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Deutschsprachige Literatur

der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts II:


Epik - „Klassiker der Moderne“
Gliederung

• „Epik der Moderne“: Ironie, Multiperspektivität, Montageroman


• Avantgarden: Dadaismus, Expressionismus, Surrealismus, Futurismus – Aufhebung der Grenzen zwischen
„Kunst“ und „Leben“
• Was bedeutet „Klassiker der Moderne“?
• Kafka: Erzählen in einer verstörenden Welt
• Thomas Mann: Bürgertum und Moderne
• Robert Musil: „ohne Eigenschaften“, Essayismus, „Möglichkeitssinn“
• Alfred Döblin: Großstadtroman, Montageroman
„Epik der Moderne“: Ironie, Multiperspektivität, Montageroman

• „Epik der Moderne“: traditionelle Formen der Epik versuchten, in ihren Narrationen einen Sinn für den
Menschen und die Gesellschaft durch anschauliche Handlungselemente zu beschreiben (z.B.
„Entwicklungsroman“)
• Die Epik und der Roman der Moderne können und wollen diesem Konzept nicht mehr folgen und beziehen
sich kritisch, oft ironisch auf konventionelle Muster
• „Ironie“ bedeutet uneigentliches Sprechen: in der Moderne weniger Ausdruck eines überlegenen
Bewusstseins, sondern einer Infragestellung aller Sinnzuschreibungen
• Multiperspektivität: in der Narration werden verschieden Perspektiven dargestellt, ohne dass man sich für
eine entscheiden kann
• Montageroman: man fügt narrative Sequenzen aneinander (oft auch „gefundene“ Texte, etwa aus Zeitungen
oder aus der Werbung), ohne dass diese durch eine Erzählinstanz verbunden würden und damit einen
übergeordneten Sinn ergäben; epische Reaktion auf den Verlust von Sinn in der Großstadt
Avantgarden: Dadaismus, Expressionismus, Surrealismus, Futurismus –
Aufhebung der Grenzen zwischen „Kunst“ und „Leben“

• Historische Bewegungen der Avantgarde mit einer aggressiven Wendung gegen die etablierte Kunst und
Literatur; Kritik an der Vorstellung, dass Kunst/Literatur einen eigenständigen Bereich des Wissens bildet und
als Domäne der Bourgeoisie zur Abgrenzung gegenüber anderen Schichten verwendet wird
• Dadaismus: Aufhebung des konventionellen sprachlichen Sinns (z.B. durch Lautgedichte)
• Expressionismus: radikaler subjektiver Ausdruck, Aufgabe eines konventionellen Ideals der Schönheit
• Surrealismus: Traum und Imagination als Befreiung von der rationalistisch gedeuteten Realität
• Futurismus: Begeisterung über die moderne Technik als Wendung gegen die traditionelle bürgerliche Kunst
• Ziel der Avantgarden: Aufhebung der Trennung zwischen Kunst und Leben
Was bedeutet „Klassiker der Moderne“?

• Die „Klassiker der Moderne“ haben die Kritik der Avantgarden an der konventionellen Kunst und Literatur
aufgenommen, aber trotzdem an literarischen Formen festgehalten und diese in spezifischer Weise
verändert (Roman, Erzählung)
• Die „Klassiker der Moderne“ haben literarische Modelle entwickelt, die heute als zeitlos und vorbildlich
gelten (Definition „klassisch“: das, was unabhängig von kurzlebigen Moden ist und einen überzeitlichen Wert
hat)
• Vor allem der Roman ist in der Lage, kritische Perspektiven der Moderne aufzunehmen und auszudrücken
Kafka: Erzählen in einer verstörenden Welt

• Franz Kafka (1883-1924), Prag


• Romane: Der Prozess , Das Schloss (beide posthum); Erzählungen: u.a. Die Verwandlung (1912), Das Urteil
(1912)
• Kafka erzählt von Figuren, die ihr eigenes Leben und ihre Erfahrungen nicht verstehen
• Der Leser hat häufig dieselbe Perspektive wie die Figuren und steht vor der Aufgehe, eine verstörende Welt
zu deuten
• Kritischer Bezug zu konventionellen Systemen von Sinn: Religion, Familie, Gesellschaft
• Bezug zur Religion: Suche nach einer göttlichen Instanz, die aber stumm bleibt
• Familie: Konflikte mit Vaterfiguren
• Gesellschaft: typische Figur des Angestellten, der als Subalterner die Mechanismen seiner Erfahrung nicht
durchschaut
• Interpretation: es geht nicht darum, den Sinn aufzudecken, den die Figuren nicht finden, sondern
verschiedene Perspektiven auf den Text zu erkennen und ‚auszuhalten‘
Thomas Mann: Bürgertum und Moderne

• Thomas Mann (1875-1955; geboren in Lübeck, Exil indne USA, gestorben in Zürich)
• Mann beschreibt bürgerliche Menschen, deren Welt in Unordnung gerät
• Buddenbrooks (1900): „Verfall einer Familie“ – Geschichte einer Kaufmannfamilie in Lübeck im 19.
Jahrhundert; immer stärkere Abwendung der Figuren von den Normen der „Realität“ (Geschäft, Familie mit
Kindern usw.)
• Der Tod in Venedig (1911): ein alternder Schriftsteller verliert seien Schaffenskraft und seine Arbeitsdisziplin
in der „Dekadenz“ der Stadt an der Lagune
• Der Zauberberg (1924): in einem Sanatorium in Davos (Schweiz) treffen sich verschiedene Menschen am
Vorabend des Ersten Weltkriegs; Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Weltanschauungen, die aber
alle im Angesicht der politischen Entwicklungen machtlos und sinnlos erscheinen
• Ironie: jeder Sinn menschlichen Redens und menschlicher Existenz scheint in Frage gestellt, trotzdem
Notwendigkeit eines humanistischen Engagements
Robert Musil: „ohne Eigenschaften“, Essayismus, „Möglichkeitssinn“

• Robert Musil (1889-1942, geboren bei Klagenfurt, gestorben in Genf)


• Der Mann ohne Eigenschaften (ab 1928): Abkehr vom traditionellen Roman und dessen Figuren „mit
Eigenschaften“
• Gesellschaftspanorama: Österreich am Vorabend des Ersten Weltkriegs
• „Möglichkeitssinn“: der Protagonist Ulrich kann sich für die verschiedenen Varianten es „Wirklichen“ nicht
entscheiden und bleibt in der Sphäre der Möglichkeiten
• „Essayismus“: Aufnahme nicht--fiktionaler Reflexionen über Phänomene menschlicher Erfahrung in den
Romandiskurs
Alfred Döblin: Großstadtroman, Montageroman

• Alfred Döblin (geboren 1878 in Stettin, Exil in Frankreich und den USA, gestorben in Emmendingen)
• Berlin Alexanderplatz (1929): Hauptperson des Romans ist die Großstadt, bedeutende Verfilmungen
• Gleichzeitig Geschichte des Franz Biberkopf, eines Kleinkriminellen, der aus dem Gefängnis entlassen wird
und vergeblich versucht, ein normales Leben zu führen (Abkehr von einem ‚positiven Helden‘)
• Weite Passagen mit einer Wiedergabe des Lebens in Berlin (Reklame, Geräusche, Gesprächsfetzen usw.)
• „Montageroman“: Aneinanderreihung sprachlicher Elemente, die keinen übergreifenden Sinn ergeben
• „Klassiker der Moderne“: trotz dieser Problematik eine Reflexion über das Verhältnis von Mensch und
Gesellschaft, von politischen Entwicklungen, auch Frage nach religiösen Vorstellungen in der Welt der
Moderne

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