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DAS VIER OHREN MODELL

Sie: „Ich glaube die Spülmaschine ist durchgelaufen.“


Er: „Ich schaue mal nach.“ kurz darauf: „Ja, das ist sie.“

Spätestens nachdem er sich nun wieder anderen


Dingen als der Spülmaschine widmet, kann für
Außenstehende durchaus der Eindruck entstehen,
dass da in der Kommunikation gerade etwas falsch
läuft

Allerdings muss das nicht so sein. Bei diesem


kurzen Dialog könnte es ja tatsächlich darum
gehen, einen Sachverhalt zu klären: Sie möchte
gerne wissen, ob die Spülmaschine durchgelaufen
ist, er interpretiert ihre Aussage als Aufforderung
nachzuschauen, tut dies und informiert sie
anschließend darüber. Ende der Geschichte…

Anders wäre es, wenn sich in ihrer Nachricht ein etwas anderer Apell befindet: „Ich möchte,
dass Du die Spülmaschine jetzt ausräumst, denn ich glaube, sie ist durchgelaufen.“ In diesem
Fall, wäre insofern etwas schief gelaufen, als dass nun nicht das eintritt, was „sie“ erwarten
würde — obwohl ja kein Mensch so dämlich sein kann und die glasklare Botschaft in der
Aussage nicht versteht – oder doch?

Wenn Du noch nie etwas von den vier Komponenten einer Nachricht bzw. Friedemann
Schulz von Thun gelesen oder gehört hast, solltest Du Dir meinen Beitrag zu dem Thema
anschauen, bevor Du diesen hier liest.

Im genannten Beitrag ging es im Wesentlichen um die Anatomie einer Nachricht, und der Fokus
lag auf dem Sendenden. Heute möchte ich die Perspektive ändern und den Empfänger einer
Nachricht in den Vordergrund stellen. Denn unabhängig davon, was der Sender mit einer
Aussage beabsichtigt, dem Empfänger steht es durchaus frei, auf allen vier oder nur wenigen
seiner Ohren zu hören.

So hätte „er“ zu Beginn dieses Textes folgende Optionen gehabt:

1. gar nicht reagieren, denn sie hat ihm ja schließlich weder eine Frage gestellt, noch ihn
aufgefordert etwas zu tun. Sie hat geäußert was sie denkt. Was bitte hat das mit ihm zu tun?
2. Die Spülmaschine ausräumen oder nachschauen; in beiden Fällen hätte er ihre Aussage als
Aufforderung interpretiert, etwas zu tun. Er hätte in diesem Fall auf seinem Apell-Ohr etwas
empfangen.

3. Er hätte aber auch beleidigt oder verärgert reagieren können, denn die Kombination aus den
Botschaften die sein Beziehungsohr und sein Apell-Ohr empfangen haben, hätte zum Ausdruck
gebracht: „Ich bin befähigt, Dir zu befehlen, die Spülmaschine auszuräumen. Und eigentlich ist
es eine Unverschämtheit von Dir, dass ich Dich erst darauf hinweisen muss.“ Das macht unter
Umständen zornig.

Ihr merkt, es gibt ziemlich viele Möglichkeiten, eine Aussage wie „Ich glaube, die Spümaschine
ist durchgelaufen.“ zu interpretieren. Schauen wir uns die einzelnen Ohren des Empfängers
einmal genauer an:

Das Sach-Ohr.

Auf diesem Ohr empfangen wir – nach der Theorie von Friedemann Schulz von Thun – ganz
sachliche Fakten. Hätte „er“ im Beispiel oben nur auf diesem Ohr gehört, hätte er nicht reagiert,
denn faktisch ergibt sich aus ihrer Aussage weder ein Grunde zu sprechen noch zu handeln.

Das Apell-Ohr.

Da unser Protagonist aus dem Beispiel aber handelt, bedeutet dies, dass er auch auf dem Apell-
Ohr etwas empfangen haben muss. Ob sie allerdings einen Apell in Ihrer Nachricht gesendet hat
oder ob er den richtigen Apell gehört hat, ist davon unabhängig.

Das Offenbarungs-Ohr.

„Ihre“ Offenbarung, die „er“ im Beispiel hört, lautet: „Es interessiert mich, ob die
Spülmaschine durchgelaufen ist.“ Alternativ hätte er hören können: „Es stört mich, dass die
Spülmaschine nicht ausgeräumt ist, obwohl sie durchgelaufen sein müsste.“ – hat er aber nicht,
weshalb er nur nachschaut und ihr die gewünschte Information gibt.

Das Beziehungs-Ohr.

Auf dem Beziehungs-Ohr nimmt „er“ im Beispiel wahr, dass es nun für ihn angesagt ist, den
Zustand der Spülmaschine zu ermitteln und ihr mitzuteilen. Sie ist also offenbar befähigt, ihm
Befehle zu erteilen – wenn „er“ dies auf dem Beziehungs-Ohr wahrnimmt und eine andere
Auffassung vertritt, kann es leicht zu einer Konfliktsituation kommen. Zwischen Eltern und ihren
pubertierenden Kindern sind die Nachrichten auf dem Beziehungs-Ohr ein Grund für
Streitereien: „Zieh Dir eine Jacke an, draußen ist es kalt!„, sagt die besorgte Mutter zu ihrer 15
jährigen Tochter. Auf dem Beziehungs-Ohr könnte diese empfangen „Du bist noch zu klein, um
selbst zu entscheiden, ob Du eine Jacke anziehen solltest oder nicht. Deshalb bevormunde ich
Dich jetzt und erteile Dir den Befehl, Dir eine anzuziehen.“
Kommunikation ist bekanntlich keine so einfache
Angelegenheit; und gerade deshalb ist es ganz hilfreich, einen kurzen Dialog – gerade auch dann,
wenn er zu Konflikten geführt hat – vor dem Hintergrund der vier Ohren zu analysieren.

Wenn eine belanglose Aussage wütend macht, hilft es, den Grund für sich selbst mal zu
hinterfragen. Oder wenn der Empfänger einer Botschaft nicht so handelt, wie ich es als Sender
erwarten würde, sollte ich vielleicht hinterfragen, ob mein Apell klar formuliert war oder ob ich
von meinem Kommunikationspartner erwarte, dass er meine Gedanken liest.

Im Alltag gibt es jedenfalls zahlreiche Situationen, in denen das „Modell der vier Ohren“ super
angewendet werden kann

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