den handelnden
Akteuren als unumkehrbar verstanden wurden. Also nicht als Notmaßnahme in einer
Krisensituation, die es eigentlich Mitte der 30er-Jahre im speziellen gar nicht gab, sondern
dies war tatsächlich als dauerhafte politische Veränderung gedacht.
Noch ein paar Anmerkungen zur Ausschaltung des politischen Gegners: Klarerweise war
bereits die Ausschaltung des Parlaments im Mai 1933 ein wesentlicher und zentraler Schlag
gegen die politischen Gegner. Vor allem gegen die Sozialdemokratie, weil diese den
Nationalrat/das Parlament als wesentliches politisches Terrain der Auseinandersetzung
verstanden hat. Durch den Wegfall dieses Ortes der politischen Auseinandersetzung wurde
die Sozialdemokratie stark geschwächt. Die Auflösung des Schutzbundes sei hier noch einmal
nebenbei erwähnt. Ein weiterer Schritt war es, die Demonstrationsformen des politischen
Gegners zu unterbinden. Im Jänner 1934 hat dann auch Emil Fey das Sicherheitsressort und
damit die Verantwortung für Polizei und Gendarmerie übernommen. Es kam dann zu einer
Verhaftungs- und Durchsuchungswelle,die zur Waffensuche im Hotel Schiff am 12.Februar in
Linz geführt hat.
Der Februaraufstand und sein Scheitern waren der Anlass für das Verbot, die Auflösung und
Enteignung aller sozialdemokratischen Organisationen inklusive der freien Gewerkschaften.
Es wurden allen gewählten Repräsentanten die Mandate aberkannt. 20 Todesurteile wurden
gefällt, von denen 9 letztendlich auch vollstreckt wurden. Die Zahl der Toten auf Seiten der
politischen Opposition ist auf in etwa 200 zu schätzen, auf Seite n der Exekutive gab es 130
Tote. Es sind ungefähr 10.000 Sozialdemokraten verhaftet worden und einige Tausend sind
ins Au sland geflohen – vor allem in die Tschechoslowakei. Dort wurde dann auch das
Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokratie eingerichtet. Einige derer, die nicht ins
Ausland geflüchtet sind, sind in den politischen Widerstand gegangen. Hier gab es 2
Möglichkeiten: Einerseits als eigene Organisation, die sich dann die Revolutionären
Sozialisten genannt hat. Oder sie haben sich der bereits im Untergrund befindlichen KPÖ und
ihrer Organisation angeschlossen. Übrigens wurde auch als Folge des Februar 1934 der
Wiener Gemeinderat aufgelöst und ein Regierungskommiser für die Stadt eingesetzt. Man
könnte also zusammenfassend sagen, dass die Strategie des österreichischen Faschismus im
Bezug auf dieSozialdemokratieeindeutigdieZerstörungdespolitischenGegnersgewesenist.
Auf der anderen Seite war das Verhältnis zur NSDAP, die ja auch in politischer Gegnerschaft
stand, eindeutig ambivalenter. Gerhard Jakschütz, Professor für Zeitgeschichte, hat das
genannt, dass das Verhältnis zwischen christlich-sozialen, Vaterländischer Front,
österreichischen Faschisten und Nationalsozialismus eines zwischen Befriedung und
Konfrontation gewesen sei. In diesen Bogen zwischen Befriedung und Konfrontation haben
zum Beispiel auch Verhandlungen Platz gehabt und waren vorgesehen. Wesentlich ist dabei
aber, dass das Verhältnis zur österreichischen NSDAP immer eine starke außenpolitische
Komponente hatte – besonders nach der Machtergreifung Hitlers im Jänner 1933. Das hat
wohl eine wesentliche Rolle für die Ausgestaltung dieses Verhältnisses gespielt.
Im Verhältnis zwischen der österreichischen Regierung und NS-Deutschland, davon abhängig
der österreichischen NSDAP, hat es zwischen 1933 und 1938 (der Zeit des sogenannten
Anschlusses) unterschiedliche Phasen gegeben.
Das setzt ein mit einer Phase erheblichen Drucks: Am 8.März.1933 zum Beispiel hat der
bayrische Justizminister Hans Frank in einer Rede im bayrischen Rundfunk „einen Gruß an
seine unterdrückten Volksgenossen in Österreich“ geschickt und gemeint „ die NSDAP werde
notfalls die Sicherung der Freiheit der deutschen Volksgenossen übernehmen“. Er hat also mit
der Intervention Deutschlands in Österreich gedroht. Daraufhin hat die österreichische
Bundesregierung offiziell in Berlin protestiert. Hitler jedoch hat jede Verantwortung von sich
gewiesen und abgelehnt. Im Mai kam dann Frank mit 2 weiteren Ministern – dem preußischen
Justizminister Hans Kerrl und seinem Stellvertreter – nach Wien, um dort
nationalsozialistische Propaganda zu betreiben. Dem ist Dollfuß entgegen getreten und hat die
Anwesenheit national- sozialistischer Minister in Österreich für unerwünscht erklärt. Er hat in
weiterer Folge Frank ausgewiesen. Als Reaktion darauf ist die bekannte 1000-Mark-Sperre
eingeführt worden. Das bedeutete, dass jeder der von Deutschland nach Österreich reisen
wollte, 1000 Mark hinterlegen musste und das wiederum war gerichtet gegen den
österreichischen Tourismus. Österreich war schon damals stark vom Tourismus abhängig als
wichtigen Wirtschaftszweig. (Die österreichische Wirtschaft war in de n 1930er Jahren
ohnehin schwach und das hat einen der wenigen florierenden Teile der Wirtschaft stark
getroffen.) Gleichzeitig hat die österreichische NSDAP mit einer Welle von Terroranschlägen
(z.B.: Sprengstoffanschläge) begonnen und das hat schließlich dazu geführt, dass die
Regierung am 19.6.1933 ein Betätigungsverbot erlassen hat. Unmittelbarer Anlass war der
Angriff auf eine Assitenzkompanie christlich -deutscher Turner -> 1 Toter und mehrere
Verletzte.
Gleichzeitig mit diesem Verbot gab es Verhandlungsrunden zwischen den Vertretern des
deutschen Reiches und der österreichischen NSDAP, in denen die Nationalsozialisten immer
wieder den Austausch von österreichischen Regierungsmitgliedern gefordert haben
(Heimwehr durch Nationalsozialisten ersetzt). Die österreichische Seite wiederum wollte,
dass die deutsche R egierung die österreichische Regierung und die österreichischen
Nationalsozialisten gemeinsam mit der Selbstständigkeit Österreichs anerkennen. Die
Verhandlungen wurden meistens geheim geführt und haben aber zu keinen Ergebnissen
geführt. Die österreichische Regierung selbst war sich sehr uneins in der Behandlung und dem
Umgang mit den Nationalsozialisten – dies führte zur Auflösung des Landbundes (der immer
eine andere Position als Heimwehr und christlich -soziale vertrat) im Mai 1934.
Am Juliputsch 1934 haben zum Beispiel ehemalige Landbundmitglieder teilgenommen. Das
war einer der Höhepunkte der nationalsozialistischen Gewalt in Österreich. Am 25.Juli.1934
wird Bundeskanzler Dollfuß erschossen von den Putschisten. Zwei Dinge sind daran
spannend: Insgesamt war der Putsch – abgesehen vom Tod Dollfuß – kein zentraler
politischer Einschnitt. Er war im Wesentlichen dilettantisch angelegt und es war auch bald
klar, dass er scheitern würde. Zum einen spielte der österreichische Rundfunk zum ersten Mal
eine wesentliche politische Rolle in dem Zusammenhang. Weil die Putschisten haben nicht
nur das Bundeskanzleramt gestürmt, sondern haben auch das Gebäude der österreichischen
Rundfunkanstalt gestürmt. Und es wurde über das Radio verkündet, dass Bundeskanzler
Dollfuß zurückgetreten sei und Anton Rintelen ihm nachgefolgt sei. Also die Putschisten
haben versucht das Radio für ihre Zwecke zu nutzen. Das andere ist, dass der Tod von
Dollfuß seine Stilisierung zum Märtyrer im Dienste für das Regime und die österreichische
Eigenständigkeit erlaubt hat. Diese Stilisierung hat sein Nachfolger Schuschnigg sehr schnell
und effizient betrieben und mit ihm gemeinsam auch die gesamte Vaterländische Front. Das
merkt man auch an einigen Denkmälern zu seinen Ehren: Es gibt eine Dr.Dollfuß-
Gedächtniskirche, ein Dollfuß- Museum, es gibt seine Totenmaske und er ist in manchen
Kirchen aus dieser Zeit auch bildlich dargestellt als nahezu Heiliger. Er war Gegenstand eines
doch erheblichen politisch-religiösen Kultes.
Die Faschisierung Österreichs wird vor allem von den Rechtfertigern des österreichis chen
Faschismus immer wieder mit dem Hinweis auf das Ausland legitimiert. Sie wird vor allem
dargestellt als ein von Italien gesteuerter Prozess. Die Quellenlage hält jedoch diesen
Behauptungen nicht stand. Es ist richtig, dass die Heimwehren vom italienischen Faschismus
Geld und Waffen bekommen haben – also immer wieder auch materiell unterstützt wurden.
Die Heimwehren haben auch im italienischen Faschismus ihr politisches Vorbild gesehen.
Dollfuß hat sich auch immer wieder mit Mussolini beraten – eine gewisse ideologische Nähe
hat dabei wohl auch eine Rolle gespielt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Faschisierung
von außen erzwungen wurde. Sie wurde dadurch „nur“ unterstützt und gefördert. Würde man
nun aber kontrafaktisch denken, könnte man auch sagen , dass es in Europa damals auch
andere Bündnispartner/Ansprechpartner gegeben hätte, wie zum Beispiel das immer noch
demokratische Frankreich. Zweifelsohne hat es ein Näheverhältnis zum italienischen
Faschismus gegeben, aber dieses war durchaus intentional von den österreichischen Politikern
und Führern gewählt.
Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 war das westliche Ausland allerdings weniger bzw.
nicht mehr so stark an den demokratischen Verhältnissen in Österreich interessiert – sondern
vor allem an der nationalen Eigenständigkeit Österreichs. Das hat einfach damit zu tun, dass
man den Macht- zuwachs Hitlerdeutschlands verhindern wollte. Frankreich hat sehr lange auf
demokratische Verhältnisse bestanden –bis1932 die Verträge von Lausanne abgeschlossen
wurden. Hierhat Frankreich seine Zustimmung daran geknüpft, dass die parlamentarisch -
demokratischen Strukturen in Österreich weiterhin aufrecht erhalten bleiben müssen. Dieser
starke Einfluss Frankreichs auf die demokratischen Verhältnisse in Österreich hat nach der
Machtergreifung Hitlers deutlich abgenommen. Auch die Sozialdemokraten sind nach der
Machtergreifung Hitlers für die nationale Eigenständigkeit eingetreten – aber sie hatten
keinen politischen Handlungsspielraum mehr.
Zum anderen war auch die Bildung der Achse Rom-Berlin von wesentlicher Bedeutung im
Zusammenhang mit dem Appesinienfeldzug Italiens im Jahr 1935, der vom deutschen Reich
unterstützt wurde. Auch im spanischen Bürgerkrieg gab es eine Unterstützung von NS -
Deutschland und dem faschistischen Italien für Franco. Das hat für Österreich bedeutet, dass
die Unterstützung Italiens für die österreichische Eigenständigkeit in der Prioritätenliste des
italienischen Staates nach hinten gereiht wurde, weil das Bündnis mit dem deutschen
Faschismus wichtiger gewesen ist.
Noch ein paar Sätze zur Gesellschaftspolitik des Austro-Faschismus und zur Phasenbildung:
Emmerich TalóssprichthierdieZeitvon1933-1936 für die Etablierungsphase des
österreichischen Faschismus an. In dieser Zeit kam es auch zum ersten provisorischen Aufbau
der berufsständischen Ordnung. Bis 1938 wurden jedoch nur 2 Berufsstände (öffentlicher
Dienst, Land - und Forstwirtschaft) tatsächlich etabliert – 7 oder 8 waren insgesamt geplant.
Neben diesen ersten Versuchen die berufsständische Ordnung tatsächlich umzusetzen gab es
auch andere wesentliche gesellschaftspolitische Entscheidungen: die Wiedereinführung der
Todesstrafe am 10.November.1933 – per Gesetz am 19. Juni. 1934, die
Doppelverdienerordnung vom 15.12.1933 (verheiratete Frauen im öffentlichen Dienst
mussten aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden), die Errichtung einer Einheitsgewerk-
schaft am 2.März. 1934, die Widerrufung des Landesverweises der Habsburger und die
Rückgabe eines Teils ihres Vermögens am 13.Juli.1935 – auch die Wiedereinführung der
Adelstitel(ideologisch signifikant, aber realpolitisch nicht von großer Bedeutung) ,
wirtschaftspolitisch wichtig im Sinne der Identitätsstiftung war die Eröffnung der
Großglockner-Hochalpenstraße am 3.7. 1935 und der Wiener Höhenstraße am
16.Oktober.1935 ( beides waren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen) sowie Einschnitte in die
Sozialgesetzgebung, vor allem Leistungskürzungen.
Talós hat die Jahre 1936-1938 als Niedergang des österreichischen Faschismus beschrieben.
Dieser Einschnitt im Jahr 1936 hat stark mit der außenpolitischen Entwicklung und der
Entstehung der Achse Rom-Berlin zu tun gehabt. Damit hat sich das Regime immer stärker
mit dem Machterhalt beschäftigt und sich darauf konzentriert – und auf die Lösung des
deutsch-österreichischen Konfliktes. Bereits im Sommer 1936 hat sich Schuschnigg darum
bemüht einen „modus vivendi“ mit dem Nationalsozialismus zwischen Deutschland zu
finden. Er hat tatsächlich das Juliabkommen (11.7.1936) abgeschlossen: Darin hat
Deutschland tatsächlich und offiziell die Existenz Österreichs und die Eigenständigkeit
Österreichs akzeptiert. Gleichzeitig wurde aber der deutsche Charakter Österreichs in diesem
Abkommen betont. Die 1000-Mark-Sperre wurde im Juli 1936 dann aufgehoben als Folge des
Abkommens, was für Österreich von Bedeutung war. Außerdem hat Deutschland offiziell
zugestimmt bzw. versprochen sich nicht in österreichische Angelegenheiten einzumischen. Es
gab aber neben diesem offiziellen Teil des Abkommens auch einen geheimen Teil
(„Gentlemen Agreement“ – Schuschnigg und Hitler), wo dieses offizielle Abkommen deutlich
relativiert wurde. Hier hat Österreich zugestimmt einen wesentlichen Teil der Juliputschisten
eine Amnestie zu erteilen, deutsche Zeitungen in Österreich wieder zuzulassen und n
ationalsozialistische Vertreter (Guido Schmidt und Edmund Klest von Horstenau) in die
Regierung aufzunehmen. Dies hat aber die prekäre Lage des österreichischen Faschismus
nicht wesentlich verbessert. Die Arbeits - losenzahlen blieben weiterhin hoch (wirtschaftliche
Situation nicht im Griff) – und steigen bis 1935 eklatant an. Das Regime war wohl nicht
zuletzt aufgrund dessen in der Bevölkerung nicht besonders angesehen und beliebt (und
außenpolitisch auch noch isoliert). Angesichts der Politik Schuschniggs hatte man vor alle
Dingen im westlichen Ausland Angst vor einer Restauration der Habsburger – das schien
bedrohlicher als der Anschluss an Deutschland oder die Faschisierung. Der Druck auf
Deutschland ist zur selben Zeit immer stärker geworden. Am 12.2.1938 wurde dann ein
weiteres Abkommen unterzeichnet: das Berchtesgadener Abkommen. Das hat ergeben, dass
National - sozialisten in die Vaterländische Front und andere politische Einrichtungen
aufgenommen werden mussten. Schuschnigg musste den Führer der österreichischen
Nationalsozialisten, Arthur Seyß - Inquart, zum Innenminister machen. Außerdem mussten
nun alle Putschisten des Juli 1934 und alle im Zusammenhang mit nationalsozialistischen
Straftaten Verurteilten amnestiert werden. Dieses Abkommen hat Schuschnigg so sehr unter
Druck gesetzt, dass er den Schritt unternahm die Eigenständigkeit Österreichs durch eine
Volksabstimmung zu legitimieren. Für den 13.März war diese Volksabstimmung angesetzt –
es folgte ein Ultimatum Deutschlands an Schuschnigg am 11.März, in dem er zum Rücktritt
aufgefordert wurde zu Gunsten von Seyß-Inquart. Schuschnigg ist zurück getreten und hat die
Regierung an Seyß-Inquart übergeben – hatte den Anschein eines legalen
Regierungsüberganges. Gleichzeitig ist die deutsche Wehrmacht in Österreich einmarschiert.
Zur Zusammenfassung gibt es noch einmal eine Chronologie der Ereignisse des Anschlusses
auf der Folie. Am 12.März.1938 ist der Einmarsch deutscher Wehrmachts-,SS- und
Polizeieinheiten in Österreich. Am Tag darauf kommt es zum Erlass des
Bundesverfassungsgesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen
Reich. Einige Tage später –am 15.3.1938 – hält Hitler eine Rede am Heldenplatz, in der er die
Heimkehr ins Deutsche Reich proklamiert. Knapp ein Monat darauf – am 10.April.1938 –
erfolgt die Volksabstimmung über den „Anschluss“ (99,8% dafür). Zu erwähnen ist hier auch
die Erklärung eines deutlichen „Ja“ von Karl Renner und das offizielle „J a“ zum Anschluss
des Bischofskollegiums.
Wie hat das alles dann technisch funktioniert?
Seyß-Inquart wurde Reichsstadthalter. Nach dem 10.April und der Volksabstimmung wurde
aber Josef Bürckel zum Reichskommisar für die Wiedervereinigung Österreichs mit d em
Deutschen Reich ernannt. Für Bürckel war diese Aufgabe keine ganz unbekannte, er war
bereits der Reichskommisar im Saarland gewesen.
In den ersten Tagen nach dem Anschluss wurden etwa 60.000 Personen inhaftiert und in
Konzentrationslager verfrachtet. Es begann die Vorbereitung zur Ausgrenzung und Tötung
der jüdischen Bevölkerung und der Roma und Sinti. Die Presse wurde nun an das
nationalsozialistische Regime gleichgeschaltet – eine demokratische und freie Presse hat es ja
schon vorher nicht mehr gegeben. Weiter und genauer können wir darauf nicht eingehen.
Erinnert sei nur an die Nürnberger Rassegesetze 1935, die jetzt auch im ehemaligen
Österreich gültig geworden sind. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses aus
dem Jahr 1932 das jetzt auch gül tig wurde. Außerdem viele andere Bestimmungen, die die
Nationalsozialisten im deutschen Reich schon erlassen hatten.
Noch einige Worte dazu, wie die Verwaltung dieses neuen Gebietes vor sich gegangen ist:
Wir sehen eine Karte, die die Donau- und Alpengaue im 3.Reich zeigt. Diese Gebietsteile
wurden ja bald auch nicht mehr „Ostmark“ genannt – dies hätte noch eine einheitliche
Identität bedeutet. Bürckel war mit einer Neuordnung Österreichs und einer Reichsreform
beauftragt. Diese Reichsreform war eigentlich für das nationalsozialistische Deutschland
entwickelt und mit dieser Reform sollten historische Landesstrukturen, die auch
Anknüpfungspunkt für lokale Identitäten sind, aufgelöst werden zugunsten eines
zentralistischen Einheitsstaates. Die Idee war: Wen n es die Territorien nicht mehr gäbe,
würden auch diese regionalen Identitäten zugunste n einer zentralen einheitsstaat- regierten
Identität abgeschwächt werden. Diese Reichsreform sollte in Österreich durchexerziert
werden. Es wurde die Zahl der österreichi schen Bundesländer auf sieben reduziert und diese
wurden dann Reichsgaue genannt. Die Gauleiter waren gleichzeitig Reichsstadthalter –
Verwaltung und Parteistruktur wurden vereint. Das hat dazu geführt, dass die
Spitzenrepräsentanten in den Donau - und Alpengauen eine relativ große Machtfülle erhalten
haben. (Der österreichische Staat war aufgelöst worden und somit die nächste Instanz erst
Berlin.) Die grünen Gebiete kamen dann im Laufe der Entwicklungen zu den entsprechenden
Gauen. Der Böhmerwald -Gau kam im Oktober 1938 an die Oberdonau, Südmähren an
Niederdonau, das Burgenland war aufgelöst. Die Untersteiermark kam1941 an die Steiermark,
Oberkrain an Kärnten und Südtirol war ab 1943 deutsch verwaltet aber kam nicht zu Tirol.
Allerdings ist diese Neuordnung trotzdem kein Modellfall für das deutsche Reich geworden.
Also die Durchsetzung des zentralistischen Einheitsstaates im deutschen Reich ist gescheitert,
vor allen Dingen daran, dass mit dem Ausbruch des Krieges 1938 das deutsche Reich seine
Prioritäten geändert hat und damit voll auf den Expansionskrieg orientiert war. Die innere
Ordnung ist damit sekundär geworden.
Der 2.Weltkrieg und die damit verbundene Vernichtungspolitik NS-Deutschlands:
Die Orientierung erfolgt mittels einer zweigeteilten Chronologie: Im ersten Teil werden wir
den Ablauf des 2.Weltkrieges kurz besprechen um uns die wesentlichen Schritte des Krieges
ins Gedächtnis zu holen – ein Blick auf den Krieg NS-Deutschlands nach außen. In einem
zweiten Schritt werden wir uns mit dem Krieg nach innen beschäftigen, also mit dem Krieg
des NS -Staates gegen BürgerInnen des eigenen Staates.

11. Einheit 01.06.2023: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg


Wir haben schon das letzte Mal über die gebietsbezogene Einbeziehung Österreichs ins
Deutsche Reich gesprochen. Die wirtschaftliche Eingliederung Österreichs erfolgte über den
4-Jahres-Plan: Vom ersten 4-Jahres-Plan war im Deutschen Reich bereits 1933 die Rede
gewesen – dieser sollte die Arbeitslosigkeit beseitigen. Ziel dieser Kriegswirtschaft war von
vornherein die Kriegsvorbereitung; der Krieg war von vornherein geplant. Somit kann man
von einer Parallelität vom Krieg nach innen und nach außen sprechen.
Die Strategie dieses vorbereiteten Krieges war der Blitzkrieg. Es sollte der totale Krieg
vermieden werden, weil man aus den Erfahrungen des 1.Weltkriegs lernen wollte. Es ist nicht
gelungen diesen totalen Krieg zu vermeiden - nach der Niederlage von Stalingrad.
Für die deutsche Kriegswirtschaft gilt eine Besonderheit. Die deutsche Kriegsproduktion hat
viele ZwangsarbeiterInnen aus den eroberten/besetzten Gebieten beschäftigt. Das war bei den
anderen kriegsführenden Ländern bei weitem nicht in diesem Ausmaß der Fall. Diese
Beschäftigung der ZwangsarbeiterInnen hatte weitreichende Konsequenzen – nicht nur für die
Leistungsfähigkeit der Kriegsproduktion, sondern auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht.
Zum Beispiel war eine der Konsequenzen, dass die Integration von weiblichen Arbeitskräften
in die deutsche Kriegswirtschaft zwar stattgefunden hat, aber nicht so extrem wie in anderen
Ländern (USA,Großbritannien).
Wir kommen zurück zum 4-Jahres-Plan: Der Plan und seine wirtschaftliche Steuerung wurde
dann von Hermann Göring bürokratisiert in einer obersten Reichsbehörde. Der Zweck bestand
darin, die Autarkie und Kriegsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erschaffen. Der zweite 4-
Jahres-Plan wurde dann auf dem Reichsparteitag im September 1936 verkündet. Ab dem
Frühjahr 1938 wurde dann das ehemalige Österreich in diesen Plan integriert. Die
österreichische Nationalbank hatte nicht unerhebliche Goldreserven durch die
Autoritätspolitik der konservativen und dann der faschistischen Regierungen gesammelt.
Diese haben dazu gedient, die deutschen Kriegsvorbereitungen zu finanzieren. Als Folge der
Eingliederung der ehemals österreichischen Wirtschaft, in die des Deutschen Reiches ist es zu
einer deutlichen Senkung der österreichischen bisherigen Arbeitslosigkeit gekommen – weil
im Deutschen Reich bereits 1938 ein Arbeitskräftemangel geherrscht hat. Grundsätzlich ist es
so, dass kurzfristig die Bevölkerung der Alpengaue von der Eingliederung in das Deutsche
Reich profitiert hat – die ökonomischen Investitionen kamen auch den neuen Gauen zu Gute
(Hermann-Göring-Werke in Linz).
Wenn man die Annexion Österreichs in einem außenpolitischen Rahmen sehen will, kann
man diese als eine Revision der Friedensverträge des 1.Weltkriegs sehen. Das
Anschlussverbot des Vertrages von St. Germain und Versailles wurde nun außer Kraft
gesetzt. Der Bezug dieser ersten Phase der NS - Expansion zu den Friedensverträgen aus den
Pariser Vororten ist leicht herzustellen und unterstützt dieses Konzept vom „zweiten 30-
jährigen Krieg“. Die nächste Expansion erfolgte dann im September 1938 durch das
Münchner Abkommen – also zirka ein halbes Jahr nach der Annexion Österreichs.
Wir sehen hier eine Karte, die die Ergebnisse des Münchner Abkommens vom 29.9.1938
zeigt. Die gelben Teile zeigen das sogenannte Sudetengebiet, das wurde ins Deutsche Reich
eingegliedert. Es handelt sich dabei um etwa jene Gebiete, die Österreich bereits in den
Friedensverträgen von St. Germain gefordert hatte. Die Eingliederung dieser Gebietsteile
wurde von Frankreich und Großbritannien akzeptiert, was für Hitler und die deutschen Eliten
überraschend war. Eigentlich wollte Hitler mit dem Ultimatum an die Tschechoslowakei diese
Gebiete abzugeben, den Ausbruch eines Krieges provozieren. Die Westmächte haben sich
aber zum Abschluss dieses Münchner Abkommens bereit erklärt. Sie haben damit im Rahmen
einer Appeasement-Politik das Deutsche Reich befriedet, indem den Forderungen zumindest
teilweise nachgegeben wird. Hinter dieser Politik stand geopolitisches Kalkül -sie haben auf
ein starkes Deutschland gesetzt als Bollwerk gegen die Sowjetunion.
Die Annexion des Sudetenlandes konnte man noch mit der Berufung auf das
Nationalselbstbestimmungsrecht rechtfertigen. Es hat sich aber sehr bald gezeigt, dass das
Selbstbestimmungsrecht nicht die Basis der deutschen Expansionspolitik gewesen ist. Im
März 1939 wurden die restlichen Gebiete der Tschechoslowakei aufgeteilt in das Protektorat
Böhmen und Mähren. Diese wurden in das Deutsche Reich eingegliedert.
Der nächste Schritt folgt am 23.August 1939 mit dem Abschluss eines Nicht-Angriffspaktes
(„Hitler- Stalin-Pakt“) zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion. Dieser Pakt
hat das Deutsche Reich die Neutralität der Sowjetunion im Falle kriegerischer
Auseinandersetzungen mit Polen und den Westmächten versichert. Im Gegenzug dazu wurde
der Sowjetunion gestattet einige Territorien, die sie durch den Friedensbeschluss von Brest-
Litowsk im Jahre 1917 verloren hatten, ihnen wieder zu geben.

Auf dieser Karte sieht man die Okkupierungen und Aufteilungen der Länder bis im August
1939. Die roten Felder sind die der Alliierten, also Gebiete die von ihnen besetzt oder mit
ihnen befreundet waren. Der blaue Teil ist das Deutsche Reich mit den besetzten Gebieten
oder Verbündeten des Reiches. Der grüne Teil ist die Sowjetunion bis 1941 (wird dann aber
rot, weil es ein Bündnis mit den Westmächten eingeht nach dem Überfall Deutschlands auf
die Sowjetunion) und die weißen Länder in dieser Grafik sind die neutralen Gebiete. Im Jahr
1942 gibt es dann keine großen Gebietsverluste und Zuwächse mehr für einige Monate bis
nach der Schlacht von Stalingrad mit einer deutschen Niederlage. Nordafrika wurde aber
schon von den Westallierten befreit bzw. erobert. Außerdem gibt es dann eine Ausweitung der
Sowjetunion i n den Westen und die Befreiung Frankreichs,Italiens -> Niederlage
Deutschlands.
Bei der anderen Karte handelt es sich um den Pazifikraum. Die Karte zeigt die blauen
Gebiete. Dies sind jene Gebiete, die unter einem japanischen Einfluss stehen im Jahr 1942.
Hier hatte Japan das größte Einflussgebiet.
Nun noch einmal eine kurze Chronologie mit einigen Ereignissen im Einzelnen:
1939:
1. September: Überfall auf Polen (offizieller Beginn des 2.Weltkrieges)
6. Oktober: Kapitulation der letzten polnischen Verbände
Winter1939/40: Krieg der Sowjetunion gegen Finnland
1940:
9. April: Besetzung Dänemarks durch Deutschland und Angriff auf Norwegen
10. Mai: Beginn der deutschen Westoffensive, Überfall auf die Niederlande
14. Mai: Kapitulation der Niederlande
28. Mai: Kapitulation Belgiens und Luxemburgs
10. Juni: Abschluss der Besetzung Norwegens
22. Juni: Waffenstillstand von Compiègne ->Mit diesem Waffenstillstand wird Frankreich
aufgeteilt. 3/5 werden in etwa deutsche Besatzungszone –mit Paris. Im Süden Frankreichs
wird der Vichy-Staat gebildet. Gleichzeitig tritt als Repräsentant eines anderen Frankreich
Charles de Gaulle als Sprecher auf.
Im Juni: Kriegseintritt Italiens an der Seite Deutschlands (damit tritt auch Nordafrika in den
Krieg ein) Im Juni: Annexion der baltischen Staaten und von Teilen Rumäniens durch die
Sowjetunion
27. September: Abschluss eines Vertrages zwischen Deutschland, Italien und Japan zur
gegenseitigen Unterstützung gegen einen Angriff der USA (für den weiteren Kriegsverlauf
von wesentlicher Bedeutung)
1941:
6. April: Beginn des Krieges Deutschlands gegen Jugoslawien und Griechenland
Im Mai: italienische Kapitulation in Abessinien (heutiges Äthiopien)
22. Juni: Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion -> im Westen die Anti-Nazi-
Bündnisse etabliert haben daraufhin am 14.August
14. August: F. D. Roosevelt und W. Churchill verkündeten die Atlantikcharta "zur
endgültigen Beseitigung der Nazi-Tyrannei". (Kooperation mit wesentlicher Bedeutung für
die Nachkriegszeit und deutlicher Gegenposition gegen den Nationalsozialismus)
7. Dezember: Überfall Japans auf die US-amerikanische Pazifikflotte in Pearl Habour -> Es
folgt der Kriegseintritt der USA. Die USA erklären Japan den Krieg.
11. Dezember: Deutschland und Italien erklären den USA den Krieg -> damit ist er nun
tatsächlich ein weltumspannender Krieg
1942:
Im Frühjahr: Beginn des Flächenbombardements deutscher Städte durch die britische Armee
(Royal Air Force) -> Dies ist ein einschneidendes Ereignis! (Schon wesentlich früher hat aber
die deutsche Wehrmacht begonnen britische Städte zu bombardieren.) Wurde in der NS-
Propaganda viel erwähnt; Hauptgewicht des Krieges lag aber auf Sowjetunion
1943:
31. Jänner–3. Februar: Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Stalingrad -> In der
öffentlichen Wahrnehmung wurde dies als Wende gesehen.
13. Mai: Ende der Kämpfe in Nordafrika mit der Niederlage der Achsenmächte und dem Sieg
der Westalliierten
10. Juli –17. August Eroberung Siziliens durch die Alliierten (vor allem die USA und
Großbritannien)
25. Juli: Sturz Mussolinis von der italienischen Bevölkerung
3. September: Landung der Alliierten in Italien
8. September: Kapitulation Italiens -> Dies hat auch wesentliche Auswirkungen auf die
Bevölkerung im Gebiet des heutigen Österreichs. Damit können von italienischen Flughäfen
aus österreichischen Städten gut erreicht werden. Die großen Bombardements (für kollektives
Bewusstsein von großer Bedeutung) nehmen stark zu und werden ausgeweitet z.B.: Wiener
Neustadt.
19.–30. Oktober 1943: Konferenz der Alliierten in Moskau -> Hier wurde die Moskauer
Deklaration verabschiedet.
1944:
6. Juni: Landung der Alliierten in der Normandie
20. Juli: Das Attentat deutscher Militärs auf Hitler scheitert -> Dies ist verbunden mit dem
Namen Stauffenberg. Es wird oft als zentraler widerständischer Akt gesehen. Stauffenberg am
Anfang sehr von Hitler begeistert -> seine Meinung änderte sich durch den militärischen
Misserfolg von Hitler;
20. September: Die Partisanenarmee unter Tito nahm Belgrad ein
Im September: im Deutschen Reich Aufruf zum Volkssturm -> Die Mobilisierung der letzten
menschlichen Reserven des Deutschen Reiches.
1945:
13. April: Die Rote Armee befreit Wien.
27. April: Bildung der provisorischen Regierung unter Karl Renner in Wien -> Diese
Regierung wurde im restlichen Österreich - vor allem von den westlichen Alliierten - nicht
anerkannt.
2. Mai: Kapitulation Berlins
7. und 9. Mai 1945: Kapitulation der Deutschen Wehrmacht zuerst im Westen und dann im
Osten ohne jegliche Bedingungen (unterzeichnet von Adolf Jodl und später noch einmal von
Generalfeldmarschall Wilhelm Keitl) -> Strategie der Alliierten war ab 1943 die
bedingungslose Kapitulation der Deutschen;
6. und 9. August 1945: Abwürfe von Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki
2. September 1945: Kapitulation Japans

Der Krieg NS-Deutschlands nach innen bzw. die Nürnberger Rassegesetze:

Als erste Gruppe gehen wir auf Kranke und „Behinderte“ ein. Das Gesetz, welches die
Tötung der dieser Gruppe angehörigen Menschen eingeleitet hat, wurde 1933 verabschiedet.
Es war das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Zu Beginn geht es im
Reichsgesetzblatt im Folgenden Absatz um die Zwangssterilisierung bestimmter Gruppen.
„Erbkrank im Sinne des Gesetzes ist, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet:
angeborenen Schwachsinn, Schizophrenie, zirkulärem (manisch-depressiven) Irresein,
erblicher Fallsucht, erblichen Beistanz (Huntington Chorea) erblicher Blindheit, erblicher
Taubheit, schwerer erblicher körperlicher Missbildung. Ferner kann unfruchtbar gemacht
werden, wer an schwerem Alkoholismus leidet.“ Um das durchsetzen zu können sind
Erbgesundheitsgerichte eingeführt worden und mit deren Hilfe wurden die Sterilisationen
angeordnet und unter Zwang durchgeführt.

Schon bald nach dem Überfall auf Polen hat die Aktion „T4“ (Name so weil Büro in
Tiergartenstraße 4) begonnen. Wenn man bei der Zwangssterilisation mit dem Gesetz noch
versucht hat, so etwas wie Scheinlegalität herzustellen, so gilt das für die Aktion „T4“ nicht
mehr. Bei dieser Aktion handelt es sich um die Euthanasie von Patienten - vor allem in der
Psychiatrie – und von behinderten Menschen. Diese Aktion hat die Erwachsenen betroffen
und man rechnet, dass dieser Aktion in etwa 70.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.
Dieser Personen wurden systematisch ermordet.
„T4“ ist bereits eine andere Ermordungsaktion vorausgegangen, die unter dem Namen der
Euthanasie erfolgt ist. Dies war die Ermordung von etwa 5000 kranken Kindern. (Geschichten
vom Spiegelgrund in Wien).
Die Aktion „T4“ wurde 1941 offiziell eingestellt aufgrund von Protesten seitens der
Bevölkerung und der katholischen Kirche. Hier hat das nationalsozialistische Regime seine
Strategie aufgrund der Proteste verändert. Wie sehr die Veränderung umgesetzt wurde, ist
sehr fraglich, denn dezentral wurden in Krankenhäusern immer noch Tötungen durchgeführt.
Das Beenden von T4 bedeutete jedoch nicht, dass keine Menschen mehr umgebracht worden
sind.

Die Scheidelinie der Anerkennung des Lebensrechtes war jene zwischen Gesundheit und
Krankheit. Eine zweite wesentliche Scheidelinie war jene, die die sogenannte „arische
Abstammung“ betraf. Antisemitismus gibt es zu dieser Zeit in Europa schon sehr lange. Der
völkische Antisemitismus hat sich tatsächlich auf die Abstammung konzentriert – so hat zum
Beispiel eine Taufe daran nichts geändert. Während der Antisemitismus der Monarchie eine
überschreitbare Linie zwischen Juden und Nicht-Juden gezogen hat, war die Grenze des
völkischen Antisemitismus nicht durchlässig. Denn das Differenzierungsmerkmal der
Abstammung war schon in das Blut eingeschrieben.
Als Grundlage dafür sah man die „Nürnberger Rassegesetze“ aus dem Jahr 1935 an. Dies
sind 2 bzw. 3 Reichsgesetze: Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen
Ehre („Blutschutzgesetz“), Reichsbürgergesetz, Reichsflaggenverbot (jüdisch stämmige
Personen durften die deutsche Flagge nicht hissen).
Das „Blutschutzgesetz“ hatte wesentlichere Auswirkungen. Dieses Gesetz hat die Ehe und
den außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Nicht-Juden mit Strafen belegt.
Dies wurde als „Rassenschande“ bezeichnet und diese war mit dem Zuchthaus und de m
Gefängnis bedroht. Die Reinhaltung des deutschen Blutes war ein zentraler Teil der
rassistischen nationalsozialistischen Rassenideologie. Somit war die Kategorisierung
zwischen Mischlingen, Deutschblütigen etc. in diesem Gesetz festgelegt.
Das Reichsbürgergesetz unterscheidet die Art der Staatsangehörigkeit. Es legt fest, dass nur
Menschen deutschen oder artverwandten (Italiener, Briten, Nordeuropäer) Blutes tatsächlich
Reichsbürger sein können. Reichsbürger haben mehr und andere Rechte als Staatsangehörige.
Was die assimilierten jüdischen Mischlinge anging ist zu sagen, dass diese einen
Zwischenstatus hatten und vorläufig Reichsbürger wurden. Die Folgen dieses
Reichsbürgergesetzes waren, dass kein jüdischer Angehöriger ein öffentliches Amt haben
durfte. Zuerst wurden noch einige jüdische Beamte mit Bezug auf das Frontkämpferprivileg
ausgenommen, wenn sie im 1. Weltkrieg waren. Aber auch dieses Privileg wurde ihnen bald
aberkannt. Außerdem durften ab 1938 jüdische Ärzte und Rechtsanwälte nicht mehr
praktizieren und ihnen wurde die Zulassung entzogen. 1941 gab es eine neue Verordnung
dieses Gesetzes in denen den Juden die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, sobald
sie ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt hatten.

Ebenfalls gab es auch Geschäftsplünderungen von jüdischen Geschäften in Österreich und die
Verpflichtung von Jüdinnen und Juden zu Putzkommandos der Straßen. Carl Zuckmayr
beschrieb die Tage nach dem Anschluss folgendermaßen: „Die Luft war von einem
unablässig gellenden, wüsten, hysterischen Gekreische erfüllt, aus Männer- und
Weiberkehlen, das tage- und nächtelang weiterschrillte. Und alle Menschen verloren ihr
Gesicht, glichen verzerrten Fratzen: die einen in Angst, die andren in Lüge, die andren in
wildem, hasserfülltem Triumph. [...] Ich erlebte die ersten Tage der Naziherrschaft in Berlin.
Nichts davon war mit diesen Tagen in Wien zu vergleichen. [...] Was hier entfesselt wurde,
war der Aufstand des Neids, der Missgunst, der Verbitterung, der blinden, böswilligen
Rachsucht – und alle anderen Stimmen waren zum Schweigen verurteilt.“ Es hat eine Welle
„wilder“ Arisierungen nach der Annexion eingesetzt. Die jüdische Bevölkerung wurde
vertrieben und mehrere Familien mussten in sogenannten Sammelwohnungen
zusammenleben. Signifikant ist, dass in Österreich die Übergriffe so enorme Ausmaße
angenommen haben, dass die deutsche Reichsregierung sich genötigt gesehen hat, darauf
hinzuweisen, dass diese wilden Arisierungen zu unterbinden seien. Und Enteignungen dürften
nur im Einklang mit den Gesetze n geschehen. Für die Opfer war dieser Hinweis belanglos
und nicht hilfreich.
Wenn nach dem Gesetz enteignet wurde, wurde das Eigentum zunächst konfisziert und dann
zwangsverkauft mit niedrigen Preisen. Diese Form hat die konsequente Enteignung von der
jüdischen Bevölkerung sichergestellt und zum anderem, dass der Staat alles steuern und
gegebenenfalls eingreifen konnte. In Wien wurden bis Mai 1939 in etwa 44.000 Wohnungen
beschlagnahmt. Das mobile Eigentum (z.B.: Kunstgegenstände) wurde frei verkauft oder in
Auktionshäusern versteigert. Besonders wertvolle Gegenstände kamen an Universitäten,
Museen etc. Die jüdische Gemeinde Wiens wurde gezwungen eine halbe Million Reichsmark
für die Unterstützung von Schuschniggs geplanter Volksabstimmung zu entrichten.
Das NS-Regime hat an der Flucht von Juden und Jüdinnen in mehrfacher Weise verdient.
Man hat eine Reichsfluchtsteuer, eine Auswandererabgabe, eine Sozialausgleichsabgabe uvm.
eingehoben. Im Wesentlichen wurden jene, die vertrieben wurden, gezwungen einen
wesentlichen Teil ihres Vermögens im Land zu lassen und an den Staat abzugeben.
Radikalisiert hat sich die Haltung gegenüber der jüdischen Bevölkerung dann im Frühjahr
1941 (um die Zeit des Überfalls auf die Sowjetunion). Ab diesem Zeitpunkt kam es zu
massenhaften Deportationen aus dem Deutschen Reich – verbunden mit dem Verlust der
Staatsbürgerschaft. Ab der zweiten Hälfte des Jahres 1941 beginnen dann die massenhaften
Ermordungen. Laut Schätzungen sprechen wir hier von 5,6 - 6 Millionen jüdischen Toten und
250.000 Opfer der Sinti und Roma aufgrund des Holocaust.
Eine der wesentlichen konzentrierten Aktionen in diesem Zusammenhang war die „Aktion
Reinhardt“ mit der Odilo Globocnik beauftragt war. Er wurde mit der systematischen
Ermordung der Juden und Jüdinnen im Generalgouvernement Polen beauftragt. Bereits vorher
gab es Pläne zur „Entfernung“ der jüdischen Bevölkerung (z.B.: Aussiedelung nach
Madagaskar). Mit einem Beschluss im Frühjahr 1941 bezüglich der Juden ist ein Verweis
erkennbar. Er verweist darauf, dass der Weg der Vertreibung bzw. Auslöschung der jüdischen
Bevölkerung in Europa von vornherein festgelegt war. Der Antisemitismus und das Ziel die
jüdische Bevölkerung auszulöschen war wohl ein Kernstück des Nationalsozialismus – der
Weg dafür folgte einer dynamischen Entwicklung.

Man hat mit Beginn des Krieges auch mit Massenerschießungen begonnen. Das hat sich im
Sinne der Nationalsozialisten nicht als effektiv genug erwiesen, daher haben – wahrscheinlich
– Himmler und Globocnik beschlossen, dass man zu radikaleren Maßnahmen greifen müsste.
Im November 1941 wurden dann große Vernichtungslager (Treblinka,Sobibor,Belzec) im
Osten des Generalgouvernements Polen gebaut. Im März 1942 begann dann in diesen Lagern
die Vernichtung der polnischen Juden aus den Ghettos. Allein in der„Aktion Reinhardt“
wurden etwa 2 Millionen jüdische Menschen ermordet und 50.000 Roma und Sinti.
Zum Schluss noch einige Opferzahlen: Diese Zahlen geben eine gewisse Vorstellung über die
Verluste während des 2. Weltkriegs. Auffällig ist, dass es in China sehr viele Tote gegeben
hat – vor allem Zivilpersonen. Die meisten Toten hatte zweifelsohne die Sowjetunion zu
verzeichnen. Das erklärt dann wahrscheinlich auch vieles, was im Zusammenhang nach der
deutschen Kapitulation vor sich gegangen ist. Die Zahlen zeigen ein starkes Ungleichgewicht
zwischen den einzelnen Ländern. Anteilsmäßig hatte von der Gesamtbevölkerung Polen die
meisten Toten zu verzeichnen mit 6 Millionen getöteten Zivilisten. Insgesamt spricht man von
55 Millionen Todesopfern, die der 2. Weltkrieg gefordert hätte. Was auch noch auffällig ist,
dass es bei den Soldaten eine genaue Anzahl von Toten gibt – da diese ganz anders registriert
wurden als Zivilisten.

Die beiden Schätzungen über die Opfer von NS-Massenverbrechen stammen aus sehr seriösen
Arbeiten. Die Zahlen weichen auch nicht sehr voneinander ab. Bei der zweiten Schätzung ist
zu beachten, dass bei der letzten Angabe auch Hungertote mit einbezogen sind – was ein
schwieriges Kriterium für genaue Zahlen ist.
Der Kalte Krieg:
Aus pragmatischen Gründen wird dafür plädiert, den Kalten Krieg an den 2. Weltkrieg
anschließen zu lassen (da sonst Spezifika wegfallen würden). Es geht um eine Zweite ilung
der Welt, wobei die Position Chinas sich im Laufe der Jahrzehnte des Kalten K rieges sich
auch verändert. Es geht nicht nur um politische Einflussgebiete. Es geht auch um bestimmte
gesellschaftliche Haltungen und Ziele und ökonomische Systeme.
Wann beginnt der Kalte Krieg eigentlich?
Man kann den Krieg zurück verfolgen bis an das Ende des 2. Weltkrieges, wo die Koalition
zwischen den Westaliierten und der Sowjetunion deutliche Sprünge kriegt. Diese Koalition ist
von Vornherein voneinemMisstrauengekennzeichnet,wasabernichtalsSpezifikum
zusehenist.Alssichdie Niederlage des Deutschen Reiches abzuzeichnen begann – spätestens
nach der Kapitulation in Stalingrad – hatten viele der Zeitgenossen die Auffassung vertreten,
dass eigentlich nur ein Aufeinandertreffen dieser Anti-Hitler-Koalition noch die Niederlage
des Deutschen Reiches verhindern könnte. Es war den Alliierten wichtig, dass diese Koalition
aufrecht erhalten werden könnte. Daher haben sich die Alliierten auf der Konferenz von
Casablanca im Jänner 1943 darauf geeinigt, dass das Kriegsziel die bedingungslose
Kapitulation der Wehrmacht sein müsse. Deswegen, um partielle
Waffenstillstandsverhandlungen bzw. Friedensschlüsse auszuschließen. Die Sowjetunion hat
immer gefürchtet, dass die Alliierten einen besonderen Frieden mit der deut schen Wehrmacht
schließen würden (war auch nicht völlig ausgeschlossen) – die deutsche Führung hat das auch
versucht. Das hat dazu geführt, dass Adolf Jodl (erster Unterzeichner der Kapitulation) nun
tatsächlich die Möglichkeit hatte, einen Waffenstillstand zu unterzeichnen. Erst als General
Eisenhower das abgelehnt hat, hat Jodl es dann geschafft, dass Görings die Kapitulation
unterzeichnet.
Eine Möglichkeit den Beginn des Kalten Krieges anzusetzen ist unmittelbar nach der
Kapitulation Japans. Ein erstes Zeichen davon wäre, das Ende der Lend und Lease-Verträge.
Zur Erklärung: Seit 1941 haben die USA, Großbritannien, Teile Frankreichs und später auch
die Sowjetunion, China mit Waffen und anderem Material versorgt. Nach der Kapitulation
Japans wurden diese Lieferungen an die Sowjetunion ganz eingestellt, obwohl eigentlich
anderes vereinbart gewesen wäre. Die Strategie Präsident Roosevelts war es gewesen, durch
weitere Lieferungen an die ehemaligen Verbündeten den amerikanischen Einfluss stärker zu
gestalten. Es passieren dann mehrere Dinge: Roosevelt stirbt im April 1941, sein
Vizepräsident Harry Trumann ist ihm nachgefolgt. Außerdem waren diese weiteren
Lieferungen auch in den USA selbst sehr umstritten, sodass diese dann eingestellt wurden.
Allerdings wurde dies sehr plötzlich vollzogen und auch von den zu Beliefernden als Affront
verstanden – z.B.: es wurden schon beladene Schiffe wieder entladen.
Die Systemkonkurrenz, die damit zu einem der Charakteristika der Globalpolitik wurde, hat
nicht nur einen außenpolitischen Einfluss gehabt, sondern in ganz vielen Lebensfeldern der
Betroffenen Eindruck hinterlassen.

Auswirkungen des Kalten Krieges auf die österreichische Gesellschaft:


- Das erste Beispiel ist die Wiederetablierung des Staates selbst: Die Geschichte von Karl
Renner, auf den die marschierende Rote Armee in Gloggnitz getroffen ist. Zum zweiten Mal
bereits wurde Karl Renner mit der Bildung einer provisorischen Regierung beauftragt. Dieser
Auftrag zur Regierungsbildung hat eine Phase der relativ schnellen Parteienreproduktion
deutlich gemacht. Also die alten Parteien und politischen Lager haben sich sehr schnell
wieder konstituiert, wobei in der ÖVP nun auch der Landbund miteinbezogen war. Im Bezug
auf das nationale Lager ist diese Geschichte ein bisschen schwieriger: Der 1949 gebildete
VDU hat die Reste des nationalen Lagers organisiert.
Was neu ist: Die kommunistische Partei hat sich zum einem wieder gegründet und die
illegaleKPÖhatbeimWiderstandeinewichtigeRollegespielt.Davongingendie Zeitgenossen aus
und sie meinten, sie würde auch eine wesentlichere Rolle unter den demokratischen
Vorzeichen spielen.
Andere politische Akteuere im Umfeld (z.B.: O5) haben sich zwar auch um eine politische
Repräsentation bemüht, was ihnen jedoch nicht gelungen ist. Weder auf der nationalen Ebene
als Partei, noch an den Universitäten.
Somit kann man sagen, dass die zweite Republik – wie auch die erste – eine Gründung der
Parteien ist. Wenn man es genau nimmt, haben diese schon kurz vor der Republik existiert.
Am 27. April wurde schließlich die Unabhängigkeit Österreichs proklamiert. Wesentlich
dabei ist, dass die Republik im Geiste der Verfassung von 1920 geführt werden sollte. Die
Verfassung von 1934 wurde somit nicht mehr anerkannt und gleichzeitig wurde auch der
Anschluss für null und nichtig erklärt. Im Groben war es auch die Umsetzung dessen, was die
Alliierten immer wieder als Kriegsziele formuliert hatten. Die Regierung Renner wurde nur in
der Besatzungszone der Sowjetunion anerkannt und den restlichen nicht – dies könnte man
schon als ein Zeichen des beginnenden Kalten Krieges lesen. Im Westen herrschte gegenüber
dieser Regierung Misstrauen – es war bei den Alliierten aber stärker erkennbar als bei den
österreichischen politischen Eliten (Bsp: Grußbotschaft der Landesregierung Salzburgs an die
österreichische Bundesregierung in Wien – Verwarnung durch Alliierte).

Auf diesem Bild ist rot eingezeichnet der Frontverlauf zu sehen. Außerdem ist auch wichtig
zu erwähnen, dass am 7. Mai in drei von fünf Bundesgebieten noch gekämpft worden ist.
Hier sehen wir die Besatzungszonen der Alliierten bis Juli 1945. Danach kam es zu einer
Neuorientierung und zur Verschiebung einiger Bereiche. Das Charakteristikum für Wien war,
dass der 1.Bezirk von allen gemeinsam verwaltet wurde.
Erst ab dem September 1945 wurde die Regierung Renner dann auch im Westen anerkannt!
Es wurde die erste Länderkonferenz in Salzburg durchgeführt. Diese sollte dazu dienen, die
staatliche Einheit Österreichs herzustellen. Ein wichtiger Schritt war auch die Aufnahme von
den Vertretern Westösterreichs in die Regierung, wobei die größte Gruppe die ÖVP gestellt
hat. Im Oktober 1945 kam es dann zu einer weiteren Länderkonferenz, wo die bereits
bestehenden Gesetze und Maßnahmen im Osten von der Regierung Renner für das gesamte
Gebiet nun anerkannt wurden.
Eine wichtige Aufgabe dieser provisorischen Regierung war die Durchführung von ersten
Wahlen. Diese waren für den 25. November.1945 angesetzt und wurden an diesem Tag auch
abgehalten.

Was an diesem Wahlergebnis auffällig ist, dass es eine hohe Wahlbeteiligung gibt. Außerdem
auch das prozentuelle niedrige Ergebnis der KPÖ. Die Schätzungen lagen zumindest bei 15%.
Des weiteren haben die beiden großen Parteien eine ungefähr gleiche Stärke. Was auch folgen
sollte: Ab 1949 nimmt der VDU von der Größenordnung her den Platz der KPÖ ein. Mit
diesem Wahlergebnis wurde dann eine Konzentrationsregierung mit den 3 stimmen- stärksten
Parteien gebildet. Diese Regierung mit dem Ziel der großen und breiten politischen
Zusammenarbeit entstand unter dem Druck der Alliierten. Aus der Konzentrationsregierung
entstand dann später eine Koalitionsregierung, wie sie bis 1966 bestehen bleiben sollte.
- Der zweite Punkt, auf den der Kalte Krieg erhebliche Auswirkungen hatte , war die
Geschichte der österreichischen Neutralität. Der Versuch einen Friedensvertag bzw.
Staatsvertrag abzuschließen, durchzieht das gesamte erste Nachkriegsjahrzehnt. Es gab in
diesem Prozess mehrere Hindernisse: Zuerst waren es territoriale Ansprüche Jugoslawiens auf
Südkärnten, was verworfen wurde nach dem Zerwürfnis zwischen der Sowjetunion und
Jugoslawien. Die zweite Frage war jene nach dem deutschen Eigentum. Auf dieses deutsche
Eigentum hatte Österreich durch die Verstaatlichungsgesetze 1946/47 Anspruch erhoben.
Nach langen Ungeklärtheiten gab es dann schließlich im Staatsvertrag für diese Frage eine
Regelung.
Im Zusammenhang mit der Geschichte des Staatsvertrages noch ein Wort zur Definition. Die
österreichische Verhandlungsseite war immer dagegen, dass Österreich einen Friedens -
vertrag bekommen solle. Das Argument war: Österreich sei ja schließlich kein kriegführender
Staat gewesen (-> ist auch die Meinung der Alliierten). Friedensverträge schließt man
zwischen Kriegsgegnern. (Deutschland hatte auch den Plan einer Neutralität gehabt.
Schlussendlich gab es aber eine Teilung in BRD und DDR.) In Österreich wäre eine Teilun g
nie möglich gewesen, da die politischen Eliten diese Verantwortung nicht übernommen
hätten. Die Einheit des Landes sollte erhalten werden.
Im Wesentlichen kam eine Dynamik in die Geschichte des Abschlusses des Staatsvertrages
nach dem Tod Stalins. Im März 1953 hat der sowjetische Außenminister das erste Mal auf ein
er Konferenz in Berlin erwähnt, dass mit Österreich tatsächlich ein Staatsvertrag
abgeschlossen werden solle. Allerdings unter der Bedingung einer aufrecht zu erhaltenden
Besatzung, bis Deutschland einen Friedensvertrag bekäme. Bei den Staatsvertrags-
verhandlungen in Moskau kam man schließlich im April 1955 überein, dass sich Österreich
zu immer währenden Neutralität verpflichten würde. Der Staatsvertrag wurde dann im
Belvedere am 15.Mai.1955 unterschrieben.
Die wichtigsten Bestimmungen des Staatsvertrages waren ein Anschlussverbot und die
Wiederherstellung des Bundesgebietes in den Grenzen vor dem Anschluss. Alle
faschistischen und nazistischen Organisationen werden verboten. Außerdem werden
Minderheitenrechte für Kroaten und Slowenen festgehalten (Paragraph 7). Die Landes-
verteidigung wird auch eingeschränkt -> Österreich darf keine Raketen und Atombomben
besitzen. Außerdem überlässt die Sowjetunion der Republik Österreich das deutsche
Eigentum und erhält dafür Reparationszahlungen.(Die Westalliierten hatten schon vorher auf
das deutsche Eigentum in ihrem Besitz verzichtet.)
Österreich ist dann auch im Dezember 1955 der UNO beigetreten. 1956 dem Europarat, im
Jahr darauf der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte. Schlussendlich
dann 1961 auch noch der OECD.
- Nun zur wirtschaftlichen Rekonstruktion des Landes: Tatsächlich ist die Gesellschaft und
Ökonomie der 2.Republik grundlegend anders strukturiert – somit kann man berechtigt von
einem Aufbau sprechen. Ein wesentliches Element der Rekonstruktion nach 1945 war der
Marshallplan bzw. das European Recovery Programme (ERP). Der Marshallplan wurde am
5.6.1947 verkündet und ist nach dem damaligen Außenminister (George Marshall) der Zeit
benannt. Diesem Wirtschaftsplan ist Österreich am 2.7.1948 beigetreten. Im Zuge der
Implementierung dieses Planes wurde OEEC (Organization for european economic
corporation) gegründet – ist 1961 in die OECD übergegangen.
Wie hat dieser Plan funktioniert? Es wurde in Österreich eine zentrale Stelle gegründet
(Zentralbüro der ERP-Angelegenheiten im Bundeskanzleramt). Dieses Zentralbüro hat den
Bedarf für die österreichische Wirtschaft gesammelt und weitergeleitet an die OEEC. Die hat
dies dann weiter nach Washington D.C. gemeldet. Dort wurde von den us -amerikanischen
Behörden darüber entschieden, welche Mittel wie zugeteilt werden. Es gab im wesentlichen 2
verschiedene Mittelzuweisungen im Rahmen des ERP-Programmes: Einmal die
Ziehungsrechte (drawingrights) –dadurch konnten aus Österreich in anderen ERP-Ländern
Waren bezogen werden – und andererseits gab es auch direkte Warenlieferungen aus den
USA. Die Erlöse der Waren kamen auf ein Sonderkonto (auch Counterpartkonto genannt) in
der österreichischen Nationalbank. Von diesem Konto konnte die heimische Regierung mit
Zustimmung der us-amerikanischen Verwaltung Mittel abheben und investieren.
Das ERP-Programme hatte auch verschiedene Ziele (galten für alle Länder!): Es sollte ein
Abbau des Staatsdefizits und die möglichst frühe Herstellung eines ausgewogenen
Staatshaushaltes stattfinden. Des weiteren wollte man auch die durch die OEED festgelegten
Produktionsziele erreichen. Zudem waren sie für eine völlige Liberalisierung des Marktes.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass der Marshallplan tiefe Eingriffe in die Volkswirt-
schaften der beteiligten Länder erlaubt hat. Es ist ein planbezogenes Wirtschaften gewesen.
Außerdem hat er dazu geführt, dass in Europa Marktwirtschaften nach dem us-
amerikanischen Muster etabliert wurden.
Österreich hat fast 1 Milliarde Dollar erhalten. Mit diesem Geld wurden 94% des
Einfuhrüberschusses während der Laufzeit abgedeckt. Österreich hatte zu dieser Zeit deutlich
mehr Import als Export. Ein knappes Drittel aller Investitionen sind aus Geldern des
Marshall- planes getätigt worden.
Eine innenpolitische Maßnahme dieses Marshallplanes waren die Lohn-Preis-Abkommen.
Dies waren Abkommen zwischen dem ÖGB und den Arbeitnehmervertretungen, in denen
Löhne und Preise festgelegt wurden. Preise für wesentliche Güter und Dienstleistungen haben
etwa 70% der ganzen Produktpalette abgedeckt. Ziel war es: Einerseits die Löhne niedrig zu
halten, sowie die Preise einigermaßen stabil zu halten. Damit wurden auch bzw. sollten auch
die Arbeitshefte vermieden werden. Zwischen 1947 und 1951 gibt es 5 Lohn - Preis-
Abkommen. Aufsehen erregend war das 4.Abkommen im Jahr 1950: Im Rahmen dieses
Abkommens, dass am 1. Oktober in Kraft treten sollte, wurde eine wesentliche Erhöhung der
Lebensmittelpreise festgelegt (->Amerikaner wollten Stützung der Lebensmittelpreise
erniedrigen). Es kam daher am 25. September in der VOEST zu ersten Streiks und
Aufständen und die Forderung zur Zurücknahme dieses Abkommens. Tatsächlich hat sich
dieser Streik in den ersten Tagen weiter ausgeweitet – um die 20.000 Arbeiter haben gestreikt.
Es wurde dann eine gesamtösterreichische Betriebsrätekonferenz anberaumt, die den
Generalstreik beschlossen hat. Zum Generalstreik kam es dann nicht, aber es kam zu
punktuellen Arbeits - niederlegungen und Sabotageakten. Das Ziel war die Lahmlegung des
öffentlichen Lebens. Dieser Streik wird auch oft Putschversuch genannt. Das verweist auf
seinen ungeklärten heterogenen Charakter. Es verweist auch auf das tiefe Misstrauen, dass
innerhalb der österreichischen Gesellschaft herrschte im Bezug auf die tatsächliche
demokratische parlamentarische Regierung. Die Kritik am bestehenden System wurde
tabuisiert, aber andererseits hatten die Streiks auch schon größere Formen angenommen. Dies
wurde zu einer Debatte um den Putschversuch, die bis heute „aktuell“ ist.
Abschließend zu den Geschlechterverhältnissen in Zeiten des Kalten Krieges: In den ersten
Nachkriegsmonaten waren die bekannten geschlechtsspezifischen Separierungen (Haushalt,
Beruf etc.) gründlich durcheinander gekommen. Es gibt in der Literatur eine heiße Debatte,
welchen Einfluss die modernen Kriege auf die Geschlechterverhältnisse haben. Dabei gibt es
zwei Stränge, die eigentlich im Widerspruch zueinander stehen. Auf der einen Seite kann man
sagen, dass Kriege geschlechterdichotome Erfahrungen schaffen (Männer im Krieg und
Frauen/Kinder zu Hause). Somit sieht man hier eine starke Polarisierung der Geschlechter -
verhältnisse. Andererseits ist es aber auch so, dass der Krieg dazu führt, dass Personen
Aufgaben und Tätigkeiten wahrnehmen, die bislang dem jeweils anderen Geschlecht
vorbehalten waren. Im Krieg müssen die Männer auch bestimme reproduzierende Aufgaben
erfüllen (Kleidung herstellen,Essen kochen etc.), anderseits mussten sich die Frauen im
Hinterland vor allem um eine Erwerbstätigkeit kümmern. Hier kommt es al so eigentlich zu
einer Vermischung der Geschlechterrollen. Nach der Niederlage der Wehrmacht im Krieg war
von Bedeutung, dass die Sicherung der Familienexistenz häufig den Frauen zuteil wurde
(viele gefallene oder in Kriegsgefangenschaft befindliche Männer). Die Zeitgenossen haben
hier tatsächlich von einer „Entmännlichung“ (als Machtverlagerung!) gesprochen. Außerdem
hat auch in den Nachkriegsmonaten die Hausarbeit deutlich an Bedeutung zugenommen. Die
Frauen, die während des Krieges hauptsächlich der Erwe rbstätigkeit der Kriegsproduktion
nachgegangen sind, sollten motiviert werden sich nun wieder ihren ursprünglichen
Tätigkeiten zu widmen.
Dies hatte natürlich auch stark ökonomische Gründe, da diese Arbeitsplätze nun gebraucht
wurden von den zurückkehrenden Männern. Die Männerarbeitsplätze waren in dieser Phase
der Ökonomie meist auch besser bezahlt gewesen.
Mit dem Verweis, die Frauen sollten wieder ihren ursprünglichen Tätigkeiten nachgehen,
sollte auch signalisiert werden, dass eine vorher existierende Ordnung nun wiederhergestellt
werden sollte. Auch die Verschiebung der Geschlechternormen sollte rückgängig gemacht
werden.
Die Heimkehrerhilfsstelle der ÖVP hat dazu auch folgendes gesagt: „Wir verlangen, dass den
Heimkehrern die Möglichkeit gegeben wird und zwar nach ihrer fachlichen und beruflichen
Eignung, in den Arbeitsprozess der Wirtschaft, der öffentlichen Verwaltung u. s. w. eingebaut
zu werden. Zur Möglichmachung dieser Forderungen greifen wir vor allem 2 Beispiele auf.
Die Fräuleinw irtschaft (Anm.: unverheiratete Frauen) in den Ämtern und die sogenannten
Doppelverdiener(Anm.: Paare/Familien, wo beide Erwachsenenteile berufstätig sind).
Solange nicht die Mehrzahl der Heimkehrer, die Kriegsversehrten, in irgendein
Arbeitsverhältnis [sic!] eingebaut sind, solange fordern wir, dass die Frau wieder ihrer
ursprünglichen Berufung, das ist der Haushalt, Krankenpflege, Kindergärtnerin u. s. w.
zugeführt wird."
Es geht eigentlich darum, eine richtige Geschlechterordnung herzustellen bzw. wieder-
herzustellen. Frauen sollen an den, aufgrund ihrer Berufung zukommenden Platzes,
zurückverwiesen werden. Eingeleitet wurde damit die gesamtspezifische Einleitung einer
Familiennorm. Diese geht von einem männlichen erwerbstätigen Familienerhalter und einer
zu Hause tätigen Frau aus. Dieses Modell hat sich sowohl in den öffentlichen Bildern als auch
in den Lebenswelten durch.
Wichtig ist ihr zu sagen: Dass nicht diese Familienform so eine Innovation war, sondern das
eigentlich ein überwiegender Teil der Bevölkerung dieses Modell auch leben konnte – das ist
eine gesellschaftliche Innovation. In den 50er/60er- Jahren hat sich das Heiraten und eine
Familie gründen durchgesetzt, wie es zu keiner anderen historischen Phase der Fall war.
Dieses Kernfamilienarrangement trug in sich schon ganz starke Widersprüche. In den 1950er-
Jahren (unmittelbar nach der wirtschaftlichen Rekonstruktion) hat sich der Fordismus in
Österreich als zentrales Modell des Wirtschaftens durchgesetzt. Die Maxime des Fordismus
lautete: „Arbeite und konsumiere!“. Man geht hier davon aus, dass es der Massenkonsum ist,
der eine Massenproduktion ermöglicht. Das bedeutet auch, dass die Löhne so hoch sein
können, damit die Menschen konsumieren können – sonst wäre die Massenproduktion nicht
profitabel. (ständiger Kreislauf!) Die Lebensform dieser Weise des Massenkonsums hat das
Versprechen an Wohlstand produziert, was das Ziel des Westens im Kalten Krieg gewesen ist.
Die Einbindung der Menschen in diese Form des Wirtschaftens erfolgt dann geschlechter-
spezifisch unterschiedlich. Den Männern wird immer noch die Erwerbstätigkeit zuge -
schrieben (sind als Familienerhalter Teil der Wirtschaft) und die Frauen waren beim Konsum
(Einkaufen ist meist Frauenarbeit gewesen).
Der Dienstleistungssektor hat auch für den Frauenerwerb Arbeitsplätze zur Verfügung
gestellt. In Österreich waren die Gehälter traditionell niedrig – der Lohn des Mannes hat nie
ausgereicht, um eine Familie tatsächlich zu erhalten. Das bedeutet, dass die alltäglichen
Haushaltsgeräte, wie ein Mixer oder eine Waschmaschine, nicht leistbar waren mittels des
alleinigen Einkommens des Mannes. Dazu brauchte es mindestens 1 1⁄2 Einkommen. Zum
einen war das Idealbild der braven Hausfrau zu Hause vorhanden, andererseits waren dann
aber auch die neuen Geräte nicht anschaffbar. -> WIDERSPRUCH DES MODELLS
Zwischen 1954 und 1964 sind die Ausgaben für den Verkehr um das Dreifache gestiegen ->
hier spricht man von der Phase der Motorisierung. Außerdem sind die Investitionen in die
Wohnungen um das Doppelte gestiegen. Ab Mitte der 70er-Jahre gibt es dann auch mehr
Ausgaben im Bildungssektor.
Wichtig ist zu sagen: Die spezifische Rekonstruktion des Kalten Krieges hat eine bestimmte
familiäre Lebensweise hervorgebracht. Diese Lebensweise hat sich gesamtgesellschaftlich
durchgesetzt.

Das Ende des Kalten Krieges und seine Vorgeschichte:


Das Ende des Kalten Krieges ist mit dem Jahr 1989 verbunden. Dieses Jahr hat nicht nur für
Europa eine Bedeutung, sondern ist auch globalgeschichtlich sehr wichtig. Dieser Krieg hat
auch außerhalb Europas die Welt geteilt.
Was waren denn die Voraussetzungen und was ist die Vorgeschichte vom Ende des Kalten
Krieges? Grob gesprochen kann man sagen, dass bereits in den 1970er-Jahren (mehr als 2
Jahrzehnte zuvor) in den Staaten des sowjetischen Blocks eine Art „Erosionsprozess“
eingesetzt hat. Dies hatte auch mit der schlechter werdenden Wirtschaftslage und den
abnehmenden Lebensstandards zu tun. In einem wesentlichen sichtbaren Ausbruch hat sich
diese zunehmende Unzufriedenheit 1980 in Polen zuerst gezeigt. Hier ist es zu ersten großen
– aber vorerst noch wilden – Streiks gekommen. Auslöser dafür war nicht irgendein Wunsch
nach Freiheit, sondern die steigenden Lebensmittelpreise. Aus dieser unabhängigen
Streikbewegung ist dann die erste autonome Gewerkschaft (Solidarność) entstanden. Sie
wurde zu einer dauerhaften und sich etablierenden Bewegung und später zu einer Untergrund
- bewegung. Das Regime hat so reagiert, dass 1981 das Kriegsrecht verhängt wurde und die
Solidarność verboten wurde. Sie konnte allerdings nicht dauerhaft aufgelöst werden. Was
bemerk- enswert ist im Unterschied zu vorherigen Protestbewegungen in den Ländern des
realen Staatssozial - ismus: Die Sowjetunion hat nicht militärisch eingegriffen.
Ein neuer General hatte dann zwar das Regime übernommen und versucht es zu ordnen, aber
die Entwicklung, die durch die Gründung der Solidarność ins Rollen gekommen war, war
nicht mehr aufzuhalten. Eine Person die damit sehr verbunden ist, war Lech Wale sa - er
wurde später dann auch polnischer Staatspräsident).
Ein weiteres symbolhaftes Ereignis, dass das Ende des Kalten Krieges angezeigt hat, war die
Ernennung von Michael Gorbatschow zum Generalsekretär der KPDSU im Jahr 1985. Er ist
angetreten, um die Sowjetunion zu regulieren und reformieren. Die Begriffe, die damit in den
Meiden aufgetreten sind, waren Perestroika (Umbau) und Glasnost (Transparenz). Unter
diesen Schlagworten sollte die Transformation der Sowjetunion vor sich gehen. Wesentliches
Motiv war, die Sowjetunion dem Westen gegenüber wieder attraktiv zu machen für ihre
BewohnerInnen und den Regimes daher mehr Legitimität zu verschaffen. Ein Schritt dafür
war es, die Rüstungsausgaben zu reduzieren – denn ein Ende des Wettrüstens war
wünschenswert. Durch diese Veränderungen der Sowjetunion sank der Druck auf die anderen
Staaten östlich des Eisernen Vorhangs in Europa. Dies ließ auch die dort entstandenen
Bürgerrechtsbewegungen deutlich hervortreten. Damit kamen die Regierungen in der DDR,
der Tschechoslowakei, in Ungarn und Rumänien aber noch einmal stärker unter Druck von
Seiten der Bürgerrechtsbewegungen.
Im Herbst 1989 hat sich dann die Krise in der DDR zugespitzt und im November musste die
DDR - Führung die Öffnung der Mauer zulassen. Schon im Jahr darauf haben sich dann die
Bundesländer der DDR als neue Bundesländer an die alte BRD angeschlossen. Das war dann
ein ganz deutliches Zeichen, dass sich in der globalen Politik etwas verändert hatte – während
dieser ganzen Phase hat die Sowjetunion auch nicht mit einem militärischen Eingreifen
gedroht.
Auf Österreich hatten diese Ereignisse naturgemäß erhebliche Auswirkungen. Wie etwa die
Flüchtlingswellen aus Ungarn 1966 oder 1968 aus der Tschechoslowakei. Diese haben einen
deutlichen Eindruck in Österreich hinterlassen. Daher haben österreichische Politiker
unabhängig vom politischen Lager während des gesamten Kalten Krieges rege Kontakte nach
Osteuropa gepflegt – sowohl zu den Regierungen als auch zu den Protestbewegungen. Es
bestand somit dieses Naheverhältnis zwischen Österreich und den angrenzenden Staaten des
Eisernen Vorhangs während des Kalten Krieges hindurch.
Als nun symbolträchtig im Jahr 1989 die Eisernen Vorhänge entlang der österreichischen
Grenze durchgeschnitten wurden, war das auch ein Medienereignis. Alois Mock, der
österreichische Außenminister zu dieser Zeit, hat mit verschiedenen anderen Außenministern
Stacheldrähte mit Bolzenschneidern durchtrennt ->Medienikone!. Diese Aktion des
Durchschneidens beginnt im Mai 1989 in Ungarn. Im Sommer 1989 flüchten dann schon
ungefähr 1000 Flüchtlinge aus Ungarn über die österreichische Grenze nach Österreich und
dann wahrscheinlich mehrheitlich weiter in die Bundesrepublik. Das bemerkenswerte ist, dass
die ungarischen Behörd en nichts dagegen unternommen haben, dass die Bürger der DDR
eigentlich illegal über die Grenze gegangen sind. Das ganze hat dazu geführt, dass am
11.September.1989 Ungarn seine Grenzen zu Österreich nun tatsächlich auch offiziell
geöffnet hat. Das war dann eine erste Lücke in der Grenze zu den realsozial - istischen
Staaten.
Diese Ereignisse haben einerseits Euphorie ausgelöst, andererseits hat der Wegfall der
Barrieren auch erhebliche Spannungen in den betroffenen Gesellschaften aufgezeigt. Die
Grenze des Eisernen Vorhangs ist schon bald durch andere Barrieren
(wirtschaftlich,sozial,kulturell) ersetzt worden.
Die Transformation in den betroffenen Regimes ist friedlich vor sich gegangen – dies war
aber nicht in Jugoslawien der Fall.

Der Fall Jugoslawien:


Jugoslawien hat aus Teilrepubliken in einer Föderation bestanden und nach dem Tod Titos
haben sich die Spannungen zwischen den Teilrepubliken kontinuierlich verschärft.
In Jugoslawien scheinen diese Spannungen für eine Zeitlang befriedet und überbrückbar zu
sein. Als aber das Zentrum dieses jugoslawischen Staates nach dem Tod Titos geschwächt
wurde, hat sich gezeigt, dass diese Spannungen schnell wieder aktuell waren. Dies hatte auch
mit einer sich verschärfendenökonomischenSituationdurchdieKriseabden1980er-Jahrenzutun.
IndieserKrise waren die wohlhabenderen Republiken – vor allem Kroatien und Serbien –
nicht mehr zum Finanzausgleich bereit. Sie wollten einen erheblichen Teil ihres
Steueraufkommens tatsächlich in den eigenen Republiken ausgeben. Die ärmeren Gebiete im
Süden Jugoslawiens wollten sie damit nicht mehr finanzieren. Dieser Konflikt hat dazu
geführt, dass sich Slowenien und Kroatien im Juni 1991 für selbständig erklärt haben und aus
der jugoslawischen Föderation ausgetreten si nd. Vorerst sind diese von den anderen
europäischen Staaten nicht als eigenständige Staaten anerkannt worden – vor allem die
europäischen Großmächte und die USA standen einer Auflösung Jugoslawiens sehr skeptisch
gegenüber.
Ende August haben die USA die österreichische Regierung in einem Schreiben gedrängt,
Slowenien und Kroatien nicht unilateral anzuerkennen, da es kontraproduktiv wäre. Ähnliche
Warnungen gab es auch aus der Sowjetunion seitens ihres Außenministers Bessmertnych: Er
hat den österreichischen Außenminister Mock davor gewarnt, dass er nicht dazu beitragen
solle, dass Jugoslawien sich auflöse. Einen Monat später hat dann der sowjetische Botschafter
in Wien gewarnt, dass jede Anerkennung Kroatiens und Sloweniens problematisch werden
könnte auch für die Beziehungen zwischen Österreich und der Sowjetunion.
Die Grundlage für die Interventionen der Großmächte in Österreich war, dass das
österreichische Außenamt bei den europäischen Staaten und den USA sehr für die
Anerkennung der neuen Nachbarstaaten geworben hat. Die Position des österreichischen
Außenamtes war, dass der Zerfall Jugoslawiens ohnehin unvermeidbar war. Dass aber durch
die Anerkennung der neuen Staaten, der Konflikt internationalisiert wurde. Tatsächlich hat
diese Haltung gegenüber den jugoslawischen Teilrepubliken die österreichische Regierung
und Gesellschaft gespalten.
Das Außenamt hat in dieser Phase der Transformation dichte Kontakte zu den sich neu
etablierenden Staaten gepflegt (auch Deutschland hat eine ähnliche Politik verfolgt). Mock
und Gentscher (dt. Außenminister) haben schon sehr bald nach der Unabhängigkeitserklärung
Sloweniens hohe slowenische Orden verliehen bekommen – diplomatischer Ausdruck der
Wertschätzung. Schon im Jänner 1991 war der neu gewählte Präsident der Teilrepublik
Kroatien Franjo Tudman auf Besuch und Einladung des Forum Schwarzenberg
(österreichische Industriellenvereinigung) in Österreich. Tatsächlich wurde hierbei auch über
politische Themen gesprochen z.B.: Ausbau der Pyhrnautobahn bis an die Adria.
Die jugoslawische Führung hat den Austritt Sloweniens und Kroatiens aus der jugoslawischen
Föderation als Verfassungsbruch betrachtet und hat als Konsequenz die Volksarmee
ausgeschickt zur Grenzsicherung. Die Grenzen des jugoslawischen Einheitsstaates seien zu
sichern gegen den Austritt dieser Teilrepubliken. Tatsächlich haben am 27.Juni dann Kämpfe
in Slowenien begonnen , welche allerdings bereits nach 10 Tagen geendet haben. Sie haben
ungefähr 60 militärische Todesopfer gefordert.
Diese Kampfhandlungen fanden zum Teil an der österreichischen Grenze statt. Dabei sind
auch Militärjets über Graz geflogen - was doch zu einem Schrecken geführt hat und die
österreichische Bevölkerung stark emotionalisiert hat. Es wurde auf einen LKW-Konvoi nahe
dem Grenzübergang Spielfeld ein Luftangriff geflogen; am Grenzübergang Bleiburg gab es
Gefechte mit zwei Toten. Das österreichische Bundesheer (ca. 7500 Soldaten) ist dann
umgehend zum Sicherungseinsatz an der steirischen und kärtnerischen Grenze ausgeschickt
worden. Das Szenario war, dass die Kämpfe in Slowenien über die österreichische Grenze
greifen würden und man die Grenze daher schützen müsse. Der damals amtierende
österreichische Verteidigungsminister war Werner Fasslabend.
Gleichzeitig mit den militärischen Spannungen kam es auch zu außenpolitischen Spannungen
zwischen der österreichischen und der jugoslawischen Regierung. Der österreichische
Botschafter wurde in das Außenamt in Belgrad zitiert mit dem Vorwurf: Österreich würde
sich in die inneren Angelegenheiten Jugoslawiens einmischen. Österreich würde außerdem
den Separatismus unterstützen und dulde angeblich illegale Waffenlieferungen über die
eigenen Grenzen nach Slowenien.
In den serbischen Medien hat es dann auch immer wieder Meldungen gegeben über den
Waffenschmuggel über die österreichischen Grenzen. Tatsächlich hatte dies so etwas wie eine
realistische Grundlage, denn die österreichischen Zollbeamten haben festgestellt, dass es zu
einem deutlichen Anstieg vom Handel mit zivilen Faustfeuerwaffen kam.
Die Ergebnisse im Wesentlichen der jugoslawischen Geschichte w aren folgende: Anfang
1992 wurde der Zerfall Jugoslawiens praktisch von der EU bestätigt, indem die beiden
selbstständigen Staaten Kroatien und Slowenien anerkannt wurden (vor allem nach dem
Drängen Deutschlands) . Deutschland hat sogar noch vor der EU diese beiden Staaten als
eigenständig anerkannt – im Dezember 1991. Mit der offiziellen Anerkennung war praktisch
der Zerfall Jugoslawiens besiegelt, aber noch lange nicht beendet.
Auswirkungen des Ende des Kalten Krieges auf Österreich: Es gibt hier zwei Punkte zu
erwähnen:
Der erste Punkt ist die schon erwähnte Radikalisierung des politischen Klimas in den späten
1980er - Jahren bzw. frühen 1990-er Jahren. Diese politische Radikalisierung ist nicht
ausgelöst durch das Ende des Kalten Krieges, sondern auf eine schwieriger werdende
ökonomische Situation zurückzuführen. Schon aus dieser Radikalisierung konnte die
damalige FPÖ einen politischen Nutzen ziehen. Die FPÖ hatte in den Jahren zwischen 1960
und 1970 eine national konservative Politik verfolgt. Mit dieser Politik hat die Partei in den
nationalen Wahlen seit 1956 in etwa 5% der Stimmen erhalten. 1983, nachdem die SPÖ ihre
absolute Mehrhe it verloren hatte, ist die FPÖ eine Koalition mit der SPÖ eingegangen. In
dieser Rolle konnte die FPÖ zwar das erste Mal in der 2.Republik Minister stellen, was für die
Partei selbst als politischer Erfolg zu werten war. Allerdings hat der Stimmenanteil in den
Meinungsumfragen deutlich abgenommen und es bestand sogar die Gefahr, dass man bei der
nächsten Wahl den Einzug in den Nationalrat verpassen könnte.
In dieser Situation ist es zur Entmachtung des Parteivorsitzenden und amtierenden
Vizekanzlers Norbert Steger gekommen durch den Obmann einer Teilorganisation der FPÖ
(Jörg Haider aus der Kärntner FPÖ). Dieser hat dann für seine Partei den Anspruch erhoben,
die Stimme jener zu sein, die sich von den schnellen gesellschaftlichen Umbrüchen bedroht
gefühlt haben -> „die Stimme des kleinen Mannes von der Straße“. Die parteipolitischen
Ressentiments bezüglich der Ausl änder kamen auch zu dieser Zeit mehr und mehr auf.
Seitdem ist die Asyl- und Einwanderungspolitik zum fixen Repertoire der österreichischen
Innenpolitik zu zählen. Auffallend ist, dass die Asyl- und Einwanderungspolitik in den
Diskussionen zunehmend vermischt wurden.
Eine weitere und ganz andere Folge des Ende des Kalten Krieges ist der Beitritt Österreichs
zur EuropäischenUnionam1.1.1995.
ÖsterreichwareigentlichseitderStaatsgründung1945bzw.seit seiner Unabhängigkeit 1955 ein
Staat der im politischen Umfeld außenpolitisch aktiv gewesen ist. Es gab in der
österreichischen Außenpolitik ein stetiges Interesse an den westeuropäischen Entwicklungen.
In den 1950-er Jahren hat aber eine Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft für
Kohle und Stahl=EGKS (Vorgänger der EU) und die österreichische Neutralität als
Widerspruch gegolten. Die allgemeine Meinung in den europäischen Staaten war, dass sich
die Mitgliedschaft in der EGKS nicht mit dem Status als neutraler Staat vereinbaren lasse.
Österreich ist also 1960 Mitglied der EFTA (europäische Freihandelszone) geworden.
Gleichzeitig hat Österreich Assoziations - verhandlungen zur damaligen europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aufgenommen – 1972 wurde dann tatsächlich ein
Globalinterimsabkommen abgeschlossen (hat eine Assoziation zur EWG bedeutet).
Die ÖVP und die SPÖ sind dann auch daf ür eingetreten, einen Beitrittsantrag an die EU zu
stellen. Es sollte ein Vollbeitritt mit Neutralitätsvorbehalt sein. In diesen Verhandlungen hat
dann der Neutralitätsvorbehalt kaum mehr eine Rolle gespielt – wahrscheinlich weil die
Neutralität stark in den Kontext des Kalten Krieges eingebunden war.
Der Beitritt zur Europäischen Union hatte wesentlichen Einfluss auf mehrere österreichische
Verfassungsprinzipien und musste daher einer Volksabstimmung unterzogen werden.
Die Verfassungsprinzipien waren folgende:
 -  Erstens das demokratische Prinzip der Rechtserzeugung durch gewählte
Volksverteter. Innerhalb der EU hat vorrangig der Ministerrat das Recht gesetzt und
dieser besteht aus Exekutiven (Regierungen) und keinen gewählten Volksvertretern.
Das de mokratische Prinzip wurde somit tangiert.
 -  Das gewaltenteilende Prinzip war ebenfalls betroffen: Auf der damaligen EU-Ebene
haben die Exekutiven auch legislative Aufgaben wahrgenommen.
 -  Es wurde weiters das rechtsstaatliche Prinzip berührt, indem der Europäische
Gerichtshof eine Rolle beansprucht hat. Er hat ein Interpretationsmonopol für sich in
Anspruch genommen, damit hat er die Kompetenz des österreichischen
Verfassungsgerichtshofes eingeschränkt.
 -  Außerdem war auch das bundesstaatliche Prinzip berührt, weil durch den EU-
Beitritt auch das Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern in Teilbereichen
berührt war.
Aus diesen Gründen musste eine Volksabstimmung stattfinden!
Am 12.6.1994 kam es dann auch zu dieser Abstimmung mit einem großen medialen Aufwand
im Vorfeld. Tatsächlich haben 66,6% der gültigen Wählerstimmen sich für einen EU-Beitritt
ausgesprochen. Damals wurde dies als ein großer Sieg der regierenden Parteien gefeiert. Am
Neujahrstag 1995 ist Österreich dann der EU offiziell beigetreten.

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