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Für alle dazwischenliegenden Tröpfchen setzt sich die Inkubationszeit aus beiden Flussge-
schwindigkeiten zusammen. Nach Umstellen und Vereinfachen, lässt sich die Inkubationszeit
in Abhängigkeit der fortlaufenden Messzeit (𝑡𝑟𝑒𝑐 ) wie folgt berechnen:
Jedes Tröpfchen repräsentiert somit eine individuelle Inkubationszeit. Die Waschschritte für
die einzelnen Tröpfchen können weiterhin automatisiert in der Magnetfalle ablaufen. Zeitöko-
nomisch und unter minimalem Probenaufwand sind somit zeitlich hoch aufgelöste kinetische
Messungen möglich. Neben den (semi-)quantitativen Messungen von Proteinkonzentrationen
stellen auch kinetische Messungen ein großes Potential dieser Plattform dar. Das stufenför-
mige Geschwindigkeitsprofil lässt sich dabei mit beiden hier vorgestellten Aufbauten erzeu-
gen. Um den Messzeitpunkt möglichst früh beginnen zu lassen, sollte der Abstand zwischen
T-Kreuzung und Detektor deutlich kürzer (z.B. 40 cm) gewählt wählen als bei den quantitativen
Messungen.
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Alternative mikrofluidische Abläufe
a) b) Messwert
1500 quantitative Messung
kinetische Messung 1000 Fit zur unteren Hüllkurve
Resultierende Kurve
Signal [a.u.]
1000
Signal [a.u.]
800
500 600
0 400
15 30 45 3 6 9
t [s] t [min]
Abbildung 68 a) Vergleich einer Endpunktmessung (grün) mit einer dynamischen Messung (orange).
Die Abweichung der orangenen Kurve resultiert aus der Bindungskinetik von Biotin und Streptavidin.
b) Dynamische Messung einer IL-6 Bindungskinetik über einen Zeitraum von 10 Minuten. Der
Kurvenverlauf spiegelt die fortschreitende Bildung des Immunkomplexes wieder. Um die
Akkumulation von zu großen Beadmengen zu vermeiden, wurde die Magnetfalle im Abstand von 100 s
für jeweils 20 s geöffnet.
Auch die Bildung des Sandwich-Immunkomplexes von IL-6 konnte mit dieser Methode über
einen Zeitraum von 10 min aufgenommen werden (Abbildung 68 b). Obwohl alle Tröpfchen
mit den gleichen Lösungen bestückt wurden, steigt das Signal zunächst schwach an und wird
mit zunehmender Messzeit immer steiler. Die Messkurven spiegeln somit die Bildung des IL-6-
Sandwich-Immunkomplexes wider. Im Abstand von 100 s wurde die Magnetfalle für jeweils
20 s geöffnet. Die Fragmente lassen sich anschließend zu einer Gesamtkurve zusammenset-
zen. Das regelmäßige Leeren der Magnetfalle ist dabei nötig, um unerwünschte Effekte bei
der Akkumulation einer zu großen Beadmenge zu vermeiden. Durch die zunehmende Verstop-
fung des Kanals und die gegenseitige Überlagerung der Beads ist eine ungewollte Abschwä-
chung des Signals möglich (siehe Kapitel 5.4). Der Zeitraum des unverfälschten Signalanstiegs
hängt von der verwendeten Bead-Konzentration und der Extraktionsgeschwindigkeit ab. Nied-
rige Bead-Konzentrationen und langsame Extraktionsgeschwindigkeiten ermöglichen unver-
fälschte Messungen über längere Zeiträume. Um noch größere Zeiträume zu messen, müssen
die akkumulierten Beads wie oben beschrieben in regelmäßigen Abständen aus der Magnet-
falle gespült werden.
Wie bei den quantitativen Messungen spiegelt die Steigung der Kurve die Konzentration des
fluoreszierenden Assayprodukts wider. In diesem Fall wird diese jedoch zeitabhängig aufge-
löst. Das heißt, dass das Signal so lange zunimmt, bis das Reaktionsgleichgewicht erreicht
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Kapitel 10
wurde. An diesen einfachen Beispielen wurden zeitlich hoch aufgelöste Kinetiken mit minima-
lem Probenvolumen und zeitlichem Aufwand möglich. Die Ableitung der umhüllenden Kurve
lässt dann Rückschlüsse auf die Reaktionskinetik zu. Bei einem Tröpfchenvolumen von 20 nL
werden 50 Datenpunkte/µLReaktionsvolumen mit individuellen Inkubationszeiten erhalten. Die
zeitliche Auflösung liegt typischerweise im Bereich weniger Sekunden (2,5 s für Abbildung 68
a). Er hängt von der Flussgeschwindigkeit und dem Abstand der Tröpfchen ab.
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Alternative mikrofluidische Abläufe
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Kapitel 11
Das Ziel dieser Arbeit war es deshalb, Proteine unter minimalem Proben- und Reagenzienver-
brauch sensitiv und reproduzierbar zu detektieren. Um einen hohen Probendurchsatz zu er-
möglichen, sollte die Probenverarbeitung dabei möglichst einfach und automatisierbar sein.
Darüber hinaus sollten neben quantitativen Messungen zeitlich hochaufgelöste kinetische
Messungen möglich werden. Dies würde den Messprozess nicht nur schneller und günstiger
machen, sondern auch eine höhere Datendichte ermöglichen - insbesondere bei limitierten
Probenvolumina. Ausgehend von literaturbekannten Verfahren30,32,140 sollte eine Plattform
etabliert werden, welche heterogene Immunassays in Nanoliter-Tröpfchen ermöglicht. Fluo-
reszenz-basierte Sandwich-Immunassays sollten dabei auf der Oberfläche von magnetischen
Mikropartikeln stattfinden. Die Trennung der Magnetpartikel vom wässrigen Überstand stellt
in der Mikrofluidik eine besondere Herausforderung dar. Nach der Extraktion der Partikel kann
die Auslesung des Fluoreszenzsignals erfolgen (Abbildung 69).
121
Zusammenfassung und Diskussion
Zunächst wurden grundlegende Parameter charakterisiert und der fluidische Aufbau weiter-
entwickelt. Die Zahl der nötigen Prozessschritte konnte dadurch reduziert werden. Das Herz-
stück der Plattform stellte dabei die Magnetfalle dar. Sie ermöglichte die Separation des As-
sayprodukts auf den magnetischen Partikeln vom wässrigen Überstand. Gleichzeitig fand die
optische Auslesung des Assaysignals statt. Durch die geschickte Nutzung der Benetzungsei-
genschaften der fluidischen Kanäle, gelang es dabei, minimale Partikelmengen im Magnetfeld
zu fixieren und wieder frei zu lassen. Mit Hilfe von computergesteuerten Servomotoren wur-
den das Öffnen und Schließen der Magnetfalle automatisiert. Damit war der Weg für eine
höhere Automatisierung und die Charakterisierung weiterer Parameter geebnet. Anhand ei-
nes Modellsystems wurde ein sequentielles Messverfahren entwickelt. Innerhalb von 90 Mi-
nuten konnten nun elf Proben automatisiert und mit guter Reproduzierbarkeit (CV = 6-10 %)
gemessen werden. Zur Erzeugung von ca. 50 Reaktionskompartimenten im Nanoliter-Maß-
stab waren lediglich 2 µL Probe, 1 µL Magnetpartikel-Dispersion (c = 25-100 µg/mL) und 1 µL
Detektionsantikörper-Lösung (c = 1 µg/mL) pro Sequenz nötig. Für klassische Immunassays
wird in der Regel ein Vielfaches dieses Volumens verbraucht.
Darüber hinaus war es nun möglich, die Konzentration der Magnetpartikel in den tiefen
µg/mL-Bereich zuverlässig zu extrahieren. In vergleichbaren Assay-Plattformen wurden bis zu
diesem Zeitpunkt Partikelkonzentrationen im mg/mL-Bereich verwendet.30–32,66 Das stellt eine
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Kapitel 11
Verringerung der Konzentration um etwa drei Größenordnungen dar. Da die Partikel maßgeb-
lich das Hintergrundsignal bestimmen, wirkte sich die Verringerung ihrer Konzentration posi-
tiv auf das Detektionslimit aus. So ließ sich das Detektionslimit im Modell-Assay auf 2 pmol/L
reduzieren. Bei dieser Konzentration befinden sich nur noch wenige tausend Zielmoleküle in
den Nanoliter-Tröpfchen. Das Detektionslimit ist damit nicht weit vom theoretischen Limit im
fmol/L-Bereich entfernt, bei dem durchschnittlich weniger als ein Zielmolekül/Tröpfchen vor-
liegt. Die automatisierten, sequentiellen Messungen wurden dann für die Detektion biologisch
relevanter Proteine angewandt. Zunächst konnte der Entzündungsmarker IL-6 erfolgreich
über einen Sandwich-Immunassay detektiert werden. Das Detektionslimit
(LoD(IL-6) = 25 pmol/L) war dabei um den Faktor 1,5-10 tiefer als in vergleichbaren mikroflui-
dischen Analyseplattformen mit kleinen Zielproteinen.30,66 Auch mTOR und AKT, zentrale Pro-
teine des zellulären Kinase-Netzwerks, ließen sich in Puffermedien bei Konzentrationen
LoD(mTOR) = 800 pmol/L und AKT ab 4 nmol/L detektieren.
In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Kathrin Thedieck wurde
die Detektion von Proteinen aus Zelllysaten angestrebt. Dabei wurden mehrere Herausforde-
rungen identifiziert. Der hohe Tensidgehalt der Lysepuffer verringerte die Oberflächenspan-
nung, was zunächst zu instabilen Tröpfchen führte. Nach einer theoretischen Betrachtung
konnte durch die Wahl eines weniger viskosen Trägeröls wieder stabilere Tröpfchen erhalten
werden. Zudem provozierten ungewollte Adsorptionen Artefakte in den Messungen. Diesen
konnte mit maßgeschneiderten Funktionalisierungen der Oberflächen entgegengewirkt wer-
den. Im Bereich der Auslesung wurde der fluidische Kanal durch die kovalente Anbindung ei-
nes perfluorierten Silans hydrophobiert. Die hydrophobe Beschichtung verhinderte eine un-
gewollte, verfrühte Extraktion der Magnetpartikel. Im hydrophilen Bereich der Magnetfalle
wurden chemisch modifizierte Glaskapillaren mittels CHiC-Chemie durch eine kovalent ange-
bundene Hydrogel-Beschichtung vor Proteinablagerungen geschützt.
Neben den quantitativen Messungen wurden auch zeitlich hoch aufgelöste kinetische Mes-
sungen durchgeführt. Durch stufenweise Reduktion der Flussgeschwindigkeit bildete jedes
Tröpfchen eine individuelle Inkubationszeit ab. Die Dynamik der Reaktion spiegelte sich dann
im Verlauf des Signals wider. Da nicht beliebig viele Beads angesammelt werden können, ist
die Messzeit normalerweise durch die maximal mögliche Beadmenge limitiert. Dank der au-
tomatisierten Freilassung der eingefangenen Beads kann dieses Problem geschickt gelöst wer-
den. So konnte eine kinetische Messung über 10 Minuten mit einer zeitlichen Auflösung we-
niger Sekunden und minimalem Reagenzienverbrauch demonstriert werden. Jeder Daten-
punkt beanspruchte dabei lediglich ein Proben- und Reagenzienvolumen von etwa 20 nL. Aus
einem typischen Probenvolumen von 50 µL ließen sich somit 2500 Datenpunkte erzeugen.
In dieser Arbeit wurde das Potential der heterogenen Assays in der Tröpfchen-Mikrofluidik
demonstriert und vorangetrieben. Bestehende Konzepte wurden dabei konsequent weiter-
entwickelt und charakterisiert. Durch Nutzung der Benetzungseigenschaften konnte eine
neue computergesteuerte Magnetfalle entwickelt werden, welche sensitive und automati-
sierte Immunassays in nL-Tröpfchen ermöglichte. Die Übertragung heterogener Immunassays
auf dieses zweiphasige mikrofluidische System reduziert den Probenverbrauch im Vergleich
zu herkömmlichen Immunassays17 um den Faktor 25 bei gleichzeitiger Vervielfachung der
technischen Replikate. Verglichen mit Wester Blot Messungen ist die Probenverarbeitung
deutlich einfacher und führt in einem Bruchteil der Analysezeit zu Messergebnissen. Die hier
vorgestellte Analyseplattform birgt ein hohes Potential für kinetische und semiquantitative
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Kapitel 11
Detektionen von Zielmolekülen und könnte eine Schlüsseltechnologie für die Systembiologie
werden.
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Zusammenfassung und Diskussion
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Kapitel 12
12 Experimentelles
12.1 Materialien und Methoden
12.1.1 Reagenzien zur Durchführung der mikrofluidischen Assays
Streptavidin-beschichtete superparamagnetische Beads wurden von Invitrogen GmbH (Dy-
nabeads MyOne Streptavidin T1, #65601, USA) erhalten. Fluoreszenz-markiertes Biotin wurde
von Sigma Aldrich (Atto-647N-Biotin, #93606, Deutschland) erhalten. Die folgenden biotiny-
lierten Antikörper wurden als Fangantikörper verwendet: Anti-IL-6-Antikörper (#BAF206, in
Ziege gegen menschliches IL-6 gewonnen, Reste M1-M212, R&D, USA), Anti-mTOR-Antikörper
(Klon 3G61, in der Ratte gegen menschliches mTOR gewonnen, Reste T221-I260) und Anti-AKT
(#4821, Maus, Cell Signaling, USA). Die folgenden Alexa Fluor 647-markierten Antikörper wur-
den als Detektionsantikörper verwendet: Anti-IL-6-Antikörper (Klon 6708, Maus, #NBP2-
59771AF647, Novus, USA), Anti-mTOR-Antikörper (Klon 7C10, aus Kaninchen gegen Rück-
stände von S2481 von menschlichem mTOR, #5048, Cell Signaling, USA) und Anti-AKT (#5186,
Kanninchen, Cell Signaling, USA). Es wurden Detektionsantikörper in einer Konzentration von
1 µg/mL verwendet. Für Sandwich-Immunassays wurden rekombinantes humanes IL-6 (von E.
coli stammend, Rückstände P29-M212, #Q75MH2, F&E, US), rekombinantes AKT (human Akt1,
PK-PKBA-A010, proteinkinase.de) und rekombinantes humanes mTOR (von HEK293T stam-
mend, #TP320457, OriGene Technologies, US) verwendet.
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