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Motortechnologie

Common-Rail-Einspritzung:
Schlüsseltechnologie für eine saubere und sparsame Verbrennung

Autoren: Mit der Common-Rail-Einspritzung lässt sich die Verbrennung so optimieren, dass
weniger Schadstoffe bei geringerem Kraftstoffverbrauch entstehen. Aus einem unter
Dr. Johannes Kech hohem Druck stehenden gemeinsamen Verteilerrohr (Common Rail) wird der Kraftstoff
Leiter Entwicklung Aufladung, Einspritzung, in den Brennraum eingespritzt. Durch die elektronische Steuerung können Einspritz­
Komponenten beginn, -menge und -verlauf unabhängig von der Motordrehzahl erfolgen. Als erster
Hersteller von Großdieselmotoren führte MTU 1996 bei der Baureihe 4000 serienmäßig
Dr. Michael Willmann Common-Rail-Einspritzung ein.
Vorentwicklung, L’Orange GmbH
Pionier beim Common-Rail-Einspritzsystem (selective catalytic reduction, kurz: SCR) oder
Dr. Philippe Gorse Die Emissionsvorschriften für Dieselmotoren in Dieselpartikelfilter sind ein Weg zur Emissions­
Teamleiter Motorkonzepte, Komponenten, Anwendungen wie Schiffen, Zügen und schweren reduzierung, verursachen aber zusätzlichen
Systeme Landfahrzeugen sowie Stromaggregaten werden Bauraum­bedarf und erhöhen potenziell den War-
weltweit strenger und machen umfangreiche tungsaufwand des Antriebs. Daher setzt MTU
Dr. Manuel Boog Modifikationen an den Antrieben erforderlich. bei der Emissionsreduzierung vorrangig auf Opti-
Motorkonzepte, Komponenten, Systeme Gleichzeitig wünschen die Kunden Motoren mit mierungen im Inneren des Motors. Die Kraftstoff­
immer weniger Kraftstoffverbrauch. Abgasnach- verbrennung im Motor wird dabei so verbessert,
behandlungssysteme wie SCR-Katalysatoren dass Emissionen möglichst gar nicht erst entste-

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hen. Falls erforderlich, setzt MTU in einem zwei-
ten Schritt zusätzliche Abgasnachbehandlungs­- Abb. 1: Common-Rail-System der Baureihe 4000
Die hohe Leistungsfähigkeit und Flexibilität des Common-Rail-Systems schaffen die Voraussetzungen
systeme ein, um verbleibende Schadstoffbestand­- für eine saubere und effiziente Verbrennung.
teile aus dem Abgas zu entfernen.

Im Rahmen der innermotorischen Optimierung ist


neben der Abgasrückführung das Einspritzsystem
ein wichtiger Stellhebel für eine saubere Kraft-
stoffverbrennung: Es muss den Kraftstoff zum
richtigen Zeitpunkt mit hohem Druck einspritzen
und dabei die Kraftstoffmenge so genau wie mög-
lich dosieren, um die notwendigen Bedingungen
für eine schadstoffarme Verbrennung im Zylinder
zu erzeugen. Mit einer präzisen Kraftstoffdosie-
rung bei hohem Druck lässt sich auch der Kraft-
stoffverbrauch deutlich reduzieren. MTU hat daher
frühzeitig — seinerzeit noch mit dem Hauptfokus
auf sparsamere Motoren — einen Technologie-
wechsel weg von den konventionellen mechani-
schen Einspritzsystemen hin zum flexibel elektro-
nisch steuerbaren Common-Rail-Einspritzsystem
vollzogen. 1996 hat MTU mit der Baureihe 4000
den ersten Großdieselmotor serienmäßig mit ei-
nem Common-Rail-System ausgestattet.

Eine gemeinsame Kraftstoffleitung — das namens-


gebende „Rail“ — speist alle Injektoren des Motors
mit Kraftstoff. Soll in einen Zylinder eingespritzt
werden, öffnet das System die Düse des entspre- brauch: Je intensiver die Verbrennung und damit Integration des Common-Rail-Einspritzsystems
chenden Injektors und der Kraftstoff gelangt vom die Energieumsetzung ist, desto geringer sind in den Motor erworben. Das versetzt das Unter-
Rail in den Brennraum, wobei er durch den hohen Partikelemissionen und Verbrauch, aber desto nehmen in die Lage, die Potenziale des Einspritz-
Druck fein zerstäubt und mit der Luft gemischt höher sind auch die Stickoxidemissionen. Umge- systems im Zusammenspiel mit den anderen
wird. Die Common-Rail-Systemkomponenten kehrt führt eine verschleppte Verbrennung zwar Schlüsseltechnologien bei der Verbrennungs­
müssen sehr flexibel und präzise angesteuert zu geringer Stickoxidbildung, dabei steigen aber entwicklung optimal zu nutzen. Die beiden
werden. MTU setzt dazu das hausintern entwickel- auch Verbrauch und Partikelemissionen. Die Hauptparameter der Einspritzung, die den Ver-
te Motormanagement ECU (Engine Control Unit) Aufgabe der Motorenentwickler ist, für jeden brauch und die Emissionen beeinflussen, sind der
ein (Abb. 1). Aufgrund der immer strengeren Emis- Betriebspunkt des Motors zwischen diesen Po­- Einspritzverlauf und der Einspritzdruck.
sionsnormen bei Motoren aller Leistungsklassen len einen Kompromiss zu finden. Dabei müssen
und Anwendungsbereiche wird MTU künftig neu sie die Wirkung des Einspritzsystems mit der Einspritzverlauf: Vor-, Haupt- und Nach­
entwickelte Motoren ausschließlich mit einem anderer innermotorischer Maßnahmen in Ein- einspritzung
Common-Rail-Einspritzsystem ausrüsten. klang bringen, etwa der Abgasrückführung, die Der Einspritzverlauf legt fest, zu welcher Zeit wie
vor allem die Stickoxid­emissionen absenkt, viel Kraftstoff in den Zylinder eingespritzt wird.
Weniger Emissionen durch Kombination mit sowie der Wirkung von Abgasnachbehandlungs­ Um Emissionen und Kraftstoffverbrauch zu redu-
anderen Schlüsseltechnologien systemen. Als Pionier blickt MTU auf langjährige zieren, unterteilt die aktuelle Evolutionsstufe des
Bei der innermotorischen Verbrennungsoptimie- Erfahrungen mit den Einspritzsystemen der Einspritzsystems von MTU-Motoren die einzu-
rung besteht eine dreidimensionale Wechselwir- Rolls-Royce Power Systems-Marke L’Orange spritzende Kraftstoffmenge pro Arbeitstakt in bis
kung zwischen der Stickoxidbildung, der sowie anderer Zulieferer zurück. In dieser Zeit hat zu drei Portionen (Abb. 2). Deren Anfangspunkt,
Entstehung von Partikeln und dem Kraftstoffver- sich MTU eine umfangreiche Kompetenz bei der Länge und Amplitude lassen sich kennfeldabhän-

Abb. 2: Funktionsweise einer Mehrfacheinspritzung aus Vor-, Haupt- und Nacheinspritzung


Um Emissionen und Kraftstoffverbrauch zu reduzieren, unterteilt MTU die Einspritzung in den Zylinder in bis zu drei einzelne Einspritzsequenzen. Deren Anfangspunkt, Länge und Am-
plitude lassen sich kennfeldabhängig frei variieren. Dabei liefert die Haupteinspritzung den Kraftstoff zur Erzeugung der Motorleistung, eine Voreinspritzung reduziert die Triebwerks-
belastung, eine Nacheinspritzung senkt die Partikelemissionen. Je nach Betriebspunkt kann die Haupteinspritzung flexibel durch Vor- und/oder Nacheinspritzung ergänzt werden.

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Größenvergleich der Injektoren für Motoren unterschiedlicher Einzelzylindervolumen,

Vergleich der Injektorgrößen


darunter die Injektoren für die aktuellen MTU-Baureihen 1600, 2000, 4000 und 8000.
(hellgrau: keine MTU-Motoren)

gig frei variieren: Die Haupteinspritzung liefert den Zylinder durch eine schlagar­tige Verbrennung Rußoxida­tion fördern. Je nach Betriebspunkt kann
Kraftstoff für die Leistung des Motors. Eine Vor- vermieden werden. Eine Nacheinspritzung kurz die Haupteinspritzung flexibel durch Vor- und/
einspritzung initiiert eine vorgelagerte Verbren- nach der Haupteinspritzung reduziert die Partikel- oder Nacheinspritzung ergänzt werden.
nung, so dass der Kraftstoff der Haupteinspritzung emissionen. Sie verbessert die Gemischbildung in
kontrolliert verbrannt werden kann. Diese senkt einer späten Phase der Verbrennung und sorgt für Einspritzdruck: Spitzendrücke bis zu 2.200 bar
die Stickoxidemissionen, da Temperaturspitzen im höhere Temperaturen im Brennraum, die die Der Einspritzdruck hat einen besonders hohen
Einfluss auf die Partikelemissionen. Je höher der
Einspritzdruck ist, desto besser zerstäubt der
Kraftstoff beim Einspritzen und vermischt sich mit
dem Sauerstoff im Zylinder. Das führt zu einer
nahezu vollständigen Kraftstoffverbrennung mit
hohem Energieumsatz, bei der sich nur wenig Par-
tikel bilden. MTU hat daher den maximalen Ein-
spritzdruck der Common-Rail-Systeme beständig
erhöht, von 1.400 bar im Jahr 1996 bei der Baurei-
he 4000 bis aktuell 2.200 bar bei den Motoren
der Baureihen 1600, 2000 und 4000 (Abb. 3). Bei
der Baureihe 8000 sind es 1.800 bar. Für die
nächsten Motorgenerationen plant MTU sogar bis
zu 2.500 bar Einspritzdruck. Im selben Zeitraum
hat MTU Robustheit und Wartungsfreundlichkeit
des Systems weiter erhöht. Ein auf die Anforde-
rungen abgestimmtes Filterkonzept hat das Ein-
spritzsystem noch robuster gegenüber Partikeln
im Kraftstoff gemacht. Künftig werden die War-
tungsintervalle der Injektoren dank elektronischer
Diagnosefunktionen ausgeweitet.

Solitärsystem: Injektoren mit eigenem


Kraftstoffspeicher
Aufgrund seiner Leistungsfähigkeit hat sich das
Common-Rail-Einspritzsystem bei Pkw-Dieselmo-
Abb. 3: Verlauf der Einspritzdrücke seit 1996 bei der Baureihe 4000 toren in den vergangenen Jahren als Standard
Seit 1996 hat MTU die Einspritzdrücke beständig erhöht, um Verbrauch und Partikelemissionen weiter zu redu­ etabliert. Auch für Industriemotoren mit kleine-
zieren. Seit dem Jahr 2000 setzt MTU unter anderem bei den Motoren der Baureihe 4000 weiterentwickelte Com- rem Zylindervolumen ist das System in der be-
mon-Rail-Systeme ein, bei denen jeder Injektor einen eigenen Kraftstoffspeicher hat. Der Vorteil: Auch bei großen
Einspritzmengen bleibt das Rail frei von Druckschwingungen, die Einspritzungen stören sich nicht gegenseitig. schriebenen Bauform sehr gut geeignet. Bei
Motoren mit größerem Zylindervolumen stößt
Common-Rail-Einspritzung: Schlüsseltechnologie für eine saubere und sparsame Verbrennung | MTU | 3
Abb. 4: Injektor mit integriertem Kraftstoffspeicher
Der Einsatz von Injektoren mit integriertem Kraft-

Glossar
stoffspeicher verhindert Druckschwingungen im
gemeinsamen Rail und damit eine kurzzeitige Unter-
beziehungsweise Überversorgung der Injektoren mit
Kraftstoff.

das konventionelle Common Rail jedoch an seine Einspritzsysteme steigen auch die Anforde­rungen und Kraftstoffsystems. Das ist beispielsweise

Bildnachweis: Seite 1 bis 4, Adam Wist für MTU Friedrichshafen GmbH.


Grenzen, da hier pro Arbeitstakt relativ viel Kraft- an den Kraftstoff in Bezug auf Reinheit und -qua- bei Bergbaufahrzeugen von großem Interesse,
stoff in den Zylinder eingespritzt werden muss. Im lität. So muss der Kraftstoff vorgegebene Viskosi- die hohen Staubbelas­tungen ausgesetzt sind.
Kraftstoffspeicher des Common-Rail-Systems täts- und Schmierfähigkeitsgrenzwerte einhalten,
führt dies zu Druckpulsationen, die die darauf da Komponenten der Hochdruck­pumpe und des Zusammenfassung
folgenden Einspritzsequenzen stören können. Injektors durch den Kraftstoff geschmiert wer- MTU entwickelt die Motoren so weiter, dass sie
den. Auch muss er frei von Verunreinigungen die künftigen strengen Emissionsnormen erfüllen
Seit dem Jahr 2000 setzt MTU bei den Motoren sein, die bei den hohen Drücken zu abrasiven und zugleich möglichst wenig Kraftstoff verbrau-
der Baureihen 4000 und 8000 und seit 2004 Schädigungen führen würden. Um die einwand- chen. Dazu optimiert MTU die Kraftstoffverbren-
auch bei der Baureihe 2000 ein weiterentwickel- freie Funktion des Motors zu erhalten, darf daher nung im Zylinder durch das elektronisch geregelte
tes Common-Rail-System ein, bei dem die Injek- nur Dieselkraftstoff verwendet werden, der für Common-Rail-Einspritzsystem in Kombination mit
toren einen integrierten Kraftstoffspeicher die jeweilige Anwendung zugelassen ist und der weiteren Schlüsseltechnologien wie der Abgas-
tragen (Abb. 4). Sie ermöglichen es, die Kraft- gültigen Norm entspricht. rückführung. Durch eine saubere und effiziente
stoffleitungen zwischen den Injektoren und dem Verbrennung kann der Aufwand für Abgasnach­
gemeinsamen Rail mit einem relativ kleinen Auf Kundenwunsch führt MTU bei anderen behandlungssysteme bei MTU-Motoren klein
Querschnitt auszuführen. Während einer Ein- Kraftstoffen in enger Zusammenarbeit mit der gehalten werden, unter Umständen kann sogar
spritzung sinkt nur der Druck im jeweiligen Rolls-Royce Power Systems-Marke L’Orange ganz auf sie verzichtet werden. MTU setzt Com-
Einzelspeicher leicht ab. Das verhindert Druck­ beziehungsweise alternativen Lieferanten Un- mon-Rail-Systeme schon seit 1996 erfolgreich
schwingungen im gemeinsamen Rail und damit tersuchungen zur spezifischen, anwendungsbe- ein und hat sie zusammen mit der Rolls-Royce
eine kurzzeitige Unter- beziehungsweise Über- zogenen Freigabe durch. So lässt sich Power Systems-Marke L’Orange und weiteren
versorgung der Injektoren mit Kraftstoff. beispiels­weise bei einigen Anwendungen man- Zulieferern ständig weiterentwickelt. Mit Hilfe der
gelnde Schmierfähigkeit von Kraftstoffen durch umfangreichen Common-Rail-Systemkompetenz
Kundenspezifische Lösungen für flexible spezielle Beschichtungen im Einspritzsystem kann MTU das Potenzial der Einspritzung optimal
Kraftstoffnutzung kompensieren. Zudem unterstützt MTU die Kun- nutzen, um Motoren besonders sparsam und
Mit den höheren technischen Leistungen der den bei der Auslegung des anlagenseitigen Tank- sauber zu machen.

MTU Friedrichshafen GmbH


A Rolls-Royce Power Systems Company

www.mtu-online.com August 2011

MTU ist eine Marke der Rolls-Royce Power Systems AG. Schnell­
laufende MTU-Motoren und Antriebssysteme sind in Schiffen,
Schienenfahrzeugen, Landwirtschafts-, Industrie- und Bergbaufahr-
zeugen, militärischen Fahrzeugen, in Energiesystemen und in der
Öl- und Gasindustrie im Einsatz. Das Portfolio umfasst Dieselmo-
toren mit einer Leistung bis 10.000 Kilowatt (kW), Gasmotoren bis
2.150 kW und Gasturbinen bis 35.320 kW. Für die Steuerung und
Überwachung der Motoren und Antriebsanlagen entwickelt und
produziert das Unternehmen maßgeschneiderte Elektroniksysteme.

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