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Kapitel 14

Kinetische Gastheorie

14.1 Grundbegriffe und Molekulare/Atomare Größen


An dieser Stelle ist es sinnvoll die Basiseinheit für die Temperatur und die Stoffmenge zu wiederholen und einige
Begriffe für den Umgang mit Molekülen/Atomen einzuführen bzw. aus der Chemie zu wiederholen.
Temperatur: Der 273,16’te Teil der Temperaturdifferenz zwischen dem absoluten Nullpunkt und dem Tripel-
punkt des Wassers entspricht einem Kelvin:
[T ]SI = K SI-Basiseinheit
Stoffmenge: 12 Gramm reiner Kohlenstoff 12 6 C (Isotopen-freier Kohlenstoff) beinhaltet genau 6,022 · 10
23
23
Kohlenstoff-Atome. Statt 6,022 · 10 Teilchen Kohlenstoff sagt man auch ein mol Kohlenstoff. Ein mol
ist also definiert als die Teilchenanzahl die sich in 12g Kohlenstoff befindet (Formelzeichen n):
[n]SI = mol SI-Basiseinheit

Teilchenanzahl: Das Formelzeichen für eine Teilchenanzahl (die nicht in mol angegeben ist) ist das große N .
Die Avogadro-Konstante: Na ist die Anzahl der Teilchen in einem mol Stoff (Umkehrung der mol-Definition):
N
Na = = 6,022 · 1023 Teilchen
n
Atomare Masseneinheit (engl. atomic mass unit): Die atomare Masseneinheit ist definiert als der 12’te
Teil der Masse eines Kohlenstoffatoms (12
6 C):

1
· m(12
6 C) = 1,6605... · 10
−27
kg = 1u
12
12
Bsp: • Ein Kohlenstoffatom 6C wiegt 12 u

• 1g Wasserstoffatome beinhaltet ungefähr 1 mol Teilchen (viel Spass beim Nachdenken ;-))
Relative Atommasse: Sie ist die Masse eines Atoms relativ zur atomaren Masseneinheit:
M asse des Atoms mA M asse des Atoms mA
Ar = = 1 12
[Ar ] = u
Atomare M asseneinheit u 12 · m( 6 C)

Die relative Atommasse ist auch jene Zahl die im Periodensystem häufig mitangegeben ist (es handelt sich
immer um eine Kommazahl).
Molare Masse: Das Gewicht eines Mols eines Elements (z.B. Cu) oder das Gewicht eines Mols einer Verbin-
dung (z.B. Cu2 S) werden als Molekulargewicht oder molare Masse bezeichnet!
Bsp.: 3 mol Kupfer wiegt 190,5 g. Daraus ergibt sich für Kupfer die molare Masse:
mKupf erprobe 190,5 g
MCu = = = 63,5g/mol
nKupf erprobe 3 mol
1g
Aus den obigen Definitionen folgt außerdem, dass 1u −→ mol bedeutet. Kennt man von einer Stoffmen-
ge das Gewicht und die relative Atommasse, dann kann man sofort die Teilchenanzahl nprobe (in mol)
ausrechnen und mit Hilfe der Avogradokonstante die effektive Teilchenanzahl NP robe .
Molares Volumen: Kennt man von der Probe auch das Volumen, so kann man folgendermaßen das molare
Volumen ausrechnen (diese Größe hängt noch vom Aggregatzustand und damit von der Temperatur ab):
Vprobe m3
Vmol = [Vmol ] =
n mol

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 293


14.1.1 Größe eines Atoms
Ein Atom besteht aus einem Atomkern und einer
Atomhülle. Der Atomkern ist im Vergleich zu Aus-
dehnung des gesamten Atoms sehr klein. Die Elektro-
nenhülle ähnelt vielmehr eines Wolke als einer Schale wie
es häufig in der Chemie beschrieben wird.
Die Dichte dieser Wolke in einem bestimmten Bereich
gibt die Wahrscheinlichkeit an, bei einer Messung das
Teilchen genau in diesem Bereich zu finden.
Die Hanteln die man bei einigen Abbildungen sieht, sind
häufig Andockstellen von anderen Atomen. So sind beim
Wasser die zwei Wasserstoffatome und das Sauerstoffa-
tom nicht in einer Linie sondern bilden einen Winkel.

Es ergibt auch keinen Sinn von einer genauen Ausdehnung ei-


nes Atoms zu sprechen. Die Wechselwirkungen zwischen Hüllen-
Hüllen, Hüllen-Kerne die auftreten sind dazu auch viel zu kom-
d plex. Es ist deshalb sinnvoll als Größe eines Atoms den Platz
anzugeben, den er zum Beispiel in einem Kristallgitter braucht.
Wir nehmen für folgende Abschätzung der Atomgröße an, dass
die Kristallstruktur keine besondere Anordnung der Atome be-
sitzt. Es ist aber trotzdem erstaunlich, dass mit solch einfachen
Überlegungen doch recht sinnvolle Werte erhalten werden.

Bsp.: Ein mol Aluminium wiegt 27g (siehe Periodensystem). Aluminium besitzt außerdem die Dichte ρAl =
2,7g/cm3 . Dann kann man das molare Volumen berechnen und das Volumen eines Teilchens bestimmen:
3
m
MAl 27g/mol cm3 VAl,mol 0,00001 mol 100
Vmol,Al = = = 10 VT eilchen = = 1 ≈ · 10−30 m3
ρAl 2,7g/cm3 mol NA 23
6,022 · 10 mol 6
r
Unter der Annahme eines ”würfelförmigen” Atoms, kann 100
· 10−30 m3 ≈ 2,7 · 10−10 m
3
man einen ”geschätzten” Atomabstand d berechnen: d=
6

14.1.2 Bestimmung der Avogadrokonstante


Der Ölfleckversuch
Bürette
Ein Benzin-Öl-Tropfen mit bekanntem Volumen wird auf eine Wasserober-
fläche fallengelassen und die Fläche des entstehenden Ölsäureflecks be-
stimmt. Beim Ausbreiten der Ölsäure verdunstet das sehr flüchtige Benzin, Ölsäurefleck
sodass der Fleck rein aus Ölsäure besteht. Mit dem Volumensanteil der
Ölsäure in einem Tropfen und der entstehenden Fläche ist es dann möglich, Einzelner Tropfen V
die ”Höhe” des Ölsäuremoleküls und damit das Teilchenvolumen zu berech-
nen. Über die Dichte und der molaren Masse der Ölsäure kann man das
molare Volumen bestimmen. Wird dieses durch das Teilchenvolumen divi-
A
diert, dann erhält man die Avogadrokonstante.

Bestimmung von NA über die Röntgenbeugung

Mit Hilfe der Röntgenbeugung (siehe Abschnitt 13.10) kann man den Ab-
stand von Gitterebenen bestimmen. Bei einem Kristallgitter wo die Mo-
leküle an den Ecken eines Würfels positioniert sind (z.B. N aCl-Kristall,
Kochsalz) gestaltet sich die Messung und Berechung besonders einfach.
Bsp.: Bei Bestrahlung eines N aCl-Monokristalls mit Röntgenstrahlung der
Wellenlänge λ = 71,1 pm wird sie bei einem Einfallswinkel von θ = 7,24◦
zur Ebene (nicht zum Lot!) reflektiert. Dies ergibt den Netzebenenabstand:
λ 71,1 pm
d= = = 283 pm damit das Würfelvolumen V✷ = d3 = 2,245 · 10−29 m3
2 · sin(θ) 2 · sin(7,24◦ )

Berechnung des molaren Volumen von Kochsalz und dann die Zahl von Avogadro (pro N aCl zwei Würfel):
g
MN aCl 58,44 mol cm3 Vmol,N aCl 26,93 · 10−6 m3
Vmol,N aCl = = g = 26,93 NA = = = 5,998 · 1023
ρN aCl 2,17 cm3 mol 2 · V✷ 2,245 · 10−29 m3

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14.2 Wiederholung: Druck
14.2.1 Allgemeines
Definition: Wirkt eine Kraft auf senkrecht auf eine Fläche, so bezeichnet man den Druck als den Quotienten
aus der Kraft und der Fläche zu der die Kraft senkrecht steht:1
F⊥ N
p= [p] = = P a(scal)
A m2 Gefäß
mit
~
F ~
A Druck p
Damit folgt auch, dass die von einem Druck verursachte Kraft auf eine Fläche folgenderma-
p
ßen bestimmt ist:
F~ = −p · A
~

Der Vektor A ~ steht senkrecht auf die Fläche A (in Richtung des Bereiches wo der Druck
herrscht) und hat den Wert der Fläche. Der Druck selbst hat keine Richtung! 2
Bsp.: Ein würfelförmiger Betonklotz mit 1 m2 Grundfläche liegt auf einem weichen Erdboden der mit nicht
mehr als p = 100 kN m2 belastet werden darf. Die Dichte von Beton beträgt ca. ρ = 3
T onnen
m3 . Darf der Klotz
niedergestellt werden? Zuerst berechnen wir die Masse des Klotzes:
kg
m = ρ · V = 3000 3 · 1 m3 = 3000 kg
m
Dann die Gewichtskraft
N
Fg = m · g = 3000 kg · 9,81 = 29400 N m
kg
, die sich auf die Fläche verteilt und so den folgenden Druck ergibt:
F⊥
F⊥ 29,4 kN kN A
p= = = 29,4 2 = 29,4 kP a
A 1 m2 m

Schweredruck
Das obige Beispiel erklärt gleichzeitig auch den Begriff Schweredruck. Das ist jener Druck, der dadurch erzeugt
wird, dass die Gewichtskraft eines massereichen Körpers/Stoffes auf die ”Unterlage” drückt. Dazu gehört auch
der Druck der durch eine Wassersäule in einer bestimmten Tiefe erzeugt wird (hydrostatischer Druck) oder
auch der Luftdruck, der durch das Gewicht der Atmosphäre erzeugt wird.

Hydrostatischer Druck
In Flüssigkeiten gibt es den sogenannten hydrostatischen Druck. Die Berechnung erfolgt ähnlich wie beim
Beispiel mit dem Betonklotz. Gewichtskraft der Flüssigkeitssäule:

mF luessigkeit = ρF luessigkeit ·V , dann die Gewichtskraft FF luessigkeit = mF luessigkeit ·g

, die sich auf die Fläche verteilt und so den Druck:


FF luessigkeit
p=
A m h
erzeugt. Alles ineinander eingesetzt ergibt:
F⊥
A·h
z}|{
FF luessigkeit ρF luessigkeit · V ·g ρ·A·h·g
p= = = =ρ·g·h
A A A A

Luftdruck
Auf Meereshöhe beträgt der durch die Luft verursachte Druck in etwas 100 kP a
bzw. 1 bar (hier erkennt man auch wieso die Einführung der Einheit Bar er-
folgt ist). Im Unterschied zum hydrostatischen Druck ist die Berechnung des Luft-
ρ0 ·g
druckes schwieriger, da die Luft kompressibel ist. Das bedeutet, dass die höheren p(h) = p0 · e− p0 ·h

Luftschischten die niederen komprimieren und sich somit die Dichte mit der Höhe
verändert. Eine exakte Herleitung ergibt die barometrische Höhenformel (wobei
p0 ,ρ0 der Luftdruck/-Dichte auf Meereshöhe sind.):
1 Natürlich 10 N
gibt es eine Vielzahl weiterer Einheiten für den Druck: bar = cm2
= 105 P a, psi ≈ 6895 P a, torr = 133,322 P a).
2 ”Druck wirkt an der Fläche nicht auf die Fläche”

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14.3 Zusammenhang: Temperatur/Teilchenbewegung
14.3.1 Brownsche Molekularbewegung

Beobachtet man eine Milchemulsion unter dem Mikroskop, dann


sieht man, dass die Fettropfen darin zittern. Dass dieses Zit-
tern eine direkte Folge der Temperatur ist erkennt man daran,
dass das Zittern bei Erwärmung stärker wird. Dieses von Ro-
bert Brown im Jahr 1827 durchgeführte Experiment zeigte erst-
mals, dass Erwärmung mit einer mikroskopischen Bewegung zu-
sammenhängt.
Die im Mikroskop sichtbaren Tropfen werden von den sich schnell bewegenden Flüssigkeitsmolekülen angesto-
ßen und beginnen dadurch an zu Zittern. Die Flüssigkeitsmoleküle bewegen sich umso schneller, je höher die
Temperatur ist.

14.3.2 Teilchenbild und Aggregatzustände


Wenn man sich den Temperaturverlauf Temperatur ig
m
ör
von Wasser bei Atmosphärendruck an- sieden ga
sf

schaut, dann findet man auch einige 373 K

Hinweise auf den Zusammenhang zwi-


schen Teilchenbewegung und Tempe-
ig
ratur. Auf der Abszisse ist dabei die flü
ss
Zugeführte
Wärmeenergie aufgetragen, die einer schmelzen
Wärmeenergie
bestimmten Wassermenge (anfangs als 273 K
st
fe

Wassereis) zugeführt wird. Auf der Or-


dinate ist die Temperatur aufgetragen. T steigt T konstant T steigt T konstant T steigt

Man kann diesen Zusammenhang zwischen den Aggregatzuständen und deren Änderung mit Hilfe des Teilchen-
modells und der temperaturabhängigen molekularen Bewegung folgendermaßen erklären:

Im festen Zustand sind die Teil- Im flüssigen Zustand können die Erreicht die Temperatur die
chen an bestimmten Positionen fi- Teichen sich im Tropfen zwar 100◦ C, dann bilden sich im Inne-
xiert. Sie können aber um diese frei bewegen (Wärmezufuhr be- ren des Tropfens Wassergasblasen
Positionen schwingen. Wenn die wirkt eine Erhöhung der Teilchen- (Dampfblasen) die aufsteigen und
Schwingungen groß genug sind, geschwindigkeit), sie sind aber im den Tropfen vollständig verlassen
dann brechen die Gitterbindun- Mittel zu langsam, um die Ober- (verdampfen). Während dem
gen auf (schmelzen). Während des flächenspannung zu überwinden. Sieden steigt die Temperatur
Schmelzens nimmt die Tempera- Einzelne Teilchen in der Flüssig- nicht, da die schnellen (heißen)
tur nicht zu, da die zugeführ- keit sind bereits so schnell, dass Teilchen den Tropfen verlassen.
te Wärmeenergie zum Aufbre- sie die Oberflächenspannung über- Das entstandene Wassergas kann
chen der Gitterbindungen verwen- winden (verdunsten) mit geeigneten Methoden auch
det wird. weiter erwärmt werden.

Ein ausführliche und quantitative Erklärung erfolgt dann im Abschnitt 18. Dort werden die vorhergehenden
Erklärungen auch verallgemeinert bzw. auf andere Stoffe erweitert.
Natürlich gelten auch für die atomaren/molekularen Teilchen die im Rahmen der Mechanik behandelten Größen:
Bewegungsenergie in der gewohnten Form:
1
Ekin,T eilchen = · mT eilchen · v 2 , wie auch der
2
Impuls und der Kraftstoß mit den entsprechenden Formeln (℘ . . . ist der Impuls und p . . . der Druck):
Δ℘
~ T eilchen

~ T eilchen = mT eilchen · ~v F =
Δt

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14.4 Druck in einem idealen Gas (Daniel Bernoulli, 1700-1782)
Im Rahmen dieses Abschnittes werden die Grundlagen der kinetische Gastheorie hergeleitet. Unter einem idea-
les Gas versteht man eine große Anzahl sich frei bewegender, nicht wechselwirkender Teilchen. Dies ist für
ausreichend kleine Gasdichten erfüllt. Die Teilchenbewegung wird mit zunehmender Temperatur stärker, das
heißt, dass die Geschwindigkeit der Gasatome steigt. Für die folgende Herleitung wird vorübergehend ange-
nommen, dass alle Teilchen die betragsmäßig gleiche Geschwindigkeit haben. Im Abschnitt 14.9 wird diese
Einschränkung mit Hilfe der Maxwell-Boltzmann-Verteilung dann behoben.
Ist ein Gefäß mit einem Gas gefüllt, dann wirkt an den Innenwänden ein Druck.3 Der Druck muss mit einer
Kraft verknüpft sein (die Flächengröße A ergibt sich anschließend):

F
p=
A
Die Kraft wird verursacht durch die Stöße der Gasteilchen auf die Wände (vorerst haben alle Teilchen die gleiche
Geschwindigkeit). Stoßen in einem Zeitintervall Δt Teilchen mit der Gesamtmasse Δm auf ein Wandstück der
Fläche A und ändern dabei ihre Geschwindigkeit von +v nach −v dann ergibt sich die Kraft auf das Wandstück
als Impulsänderung (℘...Impuls, der vektorielle Aspekt wird vernachlässigt):

Δ℘ Δm · v − (−v · Δm) +2 · Δm · v Wand


F = = =
Δt Δt Δt

Δs = v · Δt
Wie groß ist nun die Masse Δm der Teilchen die auf die Fläche A
prallen? Wir nehmen an, dass die Teilchen aus einem Würfel mit
der Grundfläche A und der Kantenlänge Δs stammen. Dabei gilt A
Δs = v · Δt da in der Zeit Δt auch Teilchen im Abstand Δs noch auf
die Fläche A treffen sollen. Die Masse aller Teilchen im Würfel sei: −v
+v
Δmalle = ρGas · ΔV = ρGas · A · Δs = ρGas · A · v · Δt

Es prallen aber nur 61 der Teilchen im Würfel auf die Fläche A, weil
nur diese sich in Richtung Wand bewegen (Teilchen die vom Würfel
schräg rausfliegen werden durch Teilchen die reinfliegen kompensiert):
Quader
1 ρGas · A · v · Δt
Δm = · ρGas · ΔV =
6 6
Das Zusammenfügen der Überlegungen führt zu einem Zusammenhang zwischen Teilchengeschwindigkeit und
Druck. Die erhaltene Größe ist der sogenannte Gasdruck:
+2·Δm·v ✟· v
21 ρGas · A · v · ✟
=✁ ·
F Δt 1
p= = Δt
⇒ p= · ρGas · v 2
A A ✁
63 A ·✟ ✟
Δt 3

Dies ist was wir erwartet haben: Der Druck hängt von der Geschwindigkeit der Teilchen ab. An dieser Stelle
wird auch klar, dass die Wahl des Würfels egal ist, da sich die entsprechenden Größen wegkürzen.
Bsp.: Eine 100 l-Heliumflasche welche auf 200 bar gefüllt wurde, enthält 3,6 kg-Helium-Gas. Berechne die Dichte
und anschließend die Teilchengeschwindigkeit.
r s
N
m 3,6 kg kg 1 2 3·p 3 · 200 · 105 m 2 m
ρGas = = = 36 p = · ρGas · v ⇒ v = = kg
= 1291
V 0,1 m3 m3 3 ρGas 36 m 3
s

1g
Bsp.: Die Dichte eines Fusionsplasma sei m 3 und der Druck des Plasma 3 bar. Wie groß ist die Teilchenge-

schwindigkeit? s
r N
3·p 3 · 3 · 105 m 2 m
v= = kg
= 30000
ρP lasma 0,001 m3 s

2 Was mit ”ausreichend klein” gemeint ist, wird bei der Besprechung des idealen Gases in Abschnitt 14.8 klar.
3 In vielen Fälle existiert auch an der Außenseite ein Druck (häufig der Luftdruck). Die resultierende Kraft auf ein Wandstück
ist dann Fres = A · (pinnen − paußen )

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Die gefundene Beziehung zwischen der Dichte eines Gases, der Gasteilchengeschwindigkeit und dem Gasdruck
ist unabhängig von der Teilchensorte. Um einen Zusammenhang zu der Teilchensorte herzustellen sind weitere
Überlegungen notwendig. Die Dichte des Gases hängt über folgende Beziehung mit der Masse eines Teilchens
zusammen:
N · mGasteilchen
ρGas = mGasteilchen ... Masse eines einzelnen Gasteilchens.
V
N... Anzahl der Teilchen eines im Gefäß eingeschlossenen Gases.
V... Volumen des im Gefäß eingeschlossenen Gases.

Durch Einsetzen folgt daraus die Gasgleichung für ein ideales Gas (wobei wir die Geschwindigkeit noch mit der
Temperatur verknüpfen müssen):

1 N · mGasteilchen 2 1 N 2 N mGasteilchen · v 2 2 N
p= · ·v = · · mGasteilchen · v 2 = · · = · · Ekin,T eilchen
3 V 3 V 3 V 2 3 V
Somit erhält man die bekannte Form:
2
p·V = · N · Ekin,T eilchen
3

14.4.1 Partialdruck bei Gasgemischen


14.4.2 Übungen zur kinetischen Gastheorie
1. Eine 200 l-Heliumflasche welche auf 119 bar gefüllt wurde, enthält 3,4 kg − Helium − Gas. Wie groß ist
die kinetische Energie eines einzelnen Teilchens in Joule. Lsg.: [ 6,974 · 10−21 J ]

2. Der Druck eines Gases nimmt bei Wärmezufuhr von 99 bar auf 106 bar zu. Wie viel Mal größer wird die
mittlere Geschwindigkeit der Teilchen? Lsg.: [ 1,035 ]
µg
3. In einer Höhe von ca. 100 km beträgt der Luftdruck 1 P a und die Luftdichte 10 m 3 . Mit welcher Geschwin-

digkeit bewegen sich die Teilchen im Mittel? Lsg.: [ 547,7 m


s ]

4. Auf der Marsoberfläche beträgt (bei einer mittleren Temperatur von −63◦ C) die Luftdichte ca. 0,015kg/m3
und der Luftdruck ca. 6 mbar. Welche Geschwindigkeit haben die CO2 -Moleküle (≈ 95%-Atmosphären-
Anteil)? Lsg.: [ 346,41 m/s ]

5. Ein Plasmastrahl tritt aus einer Plasmakammer aus und trifft auf einen Drucksensor. Der vom Gasstrahl
verursachte Druck beträgt 2350 P a und die Teilchen haben (Temperatur und Teilchensorte sind bekannt)
eine Geschwindigkeit von 22416 m/s. Lsg.: [ 1,4 mg3 ]
Welche Dichte hat das Plasma?

6. Die Dichte eines Fusionsplasma sei 9 mg3 und der Druck des Plasmas 3,3 bar.
Wie groß ist die Teilchengeschwindigkeit in Meter pro Sekunde?

Lsg.: [ 10488 m
s ]
Author: Culham Centre for
Fusion Energy., CC BY-SA 3.0

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14.5 Thermische Zustandsgleichung
In Abschnitt 14.4 sieht man, dass bei einem Zusammenhang zwischen Temperatur und Teilchengeschwindigkeit,
sich bei Temperaturänderung das Produkt aus p·V auch ändern muss. Experimentell zeigt sich (3 Experimente):

p ∼ T : Erlenmeyerkolben im Wasserbad dessen


Druck mit einen U-Rohr-Manometer ge-
messen wird (isochor, Gesetz von Amon-
tons).

V ∼ T : Versuch zur Bestimmung des absoluten


Nullpunkts (isobar, Gay-Lussac).

p · V = konstant: Mit Hilfe eines Kolbenprobers


mit angeschlossenem Druckmessgerät kann
man zeigen, dass bei unveränderter Tem-
peratur p · V konstant ist (isotherm,
Boyle-Mariotte).Aufgrund der Experi-
mente kann man schließen:

p·V ∼T =⇒ p · V = Konstante · T
Bei sinnvoller Wahl der Konstanten erhält man
die thermische Zustandsgleichung4 :

p · V = N · kB · T

N · kB wird deshalb als Konstante verwendet, weil ein Zusammenhang zwischen v und T unabhängig von
der Teilchenanzahl hergestellt werden soll.5 kB wird Boltzmannkonstante genannt und kann experimentell
bestimmt werden (sofern man auch die Anzahl der Teilchen bestimmen kann6 ):
Boltzmanns Leitspruch war:
J
kB = 1,3806505 · 10−23 K Bring vor, was wahr ist:
schreib so, dass es klar ist.
und verfichts, bis es mit dir gar ist!

Man kombiniert nun die soeben erhaltene allgemeine Gasgleichung mit den Gleichungen aus Abschnitt 14.4:
1 2
✚ · kB · T =

N ✚ · mTeilchen · v 2 = · ✚
·✚
N ✚ · Ekin,T eilchen
N
3 3
Die kinetische Translationsenergie eines Teilchens ist also folgendermaßen mit der Temperatur verknüpft:
r
3 3 · kB · T
Ekin,T eilchen = · kB · T v=
2 mT eilchen

14.5.1 Thermische Zustandsgleichung mit molaren Größen


NA
Häufig ist es einfacher mit molaren Größen zu rechnen. Durch Einfügen von NA erhält man:
n
z}|{ R
N z }| {
p·V = · NA · kB ·T ⇒ p·V =n·R·T
NA
1 J
R... wird universelle Gaskonstante genannt und hat die Einheit [ mol · K]

1 J J
R = NA · kB = 6,022 · 1023 · 1,381 · 10−23 ⇒ R = 8,314
mol K K · mol

r
3·R·T
Für die Geschwindigkeit ergibt sich damit: v=
M
4 auch allgemeine Gasgleichung genannt
5 Das Gesetz von Avogadro: alle Gase beinhalten bei gleicher Temperatur und gleichem Druck in gleichen Volumina die gleiche
Teilchenzahl
6 Wenn die Zahl von Avogadro N
A bekannt ist, dann kann man über die Masse und die molare Masse die Teilchenanzahl N
bestimmen (siehe 14.1).

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14.5.2 Beispiele
Bsp.: Eine mit Luft gefüllte Glaskugel wird bei 15◦ C gewogen, bei offenem Hahn auf 80◦ C erwärmt und
anschließend der Hahn geschlossen. Eine zweite Wägung ergibt einen Massenverlust von 0,25 g. Wie groß ist
das Volumen der Kugel, wenn die Ausdehnung des Gefäßes vernachlässigt wird? (Dichte der Luft bei 0◦ C ist
kg
ρL = 1,293 m 3 ).

Lösung: Für beide Temperaturen kann man eine thermodynamische Zustandsgleichung angeben:

p 1 · V 1 = N 1 · k B · T1 und p 2 · V 2 = N 2 · k B · T2

wobei Druck und Volumen vor und nach der Erwärmung gleich sind: p1 = p2 und V1 = V2 . Daraus folgt:

p1 · V 1 = p 2 · V 2

Man kann dann auch die rechten Seiten gleich setzen:

k✚
N1 · ✚ k✚
B · T 1 = N2 · ✚B · T2

Umstellung ergibt:
T1 N2
=
T2 N1
Die Masse einer Stoffmenge ist immer die Teilchenanzahl mal der Teilchenmasse: m = N · mT eilchen . Eingesetzt
in obige Gleichung ergibt das:
T1 N2 · mT eilchen T1 m2
= ⇒ =
T2 N1 · mT eilchen T2 m1
Die Masse m2 ist die um Δm = 0,250 g vermindert Masse m2 = m1 − Δm. Eingesetzt in obiger Gleichung
ergibt das:
T1 m1 − Δm Δm · T2 0,25 g · 353 K
= ⇒ m1 = − =− = 1,357 g
T2 m1 T1 − T2 288 K − 353 K
Die Dichte ρ0 muss noch auf die Dichte bei 15◦ C umgerechnet werden (p = konstant):

ρN T1 TN ✚
kg 273 ✚
K kg
= ⇒ ρ1 = ρN · = 1,293 3 · = 1,23 3
ρ1 TN T1 m 288 ✚✚
K m
Berechnung von V1 :
m1 1,36g
V1 = = g = 1,1 dm3
ρ1 1,23 dm 3

g
Bsp.: Wieviel Gramm Argon (MAr = 39,9 mol ) enthält eine 300 cm3 große Glühlampe, deren Innendruck bei

15 C 250 P a beträgt?
Lösung: Zuerst berechnen wir die Teilchenanzahl in mol:

p·V 250 P a · 300 · 10−6 m3


p·V =n·R·T ⇒ n= = J
= 3,1306 · 10−5 mol
R·T 8,314 mol·K · 288,15 K

Mit Hilfe der molaren Masse kann man dann die Masse berechnen:
g
mAr = n · MAr = 3,1306 · 10−5 mol · 39,9 = 0,00125 g
mol
Bsp.: Eine 100 l-Heliumflasche welche auf 200 bar gefüllt wurde, enthält 3,6 kg-Helium-Gas. Welche Temperatur
hat das Helium:
p·V p·V 2 · 107 P a · 0,1 m3
p·V =n·R·T ⇒ T = = m = 3,6 kg
= 267,29 K
n·R N ·R kg K
0,004 mol ·8,315 K·mol

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 300


14.6 Übungen: Thermische Zustandsgleichung
Aufgaben zum Teil nach Lindner [7]. Normzustand: 1013 mbar, 0◦ C .

1. Auf wieviel Grad Celsius muss die Temperatur eines idealen Gases erhöht werden, damit sich die bei 20◦ C
vorhandene Molekülgeschwindigkeit verdoppelt? Lsg.: [ 899◦ C ]

2. Wie viele Moleküle enthält 1 cm3 des idealen Gases der Temperatur 15 ◦ C und einem Druck von 10−6 P a?
Lsg.: [ 251460700 ]

3. Welche Temperatur hat ein Gas, das beim Druck 10−8 P a je cm3 106 Moleküle enthält? Lsg.: [ 725 K ]

4. Welche Geschwindigkeit haben die Moleküle eines Gases, das bei dem Druck 100 P a die Dichte 1,75 ·
kg
10−4 m 3 hat? Lsg.: [ 1310 m
s ]

5. Nach Erwärmung eines geschlossenen Gasbehälters von 20◦ C auf 200◦ C steigt der Druck von 0,1 M P a auf
0,12 M P a. Wie viel Prozent der anfangs vorhandenen Moleküle entweichen dabei durch ein vorhandenes
Leck? Lsg.: [ 26% ]

6. Nach Lindner [7]: 3 m3 Luft von 150◦ C werdem mit 8 m3 Luft von 5◦ C vermischt. Welche Temperatur
und welches Gesamtvolumen ergeben sich daraus wenn der Druck 0,1 M P a dabei konstant bleibt?
Lsg.: [ 33,7◦ C, 11 m3 ]
7. Nach Lindner [7]: In einem elektrolytischen Gasentwickler bilden sich 500 cm3 Knallgas von 32◦ C und
98 kP a. Welches Volumen nimmt das Gas im Normzustand ein? Lsg.: [ 433 cm3 ]

8. Nach Lindner [7]: Aus einer unter 7 M P a Druck stehenden, 40 l fassenden Flasche werden bei einem
Luftdruck von 100 kP a 80 l Gas entnommen. Auf welchen Betrag sinkt der Druck der Flasche?
Lsg.: [ 6,8 M P a ]

9. Nach Lindner [7]: Das in einem Behälter von 50 l Inhalt eingeschlossenen Gases wird von 100◦ C auf 10◦ C
abgekühlt. Auf welches Volumen muss es komprimiert werden, damit der Druck konstant bleibt?
Lsg.: [ 38 l ]

14.6.1 Aufgaben zur spezifischen Gaskonstante


1. Für den technischen Bereich ist die sogenannte spezifische Gaskonstante wichtig. Man führt sie deshalb
ein, weil es im Alltag umständlich ist mit mol zu rechnen. Dadurch wird aus der Gleichung:

p·V =n·R·T
M
durch Einfügen von M die Gleichung:
m
z }| { R
p·V = n·M· ·T
M
|{z}
RS
p·V = m · RS · T

p
2. Beweise die Beziehung: ρ = RS ·T

kg J
3. Die Normaldichte von Luft ist 1,293 m 3 . Wie groß ist RS ? Lsg: [ 287 kg·K ]

4. Nach Lindner [7]: Welchen Wert hat die spezifische Gaskonstante von Stadtgas, wenn 50 m3 bei 1,5 ◦ C
J
und 102,7 kP a 41,5 kg wiegen? Lsg.: [ 450,5 kg·K ]

5. Nach Lindner [7]: Wie viel Kilogramm Luft enthält ein Wohnraum der Größe 4,5 m × 3,5 m × 5,2 m bei
J
24◦ C und 96,5 kP a? (RS,Luf t = 286,6 kg·K ) Lsg.: [ 92,7 kg ]

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 301


14.7 Gasgesetze idealer Gase
Eine weitere Erkenntniss folgt aus der thermodynamischen Zustandsgleichung. Wenn man in der Gleichung

p · V = N · kB · T

das T auf die linke Seite gibt


p·V
= N · kB
T
dann erkennt man, dass der Term p·V T proportional zur Teilchenzahl ist. Wenn man ein System hat, aus dem
keine Teilchen entwischen können, dann bleibt dieser Ausdruck konstant auch wenn sich die Zustandsgrößen
p, V, T ändern. Wenn sich also in einem solchen System die Zustandsgrößen ändern muß folgende Relation erfüllt
sein.

p1 · V1 p 2 · V2
N1 · kB = N2 · kB ⇒ =
T1 T2

Daraus folgen drei Spezialfälle, die für alltägliche Anwendungen wichtig sind:7

14.7.1 Isotherme Zustandsänderung (Boyle-Mariotte’sches Gesetz)

T1 = T2 ist konstant daraus folgt: ⇒ p 1 · V 1 = p 2 · V2

Aufgabe: Ein Kolbenprober ist mit 100ml Luft gefüllt als der Kontakt zur Umgebungsluft geschlossen wurde.
Der Luftdruck zu diesem Zeitpunkt war 850kP a. Wie groß ist der Druck, wenn das Volumen halbiert wird?

14.7.2 Isobare Zustandsänderung (Gay-Lussac’sches Gesetz)

V1 V2
p1 = p2 ist konstant daraus folgt: ⇒ =
T1 T2

Aufgabe: Die Temperatur von einem Kubikmeter Luft wird von 0◦ C auf 120◦ C erhöht. Der Druck soll konstant
bleiben. Welches Volumen hat das Gas anschließend?

14.7.3 Isochore Zustandsänderung (Gesetz von Amonton)

p1 p2
V1 = V2 ist konstant daraus folgt: ⇒ =
T1 T2

Aufgabe:In einem Labor wird Stickstoff bei einer konstanten Temperatur von 20,0◦ C in eine 100-Liter-
Stahlflasche gedrückt. Dabei wächst der Druck von 100kP a auf 22,1M P a. Diese Flasche ist bis zu einem
Maximaldruck von 28,0M P a zugelassen.

1. Berechnen Sie die maximal zulässige Temperatur, bei der die gefüllte Flasche gelagert werden darf.

2. Berechnen Sie die Masse des eingefüllten Stickstoffs.

14.7.4 Beispiele
Bsp.:Die Hülle eines Luftballons wird bei 15◦ und 987 hP a teilweise mit 800 m3 Wasserstoff gefüllt. Welchen
Rauminhalt erfüllt das Gas in einer Höhe, wo der Luftdruck nur noch 300 hP a beträgt, wenn seine Temperatur
durch Sonneneinstrahlung auf 30◦ gestiegen ist. Wir nehmen an, dass beim Expandieren keine Energie in Form
mechanischer Arbeit verloren geht
Lösung: Ausgehend von der Gleichung:
p1 · V 1 p2 · V 2
=
T1 T2
Kommt man zu folgendem Ausdruck für V2 :

p 1 · V 1 · T2 987 hP a · 800 m3 · 303,15K


= = 2770 m3
T1 · p2 300 hP a · 288,15 K
7 die adiabatische Zustandsänderung wird später erklärt

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Bsp.: Die Dichte von Chlorgas beträgt im Normzustand 3,22 kg/m3 Welche Dichte hat das Gas bei −20◦ C,
bei konstantem Druck?
Lösung: Es handelt sich um eine isobare Situation:
V1 V2
=
T1 T2
Wir gehen auch davon aus, dass sich die Masse des Gases nicht ändert, deshalb muss sich die Dichte ändern
(größeres Volumen bei gleicher Masse bedeutet kleiner Dichte). Für das Volumen setzen wir V = m
ρ ein:

⇒ ✚ =✚
V1 V2 m/ρ1 m/ρ2
=
T1 T2 T1 T2
Umgeformt ergibt das:

T2 ρ1 ρ1 · T1 3,22 kg/m3 · 273,15 K


= ⇒ ρ2 = = = 3.47 kg/m3
T1 ρ2 T2 253,15 K

Übungen zu den Gasgesetzen


1. Wie groß sind Normvolumen (bei 0◦ C,1013 mbar) und Masse folgender Gasmengen.

(a) 14,5 dm3 Wasserstoff, 933 hP a, 27◦ C, Lsg: [ 12,5 dm3 ; 1,09 g ]
(b) 11 cm3 Wasserstoff, 960 hP a, 17◦ C, Lsg: [ 9,82; cm3 ; 8,8 mg ]

2. Wieviel Gasmoleküle befinden sich bei 0◦ C noch in einer Röhre von 2 cm Durchmesser und 4 cm Höhe,
wenn sie auf 5 · 10−4 P a Druck ausgepumpt ist. Lsg: [1,66 · 1012 ]

3. Wieviel kg Sauerstoff fasst eine Stahlflasche von 10 l Volumen bei 0◦ C und 150 bar Druck?
Lsg: [ 2,113 kg ]

4. Wie hoch steigt der Druck in dieser Flasche, wenn sie (bei einem Brand) auf 300◦ C erhitzt wird.
Lsg: [31,5 M P a]

5. Welchen Durchmesser hat eine aufsteigende Luftblase dicht unter der Oberfläche, wenn sie in 70 m Tiefe
1 cm groß war? (Annahme: konstante Temperatur). Lsg: [ 2 cm ]

6. Die Temperatur von einem Kubikmeter Luft wird von 0◦ C auf 120◦ C erhöht. Der Druck soll konstant
bleiben. Welches Volumen hat das Gas anschließend?
Lösung: Die Temperaturen müssen in Kelvin umgerechnet werden:

ϑ1 = 0◦ C −→ T1 ≈ 273K ϑ1 = 120◦ C −→ T1 ≈ 393K

Da der Druck konstant bleibt handelt es sich um eine isobare Zustandsänderung:


V1 V2 V1 393 K
= ⇒ V2 = · T 2 = 1 m3 · = 1,4396 m3
T1 T2 T1 273 K

Das Gas hat nach der Erwärmung ein Volumen von 1,44 m3

7. Bei welcher Temperatur in ◦ C nimmt ein Gas unter konstantem Druck das doppelte Volumen ein, wenn
das Gas eine Anfangstemperatur von 15◦ C hat?
Lösung: Das gesuchte Resultat gilt dann für beliebige Volumen. Wir wählen zur einfacheren Berechnung
1 m3 . Unser Resultat gilt dann natürlich auch für andere Volumen. Bei ”konstantem Druck” bedeutet,
dass es sich um eine isobare Zustandsänderung handelt (ϑ1 = 15◦ C → T1 ≈ 288 K):

V = 1 m3 gewählt −→ V2 = 2 · V1 = 2 m3

V1 V2 V2 2 m3
= ⇒ T2 = · T1 = · 288 = 576 K −→ ϑ2 = 576 K − 273,15 K ≈ 303◦ C
T1 T2 V1 1 m3
Bei einer Temperatur von 303◦ C hat sich das Volumen verdoppelt.

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8. Eine kugelförmige Luftblase steigt im Wasser auf. In einer Tiefe von 20m hat sie einen Durchmesser von
1cm. Welchen Durchmesser hat sie kurz vor Erreichen der Oberfläche? (Temperaturunterschiede können
vernachlässigt werden)
Lösung:
Das Volumen der Luftblase beträgt (Formel von Wikipedia):
4 pLuf t
V1 = VKugel = · π · r3 = 0,75 · π · (1 cm)3 = 0,5895 cm3
3
Nun müssen wir den hydrostatischen Druck in 20 m Tiefe bestimmen:
p2 ,V2
Kg N N
phydr = ρF l · g · Δh = 1000 · 9,81 · 20 m ≈ 200000 2 = 2bar
m3 kg m
20m
Der Absolute Druck in 20 m Tiefe beträgt aber

p1 = pabs = pLuft + phydr = 1 bar + 2 bar = 3 bar


p1 ,V1
Der der Luftplase an der Wasseroberfläche ist bis auf kleine Abweichunge
pLuft p2 = 1bar.
Damit können wir dann das neue Volumen an der Wasseroberfläche bestimmen Man erhält ds gleiche Re-
(isotherm): sultat mit:

p 1 · V1 0,5895 cm3 · 3 bar p1 · r13 = p2 · r23 ⇒


p1 · V 1 = p 2 · V 2 ⇒ V 2 = = = 1,767 cm3
p2 1 bar s
p1 · r13
Damit kann man nach umstellen der Kugelvolumensformel (siehe vorher) den r2 = 3
Radius bestimmen: p2
r Begründe!
3 3 · V
r= = 0,75 cm −→ d = 1,5 cm
4·π

9. Die Dichte von Chlorgas beträgt im Normzustand 3,22kg/m3 Welche Dichte hat das Gas bei −20◦ C, bei
konstantem Druck?
Lösung: Auch hier empfielt es sich wieder eine Volumen anzunehmen. Z.B. V1 = 1 m3 . Durch die
Erwärmung expandiert das Gas bei konstantem Druck. Die Masse des nun vergrößerten Volumens ist
aber die gleiche wie die ursprüngliche. Wir berechnen als erste diese Masse mit dem einen Kubikmeter:
kg
m = ρCl,0◦ C · V1 = 3,22 · 1 m3 = 3,22 kg
m3
Die Temperaturen sind
T1 = TNorm ≈ 273 K und T2 ≈ 253 K
Nun berechnen wir das neue Volumen V2 :

V1 1 m3
p 1 · V1 = p 2 · V2 ⇒ V 2 = · T2 = = 0,929 m3
T1 253 K
Damit kann man die neue Dichte berechnen:
m 3,22 kg kg
ρCl,20◦ C = = = 3,475 3
V 0,929 m3 m

10. In einem Labor wird Stickstoff bei einer konstanten Temperatur von 20,0◦ C in eine 100-Liter-Stahlflasche
gedrückt. Dabei wächst der Druck von 100kP a auf 22,1M P a. Diese Flasche ist bis zu einem Maximaldruck
von 28,0M P a zugelassen. Berechnen Sie die maximal zulässige Temperatur, bei der die gefüllte Flasche
gelagert werden darf.
Lösung: Die Flasche hatte ursprünglich T1 ≈ 293 K, p1 = 221bar,V1 = 100 dm3 . Der Druck darf auf
maximal p2 = 280 bar steigen. Ds Volumen ändert sich nicht, also isochore Änderung:
p1 p2 T1 280
= ⇒ T2 = · p2 = 293K · = 371 K −→ ϑ2 = 98,22◦ C
T1 T2 p1 221

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11. Ein Luftballon wird bei einer Temperatur von 20 Grad mit 10l aufgeblasen. Er wird anschließend von der
Sonne auf 70 Grad aufgeheizt. Wie groß ist das Volumen nun ?
Lösung: Der Druck im Luftballon ist immer gleich groß wie der Luftdruck (minimal größer wegen der
gespannten Gummihaut). Die Zustandsänderung verläuft also unter einem annähernd konstanten Druck:

V1 V2 V1 10l
= ⇒ V2 = · T2 = · 343 K = 11,706 l
T1 T2 T1 293K

12. Der Luftballon von der vorhergehenden Aufgabe wird von einem Kind gekauft und losgelassen. Wie groß
ist das Volumen in 10000m Höhe wenn der Druck auf Meereshöhe 1bar, die Dichte 1,3kg/m3 und die Tem-
peratur in 10000m Höhe −20 Grad beträgt? Der Druck in 10000m Höhe soll mit Hilfe der Barometrischen
Höhenformel bestimmt werden.
Lösung: Da nichts anderes steht gehen wir davon aus, dass das Kind auf Meereshöhe ist (p0 = 1bar =
N kg
100000 m 2 , ρ0 = 1,3 m3 ). Wir berechnen mit den angegebenen Werten den Luftdruck in 10000 m Höhe:

kg
1,3 ·9,81 N ·10000
− m3 kg
ρ0 ·g·h
− 100000 N2
p(10000m) = p0 · e p0
= 1bar · e m = 1bar · e−1,3 = 0,272 bar

Im nächsten Schritt berechnen wir mit der allgemeinen Gasgleichung das neue Volumen:
p1 · V1 p 2 · V2 p1 · V1 T 2 1 bar · 10 l 253 K
= ⇒ V2 = · = · = 30,9 l
T1 T2 T1 p2 293 K 0,272 bar

13. Bestimme den Druck in einer Stahlflasche (V = 200l, p = 200bar), wenn diese in der Sonne steht und
diese von 20 Grad auf 80 Grad erwärmt wird.
Lösung: Das Volumen ist für die Rechnung nicht von Bedeutung da es sich um eine isochore Zustandsände-
rung handelt:
p1 p2 p1 200 bar
= ⇒ p2 = · T2 = · 353 K = 241 bar
T1 T2 T1 293 K

14. Die Atemluft eines Menschen erwärmt sich von 20 Grad auf 37 Grad. Das Lungenvolumen beträgt 4l.
Berechne das neue Volumen.
Lösung: Hier handelt es sich um eine isobare Zustandsänderung:
V1 V2 V1 4l
= ⇒ V2 = · T2 = · 310K = 4,232 l
T1 T2 T1 293 K

15. In einer Turbine strömt ein Kubikmeter Wasserdampf mit 700 Grad Celsius und unter einem Druck von
300bar ein. Der gleiche Wasserdampf kommt mit 10bar und 300 Grad von der Turbine raus. Wieviel
Kubikmeter kommen raus?
Lösung: Allgemein Gasgleichung:

p1 · V 1 p2 · V 2 p1 · V 1 T 2 300 bar · 1 m3 673 K


= ⇒ V2 = · = · = 20,75 m3
T1 T2 T1 p2 973 K 10 bar

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14.8 Reales Gas
14.8.1 Definiton des idealen Gas
Unsere bisherigen Überlegungen stimmen aber nur für dünne Gase (ideale Gase). Wenn der Druck und somit
auch die Dichte des Gases steigt muss man die Größe und Wechselwirkung der Gasteilchen berücksichtigen.
Zuerst machen wir noch einige Überlegungen zu einem idealen Gas.

Isotherme
p in [kpa]
In nebenstehender Abbildung sieht man die Isother-
me eines idealen Gases (wechselwirkungsfreies Gas) 5
zu drei Temperaturen. Man erhält sie, wenn man fol-
gende Funktion zeichnet: 4

n·R·T 3 n = 1 mol
p=
V (V2 ,p2 )


Die zwei Punkte auf der 273,16 K-Isotherme folgen 2
der folgenden Relation:
1 (V1 ,p1 ) T = 673,16 K
T = 473,16 K


p1 · V1 = p 2 · V 2 T = 273,16 K

0 1 2 3 4 5 V in [m3 ]
Hinweis
Eine Isotherme ist experimentell nicht so einfach zu realisieren, da bei den meisten realen Situationen sich auch
die Temperatur ändert. Eine Lösung wäre ein Wasserbad und eine sehr langsame Bewegung des Kolbens. Das
extreme Gegenteil ist eine sogenannte adiabatische Zustandsänderung. Bei ihr erfolgt die Komprimierung so
schnell, dass keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht werden kann (siehe 15.4.4).

14.8.2 Das Modell des nicht-idealen Gas


Ideale Gase gibt es nur näherungsweise (auch wenn diese Näherung sehr oft verwendet werden kann). Und zwar
spielt bei realen Gasen auch die elektrische Wechselwirkung zwischen den Atomhüllen bzw. Molekülhüllen eine
Rolle. Diesen Effekt nennt man die Van-der-Waals-Wechselwirkung8 . Außerdem muss man auch bedenken, dass
die Atome selbst ein kleines Volumen haben. Das kleinst möglich Volumen ist also nicht 0 (mit p −→ ∞),
sondern das Teilchen-Volumen mal der Teilchenanzahl. Um das Verhalten eines realen Gases beschreiben zu
können, führt man für hohe Dichten Korrekturterme ein (Van-der-Waals-Gleichung):
große Dichte  
z}|{ n2
p·V =n·R·T −→ p+a· 2 · (V − b · n) = n · R · T
V
Die beiden Zusatzterme hängen von der Art des Gases ab. So ist a der sogenannte Kohäsionsdruck. Gibt es zum
Beispiel eine anziehende Wirkung so verringert sich die Geschwindigkeit der Teilchen und somit der Druck.
Das Kovolumen b berücksichtigt, dass die Teilchen nicht punktförmig sind und deshalb Volumen benötigen, das
zur Bewegung der Teilchen nicht zur Verfügung steht. Dadurch ergeben sich auch neue Isothermen.

p in [M pa]
Um diese zeichnen zu können, muss
man obige Gleichung wieder auf p um- 9
formen:
8 Stickstoff N2
2
n·R·T n 7 n = 10 mol
p= −a· 2
(V − b · n) V
6
In nebenstehender Abbildung sieht 5
man die Isotherme von realem Stick- 4 (Vkrit ,pkrit )
stoff mit einer Teilchenzahl von n =

3 X1
T
T
=
=
144
136
K
K
10 mol. Der experimentell bestimmte T = 128 K

T = 118 K
m6 2 X2
Kohäsionsdruck a beträgt 0,14 P a· mol T = 108 K

und das ebenfalls experimentell be- 1


m3
stimmte Kovolumen b ist 3,9 · 10−5 mol .
0
Dies ergibt die folgende Gleichung: V in [dm3 ]
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

8 Ich hoffe, dass darüber bereits in Chemie gesprochen wurde

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J
10 mol · 8,314 mol·K ·T m6 100 mol2
p(V ) = m3
− 0,14 P a · ·
(V − 39 · 10−6 mol · 10 mol) mol2 V2
Bei einer Temperatur von T = 128 K beginnt sich die Kurve von der eines idealen Gases stark zu unterscheiden
(die rote Linie gehört zur kritischen Temperatur Tkrit ).
Die waagrechte Verbindungslinie x1 x2 gibt den sogenannten temperaturabhängigen Dampfdruck an. Das ist der
Druck, bei dem Gas und Flüssigkeit im Gleichgewicht miteinander stehen. Die linke Fortsetzung des waagrechten
Stückes beschreibt das Verhalten der Flüssigkeit (sehr steil → eine Volumenänderung erfolgt nur bei sehr hohen
Drücken), die rechte Fortsetzung das Verhalten des Gases (nicht steil → eine Volumenänderung erfolgt bei
kleineren Druckdifferenzen).
Bei der sogenannten Van-der-Waals-Schleife (Verlauf von X1 bis X2 ) verläuft die Isotherme nicht entlang der
Schleife, sondern über die waagrechte Linie (nimmt gewissermaßen eine Abkürzung). Die Lage dieses horizon-
talen Stückes wird über die Maxwell-Konstruktion bestimmt. Und zwar liegt die waagrechte Linie so, dass die
beiden eingeschlossenen ”Bögen” denselben Flächeninhalt haben.
Die kritische Temperatur ist die Temperatur, unterhalb der ein Gas durch Druck verflüssigt werden kann
(Kondensation ist möglich), oberhalb der kritischen Temperatur ist dies nicht mehr möglich. Durch einige
mathematische Schritte kommt man auf folgende Beziehungen (Herleitung siehe unten):

8a a
Tkrit = pkrit = Vkrit = 3bn
27bR 27b2

6
m
Beispiel: Der kritische Punkt für Stickstoff 8a 8 · 0,14 P a · mol 2
m6 Tkrit = = J m3
= 127,93 K
wird berechnet. a beträgt 0,14 P a · mol 2 und 27bR 27 · 8,314 mol·K · 39 · 10−6 mol
−5 m3
b ist 3,9 · 10 mol . 6
m
a 0,14 P a · mol 2
pkrit = 2
= m3 2
= 3,4 M P a
27b 27 · (3,9 · 10−5 mol )

Aufgabe: Zu berechnen ist von folgenden Stof- Gas a in [(P a · m6 )/mol2 ] b in [m3 /mol]
fen die kritische Temperatur und der zugehörige
Druck: Helium (He) 3,45 · 10−3 2,37 · 10−5
Neon (Ne) 21,3 · 10−3 1,71 · 10−5
Argon (Ar) 136,3 · 10−3 3,22 · 10−5

Van-der-Waalsgleichung mit molarem Volu- R·T 1


men: Ersetzt man Vn mit dem molare Volumen so p(Vmol ) = −a· 2
Vmol − b Vmol
erhält man die ebenso nützliche Gleichung:

Herleitung der Formeln für den kritischen Punkt


Mathematisch gesehen hat man bei der, zur kritischen Temperatur gehörenden Isotherme die spezielle Situation
eines Sattelpunktes der Van-der-Waals-Gleichung. Zur Be- −2
rechnung werden Brüche in Ausdrücke mit rationale Expo- p(Vmol ,T ) = R · T · (Vmol − b)−1 − a · Vmol
nenten umgeschrieben:
Leitet man diese Formel eine erstes und zweites mal nach Vmol ab und setzt die Ableitungen mit 0 gleich,
so erhält man einen Ausdruck, welcher einen noch zu bestimmenden Parameter und zwar die Temperatur T
beinhaltet:
∂ p(Vmol ,T ) −3
=0 ⇒ −R · T · (Vmol − b)−2 + 2 · a · Vmol =0
∂ Vmol
∂ 2 p(Vmol ,T ) −4
=0 ⇒ 2 · R · T · (Vmol − b)−3 − 6 · a · Vmol =0
∂ 2 Vmol
Elimination von R · T ergibt das molare Volumen Vmol,krit beim kritische Punkt welches zur Bestimmung der
Formel für Tkrit in die erste Ableitung eingesetzt werden kann. Anschließend kann die Formel für pkrit über die
Gleichung des realen Gases bestimmt werden:
−3
2 · a · Vmol −4
2· · (Vmol − b)−3 − 6 · a · Vmol =0 ⇒ 4 · a · Vmol − 6 · a · (Vmol − b) = 0 ⇒ Vmol,krit = 3 · b
(Vmol − b)−2
8·a
−R · Tkrit · (3 · b − b)−2 + 2 · a · (3 · b)−3 = 0 ⇒ Tkrit =
27 · b · R
8a
R · 27bR 1 a
Vmol,krit , Tkrit ⇒ pkrit = −a· 2
=
3b − b (3b) 27b2

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14.9 Maxwell-Boltzmann-Verteilung
Im Abschnitt 14.4 wurde vorübergehend angenommen, dass in einem Gas alle Teilchen die gleiche tempera-
turabhängige Geschwindigkeit haben. Es ist aber naheliegend, dass in einem Gas die Teilchen unterschiedli-
che Geschwindigkeiten haben. Verschiedene Überlegungen zur Statistik, Homogenität und Isotropie, die wir
hier aufgrund der Komplexität in diesem Abschnitt nicht nachvollziehen, führen zur Maxwell-Boltzmann-
Verteilung.

14.9.1 Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung
Die MB-Geschwindigkeitsverteilung gibt die Wahrscheinlichkeitsverteilung F (|~v |) an, ein Teilchen mit einer
ganz bestimmten Geschwindigkeit v zu finden (für die Herleitung wird auf weiterführende Literatur verwiesen):

r   32 r   32
2 mT eilchen v2
mT eilchen ·~ 2 M v2
M ·~
2 −
F (|~v |) = · ~v · e 2·kB ·T
molar F (|~v |) = · ~v 2 · e− 2·R·T
π kB · T π R·T

Der Term ΔN ([v1 ,v2 ]) ≈ F (v1 ) · (v2 − v1 ) gibt dabei die Anzahl ΔN ([v1 ,v2 ]) d N (v)
F (v1 ) ≈ →
der Teilchen an, mit der Geschwindigkeit im Intervall [ v1 , v2 ]. v2 − v1 dv
| {z }
Die Wahrscheinlichkeitsdichte F (|~v |) hat die Einheit # " # " Δv
1 h i  32   23
[m ]. Die Sinnhaftigkeit dieser Einheit wird aber auch 2 
s m
= 1 kg
· m 2
= ✚kg
·
in den folgenden Absätzen erläutert (auch der Begriff s m J
·✚
K s

kg· m
2
s

K s2

Wahrscheinlichkeitsdichte wird dadurch klar).


Folgenden Abbildungen zeigen die Zusammenhänge zwischen der Geschwindigkeitsverteilung und der gemmes-
senen Temperatur und wurden mit den obigen Formeln generiert. Auf der x-Achse ist die Geschwindigkeit v
und auf der y-Achse die Wahrscheinlichkeitsdichte F (|~v |) aufgetragen.

Vergleich des gleichen Teilchen’s H2 bei Vergleich von verschieden schweren Teil-
verschiedenen Temperaturen: chen bei gleicher Temperatur (300 K):

300 K Wasserstoff H2
0,5 500 K 3,0
Stickstoff N2
]

700 K
]
−3
m/s

−3

2,5
m/s

0,4 900 K
F (|~v |) in [ 10

Chlor Cl2
F (|~v |) in [ 10

2,0
0,3
1,5
0,2
1,0
0,1 0,5

0 0
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 0 1000 2000 3000 4000
v in [ m
s
] v in [ m
s
]

Um aber wirklich eine Wahrscheinlichkeit angeben zu


0,5
]

können muss man ein Geschwindigkeitsintervall auswählen


−3
m/s

und die Fläche darunter berechnen. Wenn man einen klei- 0,4
F (|~v |) in [ 10

nen Streifen auswählt kann man auch als Näherung ein 0,3
Rechteck verwenden: Hier wurde der Streifen nicht ganz in 0,2
die Höhen gehen gelassen um die Fläche ausreichend gut
0,1
abzuschätzen:
0
1 m m
0,00047 m · (1500 − 1000 ) ≈ 0,235 0 1000 2000 3000 4000
s s s v in [ m
s
]

Die Wahrscheinlichkeit ein Teilchen mit v zwischen


1000m/s und 1400m/s anzutreffen beträgt 23,5%. 0,5
]
−3
m/s

Man erkennt auch, dass die hiermit bestimmte Wahrschein- 0,4


F (|~v |) in [ 10

lichkeit wie erwartet einheitenlos ist.


0,3
Interessiert man sich für alle Geschwindigkeiten bestimmt
man die ganz Fläche unter der Kurve. Das ergibt natürlich 0,2 Fläche = 1
1 bzw 100%. Eine Frage ”Wieviel Prozent der Teilchen 0,1
hat die Geschwindigkeit zwischen 0 m m
s und ∞ s ” ergibt 0
natürlich alle Teilchen. 0 1000 2000 3000 4000
v in [ m
s
]

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 308


14.9.2 Mittlere-quadratische Geschwindigkeit/Wahrscheinlichste Geschwindigkeit

In Abschnitt 14.5 wurde der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und Temperatur bei einem idealen Gas
im Rahmen der kinetischen Gastheorie hergeleitet (der Index qm wird später erklärt):
 r r
p · V = N · kB · T 3 · kb · T 3·R·T
⇒ vqm = und vqm =
p · V = 31 · N · mT eilchen · v 2 mT eilchen M

Bestimmt man aber mit Hilfe der Differentialrechnung das Maximum der Maxwell-Boltzmann-Verteilung so
erhält man (siehe Abbildung):
r r
2 · kB · T 2·R·T
v̂ = oder v̂ =

]
mT eilchen M

−3
m/s
F (|~v |) in [ 10
Nun stellt sich die Frage wie die Geschwindigkeit
aus der kinetischen Gastheorie mit der Maxwell-
Boltzmann-Verteilung zusammenhängt. Dazu wieder-
holen wir die Herleitungen der kinetischen Gas-
theorie unter Berücksichtigung Maxwell-Boltzmann-
Geschwindigkeitsverteilung. vqm
v̂ v in [ m
s
]
Anmerkung
Pn z }| {
Kraf t F i=0 F (vi )
Druck = = =
F laeche A A
]
−3
m/s
F (|~v |) in [ 10

Anmerkung: Die Teilchen im Gas werden aufgrund ihrer


Geschwindigkeit auf Gruppen zugehörig zu Geschwindig-
keitsintervallen [vi ; vi + Δv] aufgeteilt. Jede Gruppe trägt
zur (den Druck bewirkenden) Gesamtkraft bei.

v in [ m
s
]

Die restliche Herleitung ist vergleichbar mit jener des Gas- Pn


druckes (kinetische Gastheorie, siehe Abschnitt 14.4). Da- F 21 · Δmi · vi
i=0 ✁
=
Pn 6✁ · A · Δt
bei wird die Ersetzung (Kontrolle der nebenstehen- A 3

den Herleitung ) i=0 Ni · mT eilchen · vi


= VQuader
mT eilchen ρGas sQuader · Δt
= Pn
VQuader NGas 1 mT eilchen Ni · v i
= · · i=0
3 VQuader 1
·✟✟
Δt
verwendet (der Beweis soll selbständig als Aufgabe durch- ✚t
vi ·✚
Δ
geführt werden). Lässt man am Schluß mit Hilfe der In- n
1 ρGas X
finitesimalrechung Δv gegen 0 gehen, so erhält man den = · · Ni · vi2
3 NGas i=0
integralen Ausdruck für vqm .
  ∞
1 N1 · v12 + N2 · v22 + · · · + Nn · vn2 1
ˆ
p= · ρGas · −→ p= · ρGas · F (v) · v 2 dv
3 NGas 3
| {z } |0 {z }
≈ v 2 oder vqm 2 = v 2 oder vqm 2

Somit hat man jene Formel für den Gasdruck erhalten, welche die Geschwindigkeitsverteilung berücksichtigt.
Der formale Übergang ist:
Maxwell-Boltzmann
1 1 1
p= · ρGas · v 2 −→ p= · ρGas · v 2 = · ρGas · vqm 2
3 3 3

Ni sind die Teilchen des Gases mit der Geschwindigkeit im Intervall [vi ; vi + Δv]. Zieht p
man die Wurzel aus v 2 erhält man die mittlere quadratische Geschwindigkeit vqm : vqm = v2
In der kinetische Gasgleichung ändert sich v 2 zu vqm 2 (bzw. v 2 ):
1 1
p·V = · N · mT eilchen · vqm 2 = · n · MT eilchensorte · vqm 2
3 3

1 1
Ebenso: kB · T = · mT eilchen · vqm 2 und Ekin,T eilchen = · mT eilchen · vqm 2
3 2

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 309


vqm ist somit physikalisch bedeutungsvoller als die wahrscheinlichste Geschwindigkeit v̂.

]
2,2

−3
m/s
Bsp.: Folgende Abbildung zeigt die MB-Verteilung 2,0

F (|~v |) in [ 10
eines N2 -Gases zu einer unbekannten Temperatur. 1,8

Aus dem Diagramm soll v̂ bestimmt und damit die 1,6

Temperatur berechnet werden(mN2 = 28 u). 1,4

Mit der Temperatur ist danach die mittlere quadra- 1,2

tische Geschwindigkeit vqm zu berechnen. 1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200
v in [ m
s
]

Lösung: Wie man in der Abbildung schön erkennt, liegt das Maximum bei 400 m s . Das entspricht der wahr-
scheinlichsten Geschwindigkeit v̂. Mit dieser Geschwindigkeit kann man die Temperatur berechnen. Die Formel:
r
2·R·T
v̂ =
M
muss auf T umgestellt werden. Man erhält:
2 kg
v̂ 2 · M 4002 ms2 · 0,028 mol
T = = J
= 270 K
2·R 2 · 8,314 mol·K
Mit dieser Temperatur läßt sich die mittlere quadratische Geschwindigkeit bestimmen
r s
J
3·R·T 3 · 8,314 mol·K · 270K m
vqm = = kg
= 489
M 0,028 mol s

Bsp.: Welche (mittlere quadratische) Geschwindigkeit haben die Moleküle eines Gases, das bei dem Druck
100 P a die Dichte 1,75 · 10−4 kg/m3 hat?
Lösung:
vqm 2 s
z}|{ r
1 2 p 100 P a · 3 m
p= ·ρ· v ⇒ vqm = ·3= kg
= 1309
3 ρ 1,75 · 10−4 m 3
s

Bsp.: Auf wieviel Grad Celsius muss die Temperatur Lösung:


eines Gases erhöht werden, damit sich die bei 20◦ C
vorhandene Molekülgeschwindigkeit verdoppelt. Das 1 n · R · T1
· ρ · vqm,1 2 = p1 =
Gas befindet sich in einem abgeschlossenen Gefäß 3 V
(V = konstant). 1 n · R · T2
· ρ · vqm,2 2 = p2 =
3 V
r r
vqm,1 T1 1 273,15 K
⇒ = = =
vqm,2 T2 2 T2
⇒ T2 = 4 · 293,15 K = 1309 K

Aufgaben:

1. Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit von


]

2,2
−3
m/s

Quecksilberatom bei 300◦ C? Lsg: 267 ms 2,0


F (|~v |) in [ 10

1,8
2. Mit Hilfe eines Tabellenkalkulationspro- 1,6
gramms soll die Maxwell-Boltzmann- 1,4
Verteilung von Helium für T = 500 K 1,2
gezeichnet werden 1,0

q 0,8

3. Herleiten der Formel v̂ = 2·R·T


M 0,6

0,4
4. In nebenstehender Abbildung ist die MB- 0,2

Verteilung für Stickstoff zu sehen. Wieviel 0

Prozent der Teilchen ca. haben eine Ge- 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200

schwindigkeit zwischen 200 m m v in [ m ]


s und 300 s ?
s

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 310


14.10 Übungen zur kinetischen Gastheorie und zur thermodynami-
schen Zustandsgleichung
3 6
1. Helium hat das Kovolumen b = 0,0237 dm kP a·dm
mol und den Kohäsionsdruck a = 3,45 mol2 . Berechne den
kritischen Punkt von 10 mol dieses Gases. Skizziere die Isothermen des realen Gases (Beschreibung der
Skizze, Aggregatzustände, Konstruktion, real, ideal). Schreibe auch die Gleichung für ein reales Gas an.

2. Maxwell-Boltzmann:
In nebenstehender Abbildung ist die MB-
Verteilung für ein Stickstoffgas N2 zu sehen 2,2
(MN2 = 28 u).

]
−3
m/s
2,0

F (|~v |) in [ 10
(a) Lies die wahrscheinlichste Geschwindigkeit 1,8

ab und berechne damit die Temperatur. 1,6


Lsg.: [300 K]
1,4

(b) Berechne mit der Temperatur die mittlere 1,2

quadratische Geschwindigkeit. Lsg.: [517 m


s ] 1,0

(c) Das Gas befindet sich einem Volumen von 0,8

2 m3 und bewirkt einen Gasdruck von p = 0,6

5 · 105 P a. Wieviel Teilchen befinden sich in 0,4


dem Volumen
0,2

(d) Wieviel Prozent der Teilchen ca. haben eine 0

Geschwindigkeit zwischen 200 m m


s und 300 s ?
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200

Lsg.: [25%] v in [ m
s
]

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 311


14.11 Mittlere freie Weglänge
Das Verhältnis zwischen einer gestreuten Teilchenanzahl/Zeit eines Stromes und dem Strom wird Wirkungs-
querschnitt σ genannt:
dNstr /dt
σ=
j
Als vereinfachtes Beispiel kann man das Kugelgasmodell verwenden (siehe Abb. ??), für welches man
σ = π · d2
erhält. Ein Ion das den Weg l zurücklegt stößt, bei bekannten Wirkungsquerschnitt an alle Teilchen im Volumen
σ · l. Bei gegebener Dichte ist daher
N = n · σ · l = Anzahl der gestoßenen Teilchen

Ein herausgegriffenes Teilchen legt in der Zeit t im Mittel den Weg l = v rel ·t zurück (vrel = v1 −v2 → v rel = 2·v
relative Geschwindigkeit zweier Teilchen zueinander). die mittlere Stoßzeit τ ist dadurch bestimmt, daß sich in
dieser Zeit im Mittel genau ein Stoß ergibt
1
Nstr = 1 = n · σ · v rel · τ ⇒ τ = √ . . . mittlere Stoßzeit
2·n·σ·v
1
λ= √ . . . mittlere freie Weglänge
2·n·σ

d v

Aufgaben:
1. In einem kugelförmigen Gefäß von d = 15 cm Durchmesser befindet sich Wasserstoff von 25◦ C. Bei welchem
Fülldruck ist die mittlere freie Weglänge gleich der des Gefäßdurchmessers? (Moleküldurchmesser 0,25 nm)
Lsg.: 99 mP a
2. Bei welchem Gasdruck beträgt die kinetische Energie eines Sauerstoffmoleküls (Durchmesser d = 0,3 mm)
8 · 10−21 J und seine mittlere freie Weglänge 5mm? Lsg.: p = 2,67P a
kg
3. Wie groß ist die mittlere freie Weglänge der Moleküle von Wasserstoff, desssen Dichte 1,5·10−8 m3 beträgt?
Lsg.: 0,4 m

14.12 Diffusion/Osmose
14.12.1 Diffusion / Thermalisierung
Bsp.: .
Die Abbildung erklärt schematisch, wie ei-
ne der Heizungen bei Kernfusionsreaktoren langsame
Teilchen
funktioniert. Und zwar werden sehr schnelle
Teilchen in den Brennraum mit kangsameren
Teilchen eingeschoßen. Das schnelle Teilchen
überträgt seine hohe kinetische Energie auf al-
le Teilchen sodass insgesamt die Temperatur
steigt. Diesen Vorgang nennt man Thermali- Schnnelles Teilchen
sieren
Unter der Diffusion versteht man Vorgänge, bei denen die Teilchen eines Stoffes, infolge molekularer Wärme-
bewegung, das zur Verfügung stehende Volumen ausfüllen. Es gibt sehr viele Beispiele dafür. So verteilt sich
der Duft eines Parfüms im ganzen Raum. Aber auch das Mischen von unterschiedlichen Flüssigkeiten ist durch
Diffusion erklär bar.
Die Diffusion erfolgt um so schneller, je höher die Temperatur der sich mischenden Stoff ist.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 312


14.12.2 Diffusion
14.12.3 Teilchenströme/Konzentrationsunterschiede
14.12.4 Osmose

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 313


Kapitel 15

1. Hauptsatz der Wärmelehre

15.1 Zusammenhang zwischen Energie und Freiheitsgraden


15.1.1 Vorüberlegung: Kinetische Energie in einem idealen Gases
In Abschnitt 14.9.2 wurde die mittlere kinetische Energie eines Teilchens und ihre Bedeutung in Hinblick auf die
Gastheorie (Abschnitt 14.4) und die thermische Zustandsgleichung (Abschnitt 14.5) diskutiert. Für die gesamte
kinetische Energie in einem Gas ergibt sich dann (nun mit den Mittelwerten):
vqm Ekin,Gesamt

z}|{ z }| { 

 Ekin,gesamt = 32 · p · V
kin. Gastheorie p = 13 · ρ · v 2 ⇒ p · V = 32 · N · Ekin,T eilchen ⇒


 Ekin,T eilchen = 32 · kB · T
thermische Zustandsgleichung p · V = N · kB · T

Ekin,gesamt wird kinetische Translationsenergie (bei einatomigen Gasen ist dies gleichzeitig die innere Energie)
genannt.
Bsp.: Die kinetische Translationsenergie von 1 mol eines Gases bei ϑ = 0◦ C
3 3 J
Ekin,gesamt = · n · R · T = · 1 mol · 8,314 · 273,15 K = 3400 J
2 2 K · mol
Die kinetische Translationsenergie die in einem mol eines idealen Gases enthalten ist beträgt bei 0◦ C 3400 J.

Zusammenhang Teilchengeschwindigkeit-Temperatur
Die Temperatur ist also mit der Translationsbewegung und somit mit der gesamten kinetischen Energie der
Gasteilchen verknüpft. √
Ekin ∼ T ⇒ vqm ∼ T
Eine Vervierfachung der Temperatur führt also zu einer Verdoppelung der Teilchengeschwindigkeit.

Nun stellt sich die Frage, ob dies auch genau jene Energie ist, die man zuführen muss, um das
Gas auf die zugehörige Temperatur zu bringen. Dazu wird vorher der Begriff Freiheitsgrade eingeführt.

15.1.2 ”Thermische” Freiheitsgrade von Molekülen


Dazu folgende Überlegungen. Der Faktor 3 in den Formeln kam im Rahmen der Herleitung in Abschnitt 14.4
aufgrund der geradlinigen Bewegung (Translationsbewegung) der Teilchen in den drei Raumrichtungen in die
Formeln. Mit diesem Faktor ist die kinetische Energie der Teilchen verknüpft. Ein mehratomiges Molekül kann
aber zusätzlich zur kinetischen Energie auch noch Rotationsenergie besitzen.1 Dazu wird Bedeutung der Frei-
heitsgrades erläutert.

Freiheitsgrade bei Atomen/Molekülen


Die Bewegung eines Teilchens ist in drei Raumrichtungen möglich. Man nennt
dies dann die Translationsfreiheitsgrade diese Teilchens. Einatomige Gase ha-
ben nur diese drei Freiheitsgrade (z = 3).
Einatomiges
Teilchen
1 Bei einatomigen Teilchen ist die Masse auf einen sehr kleinen Raum konzentriert und in Rotationen steckt so gut wie keine

Energie.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 314


Rotation
in der Ebene
Bei zweiatomigen Gase (und davon gibt es viele) kommen noch zwei weitere
Freiheitsgrade hinzu und zwar jene der Rotation. Wenn man an eine Hantel
denkt, dann leuchtet ein, dass die Rotation in zwei Ebenen erfolgen kann (zwei
Rotation
Rotationsfreiheitsgrade). In einer Rotation um die Verbindungs-Achse steckt in der Senkrechten
keine Energie. Somit haben zweiatomige Moleküle fünf Freiheitsgrade (z = 5).
zweiatomiges Molekül

Zusätzlich zu den bereits besprochenen Freiheitsgraden gibt es noch die Schwin- Federähnliche Schwingung
gungsfreiheitsgrade eines Moleküls. Diese sind aber nur für Gase mit Tempera-
turen über 500◦ C von Bedeutung (zum Beispiel in einem Plasma). Sie werden
hier nicht weiter betrachtet. zwei und mehr Atome

Für Situationen, wo die Anzahl der Freiheitsgrade nicht bestimmbar ist (z.B. komplexe Moleküle), bestimmt
man den sogenannten Adiabatenkoeffizienten experimentell. Dieser Koeffizient ermöglicht dann die Berechnung
der Zustandsänderungen und der Energiewerte (siehe Abschnitt 15.4.4 und das Experiment in Abschnitt 15.5).

Gleichverteilungssatz: Die in einem Gas enthaltene Energie verteilt sich gleichmäßig auf die zur
Verfügung stehenden Freiheitsgrade.

Bei einem einatomigen Gas entfällt auf jeden Freiheitsgrad jedes 1


EF G = · kB · T
Teilchens die mittlere kinetische Translationsenergie: 2

z
Für den gesamten inneren Energieinhalt eines Gases mit der Stoff- Egesamt = · N · kB · T
menge n, der Temperatur T und z-Freiheitsgraden gilt dann: 2

z
Ebenso ergibt sich für die molaren Größen nebenstehende Formel: Egesamt = ·n·R·T
2

Bsp.: Helium ist ein einatomiges Gas. Das heißt man muß mit drei Freiheitsgraden rechnen (z = 3). Ein mol
Helium hat somit bei 0◦ C die Energie:
z 3 J
Egesamt = · n · R · T = · 1 mol · 8,314 · 273,15K = 3,4 kJ
2 2 mol · K
Bsp.: Wasserstoff ist ein zweiatomiges Molekül-Gas. Das heißt man muß mit 3 + 2 Freiheitsgraden rechnen
(z = 5). Ein mol Wasserstoff hat somit bei 0◦ C die (Wärme)-Energie:

z 5 J
Egesamt = · n · R · T = · 1 mol · 8,314 · 273,15K = 5,68 kJ
2 2 mol · K
Wenn man also ein Wasserstoff-Gas erwärmt, dann braucht man die 53 -fache Energie wie bei Helium

Aufgaben:

1. 6,474 · 1020 Moleküle eines idealen einatomigen Gases sind im Volumen 10 cm3 eingeschlossen und haben
die kinetische Energie 5 J. Wie groß sind Druck und Temperatur Lsg.: [ 373,1 K, 333 kP a ]
2. Welche mittlere Energie haben die Teilchen (punktförmig) im Plasma des Sonnenzentrums und unter
1
welchem Druck steht dieses, wenn die Temperatur auf 2 · 107 K und die Teilchendichte auf 5 · 1023 cm 3
−16
geschätzt werden? Lsg.: [ p = 138 T P a, 4,14 · 10 J]

3. Welche Gesamtenergie stecken in 32 kg Kilogramm Sauerstoff (MO2 = 32 u) bei einer Temperatur von
723◦ C und wie schnell sind die Moleküle? Lsg.:[ 200,5 J ]

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 315


15.2 1. Hauptsatz
15.2.1 Innere Energie
Zur Formulierung der Hauptsätze muss man vorher noch den Begriff ”Innere Energie” definieren:

Unter der inneren Energie (Formelzeichen U ) eines abgeschlossenen Systems versteht man den
gesamten Energieinhalt des Systems, sofern er von dem inneren Zustand des Systems abhängt

Bsp.: Die innere Energie eines mit Luft gefüllten Gummiballons besteht aus der thermischen Bewegungsenergie
der Gasteilchen (kinetische /Rotations-/Schwingungs-Energie), aus der chemischen Energie, die die Moleküke
zusammenhält und aus der elektrischen Energie, die durch die Ladungen innerhalb der Atome bedingt sein
kann, usw. Die Bewegung des ganzen Balles zählt nicht.
Aufgabe: In der Quantenoptik ist es gelungen Ionen (einatomig) in einer Richtung ”einzufrieren”, sodass sie
sich nur in der Ebene bewegen können. Wieviel Freiheitsgrade bleiben dann übrig? Berechne die inneren Energie
J
für 1000 T eilchen bei einer Temperatur von 1 mK. (kB = 1,38 · 10−23 K )

Wir vernachlässigen chemische Potentiale. Somit ist die in-


nere Energie nur die kinetische Translationsenergie in 2
Freiheitsgraden:
z
U1 = Ekin,gesamt = · N · kB · T
2
Universität Innsbruck (http://www.ultracold.at/): 2✁ J
= · 1000 · 1,38 · 10−23 · 1 m✚ ✚ = 1,38 · 10−23 J
K
Our dipole trap is formed by a repulsive evanescent-wave close to
2✁ ✚✚
K
a glass surface and an attractive focused laser beam

15.2.2 Formulierung des 1. Hauptsatzes


Der 1. Hauptsatz der Wärmelehre beschreibt den Zusammenhang zwischen der Änderung der inneren
Energie eines Stoffes mit der am Stoff verrichteten Arbeit W und der mit ihr ausgetauschten Wärmeenergie Q.

Postulat: Die Summe der einem System von außen zugeführten Wämeenergie
Q und der ihm von außen zugeführten Arbeit W ist gleich der Zunahme seiner ΔU = Q + W
inneren Energie ΔU :

Bsp.: Komprimierung und Erwärmung eines Gases: Heizung


In nebenstehender Abbildung wird die innere Energie
des im Kolben eingeschlossenen Gases um Q+W erhöht.
Die neue innere Energie ist dann:
Q

W =Δ~ ~ =−Δ~
s·F ~
s·A·p=−ΔV ·p
~
F
Uneu = Ualt + ΔU = Ualt + Q + W ~
A·p

Während der Zustandsänderung verändert sich der ΔU =Q+W W Kolbenbewegung


Druck des Gases und somit auch die Kraft auf den Kol-
ben. Das erschwert eine Berechnung etwas.2

Damit kann man auch den wichtigen Fall beschreiben, bei dem einem eingeschlossenen Gas eine gewisse Wärme-
menge Q zugeführt wird. Ein Teil dieser Wärmemenge dient dann dazu die innere Energie um ΔU zu erhöhen
(Erhöhung der Teilchen-Bewegungsenergie) und teilweise um das Volumen um ΔV zu verändern, um also Arbeit
zu verrichten.
~
F ~
z }| { A·Δ~
s
z}|{
W = F~ · Δ~s = −p · A
~ ·Δ~s = −p · ΔV = −p · ΔV

Erfolgt von aussen eine Komprimierung verringert sich das Volumen (ΔV ist dann negativ) und die Arbeit
ist erwartungsgemäß positiv (sie wird zugeführt). Expandiert das Gas, dann verrichtet das Gas Arbeit und
ΔW = −p · ΔV ist negativ. Der erste Hauptsatz kann dann folgendermaßen geschrieben werden:

ΔU = Q + W = Q − p · ΔV ⇒ Q = ΔU + p · ΔV
2 Ein Möglichkeit ist, mit einer Tabellenkalkulation schrittweise eine Berechnung durchzuführen.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 316


Hinweis: Der übergeordnete Gedanke des ersten Hauptsatzes ist natürlich das Prinzip von der Erhaltung
der Energie. Ein perpetuum mobile (erster Art) ist unmöglich.
Bsp.: Ein Kolbenprober wird mit 100 cm3 Heliumgas unter Normalbedingungen gefüllt. Danach wird er in
ein Wärmebad mit 50◦ C gegeben. Der Kolben wird bis zum Temperaturausgleich festgehalten (isochore Zu-
standsänderung). Beim anschließenden Loslassen des Kolbens bewegt sich dieser solange, bis der Druck des
Gases innen gleich dem Druck der Luft außen ist. Wegen des Wärmebades bleibt während der Expansion die
Temperatur konstant (isotherme Zustandsänderung).
Zuerst überlegen wir uns, wie groß der Druck nach der Erwärmung, ohne die Verschiebung des Kolbens ist
(isochore Zustandsänderung V1 = V2 ):

p1 101300 P a
p2 = · T2 = · 323,16 K = 119840 P a
T1 273,16 K

Die innere Energie ist die gesamte Teilchen-Bewegungsenergie im Gas (Helium hat drei Freiheitsgrade) und hat
somit vor der Erwärmung den Wert (chemische Effekte finden erst bei wesentlich höheren Temperaturen statt):
p1 ·V1
z z }| { z 3
U1 = Ekin,gesamt,1 = · n · R · T1 = · p1 · V1 = · 101300 P a · 0,0001 m3 = 15,195 J
2 2 2
Durch die folgende Erwärmung auf die Temperatur T2 steigt der Druck auf p2 und die innere Energie auf U2 :
V1
z z}|{ 3
U2 = Ekin,gesamt,2 = · p2 · V2 = · 119840 P a · 0,0001 m3 = 17,976 J
2 2
Als nächstes bestimmen wir die innere Energie nach der isothermen Expansion, also nachdem der Kolben
sich soweit bewegt hat, dass der Innendruck gleich dem Aussendruck ist (p1 = p3 ). Das Gas hat, da es sich im
Wärmebad befindet, auch nach der Expansion die Temperatur des Wärmebades (isotherm: T1 = T2 ):

p2 · V 2 119840 P a · 0,0001 m3
V3 = = = 0,0001183 m3
p3 101300 P a

innere Energie nach der Expansion (chemische Effekt finden bei wesentlich höheren Temperaturen statt):
z 3
U3 = Ekin,gesamt,3 = · p3 · V3 = · 101300 P a · 0,0001183 m3 = 17,976 J
2 2
Welche mechanische Arbeit verrichtet wird, bestimmen wir an anderer Stelle (Abschnitt 15.3). Es sei hier nur
darauf hingewiesen, dass zwar die innere Energie vor und nach der Expansion gleich geblieben ist, trotzdem
aber mechanische Arbeit verrichtet wurde. Das kann man sich so vorstellen, dass die Abkühlung zwar die
innere Energie ”kurz” verringert, diese aber wegen des Temperaturunterschiedes vom Wärmebad ”sofort” wieder
aufgefüllt wird.
Aufgabe: Ein Kolbenprober wird mit 100 cm3 Stickstoffgas unter Normalbedingungen gefüllt (Achtung nun 5
Freiheitsgrade). Danach wird er in ein Wärmebad mit 50◦ C gegeben. Welche innere Energie hat das Gas vor
der Erwärmung, welche nach der Erwärmung ohne Expansion, welche nach der Expansion (mit Herleitung)?
Lsg.: [ ]
Bsp.: Ein Liter Wasser wird um 30◦ C erwärmt. Wie groß ist die Änderung der inneren Energie?
Da Wasser sich bei Erwärmung nur minimal ausdehnt, kann man annehmen, dass der Term p · ΔV ≈ 0 ist. Das
bedeutet, dass alle Wärme, die an das Wasser abgegeben wurde, in innere Energie umgewandelt wurde (und
somit, da es keine chemisch/atomistischen Änderungen gab, in Wärmeenergie)

ΔU = Q = cH2 O · m · ΔK = 126 KJ

Feste und flüssige Stoffe können meist als isochore Zustandsänderungen gerechnet werden (siehe 15.4.1)
Aufgabe: Berechne welchen Energie nötig um 100 g Wassereis der Temperatur −30◦ C zu verdampfen.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 317


15.3 Volumenänderungsarbeit
Immer wenn sich das Volumen eines Gases ändert wird auch Arbeit von oder gegen die Umgebung verrichtet.
Wird zum Beispiel ein in einem Kolbenprober eingeschlossenes Gasvolumen komprimiert, dann muss Arbeit an
diesem Gas verrichtet werden. Bei isobaren Volumensänderungen ist die Berechnung der dem Gas zugeführten
Arbeit bzw. der vom Gas verrichteten Arbeit sehr einfach:
p
W = −p · ΔV = −p · (VE − VA ) pkonstant

Die Fläche unter der Kurve ist die verrichtete oder zu-
geführte mechanische Arbeit (je nach Vertauschung von
VA und VE ).

VE VA V
Normalerweise bewirkt eine Veränderung des Volumens auch eine Veränderung des Druckes. Außerdem kann es
zu Wärmeaustausch mit der Umgebung kommen was ebenfalls zu einer Druckänderung beitragen kann. Beispiele
sind isotherme und adiabatische Zustandsänderungen.
Auch hier ist die Fläche unter der p − V -Kurve die
Volumensänderungsarbeit. Die Berechnung der exakten
Fläche unter einer gekrümmten Kurve ist erst mit der pE
Integralrechnung möglich. Trotzdem kann man einen
ungefähren Wert bestimmen. Dazu ist es nötig große Vo-
lumenänderungen in viele kleine zu unterteilen. Durch
Bestimmung der Teilarbeiten für jedes Intervall und an- pA
schließende Aufsummierung von ihnen kommt man zu
einer Näherung der Arbeit. Je kleiner die Intervalle sind,
VE VA
umso exakter ist das Resultat.

Man kann diese Näherung folgendermaßen schreiben:


pE
n
X n
X
Wg ≈ Wi = − pi (Vi ) · ΔV mit
i=1 i=1
pA
VE − VA
ΔV = n... Anzahl der Intervalle
n
VE VA

Die verschiedenen physikalischen Situationen (also mit/ohne/teilweisem Wärmeaustausch) bewirken einen un-
terschiedlichen Druck pi (Vi ). Nun ein Beispiel dazu.
p a · VA
Z.B. gilt bei einer isothermen Zustandsänderung für p i · V i = p a · Va ⇒ pi (Vi ) =
Vi
den i’ten Druck:
Xn Xn
p a · VA
und damit für die Summe über die i’ten Teilarbeiten : Wg ≈ Wi = − · ΔV
i=1 i=1
Vi
Ein Beispiel ist in Abschnitt 15.4.3 bei der Beschreibung des isothermen Prozesses zu finden. Komplizierter wird
es bei einer adiabatischen Zustandsänderung. Bei dieser Zustandsänderung wird die mechanische Arbeit, die dem
Gas zugeführt wird, in Wärme umgewandelt (dies geschieht auch bei der isothermen Zustandsänderung) diese
aber nicht an die Umgebung weitergegeben (bei der isothermen Zustandsänderung wird diese an die Umgebung
abgegeben). Diese Situation wird später nochmal genauer besprochen.

15.3.1 Volumensänderungsarbeit mathematisch durch Integration


Die im vorhergehenden Abschnitt verwendet Näherung kann mit Hilfe der Integralrechnung aus der Mathematik
in eine exakte Lösung übergeführt werden.

n
X n
X VE
VE − VA
ˆ
Wg ≈ nlim Wi = lim − p(Vi ) · ⇒ Wg = − p(V ) dV
→∞
ΔV → 0 i=1
n→∞
i=1
n VA

Die Lösung des Integrals kann sich je nach Prozess einfach oder kompliziert gestalten.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 318


pA ·VA
Bsp.: Im Falle isothermer Volumensänderungen ergibt sich mit p(V ) = V das Integral:
VE VE VE
p A · VA 1
ˆ ˆ ˆ
W = − p dV = − dV = −pA · VA · dV
VA VA V VA V
 
V VE
= −pA · VA · [ ln(V ) ] VE = −pA · VA · (ln(VE ) − ln(VA )) ⇒ Wisotherm = −pA · VA · ln
A
VA

15.3.2 Temperaturänderung bei Volumensänderungsarbeit


Was passiert mit der Temperatur, wenn man das Volumen eines eingeschlossenen Gases ändert. Aufgrund
der Definition des ersten Hauptsatzes, muss sich die Temperatur des Gases ändern sofern sich ΔQ und ΔW
nicht aufheben. Hier wird kurz darauf eingegangen, wie die Temperaturänderung mit der Volumensänderung
zusammenhängt. Dazu verwenden wir unseren ”Versuchskolben”.
Temperaturerhöhung bei Kompression Temperaturerniedrigung bei Expansion

Δ~v Δ~v

| {z } | {z }
Teilchen werden Teilchen werden
schneller langsamer

Bei einer Kompression erhalten die Teilchen durch Bei einer Expansion verlieren die Teilchen durch den
den Stoß am bewegten Kolben eine größere Ge- Stoß am bewegten Kolben etwas Geschwindigkeit,
schwindigkeit als sie ursprünglich hatten. Diese sodass diese kleiner als die ursprüngliche ist. Diese
schnelleren Teilchen thermalisieren dann das rest- langsameren Teilchen thermalisieren dann mit dem
liche Gas auf eine höhere mittlere Geschwindigkeit restlichen Gas, sodass die mittlere Geschwindigkeit
und somit auf eine höhere Temperatur. und somit die Temperatur sinkt.

Dieser Effekt, also Abkühlung/Erwärmung eines Gases bei Druckänderung, heißt Joule-Thomson-Effekt.

Bsp.: Bei einer Gasflasche mit dem Druck 20 bar wird das Ventil geöffnet. Das Gas entweicht bis der Druck
gleich dem Aussendruck ist. Erkläre mit Hilfe der obigen Teilchen-Erklärung warum die Temperatur sinkt.

Die strichlierte Linie soll die Teil-


chemenge abgrenzen, die bei einem
Druck von 1 bar gerade das Vo-
~
F lumen der Gasflasche ausfüllt. Das
Verschieben des ”strichlierten Linie”
~ entspricht dem Verschieben des Kol-
F ΔN , p3 , V3 , T3 bens. Das Gas unter der strichlierten
Linie expandiert und kühlt deshalb
~
F ab, ganz analog zu obiger Erklärung.
ΔN , p2 , V2 , T2
Im Abschnitt 15.4.4 werden wir dies
ΔN , p1 , V1 , T1 auch noch quantitativ berechen.

Versuch (adiabatische Zustandsänderung, Abschnitt 15.4.4): Wir geben in einen Kolbenprober etwas
Watte. Wenn man den Kolben schnell genug in das Volumen schiebt, entzündet sich die Watte. Dies hat mit
der Temperaturerhöhung auf mehrere 100 ◦ C als Folge der sehr schnellen Kompression zu tun.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 319


15.4 Fundamentalprozesse von Gasen
Wir haben bereits die isochore/isotherm/isobare Zustandsänderung behandelt. Nun wollen wir diese nochmal
in Hinblick auf den ersten Hauptsatz/die innere Energie diskutieren. Außerdem vergleichen wir diese dann mit
der sogenannten adiabatischen Zustandsänderung.

15.4.1 Der isochore Prozess, V = konstant


Immer dann, wenn ein Gas in einem Gefäß eingesperrt ist, hat man die Situation, dass keine Volumenänderung
stattfinden kann. Natürlich steigt der Druck und hat somit höhere Kräfte zur Folge, Diese Kräfte bewirken aber
keine Verschiebung, und mechahnische Arbeit haben wir nur dann, wenn eine Kraft F auch eine Verschiebung
um Δs bewirkt:
=0
z}|{
Q = ΔU − · − p · ΔV ⇒ Q = ΔU

Da die Volumenänderung bei festem und flüssigem Stoff sehr gering ist, handelt es sich bei Prozessen mit ihnen
um isochore Prozesse.
Bsp.: In einer Gasflasche mit 100 dm3 befindet sich ein Stickstoffgas mit der winterlichen Temperatur 20◦ C
unter einem Druck von 20 bar. Sie wird nicht benutzt und so steigt die Temperatur im Sommer auf die durch-
schnittliche Umgebungstemperatur 35◦ C. Wie groß ist die Zunahme der inneren Energie?
Energie vor der Erwärmung:
p·V
z z }| { z 5
U1 = Einnere,1 = · n · R · T = · p1 · V1 = · 2 M P a · 0,1 m3 = 0,5 M J
2 2 2
Druck nach der Erwärmung:
p1 p2 p1 · T 2 2 M P a · 308,15 K
= ⇒ p2 = = = 2,1 M P a
T1 T2 T1 293,15 K
Energie nach der Erwärmung:
p2 ·V2
z z }| { z 5
U2 = Einnere,2 = · n · R · T = · p2 · V2 = · 2,1 M P a · 0,1 m3 = 0,525 M J
2 2 2
Die Änderung der inneren Energie beträgt: ΔU = U2 − U1 = 25,6 kJ
Das ist auch die Energie ΔQ = ΔU die der Umgebung entnommen wird (positives Vorzeichen).

Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Gasen bei konstantem Volumen (cV )
Wir haben bereits die spezifische Wärmekapazität cV bei konstantem Volumen kennen gelernt:

QGas = mGas · cV · ΔT

Wir wissen außerdem, dass die zugeführte Wärmeenergie bei der isochoren Zustandsänderung mit der Änderung
der inneren Energie übereinstimmt und diese ist:
z z z
ΔU = U2 − U1 = · n · R · T2 − · n · R · T1 = · n · R · ΔT
2 2 2
Bei isochoren Prozessen (also mit konstantem V ) wird die gesamte Wärmeenergie Q die einem Gas zugeführt
in Bewegungsenergie der Teilchen umgewandelt:
mGas
z z }| { 1 ✟ = z ·✘ R ✟
Q = ΔU ⇒ mGas · cV · ΔT = · n · M · · R · ΔT ⇒ ✘ ✘✘ · cV · ✟
mGas ΔT ✘✘ ·
mGas ·✟
ΔT
2 M 2 M

z R
cV = ·
2 M

Aufgabe: Es soll das cV für N2 bestimmt werden.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 320


15.4.2 Der isobare Prozess, p = konstant
Viele der von uns berechneten Situationen hatten als Vorraussetzung, dass sich der Luftdruck nicht ändert. Als
Beispiel sei hier nur ein Luftballon erwähnt, der sich in der Sonne erwärmt. Er vergrößert sein Volumen, ohne
dass sich der Druck außerhalb und somit innerhalb des Luftballons großartig ändert (wenn die Luftballonhaut
nicht zu sehr einspannt). Für diese Art von Prozessen gilt:

Q = ΔU + p · ΔV mit p = konstant
Q

Bsp.: Ein Luftballon wird mit Helium (einatomig) aus der Gasflasche auf
1 dm3 gefüllt. Das Helium hat die Temperatur 10◦ C (Luftdruck p1 =
100 kP a). Dieses Gas wird von der heißen Sommerumgebung auf 40◦ C
erwärmt. Der Luftballon war/ist recht locker gefüllt, sodass wir davon 40◦ C
10◦ C
ausgehen, dass der Innendruck gleich dem Außendruck ist. Wie groß ist pLuf t
die Wärme, die der Luftballon der Umgebung entzieht? Wie groß ist die pLuf t
Änderung der inneren Energie? Wie groß ist die mechanische Arbeit, die
der Luftballon bei der Expansion verrichtet hat?
Zuerst bestimmen wir die innere Energie des Luftballons vor der Ausdehnung:
3 3
U1 = · p1 · V1 = · 100 kP a · 0,001 m3 = 150 J
2 2
Dann bestimmen wir das Volumen nach der Ausdehnung (isobare Zustandsänderung p1 = p2 ):

V1 · T 2 0,001 m3 · 313,15 K
V2 = = = 0,00111 m3
T1 283,15 K

Während der Ausdehnung stellt sich im Ballon immer der Aussendruck ein (p = konstant). Der Luftballon
verrichtet somit folgende Arbeit an die Umgebung (deshalb das negative Vorzeichen):

W = −p · ΔV = −p · (V2 − V1 ) = 100 kP a · 0,00011 m3 = −10,595 J

Die innere Energie nach der Erwärmung ist:


3 3
U2 = · p · V2 = · 100 kP a · 0,00111 m3 = 166,15 J
2 2
Mit dem ersten Hauptsatz bestimmen wir ΔQ, also jene Energie die dem Gas zugeführt wurde. Ein Teil wurde
ja vom Gas verwendet um die Arbeit ΔW zu verrichten:

Q = ΔU − W = (U2 − U1 ) − · − p · ΔV = (166,15 J − 150 J) − (−10,595 J) = 26,75 J

Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Gasen bei konstantem Drucks (cp )
Wird ein Gas isobar erwärmt, dann ändert sich nicht nur die Temperatur, was eine Erhöhung der inneren Energie
um ΔU bedeutet, sondern es wir auch Volumensänderungsarbeit ΔW verrichtet. Bei konstantem Druck ist die
verrichtet Arbeit proportional zur Volumensänderung und somit proportional zur Temperaturänderung:
mGas
z }| { R R
W = −p · ΔV = −n · R · ΔT = − n · M · · ΔT = −mGas · · ΔT
M M
Die zugeführte Wärmeenergie ist:
cp
  z
 }| {
z R R z R R
Q = ΔU − W = mGas · · · ΔT − −mGas · · ΔT = mGas · · + ·ΔT
2 M M 2 M M
Die Wärmeenergie die beim isobaren Prozess nötig ist um ein Gas zu Erwärmen (und dabei zu expandieren)
berechnet sich mit:

z R R
Q = mGas · cp · T mit cp = · +
2 M M

Aufgabe: Es soll das cp für N2 bestimmt werden.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 321


15.4.3 Der isotherme Prozess, T = konstant
Bei isothermen Zustandsänderungen ändert sich die innere Energie nicht (sie beschreibt ja vor allem die Bewe-
gungsenergie der Teilchen):
ΔU = 0 ⇒ Q = −W

Bei Kompression wird deshalb die auftretende Wärme sofort an die Umgebung abgegeben. Dadurch behält das
System seine Temperatur bei.

Numerik-Beispiel: Volumensänderungsarbeit beim isothermen Prozess


Isotherme Zustandsänderung: Wir bestimmen die mechanische Arbeit die nötig ist, um ein Gas isotherm zu
komprimieren. Wenn zum Beispiel eine Volumen von 7 m3 langsam auf 1 m3 komprimiert wird, sodass durch
Wärmeaustausch die Temperatur konstant bleibt, kommt man folgendermaßen auf die mechanische Arbeit. Die
Startwerte sind:
i Vi pi ΔWi
pA = 1 bar = 1000 hP a V A = 7 m3 ΔV = −0,5 m3 [m3 ] [×100 kP a] [×100 kJ]
7 1
1 6,5 1,08 0,54
Das i’te Volumen wird folgendermaßen berechnet: Vi = VA + i · ΔV 2 6 1,17 0,58
Der i’te Druck berechnet sich dann folgendermaßen mit dem Boyle- 3 5,5 1,27 0,64
4 5 1,4 0,7
Mariotteschen Gesetz: 5 4,5 1,56 0,78
pA · V A 6 4 1,75 0,88
pi (Vi ) =
Vi 7 3,5 2 1
8 3 2,33 1,17
Die i’te Arbeit ist dann (Summe über letzte Spalte): 9 2,5 2,8 1,4
10 2 3,5 1,75
n n n 11 1,5 4,67 2,33
X X X pA · VA 12 1 7 3,5
Wg = Wi = pi (Vi ) · ΔV = − · ΔV = 1,526 M J Wg = 15,26
i=1 i=1 i=1
Vi

Aufgabe: Erstelle die Tabelle selbst mit ΔV = 0,1 m3 . Verwende dazu eine Tabellenkalkulation.

Exakte Volumensänderungsarbeit beim isothermen Prozess


Mit ausreichenden mathematischen Kenntnissen kann man folgende Formel zur Berechnung der verrichteten
mechanischen Arbeit bei isothermen Prozessen bestimmen (Herleitung mit Hilfe der Integralrechnung, siehe
Abschitt 15.3):
   
V2 3 1
Wg = −p1 · V1 · ln = −700000 P a m · ln = −700000 kJ · (−1,9459) = 1,3621 M J
V1 7

Die große Abweichung der numerischen Methode von der exakten Formel ist auf die geringe Anzahl von Teil-
schritten zurückzuführen (eine größere Tabelle wäre in den Unterlagen nicht sinnvoll). Nimmt man ΔV = 0,1 m3
dann erhält man Wg = 1,393 M J. Der Wert ist erwartungsgemäß positiv (Zuführung von Wärme).
Bsp.: Fortsetzung vom Beispiel aus Abschnitt 15.2.2:
Nun können wir auch dieses Beispiel fertig rechnen. Gegeben war ein, in ein Wärmebad eingetauchter, Kol-
benprober der eingeschlossenes Gas mit einem Druck p2 = 119840 P a und einem Volumen V2 = 0,0001 m3
beinhaltet. Da der äußere Luftdruck kleiner ist und in der geringen Tiefe ein vernachlässigbarer hydrostatischer
Druck herscht verrichtet das Gas mechanische Arbeit indem der Kolben verschoben wird bis der Druck im
Kolbenprober gleich dem Luftdruck p3 = pLuf t = 101300 P a ist. Das Volumen nach der Expansion VE beträgt:

p2 · V 2 119840 P a · 0,0001 m3
V3 = = = 0,0001183 m3
p3 101300 P a
Die verrichtete mechanische Arbeit beträgt dann:
   
V3 0,0001183 m3
Wg = −p2 · V2 · ln = −0,0001 m3 · 119840 P a · ln = −2,01 J
V2 0,0001 m3

Auch das Vorzeichen ist korrekt. Da das Gas die Arbeit verrichtet, muss der Wert negativ sein.

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 322


15.4.4 Der adiabatische Prozess, Q = 0
Bei adiabatischen Prozessen ist das System thermisch isoliert. Einem eingeschlossenen Gas wird keine Wärme
entzogen bzw. zugeführt. Trotzdem kann sich die innere Energie ändern:
0
z}|{
ΔU = W + Q ⇒ ΔU = W

Bei einer Zufuhr von Energie in Form von mechanischer Arbeit (adiabatische Kompression) tritt also eine
Erhöhung der inneren Energie und damit eine Temperaturerhöhung auf. Deshalb steigt der Druck bei der adia-
batischen Kompression stärker als bei der isothermen Kompression wo entstehende ”Kompressions-Temperatur-
Erhöhungen” kontinuierlich an die Umgebung abgegeben werden (Abbildungen in 15.4.4). Analoge Überlegungen
gelten auch für die adiabatische Expansion. Graphen im pV -Diagramm werden Adiabaten genannt (vergleich-
bar mit den Isothermen bei isothermen Prozessen).
Die Kenntniss der Anfangs- und Endtemperatur kann die Bestimmung der verrichteten Arbeit ermöglichen, wie
man am folgenden Beispiel erkennt.
Bsp.: In eine Fahrradpumpe mit herausgezogenem ”Kolben” und einem Volumen von V1 = 1 dm3 wird das
einatomige Gas Helium gefüllt (Druck ist der Luftdruck p1 = 1000 hP a). Das Gas hat vor dem Verschieben des
Kolbens eine Temperatur von T1 = 280 K. Nach dem schnellen (adiabatischen) Komprimieren auf ein kleineres
Volumen hat das Gas im Kolben die Temperatur 300 K. Was ist die verrichtete Arbeit?
Zuerst würde man meinen, dass man hier mühsam das neue Volumen und den neuen Druck bestimmen muss.
Dem ist nicht so. Mit p1 und V1 kann man die anfängliche innere Energie dieses einatomigen Gases bestimmen:
3 3
U1 = · p1 · V1 = · 100000 P a · 0,001 m3 = 150 J
2 2
Den Term n · R kann man folgendermaßen bestimmen:
p1 · V 1 100000 P a · 0,001 m3 J
p1 · V 1 = n · R · T 1 ⇒ n·R= = = 0,3571
T1 280 K K
Damit kann man dann die innere Energie nach der Komprimierung bestimmen:
3 3 J
U2 = · n · R · T2 = · 0,357 · 300 K = 160,7 J
2 2 K
Die verrichtete Arbeit ist dann:

W = ΔU = U2 − U1 = 161 J − 150 J = 10,7 J

Beim Verschieben des Kolbens wird also 11 J verrichtet und die innere Energie genau um diesen Wert erhöht.

Aufgabe:

Handelt es sich bei folgender Abbildung um ei-


ne adiabatische Zustandsänderung? Bedenke:
das Gas verrichtet keine Arbeit zum Verschie-
ben der Trennwand. Ändert sich die Tempe- =⇒
ratur, die Teilchengeschwindigkeit, die innere
Energie?

Numerik: adiabatische Zustandsänderung


Für den Verlauf einer Adiabate kann man nicht ohne weiteres eine einfache Funktion angeben (Druck und
Temperatur ändern sich bei Volumensänderung). Man kann einen solchen Verlauf aber schrittweise bestimmen.
Dazu nimmt man so kleine Volumensschritte, dass sich dafür der Druck kaum, also vernachlässigbar, ändert.
Kompression um ein kleines Volumen:
Vi+1 = Vi + ΔV
, innere Energie eines idealen einatomigen Gases:
3 3
Ui = Ekin,ges,i = · n · R · Ti = · pi · Vi
2 2
Nach einer kleinen Kompression (so klein, dass wir pi ≈ pi+1 = konstant annehmen) kann man die neue innere
Energie Ui+1 bestimmen:
=0,adiabatisch
z}|{ 3
Ui+1 = Ui + W + Q = · pi · Vi − pi · ΔV
2

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 323


, und die neue Temperatur:
2 2
3 3 · Ui+1 3 · ( 23 · pi · Vi − pi · ΔV ) pi · Vi − 32 · pi · ΔV
Ui+1 = · n · R · Ti+1 ⇒ Ti+1 = = =
2 n·R n·R n·R
, den neuen Druck pi+1 :

✘ ✘
n ·✘
p ·V − 32 ·pi ·ΔV
R · i i n·R pi · Vi − 32 · pi · ΔV
pi+1 · Vi+1 = n · R · Ti+1 ⇒ pi+1 =
n · R · Ti+1
= ✟✟ =
Vi+1 Vi + ΔV Vi + ΔV
Adiabatische Zustandsänderung: Isotherme Zustandsänderung:

pi · Vi − 32 · pi · ΔV pi · Vi − 0
pi+1 = pi+1 =
Vi + ΔV Vi + ΔV
Die folgenden Diagramme wurden mit Excel berechnet (700 Schritte). Wir vergleichen den Fall einer adia-
batischen und einer isothermen Zustandsänderung. Auf den systematischen Fehler, der mit dieser Näherung
verbunden ist, gehen wir hier nicht ein. Die Startwerte:
Kompression: p1 = 1000 hP a, V1 = 1 m3 , ΔV = −0,01 m3 Expansion: p1 = 1000 hP a, V1 = 0,3 m3 , ΔV = +0,01 m3
800000 100000
Isotherme Isotherme
Druck in P a

Druck in P a
700000 Adiabate Adiabate
80000
600000
500000 60000
400000
300000 40000
200000
20000
100000
0 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
Volumen in m3 Volumen in m3

Bei der Kompression (im ersten Diagramm von rechts nach links) steigt der Druck bei einer adiabatischen Zu-
standsänderung stärker als bei einer isothermen. Das ist auch naheliegend, da bei der isothermen Zustandsände-
rung die Komprimierung zwar die Teilchen beschleunigt, sie diese Geschwindigkeitszunahme aber wieder an den
kühlen Gefäßwänden verlieren.
Bei Expansion (im zweiten Diagramm von links nach rechts) sinkt der Druck bei der adiabatischen Zustandsände-
rung schneller als bei der isothermen Zustandsänderung. Dies ist ebenfalls naheliegend, da die bei der adiabati-
schen Expansion auftretende Abkühlung bei der isothermen Expansion durch Wärmezufuhr aus der Umgebung
ausgeglichen wird.
Aufgabe: Erstelle obige Abbildung selbst!

Exakte Volumensänderungsarbeit bei der adiabatische Zustandsänderung


Im Abschnitt 15.4.4 wurde ein Weg gezeigt wie man den Verlauf einer adiabatischen Zustandsänderung nu-
merisch bestimmen kann. Die Herleitung einer exakten Formel erfordert Mathematik-Kenntnisse der 5. Klasse.
Deshalb geben wir hier nur das Resultat an:
z R R
cp · M +M z+2
p2 · V2κ = p1 · V1κ wobei κ= = 2
z R
= (κ... Adiabatenkoeffizient).
cV 2 · M
z

Für die Temperatur folgt aus der Zustandsgleichung für ideale Gase:

p1 · V 1 p2 · V 2 T2 p2 · V2 V1κ V2 T2 V κ−1
= ⇒ = p✚
=✚1· · ⇒ = 1κ−1
T1 T2 T1 V1 · p1 V2κ V1 · ✚
p✚
1 T1 V2

Eine weitere Umformung führt zur Volumensarbeit bei der adiabatischen Zustandsänderung:
z+2 z 1 z p2 · V 2 − p 1 · V1
κ= ⇒ = und ΔU = · n · R · (T2 − T1 ) =
z 2 κ−1 2 κ−1
 
p1 · V1κ V11−κ V 1−κ
Einsetzen von p2 = und umformen ergibt ΔU = W = −p1 · V1κ · − 2
V2κ κ−1 κ−1

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 324


Bsp.: Ein ideales einatomiges Gas z = 3 welches sich im Volumen V1 = 1 m3 befindet und einen Druck von
p1 = 1000 hP a hat wird auf V2 = 0,3 m3 adiabatisch komprimiert (T1 = 300 K). Berechne p2 ! Zuerst müssen
κ bestimmen:
cp z+2 5
κ= = = ≈ 1,66
cV z 3
Damit können wir den neuen Druck berechnen:
V1κ 11,66
p2 = p 1 · = 1000 hP a · = 7400 hP a
V2κ 0,31,66

Dies stimmt mit dem Resultat der numerischen Rechnung überein. Die Änderung der inneren Energie kann man
dann folgendermaßen berechnen:
z z 3
U2 − U1 = · p2 · V2 − · p1 · V1 = · (740000 P a · 0,3 m3 − 100000 P a · 1 m3 ) = 183000 J
2 2 2
Das entspricht auch der verrichteten mechanischen Arbeit: ΔW = ΔU = 183000 J. Die verrichtete Arbeit kann
man aber auch direkt über die Formel für die Volumensänderungsarbeit berechnen
 1−κ   
V1 V 1−κ (1 m3 )1−1,66 (0,3 m3 )1−1,66
W = −p1 · V1κ − 2 = −100000 P a · 1 m3 · − = −183800 J
κ−1 κ−1 1,66 − 1 1,66 − 1

Für die neue Temperatur erhält man


!0,66
V κ−1 1✚m✚3
T2 = 1κ−1 · T1 = · 300 K = 664 K
V2 m✚
0,3 ✚ 3

Bsp. und Versuch: Ein sogenanntes pneumatisches Feuerzug ist ein einseitig ab-
geschlossenes Glasrohr mit relativ kleinem Durchmesser und einem dazugehörigen
Kolben mit Dichtungsring. Gibt man einen leicht enzündlichen Stoff (z.B. mit ei-
ner Zündtemperatur von 500◦ C) in den Kolben und komprimiert man schlagartig
das Volumen des Stoff-Luft-Gemisches, so erwärmt sich dieses adiabatisch und es
kommt zu einer Enzündung des Gemisches. Um bei normaler Luft (20◦ C) von von
Raumtemperatur auf die Zündtemperatur zu kommen (κ ≈ 1,4), benötigt man
mindestens eine Volumensänderung von:
  κ−1
1   1,4−1
1
T2 V κ−1 V2 T1 293,16 K
= 1κ−1 ⇒ = = = 0,083 expvorl.physik.uni-muenchen.de/
T1 V2 V1 T2 793,16 K
Wird zu langsam komprimiert, dann thermalisiert das Gemisch kontinuierlich mit den Wänden und das Gas
bleibt zu kalt.

15.4.5 Übungen zu den Fundamentalprozessen


1. Berechne die Arbeit die nötig ist, um 0,2 m3 eines Gases auf 2 dm3 isotherm zu komprimieren. Der ur-
sprüngliche Druck betrug 1 bar und T = 300 K. Lsg.: [ 92103 J ]

2. Eine 40 l-Sauerstoffflasche wird bei 10◦ C zu einem Druck von 15 M P a gefüllt. Wieviel Liter Gas können
unter einem Druck von 0,15 M P a bei 20◦ C entnommen werden? Lsg.: V2 = [ 4140 l ]

3. Ein Luftballon von 1 m3 hat die Temperatur von 18◦ C und den Druck von 101,3 kP a. Welche Arbeit wird
abgegeben, wenn die Temperatur bei konstantem Druck auf 20◦ C erhöht wird? Skizzieren sie den Vorgang
in einem p-V -Diagramm! Lsg.: [ 709,1 J ]

4. Es ist die Arbeit zu berechnen, wenn sich 40 l Sauerstoff, die unter einem Druck von 14 M P a stehen,
isotherm auf einen Druck von etwa 100 kP a entspannen. Lsg.: [ 2,8 M J ]

5. 5 m3 Luft unter einem Druck von 101,3 kP a und 20◦ C sollen isotherm auf 500 kP a komprimiert wer-
den. Berechnen Sie das Volumen nach der Verdichtung, die erforderliche Kompressionsarbeit und die
abzuführende Wärme. Lsg.: [ 1,013 m3 , 808,64 kJ, 808,64 kJ ]

6. In einem Wasserfall fällt das Wasser aus einer Höhe von 20 m. Welche Temperaturerhöhung bekommt das
Wasser, wenn seine gesamte Bewegungsenergie beim Aufprall in Wärmeenergie umgewandelt wird.
Lsg.: [ ΔT = 0,05 K ]

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 325


15.5 Bestimmung des Adiabatenkoeffizienten/Gasoszillator
15.5.1 Anmerkungen zur Messung
Eine elegante Methode zur Bestimmung des Adiabatenkoeffizienten einer Gassorte ist jene mit Hilfe des Gasos-
zillators. Dabei sperrt eine bewegliche Masse (Schwinger) ein Gasvolumen ein. Wird die Position der Masse kurz
verkleinert (Anregung), dann ist der Druck pi auf der Volumenseite größer als auf der gegenüberliegenden Seite
(pa ... konstanter Außendruck). Es kommt zu einer, der Auslenkung entgegenwirkendenden rücktreibenden Kraft
vergleichbar mit der Federkraft bei einem Federpendel. Die Folge ist eine Schwingung. Diese rücktreibende
Kraft hängt unter anderem vom Adiabatenkoeffizienten ab. Für kleine Volumensänderungen ist die rücktrei-
bende Kraft näherungsweise proportional zur Auslenkung. Die folgende Umformung und die Verwendung der
Erkenntnisse zum Federpendel (Abschnitt 10.3.3) führt zu einer Formel, die die Bestimmung des Adiabatenko-
effizienten mit Hilfe der Oszillationfrequenz ermöglicht.

15.5.2 Theoretische Überlegungen/Herleitung


Ausgangspunkt ist der Druck der adiabatischen Kompression:
 κ  κ  κ
Va Va Va
pi (x) = pa · = pa · = pa ·
Vi Va + ΔV Va + x · A

Dabei ist pa der konstante Außendruck und Va das dabei einge-


sperrte Gleichgewichtsvolumen. Für kleine Volumenänderungen
kann man diesen Ausdruck linearisieren. Dazu wird der Ausdruck
nach x abgeleitet:
 κ−1
d pi (x) Va Va · A
= pa · κ ·
dx Va + x · A (Va + x · A)2

Als an der Stelle x0 = 0 linearisierten Ausdruck erhalten wir:3


A
pi (x) = pa · κ · · x + pa
Va
Dies wird in die Bewegungsgleichung F = m · a eingesetzt: Erklärungsskizze

A · (pa − pi ) = m·a
A2 · pa · κ x
− ·x = m·a
Va
Vi d pi F pa
Vergleicht man dies mit der Schwingung bei einem Federpendel
(nebenstehend) so erhält man aus Analogieüberlegungen:

A2 · pa · κ
−k · x = m · a → − ·x=m·a
Va
r s
k A2 · pa · κ
ωFederpendel = → ωGasoszi. = x
m Va · m

Dies auf κ umgestellt und mit den Er-


2 64 · Va · m
setzungen A = d 4·π und ω = 2π·n = 2π κ=
T T 2 · d4 · pa F
ergibt die handliche Formel:

15.5.3 Messung, Durchführung und Auswertung


Bei der Justierung der Anordnung ist darauf zu achten, dass das Schwinguungsrohr
möglichst senkrecht ist. Eine kontinuierliche Gaszufuhr kompensiert Reibungsverluste. d
Dem Volumen wird im Verlauf der Schwingun Gas so lange zugeführt, bis die seitliche m
Öffnung freigegeben wird. Anschließend entweicht die entsprechende Gasmenge seitlich Va
bis die Öffnung vom Schwinger wieder verschlossen wird. Die Anordnung entspricht einer pLuf t
angeregten Schwingung. Die Gaszufuhr muss so eingestellt werden, dass der Schwinger Gas
zwischen den Markierungen am Rohr auf und nieder oszilliert. Nach der Messung erfolgt T = Nt
die Auswertung entsprechend der hergeleiteten Formel für κ.
3 Dies stellt eine schöne Anwendung der Punkt-Steigungsform dar: ft (x) = f ′ (x0 ) · (x − x0 ) + f (x0 )

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15.6 Zusammenfassung zu Fundamentalprozessen

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15.7 Kreisprozesse
In Abschnitt 15 haben wir bisher vorwiegend Prozesse kennengelernt, bei denen ein
Anfangszustand in einen Endzustand übergeht. Im Alltag und im technischen Bereich
gibt es aber viele Situationen, bei denen mehrere Prozesse hintereinander stattfin-
den, und Ausgangs-Druck/Volumen gleich dem End-Druck/Volumen sind. Beispiele
sind Benzin-, Dieselmotor, Luftpumpen usw.. Zur Beschreibung von solchen Prozes-
sen verwendet man wiederum pV -Diagramme (Es würden sich aber auch Entropie-
Temperatur-Diagramme eignen). Von besonderem Interesse ist dabei die verrichte-
te Arbeit und die zugeführte Wärmeenergie (oder durch Verbrennung freigewordene
Wärmeenergie). Es handelt sich aber nicht mehr um Situationen, bei denen die Teil-
chenzahl erhalten ist. Bei Verbrennungsmotoren gibt es zum Beispiel Einlaß- und
Auslaß-Ventile für frische Verbrennungsgase und Abgase. Viele dieser Kreisprozesse
Nicolaus August Otto
kann man mit Fundamentalprozessen beschreiben.
(1832-1891)

Ein Kreisprozess wird im pV -Diagramm durch einen p p


geschlossenen, zusammenhängenden Streckenzug dar-
gestellt. Die eingeschlossene Fläche entspricht dabei
der verrichteten Arbeit. Je nach Durchlaufrichtung des
Kreisprozesses verrichtet die Maschine Arbeit (W ist
dann negativ, z.B. Benzinmotor) oder es wird an der
Maschine Arbeit verrichtet (W ist dann positiv, z.B.
Wärmepumpe). In Diagrammen muss deshalb die Pro-
V V
zessrichtung erkennbar sein.

15.7.1 Der Ottomotor


ist allgemein als Benzinmotor bekannt. Die genaue Funktionsweise ist an dieser Stellen nicht wichtig (siehe
Abschnitt ??). Der Verdichtungs- und Arbeitstakt kurz zusammengefaßt (eine 1. Umdrehung):
1. Ein brennbares Gasgemisch wird schnell (somit adibatisch) komprimiert.

2. Das Gemisch wird beim Erreichen des kleinsten Volumens enzündet. Die Ver-
brennungswärme wird dem Gasgemisch sehr schnell zugeführt (isochore Zu-
standsänderung).

3. Der Kolben wird vom hohen Druck schnell verschoben (adiabatische Expansion).

4. Die Ventile öffnen und die Verbrennungs-Gase entweichen (Druck sinkt auf ur-
sprünglichen Wert). Die Teilchenanzahl ist nicht erhalten, deshalb gibt es zur
Beschreibung keinen Fundamentalprozess.

2. Umdrehung: Der Kolben bläst die Verbrennungsgase aus dem Brennraum und
saugt das neue brennbare Gasgemisch in den Brennraum. Dieser Zyklus muss http://www.leifiphysik.de/

nicht berücksichtigt werden, da die verrichteten Arbeiten gering sind (bei geöff-
neten Ventilen ist dies auch einleuchtend).

Nun konkrete Zahlen: Ein Kolben komprimiert ein Luft-Brennstoffgemisch von V1 = 450 cm3 auf V2 =
75 cm3 . Der Druck vor der Komprimierung beträgt p1 = 100 kP a und die Temperatur T1 = 300 K. Im
Gasgemisch befinden sich 0,1 g Brennstoff mit dem Brennwert H = 30 kJ g .
kJ kJ
Das Gas hat die spezifische Wärmekapazitäten cp = 3,22 kg·K und cV = 2,29 kg·K . Die Dichte der Luft beträgt
kg
ρ = 1,3 m 3 beim Anfangsdruck p1 = 100 kP a (Luft).

1.) Zuerst berechnen wir den Druck p2 und die Tem- p in [kP a]
peratur T2 bevor das Gasgemisch entzündet wird. Der 6000
Vorgang geht so schnell, dass er als adiabtischer Pro-
c
zess berechnet werden kann (κ = cVp = 1,4): 5000

4000
p1 · V1κ (45 · 10−6 m3 )1,4
p2 = κ = 100 kP a· = 1230 kP a
V2 (7,5 · 10−6 m3 )1,4 3000

p 2 · V 2 · T1 2000
T2 = = 614 K V2 ,p2 ,T2
p1 · V 1 1000
Die aufzuwendende Volumensänderungsarbeit W1 wird V1 ,p1 ,T1
0
später berechnet. Sie entspricht der Fläche unter der 0 100 200 300 400 V in [cm3 ]
Kurve von (V1 | p1 ) bis (V2 | p2 ).

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2.) Beim Enzünden des Brennstoffes wird Wärme frei und
kJ
dem Gasgemisch zugeführt. Mit Hilfe des Brennwertes H Q1 = m · H = 0,1 g✁ · 30 = 3 kJ
kann die Wärme die dem Gasgemisch zugeführt berechnet g✁
werden (siehe Abschnitt 16).
Um die Temperaturerhöhung zu bestimmen, kg
mGas = ρ · V1 = 1,3 · 45 · 10−6 m3 = 0,000585 kg
muss man die Masse des Gases kennen: m3

Das Gas hat nach dem Enzünden die Temperatur: p in [kP a]


Q 6000
T3 = T2 + ΔT = T2 + = V3 ,p3 ,T3
mGas · cV 5000
3 kJ 4000
614 K + kJ
= 2853 K
0,000585 kg · 2,29 kg·K
3000
Die Zeitspanne ist im Vegleich zur Kolbenbewegung
klein, sodass der Prozess als isochor betrachtet werden 2000
V2 ,p2 ,T2
kann (V3 = V2 ). Dadurch steigt der Druck auf: 1000

p2 · T 3 ✚
1230 kP a · 2860 ✚
K 0
p3 = = = 5707 kP a 400 V in [cm3 ]
T2 ✚
621 ✚
K 0 100 200 300
3.) Der Prozess der schlussendlich die Arbeit W2 ver- p in [kP a]
richtet ist eine adiabatische Expansion von V3 = V2 auf 6000
V3 ,p3 ,T3
das ursprüngliche Volumen. Der Druck und die Tem-
peratur nach der Expansion betragen: 5000

4000
p3 · V3κ (7,5 · 10−6 m3 )1,4
p4 = κ = 5707 kP a· = 465 kP a
V4 (45 · 10−6 m3 )1,4 3000

p 4 · V 4 · T3 2000
T4 = = 1390 K
p3 · V 3 1000
V4 ,p4 ,T4
Die Fläche unter der Kurve von (V3 | p3 ) bis (V4 | p4 ) 0
entspricht der vom Gas verrichteten Arbeit W2 . 0 100 200 300 400 V in [cm3 ]
4.) Nun öffnen die Ventile und das Gas kann entweichen (und dabei abkühlen). Der Druck sinkt fast auf
Aussendruck. Beim Viertaktmotor gibt es noch eine komplette Umdrehung zum Auspuffen und Ansaugen, dann
beginnt das ganze von vorne. Die Ausgangssituation stellt sich wieder ein.
Arbeit/Wirkungsgrad: Nun berechnen wir die verschiedenen Arbeiten. Bei der Kompression wird von Aussen
folgende mechanische Arbeit verrichtet (wegen adiabatischem Prozess ist Q = 0):
   
V11−κ V 1−κ (45 · 10−6 m3 )−0,4 (7,5 · 10−6 m3 )−0,4
W1 = −p1 ·V1κ − 2 = −100 kP a·(45·10−6 m3 )1,4 · − = 0,118 kJ
κ−1 κ−1 0,4 0,4

Die Wärme die durch die Verbrennung zugeführt wird haben wir weiter oben berechnet und beträgt Q1 = 3 kJ.
Nun berechnen wir die Arbeit die das Gas bei der Expansion verrichtet:
   
V31−κ V 1−κ (7,5 · 10−6 m3 )−0,4 (45 · 10−6 m3 )−0,4
W2 = −p3 ·V3κ − 4 = −5,7 M P a·(7,5·10−6 m3 )1,4 · − = −0,581 kJ
κ−1 κ−1 0,4 0,4

Während voher das Gasgemisch komprimiert werden muss (Arbeit war positiv), verrichtet nun das aufgeheizte
Gasgemisch Arbeit (ihr Wert ist somit negativ).
p in [kP a]
Die Summe der beiden Arbeiten entspricht somit der 6000 V3 ,p3 ,T3
Arbeit, die diese Maschine bei einer vollen Kolbenbe-
5000
wegung durchführt:
4000
W = W2 + W1 = −0,581 kJ + 0,118 kJ = −0,463 kJ
3000
Dies ist auch die eingeschlossene Fläche. Der thermi-
2000
sche Wirkungsgrad dieser Maschine ist somit:
1000 V2 ,p2 ,T2
W 0,463 kJ V4 ,p4 ,T4
η= = = 0,14 = 0,14 % V1 ,p1 ,T1
Q 3 kJ 0
0 100 200 300 400 V in [cm3 ]

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15.7.2 Der Carnotsche Kreisprozess
Wie man bereits vermuten kann, ist es nicht möglich (auch nicht theoretisch) Maschinen zu bauen die einen
Wirkungsgrad von 100% haben. Eine besondere Stellung nimmt hier der Carnotsche Kreisprozess
ein. Man kann zeigen, dass dieser Kreisprozess den maximal erreichbaren Wirkungsgrad besitzt.

Er besitzt 2 isotherme und 2 adiabatische Prozesse in abwechseln-


der Reihenfolge4 .
V1 ,p1 ,T1
1. isotherm: P1 → P2 , Wärmeenergie Q1 wird aufgenommen.
Q1
2. adiabatisch: P2 → P3 , und Q = 0.
V2 ,p2 ,T2
3. isotherm: P3 → P4 , Wärmeenergie Q1 wird abgegeben.
V4 ,p4 ,T4 V3 ,p3 ,T3
4. adiabatisch: P4 → P1 , und Q = 0.
Q2
Die zugeführte Wärmeenergie ist: Q = Q1 + Q2 (Q2 ist neg.).

Im technischen Bereich ist es nicht möglich, Maschinen die nach dem Prinzip des carnotschen Kreisprozesses
arbeiten zu bauen. Die meisten Maschinen habe rotierende Teile und so kann man nicht einen langsamen
isothermen Prozess direkt mit einem schnellen adiabatischen Prozess kombinieren.
Ein konkretes Beispiel: Die obere Isotherme T1 = 500 K des Carnot-Prozesses eines idealen Gases (κ = 1,4)
verläuft von (V1 = 2 m3 ; p1 = 800 kP a; T1 = 500 K) −→ (V2 = 4 m3 ; p2 = 400 kP a; T2 = 500 K) dann
adiabatisch bis zu T3 = 350 K. Nun wird der vollständige Kreisprozess berechnet (Vorsicht: die Numerierung
hat sich im Vergleich zur Theorie verändert). Es wird mit der Berechnung von V3 begonnen:
=p3
z }| {   κ−1
1   κ−1
1
p2 · V 2 · T 3 κ V2κ−1 T3 T2 κ−1 T2
p2 · V2κ = p3 · V3κ ⇒ p2 · V2κ = ·V3 ⇒ = ⇒ V3 = ·V = · V2
T 2 · V3 V3κ−1 T2 T3 2 T3
  1,4−1
1  2.5
500 K 3 500 K
V3 = ·4m = · 4 m3 = 9,76 m3
350 K 350 K
p 2 · V 2 · T3 400 kP a · 4 m3 · 350 K
Als nächstes wird der neue Druck berechnet: = p3 = = 115 kP a
T2 · V 3 500 K · 9,76 m3
Den vierten Punkt kann man von Punkt drei aus nicht in einem Schritt ausrechnen, da man weder p4 noch V4
sondern nur T4 = 350 K kennt. Man kennt aber folgende Beziehung.

p4 · V4 = p3 · V3 = 115 kP a · 9,76 m3 = 1120 kJ


Man kann nun die Temperatur des Gases nach dem letzten adia- V1 ,p1 ,T1
batischen Zyklus berechnen (sollte T1 sein):

T4 350 K
T1,neu = · p1 · V1 = · 800 kP a · 2 m3 = 500 K
p 4 · V4 1120 kJ
Nun kann man auch p4 und V4 berechnen:
  κ−1
1   κ−1
1
T1,neu 500 V2 ,p2 ,T2
V4 = · V1 = · 2 m3 = 4,86 m3
T4 350

Nun wird der Wirkungsgrad berechnet. Die beiden adiabatischen V4 ,p4 ,T4
Prozesse heben sich auf (k. . . Konstante):
−(T3 −T2 )
z }| { V3 ,p3 ,T3
Wadiabatisch = ΔU2→3 + ΔU4→1 = k · (T3 − T2 ) + k · ( T1 − T4 ) = 0

Arbeit die von 1 nach 2 und von 3 nach 4 verrichtet wird (isotherme Prozesse):
   
V2 V4
W1→2 = −p1 · V1 · ln = −1,11 M J W3→4 = −p3 · V3 · ln = 0,78 M J
V1 V3
Das ergibt für die verrichtete Arbeit:
Wadiabatisch =0
z }| {
Wgesamt = W1→2 + W3→4 + W2→3 + W4→1 = −1,11 M J + 0,78 M J = −0,33 M J
4 es gibt natürlich auch Kreisprozesse mit mehr oder weniger als 4 Teilprozessen.

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Während im Prozess 1 → 2 dem Gas Wärme aus einem Wärme-Reservoir zugeführt wird, wird im Prozess 3 → 4
Wärme an die Umgebung (zum Beispiel durch Kühlung) abgegeben. Dem Wärme-Reservoir kann sie natürlich
nicht zurückgeführt werden, da dieses eine höhere Temperatur hat und Wärmeenergie immer von einem Ort
höherer Temperatur zu einem Ort niedrigerer Temperatur strömt.
Wärmeenergie die bei jedem Zyklus dem Wärmereservoir entnommen wird: Q1→2 = −W1→2 = 1,11 M J
Wärmeenergie die bei jedem Zyklus an die Umgebung abgegeben wird: Q1→2 = −W1→2 = 0,78 M J
W 0,33 M J
Damit erhält man für den Wirkungsgrad: η= = = 30%
Q1→2 1,11 M J

Wirkungsgrad des Carnotschen Kreisprozess


Für den Carnotschen Kreisprozess kann man für den Wirkungsgrad auch eine einfache Formel herleiten. Dazu
kombiniert und vereinfacht man die vorhergehenden Formel für die Wärmeenergie und mechanische Arbeit:
V✟ V✟ ✘ ✘
W −p3 · V3 · ln(✟

4
ln(✟
V 3 ) − · − p1 · V 1 · ✟ V1 )
2
n ·✘
✘ R · T1 − ✘n ·✘ R · T3 T1 − T3 T3
η= = V2✟
= ✘ ✘ = =1−
Q1→2 p1 · V1 · ln(✟ ) ✘n · R · T 1 T 1 T1
✟ V1
Allgemein:

Tnieder
η =1−
Thoeher

Bei allen nicht-carnotschen Kreisprozessen mit gleichen Temperaturen Tnieder ,Thoeher ist der Wirkungsgrad
kleiner.

Berechnung mittels octave

p_1 = 800000; % Isotherme p_4_mal_V_4 = p_3 * V_3


V_1 = 2;
V_2 = 4; p_4_mal_V_4 = p_3 * V_3 ;
kappa = 1.4; T_4 = T_3 ;
T_1 = 500 ;
T_3 = 350 ; % Adiabate mit thermischer Zustandsgleichung

% Isotherme T_1_neu = T_4 / p_4_mal_V_4 * p_1 * V_1


T_2 = T_1 ; V_4 = (T_1_neu/T_4)^(1/(kappa -1)) * V_1 ;
p_2 = p_1 * V_1 / V_2 ; p_4 = p_1 * V_1^kappa / V_4^kappa ;

% Adiabate % Arbeit

V_3 = (T_2/T_3)^(1/(kappa -1)) * V_2 ; W_1_2 = - p_1 * V_1 * log(V_2/V_1)


p_3 = (p_2 * V_2 * T_3)/(T_2 * V_3) ; W_3_4 = - p_3 * V_3 * log(V_4/V_3)
p_3 = (p_2 * V_2 * T_3)/(T_2 * V_3) ;

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15.8 Weitere Übungen zu den Kreisprozessen
1. Da im Abschnitt 15.7.1 ein sehr schlechter Wirkungsgrad herauskommt, versuchen wir es nochmal mit
anderen Werten. Das Anfangsvolumen soll immer noch V1 = 450 cm3 sein, das komprimerte Volumen aber
nurmehr V2 = 45 cm3 . Die Masse des Brennstoffes m = 0,5 g. Berechne den Wirkungsgrad. Lsg.: [17%]
2. Bei einem Dieselmotor wird das Gemisch noch stärker verdichtet. Wie gross ist der Wirkungsgrad, wenn
auf V2 = 0,00003 verdichtet wird? Lsg.: [19%]
3. Carnot: Ein Gas mit der ursprünglichen Temperatur T1 = 300 K einem Volumen von V1 = 1 dm3 und
einem Druck von 100 kP a wird zuerst isotherm auf V2 = 0,5 dm3 komprimiert. Dann adiabatisch auf
0,25 dm3 . Bestimme T2 , p2 , V3 , T4 , p4 , V4 (κ = 1,4).
4. Carnot: Die obere Isotherme T1 = 500 K des Carnot-Prozesses eines idealen Gases verläuft von (V1 =
2 m3 ; p1 = 800 kP a; T1 = 500 K) −→ (V2 = 4 m3 ; p2 = 400 kP a; T2 = 500 K) dann adiabatisch bis zu
T3 = 350 K. Berechne den vollständigen Kreisprozess.
5. Überlege dir welche Bedeutung der Carnotsche Kreisprozesse für die Entwicklung von Wärmekraftmaschi-
nen hat, bzw. was die limitierenden Faktoren sind.

15.8.1 Übungen von physikaufgaben.de [14]


Einige vorgerechnete Lösungswege findet ihr auf physikaufgaben.de

p
1. pV −→ V T -Diagramm 3 4
Der im pV -Diagramm angegebene Kreisprozeß eines
idealen Gases soll qualitativ in das entsprechende
V T -Diagramm umgezeichnet werden. 2 1
V
V
2. V T −→ pV -Diagramm 3 4
Der im V T -Diagramm angegebene Kreisprozeß ei-
nes idealen Gases soll qualitativ in das entsprechende
pV -Diagramm umgezeichnet werden. 2 1
T
3. Die obere Isotherme mit T1 = 500 K des Carnot-Prozesses eines idealen Gases (k = 1,4) verläuft zwischen
den Zuständen p1 = 8 bar, V1 = 2 m3 und p2 = 4 bar, V 2 = 4 m3 . Zu berechnen sind die Größen p3 , V3 ,
p4 , V4 , wenn die untere Temperatur T3 = 350 K beträgt, sowie die ausgetauschten Wärmemengen Q1 und
Q2 und der thermische Wirkungsgrad. Lsg.: [1,1 M J, 0,78 M J, 0,3]
4. Auf welchen Betrag ist die obere Arbeitstemperatur eines zwischen 40◦ C und 120◦ C arbeitenden Carnot-
prozesses zu erhöhen, damit sich der Wirkungsgrad verdoppelt? Lsg.: [254,9◦ C]
p 2
isotherm: T = 1200 K Berechne den gesamten Kreisprozess für ein Gas mit n = 0,1 mol, die
5. 1 3 Arbeit ΔW und den Wirkungsgrad η (p1 = 200 kP a). Zeichne außerdem
das V T - und pT -Diagramm. [Lsg.: 930 J]
V1 V3 = V1 · 3

6. Stirlingmotor (isotherme Komp.→isochore Komp.→isotherme Exp.→isochore Exp.):


g
Ein Stirling-Motor arbeitet mit 50 g Luft (30 mol ) zwischen den Temperaturen T1 = 350 ◦ C und T3 = 50◦ C
sowie den Volumina V1 = 2000 cm3 und 5000 cm3 .
(a) Skizzieren Sie das pV -Diagramm des
Stirling-Motors. Erklären Sie seine Ar-
beitsweise anhand der Skizze und des
Arbeitsdiagramms unter Nutzung des 1.
Hauptsatzes der Thermodynamik.

(b) Berechnen Sie für die vier Zustände die


Drücke und stellen Sie den Kreisprozess
qualitativ in einem V T - sowie einem pT -
Diagramm grafisch dar.

(a) Berechnen Sie für einen Durchlauf die Änderung der inneren Energie, die mechanische Arbeit und
die Wärme.
(b) Zeigen Sie, dass sich für diesen Kreisprozess der thermodynamische Wirkungsgrad nach der Beziehung
η = 1 − TT13 ergibt und bestimmen Sie ihn.

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Kapitel 16

Kalorimetrie

Die Kalorimetrie hat in erster Linie technische Bedeutung. Ausgehend von der Überlegung, dass in einem
abgeschlossenem System die Energie erhalten bleibt, kann man viele thermische Prozesse (vor allem flüssiger und
fester Stoffe) beschreiben. Die Summe der abgegegen und aufgenommenen Energien in einem abgeschlossenen
isolierten System müssen Null ergeben:
X
Qg = Qi = 0 wobei Qi 6= 0 . . . Energie die in Form von ”Wärme” aufgenommen oder abgegeben wird

Diese Fälle sind einfach zu berechnen aber im Alltag und in technischen Bereichen auch bedeutungsvoll. Die
gesamte Wärmenergie die in einem Körper steckt nennen wir innere Energie U .

16.1 Spezifische Wärmekapazität von festen/flüssigen Stoffen


Unter der spezifischen Wärmekapazität fester/flüssiger Stoffe vesteht man jene Wärme die notwendig ist, um
einen Kilogramm dieses Stoffes um einen Kelvin zu erwärmen.
c . . . spezifische Wärmekapazität dieses Stoffes
m . . . Masse des erwärmten Stoffes
Q = m · c · ΔT
ΔT = Tneu − Talt . . . Temperaturänderung des Stoffes
Q . . . Wärmeenergie die zur Erwärmung nötig ist
   
J J
Einheit [J] = [kg] · · [K] ⇒ [c] =
kg · K kg · K
Der Ausdruck ΔT = Tneu − Talt kann positiv oder negativ sein. Dadurch kann auch die Wärmemenge Q positiv
oder negativ sein. Ist der Wert positiv, dann entspricht dies einer Erwärmung (Aufnahme von Wärmeenergie).
Ist der Wert negativ, dann entspricht dies einer Abkühlung (Abgabe von Wärmeenergie).
Bsp.: Der Kessel einer Heißwasseranlage enthält 100 l Wasser. Berechnen Sie die Wärme, die erforderlich ist,
um diese Wassermenge von 20◦ C auf 82◦ C zu erwärmen!
kJ
Q = m · c · ΔT = 100 kg · 4,19 ✚ = 26 M J
· 62 ✚
K

kg · ✚
K

Bsp.: In einem Gefäß befinden sich 0,5 kg Wasser der Temperatur 90◦ C. Es wird eine doppelt so große Wasser-
menge der Temperatur 10◦ C nachgefüllt. Bestimmen Sie die Mischungstemperatur. Die vom Gefäß aufgenom-
mene Wärme wird vernachlässigt.
Vor dem Mischen besitzen beide Flüssigkeiten ihrer Temperatur entsprechend die Energien:

U 1 = m1 · c H 2 0 · T 1 U 2 = m 2 · c H 2 0 · T2

Sobald gemischt wird, erhält man eine Flüssigkeit mit einer Temperatur zwischen den beiden ursprünglichen
Temperaturen. Die gesamte Flüssigkeit hat die Wärmeenergie:

Ug = cH2 O · mg · Tg = cH2 O · (m1 + m2 ) · Tg

Da das ganze Experiment im Kalorimeter stattfindet, kann man davon ausgehen, dass die Summe der Wärme-
energien der Wärmeenergie der gesamten Flüssigkeit nach dem Mischen entspricht:

Ug = U1 + U2

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Wenn wir das nun folgendermaßen schreiben:
mg
z }| {
cH2 O · (m1 + m2 ) · Tg = cH2 = · m1 · T1 + cH2 O · m2 · T2

kann man auf beiden Seiten das cH2 O kürzen und diese Formel dann auf die gesuchte Temperatur Tg umstellen:

m 1 · T1 + m 2 · T 2 0,5 kg · 363 K + 1 kg · 283 K


Tg = = = 309 K → ϑg = 37◦ C
m1 + m 2 1,5 kg

Bsp.: Zusätzlich zur Einheit Joule für die Wärmeenergie gibt es noch die Einheit kcal (Kilo-Kalorie). Erwärmt
sich ein Liter Wasser bei Zufuhr von Wärme um 1 K, dann wurden ihr 4,2 kJ bzw. 1 kcal zugeführt:

4,2 kJ = 1 kcal

16.2 Spezifische Wärmekapazität von gasförmige Stoffen


Bei gasförmigen Stoffen hängt die spezifische Wärmekapazität davon ab, ob der Druck oder das Volumen
konstant bleibt. Normalerweise braucht es zur Erhöhung der Temperatur bei konstantem Druck mehr Wärme.
Bei konstantem Druck:

Q = m · cp · ΔT cp . . . spezifische Wärmekapazität dieses Stoffes

Bei konstantem Volumen:

Q = m · cV · ΔT cV . . . spezifische Wärmekapazität dieses vStoffes

In Abschnitt 15.4.1 wird gezeigt das die spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen
z R z R R
cV = · und bei konstantem Druck: cp = · +
2 M 2 M M
ist (abgeleitet aus der kinetischen Gastheorie). Der Zusammenhang mit der Anzahl der Freiheitsgraden z ist
einleuchtend wenn man bedenkt, dass zur Erwärmung eines 2-atomigen Gases mehr Wärmeenergie zugeführt
werden muss, da ein Teil davon in die ”Rotationsfreiheitsgrade” gehen und nicht in den ”Druck”-erzeugenden
Impuls. Außerdem ist
R
cp > cv bzw. cp − cv =
M
Dies kann man mit der Verrichtung der sogenannten Volumenänderungsarbeit erklären. Durch die bei kon-
stantem Druck auftretende Ausdehnung (sonst würde ja der Druck im Gas steigen) verrichtet das Gas Arbeit.
Das heißt, dass ein Teil der zugeführten Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt wird und somit nicht zur
Temperaturerhöhung zur Verfügung steht. Dazu später noch mehr.
kJ kJ
Aufgabe: Ein Gas hat die spez. Wärmekapazitäten cp = 3,22 kg·K und cV = 2,290 kg·K . Welche Arbeit leistet
1 kg des Gases bei der Expansion gegen den Luftdruck, wenn es bei konstantem Druck um 1 K erwärmt
wird? Die Ausdehnungsarbeit Wmechanisch ist gerade die Differenz zwischen der zugeführte Wärmeenergie bei
konstantem Druck und zugeführten Wärmeenergie bei konstantem Volumen. Begründe wieso. Lsg.: [930 J]

16.3 Spezifische Verdampfungswärme/Kondensationswärme


Unter der spezifischen Verdampfungswärme eines flüssigen Stoffes vesteht man jene Wärme die notwendig ist,
um einen Kilogramm dieser Flüssigkeit zu verdampfen (nach Erreichen der Siedetemperatur).
r . . . spezifischen Verdampfungswärme dieses Stoffes
Qverdampf en = m · r m . . . Masse des verdampften Stoffes
Qverdampf en . . . Wärmeenergie die zum Verdampfen nötig ist
   
J J
Einheit: [J] = [kg] · ⇒ [r] =
kg kg

Bsp.: Um 2 kg Wasser zu verdampfen braucht es die Energie von 4500 kJ. Wie groß ist die spezifische Ver-
dampfungswärme von Wasser?
Q 4500 kJ kJ
Q=m·r ⇒ r = = = 2250
m 2 kg kg

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Anmerkung: Bei der Kondensation gibt der kondensierende Dampf Wärmeenergie an die Umgebung ab. Die
abgegebene Wärmeneergie muß den gleichen Betrag wie die Verdampfungswärme haben aber negativ sein:

Qverdampf en = −Qkondensieren

m · rverdampf en = −✚
m · rkondensieren
rverdampf en = −rkondensieren

Bei Aufgabenstellung setzt man einfach den negativen Wert der spezifischen Verdampfungswärme ein.
J
Bsp.: In einem Kalorimetergefäß (C = 150 K ) befinden sich m1 = 270 g Wasser von ϑ1 = 12◦ C. Durch Einleiten
von m2 = 5,4 g Wasserdampf von ϑ2 = 100 C steigt die Temperatur auf ϑm = 23◦ C. Wir berechnen daraus die

Verdampfungswärme des Wassers.


Lösung: Zuerst stellen wir eine kalorimetrische Gleichung auf. Die Summe der Energieänderungen ergibt 0:
QW asser . . . Energieänderung des kühlen Wassers
QKondensation . . . Wärme die beim Kondensieren frei wird
QW ass. +QKondsation. +QKondensw. +QKalor. = 0 QKondenswasser . . . Energieänderung des kondensierten Wasser
QKalorimeter . . . Energieänderung des Gefäßes

Daraus folgt :
TM . . . Mischtemperatur
T1 = 273,16 K . . . (0◦ C)
cH2 O ·m2 ·(TM −T2 )+rkondensieren ·m1 +cH2 O ·m1 ·(TM −T1 )+C·(TM −T2 ) = 0
T2 = 303,16 K . . .

cH2 O · m2 · (TM − T2 ) + cH2 O · m1 · (TM − T1 ) + C · (TM − T1 )


Umgestellt auf: rkondensieren =
m1
4,19 J ·5,4 g·(300,17 K−373,17 K)+4,19 J ·270 g·(300,17 K−285,17 K)+150 J ·(300,17 K−285,17 K)
Eingesetzt: rkondensieren = g·K g·K
5,4 g
K

J J
Der erhaltene Wert ist: rkondensieren ≈ −2287 , rverdampf en ≈ 2287
g g

16.4 Spezifische Schmelzwärme


Unter der spezifischen Schmelzwärme eines festen Stoffe vesteht man jene Wärmeenergie die notwendig ist, um
einen Kilogramm dieses Stoffes (nach Erreichen der Schmelztemperatur) zu schmelzen.

q . . . spezifischen Schmelzwärme dieses Stoffes


Qschmelzen = m · q m . . . Masse des schmelzenden Stoffes
Qschmelzen . . . Wärmeenergie die zum Verdampfen nötig ist
   
J J
Einheit: [J] = [kg] · ⇒ [q] =
kg kg

Bsp.: Um 2 kg Eis zu schmelzen braucht es die Energie von 670 kJ. Wie groß ist die spezifische Schmelzwärme
von Wasser?
Q 670 kJ kJ
Q=m·q ⇒ q = = = 335
m 2 kg kg

Anmerkung: Beim Gefrieren gibt das gefrierende Eis Wärmeenergie an die Umgebung ab. Die abgegebene
Wärmeneergie muß den gleichen Betrag wie die Schmelzwärme haben aber negativ sein:

Qschmelzen = −Qgef rieren



m · qschmelzen = −✚
m · qgef rieren
qschmelzen = −qgef rieren

Bei Aufgabenstellung setzt man einfach den negativen Wert der spezifischen Schmelzwärme ein.
J J
Für Wasser gilt: qgef rieren ≈ −335 , qschmelzen ≈ 335
g g

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 335


16.5 Spezifische Brennwert
16.5.1 Feste/Flüssige Stoffe
Unter dem spezifischen Brennwert eines festen/flüssigen Stoffes vesteht man jene Wärmeenergie, die bei der
Verbrennung von einem Kilogramm eines Stoffes frei wird.

Hm . . . spezifischer Brennwert dieses festen/flüssigen Stoffes


QBrennwert = m · Hm m . . . Masse des Brennstoffes
QBrennwert . . . Wärmeenergie die bei der Verbrennung frei
wird
   
J J
Einheit: [J] = [kg] · ⇒ [Hm ] =
kg kg

MJ
Bsp.:Welche Energie wird bei der Verbrennung von 3 kg Kohlenstoff frei (HC = 32,8 kg ) ?

MJ
QBrennwert = m · HC = 3 kg · 32,8 = 99,3 M J
kg

16.5.2 Gasförmige Stoffe


Unter dem spezifischen Brennwert eines gasförmigen Stoffes vesteht man jene Wärmeenergie, die bei der Ver-
brennung von einem Kubikmeter eines gasförmigen Stoffes frei wird.
HV . . . spezifischer Brennwert dieses gasförmigen Stoffes
V . . . Volumen des Brennstoffes
QBrennwert = V · HV
QBrennwert . . . Wärmeenergie die bei der Verbrennung frei
wird
   
J J
Einheit: [J] = [m3 ] · ⇒ [H V ] =
m3 m3

Bsp.: Wie groß ist der Wirkungsgrad einer Gasflamme, wenn sie zur Erwärmung eines Gefäßes mit 1,6 kg
l kJ
Wasser von 12◦ C auf 60◦ C für 4,5 min brennen muß (Verbrauch der Flamme ist 8 min , HGas = 17500 m 3)

Zuerst berechnen wir das Gasvolumen welches verbrannt wurde:


l ✘ = 36 l = 36 dm3
V =8
✘ ✘ · 4,5 ✘
min
min

Dann berechnen wir die Wärmeenergie die bei der Verbrennung frei wird:

dm✟
kJ
QGas = V · HGas = 36 ✟ 3
· 17,5 ✟ = 630 kJ
✟ 3
dm
Nun berechnen wir die Wärmeenergie die das Wasser erwärmt:
kJ
QH2 O = cH2 O · mH2 O · ΔT = 4,2 ✚ = 322 kJ
· 1,6 kg · 48 ✚
K

kg · ✚
K
Der Wirkungsgrad berechnet sich durch:
QH2 O 322 kJ
η= = = 0,575
QGas 560 kJ
Anmerkung: Der Brennwert gibt die gesamte freiwerdende chemische Energie an. Bei Verbrennung gilt häufig,
dass die Verbrennungsprodukte einen Teil der Wärmeenergie aufnehmen. Will man diese Effekte berücksichtigen,
kann man mit dem Heizwert rechnen.

16.6 Wärmekapazität von Gefäßen/Geräten


Will man bei Mischversuchen den Einfluss des Experimentiergefäßes berücksichtigen muss man die Wärmekapa-
zität des Gefäßes kennen. Ist diese bekannt, kann man die Energie, die an das Gefäß abgegeben wird berechnen.
C . . . Wärmekapazität des Gefäßes
QKalorimeter = C · ΔT
ΔT . . . Temperaturänderung des Gefäßinnenraumes

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 336


   
J J
Einheit: [J] = [K] · ⇒ [C] =
K K

Bsp.: m1 = 0,3 kg Eis aus der Eismaschine (somit mit der Temperatur 0◦ C) wird mit 1,6 kg Wasser mit der
J
Temperatur 30◦ C gemischt (das Wasser befindet sich in einem Kalorimeter mit der Wärmekapazität C = 200 K ).
kJ
Wie groß ist die Mischtemperatur? Die spezifische Schmelzwärme von Wasser beträgt q = 333 kg . Zuerst stellen
wir die kalorimetrische Gleichung auf:
QW ass. . . . abgegebene Wärme des warmen Wassers
QSchm. . . . Wärme die zum Schmelzen nötig ist
QW ass. +QSchm. +QEisw. +QKalor. = 0 QEisw. . . . Wärme die zur Erwärmung des Schmelzwassers nötig ist
QKalor. . . . Wärme die vom Gefäß abgegeben wird

Nun ersetzen wir die einzelnen Terme:


TM . . . Mischtemperatur
T1 = 273,16 K . . . (0◦ C)
cH2 O ·m2 ·(TM −T2 )+q·m1 +cH2 O ·m1 ·(TM −T1 )+C·(TM −T2 ) = 0
T2 = 303,16 K . . .

Umgestellt auf TM ergibt sich:

cH2 O · m2 · T2 − q · m1 + cH2 O · m1 · T1 + C · T2
TM =
cH2 O · m2 + cH2 O · m1 + C
kJ
4,19 kg·K · 1,6 kg · 303,16 K − 333 kJ kJ J
kg · 0,3 kg + 4,19 kg·K · 0,3 kg · 273,16 K + 0,2 K · 303,16 K
= kJ kJ J
4,19 kg·K · 1,6 kg + 4,19 kg·K · 0,3 kg + 0,2 K
= 286 K

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 337


16.7 Übungen zur Kalorimetrie
1. In einem Kohlekraftwerk mit einer gekoppelten Dampfturbine wird eine elektrische Leistung von 1 GW
erzeugt. Der Dampf tritt mit einer Temperatur von 750◦ C in die Turbine ein, und tretet mit einer Tem-
peratur von 250◦ C aus.
(a) zu berechnen ist der Wirkungsgrad. Der Kreisprozess sei ”carnotisch”,
(b) die zur Erhitzung des Dampfes nötige Wärmeenergie pro Sekunde,
(c) bei der Verbrennung gehen 10% der Wärmeenergie durch die Rauchgasabgabe verloren. Bei der
Verbrennung von 1 kg Kohle wird eine Energie von 25 M J frei. Wieviel Kilogramm Kohle sind pro
Sekunde nötig.
Lsg.: [ 0,489 ; 2,046 GW ; 90 kg ]

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 338


Kapitel 17

2. Hauptsatz der Wärmelehre

17.1 Überströmversuch
Um zu zeigen, dass zusätzlich zum ersten Hauptsatz der Wärmelehre eine weitere Gesetzmäßigkeit nötig ist, wird
häufig der sogenannte Überströmversuch verwendet. Dazu vergleichen wir die Anordnung des Überströmversu-
ches mit einer Kolbenanordnung, wo der Kolben so bewegt wird, dass das Anfangs- und End-Volumen gleich
jenem des Überströmversuches ist. Beide Systeme sollen thermisch isoliert sein.

Bei dieser Zustandsänderung findet kein Austausch


Eine genauere Beschreibung dieser adiabatischen Ex-
von Wärme mit der Umgebung statt. Damit handelt
pansion findet man in Abschnitt 15.4.4. Durch das
es sich um eine adiabatische Zustandsänderung. Das
Verschieben des Kolbens verrichtet das Gas Arbeit
Volumen ändert sich zwar, vom Gas wird dazu aber
am Kolben (deshalb kühlt das Gas während der Ex-
keine Arbeit verrichtet und somit ist ΔU = 0+0 = 0.
pansion ab). Die innere Energie nach der Expansion
Das bedeutet gleichzeitig, dass sich die Temperatur
ist vermindert um diese Arbeit: U2 = U1 − ΔW .
nicht ändert.
Das Besondere an dieser Stelle ist, dass die erste Zustandsänderung umkehrbar ist (einfach wieder komprimieren)
die zweite aber nicht. Beim Überströmversuch gibt es zwar eine ganz geringe Wahrscheinlichkeit, dass man alle
Teilchen im ursprünglichen Volumen wiederfindet und dann den Schieber wieder schließen kann, in der Realität
ist dies aber nicht der Fall (vorher existiert unser Universum nicht mehr).

17.2 Reversible/Irreversible Prozesse


Bringt man zwei Körper verschiedener Temperatur miteinander in Berührung, so gibt der wärmere an den
kälteren Wärmeenergie ab, bis es zu einem Temperaturausgleich kommt. Der umgekehrte Vorgang, dass der
wärmere sich auf Kosten des kälteren noch zusätzlich erwärmt ist vom 1. Haupsatz nicht verboten (in einer
molekularen Theorie, wo die Bewegungen der Teilchen mit der Temperatur zusammenhängen würde man sich
dies auch nicht erwarten).

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 339


Zum Beispiel verringert sich die Pendelschwingung wegen des Luftwi-
derstandes, was gleichbedeutend mit der Erwärmung der Luft ist. Dass
mehrere Gasteilchen zufällig im richtigen Moment auf die richtige Sei-
te des Pendels stoßen, sodass die Pendelschwingung zunimmt ist zwar
möglich, aber sehr unwahrscheinlich.

Ein Vorgang wird als irreversibel bezeichnet, wenn er weder von selbst wieder in die umgekehrte Richtung
verläuft, noch mit anderen Hilfsmitteln rückgängig gemacht werden kann ohne eine Spur in der Natur zu hin-
terlassen. Alle sich in der Natur abspielende Vorgänge sind irreversibel. Reversible Vorgänge sind als Grenzfälle
denkbar und in der Wirklichkeit mit großer Annäherung realisierbar. Die Natur bevorzugt denjenigen Zustand,
in dem Masse und Energie möglichst gleichmäßig über den zur Verfügung stehenden Raum verteilt sind. Der ir-
reversible Ablauf der Naturvorgänge besteht in dem Übergang aus einem Zustand geringerer Wahrscheinlichkeit
in einen Zustand größerer Wahrscheinlichkeit.

17.3 Der zweite Hauptsatz


17.3.1 Ein bisschen Aufenthaltswahrscheinlichkeiten / Entropie
Bei Luftdruck befinden sich in einem cm3 sehr sehr viele Teilchen (selber rechnen!). Sie sind dazu noch unter-
schiedlicher Art, haben unterschiedliche Geschwindigkeit usw.. Um einige Grundkonzepte zu verstehen ist es
aber nicht nötig sich um soviele Teilchen Gedanken zu machen. Um genau zu sein, beginnen wir bei unseren
Überlegungen mit der kleinsten Anzahl, mit einem Teilchen.
Vg
ΔV = n
Ein Teilchen ist in einem Kastem mit Volu- z }| {
men Vg . Die Wahrscheinlichkeit das Teilchen
im n’ten Teil vom gesamten Volumen zu fin-
den ist:
1
W1 = | {z }
n
Vg

Vg
ΔV = n
Zwei Teilchen sind in einem Kastem mit Vo- z }| {
lumen Vg Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit,
dass beide Teilchen zugleich im n’ten Teil des
Volumens zu finden?
 2
1 1 1
W2 = · = | {z }
n n n Vg

Dass eines der Teilchen zum Beobachtungszeitpunkt in dem speziellen Teilvolumen ist, beschreibt man mit
der Wahrscheinlichkeit n1 (n’te Teil des Volumens). Dass nun das zweite zum selben Zeitpunkt (also unter der
Bedingung, dass bereits das erste im Teilvolumen ist) zufällig im selben Teilvolumen ist mit W2 = n1 · n1 .
Vg
ΔV =
So kann man auch für beliebige Teilchen N ar- z }| {
n

gumentieren: Wahrscheinlichkeit für das erste;


für das zweite, wenn sich das erste in ΔV be-
findet; für das dritte, wenn das Erste und das
zweite bereits in ΔV sind usw. usw..
 N
1 | {z }
WN =
n Vg

V
Wenn man also danach fragt, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, alle Teilchen zugleich im Teilvolumen n zu
finden, dann erhält man:
 N  N  N
1 ΔV ΔV ΔV
WN = = wobei wegen < 1 gilt << 1
n Vg Vg Vg
1
Der Wert ist am größten, wenn das Teilvolumen gleich dem gesamten Volumen ist, dann ist n = 1 und somit
 N
WN = (1/n)N = 1. Eignet sich der Quotient ΔV Vg als Maß für die”Unordnung ”? Nein!
Und zwar würde der Quotient für N = 1 und n = 1 (Ein Teilchen im ganzen Volumen) die Entropie 1 ergeben
(statt 0). Sinnvoll ist aber ein Ausdruck, der bei vielen Möglichkeiten (n wird größer) auch größer wird, und bei

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 340


kleiner werdender Teilchenanzahl kleiner wird. Wenn man WN logarithmiert erhält man:
 N  
ΔV ΔV
ln = N · ln
Vg Vg
Der Wert dieses Ausdrucks erfüllt die Anforderungen! Schlussendlich folgt für die Entropie in diesem Fall:
 
ΔV
S = kB · N · ln
Vg
Das kB ermöglicht den Zusammenhang zu den anderen thermodynamischen Größen.
Genauso wichtig wie der absolute Wert der Entropie ist die Änderung von ihr. Sie gibt in gewisser Weise die
Richtung der Zustandsänderung an.
Bsp.: Befinden sich 7 Teilchen in 41 ’tel des zur Verfügung stehenden Volumens und verteilen sie sich auf 31 ’tel,
dann ändert sich die Entropie folgendermaßen1 :
         
V2 V1 V2 Vg V2 4
ΔS = S2 − S1 = kB · N · ln − kB · N · ln = kB · N · ln = kB · N · ln = kB · 7 · ln
Vg Vg Vg V1 V1 3

Die Änderung der Entropie ist positiv. Der wahrscheinlichste Zustand ist natürlich
der mit V2 = 1. Die Entropieänderung dafür, dass 7 Teilchen, die urspünglich alle
im 14 ’tel des Volumens waren, sich auf das gesamten Volumen verteilen beträgt:
 
4
ΔS = kB · 7 · ln
1

Wie man am Beispiel erkennen kann, ist für einen Übergang zu einem wahrschein-
licheren Zustand die Entropieänderung positiv. Wir definieren nun die Entropie
über das Wahrscheinlichkeitsverhältnis: Grab von Ludwig Boltzmann,
Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Postulat: Unter der Entropie S eines Körpers oder eines Systems versteht man eine Zustandsgröße,
deren Änderung ΔS gleich dem Produkt aus der Boltzmannkonstante kB , der Teilchenanzahl und
dem Logarithmus des thermodynamischen Wahrscheinlichkeitsverhältnisses zwischen den Zuständen
ist.  
W2
ΔS = kB · N · ln = kB · N · ln (w1→2 )
W1
Legende: W1 ... Wahrscheinlichkeit des ursprünglichen Zustandes,
W2 ... Wahrscheinlichkeit des neuen Zustandes,
ΔS... Entropieänderung wenn das System vom Zustand 1 in den Zustand 2 übergeht,
w1→2 ... Wahrscheinlichkeitsverhältnis zwischen dem neuen und dem alten Zustand.

Aufgabe: Recherchiere was es mit den Versuch ”Expansionsversuch von Gay Lussac” auf sich hat.
Bsp.: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sieben Teilchen die ursprünglich im ersten von vier Teilvolumen
zu finden sind zu einem späteren Zeitpunkt im zweiten Teilvolumen sind?
Die Wahrscheinlichkeit alle Teilchen im ersten bzw. alle Teilchen im zweiten Teilvolumen zu finden ist jeweils
1
4 . Eingesetzt:
  1 0
W2 J J z }| {
ΔS = kB · N · ln = 1,38 · 10−23 · 7 · ln 4
1 = 1,38 · 10−23 · 7 · · ln(1) = 0
W1 K 4
K

Für unser ursprüngliches Volumenbeispiel kommen wir nun noch zu einer weiteren Erkenntnis:
p1 ·V1

z }| {
T1
   
V2 p1 · V1 V2
ΔS = kB · N · ln = · ln
V1 T1 V1
Umgestellt erkennt man, dass es einen Zusammenhang zwischen Energien und Entropie geben muss:
 
V2
T1 · ΔS = p1 · V1 · ln
V1
1 ln(a) − ln(b) = ln(a/b)

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 341


Ein Vergleich mit der Volumensarbeit einer isothermen Expansion aus dem Beispiel im Abschnitt 15.3 erkennt
man, dass es sich hier um Wärmenergie handeln muss:
 
V2
−p1 ·V1 ·ln
z}|{
V1
 
V2
ΔU = Q + W = 0 ⇒ Q = − W = p1 · V1 · ln
V1
Man erhält für die isotherme Zustandsänderung (”Vorsicht Teilsystem”):
Q
ΔS =
T
Wenn Wärmeenergie zugeführt wird, dann steigt auch die Entropie!

17.3.2 Definition des zweiten Hauptsatzes

Postulat: In einem abgeschlossenem System kann die Entropie niemals


abnehmen, sondern sie bleibt bei reversiblen Prozessen konstant und nimmt ΔS ≥ 0
bei irreversiblen Vorgängen zu.

reversibel: ΔS = 0 irreversibel: ΔS > 0

Das klingt im ersten Moment banal, dennoch kann man damit viele Aussagen treffen:

Alltag: Ein hüpfender Gummiball verliert an Hüpfhöhe durch Reibungsverluste am Boden, aber ein ruhender
Ball auf warmen Boden fängt nie an zu hüpfen.

Wärmetransfer/Temperaturausgleich: Wärmeenergie geht immer vom Ort höherer Temperatur zum Ort
niedrigerer Temperatur.

Kosmologie: Die Entropie im gesamten Weltgeschehen wächst. Das Universum stirbt einen Kältetod!

Perpetuum mobile zweiter Art ist nicht möglich. Die goldene Regel der Mechanik besagt, dass Energie nicht
verlorengehen, sondern nur umgewandelt werden kann. Das schließt zwar ein Perpetuum mobile erster Art
aus, ermöglicht aber eine Maschine zur Umwandlung der Wärme-Energie vollständig in mechanische. Der
zweite Hauptsatz verbietet nun aber die Existenz eines solchen Perpetuum mobiles zweiter Art.

reversibel: z.B. isotherme Kompression/Expansion

irreversibel: z.B. ein fallender Stein erwärmt aufgrund der Fallenergie die Unterlage; Mischversuche; Über-
strömversuche

Die Berechnung von Entropien gestaltet sich meistens sehr schwierig. Man muss die möglichen Zustände in dem
sich ein System befinden kann abzählen und mit ihnen Wahrscheinlichkeiten bestimmen (statistische Physik)
und die Entropien berechnen. Kurz und gut: Thematik ist zu komplex um an dieser Stelle ausführlich zu üben.
Bsp.: Ein Liter Wasser der Temperatur 15◦ C wird mit zwei Liter Wasser der Temperatur 45◦ C gemischt.
Berechne die Entropieänderung des gesamten Systems.
Wir nehmen an, dass sich die Teilchen vorerst nicht mischen, aber Wärmeenergie austauschen können (Trenn-
wand die die Wärme leitet). So berechnen wir die Teilentropien-Änderungen und durchs Mischen wird dies
zu einer Gesamtentropie-Änderung. Da sie beim Mischen bereits die gleiche Temperatur haben kommt es zu
keinem zusätzlichen Wärmeenergieaustausch und somit zu keiner weiteren Entropieänderung.

Mischtemperatur ist:
1l 2l
m 1 · T1 + m 2 · T 2
◦ ◦
TM = = 308,15 K
15 C 45 C m1 + m2

Entropieänderung der anderen 2 Liter (2. Teilsys-


Entropieänderung des ersten Liters (1. Teilsystem): tem):
ΔQ1 m1 · cH2 O · 20 K 41,2 kJ J ΔQ2 m2 · cH2 O · (−10 K) −41,2 kJ J
ΔS1 = = = = 143 ΔS2 = = = = −133
T1 288 K 288 K K T2 318 318 K K

Da ΔS = ΔS1 +ΔS2 = 10 kJ K (Entropieänderung des gesamten Systems) größer 0 ist, ist der Mischvorgang ein ir-
reversibler Prozess. Die Berechnung stellt eine Näherung dar, da sich T1 und T2 während des Energieaustausches
ändern. Die Näherung ist aber brauchbar, da die Änderungen von T1 und T2 klein sind

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 342


Kapitel 18

Aggregatzustände/Phasenübergänge

In den vorhergehenden Abschnitten spielten Gase eine große Rolle. Gelegentlich war aber auch von festen und
flüssigen Stoffen die Rede (Kalorimetrie, Van der Walls-Gleichung). In diesem Abschnitt werden wir uns etwas
genauer mit den Aggregatzuständen und ihren Übergängen befassen.

18.1 Fest, flüssig, gasförmig, amorph


Die Aggregatzustände eines Stoffes werden häufig auch als Phasen bezeichnet (z.B. flüssige Phase), und der
Wechsel von einem Aggregatzustand in den anderen als Phasenübergang. Was passiert nun an den Pha-
senübergängen?
Es geht bei den Übergängen nicht nur darum, dass eine Änderung der Eigenschaften stattfindet, sondern auch,
dass es schlagartig passiert. Wasserdampf entsteht auch ohne Sieden (Verdunsten), das Besondere beim Sieden
(flüssig → gasförmig) ist, dass es nicht nur einzelne Teilchen an der Oberfläche gibt, die schnell genug sind,
um die Flüssigkeit zu verlassen (Maxwell-Boltzmann-Verteilung), sondern, dass sich in der Flüssigkeit auch
große Gasblasen bilden können. Außerdem braucht es eine lokale Störung, damit sich eine Blase bildet. Bei
sehr reinem Wasser steigt auch die Siedetemperatur. Üblicherweise befinden sich aber Keime im Wasser, an
denen der Phasenübergang beginnt. Auch für das Kondensieren braucht es Kondensationskeime. Damit eine
Regenwolke sich entleert, braucht es Staubteilchen, an denen die Kondensation beginnt.
Anders verhält es sich beim Schmelzen. Dort erreichen die Schwingungen der Gitteratome bei der Schmelztem-
peratur einen Wert, der die Bindungskräfte zwischen den Gittermolekülen überschreitet. Die Gitterbindungen
brechen. Umgekehrt ist es so, dass das Gefrieren an Kristallkeimen beginnt.
Es gibt Stoffe, die keine Kristallstruktur bilden und deshalb auch keinen echten Phasenvübergang (zur festen
Phase) besitzen. Solche Stoffe nennt man amorphe Stoffe und zu ihnen gehören Pech aber auch Glas.
Die genauen Vorgänge bei Phasenübergängen sind sehr vielseitig und Begriffe wie Kondensation werden in-
zwischen nicht nur für Aggregatzustände verwendet, sondern werden auch in anderen modernen physikalischen
Gebieten benötigt. In der Quantenmechanik gibt es zum Beispiel die Bose-Einstein-Kondensation. Auch bei
dieser physikalischen Situation gibt es plötzliche Änderungen der physikalischen Eigenschaften.

18.2 Phasendiagramme
Druck p Mit Hilfe von Phasendiagrammen kann man
besonders gut die Übergänge von einem Ag-
gregatzustand zum anderen beschreiben. So
kurve

ist es zum Beipiel möglich, Wasserdampf


durch Absenkung der Temperatur (Abbil-
Schmelz

Kritischer Punkt
dung: 1 → 2) oder Erhöhung des Druckes (Ab-
3 bildung: 1 → 3) zu verflüssigen. Im Phasendia-
gramm kann man dies einfach durch Linien be-
schreiben, die diese Übergänge nachvollziehen.
2 1
Mit Hilfe der Phasendiagramme kann man
ig

die Funktionsweise von Geräten erklären, für


ss

ve
flü

ur deren Funktionsweise Aggregatzustandsände-


fest

ek
Sied rungen nötig sind (z.B. Kühlmaschienen). Je-
6,1 mbar
der Stoff hat dabei sein eigenes Phasendia-
ve

Tripelpunkt
ur gramm. Einige Stoffe habe dabei sehr spezielle
nsk
atio gasförmig Abbildungen. So gibt es Helium nicht in einem
lim
Sub festen Zustand, es existieren mehrere flüssige
Zustände (Helium 3 oder Helium 4).
273,16 K Temperatur T
Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 343
Druck p Temperatur ig
rm
sfö
sieden ga
373 K

kurve
Schmelz
ig
ss
flü Zugeführte
schmelzen
Wärmeenergie
273 K

st
fe
e
rv
eku T steigt T konstant T steigt T konstant T steigt
d
Sie
Wenn man gefrorenes Wasser bei Luftdruck (also oberhalb
dem Tripelpunkt) erwärmt, so wird es zuerst flüssig und
ve

ur
on
sk nach weiterer Erwärmung gasförmig. Das entspricht der
ati
lim strichlierten Linie in der linken Abbildung. Die Abbildung
Sub
oben zeigt dabei die zeitliche Temperaturänderung, wenn
Temperatur T konstant Wärmeenergie zugeführt wird.

Druck p p
ve ku r
Schmelz

v
e

ur
d ek
Sie V

Für den Übergang vom idealen Gas zum realen Gas ha-
ve

r ben wir im Abschnitt 14.8 eine Gleichung kennengelernt,


ku
ions mit der man die Übergänge flüssig-gasförmig beschrei-
at
lim
Sub ben kann. In obiger Abbildung sieht man die Isothermen
eines realen Gases die in der linken Abbildung als senk-
Temperatur T
rechte Linien zu sehen sind.

Druck p

Einen besonderen physikalischen Effekt gibt es nur beim


kurve

Wasser. Wenn man sich die Schmelzkurve ansieht, dann


Schmelz

ist sie beim Wasser fallend, im Gegensatz zu anderen


Stoffen (eine Folge der Anomalie des Wassers). Das
bedeutet, dass bei Wasser eine Verflüssigung des Ei-
ses durch Druckerhöhung erreicht werden kann. Dies ist
auch teilweise der Grund wieso die Kufen von Schlitt-
schuhen nicht am Eis kleben bleiben. Dadurch, dass sich e
rv
eku
das Gewicht des Menschen auf eine kleine Kufen-Fläche Sie
d
verteilt und auch aufgrund der Gleitreibungswärme
beim Gleiten verflüssigt sich etwas Eis unter der Kufe
e

v
und bildet somit einen Wasserfilm. ur
nsk
o
ati
lim
Sub

Temperatur T

Kopie für das RG Meran, 21.03.2022, ©Simon Unterholzner 344


Druck p
Bei Kohlendioxid schaut der Verlauf der Kurve im Vergleich
zum Wasser bereits anders aus. Während bei Wasser der
2 Tripelpunkt nur durch Niederdruck erreicht wird, erreicht
man ihn bei Kohlenstoff nur durch Überdruck. Die Schmelz-
kurve ist nun steigend, und, im Gegensatz zu Wasser, kann
man mit Hilfe von Kompression das Kohlendioxid in die
feste Phase bringen (1 → 2).
Bleibt man unter einem Druck von 5,2 bar, dann existiert
1 Kohlendioxid nur in fester oder gasförmiger Form (Tro-
5,2 bar ckeneis). Gelingt es, die Temperatur von Kohlendioxid bei
konstantem Luftdruck (ca. 1 bar) auf −78◦ C zu senken
(3 → 4), dann wird das gasförmige Kohlendioxid fest .
4 Bei Luftdruck also existiert Kohlendioxid nur in fester oder
1 bar 3 gasförmiger Phase.
216,6 K Temperatur T

Stoffe haben in Hinblick auf Aggregatzustände unter-


schiedliche Eigenschaften und somit unterschiedliche
Phasendiagramme!
An dieser Stelle noch eine Übersicht der Bezeichnungen:

gasförmig−→flüssig: kondensieren

en
er
Sc
fr i
flüssig−→ gasförmig: verdampfen

en
Ge

m
elz

S ie
ier
flüssig−→fest: gefrieren
en

s
de
en
n
nd
fest−→flüssig: schmelzen

Ko
fest−→gasförmig: sublimieren Re s u b l i m
ier en
r en
gasförmig−→fest: resublimieren Sublimie

18.3 Anomalie des Wassers


Wir haben bereits oben erwähnt, dass sich die Vϑ
Schmelzkurve von Wasser von jener anderer Stoffe V0
Glycerin Hg
unterscheidet. Damit hängt auch das Wärmeausdeh- Aluminium
nungsverhalten von Wasser zusammen. Wasser ver-
H2 O
ringert sein Volumen bei 4◦ C nicht weiter. Im Ge- 1,0005
genteil, unter 4◦ C nimmt das Volumen wieder zu.
Erklären kann man dies mit einer Veränderung der Glas
Raumgitterstruktur (was auf die besondere Polarität
des Wassers zurückführbar ist). Häufig hört man in 1 ϑ in ◦ C
diesem Zusammenhang auch die Bildung von Was-
sercluster. 0 2 4 6 8 10 12 14

Eine Erklärung ist nur unter Berücksichtigung molekularer Wechselwirkungen zwischen Wassermolekülen möglich,
aber nur mit ensprechendem theoretischen Aufwand. Die Anomalie des Wassers ist auch der Grund dafür, dass
im Winter tiefe Seen nicht bis auf den Grund frieren. Eis hat eine geringere Dichte als 4◦ C kaltes Wasser. Somit
steigt das Eis immer an die Oberfläche und das 4◦ C-Wasser sinkt auf den Grund. Dieser Effekt ermöglicht einen
großen Teil des organisches Lebens in Gewässern.

18.4 Verdunsten
Auch bei Temperaturen unter 100◦ C schaffen es die schnelleren Teilchen die Flüssigkeit zu verlassen ohne eine
Dampfblase zu bilden. Es bildet sich dann meistens ein Gleichgewicht zwischen Teilchen, die vom Wasser in
die umgebende Luft diffundieren, und jenen, die wieder ins Wasser treten/kondensieren. Ist die Umgebung gut
belüftet, erfolgt keine Rückkehr und das Wasser verdunstet komplett.

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18.5 Versuch: Tripelpunkt

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18.6 Luftfeuchtigkeit
Da bereits unter 100◦ C Teilchen die Flüssigkeit verlassen und die Außenluft ”befeuchten”, gibt es immer ein
bestimmtes Maß an Luftfeuchtigkeit. Je wärmer die Luft ist, um so feuchter kann sie werden. Wenn die Luft
kühl ist, dann thermalisiert sie die Wasserdampfteilchen auf eine niederere Temperatur, sodass sie wieder kon-
densieren. Als absolute Feuchtigkeit bezeichnet man jene Wassermenge, die sich in einem m3 Luft befindet. Als
Sättigungsmenge bezeichnet man die maximale Wassermenge, die ein m3 Luft bei einer bestimmten Temperatur
aufnehmen kann. Die relative Luftfeuchtigkeit berechnet man folgendermaßen:
absolute Feuchte ρ0
relative Feuchte = 100% · = 100% ·
Sättigungsmenge ρS
Folgende Tabelle gibt die Werte für Wasser bei unterschiedlicher Temperatur an:
g
ϑ in ◦ C ρS in m3 ϑ in ◦ C ρS in mg3
−20◦ C 1 15◦ C 12,8
−10◦ C 2 20◦ C 17
0◦ C 5 25◦ C 23
5◦ C 7 30◦ C 30
10◦ C 9

Bsp.: Wieviel Gramm Wasserdampf befinden sich maximal in einem 25 m2 großen, 2,5 m hohen
Raum, wenn im Raum eine Temperatur von 20◦ C herrscht?

g
V = A · h = 25 m2 · 2,5 m = 62,5 m3 m = V · ρS = 62,5 m3 · 17 = 1060 g
m3

Aufgabe: Wie groß ist die relative Luftfeuchte in einem 20◦ C warmen Raum mit 17 m2 Grundfläche,
einer Höhe von 2,5 m, wenn 100 g Wasser verdampft werden?

Aufgabe: Wieviel Wasser kann aus einer Regenwolke mit 3 km Länge, 1 km Breite und 500 m
Höhe fallen, wenn sie von 20◦ C auf 5◦ C abkühlt? Die relative Luftfeuchte vor und nach dem Regen
beträgt 100%.

18.7 Wärmepumpe
18.7.1 Kältemaschine

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Kapitel 19

Wärmeleitung/-Strömung/-Strahlung

19.1 Wärmeleitung
Berührt man ein, im Vergleich zur Körpertemperatur, kühleres Metallstück oder ein Holzstück der gleichen
Form und Temperatur, so hat man das Gefühl, dass Metall ist kühler als das Holz. Dass dem nicht so ist, kann
man jederzeit mit einem Thermometer überprüfen. Die Haut selbst (und dort befindet sich ja das körperliche
Messgerät Nervenzelle) wird bei der Berührung des Metalls in der gleichen Zeit kühler als beim Holz. Die
Frage die sich also stellt ist, wieso sich die Haut beim Metall schneller abkühlt als beim Holz. Es scheint,
dass Stoffe zusätzlich zur spezifischen Wärmekapazität noch eine weitere Stoffeigenschaft haben und zwar eine
materialabhängige Wärmeleitung.
d
z }| { Nebenstehende Abbildung soll die Zusammenhänge erklären.
Q
Natürlich ändert sich normalerweise die Temperatur links und
ϑlinks t
ϑrechts rechts, wenn man aber nur kleine Zeitspannen betrachtet,
dann ist die transportierte Wärmenergie klein im Vergleich zur
Wärmeenergie der beiden Seiten.
Wir suchen einen Ausdruck der uns angibt, wieviel Wärmeenergie pro Sekunde von links nach rechts geht:
Q
=?
t
Auch die Dicke d des Stoffes spielt eine Rolle. Bei einem dicken Stoff dauert der Wärmeaustausch länger:
Q 1
= ·?
t d
Wenn die Fläche groß ist, geht mehr Wärmeenergie von links nach rechts:
Q 1
= · A·?
t d
Natürlich spielt der Stoff eine Rolle. Wir führen deshalb einen materialabhängigen Koeffizienten λ1 ein:
Q 1
= ·A·λ
t d
Je größer die Temperaturdifferenz um so schneller geht die Wärmeleitung vonstatten:
Q 1
= · A · λ · (ϑlinks − ϑrechts )
t d | {z }
Δϑ

Umgestellt auf Q:
1
· A · λ · Δϑ · t
Q=
d
Heute untersuchen wir die Wärmeleitung von 2 Metallen und zwar welcher von beiden besser leitet und wie das
zeitliche Verhalten ist.

Bsp.: Was zusätzlich eine Rolle spielt, ist der Wärmeaustausch an der Oberfläche. So steht die Luft
in einem Raum etwas. Dies behindert den Wärmeaustausch mit aussen (es bildet sich eine kühlere
Schicht an der Mauer). Bei folgenden Aufgaben vernachlässigen wir diesen Effekt.
Ein 75 kg Skifahrer hat eine Oberfläche von ca. 1,5 m2 und die Körpertemperatur beträgt ϑ = 37◦ C.
J
Sein Skianzug hat eine Dicke von 1 cm und ist aus einem Material mit λ = 0,06 s·◦ C·m . Er fährt
1 λ . . . ”sprich: Lambda”. Wärmeleitfähigkeit eines Stoffes.

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aus Versehen in einen riesigen Schneehaufen (ϑSchnee = 0◦ C) aus dem er nach 100 s rechtzeitig
rauskrichen kann. Wie groß ist sein Wärmeverlust, und wie stark sinkt seine Körpertemperatur
wenn wir annehmen, dass der Körper fast vollständig aus Wasser besteht?

1 1 J
ΔQ = · A · λ · Δϑ · t = m✚
· 1,5 ✚ 2
· 0,06 ◦✟ ◦✟
· 36 ✟C · 100 ✁s = 32400 J
d 0,01 ✚
m ✁s · ✟C · ✚
m

Q 32,4 kJ
ΔT = = kJ
= 0,1 K
mSkif ahrer · cH2 O 75 kg · 4,2 kg·K

J
Aufgabe: Ein Schneeball (r = 5 cm und ϑ = 0◦ C) wird mit 1 cm dicker Glaswolle (λ = 0,04 s·◦ C·m )
umwickelt und dann mit Kunstoff (wird vernachlässigt) wasserdicht eingepackt. Der eingepackte
Schneeball wird in kochendes Wasser gegeben. Wie lange dauert es, bis der Schneeball geschmolzen
ist? (spezifische Schmelzwärme von Wasser qH2 O = 333 kJ
kg )

19.2 Wärmeströmung
Die sogenannte Wärmeströmung gibt es nur bei Gase oder Flüssigkeiten. Bei ihr erfolgt der Wärmeaustausch
durch Austausch von Teilchen mit unterschiedlicher Temperatur. Bei der Gebäudeisolierung spielt sie die größte
Rolle. Man kann auch noch so gute Dämmmaterialien verwenden, wenn großer Luftaustausch stattfindet, spielt
dies keine besondere Rolle. Im heutigen Hausbau wird vor allem auf einen gute Abdichtung geachtet. Ein
weiteres Beispiel sind die verschiedenen Meeresströmungen, die warmes Wasser in kältere Gegenden und kälteres
in wärmere bringen.

19.3 Wärmestrahlung/Stefan-Boltzman-Gesetz
Wärmestrahlung, häufig auch Infrarotstrahlung, genannt, spielt erst bei hohen Temperaturen eine Rolle. So
erwärmt uns die mehrere 1000◦ heiße Sonne mit ihrerer Wärmestrahlung. Im Grunde handelt es sich bei ihr um
eine elektromagnetische Welle wie Licht oder Radiofrequenzen, nur hat sie eine größere Wellenlänge. Wir stark
ein Körper von Wärmestrahlung erwärmt wird hängt von der gesamten ausgesendeten Strahlung des ”Senders”,
dem Abstand des ”Empfängers” und der Absorptionsfähigkeit des Empfängers (dunkle oder helle Oberfläche)
ab.

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